L 13 AL 3615/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 3642/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 3615/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. April 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; bezüglich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verbleibt es bei der Kostenentscheidung erster Instanz.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 35.627,12 EUR und für das erstinstanzliche Verfahren auf 37.926,13 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Zahlungspflicht der Klägerin zur Winterbeschäftigungsumlage streitig.

Die Klägerin betreibt nach Auskunft aus der Gewerbekartei der Stadt K. seit Oktober 1995 "die Durchführung der Erschließung von Grundstücken, die Errichtung von Wohn- und gewerblichen Objekten für eigene oder fremde Rechnung als freies Wohnungsunternehmen und/oder Bauträger, die Verwaltung von Grundstücken und Wohnungseigentum zu Miet- und sonstigen Zwecken und deren wohnwirtschaftliche Betreuung, die Arbeitsvermittlung, Arbeitnehmerüberlassung und sonstige Personaldienstleistungen".

Am 4. Februar 2008 und 16. Mai 2008 führte das Hauptzollamt F. Baustellenkontrollen und damit Prüfungen nach §§ 2 f. Schwarzarbeitsgesetz/§ 2 AentG durch. Hierbei wurden auf den Baustellen Mitarbeiter der Klägerin bei der Ausübung von Trockenbautätigkeiten, beim Fliesenlegen, beim Ausbessern von Außenputz sowie bei Maurer- und Putzarbeiten angetroffen. Das Hauptzollamt K. erteilte der Beklagten einen Auftrag zur Prüfung, ob das Unternehmen einen Betrieb im Sinne der Baubetriebeverordnung darstelle.

Die Beklagte vereinbarte mit der Klägerin daraufhin für den 1. Dezember 2008 einen Prüftermin. Laut Aktenvermerk (Bl. 1 der Beklagtenakte) wurde die Prüfung abgebrochen, da die Klägerin sich weigerte, die Ausgangsrechnungen durch die Prüfer einsehen zu lassen. Die Bruttolohnsummen seien nicht vorgelegt worden, eine ordentliche Prüfung habe somit nicht durchgeführt werden können. Mit Bescheid vom 28. Oktober 2009 stellte die Beklagte daraufhin fest, dass im Betrieb der Klägerin überwiegend Bauleistungen erbracht würden, die unter § 1 Abs. 2 der Baubetriebeverordnung fielen. Da die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht bei der Prüfung nicht nachgekommen sei, ergehe diese Entscheidung nach Aktenlage im Sinne von § 175 Abs. 3 SGB III. Für den Betrieb der Klägerin bestehe daher die grundsätzliche Pflicht zur Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage seit dem 1. Dezember 2004. Der Klägerin wurde aufgegeben, die ab Dezember 2004 bis Oktober 2009 angefallenen Bruttolohnsummen der Arbeitnehmer zu melden. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch (18. November 2009). Hierbei trug sie vor, in dem Betrieb würden nicht überwiegend Bauleistungen erbracht. Daraufhin erläuterte die Beklagte mit Schreiben vom 24. November 2009 nochmals den Erfassungsbescheid und teilte mit, dass wenn bis zum 30. November 2009 mit der Agentur ein Prüftermin vereinbart worden sei, das Einziehungsverfahren vorerst ausgesetzt würde.

