Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 3992/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 417/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 15.12.2011 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtliche Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v. H. in Folge des Arbeitsunfalls vom 23.03.2004 streitig.
Der am 1961 geborene Kläger ist als selbständiger Schornsteinfegermeister tätig und dabei bei der Beklagten versichert. Im Januar 1989 erlitt er einen Unfall, der nicht im Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit stand und der u.a. zu einer kombinierten Kniegelenksverletzung rechts führte (Riss des medialen Seitenbandapparates, Kapselriss, Abriss des vorderen Kreuzbandes - vgl. Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses Öhringen vom Februar 1989, Bl. 54 VA). Die Verletzungen wurden operativ durch eine Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes und eine Naht- und Schraubenfixation des Innenbandes versorgt. Im Dezember 1989 erfolgte eine weitere Arthroskopie, in deren Rahmen Nahtmaterial im Bereich des vorderen Kreuzbandes entfernt wurde. Für die Folgezeit finden sich im von der Beklagten beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers keine weiteren Eintragungen betreffend das rechte Knie (vgl. Bl. 29 VA). Der Kläger blieb diesbezüglich nach eigenen Angaben in der Folgezeit ohne größere Beeinträchtigungen. Er konnte im Anschluss an die Arthroskopie wieder seinen Beruf ausüben; ebenso nahm er wieder das Drachenfliegen und das Skilaufen auf.
Am 31.03.2003 verdrehte sich der Kläger bei seiner Tätigkeit als Schornsteinfeger auf dem Weg zum Auto das rechte Kniegelenk. Im Durchgangsarztbericht vom April 2003 diagnostizierte Prof. Dr. D. , Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfallchirurgie am Marienhospital Stuttgart, eine Kniegelenksdistorsion rechts (Bl. 14a VA). Als Befund erhob er eine einfach positive "vordere Schublade" bei Knieseitenbandstabilität ohne positive Meniskuszeichen, bei freier Funktion und ungestörter Durchblutung, Motorik und Sensibilität. Er brachte einen Salbenverband auf und rezeptierte Voltaren Emulgel und elastische Binden. Der Kläger berichtete, zwei bis drei Wochen nach dem Ereignis sei das Knie wieder in Ordnung gewesen (Bl. 83 SG-Akten).
Am 23.03.2004 rutschte der Kläger beim Heruntersteigen von der Leiter (so D-Arztbericht des Prof. Dr. D. , Bl. 3 VA) bzw. am Bordstein ab (so schriftliche Stellungnahme des Klägers gegenüber der Beklagten im Mai 2005, Bl. 110 Rückseite VA) und verdrehte sich das rechte Knie. Er arbeitete bis zum 07.04.2004 weiter und stellte sich an diesem Tag bei Prof. Dr. D. vor. Dieser befundete einen geringen Kniegelenkserguss mit freier Funktion und einfach positiver vorderer Schublade bei Knieseitenbandstabilität und fehlendem röntgenologischem Nachweis einer frischen knöchernen Verletzung. Wegen persistierender Schmerzen stellte sich der Kläger am 25.06.2004 neuerlich bei Prof. Dr. D. vor (vgl. Zwischenbericht vom Juni 2004, Bl. 16 VA), der am rechten Knie eine leichte vermehrte mediale Aufklappbarkeit, einen negativen Lachmantest, eine negative vordere Schublade sowie diskreten Druckschmerz im medialen Kniegelenksspalt beschrieb. Daraufhin erfolgte am 05.07.2004 eine arthroskopische Innenmeniskusresektion rechts mit Knorpelglättung und Metallentfernung (Entfernung der nach OP 1989 verbliebenen Corticalisschraube). Im OP-Bericht über diesen Eingriff (Bl. 63 VA) wurde über eine klinische Untersuchung des Kniegelenks in Narkose vor der Arthroskopie berichtet. Danach fanden sich stabile Bandverhältnisse. Im Zuge der Operation fanden sich weiterhin ein unauffälliges und stabiles vorderes Kreuzband. Postoperativ wurde ein Innenmeniskushinterhornkorbhenkelriss sowie ein zweitgradiger Knorpelschaden mediale Femurcondyle diagnostiziert. Wegen des Verdachts auf einen Kniegelenksinfekt wurde am 11.07.2004 eine Wundrevision mit Hämatomausräumung sowie eine Kniegelenksspülung durchgeführt. Die bakteriologische Untersuchung bestätigte den Verdacht nicht (vgl. Bl. 26 VA). Ab 13.12.2004 war der Kläger wieder in seinem Beruf in Vollzeit tätig (Bl. 85 VA).
Auf Veranlassung der Beklagten erstellte Prof. Dr. D. auf der Grundlage einer Untersuchung des Klägers im Januar 2005 ein unfallchirurgisches Gutachten (Bl. 79 ff. VA). Er führte aus, das Unfallereignis vom März 2004 sei geeignet gewesen, den beim Kläger vorliegenden Innenmeniskushinterhornkorbhenkelriss im rechten Kniegelenk zu verursachen. Auf Grund der durch diese Verletzung hervorgerufenen Beschwerden sei die Indikation zur diagnostischen Arthroskopie des rechten Kniegelenks gestellt worden. Die postoperativ aufgetretenen Komplikationen auf Grund der Metallentfernung mit daran anschließender operativer Revision mit Hämatomausräumung und Gelenkspülung stehe in eindeutigem Zusammenhang und sei Folge des Unfalls. Nachdem der Kläger vor dem Unfall keinerlei Beschwerden im Bereich des rechten Kniegelenks gehabt habe, seien die aktuellen Beschwerden im Bereich des rechten Kniegelenks in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Unfall vom 23.03.2004 zu sehen (MdE 10 v.H.). Der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. K. , schloss sich dieser Beurteilung an (vgl. Bl. 111 VA). Mit Bescheid vom 19.05.2005 lehnte die Beklagte daraufhin einen Anspruch auf Rente wegen des Unfalls ab (Bl. 118 f. VA). Als Folgen des Versicherungsfalls wurden - rechts - stechende Schmerzen im Kniegelenk sowie Muskelminderung am Oberschenkel nach arthros-kopisch versorgtem Innenmeniskushinterhornkorbhenkeleinriss anerkannt. Nicht anerkannt wurde die kombinierte Verletzung des Kapselbandapparates des rechten Kniegelenkes mit Zerreißung des medialen Seitenbandes, Kapselriss und Abriss des vorderen Kreuzbandes, der zweitgradige Knorpelschaden im Bereich der medialen Femurcondyle sowie retropatellar, jeweils im rechten Kniegelenk, sowie die Retropatellararthrose beidseits.
