L 13 AL 889/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 3147/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 889/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 9. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Umstritten ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. Juni bis 30. September 2014 hat und insoweit die erforderliche Wartezeit erfüllt.

Der Kläger ist seit 22. Dezember 2000 mit der aus Bosnien stammenden (H.Z.) verheiratet, die ihre Tochter (A.I.) mit in die Ehe gebracht hat. Er betrieb bereits 1986 die Firma Z. Reinigungssysteme als Einzelfirma in B ... Diese Firma übertrug er dann nach seinen Angaben ("ich glaube im Jahr 2006") auf A.I. und wurde in der Folge als Arbeitnehmer geführt. Diese Firma existierte nach Angaben des Klägers bis 31. Mai 2012 (Löschung im Handelsregister am 21. Dezember 2012). Da A.I. - so seine weiteren Angaben - damals heiratete und man "Komplikationen" mit deren Ehemann befürchtete, wurde das Unternehmen dann wieder auf den Kläger übertragen. Notariell am 11. Mai 2012 beurkundet errichtete der Kläger eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) unter der Firma Z. Reinigungssysteme UG (haftungsbeschränkt) - im Weiteren Firma GZR UG - mit Sitz in B., wobei er vom gesamten Stammkapital in Höhe von 2.000,00 EUR einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 2.000,00 EUR durch Bareinlage übernahm und er - von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vollumfänglich befreit - zum stets alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt wurde. Als Gegenstand des Unternehmens war gemäß der als Anlage zur notariellen Beurkundung beigefügten Satzung der "Vertrieb, Service und Vermietung von Reinigungssystemen, Fuhrparkbetreuung, Import und Export von Maschinen und Fahrzeugen" angegeben.

Mit weiterem notariellen Vertrag vom 3. Juli 2012 schenkte der Kläger H.Z. seinen Geschäftsanteil an der Firma GZR UG der H.Z. und trat ihn dieser ab. Hierbei wurde dem Kläger ein Rücktrittsrecht mit Anspruch auf Rückübertragung des verschenkten Geschäftsanteils u.a. für den Fall vorbehalten, dass die Ehe zwischen ihm und H.Z. in anderer Weise als durch Tod aufgelöst werden sollte, wobei das Rückgaberverlangen bereits mit Erhebung der Scheidungsklage durch einen Ehegatten gestellt werden können sollte.

In der Folgezeit war dann der Kläger für die Firma GZR UG tätig, die für ihn Sozialversicherungsbeiträge entrichtete, laut Versicherungsverlauf des Rentenversicherungsträgers aber erst ab 1. Januar 2013. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde zwischen der Firm GZR UG und dem Kläger nicht geschlossen. Der Kläger erhielt nach seinen Angaben von Juni 2012 bis Mai 2013 ein monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von 3.700,00 EUR brutto, ab Juni 2013 habe ihn die Firma GZR UG auf der Grundlage einer Stundenlohnvereinbarung vergütet, sodass das Arbeitsentgelt gemäß einer vorgelegten Arbeitsbescheinigung in der Zeit von Juni 2013 bis Mai 2014 zwischen 3.104,44 EUR und 4.236,75 EUR brutto schwankte (gezahltes Bruttoarbeitsentgelt).

Mit Schreiben vom 25. April 2014, unterschrieben vom Kläger, kündigte die Firma GZR UG "wegen der zur Zeit schlechten wirtschaftlichen Lage" das "Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31.05.2014".

Daraufhin meldete sich der Kläger bei der Beklagten am 30. Mai 2014 arbeitslos sowie arbeitsuchend und beantragte die Gewährung von Alg, wobei er angab, als "Monteur/Kaufmann" beschäftigt gewesen zu sein.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 9. Juli 2014 die Bewilligung von Alg ab. Der Kläger habe die gemäß § 137 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) erforderliche Anwartschaftszeit nicht erfüllt. In der zweijährigen Rahmenfrist habe er nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, denn er sei bei der Firma GZR UG nicht "beschäftigt" gewesen. Als Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit der Gesellschafterin familiär verbunden sei, habe keine Beschäftigtenstellung vorgelegen, weil er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Firma GZR UG nach eigenem Gutdünken habe führen können und dies getan habe, ohne dass ihn die Gesellschafterin daran gehindert habe.

