L 5 KR 4106/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 1413/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4106/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 14.08.2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird für die zweite Instanz endgültig auf 7.627,68 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die gerichtliche Feststellung der Klagerücknahme (Rücknahmefiktion). In der Sache begehrt er die Vergütung von Krankenfahrten in Höhe von 7.627,68 EUR.

Der Kläger ist Inhaber der Firma "Taxi-D.-Touristik", eines Taxi- und Omnibusunternehmens mit Betriebssitz in T., Landkreis Sch ... Das zuständige Landratsamt des Sch. hatte ihm die Genehmigung zur Ausübung des Verkehrs mit Taxen nach § 47 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) mit der Auflage erteilt, Taxen dürften nur am Betriebssitz in T. bereitgehalten werden. Ferner ist er Inhaber der Firma "F.-Taxen-V." mit Sitz in T.-N., Landkreis B ... Die Tätigkeit dieses Unternehmens besteht laut Gewerbeanmeldung in der Vermittlung von Taxi- und Mietwagenfahrten sowie in Kurierfahrten.

Im Jahr 2007 führte der Kläger Dialysefahrten für die bei der Beklagten versicherte R. K. und Fahrten zur Chemotherapiebehandlung für den ebenfalls bei der Beklagten versicherten G. W. durch. Hierfür stellte die "o. d. A. GmbH" der Beklagten insgesamt 7.627,68 EUR in Rechnung. Die Beklagte lehnte die Zahlung ab, da der Kläger nicht berechtigt sei, Krankenfahrten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen.

Am 31.12.2011 hat der Kläger "als Inhaber und Kläger der Taxi-D.-Touristik" und "F.-Taxen-V." beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben (S 1 KR 14/12). Zur Begründung hat er angegeben, er betreibe ein Taxiunternehmen mit Hauptsitz in T. und Zweigstelle "Taxi-V." T.-N. und führe für die "Taxi-Zentrale H. T.-N." durch Vermittlung Fahrten durch. Die aus Krankenfahrten im Jahr 2007 resultierenden Vergütungsforderungen seien "bis zur Rückgabe der Rechnungen durch die Abrechnungsfirma "o. d." an diese abgetreten gewesen. Infolge der Rückgabe der Rechnungen seien die Forderungen wieder rückabgetreten worden. Er habe die Rechnungen vom 08.05.2007 nebst ärztlichen Verordnungen bei der Beklagten eingereicht, jedoch keine Zahlung erhalten.

Die Beklagte hat zur Erwiderung u.a. vorgetragen (Schreiben vom 07.02.2012), die Aktivlegitimation des Klägers werde bestritten. Auch sei die Prozessführungsbefugnis nicht nachgewiesen. Als Kläger werde in der Klageschrift "M. D. als Inhaber der Taxi-D.-Touristik in T. und F.-Taxen-V. in T.-N." angegeben. Auf dem Briefkopf werde von "D.-Touristik" und "Taxi D.-Touristik" und "D.-Touristik-Taxi" gesprochen. In der Klagebegründung wiederum werde ausgeführt, dass der Kläger "ein Taxiunternehmen mit Hauptsitz in T. und Zweigstelle Taxi-V. T.-N." betreibe. Nach ihren Erkenntnissen handele es sich bei der "Taxi-D.-Touristik" um ein Omnibusunternehmen. Als Anspruchsinhaber für die durchgeführten Fahrten werde in den vorgelegten Rechnungen "F.-Taxen V. in T.-N., M. D." genannt. Der angegebene Betriebssitz des Gewerbes "F.-Taxi-V. in T.-N." sei aber lediglich ein Gewerbe zur Vermittlung von Fahrten und keine Firma mit der Genehmigung zur Durchführung gewerblicher Personenbeförderung, insbesondere nicht zur Durchführung von Krankenfahrten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Kläger möge daher klarstellen, wer genau Forderungsinhaber sein solle.

