L 5 KR 5079/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 7123/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5079/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.11.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf weitergehendes Krankengeld über den 25.06.2009 hinaus.

Der 1971 geborene Kläger war als Bauhelfer beschäftigt. Aufgrund einer Prellung des Ellenbogens, des Handgelenks und der Hand sowie einer Fraktur des Mittelhandknochens war er seit dem 17.04.2009 fortlaufend, zuletzt bis zum 19.06.2009 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Seine Beschäftigung als Bauhelfer wurde wegen schlechter Auftragslage am 03.06.2009 zum 17.06.2009 gekündigt. Nach Lohnfortzahlung bezog der Kläger ab 30.05.2009 Krankengeld in Höhe von 35,33 EUR netto/Kalendertag.

Der MDK überprüfte am 22.06.2009 auf Veranlassung der Beklagten die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit. Dr. M. kam zu dem Ergebnis, dass zwei Monate nach Fraktur des Mittelhandknochen die Wundheilung abgeschlossen sei.

Mit Schreiben vom 22.06.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Anspruch auf Krankengeld mit dem 25.06.2009 und damit auch die Mitgliedschaft in der bisherigen Form ende. Ebenfalls am 22.06.2009 ging bei der Beklagten ein weiterer von der behandelnden Ärztin für Chirurgie und Unfallchirurgie B.-Sch., E., ausgestellter Auszahlschein für Krankengeld vom 22.06.2009 ein, in dem sie als letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit den 26.06.2009 angab.

Am 10.07.2009 ging bei der Beklagten eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Fachärzte für Chirurgie Dres. S., B., ein, ausgestellt als Folgebescheinigung vom 10.07.2009, in der Arbeitsunfähigkeit vom 26.06. bis zum 31.08.2009 attestiert wurde.

Mit Schreiben vom 13.07.2009 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Arbeitsunfähigkeit nach den Feststellungen des MDK zum 25.06.2009 geendet habe und die erneute Arbeitsunfähigkeit ab dem 26.06.2009 nicht mehr zu einem Anspruch auf Krankengeld führe, da am maßgeblichen Tag nach der ärztlichen Feststellung keine Mitgliedschaft nach § 192 SGB V mehr bestanden habe. Eine Krankengeldzahlung über den 25.06.2009 hinaus sei deshalb nicht möglich.

Die Chirurgin B.-Sch. gab auf telefonische Nachfrage der Beklagten vom 14.07.2009 an, sie lege keinen Widerspruch gegen die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit zum 25.06.2009 ein, sondern berichtige ihre Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auf den 25.06.2009. Sie habe nicht gewusst, dass der Kläger arbeitslos geworden sei, sondern sei bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit von einer Tätigkeit als Abbrucharbeiter ausgegangen.

Am 23.07.2009 wandte sich der Kläger, anwaltlich vertreten, an die Beklagte und begehrte die Fortzahlung von Krankengeld über den 25.06.2009 hinaus, da er durchgehend arbeitsunfähig krankgeschrieben sei. Er legte die Kopie einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Dres. S. vom 26.06.2009, ausgestellt als Erstbescheinigung bis zum 10.07.2009, vor sowie den Arztbrief von Dr. S. vom 10.07.2009 über eine Operation im Bereich des Hodens am 07.07.2009 wegen einer Varikozele. Er machte geltend, die nachträgliche Korrektur der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch die Chirurgin B.-Sch. sei fehlerhaft und rechtswidrig gewesen.

Die Beklagte lehnte den Antrag auf Fortzahlung des Krankengeldes mit Bescheid vom 24.08.2009 ab und verwies erneut auf die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit zum 25.06.2009 und das damit bewirkte Ende der Mitgliedschaft nach § 192 SGB V zum 25.06.2009. Am 27.06.2009 als dem maßgeblichen Tag nach erneuter Feststellung der Arbeitsunfähigkeit am 26.06.2009 sei der Kläger nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen.

Den dagegen am 28.08.2009 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.2009 zurück.

