Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2977/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1747/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26.03.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der am 1949 geborene Kläger erlernte den Beruf des Schlossers und war - unterbrochen u.a. durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - bis Juni 2001 in diesem Beruf tätig. Danach war er arbeitsunfähig oder arbeitslos bzw. nahm er an beruflichen Bildungsmaßnahmen teil. Einen Rentenantrag vom Mai 2008 nahm der Kläger im Juni 2008 wieder zurück (Bl. 70 VA). Auf den erneut gestellten Rentenantrag vom 06.02.2009, gerichtet auf Rente wegen Erwerbsminderung und Altersrente, veranlasste die Beklagte zunächst ein Gutachten durch den Facharzt für Chirurgie Dr. J. , der auf Grund seiner Untersuchung des Klägers im April 2009 eine rezidivierende Lumbalgie mit intermittierendem Wurzelreizsyndrom S1 rechts, eine hieraus folgende Minderbelastbarkeit und Funktionseinschränkung, eine mäßige Gonarthrose rechts und einen hochgradigen Verdacht auf Innenmeniskusläsion rechts bei gegebener Wegefähigkeit, eine Impingement-Symptomatik der linken Schulter nach Arbeitsunfall 1999 mit Minderbeweglichkeit und Funktionseinschränkung sowie als Nebendiagnose u.a. ein Vorhofflimmern diagnostizierte. Im Vordergrund bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit stünden die degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule (LWS). Leichte Tätigkeiten seien im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen sechs und mehr Stunden arbeitstäglich zumutbar. Eine berufliche Tätigkeit als Bauschlosser sei nur noch unter dreistündig möglich, und zwar sicherlich seit dem Rentenantrag, den Dr. J. auf den 05.03.2009 datierte. In der Folge durchlief der Kläger vom 30.06. bis 21.07.2009 eine stationäre medizinische Rehabilitation in der Reha-Klinik Ü. (Diagnosen im Wesentlichen identisch mit jenen, die Dr. J. in seinem Gutachten aufführte), aus der er mit einem Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten von drei bis unter sechs Stunden entlassen wurde. Zu vermeiden seien Arbeiten in gebückter bzw. wirbelsäulenbelastender Zwangshaltung, Überkopfarbeiten, häufiges Klettern und Steigen sowie Arbeiten mit erhöhter Unfallgefahr.
Auf dieser Grundlage ging die Beklagte in Bezug auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Schlosser von einem Leistungsvermögen von unter drei Stunden aus, nahm als Versicherungsfall hierfür den Rentenantrag, allerdings mit dem Datum vom 05.03.2009 an (Bl. 156 SG-Akte) und bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 07.08.2009 (Bl. 55 SG-Akte) Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.04.2009, bei gleichzeitiger Ablehnung von Rente wegen voller Erwerbsminderung. Im Bescheid führte sie aus, zwar bestehe Anspruch auf volle Erwerbsminderungsrente auf Zeit vom 01.10.2009 bis 30.09.2012, jedoch bestehe auch Anspruch auf eine Altersrente ab dem 01.07.2009. Hintergrund war eine Stellungnahme von Dr. J. , der wegen einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes das Absinken des klägerischen Leistungsvermögens auf drei bis unter sechs Stunden bestätigte, und zwar zum 01.05.2009 (zeitliche Mitte zwischen dem Gutachten von Dr. J. und dem Beginn der Rehabilitationsmaßnahme, vgl. auch Bl. 156 SG-Akte). Mit Bescheid vom 24.08.2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 01.07.2009 in Höhe von 895,74 EUR (brutto).