Das SG hat den Kläger daraufhin zur Stellungnahme aufgefordert und zweimalig (Schreiben vom 05.03.2012 und 11.06.2012) unter jeweiliger Fristsetzung (bis 20.04.2012 bzw. 11.07.2012) an die Erledigung erinnert. Eine Reaktion des Klägers ist ausgeblieben. Mit Schreiben vom 16.07.2012 hat das SG den Kläger "letztmalig" aufgefordert, zur Klageerwiderung Stellung zu nehmen. Insbesondere wurde der Kläger um Klarstellung gebeten, welches Taxi-Unternehmen vorliegend hier als Kläger auftrete. Wie der Klageerwiderung zu entnehmen sei, bestünden hierüber erhebliche Unklarheiten. Weiter enthielt dieses gerichtliche Schreiben den Hinweis, dass die Klage als zurückgenommen gelte, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibe (unter Verweis auf § 102 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes). Werde also innerhalb von drei Monaten nach Zugang dieser Aufforderung nicht geantwortet, gelte die Klage als zurückgenommen. In diesem Fall habe der Kläger auch die Kosten des Verfahrens zu tragen (unter Verweis auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 2 VwGO). Dieses Schreiben ist dem Kläger am 19.07.2012 zugestellt worden. Der Kläger hat hierauf nicht reagiert. Das SG hat daraufhin mit Schreiben an die Beteiligten vom 04.12.2012 mitgeteilt, dass das Verfahren aufgrund der Rücknahmefiktion erledigt sei. Zugleich hat das SG mit Beschlüssen vom 04.12.2012 den Streitwert festgesetzt und entschieden, dass der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Diese Beschlüsse sind dem Kläger am 07.12.2012 zugestellt worden.

Am 07.01.2013 hat der Kläger beim SG "Einspruch gegen den Beschluss vom 04.12.2012" mit der Begründung eingelegt, er habe auf die gerichtliche Aufforderung am 16.07.2012 geantwortet und ein Schreiben dem SG zukommen lassen.

Das zunächst als Beschwerde an das Landessozialgericht (LSG) weitergeleitete Schreiben des Klägers (L 5 KR 196/13 B) wurde mit dem Hinweis des Senats, es handele sich um einen Streit über das Eintreten der Rücknahmefiktion, an das SG zurückgereicht.

Mit Urteil vom 14.08.2013 hat das SG festgestellt, dass die Klage als zurückgenommen gelte. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen der Klagerücknahmefiktion seien erfüllt.

Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG gelte die Klage als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibe. In der Aufforderung sei der Kläger auf die sich aus § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG und ggf. aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Die Betreibensaufforderung nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG unterliege formellen, materiellen und inhaltlichen Anforderungen, ohne deren Erfüllung sie nicht Grundlage der Rücknahmefiktion des § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG sein könne.

In formeller Hinsicht müsse wegen der einschneidenden Folgen der Rücknahmefiktion sichergestellt sein, dass es sich bei der Betreibensaufforderung nicht lediglich um einen Entwurf handele und dass der Richter nicht von einer Routine-Verfügung ausgehe; hierüber müsse auch für die Betroffenen Gewissheit bestehen. Deswegen müsse die Betreibensaufforderung nach der Rechtsprechung des BSG vom zuständigen Richter verfügt und mit vollem Namen unterzeichnet werden. Ein den Namen abkürzendes Handzeichen (Paraphe) genüge als Unterschrift nicht. Auch die gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGG zuzustellende Ausfertigung/beglaubigte Abschrift der Betreibensaufforderung müsse diesen Umstand erkennen lassen, d.h. durch Wiedergabe des vollen Namens des Richters ausweisen, dass die Betreibensaufforderung von ihm stamme (unter Verweis auf BSG Urt. v. 01.07.2010 - B 13 R 58/09 R, juris). Diesen formellen Anforderungen genüge die Betreibensaufforderung, da der Kläger aufgefordert worden sei zur Klageerwiderung Stellung zu nehmen und insbesondere klarzustellen, welches Taxi-Unternehmen als Kläger auftrete. Er sei auf die Folgen des § 102 Abs. 2 S. 3 SGG hingewiesen worden. Die Betreibensaufforderung sei außerdem mit vollem Namen vom Kammervorsitzenden unterzeichnet und zugestellt worden.

