Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 4888/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2815/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. Mai 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.
Der 1960 geborene Kläger erlernte von September 1975 bis Februar 1977 den Teilfacharbeiterberuf eines Maschinen-Grobkeramikers. Weitere Qualifikationen hat er nicht absolviert (siehe Bl. 53 der Rentenakten der Beklagten). Er war als Ausrüster und Setzer, Produktionsarbeiter, Betonarbeiter, Tiefbauer, Pflasterer und Lkw-Fahrer sowie zuletzt als Tiefbauer und Kabelverleger beschäftigt gewesen (s. Bl. 53-57, a.a.O.). Seit 17. Juni 2009 ist der Kläger wegen Rückenbeschwerden arbeitsunfähig. Er erhielt vom 3. September 2009 bis 15. Dezember 2010 Krankengeld und anschließend Arbeitslosengeld.
Ein erstes Heilverfahren fand im Reha-Zentrum B. E. vom 24. Juni bis 15. Juli 2003 statt. Im Entlassungsbericht vom 17. Juli 2003 diagnostizierten die behandelnden Ärzte eine chronische Lumbalgie bei Bandscheibenprolaps L 4/5, eine Cervicomyopathie sowie eine Hypercholesterinämie. Sie erachteten den Kläger auch in seiner Tätigkeit als Tiefbauer für vollschichtig einsatzfähig. Am 16. Juli 2009 erfolgte eine erste Bandscheibenoperation. Mikrochirurgisch wurden zwei elastische Bandscheibenvorfälle L 4/5 und L 5/S 1 medio-links-lateral entfernt (siehe Bericht der Neurochirurgischen Praxis Assimakopoulos vom 22. Juli 2009). In der anschließenden Reha-Maßnahme im Reha-Zentrum G. diagnostizierten die behandelnden Ärzte eine lumbale Funktions- und Bewegungseinschränkung bei Bandscheibenprolaps L 4/L 5 und L 5/S 1 medio links-lateral, mit Fensterung und Resektion am 16. Juli 2009, ein Zustand nach Gastritis, einen arteriellen Hypertonus sowie eine Hyperlipoproteinämie. Sie gelangten zur Auffassung, dass der Kläger auch in seiner zuletzt verrichteten Tätigkeit vollschichtig leistungsfähig sei.
Die Beklagte ließ den Kläger durch den Arzt für Chirurgie Dr. W. begutachten. Im Gutachten vom 16. Februar 2010 gelangte er zu der Auffassung, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wahrscheinlich keine Besserung erbrächten. Der Kläger könne seine letzte Tätigkeit nicht mehr verrichten; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen, schwere Lasten und ohne schwere Erschütterungen könne er aber vollschichtig verrichten.
Am 13. April 2010 erfolgte eine Renukleotomie und Remission L 4/S 5 links (siehe Bericht des Medizinischen Zentrums der P.-K.-Klinik B. vom 21. April 2010). Vom 29. April bis 27. Mai 2010 befand sich der Kläger im Reha-Zentrum B. zur Durchführung eines Heilverfahrens. Im Entlassungsbericht vom 28. Mai 2010 gelangten die behandelnde Ärzte zu den Diagnosen einer rückläufigen Lumboischialgie links L 5 bei Re-NPP L 4/5 links, eines arteriellen Hypertonus sowie einer chronischen Schmerzkrankheit. Der Kläger sei nur noch zwischen 3 und unter 6 Stunden leistungsfähig. Bückbelastungen oder Rumpfzwangshaltungen seien nur gelegentlich möglich, gehäuftes Hocken, Knien, Arbeiten bei Nässe oder Zugluft, Wechselschicht/Nachtschicht, gehäufte Überkopfbelastung und Zwangshaltungen der HWS seien zu vermeiden. Als Straßentiefbauer könne der Kläger nur noch unter 3 Stunden tätig sein.
Am 18. Februar 2011 erfolgte im L.-Krankenhaus F. eine dorsale Spondylodese L 4/S 1 (hintere Versteifungs-Operation), die am 24. Februar 2011 eine Revision mit Schraubenwechsel erforderlich machte (siehe Bericht des L.-Krankenhauses F. vom 30. März 2011). Im Anschluss hieran war der Kläger vom 11. Mai bis 7. Juni 2011 in der Reha-Klinik S. in D. in einem Heilverfahren. Die dort behandelnden Ärzte diagnostizierten im Entlassungsbericht vom 24. Juni 2011 einen Zustand nach Spondylodese L 5 bis S 1 wegen Instabilität der LWS nach mehrfachen Voreingriffen, eine Coxarthrose beidseits sowie eine arterielle Hypertonie. Beim Kläger sei aus orthopädischer Sicht auch bei weiter positivem Reha-Verlauf nur noch mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten zu rechnen.
Am 14. Juni 2011 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. C., der leichte Tätigkeiten vollschichtig für zumutbar erachtet hat, lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 1. Juli 2011 ab. Den am 13. Juli 2011 erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2011 zurück.
Am 8. September 2011 hat der Kläger hiergegen Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Das SG hat medizinische Unterlagen aus dem Klageverfahren S 7 AL 2529/11 beigezogen und eine Begutachtung durch den Orthopäden und Chirurgen Prof. Dr. St. veranlasst. Prof. Dr. St. ist in seinem Gutachten vom 7. Dezember 2011 zu der Auffassung gelangt, dass die Befunde im Wesentlichen denen des Entlassungsberichts vom 24. Juni 2011 entsprächen. Die Befundbesserung sei aber nicht eingetreten. Der Kläger sei nur für leichte Tätigkeiten dreistündig einsetzbar. Zu den anhaltend verstärkten Rückenbeschwerden sei es nach Entwöhnung vom lumbalen Stützmieder gekommen, was dafür spreche, dass die Beschwerden im Wesentlichen durch eine muskuläre Insuffizienz verursacht würden. Die Beeinträchtigung von Seiten der Hüfte entspreche nicht dem, von der Reha-Klinik S. mitgeteilten Ausmaße. Der klinische und röntgenologische Befund entspreche einer endgradigen Bewegungseinschränkung der Hüfte aufgrund einer beginnenden, distal-betonten Coxarthrose bei Steilstellung der Schenkelhälse. Die bestehenden Beeinträchtigungen von Seiten der HWS bei degenerativen Veränderungen mit cervicalen Bandscheibenvorfällen ohne nachweisbare radikuläre Symptomatik entspreche einem leichtgradigen Cervical-Syndrom. Die Beklagte hat hierzu kritische beratungsärztliche Stellungnahmen der Ärztin für Orthopädie Dr. H. vom 12. Januar und 7. März 2012 sowie des Facharztes für Chirurgie Dr. Sch. vom 11. April 2012 vorgelegt. Prof. Dr. St. ist bei seiner Einschätzung in den ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 27. Januar 2012 und 17. März 2012 verblieben.
