L 13 AS 1590/14 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 2689/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1590/14 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 26. Februar 2014 ist zulässig (vgl. § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Sie ist jedoch nicht begründet; die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, in der hier anwendbaren und ab 1. April 2008 geltenden Fassung, bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor. Der Kläger begehrt für die Monate Juni 2013 bis November 2013 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 70 EUR monatlich. Damit ergibt sich für den Kläger aus dem abweisenden Urteil keine Beschwer von über 750,00 EUR; auch sind nicht Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen.

Da das SG die Berufung nicht zugelassen hat, bedarf eine Berufung der Zulassung durch Beschluss des Landessozialgerichts (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts (BSG) oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor. Der Rechtssache kommt zunächst keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des BSG seit BSGE 2, 121, 132 zur entsprechenden früheren Vorschrift des § 150 Nr. 1 SGG). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (so Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 144 Rdnr. 28; vgl. dort auch § 160 Rdnr. 6 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Der Kläger wirft die Rechtsfrage auf, ob die Beschränkung auf den bisherigen Bedarf gem. § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II aus verfassungsrechtlichen Gründen auf den Bewilligungszeitraum des stattgehabten Umzuges einzugrenzen sei. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage im oben genannten Sinn wirft die Streitsache nicht auf. Eine verfassungskonforme Auslegung in der einen (s. SG Mainz, Urteil vom 18. Oktober 2013, S 17 AS 1069/12) oder anderen (SG Berlin, Urteil vom 16. Juli 2010, S 82 AS 7352/09) vom Gesetz losgelösten Art ist nicht möglich, da der Gesetzeswortlaut dem Richter Grenzen setzt, die nicht durch Auslegung zu überwinden sind. Der Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II gibt keinerlei Anhaltspunkte für eine zeitliche Begrenzung. Eine abändernde Auslegung ist aber nur möglich, wenn aus den Gesetzesmotiven nachweislich hervorgeht, dass der Gesetzgeber eine andere Absicht verfolgt hatte, was hier nicht der Fall ist. Der Senat sieht auch keine berechtigten Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Norm -die nur vom BVerfG festgestellt werden könnte- da deren Voraussetzung ist, dass der Umzug gerade nicht erforderlich war. Das BSG hat mit Urteil vom 9. April 2014 (B 14 AS 23/13 R, Juris) entschieden, dass die Norm bis zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit eingreift, erst danach aufgrund eines neuen Leistungsfalles nicht einschlägig ist, ohne Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit zu äußern.

Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor. Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das SG muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gerichte nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Leitherer, a.a.O., § 160 Rdnr. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen Rechtssatz in diesem Sinn hat das SG in seinem Urteil nicht aufgestellt, so dass eine Divergenz nicht in Betracht kommt.

Da letztlich auch ein wesentlicher Mangel des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des dritten Zulassungsgrundes nicht geltend gemacht worden ist, war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht gefochten werden (§ 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (vgl. § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird mangels hinreichender Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO) abgelehnt.
Rechtskraft
Aus
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