In materieller Hinsicht setze das Ergehen einer Betreibensaufforderung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG voraus, dass sachlich begründete Anhaltspunkte für einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers vorlägen. Die Regelung des § 102 SGG über die Fiktion der Klagrücknahme habe die entsprechenden Vorschriften in § 81 AsylVfG und § 92 Abs. 2 VwGO (vgl. zum Berufungsverfahren § 126 Abs. 2 VwGO bzw. § 156 Abs. 2 SGG) zum Vorbild. Diese Vorschriften regelten die Fiktion der Klagerücknahme für das Verfahrensrecht des Asylprozesses bzw. des allgemeinen Verwaltungsprozesses. Das Gesetz unterstelle, dass das Rechtsschutzinteresse an der Klage weggefallen sei, wenn der Kläger über einen bestimmten Zeitraum nicht oder nicht in hinreichendem Maße tätig geworden sei. Die Fiktion der Klagrücknahme greife in das (Prozess-)Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG bzw. in die entsprechenden Verfahrensgehalte der im Einzelfall betroffenen materiellen Grundrechte ein. Das sei grundsätzlich zulässig. Nach der Rechtsprechung des BVerfG (unter Verweis auf Beschl. v. 27.10.1998 - 2 BvR 2662/95 und Beschl. v. 17.09.2012 - 1 BvR 2254/11, beide juris) dürfe ein Gericht im Einzelfall von einem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses ausgehen, wenn das Verhalten eines Verfahrensbeteiligten Anlass zu der Annahme biete, dass ihm an einer Sachentscheidung nicht mehr gelegen sei. Die hierauf gestützte Abweisung eines Rechtsschutzbegehrens mangels Sachbescheidungsinteresses sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Das BVerfG habe zugleich aber entschieden, dass die Vorschriften über die Fiktion der Klagerücknahme Ausnahmecharakter hätten, der bei ihrer Auslegung und Anwendung besonders zu beachten sei (unter Verweis auf BVerfG, a.a.O. und BSG Urt. v. 01.07.2010, a.a.O., m.w.N.). Demzufolge sei in den einschlägigen Gesetzesmaterialien auch ausgeführt, dass "die Auslegung und Anwendung der Norm nur vor dem Hintergrund ihres strengen Ausnahmecharakters erfolgen" dürfe (unter Verweis auf BT-Drs. 16/7716 S. 19 zu Nummer 17 (§ 102)). Die Anwendung der Rücknahmefiktion komme nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht (unter Verweis auf BVerfG Beschl. v. 19.05.1993 - 2 BvR 1972/92, juris; BSG 01.07.2010, a.a.O.). Angesichts der gravierenden, den Rechtsschutz jedenfalls im konkreten Verfahren ohne Sachprüfung abschneidenden Wirkung der Rücknahmefiktion gebiete Art. 19 Abs. 4 GG eine strenge Prüfung der fachgerichtlichen Auslegung und Anwendung der entsprechenden Vorschriften durch das BVerfG (unter Verweis auf BVerfG Beschl. v. 17.09.2012 - 1 BvR 2254/11, juris). Sachlich begründbare Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses könnten sich insbesondere aus der Verletzung prozessualer Mitwirkungspflichten des Klägers ergeben. Insoweit sei aber zu beachten, dass die Rücknahmefiktion des § 102 Abs. 2 SGG keine Sanktion für prozessuales Fehlverhalten darstelle (unter Verweis auf BVerfG Beschl. v. 17.09.2012, a.a.O.). Außerdem gelte (auch) für den Sozialgerichtsprozess nicht der Beibringungs-, sondern der Untersuchungsgrundsatz (Amtsermittlungsgrundsatz). Gem. § 103 SGG erforsche das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen; es habe dabei die Beteiligten heranzuziehen. Die Mitwirkungspflicht (bzw. Mitwirkungsobliegenheit) der Beteiligten, auch des Klägers, sei danach Teil der gerichtlichen Sacherforschungspflicht und durch diese auch begrenzt. Insbesondere könne auf das Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses nicht schon (allein) deshalb geschlossen werden, weil der Kläger eine Klagebegründung nicht vorlegt, zumal er dazu gem. § 92 Abs. 1 Satz 4 SGG nicht verpflichtet sei, sondern die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel nur angeben "soll". Allerdings müsse das Gericht Ermittlungen auch nicht "ins Blaue" anstellen (unter Verweis auf BSG Urt. v. 01.07.2010, a.a.O.). Prozessuale Folgerungen aus einer Verletzung der Mitwirkungspflicht unterlägen schließlich dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Deshalb müsse das Gericht ggf. zunächst von den Befugnissen nach § 106a SGG Gebrauch machen und etwa dem Kläger eine Frist zum Vortrag von Tatsachen oder zur Vorlage von Urkunden setzen und verspätetes Vorbringen von Erklärungen oder Beweismitteln unter den Voraussetzungen des § 106a Abs. 3 SGG zurückweisen, gleichwohl aber eine Sachentscheidung treffen. Das Gericht könne je nach Fallgestaltung auch auf die Grundsätze der objektiven Beweislast und der Beweisvereitelung hinweisen oder nach diesen Grundsätzen eine Sachentscheidung treffen. Eine Betreibensaufforderung, die ergehe, ohne dass zuvor die nach Lage der Dinge vorrangigen prozessualen Handlungsmittel angewendet worden seien, oder die sich nicht auf hinreichend begründete Anhaltspunkte für den Wegfall des Interesses des Klägers an einer gerichtlichen Sachentscheidung stützen könne, sei unzulässig; sie könne nicht Grundlage der in § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG vorgesehenen Rücknahmefiktion sein (unter Verweis auf Urt. d. Senats vom 17.04.2013 - L 5 KR 605/12, juris).