Der Chirurg Dr. H. teilte in einem Nachschaubericht vom April 2005 mit, der Kläger beklage eine Verschlechterung seiner Kniegelenksfunktionen, eine zunehmende Schmerzhaftigkeit und eine "Giving-way-Symptomatik" (Bl. 106 VA). Es bestehe eine Innenbandinsuffizienz des verletzten Kniegelenks. In einem D-Arztbericht vom Oktober 2005 berichtete Dr. H. über eine jetzt mäßig ausgeprägte vordere Schublade mit Bandinstabilität (Bl. 125 VA). Nachdem der Facharzt für Orthopädie Dr. M. in einem Zwischenbericht vom Juli 2006 über weiterhin progrediente Schmerzen im Bereich des rechten Kniegelenks mit Instabilität des vorderen Kreuzbandes rechts berichtete (Bl. 129 VA), beauftragte die Beklagte ihn mit einer Begutachtung des Klägers. Dr. M. diagnostizierte bei dem Kläger im Gutachten vom November 2006 (Bl. 138 ff. VA) eine traumatische Innenmeniskusläsion des rechten Kniegelenkes mit operativer Innenmeniskusentfernung und unmittelbarem postoperativen Infekt sowie eine traumatisch bedingte Varus- und Retropatellararthrose rechts mit eingetretener sekundärer Lockerung des vorderen Kreuzbandes und des Innenbandes. Es liege eine eindeutige Lockerung des vorderen Kreuzbandes und des Innenbandes vor, wie diese im Vorgutachten vom Januar 2005 nicht feststellbar gewesen sei. Der Kläger sei durch die Unfallfolgen seit dem 04.07.2007 (Erstvorstellung) bis auf Weiteres in seiner Erwerbsfähigkeit mit 20 v.H. gemindert. Es zeige sich bei der Überprüfung der Stabilität im Seitenvergleich eine eindeutige deutliche Lockerung des vorderen Kreuzbandes mit zweifach positivem Lachmantest, positivem Pivot-Shift und insbesondere begleitender eindeutiger Instabilität des Innenbandes rechts. Die ausgeprägte Bandinstabilität des vorderen Kreuzbands und des Innenbands habe sich seit Januar 2005 wohl auf dem Boden des damaligen Infektgeschehens mit sekundärer Bandschädigung entwickelt. In einer beratungsärztlichen Stellungnahme trat Dr. K. dem Gutachten entgegen (Bl. 144 sowie 149 VA). Die Lockerung des vorderen Kreuzbandes und Innenbandes sei Folge des Privatunfalls von 1989. Dr. M. gehe von einem unzutreffenden Sachverhalt aus, nachdem ein Infektgeschehen nach den Unterlagen nicht nachgewiesen sei.
Mit Bescheid vom 26.04.2007 (Bl. 145 ff. VA) lehnte die Beklagte neuerlich die Gewährung von Rente ab, nachdem die MdE auf Grund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Unfalls nicht wenigstens 20 v. H. betrage. Die Lockerung des vorderen Kreuzbandes und des Innenbandes am rechten Kniegelenk sei keine Unfallfolge. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2007 (Bl. 151 ff. VA) wies die Beklagte dann den Widerspruch als unbegründet zurück.
Der Kläger hat hiergegen mit Schreiben vom 06.10.2007, welches am selben Tag bei der Beklagten eingegangen und von dieser zum Sozialgericht Heilbronn weitergeleitet worden ist (dortiger Eingang: 05.11.2007), Klage erhoben. In einem Zwischenbericht vom Dezember 2007 hat Dr. Grützner von einer neuerlichen Meniskusläsion rechts im Gefolge eines Sturzes auf das rechte Knie bei der Arbeit im Dezember 2007 berichtet (Bl. 5 VA 2. Band). Die Anlauf- und Belastungsschmerzen seien bereits wieder rückläufig, ebenso die leichte Schwellung des rechten Kniegelenks. Mit Bescheid vom 25.09.2008 (Bl. 59 ff. VA 2. Band) und Widerspruchsbescheid vom 13.02.2009 hat die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls im Dezember 2007 abgelehnt. Es sei nur zu einer folgenlos ausgeheilten Prellung des rechten Knies mit unfallbedingter Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit bis zum 07.12.2007 gekommen.
Das Sozialgericht Heilbronn hat zunächst eine Begutachtung durch den zwischenzeitlich verstorbenen Chirurgen Dr. G. veranlasst. Dr. G. hat auf Grund einer im April 2008 durchgeführten ambulanten Untersuchung des Klägers bei diesem eine teilweise Insuffizienz des vorderen Kreuzbandes und des Innenbandes des rechten Knies sowie einen Knorpelschaden am medialen Femurkondylus und an der Kniescheibenrückfläche festgestellt. Nach dem Unfall von 1989 sei ein insuffizientes vorderes Kreuzband verblieben, welches als ein entscheidender Faktor für die Entstehung einer Arthrose des Kniegelenks anzusehen sei. Auf Grund der langsam zunehmenden Instabilität des Kniegelenks sei es dann zu den Knieverdrehungen 2003 und 2004 bei jeweils nur geringer Fehlgängigkeit mit dem rechten Bein gekommen. Der heutige Zustand des Kniegelenks sei demnach auf den Unfall von 1989 zurückzuführen. Vor diesem Hintergrund spreche mehr dagegen als dafür, dass der Unfall vom 23.03.2004 eine wesentliche (Teil-)Ur¬sache für den heutigen Zustand des rechten Kniegelenks des Klägers darstelle. Die MdE betrage demgemäß 0 v. H. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 67 ff. SG-Akte verwiesen.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das Sozialgericht weiterhin eine Begutachtung durch Dr. M. , Chirurg und Orthopäde, veranlasst. Dieser ist in seinem Gutachten, beruhend auf einer klinischen und radiologischen Untersuchung des Klägers im Mai 2009, zum Ergebnis gelangt, die relative Instabilität und lockere Bandführung medial am rechten Kniegelenk sei eindeutig durch einen Substanzverlust von Knorpel- und Meniskusgewebe im medialen Kompartiment zu erklären und somit Folge des Unfalls vom 23.03.2004 und nicht der alten Bandverletzung. Die Lockerung des Kniebandapparates sei spätestens ab dem Zeitpunkt der Befundung durch Dr. M. nicht mehr vollständig muskulär kompensierbar gewesen und es habe bereits ab diesem Zeitpunkt eine Gangunsicherheit bestanden. Demgemäß sei ab 11.06.2006 bis zum heutigen Tage und voraussichtlich auf Dauer eine MdE von 20 v. H. anzunehmen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 140 ff. SG-Akte verwiesen.
Mit Urteil vom 15.12.2011 hat das Sozialgericht Heilbronn die Beklagte antragsgemäß verurteilt, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 26.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2007 eine Verletztenrente nach einer MdE i. H. v. 20 v. H. ab dem 12.08.2006 zu gewähren. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, der Substanzverlust des Innenmeniskus mit nachfolgender posttraumatischer Arthrose und relativer medialer Instabilität sei Folge des Arbeitsunfalls des Klägers vom 23.03.2004. Hierzu hat sich das Gericht auf das Gutachten von Dr. M. gestützt, wonach das zwar gelockerte vordere Kreuzband im Juli 2004 noch stabil gewesen und die relative Instabilität und lockere Bandführung medial eindeutig durch einen Substanzverlust von Knorpel- und Meniskusgewebe im Gefolge der Operation nach dem Unfall vom 23.03.2004 eingetreten sei. Ab dem 11.06.2006 sei die Lockerung des Kniebandapparates indes nicht mehr vollständig muskulär kompensierbar gewesen, weshalb eine MdE i. H. v. 20 v. H. ab diesem Zeitpunkt bestanden habe. Analog § 71 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) habe der Kläger nach der von Dr. M. vom 11.06. bis einschließlich 11.08.2006 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit ab 12.08.2006 Anspruch auf Rente in der genannten Höhe.
Gegen das der Beklagten am 04.01.2012 zugestellte Urteil hat diese am 26.01.2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und diese damit begründet, bereits seit dem Freizeitunfall im Jahre 1989 habe beim Kläger eine Lockerung des rechten Kreuzbandes bestanden, wie die ärztlichen Bekundungen über ein positives Schubladenzeichen belegen würden. Der Knorpelschaden sei durch einen Stabilitätsmangel des rechten Knies wegen der Kreuzbandlockerung entstanden. Der bei der Arthroskopie am 05.07.2004 erhobenen Befund eines stabilen vorderen Kreuzbandes rechts sei unzutreffend gewesen, weshalb die Folgen des Unfalls vom 23.03.2004 keine MdE im rentenberechtigendem Grade bedingen würden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 15.12.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In einer vom Senat von Amts wegen veranlassten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme hat Dr. M. an seiner Einschätzung festgehalten. Das vordere Kreuzband sei nach dem Unfall 1989 nicht relevant instabil gewesen; auch habe 2004 kein schwerwiegender Knorpelschaden im Bereich des medialen Kniegelenkkompartiments vorgelegen, weshalb die aktuelle Beeinträchtigung Folge des Substanzdefekts des Innenmeniskus am rechten Kniegelenk in Folge des Unfalls vom 23.03.2004 sei.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht erhoben worden. Der - ausweislich des in der Akte befindlichen Absendevermerks - am 10.09.2007 zur Post gegebene Widerspruchsbescheid gilt gem. § 37 Abs. 3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) am 13.09.2007 als zugestellt. Der gem. § 91 Abs. 1 SGG fristwahrende Klageeingang bei der Beklagten ist am 06.10.2007 und damit innerhalb der Monatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG erfolgt.
Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht ab dem von ihm begehrten Zeitpunkt (12.08.2006) Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu. Der Bescheid vom 26.04.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2007, mit dem die Beklagte ausschließlich über die Gewährung von Verletztenrente entschied und diese ablehnte, ist rechtswidrig. Nicht streitgegenständlich ist dagegen der Bescheid vom 19.05.2005. Soweit die Beklagte bereits mit dieser Entscheidung die Gewährung von Rente wegen des Versicherungsfalles vom 29.03.2004 ablehnte, steht dieser Bescheid einer späteren Rentengewährung nicht entgegen. Denn die Ablehnung einer unbefristeten Leistung stellt keine Regelung mit Dauerwirkung dar (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2007, B 8/9b SO 12/06 R in SozR 4-3500 § 21 Nr. 1).
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 8/06 R), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen auf Grund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Hier ist zwischen den Beteiligten - zu Recht - völlig unstreitig, dass der Kläger am 23.03.2004 einen Arbeitsunfall erlitt. Denn der in Rede stehende Fehltritt mit anschließendem Verdrehen des rechten Kniegelenks ereignete sich in Ausübung der versicherten Tätigkeit. Auf diesen Arbeitsunfall wiederum ist als weiterer Gesundheitsschaden die muskulär nicht mehr kompensierbare Lockerung des Kniebandapparates im rechten Knie ursächlich zurückzuführen, welcher jedenfalls ab 12.08.2006 eine Bewertung mit einer MdE von 20 v.H. rechtfertigt.
Beim Kläger liegt im rechten Kniegelenk eine Lockerung des vorderen Kreuzbandes und des Innenbandes vor. Dies steht zur Überzeugung des Senats auf Grund der übereinstimmenden Beurteilungen des Dr. M. im Verwaltungsverfahren und der beiden im sozialgerichtlichen Verfahren beauftragten Sachverständigen Dr. G. und Dr. M. fest. Diese Lockerung des Kniebandapparates als weiterer, nach dem Arbeitsunfall festgestellter Gesundheitsschaden ist ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ur-sächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Un-fallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheits-schaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Die hier vorzunehmende Kausalitätsprüfung hat somit nach dieser zweistufigen Prüfung zu erfolgen Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.
Der Kläger zog sich durch den Arbeitsunfall vom 23.03.2004 einen Innenmeniskushinterhornkorbhenkeleinriss zu, der eine arthroskopische Versorgung erforderlich machte. Dieser Meniskusschaden, der von sämtlichen behandelnden Ärzten und Sachverständigen mit Ausnahme von Dr. G. dem Arbeitsunfall zugerechnet wurde, steht auf Grund der bestandskräftigen Anerkennung im Bescheid vom 19.07.2005 ("Nach arthroskopisch versorgtem Innenmeniskushinterhornkorbhenkelriss ...") als Primärschaden des Arbeitsunfalls fest. Infolge dieser Meniskusschädigung erfolgte am 05.07.2004 eine arthroskopische Innenmeniskusresektion. Im Rahmen dieses Eingriffs wurde auch die Entfernung der - im Zuge der 1989 erfolgten Operation der Knieverletzung - medial eingebrachten Corticalisschraube mit Unterlegscheibe erforderlich. Dazu musste eine Arthrotomie vorgenommen werden, wie sich dem Operationsbericht vom 05.07.2004 entnehmen lässt. Die Ursächlichkeit der Metallentfernung mit der - auf Grund der beim Arbeitsunfall vom 23.03.2004 hervorgerufenen Verletzung indizierten - diagnostischen Arthroskopie des rechten Kniegelenks stellte bereits Professor Dr. D. in seinem Gutachten fest (vgl. Bl. 90 VA). Der Beratungsarzt Dr. K. und die nachfolgenden weiteren Sachverständigen haben diesen Ursächlichkeitszusammenhang nicht in Zweifel gezogen. Im Zuge des operativen Eingriffs sowie im Gefolge der Operation kam es dann zu einem Substanzverlust von Knorpel- und Meniskusgewebe im medialen Kompartiment, welcher dann zur Lockerung des Kreuzbandes sowie des Innenbandes rechts führte. Der Senat folgt diesbezüglich den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Dr. M. im Gutachten vom Mai 2009 sowie in der im Berufungsverfahren erstatteten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom August 2012. Ein von Dr. M. angenommenes Infektgeschehen, welches zu einer sekundären Bandschädigung führte, lässt sich anhand der vorliegenden Befunde dagegen nicht objektivieren. So ist Dr. G. anhand des OP-Berichts nachvollziehbar von einem weitgehend auf den operativen Zugang und die Wundhöhle beschränkten Infektgeschehen ausgegangen, welches das Kniegelenk selbst, wenn überhaupt, nur gering tangierte. Ein bakterielles Wachstum war nach 48 Stunden nicht nachweisbar. Die deutliche Lockerung des vorderen Kreuzbandes und insbesondere des Innenbandes resultiert vielmehr, so schlüssig und nachvollziehbar Dr. M. , aus dem Substanzverlust des Innenmeniskus nach Operation mit nachfolgender posttraumatischer Arthrose, die bereits Dr. M. in seinem Gutachten für die Beklagte vom Herbst 2006 auf dem Boden der deutlichen Lockerung der Bänder sowie anhand des von ihm gefertigten Röntgenbefundes im Vergleich zu demjenigen im Gutachten des Dr. D. (bei letzterem fanden sich lediglich diskrete Zeichen einer Retropatellararthrose, vgl. Bl. 89 VA) feststellte.