Nachdem ein Prüftermin nicht vereinbart worden war, forderte die Beklagte von der Klägerin mit Bescheid vom 4. Dezember 2009 für den Zeitraum Dezember 2004 bis Oktober 2009 die Entrichtung einer Winterbeschäftigungsumlage in Höhe von 32.875,00 EUR zuzüglich einer Mahngebühr von 51,13 EUR, insgesamt 32.926,13 EUR. Die Höhe der Umlage beruhe auf einer Schätzung (§ 5 Abs. 5 Winterbeschäftigungsverordnung i.V.m. § 28f § 3 SGB IV). Auch gegen den Leistungsbescheid vom 4. Dezember 2009 erhob die Klägerin am 21. Dezember 2009 Widerspruch und verwies zur Begründung auf den Widerspruch im Einziehungsbescheid. Ferner teilte sie mit, dass mit der Agentur ein erneuter Prüftermin am 25. Januar 2010 vereinbart worden sei. Dieser Prüftermin wurde jedoch seitens der Klägerin am 22. Januar 2010 wegen "Arbeitsunfähigkeit der Buchhalterin" abgesagt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2010 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Erfassungsbescheid vom 28. Oktober 2009 zurück. Durch die Baustellenprüfungen im Mai 2008 sei bekannt geworden, dass die Klägerin Bauleistungen nach der Baubetriebeverordnung erbringe. Die Klägerin habe durch Verweigerung der Einsichtnahme in Ausgangsrechnungen durch die Prüfer, der Nichtvorlage der Bruttolohnsummen, der Absage des weiteren Prüftermins ohne Vereinbarung eines neuen Prüftermins und der Nichtbeantwortung des Schreibens der Beklagten im Widerspruchsverfahren vom 28. Dezember 2009 bei der Prüfung der Baubetriebeeigenschaft nicht mitgewirkt, sodass gemäß § 175 Abs. 3 SGB III vermutet werde, dass die Klägerin ein Betrieb des Baugewerbes im Sinne von § 175 Abs. 2 Satz 1 SGB III darstelle.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2010 wies die Beklagte auch den Widerspruch der Klägerin gegen den Leistungsbescheid vom 4. Dezember 2009 zurück. Da die Klägerin gemäß der Vermutungsregelung des § 175 Abs. 3 SGB III ein Baubetrieb darstelle, seien die Mittel für die ergänzenden Leistungen nach § 175a SGB III einschließlich der Verwaltungs- und sonstigen Kosten, die mit der Leistungsgewährung zusammenhingen, als Umlage durch sie aufzubringen. Die geltend gemachten Umlagebeträge seien nach § 5 Abs. 5 Winterbeschäftigungsverordnung i.V.m. § 28f Abs. 3 SGB IV geschätzt worden, weil die Klägerin keine Meldungen über lohnsteuerpflichtige Bruttoarbeitsentgelte eingereicht habe.

Am 31. August 2010 hat die Klägerin gegen die genannten Widerspruchsbescheide Klage erhoben. Zur Begründung hat sie u.a. vorgetragen, die Bescheide litten unter einem Begründungsmangel. Die zur Grundlage der Vermutung der Beklagten angenommenen Feststellungen des Hauptzollamtes F. hätten von der Beklagten nicht herangezogen werden dürfen, denn dieses habe keine Prüfung hinsichtlich der Ausübung von Tätigkeiten nach der Baubetriebeverordnung durchgeführt, sondern eine Prüfung nach dem Schwarzarbeitergesetz bzw. § 2 AentG. Diese Feststellungen des Hauptzollamtes stellten daher keine tragfähigen tatsächlichen Grundlagen für die angefochtenen Bescheide dar. Die Klägerin habe ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt. Denn die anwesenden Mitarbeiter der Beklagten, die am 1. Dezember 2008 eine Prüfung hätten vornehmen wollen, hätten gegenüber den Mitarbeitern der Klägerin eine Rechtsgrundlage für die Prüfung nicht nennen können. Im Übrigen habe die Klägerin Vorschläge für einen Prüftermin gemacht, aber von der Beklagten keine Reaktion darauf erhalten. Im Übrigen sei die Vermutung zu Unrecht vollzogen worden, denn eine Vermutung setze voraus, dass feststehe bzw. hinreichende Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass überhaupt überwiegend Bauleistungen im Sinne der Baubetriebeverordnung erbracht würden. Solche Anhaltspunkte lägen jedoch nicht vor. Die Klägerin beschäftige sich überwiegend mit der Verwaltung von Grundstücken und Wohneigentum. Hierzu zählten auch sogenannte Hausmeistertätigkeiten. Solche Hausmeistertätigkeiten hätten die Mitarbeiter der Klägerin zum Zeitpunkt der Prüfung durch das Hauptzollamt F. durchgeführt.