In seinem Widerspruch gegen die Ablehnung von Rente wegen voller Erwerbsminderung machte der Kläger geltend (Bl. 209 VA), er habe bereits im vergangenen Jahr eine Erwerbstätigkeit nicht mehr ausüben können, wie die erfolglosen Weiterbildungen über die Agentur für Arbeit belegen würden. Er beantrage daher die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Oktober 2008. In seinem Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.08.2009 machte der Kläger geltend, ihm stehe die Altersrente ohne Abschlag zu, weil seit seinem Arbeitsunfall im November 1999 Berufsunfähigkeit vorliege. Darüber hinaus bat er um Überprüfung seines Rentenkontos, weil nicht alle Zeiten berücksichtigt seien (Bl. 200, 229 VA). Mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2010 (Bl. 235 VA) wies die Beklagte u.a. diese Widersprüche zurück.
Das hiergegen am 25.08.2010 angerufene Sozialgericht Ulm hat mit Beschluss vom 20.01.2014 das Klageverfahren hinsichtlich der Gewährung einer höheren Altersrente abgetrennt (Aktenzeichen nunmehr S 4 R 216/14) und später ausgesetzt. Das Verfahren betreffend die Rente wegen Erwerbsminderung hat es unter dem bisherigen Aktenzeichen fortgeführt. Im Vorfeld der anberaumten mündlichen Verhandlung hat der Kläger seinen Wunsch geäußert (Bl. 188 ff. SG-Akte), auch über die Höhe der Altersrente und die streitigen Zeiten zu entscheiden. Es seien zuerst (und nicht in einem zweiten Verfahren) die Lücken in seinem Versicherungsverlauf zu klären, um diese dann in eine Neuberechnung der Rente wegen voller Erwerbsminderung einfließen zu lassen. Vor diesem Hintergrund hat der Kläger dann in der mündlichen Verhandlung vor dem SG die teilweise Aufhebung des Bescheides vom 07.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2010 und die Verurteilung der Beklagten beantragt, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.10.2008 unter Berücksichtigung im Einzelnen aufgelisteter Zeiten zu gewähren. Diese Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 26.03.2015 abgewiesen. Insbesondere auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. J. ist es zu der Überzeugung gelangt, dass sich eine auch nur teilweise Erwerbsminderung für leichte Tätigkeiten, die wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu einem Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung führen würde, vor dessen Begutachtungszeitpunkt nicht nachweisen lasse. Ein Beginn einer nur befristet zustehenden Rente wegen voller Erwerbsminderung vor dem Beginn der Altersrente komme daher nicht in Betracht.
Gegen das ihm am 21.04.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.05.2015 Berufung eingelegt. Er ist nach wie vor der Auffassung, ihm stehe ab Oktober 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Ulm vom 26.03.2015 aufzuheben und den Bescheid vom 07.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.10.2008 bis 30.06.2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist darauf, die Höhe der Altersrente sei Gegenstand des Rechtstreits S 4 R 260/14 und das Sozialgericht habe im vorliegenden Verfahren hierüber nicht entschieden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Akten des Verfahrens S 4 R 260/14 und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die auf Verurteilung der Beklagten zu Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.10.2008 gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.
