L 11 R 4085/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 3690/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4085/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.09.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin macht einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente geltend.

Die am 18.03.1962 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Reinigungskraft und Hausmeisterin versicherungspflichtig beschäftigt.

Am 07.09.2012 erlitt die Klägerin während eines Urlaubs in Italien einen Herzinfarkt, dessen Behandlung mit Komplikationen verbunden war. Bei der Intervention zur Therapie des Herzinfarktes kam es zu einem Perikarderguss (krankhafte Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel). Dies machte eine notfallmäßige Punktion erforderlich, die wiederum zu einer Leberruptur führte. Diese Verletzung musste ebenfalls operativ versorgt werden. Diese Behandlungen fanden in Italien in verschiedenen Krankenhäusern statt. Eine erste kardiologische Untersuchung bei einem niedergelassenen Facharzt in Deutschland erfolgte im November 2012. Vom 02.01.2013 bis 23.01.2013 befand sich die Klägerin in der Rehaklinik H.-K ... Im Abschlussbericht werden folgende Diagnosen aufgeführt: 1. Anterolateraler Myokardinfarkt (STEMI am 07.09.2012) 2. Coro 1-GE PCI mit TE-Stent des distalen RIVA, postinterventionell Perikardtamponade, bei Perikardpunktion, Verletzung der Leber, Laparotomie 3. leichtgradig eingeschränkte LV-Funktion (EF 55 bis 60%) 4. Nikotinabusus bis 07.09.2012 5. Hypercholesterinämie. Die Entlassung erfolgte arbeitsunfähig. Ferner wird ausgeführt, die Patientin traue sich ihre bisherige Tätigkeit nicht mehr zu. Aufgrund der kardialen Erkrankung bestehe eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für körperlich bis mittelschwere Tätigkeiten. Tätigkeiten mit häufigerem oder schwerem Heben seien freilich nicht mehr möglich.

Am 11.04.2013 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 30.04.2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin könne noch mindestens sechs Stunden täglich und den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Den hiergegen am 16.05.2013 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2013 zurück.

Mit ihrer am 24.10.2013 erhobenen Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie leide unter Angstgefühlen, Konzentrationsstörungen sowie Gedächtnisstörungen. Ein Bauchwandbruch führe dazu, dass ihr ein Bücken nicht möglich sei, sodass fortdauernde Arbeitsunfähigkeit die Folge sei. Sie müsse auch ständig Mittel gegen einen zu hohen Cholesterinwert und ein Blutverdünnungsmittel nehmen. Sie sei bei allen Verrichtungen übervorsichtig aus Angst, eine Verletzung zu erleiden und zu verbluten. Die koronare Herzkrankheit führe zur schnellen Erschöpfung, Tagesmüdigkeit und Schlafstörungen. Eine Funktionsbehinderung ergebe sich auch aus degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule, die zu erheblichen Bewegungseinschränkungen und Schmerzen führten, die sich bis in die rechte Schulter auswirkten. Die Beschwerden im Bereich des rechten Schultergelenks führten zu einer Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Arms. Sie leide ferner unter Reizhusten und einer belastungsabhängigen Ischämie der Herzhinterwand und einer nicht belastungsabhängigen Ischämie der Vorder- und Seitenwand des Herzens. Sie sei daher bei jeglicher Tätigkeit sehr schnell erschöpft.

Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Arzt für Innere Medizin und Kardiologie Dr. P. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 22.04.2014 angegeben, dass bei guter Ventrikelfunktion und fehlenden Hinweisen auf eine Progression der koronaren Herzerkrankung eine körperlich leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig möglich sei. Einschränkend wirke die Narbenhernie und der chronische Hustenreiz. Der HNO-Facharzt Dr. O. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 14.04.2014 über eine chronische Sinusitis maxillaris beidseits und hyperfunktionelle Dysphonie berichtet. Leichte Tätigkeiten könne die Klägerin mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. hat in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 17.04.2014 mitgeteilt, dass auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Fachgebiet eine Anpassungsstörung mit depressiv-ängstlicher Symptomatik nach Herzinfarkt mit zahlreichen schwergradigen Komplikationen, chronisch-rezidivierende Anfälle mit Husten und Würgen bei seelisch-körperlichen Faktoren (Verdacht auf bronchio-pulmonale Hyperreagibilität, gastro-ösophagiale Refluxkrankheit) sowie organische Komplikationen der Herzinfarktbehandlung (Perikarderguss, Leberblutung, postoperativ großer Bauchwandnarbenbruch) vorlägen. Aus seiner Sicht gebe es keine Gründe, die gegen eine sofortige Wiederaufnahme der alten Tätigkeit als Reinemachfrau sprächen. Als limitierend sehe er noch abdominale Beschwerden nach durchgeführter Herniotomie mit Schmerzen und wechselnder Lokalisation im Bauchwandbereich an. Es bestünden keine Bedenken, dass die Klägerin noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich zu verrichten in der Lage sei. Der Arzt für Lungen- und Bronchialkrankheit Dr. S. hat eine bronchiale Hyperreagibilität der Klägerin beschrieben. Es bestünden auf seinem Fachgebiet keine Bedenken, dass leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden könnten. Auch der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. H. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 25.06.2014 mitgeteilt, dass bei der Klägerin schmerzbedingte Funktionseinschränkungen bestünden. Durch die Narbenhernienoperation habe sich der Gesundheitszustand der Klägerin verbessert.

Mit Gerichtsbescheid vom 04.09.2014 hat das SG die Klage daraufhin abgewiesen. Die Klägerin sei nach der durchgeführten Beweisaufnahme noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Sie sei daher nicht erwerbsgemindert. Zur Begründung hat sich die Kammer auf die übereinstimmende Einschätzung aller behandelnden Ärzte gestützt. Der Gerichtsbescheid ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mittels Empfangsbekenntnis am 16.09.2014 zugestellt worden.

Hiergegen richtet sich die am 26.09.2014 zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Berufung. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass sie unter einem nicht einstellbaren Bluthochdruck im Zusammenhang mit der koronaren Herzerkrankung und dem Zustand nach einem Vorderwandinfarkt leide. Insoweit sei sie auf Dauer arbeitsunfähig. Der Blutdruck steige bei der geringsten Anstrengung lebensbedrohlich an. Dies habe eine Untersuchung bei Dr. P. im Juni 2014 ergeben.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe und die Bescheide der Beklagten vom 30.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.04.2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat Dr. P. nochmals als sachverständigen Zeugen vernommen. Dieser hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 17.12.2014 mitgeteilt, bei der letzten Vorstellung im Dezember 2014 habe die Klägerin über Schwindel und Unwohlsein nach Erweiterung der Medikation wegen des Bluthochdrucks geklagt. Anfang November 2014 sei der Blutdruck nach oben hin entgleist. Es sei daher eine Langzeitblutdruckmessung durchgeführt worden, welche jetzt eine gute RR-Regulation ergeben habe. Für eine Progression der koronaren Herzerkrankung ergebe sich kein Hinweis. Leichte körperliche Tätigkeiten seien weiterhin möglich. Das Heben schwerer Gegenstände und Lasten sei wegen der großen operierten Bauchwandhernie nicht möglich. Der kardiale Zustand sei insgesamt aus seiner Sicht zur Zeit stabil. Arbeiten mit erheblichem Zeitdruck sei für die Patientin nur schwer möglich.

Mit Schreiben vom 19.01.2014 und 26.01.2015 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet, hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 30.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Nach dem Ergebnis der vom SG und vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung des Reha-Entlassungsberichts, den der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche ausüben kann. Die Klägerin ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.

Eine quantitative Leistungseinschränkung ergibt sich aus den bei der Klägerin im Vordergrund stehenden Leiden auf internistischem Fachgebiet nicht. Die Klägerin erlitt im September 2012 einen akuten Vorderwandinfarkt. Es erfolgte eine Coronarangiographie, PTCA und eine Stentanlage. Nachfolgend kam es zu einer Perikardtamponade nach der Intervention. Es musste notfallmäßig eine Perikardpunktion durchgeführt werden. Hierbei kam es zu einer Verletzung der Leber und nachfolgend einer Laparotomie. Diese Erkrankungen und Verletzungen wurden inzwischen erfolgreich behandelt. Damit kann eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit nicht mehr begründet werden. Soweit noch Einschränkungen in Bezug auf die berufliche Leistungsfähigkeit zu machen sind, stehen dieser einer leichten körperlichen Tätigkeit für mindestens sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche nicht entgegen.