Das SG hat zunächst am 28. Juni 2012 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt. Hier hat die Prozessvertretung der Klägerin Zeugenbeweis - diese würden näher benannt - für die Art der Tätigkeit der Klägerin angeboten. Im Übrigen wird zu den weiteren Einzelheiten auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Das SG hat weiter schriftliche Vergleichsvorschläge mit dem wesentlichen Inhalt unterbreitet, dass die Klägerin die Prüfung der Baubetriebeeigenschaft der Klägerin ermöglicht, hierzu die Klägerin Einsicht in die Geschäftsunterlagen gewährt und die Beklagte die angefochtenen Bescheide überprüft. Die Klägerin hat diese Vergleichsvorschläge jeweils abgelehnt. Das SG hat weiter mit Verfügungen vom 16. April und 16. Mai 2013 die Klägerin aufgefordert, die angekündigten Zeugen, die zum Geschäftsgegenstand der Klägerin Auskunft geben können, mitzuteilen. Ebenso ist die Klägerin dazu angehalten worden, die aktuellen ladungsfähigen Anschriften der durch das Hauptzollamt angetroffenen Personen zu benennen. Hierzu hat es Frist bis zum 12. Juni 2013 gesetzt und darauf hingewiesen, dass im Falle, dass die erbetenen Angaben erst nach Ablauf der genannten Frist gemacht würden, das Gericht die Vernehmung der betreffenden Personen als Zeugen als Beweismittel zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden könne, wenn die Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Klägerin die Verspätung nicht genügend entschuldige (§106a Abs. 3 Satz 1 SGG). Darauf hat die Klägerin mitgeteilt, es werde vorsorglich eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragt, da hier es auf die Zeugenaussage deshalb nicht ankommen dürfte, weil "die Voraussetzungen für den Bescheid nach Aktenlage" nicht gegeben seien. Den in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12. September 2013 geschlossenen Vergleich haben die Beteiligten widerrufen. Auf Anfrage des SG hat die VBG (Verwaltungs-Berufsgenossenschaft) die Anzahl der Arbeitnehmer und die gemeldeten Entgelte für die Jahre 2004 bis 2009 mitgeteilt. Ferner hat das SG hat die Klägerin (unter Anwendung der Präklusionsvorschrift des § 106a Abs. 3 SGG) u.a. zur Vorlage von Lohnabrechnungen, einer Beschreibung der Tätigkeitsfelder der Klägerin und die Benennung der Mitarbeiter in dem streitigen Zeitraum aufgefordert. Dieser Aufforderung ist die Klägerin nicht nachgekommen.

Mit Urteil vom 23. April 2014 hat das SG den Bescheid vom 4. Dezember 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juli 2010 insoweit aufgehoben, als damit rückständige Beiträge der Winterbeschäftigungsumlage für den Zeitraum von Dezember 2004 bis Oktober 2009 über den Betrag von 30.627,12 EUR hinaus festgesetzt wurden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG u.a. ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass die Klägerin ab dem 1. Dezember 2004 zur Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage verpflichtet sei. Die Beklagte habe zutreffend die Klägerin als Arbeitgeber des Baugewerbes eingeordnet. Das SG sei davon überzeugt, dass die Klägerin zumindest in einem gewissen Umfang Bauleistungen im Sinne von § 1 Baubetriebeverordnung erbringe. Hierfür spreche, dass im Rahmen der im Jahr 2008 erfolgten Baustellenkontrolle durch das Hauptzollamt F. Mitarbeiter der Klägerin angetroffen worden seien, die Trockenbau-, Fliesenleger-, Maurer- und Putzarbeiten ausgeführt hätten sowie Ausbesserungen des Außenputzes des Gebäudes. Nach den Angaben der persönlich befragten Mitarbeiter habe es sich bei einigen von ihnen um gelernte Ofenbauer und Maurer gehandelt. Sowohl die beruflichen Qualifikationen als auch die ausgeführten Arbeiten der Mitarbeiter der Klägerin seien jeweils in den Positivkatalog des § 1 Abs. 2 Baubetriebeverordnung geregelten Arbeiten, insbesondere "Trocken- und Montagebauarbeiten (z.B. Wand- und Deckeneinbau und Verkleidungen) einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern" (Nr. 36), "Fliesen-, Platten- und Mosaik-Ansetz- und -verlegearbeiten (Nr. 14), Maurerarbeiten (Nr. 21), Stuck-, Putz-,Gips- und Rabitzarbeiten einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern (Nr. 33) zuzuordnen. Bereits die Verrichtung von Tätigkeiten, die in § 1 Abs. 2 der Baubetriebeverordnung genannt würden, führe aufgrund der Indizwirkung dieser exemplarischen Aufzählung dazu, dass in diesem Fall grundsätzlich von einem Betrieb des Baugewerbes im Sinne von § 211 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. auszugehen sei. Nicht überzeugend sei der Vortrag der Klägerin, die Mitarbeiter hätten lediglich Hausmeistertätigkeiten ausgeführt. Für die Erbringung von Bauleistungen durch die Klägerin sprächen zudem die Angaben der Klägerin in der Gewerbekartei der Stadt Karlsruhe, wonach die Klägerin u.a. mit der Errichtung von Wohn- und gewerblichen Objekten für eigene oder fremde Rechnung als freies Wohnungsunternehmen und/oder Bauträger befasst sei. Auch die Tatsache, dass die Klägerin als Arbeitgeberin ihre Mitarbeiter zur Verwaltungs-Berufsgenossenschaft angemeldet habe, ergebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin keine Bauleistungen erbringe. Selbst wenn man vorliegend davon ausginge, dass die Klägerin neben Bauleistungen noch weitere baufremde Arbeiten erbringe, mithin von einem Mischbetrieb auszugehen wäre, wäre die Klägerin trotzdem als Baubetrieb einzuordnen, denn die Klägerin habe die Vermutungsregelung des § 211 Abs. 1a SGB III a.F. nicht entkräften können. Die Vermutung sei nur widerlegt, wenn nachgewiesen werde, dass in dem Betrieb, in dem die Arbeitnehmer teils mit Bauleistungen, teils mit baufremden Arbeiten befasst sind, die Bauleistungen arbeitszeitlich nicht überwögen. Hierbei sei auf die Mehrzahl der Arbeitsstunden abzustellen. Die Klägerin habe einen solchen Nachweis nicht erbracht. Sie habe bei der vom SG versuchten Sachaufklärung nicht mitgewirkt. Insbesondere habe sie die vom SG in der mündlichen Verhandlung vom 12. September 2013 angeforderten Unterlagen (Arbeitsverträge sämtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die seit Dezember 2004 bei ihr tätig waren bzw. sind, vollständige Lohnabrechnungen sowie Beschreibungen der Tätigkeiten der jeweiligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bzw. deren Einsatzgebiete, geeignete Unterlagen z.B. Rechnungen, aus denen der zeitliche Umfang der Tätigkeiten des jeweiligen Mitarbeiters hervorgeht) nicht vorgelegt.