Zulässiger Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein der Bescheid vom 07.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2010, soweit die Beklagte darin die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ablehnte. Denn nur über einen derartigen Anspruch hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil entschieden. Soweit der Kläger während des Berufungsverfahrens zur Frage der Berechnung der Altersrente und insbesondere der Berücksichtigung weiterer Zeiten bei deren Berechnung und von Vertrauensschutzgesichtspunkten wegen früher eingetretener Berufsunfähigkeit vorgetragen hat, betrifft dies nicht die Frage eines Anspruches auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung, sondern ausschließlich die Berechnung der dem Kläger mit dem Bescheid vom 24.08.2009 mit Wirkung ab dem 01.07.2009 bewilligten Altersrente. Dies ist indessen nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtstreits, sondern Gegenstand des beim Sozialgericht Ulm anhängigen Verfahrens S 4 R 260/14. Dem entsprechend hat der Kläger nach den erteilten Hinweisen in der mündlichen Verhandlung insoweit auch keinen Antrag gestellt. Gleiches gilt für die vom Kläger in Bezug auf die Rente wegen voller Erwerbsminderung thematisierten rentenrechtlichen Zeiten, da insoweit mangels einer Entscheidung der Beklagten über die Höhe einer eventuellen Rente wegen voller Erwerbsminderung keine anfechtbare Verwaltungsentscheidung vorliegt. Im Ergebnis hat der Kläger auf Grund der entsprechenden Hinweise in der mündlichen Verhandlung sein Begehren auf den zulässigen Streitgegenstand beschränkt.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils unter Darstellung der rechtlichen Grundlagen für den geltend gemachten Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) ausführlich dargelegt, dass und aus welchen Gründen dem Kläger dieser Anspruch nicht zusteht. Es hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass ausweislich des Gutachtens von Dr. J. zum Zeitpunkt der damaligen Untersuchung am 21.04.2009 der Kläger noch nicht gehindert war, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr auszuüben und auch keine besonderen qualitativen Leistungseinschränkungen vorlagen. Der Senat sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab und weist die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Im Ergebnis lässt sich somit ein rentenrelevant abgesunkenes Leistungsvermögen allenfalls mit der Leistungsbeurteilung der Reha-Klinik Ü. (Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes drei bis unter sechs Stunden) und damit zum 30.06.2009 bzw. - folgt man der Beurteilung der Beklagten (vgl. Bl. 156 SG-Akte) über den Eintritt des Versicherungsfalles in der zeitlichen Mitte zwischen der Untersuchung durch Dr. J. und den Beginn der Reha-Maßnahme - zum 01.05.2009 begründen.
Indessen führt auch die Leistungsbeurteilung der Reha-Klinik Ü. zu keinem Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Denn nach § 102 Abs. 2 SGB VI werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet. Dies gilt nur dann nicht, wenn (Satz 5) ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht und unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Dies bedeutet, dass Renten wegen voller Erwerbsminderung, auf die nur deshalb ein Anspruch besteht, weil das Leistungsvermögen auf drei bis unter sechs Stunden abgesunken ist und von der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes ausgegangen werden muss, grundsätzlich befristet geleistet werden. In Fällen der Befristung aber werden derartige Renten nach § 101 Abs. 1 SGB VI nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Ausgehend vom Eintritt des Versicherungsfalles der vollen Erwerbsminderung (abgesunkenes Leistungsvermögen auf drei bis unter sechs Stunden) nach der Untersuchung durch Dr. J. (April 2009) läge der Leistungsbeginn einer derartigen Rente nach dem 01.07.2009. Dies würde auch dann gelten, wenn - entgegen der Beurteilung von Dr. J. - der Versicherungsfall mit dem Datum des Rentenantrages (06.02.2009) angenommen würde. Ab dem 01.07.2009 aber bezog der Kläger bereits - auf Grund der insoweit bestandskräftig gewordenen Bewilligung vom 24.08.2009 - Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Da nach § 34 Abs. 4 SGB VI nach Beginn der Bewilligung einer Rente wegen Alters der Wechsel in eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen ist, scheidet ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem 30.06.2009 aus. Im Übrigen macht der Kläger diesen Anspruch auch nur bis zum 30.06.2009 geltend.
Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen aus dem Jahr 2006 rechtfertigen keine andere Beurteilung. Schon die danach tatsächlich durchgeführten beruflichen Maßnahmen zur Teilhabe sprechen gegen ein seit 2006 rentenrelevant abgesunkenes Leistungsvermögen und die vorgelegten älteren Unterlagen vermögen auch die zeitnahe Leistungsbeurteilung von Dr. J. nicht zu widerlegen.
