L 10 U 3737/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 3777/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3737/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 01.08.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner Kniegelenkserkrankung als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV; nachfolgend BK 2102).

Der am 1965 geborene Kläger erlernte den Beruf des Maurers und arbeitet seit 1992 als Müllwerker bei der Stadt M. , Abfallwirtschaftsbetrieb. Dabei wurde er ab Januar 2005 auf betriebsärztliche Empfehlung hin nur noch als Müllwerker auf Teilservice-Touren eingesetzt; zum Januar 2011 erfolgte eine Umsetzung auf den Arbeitsbereich "Behältertausch" (Aufstellung, Abzug und Tausch von Müllbehältern im Leerzustand).

Im April 2010 erstattete der Orthopäde Dr. S.-F. bei der Beklagten eine Anzeige wegen des Verdachts einer BK im Zusammenhang mit einer Meniskusschädigung des rechten Knies beim Kläger. Der Kläger teilte der Beklagten im November 2011 ergänzend mit, bei ihm bestünden umfangreiche und dauerhafte Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates, welche er sich durch die körperlich schwere Arbeit bei der Müllabfuhr zugezogen habe. Die Kniebeschwerden, so ergänzend der Kläger, hätten sich erstmalig 1999 bemerkbar gemacht und seien durch belastende Tätigkeiten, vor allem beim Bewältigen von Treppen und Rampen bei der Restmüllsammlung und beim Tragen und Heben schwerer Lasten bei der Sperrmüllsammlung verursacht. Dr. S.-F. berichtete in seiner Auskunft gegenüber der Beklagten über eine im Juni 2007 (Diagnose einer ausgedehnten Innenmeniskushinterhornrupturierung rechts sowie einer vorderen Kreuzbandpartialruptur rechts; Teilresektion des Innenmeniskushinterhorns) und eine im Februar 2010 bei Verdacht auf Reruptur (Diagnose einer frischeren Innenmeniskushinterhornrupturierung mit neuerlicher Innenmeniskusteilresektion rechts) durchgeführte Arthroskopie des rechten Kniegelenks und legte entsprechende Befundberichte bei. Die Beklagte veranlasste ein unfallchirurgisches Zusammenhangsgutachten durch Prof. Dr. H. , Ärztlicher Geschäftsführer und Direktor der B. Unfallklinik F ... Dieser diagnostizierte beim Kläger in seinem Gutachten vom April 2013 eine sekundäre Meniskusschädigung am Innenmeniskus nach vorderer Kreuzbandruptur mit Instabilität des rechten Kniegelenkes. Am linken Kniegelenk hätten sich keine krankhaften Befunde gefunden. Es sei hinreichend bekannt, dass instabil geführte Kniegelenke den Meniskus verstärkt belasten würden, was dann zu Meniskusschäden führe. Da der Meniskusschaden durch die Instabilität vermittelt sei, sei er natürlich auch nicht auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen. Im Übrigen spreche hierfür auch, dass das linke Kniegelenk, das ja bei der beruflichen Tätigkeit genauso belastet werde, keinen Meniskusschaden und keine Funktionsstörung aufweise.