Der Umlagebescheid vom 4. Dezember 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juli 2010 sei teilweise rechtswidrig, soweit die Beklagte dort von Dezember 2004 bis Oktober 2009 eine Umlage über den Betrag von 30.627,12 EUR hinaus festgesetzt habe. Die Schätzung (§ 355 SGB III i.V.m. § 28f Abs. 3 SGB IV) stehe nicht im Ermessen der Behörde, sondern sei gerichtlich voll überprüfbar. Die Beklagte habe jedoch die Faktoren, die bei der Berechnung der Schätzung eingeflossen seien, nicht mitgeteilt. Es werde daher für erforderlich angesehen, eine eigene Schätzung vorzunehmen (BSG Urteil vom 14.07.1988 - 11/7 Rar 41/87 u.a.). Mangels anderweitiger Kenntnisse und aufgrund der fehlenden Auskunftsbereitschaft der Klägerin im Hinblick auf die Zahl der bei ihr im streitigen Zeitraum beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie deren Tätigkeitsbereiche könnten zur Ermittlung einer ausreichend objektiven Schätzungsgrundlage die vom Unfallversicherungsträger mitgeteilten Entgelte herangezogen werden. Dieser könne ebenfalls entnommen werden, wie viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Klägerin beschäftigt waren und welches sozialversicherungspflichtiges Entgelt an diese gezahlt worden sei. Hierbei sei im Rahmen der Schätzung zugunsten der Klägerin anzunehmen, dass nicht sämtliche gemeldeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewerblich tätig gewesen seien, man gehe von einer Beschäftigung einer Geschäftsführerin bzw. Geschäftsführers einer Buchhalterin bzw. Buchhalters aus. Die gemeldeten Entgelte hat das SG durch die Anzahl der gemeldeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dividiert, um das durchschnittliche Bruttoentgelt pro Arbeitnehmer zu errechnen. Dieses hat es mit der geschätzten Anzahl der gewerblich tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Anzahl der gesamten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer- 2) multipliziert. Von den so errechneten umlagefähigen Jahresbruttoentgelten hat es die Umlage in Höhe von 2% errechnet, zuzüglich einer Mehrkostenpauschale gemäß § 8 Abs.1 Winterbeschäftigungsverordnung. Insgesamt errechne sich daher aufgrund der Schätzung eine von der Klägerin im Zeitraum von Dezember 2004 bis Oktober 2009 zu zahlende Umlage zuzüglich Mehrkostenpauschale in Höhe von 30.627,12 EUR (zur einzelnen Berechnung vgl. Bl.15 des angefochtenen Urteils).