Mit seinem am 25. Juli 2014 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, bei der Firma GZR UG handele es sich nicht um ein Familienunternehmen. Der Name Z. Reinigungssysteme bestehe schon seit 1986, weshalb dieser auch weitergeführt worden sei. Man hätte auch einen anderen Namen wählen können. Die Inhaberin H.Z. habe er so gut in ihrer Firma eingelernt, dass sie diese auch ohne ihn führen könne. Selbst die Buchhaltung werde "unter ihrer Aufsicht geführt und dem Steuerberater vorgelegt". Entscheidungen würden grundsätzlich von der Gesellschafterin getroffen und nicht nach seinem Gutdünken. Hieran liege ihm schon deshalb viel, weil er mit 60 Jahren keine so lange Lebenserwartung und "keinen Garantieschein für Gesundheit" habe. Hierzu hat er auszugsweise seinen Versicherungsverlauf von der Rentenversicherung vorgelegt, der u.a. Pflichtbeitragszeiten vom 1. April bis 30. September 2007, 1. April bis 30. September 2008 und 1. Januar bis 31. Oktober 2009, eine Pflichtbeitragszeit wegen Bezugs von Arbeitslosengeld II (ohne Arbeitslosigkeit) vom 1. Dezember 2009 bis 31. Mai 2010 sowie wiederum Pflichtbeitragszeiten vom 1. Juni 2010 bis 31. Mai 2012 und 1. Januar 2013 bis 31. Mai 2014 ausweist.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2014 zurück. Der Kläger habe bei der Firma GZR UG in keinem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Er sei alleiniger Gründungsgesellschafter mit dem gesamten Geschäftsanteil von 2.000,00 EUR und stets alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen, der vom Selbstkontrahierungsverbot voll umfänglich befreit gewesen sei. Daran habe sich auch mit der Geschäftsanteilsabtretung zugunsten von H.Z. für den Kläger, der nun Fremdgeschäftsführer geworden sei, nichts geändert. Bereits der notarielle Abtretungsvertrag weise klar auf eine "Familien-GmbH" hin. Dabei sei ein Interessenkonflikt zwischen der "Firma" und dem Kläger praktisch undenkbar, was bei Arbeitnehmern typischerweise anders sei. Es könne auch nicht von einer echten Unterordnung des Klägers unter das Weisungsrecht der "Firmenleitung" (Ehefrau) ausgegangen werden. Der familiäre Charakter der Firma GZR UG komme auch dadurch zum Ausdruck, dass der Kläger nach dem Abtretungsvertrag im Falle einer Scheidung von H.Z. die Rückübertragung des verschenkten Geschäftsanteils verlangen können sollte. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass er an Weisungen der H.Z. gebunden gewesen sei. Nur er habe über einschlägige Branchenkenntnisse verfügt. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag zwischen ihm und der Firma GZR UG habe es nicht gegeben, ebenso wenig eine klare Vereinbarung zur Vergütung. Im Formular "Gesellschafter/Geschäftsführer" zum Antrag auf Alg habe der Kläger die Frage, ob eine monatliche, gleichbleibende Vergütung für die geleistete Arbeit gezahlt worden sei, verneint. Dass die Firma GZR UG für ihn tatsächlich Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet habe sei unerheblich, denn entscheidend sei allein, ob nach dem Gesetz Versicherungspflicht vorgelegen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.