Während der Rehabilitation in der Rehaklinik H.-K. zeigten sich im Ruhe-EKG keine pathologischen Zeichen. Dies bestätigte sich auch echokardiographisch. Das Belastungs-EKG war bis eine Minute bei 75 Watt möglich. Der Abbruch erfolgte wegen ausgeprägter muskulärer Erschöpfung. Im Langzeit-EKG wurde keine Herzrhythmusstörung aufgezeichnet. Dr. P. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 17.12.2014 bestätigt, dass eine Progression der koronaren Herzerkrankung ausgeschlossen werden kann. Er hat bei einer Kontrolluntersuchung der Klägerin am 12.12.2014 ein Belastungs-EKG durchgeführt, bei dem die Klägerin bis 100 Watt belastbar war. Der Abbruch erfolgte wiederum wegen muskulärer Erschöpfung. Auch echokardiographisch war bei der Kontrolluntersuchung keine Änderung des Befundes festzustellen. Die Langzeitblutdruckmessung ergab akzeptable Blutdruckwerte. Durch diese aktuellen Untersuchungsergebnisse eines Facharztes für Innere Medizin und Kardiologie ist der Gesundheitszustand der Klägerin auf internistischem Fachgebiet ausreichend aufgeklärt. Weitere Untersuchungen sind nicht mehr notwendig.

In Übereinstimmung mit Dr. S. ist entsprechend seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 06.05.2014 davon auszugehen, dass auch durch die bronchiale Hyperreagibilität keine manifeste Funktionseinschränkung bestehen. So handelt es sich lediglich um eine leichte Ausprägung der Erkrankung, die zu keinen weiteren Einschränkungen führt. Dementsprechend geht auch Dr. S. davon aus, dass leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden können. Dies bestätigt auch Dr. O., der bei den Diagnosen chronische Sinusitis maxillaris beidseits und hyperfunktionale Dysphonie ein vollschichtiges Leistungsvermögen annimmt.

Eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens ergibt sich schließlich auch nicht auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Insoweit hat Dr. S. eine Anpassungsstörung mit depressiv-ängstlicher Symptomatik nach Herzinfarkt mit zahlreichen schwergradigen Komplikationen diagnostiziert. Es kam jedoch zu einer guten Stabilisierung des psychischen Umstandes. Daher geht auch er davon aus, dass es aus psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht keine Gründe gibt, die gegen eine sofortige Wiederaufnahme einer leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden sprechen. Weder die behandelnden Ärzte noch der Senat verkennen, dass die Behandlung des bei der Klägerin in Italien aufgetretenen Herzinfarktes nicht optimal verlaufen ist. Die für eine Rentengewährung maßgebliche Erwerbsminderung beurteilt sich jedoch nicht nach der Anzahl von Erkrankungen und der hierbei aufgetretenen Komplikationen, sondern danach, welche körperlichen und geistigen Einschränkungen (Funktionseinschränkungen) sich aufgrund einer Gesundheitsstörung dauerhaft ergeben.

Eine quantitative Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten ergibt sich schließlich auch nicht aus der Bauchwandnarbenhernie. Auch dies bestätigen die behandelnden Ärzte. Nachdem es im Übrigen Anfang 2014 zu einer Operation des Bauchwandnarbenbruchs gekommen war, bestätigten sowohl Dr. S. als auch Dr. H. in ihren sachverständigen Zeugenaussagen, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin durch die Narbenhernienoperation deutlich gebessert hat. Soweit die Klägerin ihr Rentenbegehren auf orthopädische Leiden stütz, hat keiner der behandelnde Ärzte eine entsprechende Diagnose mitgeteilt, so dass sich auch insoweit keine quantitative Leistungseinschränkung ergibt.

