L 13 R 5101/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 3980/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 5101/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 7. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat, nachdem er von der Beklagten bereits seit dem 1. August 2009 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bezieht.

Der 1954 geborene Kläger ist gelernter Werkzeugmacher und war zuletzt bis August 2008 als Qualitätskontrolleur versicherungspflichtig beschäftigt. Von Juli 2008 bis Januar 2010 bezog er Krankengeld. Danach ist er arbeitslos. Er leidet im Wesentlichen an einem Zustand nach Lymphknotenkrebs (Erstdiagnose Januar 2009), Müdigkeit, Schulter-, Handgelenk-, Knie- sowie Rückenbeschwerden, Schwerhörigkeit und psychischen Beschwerden. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 90 ist seit dem 6. März 2009 anerkannt.

Vom 14. Oktober bis 11. November 2009 führte der Kläger eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme durch. Ausweislich des Reha-Entlassungsbericht vom 17. November 2009 wurde der Kläger für in der Lage gehalten, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig zu verrichten. Zu seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Qualitätskontrolleur sei er nur im Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich in der Lage.

Am 19. März 2010 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Einholung einer nach Aktenlage erstellten sozialmedizinischen Stellungnahme des Arztes Schmalbach vom 6. April 2010 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 7. April 2010 ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei nicht erwerbsgemindert, da er Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Zwar könne er seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Werkzeugmacher bzw. Qualitätskontrolleur nicht mehr sechs Stunden täglich verrichten, jedoch könne er auf eine Tätigkeit als Schloss- und Schlüsselmacher verwiesen werden.

Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid am 22. April 2010 Widerspruch. Er legte ärztliche Befundberichte vor und führte zur Begründung aus, aufgrund seiner multiplen Beeinträchtigungen könne er nicht mehr im Umfang von drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Hierüber seien sich seine Ärzte einig. Auch auf eine Tätigkeit als Schloss- und Schlüsselmacher könne er aus gesundheitlichen Gründen nicht verwiesen werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2010 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und bewilligte dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. August 2009. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück und hielt daran fest, dass der Kläger zu leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich in der Lage sei.

Am 8. November 2010 hat der Kläger beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Der Kläger hat seinerseits daran festgehalten, dass er nicht mehr drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen könne.

Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört. Der Internist und Onkologe Dr. F. hat mit Schreiben vom 16. Juni 2011 im Wesentlichen mitgeteilt, der Kläger leide anhaltend an Asthenie, Müdigkeit, rascher Erschöpfbarkeit, starkem Schwitzen und einer Depression. Eine Leistungsbeurteilung hat er nicht abgegeben.

Der Neurologe und Psychiater S. hat mit Schreiben vom 8. Juli 2011 im Wesentlichen mitgeteilt, der Kläger befinde sich seit August 1993 in seiner nervenärztlichen Behandlung. Seit Behandlungsbeginn leide der Kläger unter anderem an einer larvierten Depression. Seit Januar 2009 sei eine chronisch-lymphatische Leukämie bekannt. Hierdurch sei der Kläger in seiner allgemeinen Leistungsfähigkeit so beeinträchtigt, dass er nicht mehr in der Lage sei, drei Stunden am Stück zu arbeiten. Es fehle ihm hierfür an der erforderlichen Konzentrationsfähigkeit. Der Schwerpunkt des klägerischen Leidens liege auf onkologischem Gebiet.

Der Internist Dr. H. hat mit Schreiben vom 12. Juli 2011 im Wesentlichen mitgeteilt, der Kläger klage über eine starke Müdigkeit, schnelle Erschöpfung, Durchfall, Blähungen, Magenschmerzen, Schlafstörungen, vermehrtem Durst, einer schweren Depression, Schulter-, Handgelenk-, Wirbelsäulen-, Knie- und Fußschmerzen sowie über häufige Kopfschmerzen bzw. Migräne-Beschwerden. Der Kläger könne daher auch leichte Tätigkeiten nicht mehr ausüben.

Der Orthopäde Dr. V. hat mit Schreiben vom 18. Juli 2011 im Wesentlichen mitgeteilt, die orthopädischen Erkrankungen des Klägers stünden einer leichten körperlichen Tätigkeit von sechs Stunden täglich unter Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen nicht entgegen.

