L 10 R 4642/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 3111/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4642/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 10.10.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Vormerkung der Zeit vom 01.08.1977 bis 31.03.1987 als Zeit der schulischen Ausbildung streitig.

Die am 1959 geborene Klägerin gab im Rahmen ihres Antrags auf Kontenklärung zu ihren Ausbildungszeiten nach dem vollendetem 17. Lebensjahr an, ab dem Schuljahr 1977/1980 bis zum Schuljahr 1979/1980 ein berufliches Gymnasium in N. besucht zu haben und die Schule 1980 mit dem Abitur abgeschlossen zu haben. Das anschließende Hochschulstudium an der Universität G. von Oktober 1980 bis März 1983 und an der Universität K. von April 1983 bis März 1987 habe sie im Jahr 1986 mit dem Magister (M.A.) abgeschlossen. Beweismittel hierfür legte sie nicht vor. Diesbezüglich gab sie an, "Nachweise über Bafög-Bezug habe ich nicht mehr."

Mit Bescheid vom 31.07.2012 stellte die Beklagte gemäß § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten für die Zeit bis 31.12.2005 verbindlich fest und dabei u.a. Pflichtbeitragszeiten von September 1976 bis Juli 1977 und von November 1989 bis Dezember 1990. Die Vormerkung der Zeit vom 01.08.1977 bis 31.03.1987 als Anrechnungszeit lehnte sie ab, weil diese nicht nachgewiesen worden sei. Im Widerspruchsverfahren wandte sich die Klägerin u.a. gegen die Ablehnung der Ausbildungszeiten und machte geltend, Abschlusszeugnisse seien nicht geeignet, die Schul- bzw. Studienzeiten nachzuweisen. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte in Bezug auf die Ausbildungszeiten aus, Anrechnungszeittatsachen im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI seien nur zu berücksichtigen, wenn sie nachgewiesen würden. Der Nachweis könne durch alle geeigneten Unterlagen geführt werden, wobei vorrangig Schulzeugnisse, Bescheinigungen der Schulen, Studienbuch, Abschlusszeugnisse oder Diplome in Betracht kämen. Nachdem die Klägerin in ihrem Kontenklärungsantrag angegeben habe, dass ihr entsprechende Nachweise nicht mehr vorlägen, sei die Vormerkung dieser Zeiten nicht möglich.

Am 13.11.2012 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben und sich u.a. gegen das "reichlich merkwürde Ansinnen" der Beklagten gewandt, Schul- und Studienzeiten mittels der Abschlusszeugnisse nachzuweisen und zu diesem Zweck die entsprechenden Originale vorzulegen. Unterlagen über die Schul- und Studienjahre habe sie nicht mehr. Als Nachweis der Studiendauer seien die Abschlusszeugnisse auch nicht geeignet. Tauglich für einen entsprechenden Nachweis seien die Bezugszeiten von Kindergeld, wobei sie allerdings auch diese Nachweise nicht beibringen könne, da ihr Vater Bezieher der Leistung gewesen sei. Sie nehme an, dass dieser die entsprechenden Unterlagen nicht aufbewahrt habe.

Nachdem die Klägerin nicht bereit war, nähere Angaben zu der besuchten Schule bzw. Hochschule und insbesondere dem Studiengang zu machen, hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.10.2013 im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Begründung im Widerspruchsbescheid abgewiesen.