Mit Bescheid vom 05.06.2013 lehnte die Beklagte hierauf gestützt die Anerkennung einer BK 2102 ab. Die medizinischen Voraussetzungen würden nicht vorliegen. Hingegen seien im Hinblick auf ein Urteil des Hessischen Landessozialgerichts 07.05.2012 (L 9 U 211/09), wonach die ausgeübte Tätigkeit eines Müllwerkers als vergleichbar kniebelastend im Sinne der BK 2102 einzustufen sei, die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2013 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 11.11.2013 Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben und zur Begründung vorgetragen, die erheblichen Bewegungsbeanspruchungen in Form von häufigem Hoch- und Runterspringen vom Müllwagen, sowie das viele Laufen und Aufladen von Säcken auf die Müllfahrzeuge mit Drehbewegungen der Kniegelenke hätten überdurchschnittliche Belastungen der Kniegelenke verursacht, in deren Rahmen der Kläger - insbesondere beim Treppenlaufen bzw. beim Transport von Mülltonnen über Treppen - Kniegelenksbeschwerden erstmalig verspürt habe. Das Sozialgericht hat zunächst Dr. S.-F. als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen. Bezüglich der Einzelheiten seiner Stellungnahme wird auf Bl. 24/27 SG-Akte verwiesen. Anschließend hat das Sozialgericht von Amts wegen ein unfallchirurgisch-orthopädisches Gutachten bei Dr. S. eingeholt. Dieser hat beim Kläger, beruhend auf einer ambulanten Untersuchung im Mai 2014, u.a. nach zweimaliger Arthroskopie des rechten Kniegelenkes mit Nachweis eines Innenmeniskushinterhornschadens und einer Teilruptur des vorderen Kreuzbands verbliebene Funktionsschmerzen ohne Funktionsbehinderung diagnostiziert. Eine im Jahr 2007 durchgeführte Kernspintomographie zeige links ein im Hinblick auf Meniskusschädigungen völlig unauffälliges Kniegelenk. Bei unterstellten arbeitstechnischen Voraussetzungen könne die Kausalität der kniebelastenden Tätigkeit für die Knieschädigung nicht bejaht werden. Hiergegen würden die vorbestehenden Schädigungsmerkmale (vordere Kreuzbandteilruptur) und die völlig unauffälligen Verhältnisse des linken Kniegelenkes sprechen.

Mit Gerichtsbescheid vom 01.08.2014 hat das Sozialgericht die Klage, im Wesentlichen gestützt auf das Gutachten von Dr. S. , abgewiesen. Der Sachverständige sei nachvollziehbar und schlüssig zum Ergebnis gelangt, dass auf Grund der vorbestehenden Schädigung in Form der vorderen Kreuzbandteilruptur des rechten Kniegelenks mit daraus resultierender Instabilität der Bänder und Mehrbelastung bzw. Fehlbelastung des Meniskus sowie der völlig unauffälligen Verhältnisse im linken Kniegelenk die im rechten Kniegelenk bestehenden Meniskusveränderungen nicht im Sinne der BK 2102 auf die mehrjährige kniebelastende Tätigkeit des Klägers zurückzuführen seien.

Gegen den ihm am 08.08.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 01.09.2014 Berufung eingelegt und zu deren Begründung im Wesentlichen das Vorbringen im Klageverfahren wiederholt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid vom 01.08.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.06.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2013 zu verurteilen, bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Anerkennung der streitigen BK ablehnenden Verwaltungsentscheidungen. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 3) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung einer BK als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles und damit auf eine Berufskrankheit übertragbar BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 20).

Die Klage ist indes unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 05.06.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2013 zu Recht abgewiesen. Denn diese Bescheide sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen für die Feststellung einer BK 2102 sind beim Kläger nicht erfüllt.

BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte in Folge einer der den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätig-keit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung Erkrankungen als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 Erster Halbsatz SGB VII). Hierzu zählen nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV auch Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten.

Zur Anerkennung einer in der Anlage 1 der BKV aufgeführten BK (Listen-BK) ist in der Regel erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009, B 2 U 9/08 R in SozR 4-2700 § 9 Nr. 14), dass die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen in Form der von dieser BK geforderten Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper führte (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine ggf. von der Listen-BK konkret geforderte Krankheit verursachten (haftungsbegründende Kausalität). Das Vorliegen weiterer BK-Folgen auf Grund der berufsbedingten Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung einer BK.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann beim Kläger das Vorliegen einer BK 2102 nicht festgestellt werden.