Soweit der Kläger zur Begründung des von ihm auf Oktober 2008 datierten Versicherungsfalles auf seine fehlende Vermittelbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verweist, kommt es hierauf nicht an. Denn nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI ist die jeweilige Arbeitsmarktlage bei der Prüfung der Erwerbsminderung nicht zu berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der am 1949 geborene Kläger erlernte den Beruf des Schlossers und war - unterbrochen u.a. durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - bis Juni 2001 in diesem Beruf tätig. Danach war er arbeitsunfähig oder arbeitslos bzw. nahm er an beruflichen Bildungsmaßnahmen teil. Einen Rentenantrag vom Mai 2008 nahm der Kläger im Juni 2008 wieder zurück (Bl. 70 VA). Auf den erneut gestellten Rentenantrag vom 06.02.2009, gerichtet auf Rente wegen Erwerbsminderung und Altersrente, veranlasste die Beklagte zunächst ein Gutachten durch den Facharzt für Chirurgie Dr. J. , der auf Grund seiner Untersuchung des Klägers im April 2009 eine rezidivierende Lumbalgie mit intermittierendem Wurzelreizsyndrom S1 rechts, eine hieraus folgende Minderbelastbarkeit und Funktionseinschränkung, eine mäßige Gonarthrose rechts und einen hochgradigen Verdacht auf Innenmeniskusläsion rechts bei gegebener Wegefähigkeit, eine Impingement-Symptomatik der linken Schulter nach Arbeitsunfall 1999 mit Minderbeweglichkeit und Funktionseinschränkung sowie als Nebendiagnose u.a. ein Vorhofflimmern diagnostizierte. Im Vordergrund bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit stünden die degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule (LWS). Leichte Tätigkeiten seien im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen sechs und mehr Stunden arbeitstäglich zumutbar. Eine berufliche Tätigkeit als Bauschlosser sei nur noch unter dreistündig möglich, und zwar sicherlich seit dem Rentenantrag, den Dr. J. auf den 05.03.2009 datierte. In der Folge durchlief der Kläger vom 30.06. bis 21.07.2009 eine stationäre medizinische Rehabilitation in der Reha-Klinik Ü. (Diagnosen im Wesentlichen identisch mit jenen, die Dr. J. in seinem Gutachten aufführte), aus der er mit einem Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten von drei bis unter sechs Stunden entlassen wurde. Zu vermeiden seien Arbeiten in gebückter bzw. wirbelsäulenbelastender Zwangshaltung, Überkopfarbeiten, häufiges Klettern und Steigen sowie Arbeiten mit erhöhter Unfallgefahr.
Auf dieser Grundlage ging die Beklagte in Bezug auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Schlosser von einem Leistungsvermögen von unter drei Stunden aus, nahm als Versicherungsfall hierfür den Rentenantrag, allerdings mit dem Datum vom 05.03.2009 an (Bl. 156 SG-Akte) und bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 07.08.2009 (Bl. 55 SG-Akte) Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.04.2009, bei gleichzeitiger Ablehnung von Rente wegen voller Erwerbsminderung. Im Bescheid führte sie aus, zwar bestehe Anspruch auf volle Erwerbsminderungsrente auf Zeit vom 01.10.2009 bis 30.09.2012, jedoch bestehe auch Anspruch auf eine Altersrente ab dem 01.07.2009. Hintergrund war eine Stellungnahme von Dr. J. , der wegen einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes das Absinken des klägerischen Leistungsvermögens auf drei bis unter sechs Stunden bestätigte, und zwar zum 01.05.2009 (zeitliche Mitte zwischen dem Gutachten von Dr. J. und dem Beginn der Rehabilitationsmaßnahme, vgl. auch Bl. 156 SG-Akte). Mit Bescheid vom 24.08.2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 01.07.2009 in Höhe von 895,74 EUR (brutto).