Deswegen hat der Kläger am 19. September 2014 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Er hat geltend gemacht, er sei Arbeitnehmer der Firma GZR UG gewesen, deren Alleingesellschafterin H.Z. gewesen sei. Er habe deren Weisungsrecht, das tatsächlich ausgeübt worden sei, unterlegen. Von Juni 2012 bis Mai 2013 habe er ein festes Gehalt von monatlich 3.700,00 EUR brutto erhalten, danach habe man auf Stundenlohn umgestellt. Zu keinem Zeitpunkt habe er eine Umsatz- oder Gewinnbeteiligung gehabt. H.Z. habe das Büro geleitet, den Einkauf gemacht und die Buchhaltung sowie Verhandlungen mit Kunden geführt und ihn nach Eingang eines Auftrags angewiesen, wie und wann er den Auftrag zu erledigen gehabt habe. Er habe alle Monteurtätigkeiten ausgeführt, weitere Mitarbeiter habe es nicht gegeben. Als Geschäftsführer sei er zwar vom Selbstkontrahierungsverbot befreit gewesen, "der Einfachheit halber" habe man dies bei der Übertragung der Geschäftsanteile auf H.Z. belassen. Allerdings habe er kaum geschäftsführende bzw. leitende Tätigkeiten ausgeübt. Entscheidungen habe er immer im Innenverhältnis genehmigen lassen müssen. Das Rücktrittsrecht im Übergabevertrag sei auf Vorschlag des Notars aufgenommen worden. Seine Branchenkenntnisse sprächen nicht gegen eine Abhängigkeit. H.Z. habe die Firma GZR UG nicht gleich selbst gegründet, weil es schnell habe gehen müssen, damit die Arbeit habe weitergeführt werden können. Man habe gedacht, man könne das hinterher immer noch ändern. Er habe seine Arbeit mehr oder weniger nahtlos fortgesetzt, im Wesentlichen mit denselben Kunden und auch bei ähnlicher Tätigkeit. Er sei auf Stundenbasis vergütet worden und es sei nur das bezahlt worden, was er tatsächlich an Arbeitsstunden geleistet habe. H.Z. habe keine Ausbildung. Sie habe in Bosnien allerdings gearbeitet, in Deutschland seit 2000 hingegen nicht. Im Unternehmen von A.I. sei sie gelegentlich als Aushilfe tätig gewesen. Sie habe dort Büroarbeiten erledigt und sich auch insoweit ganz gut eingearbeitet. Im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Firma GZR UG halte sie den Kontakt zu den Auftraggebern und teile ihm dann mit, was zu machen sei. Auf Frage nach Aufträgen in Bosnien hat er erklärt, man habe "mal gebrauchtes Material nach Bosnien gefahren, alles Mögliche, z.B. Möbel, wobei alle Gegenstände nichts mit ihren Betriebsmitteln zu tun gehabt" hätten. H.Z. erhalte kein laufendes Gehalt, sie erhalte, was am Ende des Jahres übrig sei. Auf Frage nach dem Gewinn oder Verlust in den Jahren 2013 hat er angegeben, für 2013 habe es eine Steuernachzahlung gegeben, die er allerdings nicht beziffern könne, darum kümmere sich ja H.Z. Diese habe eigentlich keinen Gewinn aus dem Unternehmen entnommen. Seine Kündigung sei erfolgt, weil man zu wenig Aufträge gehabt habe. H.Z. habe in der Zeit nichts für das Unternehmen getan, dieses habe geruht. Seit 1. Oktober 2014 sei er wieder häufiger als Aushilfsfahrer unterwegs gewesen, wobei es sich um Aufträge handle, die die Firma GZR UG von Dritten bekomme und die Fahrzeuge auch diesen gehörten. Das erste Jahr habe er eine feste Vergütung erhalten. Anfangs hätten eher die Reinigungssysteme im Vordergrund gestanden, z.B. Sandstrahlen. Hierfür habe er auch die entsprechenden Geräte gehabt. Das Geschäft sei dann aber im Lauf der Zeit zugunsten anderer Tätigkeiten immer weiter zurückgegangen. Die Fahrdienste hätten zugenommen. Dadurch sei deutlich mehr zu verdienen gewesen.

Das SG hat H.Z. am 8. Oktober 2014 als Zeugin vernommen. Sie hat angegeben, der Kläger habe zunächst sein Unternehmen an ihre Tochter übertragen, wann dies gewesen sei, wisse sie nicht, "vielleicht 2009". Man habe auch im Bereich Import/Export arbeiten wollen. Die Gründung der Firma GZR UG durch den Kläger und die erst später erfolgte Übertragung der Geschäftsanteile an sie sei letztlich auf eine Falschberatung durch den Steuerberater zurückzuführen. Das neue Unternehmen sei eine Spedition. Im Bereich Reinigungssysteme mache man nichts. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag mit dem Kläger sei nicht abgeschlossen worden und man habe das auch nicht erwogen. Der Kläger erhalte einen Lohn von 3.700,00 EUR. Wenn mehr Arbeit da sei, bekomme er mehr, wenn weniger, dann sei auch der Lohn geringer. In Bosnien habe sie nicht gearbeitet und sie habe auch keine Berufsausbildung. Sie habe im Unternehmen der Tochter im Büro "ein bisschen mitgeholfen", dafür allerdings kein Geld bekommen. Bei der Firma GZR UG mache sie Telefondienst, schreibe Rechnungen, gebe auch Post ab und führe die Gespräche mit dem Steuerberater. Für ihre Tätigkeit erhalte sie nichts. Im Sommer sei es allerdings etwas weniger gewesen und der Kläger habe "deshalb auch arbeitslos machen" wollen. Auf Frage, wie hoch der Gewinn im letzten Jahr oder der Verlust gewesen sei, hat sie geäußert, sie habe "keine Ahnung". Auf Frage zu den Geschäften im aktuellen Jahr hat sie angegeben, "wir habens noch nicht berechnet, vom Sommer bis jetzt ist es sehr viel weniger". Dem Kläger sei gekündigt worden, weil sie ("wir") "weniger Aufträge reinbekommen" hätten und sie ("wir") "daher auch weniger zahlen" wollten, "z.B. auch weniger Sozialversicherungsbeiträge". Seit Mai habe sie versucht, telefonisch Kunden zu gewinnen, was aktuell aber schwierig sei. Der Kläger fahre inzwischen wieder ein bisschen Spedition, aber nicht viel, ab Oktober 2014 sei er wieder angemeldet über den Steuerberater. Seither würden wieder Beiträge gezahlt. Bei ihrer Tochter habe sie - so auf Frage des Klägers - 400,00 EUR im Monat verdient.