In inhaltlicher Hinsicht müsse die Betreibensaufforderung nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG einen bestimmten Inhalt haben. Dem Kläger müsse klar und unzweifelhaft deutlich gemacht werden, welche Verfahrenshandlung er vornehmen müsse, um die Fiktion der Rücknahme seiner Klage abzuwenden. Die Handlungen zum (hinreichenden) Betreiben des Verfahrens müssten - abhängig vom Stand des Verfahrens - möglichst konkret bezeichnet werden; allgemeine Aufforderungen zum Tätigwerden genügten grundsätzlich nicht (unter Verweis auf Meyer/Ladewig, SGG § 102 Rdnr. 8c).

Vorliegend habe die Aufforderung im Schreiben vom 16.07.2012 einen ausreichend bestimmten Inhalt im dargestellten Sinn. Dem Kläger sei in diesem Schreiben unzweifelhaft deutlich gemacht worden, dass er insbesondere klarstellen solle, welches Taxi-Unternehmen vorliegend als Kläger auftrete. Das Bedürfnis nach Klarstellung ergebe sich bereits aus der Klageerwiderung der Beklagten, die ausführlich und zutreffend auf die bislang vom Kläger verwendeten unterschiedlichen Bezeichnungen hingewiesen habe. Diese unterschiedlichen Bezeichnungen hätten auch auf Seiten der Kammer dazu geführt, dass nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen sei, wer eigentlich Kläger des vorliegenden Verfahrens sei. Die Beseitigung dieser Unklarheiten sei allein dem Kläger möglich und ihm auch zumutbar. Aus der Tatsache, dass trotz Fristsetzung zum 20.04.2012 und Erinnerung vom 11.06.2012 unter erneuter Fristsetzung bis 11.07.2012 sowie trotz des eindeutigen Hinweises im Schreiben vom 16.07.2012, er möge nunmehr "reagieren", bis 04.12.2012, also über einen Zeitraum von über 4 ½ Monaten, keine Reaktion des Klägers auf die Betreibensaufforderung vom 16.07.2012 erfolgt sei, sei entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen der Schluss zu ziehen, dass der Kläger kein Interesse an der Fortführung seines auf Vergütung von Leistungen gerichteten Rechtsstreits mehr habe. Soweit der Kläger in seinem Schreiben vom 02.01.2013 darauf verweise, er habe auf die gerichtliche Aufforderung vom 16.07.2012 geantwortet und ein Schreiben dem SG zukommen lassen, erscheine dieses Vorbringen als reine Schutzbehauptung. Beim SG sei zu diesem Verfahren kein Schreiben des Klägers eingegangen. Auch habe der Kläger keine Kopie seines angeblichen Schreibens oder sonstige Unterlagen vorgelegt, die auf die Existenz eines solchen Schreibens hindeuten könnten.