Das linke Knie weist nach Feststellung beider Sachverständigen schon keinen Meniskusschaden im Sinne der BK 2102 auf (vgl. hierzu Merkblatt zur BK 2102 in der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 11.10.1989, BABl. 2/1990, abgedruckt in Merthens/Brandenburg, die Berufskrankheiten-Verordnung, M 2102, Seite 2; vgl. hierzu auch die dortigen Anmerkungen, Seite 3 ff.). So hat Dr. S. im Zuge seiner Begutachtung, u.a. unter Berücksichtigung der durchgeführten kernspintomographischen Untersuchung des linken Kniegelenkes völlig unauffällige Meniskusverhältnisse im linken Kniegelenk festgestellt.

Dem gegenüber liegt im rechten Kniegelenk nach übereinstimmender Einschätzung des behandelnden Arztes Dr. S.-F. wie auch der beiden Sachverständigen eine ausgeprägte Meniskusschädigung in Gestalt des arthroskopisch nachgewiesenen Innenmeniskushinterhornschadens vor. Die Anerkennung der Meniskopathie im rechten Kniegelenk als BK 2102 scheidet jedoch aus, weil es an der erforderlichen Wahrscheinlichkeit der beruflichen Verursachung dieser beim Kläger aufgetretenen Erkrankung fehlt. Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob, wovon die Beklagte ohne nähere Prüfung unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts (a.a.O.) ausgeht, die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2102 beim Kläger erfüllt sind.

Für die haftungsbegründende Kausalität zwischen Einwirkungen und Erkrankung gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung mit der Bedingungstheorie als erstem und der wertenden Zurechnung als zweitem Prüfungsschritt (BSG, Urteil vom 02.04.2009, a.a.O.). Diese setzt somit zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen den Einwirkungen und der Erkrankung voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob die Erkrankung auch ohne die Einwirkungen aufgetreten wäre. Ist dies der Fall, war die Exposition für die Erkrankung schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Ist dieser naturwissenschaftliche Kausalzusammenhang zwischen Einwirkungen und der Erkrankung zu bejahen, ist in gleicher Weise zu klären, ob und welche weiteren Ursachen zu der Erkrankung führten.

Danach ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob die Einwirkung für die Erkrankung wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).

Kriterien für die Wesentlichkeit der nach der Bedingungstheorie als Ursache festgestellten versicherten Einwirkungen sind, wenn andere festgestellte konkurrierende Ursachen in Betracht kommen, Art und Ausmaß der Einwirkungen, die konkurrierenden Ursachen, das Krankheitsbild sowie die gesamte Krankengeschichte, so dass letztlich in der Regel eine Gesamtbetrachtung anzustellen ist (BSG, Urteil vom 02.04.2009, a.a.O., auch zum Nachfolgenden). Entscheidungsbasis für die Kausalitätsbeurteilung muss der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand sein. Erforderlich ist aber jeweils eine einzelfallbezogene positive Feststellung sowohl der Verursachung nach der Bedingungstheorie als auch der wesentlichen Verursachung der vorliegenden Erkrankung durch die versicherten Einwirkungen. Das bloße Fehlen von konkurrierenden Ursachen genügt bei komplexen Krankheitsgeschehen, die mehrere Ursachen haben können, gerade nicht. Beweismaßstab für die haftungsbegründende Kausalität ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit (s. hierzu oben).

Der Senat verneint bereits die Wahrscheinlichkeit des naturwissenschaftlichen Zusammenhangs zwischen den beruflichen Einwirkungen, denen der Kläger ausgesetzt war, und der Meniskopathie.