Mit Urteil vom 31. Mai 2012 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger vom 1. September 2011 bis zum 31. August 2013 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das SG hat sich auf das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen gestützt.
Gegen das der Beklagten am 22. Juni 2012 zugestellten Urteil hat sie am 2. Juli 2012 Berufung eingelegt. Sie hat den Entlassungsbericht der R.-Reha-Tagesklinik F. vom 25. Juni 2012 vorgelegt. Die dort vom 4. Juni bis 22. Juni 2012 ganztägig ambulant durchgeführte Reha-Maßnahme erfolgte im Anschluss an eine am 8. Mai 2012 durchgeführte ventrale Spondylodese im Segment L 4/S 1 in der H.-R.-Klinik B. (siehe Bericht vom 21. Mai 2012). Die behandelnden Ärzte des Heilverfahrens sind zu der Auffassung gelangt, dass in Anbetracht einer positiven Prognose der Kläger langfristig noch für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten überwiegend im Stehen und Gehen, oder in ständigem Sitzen vollschichtig einzusetzen sei. Derzeit bestünden noch erhebliche Resteinschränkungen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. Mai 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise ein weiteres Sachverständigengutachten bei einem Mediziner, der Kenntnisse auf dem Gebiet der modernen Psychosomatik und der Schmerztherapie hat, einzuholen.
Der Kläger hat vorgetragen, das angefochtene Urteil sei zutreffend. Die Behauptungen der Beklagten seien unsubstantiiert und nunmehr verspätet.
Der Senat hat vom SG die Akte S 7 AL 2529/11 sowie von der Bundesagentur für Arbeit die Verwaltungsakten sowie die Unterlagen des Ärztlichen Dienstes beigezogen. Der Senat hat von der H.-R.-Klinik B. sämtliche Berichte eingeholt und den Orthopäden, Rheumatologen und orthopädischen Chirurgen Prof. Dr. H. mit der Begutachtung beauftragt. Im Gutachten vom 24. April 2013 hat Prof. Dr. H. an der Lendenwirbelsäule einen Zustand nach operativ erzwungenen Versteifungen zwischen dem 4. Lendenwirbel und den Kreuzbein nach mehrfachen Bandscheiben-Operationen sowie leichte Degenerationen in den Lumbalsegmenten L 2/3 und L 3/4 (leichte Protrusionen, leichte Spondylose und geringfügige Chondrose) mit bekundeten lumbalen und linksseitigem ischialgiformen Schmerzen diagnostiziert. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, schwere und mittelschwere Tätigkeiten körperlicher Art zu verrichten, insbesondere auch nicht solche, die gute lumbale Bewegungen wie Arbeiten in gebückten Haltungen erforderten oder solche, die mit starkem Verwringen des Rumpfes verbunden seien. Seinen Beruf als Grob-Keramiker und seine langjährig ausgeübte Tätigkeit im Tief- und Straßenbau könne der Kläger deshalb nicht mehr ausüben. Leichte Tätigkeiten körperlicher Art, die im Sitzen oder im Wechselrhythmus zwischen gehenden, stehenden und sitzenden Phasen ausgeübt würden, halte er jedoch für möglich, wenn die oben genannten Einschränkungen, zu denen auch das Begehen und Besteigen von Gerüsten gehöre, erfüllt seien. Die noch möglichen Tätigkeiten könnten 6 Stunden täglich verrichtet werden. Eine auf Dauer (mindestens 6 Monate) bestehende Leistungsunfähigkeit habe nicht bestanden. Er hätte, obschon selbst langjähriger Wirbelsäulen-Chirurg, zu keinem Zeitpunkt zu den operativen Therapien geraten. Prof. Dr. St. bediene sich mit Berücksichtigung der Schmerzen im Wesentlichen eines subjektiven Moments, das objektiv keine genügende Erklärung fände.
Der Senat hat anschließend vom Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. B. das Gutachten vom 17. Juni 2013 eingeholt. Prof. Dr. B. hat ein mehrfach operativ korrigiertes Wirbelsäulen-Syndrom ohne aktuelle Nervenwurzelreiz-Symptome und ohne auf die Wirbelsäule beziehbare segmentale sensible oder motorische neurologische Defizite sowie eine Dysthymie diagnostiziert. Dem Kläger seien damit leichte und vorübergehend auch mittelschwere körperliche Arbeiten ohne zeitliche Einschränkungen zumutbar, sofern letztere nur als Ausnahmefall hin und wieder während einer Arbeitsschicht vorkommen, aber nicht zum allgemeinen Arbeitsablauf gehörten. Arbeiten mit häufigem Sich-Bücken, Sich-Drehen und Sich-Wenden, Arbeiten in häufiger Zwangshaltung, Arbeiten mit häufiger Über-Kopf-Haltung und Arbeiten in Kälte und Nässe (ohne entsprechende Schutzkleidung) seien nicht zumutbar, da unter diesen Bedingungen mit einer Exacerbation radikulärer Schmerzsensationen seitens der Wirbelsäule gerechnet werden müsse. Zu den Einwendungen des Klägers ist Prof. Dr. B. ergänzend gehört worden. In seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 12. Juli 2013 hat er zu den Kritikpunkten Stellung genommen und ist bei seiner Leistungsbeurteilung verblieben. Prof. Dr. H. ist zu dem vom Kläger vorgelegten Bericht der H.-R.-Klinik B. vom 26. Juli 2013 ergänzend gehört worden. In seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 7. September 2013 hat der gerichtliche Sachverständige die Auffassung vertreten, dass sich aus diesem Bericht nichts Neues ergebe, da dieser hinsichtlich der Diagnosen, Befunde, Indikationen und Therapien zu wenig detailliert sei.
Am 1. Oktober 2013 ist beim Kläger in der H.-R.-Klinik B. eine erneute Operation durchgeführt worden (siehe Bericht vom 9. Oktober 2013). Der Kläger befand sich im Anschluss hieran im einem Heilverfahren in der Klinik HausB.en in B.enweiler vom 7. Januar bis 28. Januar 2014. Im Entlassungsbericht vom 30. Januar 2014 gelangten die dort behandelnden Ärzte zu der Auffassung, dass eine endgültige Beurteilung erst in einem Jahr erfolgen könne.