Am 16.09.2013 hat der Kläger gegen das ihm am 17.08.2013 zugestellte Urteil beim SG, weitergeleitet an das LSG am 20.09.2013, Berufung eingelegt. Eine Begründung hat der Kläger trotz mehrmaliger Erinnerung nicht zu den Akten gereicht.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 14.08.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.627,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.269,52 EUR seit dem 31.01.2007, aus 1.088,16 EUR seit dem 28.02.2007, aus 1.178,84 EUR seit dem 30.03.2007, aus 1.178,84 EUR seit dem 30.04.2007 und aus 2.912,32 EUR seit dem 08.05.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Schreiben vom 18.06.2014 darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, und dass diese Vorgehensweise beabsichtigt sei. Die Beklagte hat sich mit der Vorgehensweise einverstanden erklärt. Der Kläger hat sich nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu.

Die Berufung des Klägers ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat zutreffend unter Verweis auf das Urteil des Senats vom 17.04.2013 (L 5 KR 605/12, juris) die rechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen der Rücknahmefiktion nach § 102 Abs. 2 SGG dargestellt. Der Senat nimmt auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das SG hat den vorliegenden Sachverhalt auch zutreffend unter die dargestellten Voraussetzungen der Rücknahmefiktion subsumiert. Danach sind sowohl die formellen und materiellen als auch inhaltlichen Anforderungen an die Betreibensaufforderung erfüllt.

Das dem Kläger förmlich zugestellte Gerichtsschreiben vom 16.07.2012 genügte den formellen Anforderungen an eine Betreibensaufforderung. Es ist insbesondere von dem zuständigen Richter mit vollem Namen unterschrieben worden. Damit ist sichergestellt, dass es sich nicht nur um einen Entwurf handelte.

Auch in materieller Hinsicht entspricht das Gerichtsschreiben vom 16.07.2012 einer Betreibensaufforderung im Sinne von § 102 Abs. 2 SGG. Im Zeitpunkt des Ergehens des Schreibens lagen sachlich begründete Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers vor. Die Beklagte hatte in ihrer Klageerwiderung die Aktivlegitimation des Klägers bestritten und auf den widersprüchlichen Vortrag des Klägers zur Forderungsinhaberschaft hingewiesen. Damit wurden zentrale Voraussetzungen der Klageforderung grundlegend in Frage gestellt. Es lag deshalb nahe, dass sich der Kläger zu diesen Einwendungen äußern würde. Dass er sich hierzu trotz entsprechender Aufforderung des SG und zweimaliger Erinnerung unter jeweiliger Fristsetzung nicht veranlasst sah, ließ unzweifelhaft darauf schließen, dass der Kläger an der Fortsetzung des Rechtsstreits kein Interesse hat. Das SG durfte deshalb am Fortbestand des Rechtsschutzinteresses des Klägers ernsthaft zweifeln. Diese Zweifel waren nicht nur bei Ergehen der Betreibensaufforderung, sondern auch noch bis zum Ablauf der Betreibensfrist am 19.10.2012 angebracht. Der Kläger hatte sich während des gesamten Zeitraums nicht geäußert. Ein während dieser Zeit erstellter oder eingegangener Schriftsatz des Klägers befindet sich nicht bei den Akten. Die in seiner Antragsschrift auf Fortsetzung des Verfahrens vom 07.01.2013 aufgestellte Behauptung, er habe sich schriftsätzlich geäußert, ist weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.

Schließlich genügte die Betreibensaufforderung auch den von der Rechtsprechung aufgestellten inhaltlichen Anforderungen. Dem Kläger wurde im Schreiben vom 16.07.2012 klar und unzweifelhaft, unter konkreter Benennung der Handlungen, deutlich gemacht, was von ihm verlangt wird. Er wurde außerdem über die Rechtsfolgen des § 102 Abs. 2 S. 1 SGG und die Kostenfolge belehrt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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