Dr. M. hat weiterhin überzeugend dargelegt, dass, entgegen der Einschätzung von Dr. G. und der Auffassung der Beklagten, eine relevante Instabilität des Kreuzbandes sowie des Innenbandes zum Zeitpunkt des Unfalls im März 2004 (noch) nicht vorlag. Zunächst hat Dr. G. selbst eingeräumt, der Umstand, dass der Kläger nach dem Unfall von 1989, auch ausweislich des Vorerkrankungsverzeichnisses, weitestgehend beschwerdefrei blieb, wieder problemlos seinen Beruf ausüben und wieder aktiv Skilaufen und Drachenfliegen konnte, spreche gegen eine grobe Instabilität im Bereich des rechten Kniegelenkes in dieser Zeit. Sowohl im D-Arztbericht vom April 2003 wie auch demjenigen vom April 2004 berichtete Professor Dr. D. jeweils von einer bestehenden Knieseitenbandstabilität. Zwar befundete Professor Dr. D. zugleich jeweils eine einfach positive "vordere Schublade", ein Zeichen für eine teilweise Lockerung des vorderen Kreuzbandes (Dr. G. ). Der klinische Anschein einer relativen Lockerung des vorderen Kreuzbandes kann, so Dr. M. , indes auch durch eine schmerz- oder anderweitig bedingte Schonung des betroffenen Beines über wenige Wochen, die subjektiv nicht unbedingt als eine solche wahrgenommen wurde, entstehen. Bezeichnenderweise wurde das rechte Kniegelenk im Zwischenbericht vom Juni 2004 von Professor Dr. D. dann wieder als stabil beschrieben. Hier fielen sowohl der Schubladentest wie auch der Lachmantest negativ aus. Entscheidende Bedeutung misst Dr. M. zu Recht dem Ergebnis der Arthroskopie Anfang Juli 2014 bei. Bei dieser zeigte sich das vordere Kreuzband stabil. So wurde im OP-Bericht vom 05.07.2004 von einem unauffälligen und stabilen vorderen Kreuzband und im Rahmen der vor der Arthroskopie in Narkose vorgenommenen klinischen Untersuchung des Kniegelenkes von stabilen Bandverhältnissen insgesamt berichtet. Sowohl Dr. G. wie auch Dr. M. haben übereinstimmend die direkte Stabilitätsprüfung des vorderen Kreuzbandes im Rahmen der Arthroskopie mit direktem Austasten unter entsprechenden Stress als den sogenannten Goldstandard zur Diagnostik bezeichnet. Die Annahme eines gelockerten Bänderapparats im rechten Kniegelenk bereits vor dem Unfallereignis wurde danach - wie Dr. G. selbst eingeräumt hat - eine sehr kritische Würdigung des Operationsberichts über die Arthroskopie i.S. einer unterstellten Falschbefundung erfordern. Hierfür sieht der Senat indes keine Anhaltspunkte - gerade auch, nachdem die klinischen Untersuchungen im Vorfeld die Annahme einer grob fehlerhaften Diagnostik im Rahmen der Arthroskopie nicht zu stützen vermögen.
Dies gilt auch in Ansehung des im Rahmen der Operation gefundenen Knorpelschadens. Zwar stellt ein deutlicher Stabilitätsmangel bei Insuffizienz im vorderen Kreuzband einen entscheidenden Faktor für die Entstehung einer Arthrose im Kniegelenk dar (so auch Dr. M. ). Dr. G. und mit ihm die Beklagte haben deshalb den vorgefundenen Knorpelschaden als Nachweis einer bereits vor dem Unfall vorhanden gewesenen Kreuzbandlockerung auf Grund eines nach dem Unfall von 1989 verbliebenen insuffizienten vorderen Kreuzband gewertet. Eine solche Lockerung lag aber - wie dargelegt - ausweislich des Operationsberichtes tatsächlich nicht vor. Im Übrigen wurde ein erheblicher Knorpelschaden im Bereich des medialen Kniegelenks, welcher als Indiz für eine Kreuzbandlockerung - entgegen dem eindeutigen Ergebnis der Arthroskopie - dienen könnte, im OP-Bericht, so zutreffend Dr. M. , gerade nicht beschrieben. Dort wurde vielmehr ein zweitgradiger Knorpelschaden und eben kein drittgradiger Knorpelschaden dargestellt. Damit lag eine teilweise Knorpelerweichung vor, nicht jedoch ein Substanzdefekt des Knorpels. Solche zweitgradigen Knorpelschäden werden bei Patienten mittleren Alters, die keine diesbezüglichen Beschwerden haben, als altersentsprechende Normalbefunde gewertet (Dr. M. ). Diese Einschätzung wird durch den Befund einer MRT-Untersuchung im Herbst 2007 bestätigt. Dort wurde, über drei Jahre nach dem Arbeitsunfall, ein zweit- bis drittgradiger Knorpelschaden beschrieben, wobei der Knorpelüberzug des Kniegelenks sich im Wesentlichen erhalten zeigte. Dies, so zutreffend Dr. M. , spricht deutlich gegen die Annahme eines schweren Knorpelschadens bereits im Jahre 2004.
Gegen eine relevante Instabilität des Bänderapparats vor dem streitgegenständlichen Unfall spricht weiterhin die von Dr. M. dokumentierte Entwicklung der medialen Gelenksspaltweite des rechten Kniegelenks anhand von Röntgenaufnahmen aus dem Jahr 1992, 1994, 2003, 2004, 2005, 2006, 2007 und 2009. Danach nahm die Gelenksspaltweite im Zeitraum von 1992 bis zum Unfall 2004 nicht wesentlich ab, sondern bewegte sich eindeutig im Bereich der als Normalwert zu betrachtenden ca. fünf Millimeter. Eine entscheidende Veränderung stellte sich vielmehr erst zwischen Januar 2005 (hier noch mit 4,8 mm Normalwert) und Juli 2006 ein; so berichtete Dr. M. 2006 und 2007 von einer medialen Gelenkspaltverschmälerung um ca. ein Drittel. Dr. M. hat im Mai 2009 einen damit korrespondierenden Wert von nur noch 3,5 mm erhoben. Dies bestätigten auch die Nachschauberichte des Dr. Hanselmann. Danach entwickelte sich (erst) ab Anfang 2005 eine Instabilität des Bänderapparats im rechten Knie mit einer "Giving-way-Symptomatik".
Mit dem Sachverständigen Dr. M. geht daher auch der Senat davon aus, dass die Bandverletzungen des Jahres 1989 folgenlos - mit Beschwerdefreiheit über 15 Jahre hinweg - ausheilten und diesen für die Instabilität des Bänderapparates keine (Mit-)Ursächlichkeit zukam. Davon unabhängig lag im Unfallzeitpunkt auch kein erheblicher Knorpelschaden vor. Weitere konkurrierende Ursachen sind nicht ersichtlich, geschweige denn nachgewiesen. Der Unfall vom März 2003 führte lediglich zu einer Kniegelenksdistorsion (Prof. Dr. D. ), die folgenlos ausheilte. Auch das weitere Unfallereignis im Dezember 2007 hat zu keiner richtungsweisenden Befund-ände¬rung geführt. Vielmehr wurde der von Dr. G. und Dr. M. erhobene Befund auch in seiner Ausprägung im Wesentlichen bereits von Dr. M. Ende 2006 festgestellt.
Die damit ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 23.03.2004 zurückgehende Lockerung des vorderen Kreuzbandes und des Innenbandes rechtfertigt jedenfalls ab 12.08.2006 eine Bewertung mit einer MdE von 20 v.H., womit dem Kläger eine Rente in entsprechender Höhe zusteht.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Die Höhe der MdE bei Kniegelenksschäden wird hauptsächlich durch die Verminderung der Beweglichkeit, durch unphysiologische Zunahme der Beweglichkeit (unter anderen Wackelbeweglichkeit) und Schmerzhaftigkeit bestimmt (Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Seite 653). Nach den vorhandenen Erfahrungswerten ist eine Lockerung des Kniebandapparates, welche muskulär nicht kompensiert ist, in ihrem Zustand mit einer MdE von 20 v.H. zu bewerten (Schönberger u.a., a.a.O., S. 655). Bereits Dr. M. stellte in seinem Gutachten eine ausgeprägte Bandinstabilität des vorderen Kreuzbandes und des Innenbandes fest - diese bestand bereits zum Zeitpunkt der ambulanten Erstvorstellung des Klägers bei Dr. M. am 04.07.2006 (vgl. Bl. 129 VA) - und bewertete diese angesichts der dargestellten Erfahrungssätze nachvollziehbar mit einer MdE von 20 v.H ab dem Zeitpunkt der Erstvorstellung. Dieser Beurteilung hat sich Dr. M. in seinem Gutachten angeschlossen. Auch er hat beim Kläger einen Zustand festgestellt, in welchem dieser die Lockerung des Kniebandapparates muskulär nicht mehr kompensieren hat können und eine Gangunsicherheit bestanden hat. Gründe, die, trotz der fehlenden muskulären Kompensation der Lockerung des Kniebandapparates, eine Abweichung von den dargestellten Erfahrungssätzen zulasten des Klägers rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Sonstige Gründe, die eine Rentengewährung ausschließen würden, sind gleichfalls nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte hat die außergerichtliche Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v. H. in Folge des Arbeitsunfalls vom 23.03.2004 streitig.