Mit Urteil vom 9. Februar 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung von Alg, insbesondere die erforderliche Anwartschaftszeit lägen nicht vor, da der Kläger in der Zeit vom 1. Juni 2012 bis 31. Mai 2014 in keinem Versicherungspflichtverhältnis nach den §§ 24 ff. SGB III gestanden habe. Die Tätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH oder auch einer UG erfolge wenn der Geschäftsführer über keine Sperrminorität am Stammkapital verfüge und wegen der Bindung an die Gesellschafterversammlung regelmäßig im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses. Da der Kläger ab 3. Juli 2012 nicht mehr am Stammkapital der Firma GZR UG beteiligt gewesen sei, habe er keine rechtliche Handhabe gehabt, Weisungen der Gesellschaft zu verhindern. Die rechtlich bestehende Weisungsgebundenheit gegenüber der Firma GZR UG sei aber durch die tatsächlichen Verhältnisse so überlagert gewesen, dass ein Beschäftigungsverhältnis nicht anzunehmen sei. Wenn der Gesellschafter das ihm zustehende Direktionsrecht tatsächlich nicht ausübe und dem Geschäftsführer völlig freie Hand lasse, was insbesondere bei überlegenem Fachwissen des Geschäftsführers oder bei besonderer Rücksichtnahme in einer sogenannten Familien-Gesellschaft in Betracht komme und der Geschäftsführer faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen könne, ohne dass ihn der Gesellschafter daran hindere, sei Selbstständigkeit anzunehmen. Es spreche zudem gegen eine Beschäftigung, wenn die Höhe der Vergütung von der Ertragslage abhängig sei. Der Kläger sei seit 1986 in der Branche tätig und die 2012 gegründete Firma GZR UG habe erneut seinen bürgerlichen Namen erhalten. Er habe auch auf Grund seiner langjährigen Tätigkeit über das erforderliche Fachwissen, um den Betrieb zu leiten, verfügt. Ferner habe er während der Rahmenfrist im Unternehmen frei "schalten und walten" dürfen, H.Z. habe ihn weder kontrolliert, noch angewiesen. Sie stamme aus Bosnien und lebe erst seit 2000 in Deutschland, habe eine Berufsausbildung nicht absolviert und ihre praktische Tätigkeit habe sich aus Aushilfe im Büro der Firma GZR UG beschränkt. Angesichts dessen sei sie schon nicht in der Lage gewesen, dem fachkundigen Kläger Weisungen zu erteilen, wie er seine Tätigkeit zu verrichten habe. Unglaubhaft sei auch die Behauptung, H.Z. habe Verträge mit Kunden ausgehandelt, denn hierzu sei sie rechtlich gar nicht befugt gewesen. Gegen eine Kontrolle des Klägers durch H.Z. spreche zudem, dass sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme über die geschäftlichen Verhältnisse der Firma offenkundig nicht im Bilde gewesen sei, so habe sie die Frage, ob die Firma im vorangegangenen Jahr Gewinn oder Verlust erwirtschaftet habe, nicht beantworten können. Auch der Kläger habe angegeben, dass sich seine Tätigkeit durch die Gründung der Firma GZR UG praktisch nicht geändert und er seine Arbeit mehr oder weniger nahtlos fortgesetzt habe. Der Hinzutritt einer neuen Gesellschafterin habe somit keinen relevanten Einfluss auf die berufliche Tätigkeit des Klägers gehabt. Auch wirtschaftlich gesehen habe die Tätigkeit des Klägers für die Firma HZR UG eher der Tätigkeit eines eigenen Unternehmens entsprochen. Sein persönlicher Ertrag habe wesentlich vom Erfolg oder Misserfolg der Firma abgehangen. Auch der Unternehmensgewinn sei ihm mittelbar doch zu Gute gekommen, nämlich über die eheliche Gemeinschaft. Dieser Effekt sei offenbar auch gewollt gewesen, zumal der Kläger nach den Bestimmungen des Abtretungsvertrages bei Erhebung einer Scheidungsklage die Rückübertragung des verschenkten Geschäftsanteils hätte verlangen können. Ab Juni 2012 habe der Kläger keine feste monatliche Vergütung erhalten, wie dies im Vordruck angegeben worden sei. Zuletzt habe er präzisiert, er sei zeitweise auf Stundenbasis vergütet worden, was sich auch aus den Angaben der Zeugin H.Z. ergebe. Im Ergebnis sei das Arbeitsentgelt an die jeweilige Ertragslage der Firma GZR UG gekoppelt gewesen. Auffällig sei außerdem, dass nach dem Versicherungsverlauf des Rentenversicherungsträgers vom 1. Juni bis 31. Dezember 2012 gar kein Arbeitsentgelt gemeldet sei. Vor diesem Hintergrund seien auch die im Klageverfahren übersandten Lohnabrechnungen für Juni, August, Oktober und Dezember 2012 mit einem ausgewiesenen Bruttogehalt in Höhe von 3.700,00 EUR nicht nachvollziehbar. Wegen der Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil verwiesen.