Am 22.10.2013 hat die Klägerin dagegen Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt und wiederum geltend gemacht, die streitigen Ausbildungszeiten seien nicht mit Hilfe von Abschlusszeugnissen nachzuweisen, sondern vermutlich allein über den Kindergeldbezug und die Familienmitversicherung in der Krankenkasse ihres Vaters. Diese Daten müssten bei der Rentenversicherung vorhanden sein.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 10.10.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 31.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.11.2012 zu verurteilen, die Zeit vom 01.08.1977 bis 31.03.1987 als Zeit der schulischen Ausbildung vorzumerken.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und verweist darauf, dass die im Streit stehende Zeit weder durch den Bezug von Kindergeld noch durch eine Familienversicherung bei einer Krankenkasse nachzuweisen sei, da die Gründe für den Bezug einer entsprechenden Leistung bzw. für eine Familienversicherung vielfältiger Natur sein könnten.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 31.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.11.2012 ist, soweit die Beklagte damit die Vormerkung der Zeit vom 01.08.1977 bis 31.03.1987 als Zeit der schulischen Ausbildung abgelehnt hat, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Im Versicherungsverlauf der Klägerin ist diese Zeit nicht als rentenrechtliche Zeit vorzumerken.

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 149 Abs. 5 SGB VI. Die Bestimmung findet gemäß § 300 Abs. 1 SGB VI Anwendung und zwar unabhängig davon, ob der Sachverhalt, auf den sich der Anspruch gründet, bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes vorgelegen hat (BSG, Urteil vom 17.11.1992, 4 RA 15/91 in SozR 3-2600 § 56 Nr. 4).

Nach § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI stellt der Versicherungsträger, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat, die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest (so genannter Vormerkungsbescheid). Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird hingegen erst bei Feststellung einer Leistung entschieden (Satz 2 der Vorschrift). Zweck dieses Verfahrens und insbesondere des Vormerkungsbescheides ist eine Beweissicherung hinsichtlich derjenigen Tatsachen, die in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich bedeutsam werden können, was sich nach der im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats gültigen materiell-rechtlichen Regelung beurteilt (BSG, Urteil vom 24.10.1996, 4 RA 108/95 in SozR 3-2600 § 58 Nr. 9).

Zeiten der schulischen Ausbildung, die bei Eintritt eines Versicherungsfalls als Anrechnungszeit bei der Rentenberechnung Berücksichtigung finden können, sind gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendetem 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben, insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren.

Die Beklagte und ihr folgend das SG haben zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für die Vormerkung einer solchen Zeit vorliegend nicht erfüllt sind. Denn es ist nicht festzustellen, dass die Klägerin in der im Streit stehenden Zeit vom 01.08.1977 bis 31.03.1987 eine Schule oder Hochschule im Sinne des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI besuchte. Unterlagen, die einen solchen Schul- und Hochschulbesuch belegen oder zumindest auf das Zurücklegen solcher Ausbildungszeiten hinweisen, sind nicht vorhanden und wurden von der Klägerin im Laufe des Verfahrens nicht vorgelegt. Ihren eigenen Ausführungen zufolge verfügt die Klägerin auch nicht über entsprechende Unterlagen. Damit lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht nachweisen, dass die Klägerin in dem streitigen Zeitpunkt eine Schule bzw. Hochschule besuchte. Ansatzpunkte für die Durchführung von Ermittlungen sieht der Senat nicht. Denn trotz der entsprechenden Aufforderung durch das SG ist die Klägerin nicht bereit gewesen, sich insbesondere zu der konkret besuchten Schule und dem absolvierten Studiengang zu äußern.

Soweit die Klägerin die Auffassung vertreten hat, die Zeiten ihrer schulischen Ausbildung und ihres Hochschulstudiums seien hinreichend durch den Kindergeldbezug ihres Vaters sowie das Bestehen einer Familienversicherung in einer Krankenkasse belegt, kann dahin gestellt bleiben, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen aus einem entsprechenden Leistungsbezug bzw. aus dem Bestehen einer Familienversicherung in einer gesetzlichen Krankenkasse entsprechende Rückschlüsse gezogen werden können. Denn auch insoweit hat die Klägerin keine Unterlagen vorgelegt.

Nachdem die anspruchsbegründenden Tatsachen erwiesen sein müssen, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1), ein solcher Nachweis jedoch nicht möglich ist, geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Nach alledem kann die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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