Gegen das am 15. August 2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 25. August 2014 eingelegte Berufung der Klägerin. Zu deren Begründung hat die Klägerin ausführen lassen, dass sie ihren Mitwirkungspflichten nachgekommen sei. Bei der Prüfung am 1. Dezember 2008 sei diese durch die Beklagte abgebrochen worden, nachdem man eine gesetzliche Anspruchsgrundlage bzw. Rechtsgrundlage für die Prüfung durch die Mitarbeiter nicht habe benennen können. Man habe danach mehrfach um einen Prüftermin nachgefragt, jedoch keine Antwort erhalten. Schließlich sei die Klägerin ein Verwaltungsunternehmen, Bauleistungen auf dem Baumarkt würden nicht erbracht. Erst recht fehle es an dem Kriterium der überwiegenden Erbringung von Bauleistungen am Baumarkt. Ferner ergebe sich aus der Mitgliedschaft bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft bereits, dass gerade nicht am Markt Bauleistungen erbracht und entsprechende Tätigkeiten ausgeübt würden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. April 2014 sowie die Bescheide vom 28. Oktober 2009 und 4. Dezember 2009 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 29. Juli 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat ausgeführt, nach den Eintragungen in der Gewerbedatei seien von der Klägerin folgende Tätigkeiten angemeldet: Errichtung von Wohn- und gewerblichen Objekten für eigene oder fremde Rechnung als freies Wohnungsbauunternehmen und/oder Bauträger. Da Arbeitnehmer der Klägerin bei der Durchführung von baulichen Leistungen angetroffen worden seien, die Klägerin nach der Gewerbedatei auch Bauleistungen erbringe, habe durch eine Betriebsprüfung geklärt werden sollen, in welchem Umfang bauliche Leistungen erbracht werden und ob die Klägerin in die Förderung der Winterbeschäftigung einzubeziehen sei, mithin die Pflicht zur Entrichtung von Winterbeschäftigungsumlage bestehe. Nach den Mitteilungen der Prüfer der Beklagten habe die Prüfung mangels Mitwirkung der Klägerin abgebrochen werden müssen. Eine spätere Prüfung sei ebenfalls nicht zustande gekommen. Nach der Vermutung des § 211 Abs. 1a SGB III a.F. werde von einem Baubetrieb ausgegangen, es sei denn, gegenüber der Beklagten werde nachgewiesen, dass Bauleistungen arbeitszeitlich nicht überwiegen. Einen solchen Nachweis habe die Klägerin nicht erbracht. Die Beklagte sei weiterhin zu einer Betriebsprüfung bereit, sofern die Klägerin auch bereit sei, an einer solchen konstruktiv mitzuwirken.

Mit den Beteiligten wurde der Sach- und Streitstand im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 2. Dezember 2014 erörtert. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gem. § 124 Abs. 2 SGG im schriftlichen Verfahren entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben.

Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat zu Recht die Verpflichtung zur Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage seit dem 1. Dezember 2004 gemäß § 354 SGB III festgestellt.

Das SG hat zutreffend die Klage abgewiesen. Das SG hat alle maßgeblichen Rechtsvorschriften unter Beachtung höchstrichterlicher Rechtsprechung zutreffend angewandt. Der Senat sieht daher nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist Folgendes auszuführen: Sofern die Klägerin weiter im Berufungsverfahren einwendet, sie erbringe keine Bauleistungen auf dem Baumarkt und sei deshalb auch kein Betrieb des Baugewerbes, der gewerblich überwiegend Bauleistungen erbringe, weshalb die vom SG angewandte Vermutungsregelung des § 211a Abs. 1 Satz 1 SGB III (a.F.) nicht greife, geht sie fehl.

Erbringen Betriebe Bauleistungen auf dem Baumarkt, wird vermutet, dass in diesen Betrieben die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist. Satz 1 gilt nicht, wenn gegenüber der Bundesagentur nachgewiesen wird, dass Bauleistungen arbeitszeitlich nicht überwiegen (§ 211 Abs. 1a SGB III in der vom 1. Januar 2004 bis 31. März 2006 geltenden Fassung, inhaltsgleich § 175 Abs. 3 SGB III in der vom 1. April 2006 bis 31. Januar 2009 und der vom 1. Februar 2009 bis 31. März 2012 geltenden Fassung sowie § 101 Abs. 3 SGB III in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung).