Prof. Dr. H. ist auch hierzu ergänzend befragt worden. In seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 21. März 2014 hat er die Auffassung geäußert, dass die erneute dorsale Spondylodese, die mit einer erneuten segmentalen Instabilität begründet worden sei, völlig unnötig gewesen sei. Die Wirbelsäule des Klägers sei bereits am 18. Februar 2011 mechanisch erfolgreich versteift worden. Die Röntgenaufnahmen der Jahre 2012 und 2013 und die Aufnahmen des MRT vom 25. September 2012 zeigten nämlich feste knöcherne Durchbauungen der Knochenanlagerungen und Wirbelbögen L 4 und L 5 und regelrechte unveränderte Lagen des Osteosynthese-Materials. Auch sei eine Pseudarthrose nach ausgebliebener knöcherner Einheilung mit folgendem Ermüdungsbruch des Osteosynthese-Metalls oder durch einen massiven Unfall mit einem Berstungsbruch und Ausriss der Metalle nicht verborgen geblieben und nicht erkennbar. Die im Entlassungsbericht genannten muskulären Dysbalancen des gesamten Bewegungsapparates sowie Verkürzungen, Haltungs-Insuffizienzen, sekundäre Fehlstatiken und ein allgemeines Trainingsdefizit seien haltlos. Zwar bestehe eine operativ erzwungene Versteifung der beiden untersten Wirbel, weshalb dort auch keine Bewegungen möglich seien und nicht möglich sein dürfen und Muskelverkürzungen unabdingbar seien, dass aber ansonsten auch weiterhin keine wesentlichen Muskelerkrankungen, Fehlhaltungen und Deformitäten und auch keine neurogenen Leiden erkennbar seien. Ein erneutes Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet sei daher nicht notwendig. Er verbleibe bei seinen Schlüssen vom 24. April 2013.
Am 25. Juni 2014 erfolgte eine ISG-Denervierung links, minimalinvasiv, die komplikationslos verlief, worauf sich der Kläger beschwerdegebessert gezeigt hat (siehe Bericht der H.-R.-Klinik B. vom 26. Juni 2014).
Auf Antrag nach § 109 SGG hat der Senat eine Begutachtung durch den Arzt für Allgemeinmedizin, Psychotherapie, Tropenmedizin, Psychotrauma-Behandlung Dr. Sch. veranlasst. Im Gutachten vom 20. September 2014 ist Dr. Sch. zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger seit 2009 unter eine somatoformen Schmerzstörung, und einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung nach Unfalltod des Vaters 1976, an einer mittelgradigen Depression mit körperlichen Symptomen seit Jahren, an einer arteriellen Hypertonie seit Jahren sowie einem Zustand nach Hepatitis B-Infektion, an einer Hyperlipidämie und zahlreichen bekannten orthopädischen Diagnosen leide. Der Kläger könne ca. 2 Stunden pro Tag nur sehr leichte körperliche Arbeiten ohne Rückenbelastung verrichten. Beigefügt war ein Attest der Dipl.-Psychologin K.-R. vom 27. August 2014 an den gerichtlichen Sachverständigen. Die Beklagte hat hierauf eine kritische, beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. Sch. vom 13. Oktober 2014 vorgelegt. Der Senat hat von Prof. Dr. B. eine weitere ergänzende gutachtliche Stellungnahme eingeholt. In seiner Stellungnahme vom 6. November 2014 hat er ausgeführt, dass weder die Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung noch die eines posttraumatischen Belastungs-Syndroms oder einer mittelgradigen Depression gestellt werden könne. In seiner ergänzenden Stellungnahme nach § 109 SGG vom 25. Januar 2015 ist Dr. Sch. bei seiner Auffassung verblieben. Er sei überzeugt, dass nur durch die Kombination von PTSD, somatoformer Störung und depressiver Episode die Beschwerde des Patienten ausreichend erklärbar seien. Und genau an dieser Stelle müsste ja auch die Therapie dieses nach wie vor leidenden Patienten ansetzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere statthaft und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 144, 151 SGG). Sie ist auch begründet. Der Kläger hat entgegen dem Urteil des SG keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung vom 1. September 2011 bis 31. August 2013.
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist nach wie vor in der Lage, vollschichtig leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten, weshalb er auch im streitigen Zeitraum - der Kläger hat keine Anschlussberufung erhoben - keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Der Kläger leidet unter Wirbelsäulenbeschwerden, die mehrfach operativ behandelt worden sind. Prof. Dr. H. ist aber für den Senat schlüssig und nachvollziehbar zu der Auffassung gelangt, dass dem Kläger nach wie vor leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig zumutbar waren bzw. sind und auch keine längeren, mindestens 6 Monate andauernden operationsbedingten Zeiten der Leistungsunfähigkeit vorlagen. Der Kläger leidet an der Wirbelsäule an einem Zustand nach operativ erzwungenen Versteifungen zwischen dem 4. Lendenwirbel und dem Kreuzbein nach mehrfachen Bandscheibenoperationen sowie leichte Degenerationen in den Lumbalsegmenten L 2/3 und L 3/4 (leichte Protrusionen, leichte Spondylose und geringfügige Chondrose) mit bekundeten lumbalen und linksseitigen ischialgiformen Schmerzen. Überzeugend hat der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. H. daraus abgeleitet, dass der Kläger schwere und mittelschwere Tätigkeiten körperlicher Art nicht mehr verrichten kann, insbesondere auch nicht solche, die gute lumbale Bewegungen, wie Arbeiten in gebückter Haltung erfordern und solche, die mit starkem Verwringen des Rumpfes verbunden sind. Leichte Tätigkeiten körperlicher Art, die im Sitzen oder im Wechselrhythmus zwischen Gehen, Stehen und sitzenden Phasen ausgeübt werden, sind jedoch vollschichtig möglich, wenn das Begehen und Besteigen von Gerüsten ausgeschlossen ist. Prof. Dr. H. hat diese Leistungsbeurteilung anhand der erhobenen Befunde überzeugend abgeleitet. Nicht gefolgt werden konnte den gutachterlichen Ausführungen des Prof. Dr. St ... Prof. Dr. St. hat dies bei letztendlich im Wesentlichen gleichen Befunden mit der Schmerzsymptomatik begründet, ohne aber eine überzeugende Begründung darzulegen, weshalb derartige Schmerzen nachweislich vorhanden sind, dass das Leistungsvermögen quantitativ reduziert ist. So ist bereits sein Schluss, dass die verordnete massive Schmerzmedikation das Maß der Schmerzbeeinträchtigung nachweisen könne, falsch. Bereits die kritischen beratungsärztlichen Stellungnahmen der Dr. H. und des Dr. Sch. haben schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die Leistungsbeurteilung des Prof. Dr. St. nicht schlüssig dargelegt ist. Den im streitgegenständlichen Zeitraum ergangenen Reha-Entlassungsberichten kann keine aussagekräftige Auffassung entnommen werden, da sie im kurzfristigen Anschluss an Operationen erfolgt sind und eine Leistungsbeurteilung nur vage vorgenommen haben. Auch aus den beigezogenen Unterlagen aus dem Verfahren S 7 AL 2529/11 ergibt sich nichts anderes. Dr. H. vom L.-Krankenhaus F. hat ein über 15-stündiges Leistungsvermögen in der Woche angenommen, was für das Begehren des Klägers nicht relevant ist. Aus der sachverständigen Zeugenaussagen der Ärztin Allgaier-Henkes ergibt sich keine Leistungsbeurteilung und Dr. B. hat keine schlüssige Darlegung seiner Beurteilung abgegeben, der Kläger könne nur weniger als 15 Stunden wöchentlich arbeiten.