Der am 1961 geborene Kläger ist als selbständiger Schornsteinfegermeister tätig und dabei bei der Beklagten versichert. Im Januar 1989 erlitt er einen Unfall, der nicht im Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit stand und der u.a. zu einer kombinierten Kniegelenksverletzung rechts führte (Riss des medialen Seitenbandapparates, Kapselriss, Abriss des vorderen Kreuzbandes - vgl. Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses Öhringen vom Februar 1989, Bl. 54 VA). Die Verletzungen wurden operativ durch eine Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes und eine Naht- und Schraubenfixation des Innenbandes versorgt. Im Dezember 1989 erfolgte eine weitere Arthroskopie, in deren Rahmen Nahtmaterial im Bereich des vorderen Kreuzbandes entfernt wurde. Für die Folgezeit finden sich im von der Beklagten beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers keine weiteren Eintragungen betreffend das rechte Knie (vgl. Bl. 29 VA). Der Kläger blieb diesbezüglich nach eigenen Angaben in der Folgezeit ohne größere Beeinträchtigungen. Er konnte im Anschluss an die Arthroskopie wieder seinen Beruf ausüben; ebenso nahm er wieder das Drachenfliegen und das Skilaufen auf.
Am 31.03.2003 verdrehte sich der Kläger bei seiner Tätigkeit als Schornsteinfeger auf dem Weg zum Auto das rechte Kniegelenk. Im Durchgangsarztbericht vom April 2003 diagnostizierte Prof. Dr. D. , Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfallchirurgie am Marienhospital Stuttgart, eine Kniegelenksdistorsion rechts (Bl. 14a VA). Als Befund erhob er eine einfach positive "vordere Schublade" bei Knieseitenbandstabilität ohne positive Meniskuszeichen, bei freier Funktion und ungestörter Durchblutung, Motorik und Sensibilität. Er brachte einen Salbenverband auf und rezeptierte Voltaren Emulgel und elastische Binden. Der Kläger berichtete, zwei bis drei Wochen nach dem Ereignis sei das Knie wieder in Ordnung gewesen (Bl. 83 SG-Akten).
Am 23.03.2004 rutschte der Kläger beim Heruntersteigen von der Leiter (so D-Arztbericht des Prof. Dr. D. , Bl. 3 VA) bzw. am Bordstein ab (so schriftliche Stellungnahme des Klägers gegenüber der Beklagten im Mai 2005, Bl. 110 Rückseite VA) und verdrehte sich das rechte Knie. Er arbeitete bis zum 07.04.2004 weiter und stellte sich an diesem Tag bei Prof. Dr. D. vor. Dieser befundete einen geringen Kniegelenkserguss mit freier Funktion und einfach positiver vorderer Schublade bei Knieseitenbandstabilität und fehlendem röntgenologischem Nachweis einer frischen knöchernen Verletzung. Wegen persistierender Schmerzen stellte sich der Kläger am 25.06.2004 neuerlich bei Prof. Dr. D. vor (vgl. Zwischenbericht vom Juni 2004, Bl. 16 VA), der am rechten Knie eine leichte vermehrte mediale Aufklappbarkeit, einen negativen Lachmantest, eine negative vordere Schublade sowie diskreten Druckschmerz im medialen Kniegelenksspalt beschrieb. Daraufhin erfolgte am 05.07.2004 eine arthroskopische Innenmeniskusresektion rechts mit Knorpelglättung und Metallentfernung (Entfernung der nach OP 1989 verbliebenen Corticalisschraube). Im OP-Bericht über diesen Eingriff (Bl. 63 VA) wurde über eine klinische Untersuchung des Kniegelenks in Narkose vor der Arthroskopie berichtet. Danach fanden sich stabile Bandverhältnisse. Im Zuge der Operation fanden sich weiterhin ein unauffälliges und stabiles vorderes Kreuzband. Postoperativ wurde ein Innenmeniskushinterhornkorbhenkelriss sowie ein zweitgradiger Knorpelschaden mediale Femurcondyle diagnostiziert. Wegen des Verdachts auf einen Kniegelenksinfekt wurde am 11.07.2004 eine Wundrevision mit Hämatomausräumung sowie eine Kniegelenksspülung durchgeführt. Die bakteriologische Untersuchung bestätigte den Verdacht nicht (vgl. Bl. 26 VA). Ab 13.12.2004 war der Kläger wieder in seinem Beruf in Vollzeit tätig (Bl. 85 VA).
Auf Veranlassung der Beklagten erstellte Prof. Dr. D. auf der Grundlage einer Untersuchung des Klägers im Januar 2005 ein unfallchirurgisches Gutachten (Bl. 79 ff. VA). Er führte aus, das Unfallereignis vom März 2004 sei geeignet gewesen, den beim Kläger vorliegenden Innenmeniskushinterhornkorbhenkelriss im rechten Kniegelenk zu verursachen. Auf Grund der durch diese Verletzung hervorgerufenen Beschwerden sei die Indikation zur diagnostischen Arthroskopie des rechten Kniegelenks gestellt worden. Die postoperativ aufgetretenen Komplikationen auf Grund der Metallentfernung mit daran anschließender operativer Revision mit Hämatomausräumung und Gelenkspülung stehe in eindeutigem Zusammenhang und sei Folge des Unfalls. Nachdem der Kläger vor dem Unfall keinerlei Beschwerden im Bereich des rechten Kniegelenks gehabt habe, seien die aktuellen Beschwerden im Bereich des rechten Kniegelenks in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Unfall vom 23.03.2004 zu sehen (MdE 10 v.H.). Der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. K. , schloss sich dieser Beurteilung an (vgl. Bl. 111 VA). Mit Bescheid vom 19.05.2005 lehnte die Beklagte daraufhin einen Anspruch auf Rente wegen des Unfalls ab (Bl. 118 f. VA). Als Folgen des Versicherungsfalls wurden - rechts - stechende Schmerzen im Kniegelenk sowie Muskelminderung am Oberschenkel nach arthros-kopisch versorgtem Innenmeniskushinterhornkorbhenkeleinriss anerkannt. Nicht anerkannt wurde die kombinierte Verletzung des Kapselbandapparates des rechten Kniegelenkes mit Zerreißung des medialen Seitenbandes, Kapselriss und Abriss des vorderen Kreuzbandes, der zweitgradige Knorpelschaden im Bereich der medialen Femurcondyle sowie retropatellar, jeweils im rechten Kniegelenk, sowie die Retropatellararthrose beidseits.