Gegen das am 13. Februar 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. März 2015 Berufung eingelegt und sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Seine einschlägigen Branchenkenntnisse sprächen nicht gegen eine persönliche Abhängigkeit, zumal das Reinigungsgeschäft immer mehr zurückgegangen sei und neue Aufträge überwiegend im Bereich Spedition gekommen seien, wofür es ohnehin keiner besonderen Branchenkenntnisse bedürfe. Bei der Tätigkeit der von ihm gegründeten Firma GZR UG habe es eigentlich um mit Import/Export nach Bosnien gehen sollen, wofür nur H.Z. die nötigen Sprachkenntnisse und Kontakte gehabt habe. Deshalb habe er ihr die Geschäftsanteile übertragen. Er habe dann mehr oder weniger nahtlos seine Tätigkeit fortgeführt, die er schon bei der A.I. übertragenen Firma ausgeübt habe. H.Z. sei im Übrigen auch in der Lage gewesen, ihm Weisungen, wie, wann und wo er seine Tätigkeiten zu erledigen gehabt habe, zu erteilen und dies auch getan. Sie habe auch Verhandlungen mit Kunden geführt. Bei bosnischen Kunden habe ohnehin nur sie die Gespräche führen können. Auch wenn H.Z. die Firma GRZ UG nicht habe vertreten können, habe sie die Verträge aushandeln können und es genügt, wenn er sie abgeschlossen habe. Im Übrigen habe er auch von Juni 2012 bis Mai 2013 ein festes Monatsgehalt von 3.700,00 EUR brutto bezogen. Danach habe man auf Stundenlohn umgestellt. Eine Koppelung des Arbeitsentgelts an die Ertragslage der Firma sei damit nicht verbunden gewesen. Im Übrigen habe die Deutsche Rentenversicherung Bund nun mit Bescheid vom 21. Januar 2015 festgestellt, dass seine Tätigkeit bei der Firma GZR UG ab 1. Oktober 2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Er übe dieselbe Tätigkeit aus, wie schon früher. Eine Feststellung durch den Rentenversicherungsträger vor dem 1. Oktober 2014 sei lediglich wegen der verspäteten Antragstellung nicht mehr möglich. Auch die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft habe das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses bestätigt. Im Erörterungstermin vom 27. Oktober 2015 hat der Kläger noch angegeben, während der Beschäftigung bzw. Tätigkeit bei der Firma GZR UG sei er nie arbeitsunfähig krank gewesen, er hätte aber, wenn er einen Tag krank gewesen wäre, in der Zeit, während er auf Stundenlohnbasis gearbeitet habe, keine Vergütung erhalten. Wenn ihm während der Zeit der Arbeitslosigkeit eine Stelle vermittelt worden wäre, hätte er diese auch angetreten. H.Z. hätte dann für ihre Firma bei Bedarf mit Sicherheit jemand anderen eingestellt, u.a. hätte sie ja auch ihn wieder einstellen können.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 9. Februar 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. August 2014 zu verurteilen, ihm vom 1. Juni 2014 bis 30. September 2014 Arbeitslosengeld zu gewähren. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, denn er hat keinen Anspruch auf Alg für den streitgegenständlichen Zeitraum. Nach § 137 Abs. 1 SGB III hat Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit, wer 1. arbeitslos ist, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Die Anwartschaftszeit hat nach § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III erfüllt, wer in der Rahmenfrist des § 143 SGB III mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Sie beträgt zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg (§ 143 Abs. 1 SGB III). Damit erstreckt sich die Rahmenfrist für die begehrte Gewährung von Alg ab 1. Juni 2014 auf den Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis 31. Mai 2014. Der Kläger hat in diesem Zeitraum in keinem Versicherungspflichtverhältnis nach den §§ 24 ff. SGB III gestanden.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die auch o.g. rechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen für die Annahme eines Versicherungspflichtverhältnisses sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung referiert und u.a. ausgeführt, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit für die Firma GZR UG nicht versicherungspflichtig beschäftigt war, weil er auf Grund seines durch langjährige Ausübung der Tätigkeit vorhandenen Fachwissens frei schalten und walten" konnte, von der über keine entsprechende Kenntnisse verfügenden H.Z. nicht kontrolliert und angewiesen werden konnte und weil diese mangels rechtliche Geschäftsführungsbefugnis Verträge nicht aushandeln konnte und über die geschäftlichen Verhältnisse, wie nach ihrer Aussage festzustellen, nicht im Bilde war ("keine Ahnung" bezüglich Gewinn und Verlust im vorangegangenen Jahr) und er somit faktisch nicht weisungsgebunden und auch tatsächlich einem Weisungsrecht nicht ausgesetzt war. Der Senat schließt sich der ausführlichen und schlüssigen Begründung des SG unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers, auch im Berufungsverfahren, uneingeschränkt an und weist die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Ergänzend ist anzumerken, dass weder glaubhaft, noch nachgewiesen ist, dass der Kläger Weisungen der H.Z. unterworfen war. Vielmehr hat er allein maßgeblich das Unternehmen geführt. Soweit er geltend macht, man habe Geschäfte im Bereich Import/Export mit Bosnien tätigen wollen, ist schon nicht ansatzweise erkennbar und feststellbar, dass entsprechende Geschäfte ernsthaft angebahnt wurden oder gar tatsächlich zustande gekommen sind. Der Kläger selbst hat angegeben, man habe "mal" gebrauchtes Material nach Bosnien gefahren, "alles Mögliche, z.B. Möbel", aber alles Gegenstände, die nichts mit ihren Betriebsmitteln zu tun gehabt hätten. Auch die Tatsache, dass H.Z. Büro- und Telefondienste übernommen hat und so Aufträge notiert hat, die der Kläger dann ausgeführt hat, spricht nicht für eine Weisungsgebundenheit. Dass von H.Z. aufgenommene Aufträge vom Kläger ausgeführt wurden, lag nicht an einer "Weisung" der H.Z., sondern in seinem eigenen Interesse. Im Übrigen hat die Vernehmung der H.Z. durch das SG ergeben, dass diese keine näheren Kenntnisse in Bezug auf die Ertrags- und Gewinnlage der Firma GZR UG hat.