Der Kläger ist auch nicht aufgrund eines Schmerzsyndroms oder neurologisch-psychiatrischer Erkrankungen daran gehindert, eine leichte, körperliche Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Der Kläger leidet unter einem mehrfach operativ korrigierten Wirbelsäulen-Syndrom ohne aktuelle Nervenwurzelreiz-Symptome und ohne auf die Wirbelsäule beziehbare segmentale sensible oder motorische neurologische Defizite sowie an einer Dysthymie, wie der gerichtliche Sachverständigen Prof. Dr. B. für den Senat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat. Aus dem Wirbelsäulen-Syndrom resultieren qualitative Leistungseinschränkungen dahingehend, dass dem Kläger nur leichte und vorübergehend mittelschwere körperliche Arbeiten zugemutet werden können, wohingegen ihm schwere und dauernd mittelschwere körperliche Arbeiten, Arbeiten mit häufigen Sich-Bücken, Sich-Drehen und Sich-Wenden, Arbeiten in häufiger Zwangshaltung, Arbeiten mit häufiger Überkopf-Kopfhaltung und Arbeiten in Kälte und Nässe (ohne entsprechende Schutzkleidung) nicht zumutbar sind. Aus der Dysthymie ergeben sich keine darüber hinausgehenden Leistungseinschränkungen.
Nicht folgen konnte der Senat dem Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin, Psychotherapie, Tropenmedizin und Psychotrauma-Behandlung Dr. Sch ... Sein allein auf die Erhebung eines psychiatrischen Befundes abstellendes Gutachten ist nicht überzeugend. Die von Dr. Sch. diagnostizierte mittelgradige Depression gibt es in der ICD-10 in dieser Form nicht, worauf Prof. Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme hingewiesen hat. Dr. Sch. hat aber auch keine depressiv-induzierten kognitiven Defizite beschrieben, gleichfalls keine für eine Depression typischen Denkstörungen in Form einer depressiven Denkhemmung (keine formalen Denkstörungen) und selbst die affektive Modulationsfähigkeit wird als gut erhalten beschrieben. Prof. Dr. B. hat schlüssig und nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass damit ein diametraler Widerspruch zwischen Befunden und Diagnose besteht. Kleinere aggressive Anteile sind hiernach ebenfalls nicht Bestandteil einer depressiven Hemmung. Schlussendlich ist auch kein depressiv-induzierter Appetitverlust zu verzeichnen, was gerade bei einer depressiven Episode mit einem somatischen Syndrom ein typisches Symptom wäre. Auch die Diagnose des Dr. Sch. einer somatoformen Schmerzstörung überzeugt nicht. Prof. Dr. B. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass die von ihm diagnostizierte Dysthymie und die diagnostischen Begriffe der Somatisierungsstörung bzw. somatoformen Störungen bzw. anhaltende somatoforme Schmerzstörung ohnehin kategorial gleichsinnige Diagnosen (Prägnanztypen neurotischer Störungen) sind, wobei der Begriff Somatisierungsstörung usw. mehr auf die subjektiv erlebten körperlichen, der Begriff Dysthymie mehr auf die subjektive erlebten psychischen Einschränkungen abhebt. Prof. Dr. B. hat schlüssig und nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die klinische Relevanz aus den möglicherweise resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet werden muss. Solche Einschränkungen waren aber aus den eigenen anamnestischen Angaben des Klägers nicht abzuleiten. Für den Nachweis einer psychiatrischen Erkrankung und den Nachweis daraus resultierender Funktionsbeeinträchtigungen reicht es nicht aus, dass zahlreiche Beschwerden aus verschiedenen Organsystemen mit nicht immer objektivierbaren vagen Symptomen vorgetragen werden, auch wenn dies über einen längeren Zeitraum erfolgt. Der Beurteilung des Dr. Sch. kann auch deshalb nicht gefolgt werden, weil es auch keine von ihm für diese Diagnose vorausgesetzte andere psychiatrische Erkrankung nachgewiesen ist. Denn auch die von ihm diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung überzeugt den Senat nicht. Denn eine anhaltende Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung hätte zu einem durchgängig seit dem Tod seines Vaters 1976 evident sein und entsprechende erhebliche Einschränkungen seines beruflichen Leistungsvermögens bedingen müssen, was bis 2009 nicht der Fall war. Hinzu kommt, dass der Tod eines nahestehenden Menschen nicht geeignet ist, eine solches chronisches Störungsbild zu induzieren. Gemäß ICD-10 sind typische Ursachen für eine chronische Entwicklung viel mehr Erlebnisse in einem Konzentrationslager, Folter, Katastrophen und andauernde lebensbedrohliche Situationen. Eine lang anhaltende Änderung der Persönlichkeit nach einer kurzzeitigen Lebensbedrohung sind nach IDC-10 anders zugeordnet. Aber auch für ein solches Störungsbild fehlen die Brückensymptome von 1976 bis zum Ende der Berufstätigkeit 2009. Die von Dr. Sch. gestellte Diagnose geht insofern nicht mit den diagnostischen Leitlinien konform, was Prof. Dr. B. schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt hat. Auch die ergänzende Stellungnahme des Dr. Sch. vom 25. Januar 2015 überzeugt nicht. Sie ist erkennbar von dem Gedanken getragen, vorgetragene Beschwerden einer schlüssigen medizinischen Begründung zuzuführen, wohingegen ein gerichtlicher Sachverständiger eine kritische Beurteilung vorzunehmen hat, um es dem Gericht zu ermöglichen, sich von dem Vorhandensein einer Erkrankung zu überzeugen, wie auch von zwingenden Leistungseinschränkungen.
Nach alledem kann der Kläger leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen besteht nicht.
Da der Kläger als Tiefbauer und Kabelverleger zuletzt ungelernt tätig gewesen ist, es auch keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass er sich von einem qualifizierten Beruf gelöst hat, steht im kein Berufsschutz zu, weshalb eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit von vornherein nicht in Betracht kommt.
Weitere Ermittlungen von Amts wegen drängten sich dem Senat nicht auf. Das beantragte Gutachten von einem Mediziner, der Kenntnisse auf dem Gebiet der Psychosomatik und Schmerztherapie hat, war nicht einzuholen, da der Senat bereits ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten von Prof. Dr. B. eingeholt hat, das sich bereits überzeugend mit dem Schmerzsyndrom auseinandergesetzt hat.
Nach alledem war auf die Berufung hin die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, das der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.