Das SG hat weiterhin ein nervenärztliches Gutachten von Dr. Sch. vom 26. Oktober 2011 eingeholt, das dieser nach einer Untersuchung des Klägers vom 19. Oktober 2011 erstellt hat. Dr. Sch. ist zum Ergebnis gelangt, der Kläger sei aus nervenärztlicher Sicht noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Im Übrigen hat Dr. Sch. eine internistisch-onkologische Begutachtung empfohlen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens von Dr. Sch. wird auf Blatt 88/117 der SG-Akte Bezug genommen.

Das SG ist dem mit Einholung eines onkologisches Gutachten von Prof. Dr. Z. vom 5. Mai 2013 nachgekommen, das dieser nach einer Untersuchung des Klägers vom 23. April 2013 erstellt hat. Er ist zum Ergebnis gelangt, hinsichtlich der Krebserkrankung sei eine komplette Remission erzielt worden, so dass hieraus keine Erwerbsminderung resultiere. Im Vordergrund stehe die psychische Erkrankung des Klägers. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens von Prof. Dr. Z. wird auf Blatt 152/155 der SG-Akte Bezug genommen.

Der Kläger hat im Anschluss ein ärztliches Attest des Neurologen und Psychiaters S. vom 10. Juni 2013 vorgelegt, in dem dieser an seiner Einschätzung festhält, dass der Kläger voll erwerbsgemindert sei.

Mit Urteil vom 7. Oktober 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf Basis der dort dargestellten rechtlichen Grundlagen erfülle der Kläger nicht die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Nach der Überzeugung der Kammer sei der Kläger mit qualitativen Einschränkungen noch in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Mit diesem Leistungsvermögen sei der Kläger nicht voll erwerbsgemindert. Zu dieser Überzeugung sei das SG auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. Dr. Z. vom 5. Mai 2013 und des Gutachtens von Dr. Sch. vom 26. Oktober 2011 gekommen. Die zum Teil abweichenden Leistungseinschätzungen der behandelnden Ärzte des Klägers vermochten das SG hingegen nicht zu überzeugen.

Nach den Feststellungen von Prof. Dr. Z. habe in Bezug auf die Lymphknoten-Krebserkrankung des Klägers die näher bezeichnete Therapie sehr gut angesprochen, so dass eine komplette Remission habe erzielt werden können. Es habe bei der Untersuchung von Prof. Dr. Z. seinerzeit kein Anhalt für eine Krankheitsaktivität gegeben. Auf dieser Grundlage sei das SG davon überzeugt, dass die Lymphknoten-Krebserkrankung des Klägers zwar vorübergehend zu einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers geführt habe, nicht jedoch zu einer dauerhaften Minderung der Erwerbsfähigkeit. Soweit der behandelnde Neurologe und Psychiater des Klägers, S., wiederholt zum Ausdruck gebracht habe, der Kläger leide weiterhin an einer bösartigen Erkrankung, sei dies in Bezug auf die Lymphknoten-Krebserkrankung durch die aktuell vorliegenden Befunde gerade widerlegt.

In nervenärztlicher Hinsicht habe Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 26. Oktober 2011 für das SG schlüssig und überzeugend dargelegt, dass beim Kläger keine Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Auffassung oder der Konzentration vorgelegen habe. Auch Gedächtnisstörungen hätten sich nicht erheben lassen. Im Antrieb sei der Kläger angemessen gewesen und es habe keine signifikante Antriebsminderung oder gar eine psychomotorische Hemmung bestanden. Er habe in der Grundstimmung allenfalls leicht niedergeschlagen gewirkt, während eine tiefgehende oder vitale depressive Stimmungslage nicht vorgelegen habe. Auch die affektive Resonanzfähigkeit ist nicht eingeschränkt gewesen. Der Kläger habe spontan und authentisch lächeln und lachen können. Auch sein formales Denken sei folgerichtig und nicht verlangsamt gewesen. Auch im Übrigen sei der psychische Befund unauffällig gewesen. Auf der Grundlage dieses psychischen Befundes sei Dr. Sch. für die Kammer schlüssig und überzeugend zum Ergebnis gelangt, dass der Kläger zu leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von acht Stunden täglich weiterhin in der Lage sei. Dem schließe sich das SG nach eigener Urteilsbildung in vollem Umfang an.