Der Chirurg Dr. H. teilte in einem Nachschaubericht vom April 2005 mit, der Kläger beklage eine Verschlechterung seiner Kniegelenksfunktionen, eine zunehmende Schmerzhaftigkeit und eine "Giving-way-Symptomatik" (Bl. 106 VA). Es bestehe eine Innenbandinsuffizienz des verletzten Kniegelenks. In einem D-Arztbericht vom Oktober 2005 berichtete Dr. H. über eine jetzt mäßig ausgeprägte vordere Schublade mit Bandinstabilität (Bl. 125 VA). Nachdem der Facharzt für Orthopädie Dr. M. in einem Zwischenbericht vom Juli 2006 über weiterhin progrediente Schmerzen im Bereich des rechten Kniegelenks mit Instabilität des vorderen Kreuzbandes rechts berichtete (Bl. 129 VA), beauftragte die Beklagte ihn mit einer Begutachtung des Klägers. Dr. M. diagnostizierte bei dem Kläger im Gutachten vom November 2006 (Bl. 138 ff. VA) eine traumatische Innenmeniskusläsion des rechten Kniegelenkes mit operativer Innenmeniskusentfernung und unmittelbarem postoperativen Infekt sowie eine traumatisch bedingte Varus- und Retropatellararthrose rechts mit eingetretener sekundärer Lockerung des vorderen Kreuzbandes und des Innenbandes. Es liege eine eindeutige Lockerung des vorderen Kreuzbandes und des Innenbandes vor, wie diese im Vorgutachten vom Januar 2005 nicht feststellbar gewesen sei. Der Kläger sei durch die Unfallfolgen seit dem 04.07.2007 (Erstvorstellung) bis auf Weiteres in seiner Erwerbsfähigkeit mit 20 v.H. gemindert. Es zeige sich bei der Überprüfung der Stabilität im Seitenvergleich eine eindeutige deutliche Lockerung des vorderen Kreuzbandes mit zweifach positivem Lachmantest, positivem Pivot-Shift und insbesondere begleitender eindeutiger Instabilität des Innenbandes rechts. Die ausgeprägte Bandinstabilität des vorderen Kreuzbands und des Innenbands habe sich seit Januar 2005 wohl auf dem Boden des damaligen Infektgeschehens mit sekundärer Bandschädigung entwickelt. In einer beratungsärztlichen Stellungnahme trat Dr. K. dem Gutachten entgegen (Bl. 144 sowie 149 VA). Die Lockerung des vorderen Kreuzbandes und Innenbandes sei Folge des Privatunfalls von 1989. Dr. M. gehe von einem unzutreffenden Sachverhalt aus, nachdem ein Infektgeschehen nach den Unterlagen nicht nachgewiesen sei.
Mit Bescheid vom 26.04.2007 (Bl. 145 ff. VA) lehnte die Beklagte neuerlich die Gewährung von Rente ab, nachdem die MdE auf Grund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Unfalls nicht wenigstens 20 v. H. betrage. Die Lockerung des vorderen Kreuzbandes und des Innenbandes am rechten Kniegelenk sei keine Unfallfolge. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2007 (Bl. 151 ff. VA) wies die Beklagte dann den Widerspruch als unbegründet zurück.
Der Kläger hat hiergegen mit Schreiben vom 06.10.2007, welches am selben Tag bei der Beklagten eingegangen und von dieser zum Sozialgericht Heilbronn weitergeleitet worden ist (dortiger Eingang: 05.11.2007), Klage erhoben. In einem Zwischenbericht vom Dezember 2007 hat Dr. Grützner von einer neuerlichen Meniskusläsion rechts im Gefolge eines Sturzes auf das rechte Knie bei der Arbeit im Dezember 2007 berichtet (Bl. 5 VA 2. Band). Die Anlauf- und Belastungsschmerzen seien bereits wieder rückläufig, ebenso die leichte Schwellung des rechten Kniegelenks. Mit Bescheid vom 25.09.2008 (Bl. 59 ff. VA 2. Band) und Widerspruchsbescheid vom 13.02.2009 hat die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls im Dezember 2007 abgelehnt. Es sei nur zu einer folgenlos ausgeheilten Prellung des rechten Knies mit unfallbedingter Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit bis zum 07.12.2007 gekommen.
Das Sozialgericht Heilbronn hat zunächst eine Begutachtung durch den zwischenzeitlich verstorbenen Chirurgen Dr. G. veranlasst. Dr. G. hat auf Grund einer im April 2008 durchgeführten ambulanten Untersuchung des Klägers bei diesem eine teilweise Insuffizienz des vorderen Kreuzbandes und des Innenbandes des rechten Knies sowie einen Knorpelschaden am medialen Femurkondylus und an der Kniescheibenrückfläche festgestellt. Nach dem Unfall von 1989 sei ein insuffizientes vorderes Kreuzband verblieben, welches als ein entscheidender Faktor für die Entstehung einer Arthrose des Kniegelenks anzusehen sei. Auf Grund der langsam zunehmenden Instabilität des Kniegelenks sei es dann zu den Knieverdrehungen 2003 und 2004 bei jeweils nur geringer Fehlgängigkeit mit dem rechten Bein gekommen. Der heutige Zustand des Kniegelenks sei demnach auf den Unfall von 1989 zurückzuführen. Vor diesem Hintergrund spreche mehr dagegen als dafür, dass der Unfall vom 23.03.2004 eine wesentliche (Teil-)Ur¬sache für den heutigen Zustand des rechten Kniegelenks des Klägers darstelle. Die MdE betrage demgemäß 0 v. H. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 67 ff. SG-Akte verwiesen.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das Sozialgericht weiterhin eine Begutachtung durch Dr. M. , Chirurg und Orthopäde, veranlasst. Dieser ist in seinem Gutachten, beruhend auf einer klinischen und radiologischen Untersuchung des Klägers im Mai 2009, zum Ergebnis gelangt, die relative Instabilität und lockere Bandführung medial am rechten Kniegelenk sei eindeutig durch einen Substanzverlust von Knorpel- und Meniskusgewebe im medialen Kompartiment zu erklären und somit Folge des Unfalls vom 23.03.2004 und nicht der alten Bandverletzung. Die Lockerung des Kniebandapparates sei spätestens ab dem Zeitpunkt der Befundung durch Dr. M. nicht mehr vollständig muskulär kompensierbar gewesen und es habe bereits ab diesem Zeitpunkt eine Gangunsicherheit bestanden. Demgemäß sei ab 11.06.2006 bis zum heutigen Tage und voraussichtlich auf Dauer eine MdE von 20 v. H. anzunehmen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 140 ff. SG-Akte verwiesen.
Mit Urteil vom 15.12.2011 hat das Sozialgericht Heilbronn die Beklagte antragsgemäß verurteilt, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 26.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2007 eine Verletztenrente nach einer MdE i. H. v. 20 v. H. ab dem 12.08.2006 zu gewähren. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, der Substanzverlust des Innenmeniskus mit nachfolgender posttraumatischer Arthrose und relativer medialer Instabilität sei Folge des Arbeitsunfalls des Klägers vom 23.03.2004. Hierzu hat sich das Gericht auf das Gutachten von Dr. M. gestützt, wonach das zwar gelockerte vordere Kreuzband im Juli 2004 noch stabil gewesen und die relative Instabilität und lockere Bandführung medial eindeutig durch einen Substanzverlust von Knorpel- und Meniskusgewebe im Gefolge der Operation nach dem Unfall vom 23.03.2004 eingetreten sei. Ab dem 11.06.2006 sei die Lockerung des Kniebandapparates indes nicht mehr vollständig muskulär kompensierbar gewesen, weshalb eine MdE i. H. v. 20 v. H. ab diesem Zeitpunkt bestanden habe. Analog § 71 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) habe der Kläger nach der von Dr. M. vom 11.06. bis einschließlich 11.08.2006 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit ab 12.08.2006 Anspruch auf Rente in der genannten Höhe.
Gegen das der Beklagten am 04.01.2012 zugestellte Urteil hat diese am 26.01.2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und diese damit begründet, bereits seit dem Freizeitunfall im Jahre 1989 habe beim Kläger eine Lockerung des rechten Kreuzbandes bestanden, wie die ärztlichen Bekundungen über ein positives Schubladenzeichen belegen würden. Der Knorpelschaden sei durch einen Stabilitätsmangel des rechten Knies wegen der Kreuzbandlockerung entstanden. Der bei der Arthroskopie am 05.07.2004 erhobenen Befund eines stabilen vorderen Kreuzbandes rechts sei unzutreffend gewesen, weshalb die Folgen des Unfalls vom 23.03.2004 keine MdE im rentenberechtigendem Grade bedingen würden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 15.12.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In einer vom Senat von Amts wegen veranlassten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme hat Dr. M. an seiner Einschätzung festgehalten. Das vordere Kreuzband sei nach dem Unfall 1989 nicht relevant instabil gewesen; auch habe 2004 kein schwerwiegender Knorpelschaden im Bereich des medialen Kniegelenkkompartiments vorgelegen, weshalb die aktuelle Beeinträchtigung Folge des Substanzdefekts des Innenmeniskus am rechten Kniegelenk in Folge des Unfalls vom 23.03.2004 sei.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht erhoben worden. Der - ausweislich des in der Akte befindlichen Absendevermerks - am 10.09.2007 zur Post gegebene Widerspruchsbescheid gilt gem. § 37 Abs. 3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) am 13.09.2007 als zugestellt. Der gem. § 91 Abs. 1 SGG fristwahrende Klageeingang bei der Beklagten ist am 06.10.2007 und damit innerhalb der Monatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG erfolgt.
Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht ab dem von ihm begehrten Zeitpunkt (12.08.2006) Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu. Der Bescheid vom 26.04.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2007, mit dem die Beklagte ausschließlich über die Gewährung von Verletztenrente entschied und diese ablehnte, ist rechtswidrig. Nicht streitgegenständlich ist dagegen der Bescheid vom 19.05.2005. Soweit die Beklagte bereits mit dieser Entscheidung die Gewährung von Rente wegen des Versicherungsfalles vom 29.03.2004 ablehnte, steht dieser Bescheid einer späteren Rentengewährung nicht entgegen. Denn die Ablehnung einer unbefristeten Leistung stellt keine Regelung mit Dauerwirkung dar (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2007, B 8/9b SO 12/06 R in SozR 4-3500 § 21 Nr. 1).
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 8/06 R), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen auf Grund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Hier ist zwischen den Beteiligten - zu Recht - völlig unstreitig, dass der Kläger am 23.03.2004 einen Arbeitsunfall erlitt. Denn der in Rede stehende Fehltritt mit anschließendem Verdrehen des rechten Kniegelenks ereignete sich in Ausübung der versicherten Tätigkeit. Auf diesen Arbeitsunfall wiederum ist als weiterer Gesundheitsschaden die muskulär nicht mehr kompensierbare Lockerung des Kniebandapparates im rechten Knie ursächlich zurückzuführen, welcher jedenfalls ab 12.08.2006 eine Bewertung mit einer MdE von 20 v.H. rechtfertigt.
Beim Kläger liegt im rechten Kniegelenk eine Lockerung des vorderen Kreuzbandes und des Innenbandes vor. Dies steht zur Überzeugung des Senats auf Grund der übereinstimmenden Beurteilungen des Dr. M. im Verwaltungsverfahren und der beiden im sozialgerichtlichen Verfahren beauftragten Sachverständigen Dr. G. und Dr. M. fest. Diese Lockerung des Kniebandapparates als weiterer, nach dem Arbeitsunfall festgestellter Gesundheitsschaden ist ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ur-sächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Un-fallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheits-schaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Die hier vorzunehmende Kausalitätsprüfung hat somit nach dieser zweistufigen Prüfung zu erfolgen Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.
Der Kläger zog sich durch den Arbeitsunfall vom 23.03.2004 einen Innenmeniskushinterhornkorbhenkeleinriss zu, der eine arthroskopische Versorgung erforderlich machte. Dieser Meniskusschaden, der von sämtlichen behandelnden Ärzten und Sachverständigen mit Ausnahme von Dr. G. dem Arbeitsunfall zugerechnet wurde, steht auf Grund der bestandskräftigen Anerkennung im Bescheid vom 19.07.2005 ("Nach arthroskopisch versorgtem Innenmeniskushinterhornkorbhenkelriss ...") als Primärschaden des Arbeitsunfalls fest. Infolge dieser Meniskusschädigung erfolgte am 05.07.2004 eine arthroskopische Innenmeniskusresektion. Im Rahmen dieses Eingriffs wurde auch die Entfernung der - im Zuge der 1989 erfolgten Operation der Knieverletzung - medial eingebrachten Corticalisschraube mit Unterlegscheibe erforderlich. Dazu musste eine Arthrotomie vorgenommen werden, wie sich dem Operationsbericht vom 05.07.2004 entnehmen lässt. Die Ursächlichkeit der Metallentfernung mit der - auf Grund der beim Arbeitsunfall vom 23.03.2004 hervorgerufenen Verletzung indizierten - diagnostischen Arthroskopie des rechten Kniegelenks stellte bereits Professor Dr. D. in seinem Gutachten fest (vgl. Bl. 90 VA). Der Beratungsarzt Dr. K. und die nachfolgenden weiteren Sachverständigen haben diesen Ursächlichkeitszusammenhang nicht in Zweifel gezogen. Im Zuge des operativen Eingriffs sowie im Gefolge der Operation kam es dann zu einem Substanzverlust von Knorpel- und Meniskusgewebe im medialen Kompartiment, welcher dann zur Lockerung des Kreuzbandes sowie des Innenbandes rechts führte. Der Senat folgt diesbezüglich den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Dr. M. im Gutachten vom Mai 2009 sowie in der im Berufungsverfahren erstatteten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom August 2012. Ein von Dr. M. angenommenes Infektgeschehen, welches zu einer sekundären Bandschädigung führte, lässt sich anhand der vorliegenden Befunde dagegen nicht objektivieren. So ist Dr. G. anhand des OP-Berichts nachvollziehbar von einem weitgehend auf den operativen Zugang und die Wundhöhle beschränkten Infektgeschehen ausgegangen, welches das Kniegelenk selbst, wenn überhaupt, nur gering tangierte. Ein bakterielles Wachstum war nach 48 Stunden nicht nachweisbar. Die deutliche Lockerung des vorderen Kreuzbandes und insbesondere des Innenbandes resultiert vielmehr, so schlüssig und nachvollziehbar Dr. M. , aus dem Substanzverlust des Innenmeniskus nach Operation mit nachfolgender posttraumatischer Arthrose, die bereits Dr. M. in seinem Gutachten für die Beklagte vom Herbst 2006 auf dem Boden der deutlichen Lockerung der Bänder sowie anhand des von ihm gefertigten Röntgenbefundes im Vergleich zu demjenigen im Gutachten des Dr. D. (bei letzterem fanden sich lediglich diskrete Zeichen einer Retropatellararthrose, vgl. Bl. 89 VA) feststellte.
