L 13 AS 1534/15 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 466/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1534/15 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegner wird der Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. April 2015 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerden des Antragstellers und des Antragsgegners sind statthaft sowie auch frist- und formgerecht (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegt worden. Die Beschwerde des Antragsgegners ist auch begründet, die des Antragstellers hat keinen Erfolg.

Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung und die Verpflichtung des Antragsgegners, ihm im strittigen Zeitraum vorläufig und vor der Entscheidung in der Hauptsache Leistungen der Grundsicherung zu gewähren.

Das Sozialgericht Reutlingen (SG) hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die Beurteilung des Sachverhalts - § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sowie §§ 7, 9 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - und die in diesem Zusammenhang einschlägige Rechtsprechung dargelegt. Der Senat sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben hat das SG den Antragsgegner zu Unrecht verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Leistungen der Grundsicherung zu gewähren.

Die im Rahmen des Verfahrens über den vorläufigen Rechtsschutz vorzunehmende Prüfung ergibt, dass nach Würdigung aller Unterlagen und des Vorbringens der Beteiligten ein Anordnungsanspruch des Antragstellers auf die begehrte Leistung nicht, auch nicht im vom SG zugesprochenen Umfang, glaubhaft gemacht ist.

Zunächst ist festzustellen, dass nach dem derzeitigen Sachstand unter Würdigung aller Umstände vom Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und Frau H. (H.) auszugehen ist.

Der Antragsteller und H. leben seit mindestens Dezember 2010 zusammen. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist davon auszugehen, dass jedenfalls im hier streitigen Zeitraum eine Begriff Bedarfsgemeinschaft im Sinne des §§ 7 SGB II besteht.

Auch wenn die im Vergleich vom 30. Juni 2014 erfolgte Außerstreitstellung und die daraus nach dem Inhalt des Vergleiches, dem H. zugestimmt hat, vereinbarungsgemäß zu ziehende rechtliche Wertung des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft keine dauerhafte Bindung an die erforderliche Feststellung des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft begründen können dürfte, stellt die Einräumung dieser Gegebenheiten ein Indiz dafür dar, dass ein partnerschaftliches Zusammenleben in einem Haushalt zur Zeit des Vergleichsabschlusses bestand und - mangels objektiver erkennbarer Änderung- auch noch fortbesteht. Insbesondere ist der Antragsteller entgegen aller bekundeter Absichten bislang nicht aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Der Senat schließt sich insofern auch unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren vom Antragsteller vorgetragenen Einwände - den Ausführungen des SG, auch zu den weiteren Indizien uneingeschränkt an. Ergänzend kommt hinzu, dass der Antragsteller nach seinem Bekunden über keinen eigenen Hausrat verfügt, mithin den der H. mitbenutzt, womit ein weiteres Indiz für eine partnerschaftliche Zusammenleben in einem Haushalt besteht. Allein dessen Bestreiten durch den Antragsteller und die Angaben der H. führt nicht dazu, dass ein partnerschaftlicher Zusammenleben in einem Haushalt nicht (mehr) vorliegt.

Ferner greift auch die Vermutung, dass der Antragsteller und H. den gemeinsamen Willen haben, füreinander einzustehen und füreinander Verantwortung zu tragen, nach § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II ein, denn der Antragsteller und H. Lebt seit 2010 zusammen. Diese Vermutung ist - wie bereits vor SG zutreffend ausgeführt - auch nicht widerlegt. Der Senat schließt sich insoweit auch unter Berücksichtigung des Vorbringens Beschwerdeverfahren den Ausführungen im angefochtenen Beschluss uneingeschränkt an.

Somit ist vom Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft auszugehen.

Die Frage, ob der Antragsteller einen - gegebenenfalls bestehenden - Individualanspruch alleine und losgelöst von H. als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, die ihrerseits jedenfalls zeitweilig keine Leistungen begehrt hat, isoliert geltend machen und Leistungen allein wirksam beantragen kann, kann dahinstehen. Denn ein entsprechender Anspruch ist nicht im erforderlichen Umfang glaubhaft gemacht.

Mit dem Bestehen der Bedarfsgemeinschaft ist zur Prüfung der Frage, ob der Antragsteller in der Lage ist, seinen Bedarf durch ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu decken, auch Einkommen und eventuell vorhandenes Vermögen der H. zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II).

Insofern haben weder der Antragsteller, noch H. die vom Antragsgegner geforderten und zur Entscheidung über das Begehren erforderlichen Angaben gemacht und Unterlagen auch nicht vorgelegt. Vielmehr hat der Antragsteller unzweideutig erklärt, dass von H. keine Unterlagen zu erwarten sind. Beide sind den vielfältigen Aufforderungen nicht ausreichend nachgekommen, obgleich dies im wesentlichen problemlos (z.B. Vorlage des Arbeitsvertrages der H. und von Lohnabrechnungen) möglich wäre. Auch wurden keine Angaben zu verschwiegenen Konten, von denen der Antragsgegner erst durch das Bundeszentralamt für Steuern im Oktober 2014 Kenntnis erlangt hat, gemacht. Weder ist nachgewiesen, was mit den Guthaben geschehen ist, noch dass die Konten aufgelöst worden sind. Damit kann das Bestehen eines Leistungsanspruches des Antragstellers gegen den Antragsgegner im Sinne eines Anordnungsanspruches nicht festgestellt werden, weil der Antragsteller und H. die erforderlichen Mitwirkungen verweigern.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass - was unbewiesen ist - H. ihre Tätigkeit, deren Beginn im Übrigen auch falsch erklärt hat, aufgegeben hat. Auch insofern fehlt es an Nachweisen und Angaben, insbesondere auch ob ein Anspruch auf Arbeitslosengeld oder andere Leistungen besteht.

Im Übrigen ist auch ein Anordnungsgrund nicht feststellbar. Der Antragsgegner ist nach Vorlage der erforderlichen Unterlagen bereit, zu prüfen und zu entscheiden, ob ein Anspruch auf Leistungen besteht. Dies wäre der einfachste Weg, den der Antragsteller, aus welchen Gründen auch immer, allerdings ablehnt.

Damit hat das SG zu Unrecht teilweise Leistungen zugesprochen, weswegen der Beschluss insoweit aufzuheben ist. Die Beschwerde des Antragstellers ist hingegen aus den vorstehenden Gründen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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