Am 26.10.2009 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart, zu deren Begründung er erneut die Auffassung vertrat, er sei über den 25.06. 2009 hinaus durchgehend krankgeschrieben gewesen. Soweit nachträglich eine Änderung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf den 25.06.2009 erfolgt sei, sei dies nicht zulässig. Am 25.06.2009 seien starke Unterleibsschmerzen aufgetreten, weswegen er weiter krankgeschrieben worden sei. In der Folge sei er dann am Hoden operiert worden.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 15.11.2012 ab. Am 25.06.2009 habe keine Arbeitsunfähigkeit mehr vorgelegen, so dass der Krankengeldanspruch des Klägers am 25.06.2009 und somit auch nach § 192 SGB V die krankengeldbegründende Mitgliedschaft bei der Beklagten geendet habe. Ausgehend von der Tätigkeit eines Bauhelfers sei entscheidend zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers über den 25.06.2009 hinaus, ob das Restleistungsvermögen des Klägers am 26.06.2009 zumindest mittelschwere körperliche Arbeiten zugelassen habe. Dies sei nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen der Fall. Dr. M. habe in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 22.06.2009 mitgeteilt, dass zwei Monate nach Fraktur eines Mittelhandknochens die Wundheilung abgeschlossen sei. Auch Frau B.-Sch. habe auf die gerichtliche Anfrage mitgeteilt, dass der Kläger als Bauhelfer am 26.06.2009 wieder arbeitsfähig gewesen sei. Zwar habe Frau B.-Sch. dem Kläger ursprünglich bis 26.06.2009 Arbeitsunfähigkeit attestiert. Ausweislich ihrer Stellungnahme habe dies jedoch auf der Annahme beruht, dass als Maßstab der Arbeitsunfähigkeit von einem Abbrucharbeiter auszugehen sei, dessen Hand einer ganz besonders schweren Belastung durch eine Abbruchmaschine ausgesetzt gewesen wäre. Die besonders schwere Belastung durch eine Abbruchmaschine gehöre jedoch nicht zum Leistungsbild eines Bauhelfers und könne daher nicht zu einer über den 25.06.2009 begründenden Arbeitsunfähigkeit führen. Soweit von der Arztpraxis S. am 26.06.2009 eine erneute Krankschreibung erfolgt sei, habe hierdurch ein Anspruch auf Krankengeld nicht mehr entstehen können. Anspruch auf Krankengeld entstehe gemäß § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V am Tag nach der ärztlichen Feststellung. Das Bundessozialgericht habe insoweit in seinem Urteil vom 26.06.2007 (B 1 KR 37/06 R) darüber entschieden, dass sich der Anspruch auf Krankengeld grundsätzlich nach dem Versicherungsverhältnis richte, das am Tag nach der ärztlichen Feststellung bestehe. Maßgebend für den Anspruch auf Krankengeld seien somit die am 27.06.2009 bestehenden Verhältnisse. Zu diesem Zeitpunkt habe jedoch keine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld mehr bestanden, weshalb sich aus der Bescheinigung der Arztpraxis S. ab dem 27.06.2009 kein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld ergeben könne.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 22.11.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.12.2012 Berufung eingelegt. Der Kläger macht erneut geltend, Dr. S. habe mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 26.06.2009 die weiterbestehende Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.08.2009 festgestellt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.11.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 24.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 26.06.2009 bis zum 31.08.2009 Krankengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten und des Sozialgerichts sowie auf die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Bei einem Krankengeldtagessatz von 35,33 EUR netto und einem Anspruchszeitraum von 67 Tagen (26.06.2009 bis 31.08.2009) ist der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von 750 EUR überschritten. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat die Fortzahlung von Krankengeld über den 25.06.2009 hinaus zu Recht abgelehnt. Der Kläger hat darauf keinen Anspruch, denn er hat eine über diesen Zeitpunkt hinaus bestehende Arbeitsunfähigkeit nicht lückenlos nachgewiesen.

I.

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Krankengeld sind die Bestimmungen der §§ 44 ff. SGB V. Gem. § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Keinen Anspruch auf Krankengeld haben gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V (u.a.) die nach § 10 SGB V Versicherten; das sind Personen in der Zeit, für die sie über die Familienversicherung mitversichert sind.