Soweit die behandelnden Ärzte des Klägers Dr. H. sowie der Neurologe und Psychiater S. davon ausgingen, der Kläger könne auch leichte Tätigkeiten nicht mehr verrichten, habe dies das SG demgegenüber nicht überzeugt. In Bezug auf die Ausführungen des Nervenarztes S. sei bereits erwähnt worden, dass er bei seiner Einschätzung eine angeblich bösartige Erkrankung des Klägers zugrunde lege, die - wie vorstehend ausgeführt - seinerzeit aber tatsächlich nicht mehr bestanden habe. In Bezug auf die Ausführungen des Internisten Dr. H. sei anzumerken, dass dieser seiner Leistungseinschätzung keinerlei objektiven Befunde zugrunde gelegt habe, sondern ausschließlich die subjektiven Beschwerdeschilderungen des Klägers unreflektiert übernommen habe. Zusammenfassend sei die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger jedenfalls zu leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen noch vollschichtig in der Lage sei. Ihm stehe daher keine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu.

Gegen das am 29. Oktober 2013 den Bevollmächtigten des Klägers zugestellte Urteil hat dieser am 26. November 2013 Berufung einlegen lassen. Zur Begründung hat dieser unter anderem ausgeführt, er habe nach der Begutachtung durch Dr. Sch. von April bis November 2012 eine Chemotherapie durchlebt. Es sei ein Rückfall der chronischen lymphatischen Leukämie zu erwarten, was zu psychischen Belastungen führe. Er sei nicht mehr in der Lage, einen normalen Tagesablauf aufrechtzuerhalten. Er sei sehr erschöpft und schwitze in extremem Maße. Zuletzt kritisierte er den unterschiedlichen Umgang ihn begleitender Töchter bei der jeweiligen Begutachtung.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 7. Oktober 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 7. April 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2010 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat daraufhin Beweis erhoben durch eine sachverständige Zeugeneinvernahme des Internisten und Onkologe Dr. F. sowie des behandelnde Neurologe und Psychiater J. S ...

In seiner Antwort vom 21. Februar 2014 hat Dr. F. den Krankheitsverlauf ausführlich dargestellt. Zuletzt im Januar 2014 habe es weder klinisch noch sonographisch Anhaltspunkte für Rezidive gegeben. Der Kläger leide subjektiv vor allem unter dem Wissen, eine bisher als unheilbar geltenden Krankheit zu haben. Unter den gegebenen Umständen halte er ein psychologisch/ psychiatrisches Gutachten für ausschlaggebender. Aus onkologischer Sicht bestehe derzeit eine stabile Erkrankungssituation, die aber jederzeit auch wieder in eine behandlungsbedürftige Krankheitssituation umschlagen könne. Aufgrund der psychischen Situation halte er eine Arbeitszeit von sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche für illusorisch. Somatischerseits realistischer sei eher eine Arbeitszeit von maximal drei Stunden pro Tag an fünf Tagen in der Woche, wobei allerdings ein psychologisch/ psychiatrisches Gutachten sicher eine korrektere Einschätzung geben könnte.

Der behandelnde Neurologe und Psychiater S. teilte mit Datum vom 5. März 2014 eine regelmäßige Vorstellung des Klägers alle vier Wochen mit. Die festgestellten Diagnosen und die Belastung, an einer unheilbaren, bösartigen Erkrankung zu leiden, führe nach seiner Ansicht dazu, dass der Kläger ohne unmittelbare Gefährdung seiner Gesundheit nicht mehr in der Lage ist, leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben. Aus seiner Sicht sei der Kläger dazu nur noch unter drei Stunden täglich in der Lage.

Ferner hat der Senat Dr. H. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt. Nach der Untersuchung vom 28. Juli 2014 hat dieser sein Gutachten am 30. Juli 2014 erstellt. Auf neurologischem Fachgebiet sei nunmehr eine in der Vorgeschichte beschriebene, auf die Polyneuropathie beziehbare Symptomatik jetzt nicht beklagt worden. Darauf beziehbare Befunde hätte nicht erhoben werden können. Nachdem sich insoweit keine Hinweise auf bestehende relevante funktionelle Leistungseinschränkungen ergeben hätte, sei auf prinzipiell mögliche elektrophysiologische Zusatzuntersuchungen verzichtet worden. Auf psychiatrischem Fachgebiet liege eine depressive Erkrankung vor, wobei sich jetzt eine leichte depressive Episode zeige (ICD 10 F 32.00). Die Stimmungslage sei leicht gedrückt, themenabhängig sei es zu einer deutlichen Auflockerung und einem Lächeln und Lachen gekommen. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei nur diskret reduziert. Die Psychomotorik sei ausreichend lebendig gewesen. Der Antrieb sei leicht reduziert gewesen. Eine mittelgradige oder gar schwere depressive Episode habe nicht vorgelegen. Ein phasenhafter Krankheitsverlauf im Sinne einer rezidivierenden depressiven Störung habe sich nicht herausarbeiten lassen. Die Kriterien für das Vorliegen einer Erkrankung aus dem Spektrum der somatoformen Störungen seien nicht erfüllt worden.