Dr. M. hat weiterhin überzeugend dargelegt, dass, entgegen der Einschätzung von Dr. G. und der Auffassung der Beklagten, eine relevante Instabilität des Kreuzbandes sowie des Innenbandes zum Zeitpunkt des Unfalls im März 2004 (noch) nicht vorlag. Zunächst hat Dr. G. selbst eingeräumt, der Umstand, dass der Kläger nach dem Unfall von 1989, auch ausweislich des Vorerkrankungsverzeichnisses, weitestgehend beschwerdefrei blieb, wieder problemlos seinen Beruf ausüben und wieder aktiv Skilaufen und Drachenfliegen konnte, spreche gegen eine grobe Instabilität im Bereich des rechten Kniegelenkes in dieser Zeit. Sowohl im D-Arztbericht vom April 2003 wie auch demjenigen vom April 2004 berichtete Professor Dr. D. jeweils von einer bestehenden Knieseitenbandstabilität. Zwar befundete Professor Dr. D. zugleich jeweils eine einfach positive "vordere Schublade", ein Zeichen für eine teilweise Lockerung des vorderen Kreuzbandes (Dr. G. ). Der klinische Anschein einer relativen Lockerung des vorderen Kreuzbandes kann, so Dr. M. , indes auch durch eine schmerz- oder anderweitig bedingte Schonung des betroffenen Beines über wenige Wochen, die subjektiv nicht unbedingt als eine solche wahrgenommen wurde, entstehen. Bezeichnenderweise wurde das rechte Kniegelenk im Zwischenbericht vom Juni 2004 von Professor Dr. D. dann wieder als stabil beschrieben. Hier fielen sowohl der Schubladentest wie auch der Lachmantest negativ aus. Entscheidende Bedeutung misst Dr. M. zu Recht dem Ergebnis der Arthroskopie Anfang Juli 2014 bei. Bei dieser zeigte sich das vordere Kreuzband stabil. So wurde im OP-Bericht vom 05.07.2004 von einem unauffälligen und stabilen vorderen Kreuzband und im Rahmen der vor der Arthroskopie in Narkose vorgenommenen klinischen Untersuchung des Kniegelenkes von stabilen Bandverhältnissen insgesamt berichtet. Sowohl Dr. G. wie auch Dr. M. haben übereinstimmend die direkte Stabilitätsprüfung des vorderen Kreuzbandes im Rahmen der Arthroskopie mit direktem Austasten unter entsprechenden Stress als den sogenannten Goldstandard zur Diagnostik bezeichnet. Die Annahme eines gelockerten Bänderapparats im rechten Kniegelenk bereits vor dem Unfallereignis wurde danach - wie Dr. G. selbst eingeräumt hat - eine sehr kritische Würdigung des Operationsberichts über die Arthroskopie i.S. einer unterstellten Falschbefundung erfordern. Hierfür sieht der Senat indes keine Anhaltspunkte - gerade auch, nachdem die klinischen Untersuchungen im Vorfeld die Annahme einer grob fehlerhaften Diagnostik im Rahmen der Arthroskopie nicht zu stützen vermögen.
Dies gilt auch in Ansehung des im Rahmen der Operation gefundenen Knorpelschadens. Zwar stellt ein deutlicher Stabilitätsmangel bei Insuffizienz im vorderen Kreuzband einen entscheidenden Faktor für die Entstehung einer Arthrose im Kniegelenk dar (so auch Dr. M. ). Dr. G. und mit ihm die Beklagte haben deshalb den vorgefundenen Knorpelschaden als Nachweis einer bereits vor dem Unfall vorhanden gewesenen Kreuzbandlockerung auf Grund eines nach dem Unfall von 1989 verbliebenen insuffizienten vorderen Kreuzband gewertet. Eine solche Lockerung lag aber - wie dargelegt - ausweislich des Operationsberichtes tatsächlich nicht vor. Im Übrigen wurde ein erheblicher Knorpelschaden im Bereich des medialen Kniegelenks, welcher als Indiz für eine Kreuzbandlockerung - entgegen dem eindeutigen Ergebnis der Arthroskopie - dienen könnte, im OP-Bericht, so zutreffend Dr. M. , gerade nicht beschrieben. Dort wurde vielmehr ein zweitgradiger Knorpelschaden und eben kein drittgradiger Knorpelschaden dargestellt. Damit lag eine teilweise Knorpelerweichung vor, nicht jedoch ein Substanzdefekt des Knorpels. Solche zweitgradigen Knorpelschäden werden bei Patienten mittleren Alters, die keine diesbezüglichen Beschwerden haben, als altersentsprechende Normalbefunde gewertet (Dr. M. ). Diese Einschätzung wird durch den Befund einer MRT-Untersuchung im Herbst 2007 bestätigt. Dort wurde, über drei Jahre nach dem Arbeitsunfall, ein zweit- bis drittgradiger Knorpelschaden beschrieben, wobei der Knorpelüberzug des Kniegelenks sich im Wesentlichen erhalten zeigte. Dies, so zutreffend Dr. M. , spricht deutlich gegen die Annahme eines schweren Knorpelschadens bereits im Jahre 2004.
Gegen eine relevante Instabilität des Bänderapparats vor dem streitgegenständlichen Unfall spricht weiterhin die von Dr. M. dokumentierte Entwicklung der medialen Gelenksspaltweite des rechten Kniegelenks anhand von Röntgenaufnahmen aus dem Jahr 1992, 1994, 2003, 2004, 2005, 2006, 2007 und 2009. Danach nahm die Gelenksspaltweite im Zeitraum von 1992 bis zum Unfall 2004 nicht wesentlich ab, sondern bewegte sich eindeutig im Bereich der als Normalwert zu betrachtenden ca. fünf Millimeter. Eine entscheidende Veränderung stellte sich vielmehr erst zwischen Januar 2005 (hier noch mit 4,8 mm Normalwert) und Juli 2006 ein; so berichtete Dr. M. 2006 und 2007 von einer medialen Gelenkspaltverschmälerung um ca. ein Drittel. Dr. M. hat im Mai 2009 einen damit korrespondierenden Wert von nur noch 3,5 mm erhoben. Dies bestätigten auch die Nachschauberichte des Dr. Hanselmann. Danach entwickelte sich (erst) ab Anfang 2005 eine Instabilität des Bänderapparats im rechten Knie mit einer "Giving-way-Symptomatik".
Mit dem Sachverständigen Dr. M. geht daher auch der Senat davon aus, dass die Bandverletzungen des Jahres 1989 folgenlos - mit Beschwerdefreiheit über 15 Jahre hinweg - ausheilten und diesen für die Instabilität des Bänderapparates keine (Mit-)Ursächlichkeit zukam. Davon unabhängig lag im Unfallzeitpunkt auch kein erheblicher Knorpelschaden vor. Weitere konkurrierende Ursachen sind nicht ersichtlich, geschweige denn nachgewiesen. Der Unfall vom März 2003 führte lediglich zu einer Kniegelenksdistorsion (Prof. Dr. D. ), die folgenlos ausheilte. Auch das weitere Unfallereignis im Dezember 2007 hat zu keiner richtungsweisenden Befund-ände¬rung geführt. Vielmehr wurde der von Dr. G. und Dr. M. erhobene Befund auch in seiner Ausprägung im Wesentlichen bereits von Dr. M. Ende 2006 festgestellt.
Die damit ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 23.03.2004 zurückgehende Lockerung des vorderen Kreuzbandes und des Innenbandes rechtfertigt jedenfalls ab 12.08.2006 eine Bewertung mit einer MdE von 20 v.H., womit dem Kläger eine Rente in entsprechender Höhe zusteht.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Die Höhe der MdE bei Kniegelenksschäden wird hauptsächlich durch die Verminderung der Beweglichkeit, durch unphysiologische Zunahme der Beweglichkeit (unter anderen Wackelbeweglichkeit) und Schmerzhaftigkeit bestimmt (Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Seite 653). Nach den vorhandenen Erfahrungswerten ist eine Lockerung des Kniebandapparates, welche muskulär nicht kompensiert ist, in ihrem Zustand mit einer MdE von 20 v.H. zu bewerten (Schönberger u.a., a.a.O., S. 655). Bereits Dr. M. stellte in seinem Gutachten eine ausgeprägte Bandinstabilität des vorderen Kreuzbandes und des Innenbandes fest - diese bestand bereits zum Zeitpunkt der ambulanten Erstvorstellung des Klägers bei Dr. M. am 04.07.2006 (vgl. Bl. 129 VA) - und bewertete diese angesichts der dargestellten Erfahrungssätze nachvollziehbar mit einer MdE von 20 v.H ab dem Zeitpunkt der Erstvorstellung. Dieser Beurteilung hat sich Dr. M. in seinem Gutachten angeschlossen. Auch er hat beim Kläger einen Zustand festgestellt, in welchem dieser die Lockerung des Kniebandapparates muskulär nicht mehr kompensieren hat können und eine Gangunsicherheit bestanden hat. Gründe, die, trotz der fehlenden muskulären Kompensation der Lockerung des Kniebandapparates, eine Abweichung von den dargestellten Erfahrungssätzen zulasten des Klägers rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Sonstige Gründe, die eine Rentengewährung ausschließen würden, sind gleichfalls nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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