Unter welchen Voraussetzungen Arbeitsunfähigkeit i. S. d. § 44 Abs. 1 SGB V vorliegt, richtet sich nach dem Umfang des Krankenversicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entstehung des Krankengeldanspruchs, außerhalb von Krankenhausbehandlungen oder von Behandlungen in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung also der Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V; vgl. auch BSG, Urt. v. 10.05.2012, - B 1 KR 19/11 R - und - B 1 KR 20/11 R -). Die aufgrund der Ausübung einer Beschäftigung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V Versicherten, die im maßgeblichen Zeitpunkt in einem Arbeitsverhältnis (Beschäftigungsverhältnis) stehen (zur Feststellung von Arbeitsunfähigkeit am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses Senatsurteil vom 03.08.2011, -L 5 KR 1056/10 -) und einen Arbeitsplatz innehaben, sind arbeitsunfähig, wenn sie die an ihren Arbeitsplatz gestellten beruflichen Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen können (vgl. näher auch § 2 Abs. 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). Solange das Arbeitsverhältnis besteht, dürfen sie nicht auf (gleichartige) Tätigkeiten verwiesen werden, die sie gesundheitlich noch ausüben könnten (jurisPK-SGB V/Meyerhoff, § 44 Rdnr. 56, 57 auch zum Sonderfall der Zuweisung einer gesundheitlich noch möglichen anderen Tätigkeit beim gleichen Arbeitgeber).

Liegt Arbeitsunfähigkeit vor, setzt das Entstehen des Krankengeldanspruchs - abgesehen von Behandlungen im Krankenhaus oder in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen - weiter voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird (ggf. durch Auszahlungsschein für Krankengeld - vgl. § 6 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien); gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Leistungsanspruch nämlich erst von dem Tag an, der auf den Tag dieser ärztlichen Feststellung folgt. Weitere verfahrensrechtliche Bestimmungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Vertragsärzte enthalten die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien. Dort ist auch die Zusammenarbeit des Vertragsarztes mit dem MDK näher geregelt. Gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien ist ein Gutachten des MDK zur Frage der Arbeitsunfähigkeit für den Vertragsarzt verbindlich. Bei Meinungsverschiedenheiten kann er allerdings unter schriftlicher Darlegung seiner Gründe bei der Krankenkasse unverzüglich nach Kenntnisnahme der abweichenden Beurteilung des MDK eine erneute Beurteilung auf der Basis eines Zweitgutachtens beantragen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). In beweisrechtlicher Hinsicht kommt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Bedeutung einer ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme zu. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist daher im sozialgerichtlichen Verfahren ein Beweismittel wie jedes andere, so dass der durch sie bescheinigte Inhalt durch andere Beweismittel widerlegt werden kann. Die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bewirkt zu Gunsten des Versicherten weder eine Beweiserleichterung noch gar eine Beweislastumkehr (BSG, Urt. v. 08.11.2005, - B 1 KR 18/04 R -).

Das Gesetz knüpft die Inanspruchnahme des Krankengeldes außerdem an die Erfüllung einer dem Versicherten auferlegten Meldeobliegenheit. Der gem. §§ 44 Abs. 1 Satz 1, 46 SGB V entstandene Leistungsanspruch ruht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nämlich, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird, es sei denn, die Meldung erfolgt innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Der Versicherte muss außerdem auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V hinweisen und diese vorlegen. Die Meldeobliegenheit ist vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes zu erfüllen, auch nach einer vorübergehend leistungsfreien Zeit, selbst wenn die Arbeitsunfähigkeit seit Beginn durchgängig fortbestanden hat (BSG, Urt. v. 08.02.2000, - B 1 KR 11/99 R -). Gleiches gilt bei ununterbrochenem Leistungsbezug, wenn wegen der Befristung ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V) über die Weitergewährung von Krankengeld erneut zu befinden ist. Auch dann muss der Versicherte die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig vor Fristablauf ärztlich feststellen lassen und der Krankenkasse melden, will er das Erlöschen oder das Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden. Legt der Versicherte keine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) vor, endet der Krankengeldanspruch mit Ablauf der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeit, ohne dass es eines Aufhebungsbescheids bedürfte (vgl. zu alledem auch etwa Senatsurteil vom 14.07.2010, - L 5 KR 4049/08 -).

Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit stellt eine grundlegende (materielle) Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld und nicht lediglich ein - beliebig nachholbares - Verfahrenserfordernis dar. Mit den - streng zu handhabenden - Maßgaben der §§ 46 Satz 1 Nr. 2, 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V soll der Krankenkasse nämlich ermöglicht werden, das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den MDK überprüfen zu lassen, Leistungsmissbräuchen entgegenzutreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können; die Krankenkasse soll davon freigestellt werden, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Anspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen. Ausnahmen kommen nur in eng begrenzten Sonderfällen in Betracht, wenn nämlich der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und Zumutbare zur Wahrung seiner Ansprüche unternommen hat, er an der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Obliegenheiten aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung (wie eine Fehlbeurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Vertragsarztes und des MDK) gehindert war und er außerdem seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich (spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) nach Kenntnis der Fehlentscheidung geltend gemacht hat (näher etwa: BSG, Urt. v. 08.11.2005, - B 1 KR 30/04 R -).

Der Anspruch auf Krankengeld endet (erlischt) - wie alle Leistungsansprüche - gem. § 19 Abs. 1 SGB V grundsätzlich mit dem Ende der Mitgliedschaft, soweit im SGB V nichts Abweichendes bestimmt ist. Die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter endet mit Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt endet (§ 190 Abs. 2 SGB V). Die Mitgliedschaft besteht jedoch fort, wenn ein Erhaltungstatbestand des § 192 SGB V erfüllt ist. Das ist gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB V insbesondere der Fall, solange Anspruch auf Krankengeld besteht oder Krankengeld (tatsächlich) bezogen bzw. von einem Rehabilitationsträger während einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation (u.a.) Verletztengeld oder Übergangsgeld gezahlt wird.

Ist die Mitgliedschaft auch unter Berücksichtigung der Erhaltungstatbestände in § 192 SGB V beendet, besteht gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V noch ein nachgehender Leistungsanspruch ggf. auch auf Krankengeld längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Der beitragsfreie nachwirkende Versicherungsschutz dient der Vermeidung sozialer Härten. Er soll verhindern, dass Betroffene bei kurzzeitigen Beschäftigungslücken, etwa wegen eines Arbeitsplatzwechsels, vorübergehend keinen Krankenversicherungsschutz haben. Die bisherige Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bleibt durch die Zahlung von Krankengeld aufgrund des nachgehenden Leistungsanspruchs aber nicht aufrechterhalten (BSG, Urt. v. 05.05.2009, - B 1 KR 20/08 R -). Eine Versicherung nach § 10 SGB V (Familienversicherung) hat Vorrang vor dem (grundsätzlich subsidiären, vgl. BSG, Urt. v. 20.08.1986, - 8 RK 74/84 -) nachgehenden Leistungsanspruch (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Mitglieder, deren eigene Mitgliedschaft endet, die aber nach § 10 Familienversicherte sein oder werden können, sind daher auf den Familienversicherungsschutz verwiesen. Sie haben (mangels Schutzbedürftigkeit - vgl. BSG, Urt. v. 20.08.1986, - 8 RK 74/84 -) keinen nachgehenden Leistungsanspruch aus § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V (vgl. auch LSG Hessen, Urt. v. 26.10.2010, - L 1 KR 84/10 -; zu alledem auch Senatsurteil vom 03.08.2011, - L 5 KR 1056/10 - und vom 17.04.2013, - L 5 KR 4004/12 -).

II.

Davon ausgehend steht dem Kläger kein Krankengeld über den 25.06.2009 hinaus zu. Er ist bis zur Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses zum 17.06.2009 bei der Beklagten pflichtversichert in der Krankenversicherung der Beschäftigten (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) gewesen. Die mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses am 17.06.2009 endende Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten (§ 190 Abs. 2 SGB V) ist nach Maßgabe der Erhaltungstatbestände in § 192 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB V durch den Bezug von Krankengeld bis zum 25.06.2009 erhalten geblieben. Danach war der Kläger zwar noch im Rahmender Auffangversicherung mit Anspruch auf Heilbehandlung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V bei der Beklagten versichert, aber - weil die Krankenversicherung nach dieser Vorschrift Krankengeld nicht umfasst - nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld.