Auch in einer Gesamtschau der Leiden ergibt sich zur Überzeugung des Senats keine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens. In Übereinstimmung mit den behandelnden Ärzten und dem Reha-Entlassungsbericht, der gerade auch eine Gesamtbetrachtung vornimmt, ist daher davon auszugehen, dass die Klägerin nach wie vor leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechsstündig durchführen kann. Bei der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit muss der Klägerin eine konkrete Tätigkeit, die sie noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die die Versicherte mit ihrem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat GS BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, um so eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann.

Die Klägerin kann leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung noch ausüben. Die weiteren Einschränkungen wie Tätigkeiten mit häufigerem oder schwerem Heben stellen bereits keine leichten Tätigkeiten mehr dar. Körperlich leichte Tätigkeiten sind auch nicht üblicherweise mit erhöhter Stressbelastung verbunden. Die bei der Klägerin bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen lassen deshalb keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass diese noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen, noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dar. Die Klägerin ist auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zur Hauptverkehrszeit zweimal am Tag zu benutzen.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist, dass sie vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Da die Klägerin nach diesem Stichtag geboren ist, scheidet eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aus.

Die Anträge der Klägerin im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.01.2015 auf Einholung eines lungenfachärztlichen und eines internistischen Gutachtens werden abgelehnt. Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Die vorhandenen Arztauskünfte sowie der Reha-Entlassungsbericht bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Insbesondere der Reha-Entlassungsbericht sowie die ärztlichen Zeugenaussagen und Stellungnahmen haben dem Senat die für die gerichtliche Überzeugung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung). Die ärztlichen Unterlagen gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus und enthalten keine inhaltlichen Widersprüche; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig. Der Senat stützt sich dabei nicht nur auf die schriftlichen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte, sondern auch auf die von diesen erstellten Arztbriefe. So gibt insbesondere der Arztbrief des Dr. P. vom 17.12.2014 (Bl 28 der LSG-Akte) eine aktuelle Auskunft über den Gesundheitszustand der Klägerin auf internistischem Fachgebiet am 12.12.2014 (Tag der Kontrolluntersuchung). Seine Befunde beruhen auf einem EKG, einem Belastungs-EKG, einer Echokardiographie und einer Langzeitblutdruckmessung. Daraus ergeben sich keine die Erwerbsfähigkeit wesentlich einschränkenden Befunde. Der Senat kann die in einem Arztbrief gegebenen Informationen verwerten, weil derartige Arztberichte so abgefasst werden müssen, dass der weiterbetreuende Arzt die ärztliche Verantwortung für die Fortführung der Behandlung übernehmen kann und die inhaltlich unzureichende Abfassung des Arztberichts eine Behandlungsfehler darstellt, der zur Haftung des Arztes führen kann. Der hinzugezogene Arzt ist grundsätzlich gehalten, den behandelnden Arzt in einem Arztbrief über das Ergebnis des Überweisungsauftrages zu unterrichten. Diese Pflicht gehört zu den Schutzpflichten gegenüber dem Patienten, die eine solche Unterrichtung des die Behandlung führenden Arztes über die von ihm aus der Hand gegebene Behandlungsphase umfassen und die der hinzugezogene Arzt dem Patienten aufgrund der übernommenen Behandlungsaufgabe vertraglich wie deliktisch schuldet. Im Übrigen gehört sie als Bestandteil der gegenseitigen Informationspflicht auch zu den Berufspflichten des Arztes (BGH 05.10.1993, VI ZR 237/92, NJW 1994, 797; Kreße/Dinser MedR 2010, 396, 397).

Der Vortrag der Klägerin in Bezug auf eine inzwischen angeblich aufgetretene Lungenentzündung ist nicht substantiiert, da noch nicht einmal mitgeteilt wurde, wann sie diesbezüglich in ärztlicher Behandlung war. Außerdem ist auch eine Lungenentzündung grundsätzlich medikamentös behandelbar und stellt nur eine vorübergehende Erkrankung dar. Dies ist allgemein bekannt und bedarf deshalb keines Beweises. Bei einem schweren Verlauf einer Lungenentzündung oder aufgetretenen Komplikationen wäre eine stationäre Behandlung notwendig. Dass eine solche erfolgt ist, wurde aber nicht vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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