Der 1960 geborene Kläger erlernte von September 1975 bis Februar 1977 den Teilfacharbeiterberuf eines Maschinen-Grobkeramikers. Weitere Qualifikationen hat er nicht absolviert (siehe Bl. 53 der Rentenakten der Beklagten). Er war als Ausrüster und Setzer, Produktionsarbeiter, Betonarbeiter, Tiefbauer, Pflasterer und Lkw-Fahrer sowie zuletzt als Tiefbauer und Kabelverleger beschäftigt gewesen (s. Bl. 53-57, a.a.O.). Seit 17. Juni 2009 ist der Kläger wegen Rückenbeschwerden arbeitsunfähig. Er erhielt vom 3. September 2009 bis 15. Dezember 2010 Krankengeld und anschließend Arbeitslosengeld.
Ein erstes Heilverfahren fand im Reha-Zentrum B. E. vom 24. Juni bis 15. Juli 2003 statt. Im Entlassungsbericht vom 17. Juli 2003 diagnostizierten die behandelnden Ärzte eine chronische Lumbalgie bei Bandscheibenprolaps L 4/5, eine Cervicomyopathie sowie eine Hypercholesterinämie. Sie erachteten den Kläger auch in seiner Tätigkeit als Tiefbauer für vollschichtig einsatzfähig. Am 16. Juli 2009 erfolgte eine erste Bandscheibenoperation. Mikrochirurgisch wurden zwei elastische Bandscheibenvorfälle L 4/5 und L 5/S 1 medio-links-lateral entfernt (siehe Bericht der Neurochirurgischen Praxis Assimakopoulos vom 22. Juli 2009). In der anschließenden Reha-Maßnahme im Reha-Zentrum G. diagnostizierten die behandelnden Ärzte eine lumbale Funktions- und Bewegungseinschränkung bei Bandscheibenprolaps L 4/L 5 und L 5/S 1 medio links-lateral, mit Fensterung und Resektion am 16. Juli 2009, ein Zustand nach Gastritis, einen arteriellen Hypertonus sowie eine Hyperlipoproteinämie. Sie gelangten zur Auffassung, dass der Kläger auch in seiner zuletzt verrichteten Tätigkeit vollschichtig leistungsfähig sei.
Die Beklagte ließ den Kläger durch den Arzt für Chirurgie Dr. W. begutachten. Im Gutachten vom 16. Februar 2010 gelangte er zu der Auffassung, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wahrscheinlich keine Besserung erbrächten. Der Kläger könne seine letzte Tätigkeit nicht mehr verrichten; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen, schwere Lasten und ohne schwere Erschütterungen könne er aber vollschichtig verrichten.
Am 13. April 2010 erfolgte eine Renukleotomie und Remission L 4/S 5 links (siehe Bericht des Medizinischen Zentrums der P.-K.-Klinik B. vom 21. April 2010). Vom 29. April bis 27. Mai 2010 befand sich der Kläger im Reha-Zentrum B. zur Durchführung eines Heilverfahrens. Im Entlassungsbericht vom 28. Mai 2010 gelangten die behandelnde Ärzte zu den Diagnosen einer rückläufigen Lumboischialgie links L 5 bei Re-NPP L 4/5 links, eines arteriellen Hypertonus sowie einer chronischen Schmerzkrankheit. Der Kläger sei nur noch zwischen 3 und unter 6 Stunden leistungsfähig. Bückbelastungen oder Rumpfzwangshaltungen seien nur gelegentlich möglich, gehäuftes Hocken, Knien, Arbeiten bei Nässe oder Zugluft, Wechselschicht/Nachtschicht, gehäufte Überkopfbelastung und Zwangshaltungen der HWS seien zu vermeiden. Als Straßentiefbauer könne der Kläger nur noch unter 3 Stunden tätig sein.
Am 18. Februar 2011 erfolgte im L.-Krankenhaus F. eine dorsale Spondylodese L 4/S 1 (hintere Versteifungs-Operation), die am 24. Februar 2011 eine Revision mit Schraubenwechsel erforderlich machte (siehe Bericht des L.-Krankenhauses F. vom 30. März 2011). Im Anschluss hieran war der Kläger vom 11. Mai bis 7. Juni 2011 in der Reha-Klinik S. in D. in einem Heilverfahren. Die dort behandelnden Ärzte diagnostizierten im Entlassungsbericht vom 24. Juni 2011 einen Zustand nach Spondylodese L 5 bis S 1 wegen Instabilität der LWS nach mehrfachen Voreingriffen, eine Coxarthrose beidseits sowie eine arterielle Hypertonie. Beim Kläger sei aus orthopädischer Sicht auch bei weiter positivem Reha-Verlauf nur noch mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten zu rechnen.
Am 14. Juni 2011 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. C., der leichte Tätigkeiten vollschichtig für zumutbar erachtet hat, lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 1. Juli 2011 ab. Den am 13. Juli 2011 erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2011 zurück.
Am 8. September 2011 hat der Kläger hiergegen Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Das SG hat medizinische Unterlagen aus dem Klageverfahren S 7 AL 2529/11 beigezogen und eine Begutachtung durch den Orthopäden und Chirurgen Prof. Dr. St. veranlasst. Prof. Dr. St. ist in seinem Gutachten vom 7. Dezember 2011 zu der Auffassung gelangt, dass die Befunde im Wesentlichen denen des Entlassungsberichts vom 24. Juni 2011 entsprächen. Die Befundbesserung sei aber nicht eingetreten. Der Kläger sei nur für leichte Tätigkeiten dreistündig einsetzbar. Zu den anhaltend verstärkten Rückenbeschwerden sei es nach Entwöhnung vom lumbalen Stützmieder gekommen, was dafür spreche, dass die Beschwerden im Wesentlichen durch eine muskuläre Insuffizienz verursacht würden. Die Beeinträchtigung von Seiten der Hüfte entspreche nicht dem, von der Reha-Klinik S. mitgeteilten Ausmaße. Der klinische und röntgenologische Befund entspreche einer endgradigen Bewegungseinschränkung der Hüfte aufgrund einer beginnenden, distal-betonten Coxarthrose bei Steilstellung der Schenkelhälse. Die bestehenden Beeinträchtigungen von Seiten der HWS bei degenerativen Veränderungen mit cervicalen Bandscheibenvorfällen ohne nachweisbare radikuläre Symptomatik entspreche einem leichtgradigen Cervical-Syndrom. Die Beklagte hat hierzu kritische beratungsärztliche Stellungnahmen der Ärztin für Orthopädie Dr. H. vom 12. Januar und 7. März 2012 sowie des Facharztes für Chirurgie Dr. Sch. vom 11. April 2012 vorgelegt. Prof. Dr. St. ist bei seiner Einschätzung in den ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 27. Januar 2012 und 17. März 2012 verblieben.