Ferner hat der Kläger, dessen Tätigkeit auch nach seinen eigenen Angaben sich zu keinem Zeitpunkt verändert hat, angegeben, im Falle einer Arbeitsunfähigkeit hätte er für diesen Tag bzw. für diese Zeit in der Zeit, in der er auf Stundenbasis entlohnt worden sei, keine Vergütung erhalten. Dies zeigt, dass er insoweit allein das unternehmerische Risiko bzw. das Risiko der Auftragslage der Firma getragen hat. Auch die Tatsache dass die Kündigung wegen der schlechten Auftragslage erfolgt ist und er "deshalb auch arbeitslos machen" wollte, wie H.Z. bei ihrer Vernehmung als Zeugin angegeben hat, spricht dafür, dass es sich faktisch nicht um ein Versicherungspflichtverhältnis im Sinne einer abhängigen Beschäftigung gehandelt hat. Wie er selbst im Erörterungstermin angegeben hat, hätte er zwar bei Vermittlung einer Tätigkeit durch die Beklagte während seiner Arbeitslosigkeit diese angenommen, wenn dies die Auftragslage ergeben hätte, hätte H.Z. jemand eingestellt, u.a. hätte sie auch ihn "wieder einstellen können".

An Gewinn und Verlust der Firma war der Kläger auch insofern beteiligt, als ihm ein etwaiger Gewinn - soweit nach Zahlung seines "Entgelts" verbleibend - über seine Ehefrau H.Z. zu Gute gekommen ist.

Das Führen des Klägers als Beschäftigten, obgleich er die Firma faktisch wie ein Unternehmer leitete, diente allein dem Zweck, für ihn Versicherungsschutz wie für einen Arbeitnehmer zu erhalten. Das Gesamtbild und die tatsächlichen Umstände sprechen hier jedoch eindeutig dafür, dass die Tätigkeit des Klägers als selbstständige Tätigkeit zu qualifizieren ist und ein im Sinne der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorgelegen hat.

Soweit die Deutsche Rentenversicherung Bund für die Zeit ab 1. Oktober 2014 das Vorliegen eines Versicherungspflichtverhältnisses festgestellt hat, bindet dies für den vorliegend streitgegenständlichen Zeitraum nicht, für den von der Beklagten bzw. nun vom Gericht zu entscheiden ist, ob es sich tatsächlich um ein Versicherungspflichtverhältnis gehandelt hat. Unabhängig davon dürften die Feststellungen der Deutschen Rentenversicherung Bund schlicht auf den Angaben und Behauptungen, die ihr gemeldet wurden, beruhen, ohne dass eine tiefere sachliche Prüfung stattgefunden hat. Hierauf kommt es jedoch letztlich nicht an. Im Übrigen gilt dies auch insoweit, als die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft eine "korrekte Anmeldung" des Beschäftigungsverhältnisses bestätigt hat.

Da somit der Kläger in der Rahmenfrist in keinem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat, hat er auch keinen Anspruch auf Alg.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weswegen die Berufung zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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