Die Beklagte hat das Ende der Arbeitsunfähigkeit nach Einholung einer Mitbeurteilung durch den MDK am 22.06.2009 in nicht zu beanstandender Weise zum 25.06.2009 festgestellt. Auch der am 22.06.2009 bei der Beklagten eingegangene Auszahlschein der Chirurgin B.-Sch., die als letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit den 26.06.2009 genannt hatte, steht dem nicht entgegen. Diese Ärztin hat gegenüber der Beklagten auf die Rückfrage vom 14.07.2009 ausdrücklich erklärt, sie halte an dieser Feststellung nicht fest und lege gegen die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit zum 25.06.2009 keinen Widerspruch ein. Sie hat der Feststellung des MDK vielmehr zugestimmt und ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung korrigiert. Es kann dahinstehen, ob eine solche Korrektur erforderlich war, maßgeblich ist vielmehr, dass die Ärztin gegen die Feststellung des MDK und die von der Beklagten vorgenommene Beendigung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers zum 25.06.2009 keine Einwendungen erhoben hat.

Über die Gewährung von Krankengeld für die Zeit nach dem 25.06.2009 war daher unter Prüfung aller Leistungsvoraussetzungen neu zu entscheiden gewesen. Auch das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit für sich allein genügt nicht. Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit kann ein Krankengeldanspruch gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V erst wieder am Tag nach deren erneuten ärztlichen Feststellung entstehen. Nach dem 25.06.2009 ist eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aber erneut erst am 26.06.2009 ausgestellt worden. Es kann dahinstehen, ob die am 26.06.2009 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Dres. S. überhaupt rechtzeitig vorgelegt wurde. Die Vorlage erst mit dem Weitergewährungs-Antrag vom 23.07.2009 könnte insoweit verspätet sein. Selbst wenn aber diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zeitnah nach der Ausstellung vorgelegt worden wäre, ist eine Arbeitsunfähigkeit nicht lückenlos nachgewiesen. Maßgeblich für das (erneute) Entstehen eines Krankengeldanspruchs ist damit das Versicherungsverhältnis des Klägers am Folgetag, dem 27.06.2009. An diesem Tag ist der Kläger aber nicht mehr (mit Anspruch auf Krankengeld versichertes) Pflichtmitglied der Beklagten auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V gewesen, sondern nur noch Mitglied der Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V ohne Anspruch auf Krankengeld.

Die zur Änderung des Versicherungsverhältnisses des Klägers führende zeitliche Lücke zwischen dem 25.06.2009 und dem 27.06.2009 ist Rechtsfolge der gesetzlichen Regelung in § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Die Rechtsfolgen des Gesetzes hängen weder vom Kenntnisstand des Versicherten noch von einer (vorgängigen) Beratung durch die Krankenkasse ab (vgl. auch BSG, Urt. v. 10.05.2012, - B 1 KR 19/11 R -; Urt. v. 04.03.2014, - B 1 KR 17/13 R -).

Ein nachgehender Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V besteht ebenfalls nicht. Der Kläger war ab dem 26.06.2009 nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V versichert. Der Versicherungsschutz nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V geht vorliegend dem nachwirkenden Anspruch auf Leistungen gemäß § 19 Abs. 2 SGB V vor. Ein nachwirkender Anspruch nach dem Ende der Mitgliedschaft (§ 19 Abs. 2 SGB V) verdrängt nur dann eine Auffangversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V), wenn bei prognostischer Betrachtung davon auszugehen ist, dass die betroffenen Versicherten spätestens nach Ablauf eines Monats nach dem Ende ihrer bisherigen Mitgliedschaft eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall erlangen werden (§ 5 Abs. 8a S 4 SGB V; BSG Urt. v. 10.05.2012 - B 1 KR 19/11 R, BSGE 111, 9). Hier war prognostisch nicht damit zu rechnen, dass der Kläger spätestens bis zum 25.07.2009 eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall erlangen würde. Mit der Arbeitsfähigkeit des Klägers - als Voraussetzung für eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall durch die Aufnahme einer Beschäftigung oder den Bezug von Arbeitslosengeld I - war nicht zu rechnen. Nach dem Vortrag des Klägers war er weiterhin bis zum 31.08.2009 arbeitsunfähig.

Die Berufung des Klägers konnte deshalb keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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