Mit Urteil vom 31. Mai 2012 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger vom 1. September 2011 bis zum 31. August 2013 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das SG hat sich auf das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen gestützt.
Gegen das der Beklagten am 22. Juni 2012 zugestellten Urteil hat sie am 2. Juli 2012 Berufung eingelegt. Sie hat den Entlassungsbericht der R.-Reha-Tagesklinik F. vom 25. Juni 2012 vorgelegt. Die dort vom 4. Juni bis 22. Juni 2012 ganztägig ambulant durchgeführte Reha-Maßnahme erfolgte im Anschluss an eine am 8. Mai 2012 durchgeführte ventrale Spondylodese im Segment L 4/S 1 in der H.-R.-Klinik B. (siehe Bericht vom 21. Mai 2012). Die behandelnden Ärzte des Heilverfahrens sind zu der Auffassung gelangt, dass in Anbetracht einer positiven Prognose der Kläger langfristig noch für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten überwiegend im Stehen und Gehen, oder in ständigem Sitzen vollschichtig einzusetzen sei. Derzeit bestünden noch erhebliche Resteinschränkungen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. Mai 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise ein weiteres Sachverständigengutachten bei einem Mediziner, der Kenntnisse auf dem Gebiet der modernen Psychosomatik und der Schmerztherapie hat, einzuholen.
Der Kläger hat vorgetragen, das angefochtene Urteil sei zutreffend. Die Behauptungen der Beklagten seien unsubstantiiert und nunmehr verspätet.
Der Senat hat vom SG die Akte S 7 AL 2529/11 sowie von der Bundesagentur für Arbeit die Verwaltungsakten sowie die Unterlagen des Ärztlichen Dienstes beigezogen. Der Senat hat von der H.-R.-Klinik B. sämtliche Berichte eingeholt und den Orthopäden, Rheumatologen und orthopädischen Chirurgen Prof. Dr. H. mit der Begutachtung beauftragt. Im Gutachten vom 24. April 2013 hat Prof. Dr. H. an der Lendenwirbelsäule einen Zustand nach operativ erzwungenen Versteifungen zwischen dem 4. Lendenwirbel und den Kreuzbein nach mehrfachen Bandscheiben-Operationen sowie leichte Degenerationen in den Lumbalsegmenten L 2/3 und L 3/4 (leichte Protrusionen, leichte Spondylose und geringfügige Chondrose) mit bekundeten lumbalen und linksseitigem ischialgiformen Schmerzen diagnostiziert. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, schwere und mittelschwere Tätigkeiten körperlicher Art zu verrichten, insbesondere auch nicht solche, die gute lumbale Bewegungen wie Arbeiten in gebückten Haltungen erforderten oder solche, die mit starkem Verwringen des Rumpfes verbunden seien. Seinen Beruf als Grob-Keramiker und seine langjährig ausgeübte Tätigkeit im Tief- und Straßenbau könne der Kläger deshalb nicht mehr ausüben. Leichte Tätigkeiten körperlicher Art, die im Sitzen oder im Wechselrhythmus zwischen gehenden, stehenden und sitzenden Phasen ausgeübt würden, halte er jedoch für möglich, wenn die oben genannten Einschränkungen, zu denen auch das Begehen und Besteigen von Gerüsten gehöre, erfüllt seien. Die noch möglichen Tätigkeiten könnten 6 Stunden täglich verrichtet werden. Eine auf Dauer (mindestens 6 Monate) bestehende Leistungsunfähigkeit habe nicht bestanden. Er hätte, obschon selbst langjähriger Wirbelsäulen-Chirurg, zu keinem Zeitpunkt zu den operativen Therapien geraten. Prof. Dr. St. bediene sich mit Berücksichtigung der Schmerzen im Wesentlichen eines subjektiven Moments, das objektiv keine genügende Erklärung fände.
Der Senat hat anschließend vom Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. B. das Gutachten vom 17. Juni 2013 eingeholt. Prof. Dr. B. hat ein mehrfach operativ korrigiertes Wirbelsäulen-Syndrom ohne aktuelle Nervenwurzelreiz-Symptome und ohne auf die Wirbelsäule beziehbare segmentale sensible oder motorische neurologische Defizite sowie eine Dysthymie diagnostiziert. Dem Kläger seien damit leichte und vorübergehend auch mittelschwere körperliche Arbeiten ohne zeitliche Einschränkungen zumutbar, sofern letztere nur als Ausnahmefall hin und wieder während einer Arbeitsschicht vorkommen, aber nicht zum allgemeinen Arbeitsablauf gehörten. Arbeiten mit häufigem Sich-Bücken, Sich-Drehen und Sich-Wenden, Arbeiten in häufiger Zwangshaltung, Arbeiten mit häufiger Über-Kopf-Haltung und Arbeiten in Kälte und Nässe (ohne entsprechende Schutzkleidung) seien nicht zumutbar, da unter diesen Bedingungen mit einer Exacerbation radikulärer Schmerzsensationen seitens der Wirbelsäule gerechnet werden müsse. Zu den Einwendungen des Klägers ist Prof. Dr. B. ergänzend gehört worden. In seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 12. Juli 2013 hat er zu den Kritikpunkten Stellung genommen und ist bei seiner Leistungsbeurteilung verblieben. Prof. Dr. H. ist zu dem vom Kläger vorgelegten Bericht der H.-R.-Klinik B. vom 26. Juli 2013 ergänzend gehört worden. In seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 7. September 2013 hat der gerichtliche Sachverständige die Auffassung vertreten, dass sich aus diesem Bericht nichts Neues ergebe, da dieser hinsichtlich der Diagnosen, Befunde, Indikationen und Therapien zu wenig detailliert sei.
Am 1. Oktober 2013 ist beim Kläger in der H.-R.-Klinik B. eine erneute Operation durchgeführt worden (siehe Bericht vom 9. Oktober 2013). Der Kläger befand sich im Anschluss hieran im einem Heilverfahren in der Klinik HausB.en in B.enweiler vom 7. Januar bis 28. Januar 2014. Im Entlassungsbericht vom 30. Januar 2014 gelangten die dort behandelnden Ärzte zu der Auffassung, dass eine endgültige Beurteilung erst in einem Jahr erfolgen könne.