Eine Angsterkrankung im Sinne des Psychiatrischen Klassifikationssystems ICD 10 habe sich ebenso wenig nachweisen lassen wie eine posttraumatische Belastungsstörung. Es zeigten sich auch keine kognitiven Leistungseinschränkungen. Auffassung, Konzentration, Durchhaltevermögen und Gedächtnis wiesen keine Einschränkungen auf. Über die Lebensgeschichte wurde flüssig und konzentriert berichtet. Einem früher aufgetretenen überhöhten Alkoholkonsum komme keine relevante Bedeutung mehr zu. Bei der vorliegenden Krankheit handele es sich um ein psychiatrisches Krankheitsbild und damit letztlich um eine seelische Störung und nicht um "bloße Krankheitsvorstellungen". Die Erkrankung werde nicht vorgetäuscht und sie sei nicht nur in der Untersuchungssituation zu beobachten, sonst aber nicht vorhanden. Sie könne auch nicht bei aller zumutbaren Willensanspannung aus eigener Kraft durch eigene Willensentschlüsse oder unter ärztlicher Mithilfe sogleich oder etwa innerhalb eines halben Jahres ganz oder teilweise überwunden werden. Die Gewährung oder Versagung einer Rente dürfte voraussichtlich wenig Einfluss auf den Krankheitsverlauf nehmen. Der Einfluss der Gewährung oder Versagung einer Rente im Hinblick auf entsprechende Krankheitsverläufe sei wesentlich geringer als man früher angenommen habe.

Es ergäben sich qualitative Leistungseinschränkungen. Eine Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit oder durch Arbeiten unter besonderem Zeitdruck müsse vermieden werden. Dies gelte gleichermaßen für besonders hohe Ansprüche an Auffassung und Konzentration sowie für eine besonders hohe Verantwortung und eine besonders hohe geistige Beanspruchung. Das Letztgenannte sei so zu verstehen, dass vom Kläger Tätigkeiten mit einer das normale Maß deutlich übersteigenden Verantwortung oder mit einer das normale Maß deutlich übersteigenden geistigen Beanspruchung aufgrund der bei ihm vorliegenden Erkrankungen nicht verrichten könnten. Weitere Einschränkungen ergäben sich aus nervenärztlicher Sicht nicht. Bei Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkungen sei der Kläger noch in der Lage, ohne eine unmittelbare Gefährdung der Gesundheit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben.

Besondere Arbeitsbedingungen wie betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Die Gesundheitsstörungen würden auch keine Beschränkungen des Arbeitswegs weder hinsichtlich der Zeitdauer noch der Länge oder der Art des Verkehrsmittels bedingen. Zum Zeitpunkt des Beginns einer etwaigen Leistungsstörung hat der Gutachter Dr. H. darauf hingewiesen, dass sich dies retrospektiv nur schwer präzise feststellen lasse. Nach Aktenlage scheine sich abgesehen von gewissen Fluktuationen im Hinblick auf das Ausmaß des depressiven Symptomatik im Zuge des laufenden Rentenverfahrens keine wesentliche Veränderung ergeben zu haben. Eine derart nachhaltige Besserung sei nicht zu erwarten, mit welcher die skizzierten qualitativen Leistungseinschränkungen voraussichtlich ganz oder teilweise wegfallen würden. Im Grundsatz bestehe Übereinstimmung mit einem Gutteil der Vorbefunde, insbesondere im Hinblick auf das Vorliegen einer depressiven Erkrankung. Es bestehe keine substantielle Abweichung zum Gutachten des Dr. Sch ... Es sei lediglich davon auszugehen, dass die depressive Erkrankung nicht als Folge der chronisch- lymphatischen Leukämie anzusehen sei. Sie liege offensichtlich schon länger vor. Einig sei er mit Dr. Sch., insbesondere auch im Hinblick auf das Fehlen einer quantitativen Leistungsminderung. Insoweit stimme er der Stellungnahme des Herrn S. vom 5. März 2014 nicht zu. Durch Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet ließe sich eine quantitative Leistungsminderung nicht begründen. Insbesondere zeigten sich auch keinerlei kognitive Leistungseinschränkungen und das Durchhaltevermögen sei ungestört.