In seinem Widerspruch gegen die Ablehnung von Rente wegen voller Erwerbsminderung machte der Kläger geltend (Bl. 209 VA), er habe bereits im vergangenen Jahr eine Erwerbstätigkeit nicht mehr ausüben können, wie die erfolglosen Weiterbildungen über die Agentur für Arbeit belegen würden. Er beantrage daher die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Oktober 2008. In seinem Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.08.2009 machte der Kläger geltend, ihm stehe die Altersrente ohne Abschlag zu, weil seit seinem Arbeitsunfall im November 1999 Berufsunfähigkeit vorliege. Darüber hinaus bat er um Überprüfung seines Rentenkontos, weil nicht alle Zeiten berücksichtigt seien (Bl. 200, 229 VA). Mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2010 (Bl. 235 VA) wies die Beklagte u.a. diese Widersprüche zurück.
Das hiergegen am 25.08.2010 angerufene Sozialgericht Ulm hat mit Beschluss vom 20.01.2014 das Klageverfahren hinsichtlich der Gewährung einer höheren Altersrente abgetrennt (Aktenzeichen nunmehr S 4 R 216/14) und später ausgesetzt. Das Verfahren betreffend die Rente wegen Erwerbsminderung hat es unter dem bisherigen Aktenzeichen fortgeführt. Im Vorfeld der anberaumten mündlichen Verhandlung hat der Kläger seinen Wunsch geäußert (Bl. 188 ff. SG-Akte), auch über die Höhe der Altersrente und die streitigen Zeiten zu entscheiden. Es seien zuerst (und nicht in einem zweiten Verfahren) die Lücken in seinem Versicherungsverlauf zu klären, um diese dann in eine Neuberechnung der Rente wegen voller Erwerbsminderung einfließen zu lassen. Vor diesem Hintergrund hat der Kläger dann in der mündlichen Verhandlung vor dem SG die teilweise Aufhebung des Bescheides vom 07.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2010 und die Verurteilung der Beklagten beantragt, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.10.2008 unter Berücksichtigung im Einzelnen aufgelisteter Zeiten zu gewähren. Diese Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 26.03.2015 abgewiesen. Insbesondere auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. J. ist es zu der Überzeugung gelangt, dass sich eine auch nur teilweise Erwerbsminderung für leichte Tätigkeiten, die wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu einem Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung führen würde, vor dessen Begutachtungszeitpunkt nicht nachweisen lasse. Ein Beginn einer nur befristet zustehenden Rente wegen voller Erwerbsminderung vor dem Beginn der Altersrente komme daher nicht in Betracht.
Gegen das ihm am 21.04.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.05.2015 Berufung eingelegt. Er ist nach wie vor der Auffassung, ihm stehe ab Oktober 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Ulm vom 26.03.2015 aufzuheben und den Bescheid vom 07.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.10.2008 bis 30.06.2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist darauf, die Höhe der Altersrente sei Gegenstand des Rechtstreits S 4 R 260/14 und das Sozialgericht habe im vorliegenden Verfahren hierüber nicht entschieden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Akten des Verfahrens S 4 R 260/14 und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die auf Verurteilung der Beklagten zu Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.10.2008 gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.