Prof. Dr. H. ist auch hierzu ergänzend befragt worden. In seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 21. März 2014 hat er die Auffassung geäußert, dass die erneute dorsale Spondylodese, die mit einer erneuten segmentalen Instabilität begründet worden sei, völlig unnötig gewesen sei. Die Wirbelsäule des Klägers sei bereits am 18. Februar 2011 mechanisch erfolgreich versteift worden. Die Röntgenaufnahmen der Jahre 2012 und 2013 und die Aufnahmen des MRT vom 25. September 2012 zeigten nämlich feste knöcherne Durchbauungen der Knochenanlagerungen und Wirbelbögen L 4 und L 5 und regelrechte unveränderte Lagen des Osteosynthese-Materials. Auch sei eine Pseudarthrose nach ausgebliebener knöcherner Einheilung mit folgendem Ermüdungsbruch des Osteosynthese-Metalls oder durch einen massiven Unfall mit einem Berstungsbruch und Ausriss der Metalle nicht verborgen geblieben und nicht erkennbar. Die im Entlassungsbericht genannten muskulären Dysbalancen des gesamten Bewegungsapparates sowie Verkürzungen, Haltungs-Insuffizienzen, sekundäre Fehlstatiken und ein allgemeines Trainingsdefizit seien haltlos. Zwar bestehe eine operativ erzwungene Versteifung der beiden untersten Wirbel, weshalb dort auch keine Bewegungen möglich seien und nicht möglich sein dürfen und Muskelverkürzungen unabdingbar seien, dass aber ansonsten auch weiterhin keine wesentlichen Muskelerkrankungen, Fehlhaltungen und Deformitäten und auch keine neurogenen Leiden erkennbar seien. Ein erneutes Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet sei daher nicht notwendig. Er verbleibe bei seinen Schlüssen vom 24. April 2013.
Am 25. Juni 2014 erfolgte eine ISG-Denervierung links, minimalinvasiv, die komplikationslos verlief, worauf sich der Kläger beschwerdegebessert gezeigt hat (siehe Bericht der H.-R.-Klinik B. vom 26. Juni 2014).
Auf Antrag nach § 109 SGG hat der Senat eine Begutachtung durch den Arzt für Allgemeinmedizin, Psychotherapie, Tropenmedizin, Psychotrauma-Behandlung Dr. Sch. veranlasst. Im Gutachten vom 20. September 2014 ist Dr. Sch. zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger seit 2009 unter eine somatoformen Schmerzstörung, und einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung nach Unfalltod des Vaters 1976, an einer mittelgradigen Depression mit körperlichen Symptomen seit Jahren, an einer arteriellen Hypertonie seit Jahren sowie einem Zustand nach Hepatitis B-Infektion, an einer Hyperlipidämie und zahlreichen bekannten orthopädischen Diagnosen leide. Der Kläger könne ca. 2 Stunden pro Tag nur sehr leichte körperliche Arbeiten ohne Rückenbelastung verrichten. Beigefügt war ein Attest der Dipl.-Psychologin K.-R. vom 27. August 2014 an den gerichtlichen Sachverständigen. Die Beklagte hat hierauf eine kritische, beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. Sch. vom 13. Oktober 2014 vorgelegt. Der Senat hat von Prof. Dr. B. eine weitere ergänzende gutachtliche Stellungnahme eingeholt. In seiner Stellungnahme vom 6. November 2014 hat er ausgeführt, dass weder die Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung noch die eines posttraumatischen Belastungs-Syndroms oder einer mittelgradigen Depression gestellt werden könne. In seiner ergänzenden Stellungnahme nach § 109 SGG vom 25. Januar 2015 ist Dr. Sch. bei seiner Auffassung verblieben. Er sei überzeugt, dass nur durch die Kombination von PTSD, somatoformer Störung und depressiver Episode die Beschwerde des Patienten ausreichend erklärbar seien. Und genau an dieser Stelle müsste ja auch die Therapie dieses nach wie vor leidenden Patienten ansetzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere statthaft und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 144, 151 SGG). Sie ist auch begründet. Der Kläger hat entgegen dem Urteil des SG keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung vom 1. September 2011 bis 31. August 2013.
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist nach wie vor in der Lage, vollschichtig leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten, weshalb er auch im streitigen Zeitraum - der Kläger hat keine Anschlussberufung erhoben - keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Der Kläger leidet unter Wirbelsäulenbeschwerden, die mehrfach operativ behandelt worden sind. Prof. Dr. H. ist aber für den Senat schlüssig und nachvollziehbar zu der Auffassung gelangt, dass dem Kläger nach wie vor leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig zumutbar waren bzw. sind und auch keine längeren, mindestens 6 Monate andauernden operationsbedingten Zeiten der Leistungsunfähigkeit vorlagen. Der Kläger leidet an der Wirbelsäule an einem Zustand nach operativ erzwungenen Versteifungen zwischen dem 4. Lendenwirbel und dem Kreuzbein nach mehrfachen Bandscheibenoperationen sowie leichte Degenerationen in den Lumbalsegmenten L 2/3 und L 3/4 (leichte Protrusionen, leichte Spondylose und geringfügige Chondrose) mit bekundeten lumbalen und linksseitigen ischialgiformen Schmerzen. Überzeugend hat der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. H. daraus abgeleitet, dass der Kläger schwere und mittelschwere Tätigkeiten körperlicher Art nicht mehr verrichten kann, insbesondere auch nicht solche, die gute lumbale Bewegungen, wie Arbeiten in gebückter Haltung erfordern und solche, die mit starkem Verwringen des Rumpfes verbunden sind. Leichte Tätigkeiten körperlicher Art, die im Sitzen oder im Wechselrhythmus zwischen Gehen, Stehen und sitzenden Phasen ausgeübt werden, sind jedoch vollschichtig möglich, wenn das Begehen und Besteigen von Gerüsten ausgeschlossen ist. Prof. Dr. H. hat diese Leistungsbeurteilung anhand der erhobenen Befunde überzeugend abgeleitet. Nicht gefolgt werden konnte den gutachterlichen Ausführungen des Prof. Dr. St ... Prof. Dr. St. hat dies bei letztendlich im Wesentlichen gleichen Befunden mit der Schmerzsymptomatik begründet, ohne aber eine überzeugende Begründung darzulegen, weshalb derartige Schmerzen nachweislich vorhanden sind, dass das Leistungsvermögen quantitativ reduziert ist. So ist bereits sein Schluss, dass die verordnete massive Schmerzmedikation das Maß der Schmerzbeeinträchtigung nachweisen könne, falsch. Bereits die kritischen beratungsärztlichen Stellungnahmen der Dr. H. und des Dr. Sch. haben schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die Leistungsbeurteilung des Prof. Dr. St. nicht schlüssig dargelegt ist. Den im streitgegenständlichen Zeitraum ergangenen Reha-Entlassungsberichten kann keine aussagekräftige Auffassung entnommen werden, da sie im kurzfristigen Anschluss an Operationen erfolgt sind und eine Leistungsbeurteilung nur vage vorgenommen haben. Auch aus den beigezogenen Unterlagen aus dem Verfahren S 7 AL 2529/11 ergibt sich nichts anderes. Dr. H. vom L.-Krankenhaus F. hat ein über 15-stündiges Leistungsvermögen in der Woche angenommen, was für das Begehren des Klägers nicht relevant ist. Aus der sachverständigen Zeugenaussagen der Ärztin Allgaier-Henkes ergibt sich keine Leistungsbeurteilung und Dr. B. hat keine schlüssige Darlegung seiner Beurteilung abgegeben, der Kläger könne nur weniger als 15 Stunden wöchentlich arbeiten.