Die Klägerin hat sowohl im Verwaltungs- als auch im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren lediglich die Behauptung aufgestellt, sie sei ein Verwaltungs-Unternehmen und erbringe keine Bauleistungen auf dem Baumarkt. Sie errichte auch keine sonstigen Wohn- oder gewerbliche Objekte. Wie bereits das SG ausgeführt hat widersprechen diese Behauptungen jedoch den eigenen Angaben zu der Gewerbekartei der Stadt K., wonach sie u.a. mit der Errichtung von Wohn- und gewerblichen Objekten für eigene oder fremde Rechnung als freies Wohnungsunternehmen und/oder Bauträger befasst ist. Eine Gewerbeummeldung hat danach nie stattgefunden. Auch die Tatsache, dass das Hauptzollamt F. Mitarbeiter der Klägerin bei Trockenbau-, Fliesenleger-, Maurer- und Putzarbeiten sowie Ausbesserungen des Außenputzes eines Gebäudes angetroffen hat und damit den Bauleistungen zurechenbaren Tätigkeiten nach der vom SG zutreffend zitierten Baubetriebeverordnung durchgeführt hat, ergeben, dass tatsächlich Bauleistungen ausgeführt wurden bzw. werden. Die bloße Behauptung der Klägerin, die dortigen Beschäftigten hätten Hausmeistertätigkeiten verrichtet, bzw. man verrichte lediglich Hausmeistertätigkeiten und erbringe keine Bauleistungen, ist durch nichts belegt. Der Aufforderung des SG unter anderem hierzu Belege vorzulegen bzw. Zeugen zu benennen, ist sie mit dem bemerken, darauf komme es nicht an (Bl. 72 SG-A.) ebenso nicht gefolgt, wie den im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12. September 2013 vom SG aufgegebenen Vorlagen von Lohnunterlagen und der Benennung der Mitarbeiter, die seit Dezember 2004 bei ihr beschäftigt gewesen waren. Ferner ist trotz Vorgabe des SG weder das komplette Tätigkeitsfeld der Klägerin benannt noch die von der Klägerin bezeichneten Hausmeistertätigkeiten näher beschrieben worden. Auch im Berufungsverfahren hat die Klägerin entsprechende Unterlagen, die ihre Behauptung bekräftigen würden, nicht vorgelegt oder Beweismittel für Ihre Behauptung benannt. Der Senat ist somit daran gehindert hierzu von Amts wegen zu ermitteln. Das SG hat daher zu Recht angenommen, dass die Klägerin Bauleistungen erbringt. Aufgrund der gesetzlichen Vermutung, dass im Falle des Erbringens von Bauleistungen auf dem Baumarkt, in diesen Betrieben die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist, ist die Klägerin insofern beweisbelastet. Diese gesetzliche Vermutungsregelung (jetzt § 101 Abs. 3 SGB III inhaltsgleich) dient der Vereinfachung des Verfahrens zur Feststellung des Tatbestandsmerkmals "gewerblich überwiegend Bauleistungen". Die Vorschrift bestimmt eine Umkehr der Beweislast dafür, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen widerleglich vermutet wird, dass überwiegend Bauleistungen erbracht werden. Die Klägerin hat weder widerlegt, dass Bauleistungen erbracht werden, noch dass diese Bauleistungen arbeitszeitlich nicht überwiegen. Auch anlässlich des am 2. Dezember 2014 durchgeführten Termins zur Erörterung des Sachverhalts wurde keinerlei Bereitschaft der Klägerin signalisiert, Einsicht in die Geschäftsunterlagen insoweit zu gewähren oder entsprechende Beweismittel beizubringen. Allein die Tatsache, dass sie bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft eingegliedert ist, ist nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Sie behauptet auch nicht, dass die Berufsgenossenschaft hier eine besondere Prüfung vorgenommen hätte. Die gesetzliche Vermutung ist somit nicht widerlegt.

Auch die Höhe der Umlagepflicht in dem streitigen Zeitraum wurde vom SG zutreffend festgestellt. Das SG hat hier unter Zugrundelegung der von der Berufsgenossenschaft gemeldeten Entgelte gemäß § 28f Abs. 3 SGB IV, zutreffend geschätzt. Auch hier hat die Klägerin keinerlei Angaben gemacht oder Belege vorgelegt bzw. Beweismittel benannt, die eine Schätzung hätte entbehrlich gemacht. Die vom SG durchgeführte Schätzung ist sachgerecht.

Die Berufung der Klägerin war daher in vollem Umfange zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Streitwert wird auf 35.627,12 EUR für das Berufungsverfahren und 37.926,13 EUR für das erstinstanzliche Verfahren festgesetzt. Hierbei ist maßgebend der Regelstreitwert jeweils für den Grundlagenbescheid (5000,-EUR) und für die Höhe der Umlage der jeweils festgesetzte Betrag. (vgl. § 63 GKG, Streitwertkatalog Punkt 9).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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