Denn der Kläger weist am rechten Kniegelenk erhebliche Vorschäden auf. So dokumentierte Dr. S.-F. bei der ersten Arthroskopie im Juni 2007 einen älteren Teilriss des vorderen Kreuzbandes bei ein- bis zweifach positivem Lachmann-Test. Damit ist, so Dr. S. , von einer früheren, der Meniskusschädigung zeitlich vorangegangenen äußeren Schädigung des rechten Kniegelenkes im Sinne eines Teilrisses des vorderen Kreuzbandes und hierdurch hervorgerufener leichter Instabilität auszugehen. Dr. S. hat hierzu ausgeführt, dass die dadurch hervorgerufene leichte Instabilität eine Mehrbelastung des Meniskusgewebes zur Folge hatte und typischerweise im Verlauf einer solchen Mehrbelastung Meniskusdegenerationen auftreten. Die primär bestehende Instabilität, so der Sachverständige, führte beim Kläger danach sekundär zu einer Meniskusschädigung, einer sogenannten sekundären Meniskopathie. Diese Beurteilung des Sachverständigen steht im Einklang mit den bereits zitierten Anmerkungen zur BK 2102. Danach verursacht u.a. die posttraumatische Instabilität des Gelenks nach Kapselbandverletzungen eine sekundäre Meniskopathie, indem instabilitätsbedingt zunächst ausgedehnte Knorpelschäden im Gelenk auftreten und dann sekundär der Meniskusschaden nachfolgt (Anmerkungen a.a.O.).

Angesichts der nachgewiesenen traumatischen Vorschädigung des rechten Kniegelenks und dem hierzu in den Anmerkungen niedergelegten und von Dr. S. in seinem Gutachten referierten medizinischen Kenntnisstand ist der Sachverständige für den Senat überzeugend zu dem Schluss gelangt, dass allein der traumatische Schadensfaktor das Auftreten der Meniskopathie im rechten Kniegelenk völlig zwanglos erklären kann. Zur Erklärung der Ursache der Meniskopathie kann also - so Dr. S. in seinem Gutachten - die berufliche Belastung außer Betracht bleiben. Damit können die kniebelastenden beruflichen Tätigkeiten hinweggedacht werden und die Meniskopathie wäre trotzdem aufgetreten. Somit ist bereits der naturwissenschaftlich ursächliche Zusammenhang nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu begründen. Dies entspricht der Beurteilung in den Anmerkungen, wonach die versicherte Tätigkeit im Fall einer instabilitätsvermittelten sekundären Meniskopathie keine rechtlich wesentliche Ursache für den Meniskusschaden ist (Merthens/Brandenburg a.a.O. Anmerkung 2.2).

Gegen eine Anerkennung einer BK 2102 spricht weiterhin, ohne dass es hierauf nach dem soeben Darstellten noch ankäme, der Umstand, dass beim linken Kniegelenk keine Anhaltspunkte für eine Meniskusschädigung vorliegen. Geht man von einer annähernd gleichen Belastung beider Kniegelenke aus, so ist, wie der Sachverständige zutreffend dargelegt hat, nicht erklärbar, weshalb eine derart ausgeprägte Schädigung wie am rechten Knie (ausgedehnter Innenmeniskushinterhornschaden) keinerlei Korrespondenz am linken Knie findet. Vielmehr sind bei langjähriger kniebelastender Tätigkeit zumindest beginnende Verschleißveränderungen am Meniskusgewebe auch des linken Knies zu erwarten. Soweit der Kläger eine überwiegend einseitige Kniegelenksbelastung rechts geltend macht, vermag dies, so zu Recht der Sachverständige, nicht zu überzeugen. Es ist nicht nachvollziehbar, so überzeugend Dr. S. , dass das linke Knie bei den vom Kläger angeführten und vom Präventionsdienst der Beklagten bestätigten Beanspruchungen im Rahmen seiner früheren und jetzigen Tätigkeit als Müllwerker, insbesondere beim vom Kläger als besonders belastend empfundenen Treppenlaufen und Treppensteigen unter Last, nicht in gleicher Weise belastet wurde.

Wie bereits vom Sozialgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgeführt, kann den abweichenden Beurteilungen des behandelnden Orthopäden Dr. S.-F. im Rahmen seiner Stellungnahme nicht gefolgt werden, weil sich dieser weder mit dem Umstand, dass trotz gleichmäßiger Belastung beider Knie nur am Meniskus im rechten Knie ein deutlicher Schaden besteht, auseinandergesetzt hat, noch die deutliche Vorschädigung des Bänderapparats berücksichtigt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved