L 11 KR 3860/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 3849/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3860/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 08.08.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Beitragspflicht von kapitalisierten Versorgungsbezügen der Alten Leipziger Lebensversicherungs AG zur Krankenversicherung des Klägers streitig.

Der Kläger ist am 18.04.1947 geboren und bei der Beklagten als Rentner gesetzlich krankenversichert (Rentenbeginn 01.05.2010). Am 01.12.2012 erhielt er zwei Kapitalzahlungen aus der betrieblichen Altersvorsorge ausbezahlt. Den jeweiligen arbeitgeberfinanzierten Anteil in Höhe von 10.533,13 und von 62.338,23 EUR teilte die Alte Leipziger Lebensversicherungs AG der Beklagten im November 2012 mit.

Mit zwei Bescheiden vom 19.12.2012 (Bl 5/8 Verwaltungsakte) setzte die Beklagte, auch im Namen der Barmer GEK Pflegekasse, ab dem 01.12.2012 die Beiträge zur Krankenversicherung auf monatlich 94,13 EUR und für die Pflegeversicherung auf monatlich 12,45 EUR, insgesamt 106,58 EUR fest. Die Kapitalabfindungen seien als Versorgungsbezüge für die Beitragsbemessung heranzuziehen. Der Betrag der Kapitalzahlung werde auf 10 Jahre umgelegt. 1/120 der Abfindung gelte als monatlicher Zahlbetrag.

Hiergegen erhob der Kläger am 14.01.2013 Widerspruch. Er habe die Direktversicherungen vollständig selbst finanziert. Er werde, wie viele andere auch, um einen erheblichen Teil seines in vielen Beitragsjahren erworbenen Leistungsanspruchs betrogen. Er habe die beiden Lebensversicherungsverträge als Direktversicherungen über seinen Arbeitgeber 1986/1991 abgeschlossen. Die Beitragszahlungen seien von ihm zu 100% durch Vorabzug aus seinem Gehalt finanziert worden. Außer einem Steuervorteil habe er aus der Beitragszahlung keine Beitragsvorteile zur Sozialversicherung gehabt. Die Konditionen einer privaten Kapitallebensversicherung und der von ihm unterhaltenen Direktversicherung seien demnach materiell vollkommen identisch.

Mit Schreiben vom 15.01.2013 erläuterte die Beklagte, dass zum 01.01.2004 das GKV-Modernisierungsgesetz in Kraft getreten sei. Ua seien darin die Beitragszahlungen aus Kapitalleistungen der betrieblichen Altersversorgung neu geregelt worden. Diese Regelung betreffe auch Zahlungen, die im Rahmen einer Direktversicherung oder einer Pensionskasse geleistet würden, da diese Leistungen eine bestimmte Form der betrieblichen Altersvorsorge darstellten. Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, dass lediglich der auf privater Vorsorge beruhende Anteil des Zahlbetrages beitragsfrei sei. Nachdem der Kläger in seinem Widerspruch selbst mitgeteilt habe, dass sein früherer Arbeitgeber Versicherungsnehmer beider Verträge gewesen sei, unterlägen die Direktversicherungen der Beitragspflicht.

Ergänzend teilte die Alte Leipziger Versicherungs AG mit Schreiben vom 17.01.2013 (Bl 16 Verwaltungsakte) mit, dass beide Verträge zum 01.12.2011 durch den Kläger übernommen worden seien. Es seien jeweils durch den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer insgesamt 62.338,23 EUR bzw 10.533,13 EUR und vom Kläger 1.246,26 EUR bzw 320,17 EUR geleistet worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2013 wies die Beklagte, ohne Beteiligung der Barmer GEK Pflegekasse, den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung seien zutreffend festgesetzt worden. Die Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliege dem Grundsatz, dass für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft Beiträge zu zahlen seien. Grundlage für die zu zahlenden Beiträge seien die beitragspflichtigen Einnahmen, die bis zur Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze erhoben würden. Die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen als der Rente vergleichbare Einnahmen richte sich nach § 229 SGB V. Gemäß § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V seien auch einmalige Zahlungen (Kapitalabfindung) beitragspflichtig, die anstelle der monatlichen Betriebsrente ausgezahlt würden. Dies gelte auch dann, wenn die einmalige Einnahme bereits vor Beginn des Leistungsfalls vereinbart worden sei. Ein Leistungsfall im Sinne des § 229 SGB V sei das Schulden der Betriebsrente. Dabei gelte ein 1/120 der Einmalzahlung als monatlicher Zahlbetrag, dies bedeute, der Betrag der Einmalzahlung werde auf zehn Jahre umgelegt. Die Frist von zehn Jahren beginne mit dem ersten des auf die Auszahlung der Einmalzahlung folgenden Kalendermonats. Nach § 237 Satz 2 SGB V in Verbindung mit § 226 Abs 2 SGB V unterbleibe jedoch die Beitragsentrichtung, wenn die monatlichen Einnahmen ein 20stel der Bezugsgröße nach § 18 Abs 1 SGB IV nicht überstiegen, somit im Jahre 2013 den Betrag in Höhe von 134,75 EUR. Hierbei gelte jedoch nach § 226 Abs 2 SGB V, dass alle Versorgungsbezüge zusammengerechnet würden. Überschreite nach der Addition der monatliche Zahlbetrag diese Grenze, habe dies zur Folge, dass alle Versorgungsbezüge beitragspflichtig würden, somit auch diejenigen, die für sich betrachtet beitragsfrei seien. Die Einmalzahlung in Höhe von 62.298,23 EUR unterliege bereits von sich aus der Beitragspflicht; der kleinere Auszahlungsbetrag in Höhe von 10.533,13 EUR müsse durch die dargelegte Addition zur Krankenversicherung verbeitragt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), Urteile vom 08.12.1998, 12 RK 46/86 und 26.03.1996, 12 RK 21/95, gehörten zu den Renten der betrieblichen Altersvorsorge im Sinne des § 229 Abs 1 Satz 1 SGB V alle Renten, die im Zusammenhang mit der früheren beruflichen Tätigkeit erworben würden. Hierunter fielen die Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung, die unmittelbar oder mittelbar aus Anlass eines früheren Arbeitsverhältnisses zuflössen. Maßgeblich für das Heranziehen der Zahlungen der Alten Leipziger Lebensversicherung AG sei somit der Bezug zum Arbeitsleben, der vorliegend gegeben sei. Diese Rechtsauffassung habe das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 06.09.2010 (1 BvR 739/08) bestätigt und konkretisiert. Bei dem Anteil an der Einmalzahlung, der auf Beitragszahlungen während einer Vertragslaufzeit beruhe, in der der Arbeitgeber Versicherungsnehmer gewesen sei, handle es sich um einen beitragspflichtigen Versorgungsbezug. Etwas anderes gelte, wenn der ehemalige Arbeitnehmer den Versicherungsvertrag nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben als Versicherungsnehmer übernommen habe (BVerfG 28.09.2010 - 1 BvR 1660/08). Die Alte Leipziger Lebensversicherungs AG habe jedoch von Anfang an lediglich den betrieblich finanzierten Anteil gemeldet.

Hiergegen hat der Kläger am 10.07.2013 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen vertieft und erweitert. Die Beitragszahlungen seien von ihm vollständig durch Vorabzug aus seinem Gehalt finanziert worden. Er habe durchgängig über der Beitragsbemessungsgrenze verdient. Die Direktversicherung sei als Gehaltsumwandlung vereinbart worden, so dass er auf sein jährliches Weihnachtsgeld verzichtet habe, dieses also nicht ausbezahlt worden sei und der Ansparung für das Alter im Rahmen der Direktversicherung habe dienen sollen. Er hätte bei Auszahlung des Weihnachtsgeldes ohne Gehaltsumwandlung das Weihnachtsgeld sozialversicherungsfrei erhalten. Diese Beitragsfreiheit werde ihm durch die nunmehrige Verbeitragung wiederum genommen, weshalb er ein Sonderopfer erbringen müsse. Die im Jahre 2004 insoweit geänderte Vorschrift des § 229 SGB V führe im Ergebnis zu einer nachgelagerten Verbeitragung im Rentenalter. Er habe während der Sparphase der Direktversicherung davon ausgehen können, dass er aufgrund vollständiger damaliger Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge die Sozialversicherungsbeitragsschuld abgegolten habe. Die nunmehrige Verbeitragung führe wirtschaftlich zu einer rückwirkenden Erhöhung der damaligen Beitragsbemessungsgrenze. Er hätte seinerzeit nach entsprechender Versteuerung sein Arbeitsentgelt nicht in eine Direktversicherung stecken müssen, sondern dieses auch verbrauchen können, ohne dass dieses nunmehr einer nachgelagerten Verbeitragung unterliege. Hierin sei eine Ungerechtigkeit und Ungleichbehandlung zu sehen. Die Beklagte verkenne, dass bei einer Direktversicherung aufgrund von Gehaltsumwandlung Besonderheiten bestünden. Die betriebliche Altersversorgung gehe davon aus, dass der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer eine zusätzliche Sicherung im Alter durch die Beiträge finanziere. Die arbeitgeberfinanzierten Beiträge führten dazu, dass es zu einer sogenannten Unverfallbarkeit nach aktuellem Recht erst frühestens nach fünf Jahren kommen könne, ansonsten von der sogenannten "goldenen Fessel" auszugehen sei. Die Fristen seien früher bekanntermaßen mit zehn Jahren länger gewesen und es gehe darum, eine Bindung an den Arbeitgeberbetrieb zu erzielen, weshalb der Arbeitgeber auch die Beiträge übernommen habe. § 1 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) gehe durchgängig davon aus, dass dem Arbeitnehmer Leistungen in der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt würden. Die Möglichkeit der sogenannten Entgeltumwandlung sei im Betriebsrentengesetz zwar auch erwähnt. Streng genommen komme es hier aber nicht auf eine Unverfallbarkeit an, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber wechsle. Auch bei einem Ausscheiden vor Ablauf der Fünf-Jahres-Frist bzw. früher Zehn-Jahres-Frist hätte bzw. habe der Arbeitgeber den Anspruch auf Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft und Mitnahme der Versicherung, so dass es hierbei auf die Unverfallbarkeit nicht ankomme. Hieraus sei aber zu schließen, dass die Beiträge vom Arbeitnehmer dann direkt finanziert würden und die Direktversicherung in der Form der Gehaltsumwandlung bereits ab Begründung dem Arbeitnehmer wirtschaftlich gehöre. Die zu leistenden Beiträge rührten immer wirtschaftlich vom Arbeitnehmer her und niemals vom Arbeitgeber. Dies sei ein beträchtlicher Unterschied, wenn man sich darüber unterhalten möge, ob eine Altersversorgung tatsächlich im Betrieb begründet sei, nach dem Verständnis also vom Arbeitgeber finanziert oder privat durch den Arbeitgeber bezahlt werde und der Arbeitgeber lediglich Halter der Versicherungsnehmereigenschaft sei, die er bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses jederzeit auf den Arbeitnehmer zu übertragen habe. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, eine derartige Versicherung als betriebliche Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V aufzufassen, da richtigerweise ein betrieblicher Zusammenhang mit der Begründung eines Versicherungsvertrages seitens des Arbeitgebers mit dem Arbeitnehmer als versicherter Person die Kriterien einer Rente oder Kapitalabfindung aus betrieblicher Altersversorgung nicht zu erfüllen vermöge, wenn eine wirtschaftliche Eigenfinanzierung durch den Arbeitnehmer vorliege. Es sei nicht nachvollziehbar, eine langjährige wirtschaftlich ausschließlich vom Arbeitnehmer finanzierte Altersversorgung so zu behandeln, wie dies bei einer Arbeitgeberzuwendung der Fall sei. Der Begriff "betriebliche Altersversorgung" in § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V beinhalte im Grundsatz die Vorstellung, dass der Betrieb eine Altersversorgung zuwende, die dann in der Zeit betrieblich begründet sei und zu verbeitragen sein möge. Er habe aber keinerlei Zuwendungen erhalten, sondern sich selbst zugewendet, so dass es nicht um zusätzliche Arbeitsentgelte gehe, welches nachgelagert verbeitragt werde.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug genommen.

Mit Urteil vom 08.08.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und hat zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten Bezug genommen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 08.09.2014 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 09.09.2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. In der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 739/08 sei sozialversicherungspflichtiges Gehalt betroffen gewesen sei. Entscheidend sei, dass im Fall des Klägers sozialversicherungsfreies Einkommen umgewandelt worden sei. Der Unterschied liege darin, dass im Falle des Klägers die Belastungsgrenzen für die Sozialversicherung bereits erreicht bzw überschritten gewesen seien und er deshalb darauf habe vertrauen können, dass ein darüber hinausgehender Zugriff des Gesetzgebers im Rahmen eines wirtschaftlichen Rückgriffs auf die sozialversicherungsfreien Einkommensanteile nicht Jahrzehnte später erfolge.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 08.08.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 19.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug.

Im Erörterungstermin am 29.04.2015 und mit Schreiben des Berichterstatters vom selben Tag sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt sei, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 24.05.2015 gegeben worden. Beide Beteiligte haben der vorgesehenen Verfahrensweise zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 19.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Streitgegenstand sind ausweislich des Widerspruchsbescheids (§ 95 SGG) und des klägerischen Antrags nur die Beiträge zur Krankenversicherung (KV) bei der Beklagten. Die Barmer GEK Pflegekasse hat noch nicht über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 19.12.2012 entschieden, soweit Beiträge zur Pflegeversicherung betroffen sind.

Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

Nach § 220 Abs 1 SGB V sind die Mittel der GKV durch Beiträge und sonstige Einnahmen aufzubringen. Die Beiträge sind gemäß § 223 Abs 1 SGB V für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft zu zahlen, soweit das SGB V nichts anderes bestimmt. Die Beiträge werden nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen (§ 223 Abs 2 Satz 1 SGB V). Der Umfang der Beitragspflicht zur KV beurteilt sich nach dem Versichertenstatus in dem Zeitpunkt, für den Beiträge erhoben werden. Der Kläger ist seit 01.05.2010 in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versicherungspflichtig (§ 5 Abs 1 Nr 11 SGB V). Bei versicherungspflichtigen Rentnern werden nach § 237 SGB V der Beitragsbemessung zugrunde gelegt (1.) der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, (2.) der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen und (3.) das Arbeitseinkommen. § 226 Abs 2 und die §§ 228, 229 und 231 SGB V gelten entsprechend.

Da § 237 SGB V die Regelung des § 229 SGB V für entsprechend anwendbar erklärt, unterliegen auch die dort genannten Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragspflicht selbst dann, wenn diese neben einer Rente iSd § 237 Satz 1 SGB V geleistet werden. Als Versorgungsbezüge gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, Renten der betrieblichen Altersversorgung (vgl § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V). Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt ein Hundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate (§ 229 Abs 1 Satz 3 SGB V).

Der Kläger hat von der Alten Leipziger Lebensversicherungs AG GmbH zwei Kapitalzahlungen aus Direktversicherungen erhalten. Diese Leistungen stellen eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung dar. Zu den Renten der betrieblichen Altersvorsorge im Sinne des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V gehören auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung iS des § 1 Abs 2 BetrAVG gezahlt werden. Um eine solche Direktversicherung handelt es sich, wenn für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind. Sie ist dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezweckt, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen soll (vgl Senatsurteil vom 01.03.2011, L 11 KR 2421/09, juris). Dieser Versorgungsweg kann sich aus der vereinbarten Laufzeit ergeben; jedoch ist die Laufzeit kein allein entscheidendes Kriterium. Unerheblich ist, ob der Abschluss nach Auffassung aller Beteiligten allein zur Ausnutzung der steuerlich anerkannten begünstigenden Gestaltungsmöglichkeit der betrieblichen Altersversorgung erfolgt (Senatsurteil vom 01.03.2011, L 11 KR 2421/09). Der hinreichende Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistung aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers für die Qualifizierung als beitragspflichtige Einnahme der betrieblichen Altersversorgung ist bei einer solchen für die betriebliche Altersversorgung typischen Versicherungsart der Direktversicherung gegeben (BSG 13.09.2006, B 12 KR 5/06 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 4; 12.11.2008, B 12 KR 9/08 R und 10/08 R, jeweils veröffentlicht in Juris). Dies wurde auch vom BVerfG bestätigt, als es die ausschließliche Anknüpfung der Beitragspflichtigkeit an die Nutzung des institutionellen Rahmens der Direktversicherungen bzw der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des BetrAVG selbst dann für verfassungsrechtlich zulässig gehalten hat, wenn der Arbeitnehmer selbst in vollem Umfang die Beiträge gezahlt hat (BVerfG 07.04.2008, 1 BvR 1924/07, SozR 4-2500 § 229 Nr 5; BVerfG 06.09.2010, 1 BvR 739/08, SozR 4-2500 § 229 Nr 10; BVerfG 28.09.2010, 1 BvR 1660/08, SozR 4-2500 § 229 Nr 11).

Unerheblich ist, wofür der Kläger die Versicherungsleistung einsetzen wollte. In beitragsrechtlicher Hinsicht ausschlaggebend ist (hier) allein die Nutzung des institutionellen Rahmens des Betriebsrentenrechts, bei Direktversicherungen (§ 1 b Abs 2 BetrAVG) also der - wie hier - auf den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer laufende Versicherungsvertrag zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung (vgl BVerfG 28.09.2010, 1 BvR 1660/08, SozR 4-2500, § 229 Nr 11; BVerfG 06.09.2010, 1 BvR 739/08, SozR 4-2500 § 229 Nr 10; BSG 30.03.2011, B 12 KR 24/09 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 13).

Bemessungsgrundlage für die Beiträge aus den Versorgungsbezügen ist deren Zahlbetrag. Dies ist bei einer Betriebsrente als Versorgungsbezug der vom Versorgungsträger auszuzahlende Betrag der Betriebsrente. Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfall vereinbart oder zugesagt worden, gilt 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate (§ 229 Abs 1 Satz 3 SGB V). Einwände gegen die Berechnung der Beiträge werden nicht erhoben. Unrichtigkeiten sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat die von der Alten Leipziger Lebensversicherungs AG mitgeteilte Kapitalzahlung in Höhe von 72.871,36 EUR zugrunde gelegt. Ein Hundertzwanzigstel dieser Kapitalleistung ist 607,26 EUR. Unter Ansatz des jeweiligen Beitragssatzes (§ 241 SGB V) errechnet sich der vom Kläger zu zahlende Beitrag zur KV.

Die Verbeitragung von Kapitalzahlungen der betrieblichen Altersversorgung (einmaliger Versorgungsbezug) verstößt nach Ansicht des erkennenden Senats nicht gegen Verfassungsrecht (vgl zuletzt Entscheidungen vom 01.03.2011, L 11 KR 2421/09, juris, vom 29.09.2011, L 11 KR 2026/10; vom 26.06.2012, L 11 KR 408/11; vom 23.01.2013, L 11 KR 3371/12; vom 12.03.2013, L 11 KR 1029/11; vom 14.05.2013, L 11 KR 46080/11; vom 25.06.2013, L 11 KR 4271/12, vom 17.03.2014, L 11 KR 3839/13 und vom 24.06.2014, L 11 KR 5461/13). Der Senat schließt sich weiterhin der ständigen Rechtsprechung des BSG an (Urteile vom 12.11.2008, B 12 KR 6/08 R, B 12 KR 9/08 R und B 12 KR 10/08 R, jeweils mwN; zuletzt Urteile vom 30.03.2011, B 12 KR 24/09 R und 16/10 R, und vom 25.04.2012, B 12 KR 26/10 R, aaO) und den Entscheidungen des BVerfG (Beschlüsse vom 04.04.2008, 1 BvR 1924/07 und vom 06.09.2010, 1 BvR 739/08, SozR 4-2500 § 229 Nr 10).

Eine verfassungs- oder europarechtswidrige Ungleichbehandlung des Klägers bzw eine Verletzung von Vertrauenstatbeständen liegt nicht vor. Sie ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass der Kläger während seines Beschäftigungsverhältnisses Einkünfte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze erzielte und deshalb den Höchstbetrag abführte (vgl Senatsurteil vom 16.12.2014, L 11 KR 872/14). Für die Beitragspflicht ist es nicht entscheidend, dass der Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtige Einkünfte während des Anspruchserwerbs erzielte bzw. die Versicherungsbeiträge aus zur Sozialversicherung herangezogenem Arbeitsentgelt stammen. § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V knüpft die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen allein daran, dass eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung vorliegt. Da die gesetzliche Regelung mit den Versorgungsbezügen iS von § 229 Abs 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich Bezüge bestimmter Institutionen und aus vergleichbaren Sicherungssystemen der Beitragspflicht unterwirft, bei denen in der Regel ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu diesem System und einer Erwerbstätigkeit besteht, ist nicht auf den im Einzelfall jeweils nachweisbaren Zusammenhang mit dem früheren Erwerbsleben abzustellen. Diese sog institutionelle Abgrenzung orientiert sich allein daran, ob die Rente bzw die einmalige Kapitalleistung von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt wird, und lässt Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs unberücksichtigt (BSG 30.03.2011, B 12 KR 16/10 R, BSGE 108, 63, SozR 4-2500 § 229 Nr 12 Rn 19 mwN). Die vom BSG vorgenommene Typisierung ist mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar (BVerfG 06.09.2010, 1 BvR 739/08, juris). Erfasst werden alle auf einer einseitigen Versorgungszusage des Arbeitgebers beruhenden und damit im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Leistungen der klassischen betrieblichen Altersversorgung, die nach Ausscheiden des Versicherten aus dem Berufsleben gezahlt werden. Vom Arbeitgeber finanziert sind auch Betriebsrenten, die aus einer unechten Entgeltumwandlung finanziert werden, bei der der Arbeitnehmer zugunsten der betrieblichen Altersversorgung auf eine freiwillige Lohnerhöhung des Arbeitgebers verzichtet (vgl Peters in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 229 Rn 39). Es werden auch solche Leistungen erfasst, zu denen allein der Arbeitnehmer beigetragen hat, solange sie Bestandteil der betrieblichen Altersversorgung sind (Peters, aaO, Rn 43 mwN). Ein Verstoß gegen Grundrechte ergibt sich insbesondere dann nicht, wenn der Versorgungsbezug aus bereits zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogenem Arbeitsentgelt finanziert worden ist (BVerfG 06.09.2010, 1 BvR 739/08, juris).

Im Beschluss vom 28.09.2010 (1 BvR 1660/08, juris) hat das BVerfG noch einmal bestätigt, dass die Einbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht nach § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V grundsätzlich weder gegen die wirtschaftliche Handlungsfreiheit iVm dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes noch gegen Art 14, 2 Abs 1 und 3 Abs 1 GG verstößt. Einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG sieht das BVerfG nur dann, wenn auch diejenigen Kapitalleistungen der Beitragspflicht unterworfen werden, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat (Beschluss vom 28.09.2010, 1 BvR 1660/08, SozR 4-2500 § 229 Nr 11). Das BVerfG stellt nicht nur auf die Tragung der Versicherungsprämien durch den Mitarbeiter ab, sondern darauf, dass durch das Einrücken des Mitarbeiters in die Stellung des Versicherungsnehmers nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses der institutionelle Rahmen einer Betriebsrente bzw eines Versorgungsbezugs verlassen wird (BVerfG 28.09.2010, 1 BvR 1660/08, aaO; BVerfG 14.04.2011, 1 BvR 2123/08, juris). Diesen institutionellen Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge hat der Kläger erst 2011 verlassen; der in der Folge von ihm privat finanzierte Anteil ist von Anfang bei der Beitragsfestsetzung unberücksichtigt geblieben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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