Mit Schreiben vom 27. August 2014 hat der Kläger, mit solchem vom 27. Oktober 2014 die Beklagte jeweils ein Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 (Sozialgerichtsgesetz) SGG erteilt.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gem. § 124 Abs. 2 SGG im schriftlichen Verfahren entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag des Klägers vom 19. März 2010 ablehnende Bescheid vom 7. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.Oktober 2010. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats gesundheitlich in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten und ist damit nicht voll erwerbsgemindert. Eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens jedenfalls für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf ein unter sechsstündiges Maß ist nicht gegeben. Dies hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung der erhobenen Beweise, insbesondere des Gutachten von Dr. Sch. sowie des Dr. Prof. Dr. Z. nachvollziehbar und ausführlich begründet geschlussfolgert und hierbei schlüssig dargelegt, weshalb der Auffassung des Dr. H. sowie des Nervenarztes S. nicht gefolgt werden kann. Der Senat nimmt auf die diesbezüglichen Ausführungen des SG zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab.

Auch die im Berufungsverfahren ergänzend durchgeführten Ermittlungen haben keine quantitative Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Klägers ergeben. Der Senat stützt sich hierbei maßgeblich auf das ausführliche Sachverständigengutachten von Dr. H ... Gründe, dieses in der Erstellung sowie im Ergebnis zu beanstanden, liegen nicht vor. Auf eine Befragung von Familienangehörigen, die im fachlichen Ermessen des jeweiligen Gutachters steht, kam es nicht an. Es ist Sache des jeweiligen Sachverständigen, die von ihm für erforderlich gehaltenen und gebotenen Untersuchungen und Befragungen vorzunehmen. Dem Ergebnis der Begutachtung folgend besteht lediglich eine leichtgradige depressive Episode. Es besteht somit nach übereinstimmender Auffassung der genannten Sachverständigen zwar eine Einschränkung der psychischen Belastbarkeit für näher bezeichnete qualitative Maßgaben. Eine Reduzierung des quantitativen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes folgt hieraus jedoch nicht.

Der erneut geäußerten Auffassungen des Dr. F. sowie auch des Neurologe und Psychiater S. im Berufungsverfahren kann der Senat in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlich befassten Sachverständigen Dr. Sch. und dem im Berufungsverfahren beauftragten Dr. H. nicht folgen. Dr. F. hat sein Leistungseinschätzung von unter drei Stunden täglich fachfremd mit dem psychiatrischen Fachbereich begründet und hat auf eine hier notwendige Begutachtung verwiesen. Diese Begutachtung im Fachgebiet hat auch im Berufsverfahren die Annahme weitergehender Einschränkungen in quantitativer Hinsicht gerade nicht ergeben. Soweit Dr. F. auch im Jahr 2014 aufgrund des Vorhandenseins der vorhandenen Störungen insgesamt eine zeitliche Leistungseinschränkung annimmt, kann diese somit nicht nachvollzogen werden. Der Empfehlung des behandelnden Nervenarztes S. ist entgegenzuhalten, dass er für die von ihm angenommene Minderung des Leistungsvermögens die onkologische Erkrankung in den Vordergrund rückt. Aus diesem Bereich lassen sich jedoch selbst nach Ansicht des behandelnden Onkologen Dr. F. weitergehende Einschränkungen gerade nicht rechtfertigen. Die bloße, menschlich nachvollziehbare Angst vor einer Verschlechterung der Krankheit ist ohne diagnosefähige Einordnung weder zur Limitierung des Leistungsvermögens noch als Grundlage einer Rentenberechtigung heranzuziehen.

Damit ist der Senat - unter Betrachtung der Gesundheitsstörungen im Einzelnen und auch in deren Zusammenschau - sowie zuletzt auf Basis des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens des Dr. H. zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen in der Lage ist, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten. Damit ist er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.

Aus den genannten, objektivierbaren qualitativen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit ergeben sich zudem weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. dazu BSG vom 11. Mai 1999 - B 13 RJ 71/97 R = SozR 3-2600 § 43 Nr. 21 - Juris Rdnr. 18 ff.) dar. Die beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen, wonach bei dem Kläger Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit oder durch Arbeiten unter besonderem Zeitdruck vermieden werden muss und die Voraussetzungen für besonders hohe Ansprüche an Auffassung und Konzentration sowie für eine besonders hohe Verantwortung und eine besonders hohe geistige Beanspruchung nicht gegeben sind, stellen weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar. Sie sind allenfalls eine Summierung gewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die eine Rentenberechtigung nicht begründet.

Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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