Zulässiger Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein der Bescheid vom 07.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2010, soweit die Beklagte darin die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ablehnte. Denn nur über einen derartigen Anspruch hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil entschieden. Soweit der Kläger während des Berufungsverfahrens zur Frage der Berechnung der Altersrente und insbesondere der Berücksichtigung weiterer Zeiten bei deren Berechnung und von Vertrauensschutzgesichtspunkten wegen früher eingetretener Berufsunfähigkeit vorgetragen hat, betrifft dies nicht die Frage eines Anspruches auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung, sondern ausschließlich die Berechnung der dem Kläger mit dem Bescheid vom 24.08.2009 mit Wirkung ab dem 01.07.2009 bewilligten Altersrente. Dies ist indessen nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtstreits, sondern Gegenstand des beim Sozialgericht Ulm anhängigen Verfahrens S 4 R 260/14. Dem entsprechend hat der Kläger nach den erteilten Hinweisen in der mündlichen Verhandlung insoweit auch keinen Antrag gestellt. Gleiches gilt für die vom Kläger in Bezug auf die Rente wegen voller Erwerbsminderung thematisierten rentenrechtlichen Zeiten, da insoweit mangels einer Entscheidung der Beklagten über die Höhe einer eventuellen Rente wegen voller Erwerbsminderung keine anfechtbare Verwaltungsentscheidung vorliegt. Im Ergebnis hat der Kläger auf Grund der entsprechenden Hinweise in der mündlichen Verhandlung sein Begehren auf den zulässigen Streitgegenstand beschränkt.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils unter Darstellung der rechtlichen Grundlagen für den geltend gemachten Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) ausführlich dargelegt, dass und aus welchen Gründen dem Kläger dieser Anspruch nicht zusteht. Es hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass ausweislich des Gutachtens von Dr. J. zum Zeitpunkt der damaligen Untersuchung am 21.04.2009 der Kläger noch nicht gehindert war, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr auszuüben und auch keine besonderen qualitativen Leistungseinschränkungen vorlagen. Der Senat sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab und weist die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Im Ergebnis lässt sich somit ein rentenrelevant abgesunkenes Leistungsvermögen allenfalls mit der Leistungsbeurteilung der Reha-Klinik Ü. (Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes drei bis unter sechs Stunden) und damit zum 30.06.2009 bzw. - folgt man der Beurteilung der Beklagten (vgl. Bl. 156 SG-Akte) über den Eintritt des Versicherungsfalles in der zeitlichen Mitte zwischen der Untersuchung durch Dr. J. und den Beginn der Reha-Maßnahme - zum 01.05.2009 begründen.
Indessen führt auch die Leistungsbeurteilung der Reha-Klinik Ü. zu keinem Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Denn nach § 102 Abs. 2 SGB VI werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet. Dies gilt nur dann nicht, wenn (Satz 5) ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht und unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Dies bedeutet, dass Renten wegen voller Erwerbsminderung, auf die nur deshalb ein Anspruch besteht, weil das Leistungsvermögen auf drei bis unter sechs Stunden abgesunken ist und von der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes ausgegangen werden muss, grundsätzlich befristet geleistet werden. In Fällen der Befristung aber werden derartige Renten nach § 101 Abs. 1 SGB VI nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Ausgehend vom Eintritt des Versicherungsfalles der vollen Erwerbsminderung (abgesunkenes Leistungsvermögen auf drei bis unter sechs Stunden) nach der Untersuchung durch Dr. J. (April 2009) läge der Leistungsbeginn einer derartigen Rente nach dem 01.07.2009. Dies würde auch dann gelten, wenn - entgegen der Beurteilung von Dr. J. - der Versicherungsfall mit dem Datum des Rentenantrages (06.02.2009) angenommen würde. Ab dem 01.07.2009 aber bezog der Kläger bereits - auf Grund der insoweit bestandskräftig gewordenen Bewilligung vom 24.08.2009 - Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Da nach § 34 Abs. 4 SGB VI nach Beginn der Bewilligung einer Rente wegen Alters der Wechsel in eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen ist, scheidet ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem 30.06.2009 aus. Im Übrigen macht der Kläger diesen Anspruch auch nur bis zum 30.06.2009 geltend.
Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen aus dem Jahr 2006 rechtfertigen keine andere Beurteilung. Schon die danach tatsächlich durchgeführten beruflichen Maßnahmen zur Teilhabe sprechen gegen ein seit 2006 rentenrelevant abgesunkenes Leistungsvermögen und die vorgelegten älteren Unterlagen vermögen auch die zeitnahe Leistungsbeurteilung von Dr. J. nicht zu widerlegen.
Soweit der Kläger zur Begründung des von ihm auf Oktober 2008 datierten Versicherungsfalles auf seine fehlende Vermittelbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verweist, kommt es hierauf nicht an. Denn nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI ist die jeweilige Arbeitsmarktlage bei der Prüfung der Erwerbsminderung nicht zu berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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