Der Kläger ist auch nicht aufgrund eines Schmerzsyndroms oder neurologisch-psychiatrischer Erkrankungen daran gehindert, eine leichte, körperliche Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Der Kläger leidet unter einem mehrfach operativ korrigierten Wirbelsäulen-Syndrom ohne aktuelle Nervenwurzelreiz-Symptome und ohne auf die Wirbelsäule beziehbare segmentale sensible oder motorische neurologische Defizite sowie an einer Dysthymie, wie der gerichtliche Sachverständigen Prof. Dr. B. für den Senat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat. Aus dem Wirbelsäulen-Syndrom resultieren qualitative Leistungseinschränkungen dahingehend, dass dem Kläger nur leichte und vorübergehend mittelschwere körperliche Arbeiten zugemutet werden können, wohingegen ihm schwere und dauernd mittelschwere körperliche Arbeiten, Arbeiten mit häufigen Sich-Bücken, Sich-Drehen und Sich-Wenden, Arbeiten in häufiger Zwangshaltung, Arbeiten mit häufiger Überkopf-Kopfhaltung und Arbeiten in Kälte und Nässe (ohne entsprechende Schutzkleidung) nicht zumutbar sind. Aus der Dysthymie ergeben sich keine darüber hinausgehenden Leistungseinschränkungen.
Nicht folgen konnte der Senat dem Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin, Psychotherapie, Tropenmedizin und Psychotrauma-Behandlung Dr. Sch ... Sein allein auf die Erhebung eines psychiatrischen Befundes abstellendes Gutachten ist nicht überzeugend. Die von Dr. Sch. diagnostizierte mittelgradige Depression gibt es in der ICD-10 in dieser Form nicht, worauf Prof. Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme hingewiesen hat. Dr. Sch. hat aber auch keine depressiv-induzierten kognitiven Defizite beschrieben, gleichfalls keine für eine Depression typischen Denkstörungen in Form einer depressiven Denkhemmung (keine formalen Denkstörungen) und selbst die affektive Modulationsfähigkeit wird als gut erhalten beschrieben. Prof. Dr. B. hat schlüssig und nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass damit ein diametraler Widerspruch zwischen Befunden und Diagnose besteht. Kleinere aggressive Anteile sind hiernach ebenfalls nicht Bestandteil einer depressiven Hemmung. Schlussendlich ist auch kein depressiv-induzierter Appetitverlust zu verzeichnen, was gerade bei einer depressiven Episode mit einem somatischen Syndrom ein typisches Symptom wäre. Auch die Diagnose des Dr. Sch. einer somatoformen Schmerzstörung überzeugt nicht. Prof. Dr. B. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass die von ihm diagnostizierte Dysthymie und die diagnostischen Begriffe der Somatisierungsstörung bzw. somatoformen Störungen bzw. anhaltende somatoforme Schmerzstörung ohnehin kategorial gleichsinnige Diagnosen (Prägnanztypen neurotischer Störungen) sind, wobei der Begriff Somatisierungsstörung usw. mehr auf die subjektiv erlebten körperlichen, der Begriff Dysthymie mehr auf die subjektive erlebten psychischen Einschränkungen abhebt. Prof. Dr. B. hat schlüssig und nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die klinische Relevanz aus den möglicherweise resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet werden muss. Solche Einschränkungen waren aber aus den eigenen anamnestischen Angaben des Klägers nicht abzuleiten. Für den Nachweis einer psychiatrischen Erkrankung und den Nachweis daraus resultierender Funktionsbeeinträchtigungen reicht es nicht aus, dass zahlreiche Beschwerden aus verschiedenen Organsystemen mit nicht immer objektivierbaren vagen Symptomen vorgetragen werden, auch wenn dies über einen längeren Zeitraum erfolgt. Der Beurteilung des Dr. Sch. kann auch deshalb nicht gefolgt werden, weil es auch keine von ihm für diese Diagnose vorausgesetzte andere psychiatrische Erkrankung nachgewiesen ist. Denn auch die von ihm diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung überzeugt den Senat nicht. Denn eine anhaltende Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung hätte zu einem durchgängig seit dem Tod seines Vaters 1976 evident sein und entsprechende erhebliche Einschränkungen seines beruflichen Leistungsvermögens bedingen müssen, was bis 2009 nicht der Fall war. Hinzu kommt, dass der Tod eines nahestehenden Menschen nicht geeignet ist, eine solches chronisches Störungsbild zu induzieren. Gemäß ICD-10 sind typische Ursachen für eine chronische Entwicklung viel mehr Erlebnisse in einem Konzentrationslager, Folter, Katastrophen und andauernde lebensbedrohliche Situationen. Eine lang anhaltende Änderung der Persönlichkeit nach einer kurzzeitigen Lebensbedrohung sind nach IDC-10 anders zugeordnet. Aber auch für ein solches Störungsbild fehlen die Brückensymptome von 1976 bis zum Ende der Berufstätigkeit 2009. Die von Dr. Sch. gestellte Diagnose geht insofern nicht mit den diagnostischen Leitlinien konform, was Prof. Dr. B. schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt hat. Auch die ergänzende Stellungnahme des Dr. Sch. vom 25. Januar 2015 überzeugt nicht. Sie ist erkennbar von dem Gedanken getragen, vorgetragene Beschwerden einer schlüssigen medizinischen Begründung zuzuführen, wohingegen ein gerichtlicher Sachverständiger eine kritische Beurteilung vorzunehmen hat, um es dem Gericht zu ermöglichen, sich von dem Vorhandensein einer Erkrankung zu überzeugen, wie auch von zwingenden Leistungseinschränkungen.
Nach alledem kann der Kläger leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen besteht nicht.
Da der Kläger als Tiefbauer und Kabelverleger zuletzt ungelernt tätig gewesen ist, es auch keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass er sich von einem qualifizierten Beruf gelöst hat, steht im kein Berufsschutz zu, weshalb eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit von vornherein nicht in Betracht kommt.
Weitere Ermittlungen von Amts wegen drängten sich dem Senat nicht auf. Das beantragte Gutachten von einem Mediziner, der Kenntnisse auf dem Gebiet der Psychosomatik und Schmerztherapie hat, war nicht einzuholen, da der Senat bereits ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten von Prof. Dr. B. eingeholt hat, das sich bereits überzeugend mit dem Schmerzsyndrom auseinandergesetzt hat.
Nach alledem war auf die Berufung hin die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, das der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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