Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 3383/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1266/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 25.02.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin höhere Erwerbsminderungsrente unter Berücksichtigung der Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 als Anrechnungszeit zusteht.
Die am 1956 geborene Klägerin beabsichtigte nach Abschluss ihrer schulischen Ausbildung zum 01.09.1972 in der damaligen D. eine Ausbildung zum Vermessungsfacharbeiter zu beginnen (vgl. Lehrvertrag vom 15.11.1971, Bl. 6 VerwA RMG). Dies wurde dadurch vereitelt, dass sie im Rahmen der zuvor aufgenommenen nicht rentenversicherungspflichtigen Aushilfstätigkeit (Schüler in Ferienbeschäftigung) im HO Gaststättenbetrieb Bad F.-E.(im Folgenden: HO Gaststättenbetrieb) am 15.08.1972 auf dem Weg zur Arbeit einen Verkehrsunfall erlitt, bei dem sie sich erhebliche Verletzungen zuzog (vgl. Unfallmeldung Bl. 5 VerwA RMG). Eine berufliche Ausbildung begann die Klägerin deshalb erst zum 01.09.1974.
Mit Bescheid vom 06.02.2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.09.2011 in Höhe von 685,69 EUR (brutto). Bei der Rentenberechnung berücksichtigte sie dabei die Zeit ab Vollendung des 17. Lebensjahres bis zum Beginn der beruflichen Ausbildung, mithin die Zeit vom 27.02.1973 bis zum 31.08.1974 als Anrechnungszeit wegen Krankheit und lehnte die Berücksichtigung der Zeit vom 15.08.1972 bis 26.02.1973 - wie schon im Vormerkungsbescheid vom 23.09.2011 - als Anrechnungszeit ab. Hinsichtlich der Einzelheiten der Rentenberechnung, insbesondere der rentenrechtlichen Zeiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Zeit vom 15.08.1972 bis 26.02.1973 sei zu Unrecht nicht als Beitragszeit berücksichtigt worden. Vom 14. bis 31.08.1972 sei sie im HO Gaststättenbetrieb tätig gewesen, als es am 15.08.1972 zu dem folgeschweren Wegeunfall gekommen sei. Sie habe sich damit in einer versicherten Beschäftigung befunden, die durch den Unfall unterbrochen worden sei. Auch in Bezug auf die Ausbildung, die am 01.09.1972 hätte beginnen sollen, sei eine versicherte Beschäftigung unterbrochen. Hierzu legte sie neben der erwähnten Unfallmeldung und dem Lehrvertrag u.a. eine Abrechnung der Staatlichen Versicherung der D. über Verdienstausfall und das Ärztliche Gutachten "über die Feststellung des Körperschadens infolge eines Arbeitsunfalles" vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung zurück, bei der streitigen Zeit handele es sich weder um eine Beitragszeit noch eine Anrechnungszeit. Pflichtbeiträge seien im Sozialversicherungsausweis der Klägerin erst ab 01.09.1974 eingetragen. Versicherungspflicht habe für die davor ausgeübte Aushilfstätigkeit nicht bestanden. Kraft Gesetzes seien von der Versicherungspflicht Personen ausgenommen gewesen, die Gelegenheitsarbeiten oder solche Arbeiten ausüben, die nicht als Hauptquelle für ihren Lebensunterhalt anzusehen seien. Die Berücksichtigung einer Anrechnungszeit wegen Krankheit gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) setze nach Abs. 2 der Regelung voraus, dass hierdurch eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit unterbrochen worden sei, was bei der Klägerin nicht der Fall sei, da sie vor dem Unfall keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe. Auf der Grundlage des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB VI seien Anrechnungszeiten erst ab Vollendung des 17. Lebensjahres zu berücksichtigen. Demgegenüber liege die im Streit stehende Zeit vor Vollendung des 17. Lebensjahres.
Am 27.10.2014 hat die Klägerin beim Sozialgericht Ulm (SG) unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren mit dem Begehren Klage erhoben, ihr höhere Erwerbsminderungsrente unter Berücksichtigung der Zeit vom 15.08.1972 bis 26.02.1973 als Anrechnungszeit zu gewähren.
Mit Gerichtsbescheid vom 25.02.2015 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, mangels Unterbrechung einer versicherten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit sei die im Streit stehende Zeit keine Anrechnungszeit. Zwar habe die Klägerin als Aushilfe im HO Gaststättenbetrieb wohl unter Unfallversicherungsschutz gestanden, hingegen sei diese Tätigkeit nicht rentenversicherungspflichtig gewesen. Hinweise auf die Entrichtung von Rentenversicherungsbeiträge lägen nicht vor. Anrechnungszeiten ab Vollendung des 17. Lebensjahres seien im Übrigen berücksichtigt.
Gegen den ihren Bevollmächtigten am 02.03.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 02.04.2015 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und nunmehr lediglich noch die Berücksichtigung der Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 als Anrechnungszeit begehrt. Sie macht geltend, es sei zwar zutreffend, dass sie vom 15. bis 31.08.1972 lediglich als Aushilfe/Schülerin in einer Ferienbeschäftigung tätig gewesen sei, jedoch habe sie ab 01.09.1972 eine Lehre zur Vermessungsfacharbeiterin beginnen sollen. Somit habe sie sich ab 01.09.1972 in einer beitragspflichtigen Beschäftigung befunden. Auch im Krankenstand sei ihr das monatliche Lehrlingsgeld von der staatlichen Versicherung der D. gezahlt worden. Bei der Rentenberechnung sei daher die Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 mit zu berücksichtigen. Es könne keinen Unterschied machen, ob eine Ausbildung unterbrochen werde, oder ob sie - wie in ihrem Fall - durch einen tragischen Verkehrsunfall nicht angetreten werden könne. Die vom Bundessozialgericht (BSG) geschaffenen Überbrückungstatbestände müssten auch für die im Streit stehende Zeit (geplante Ausbildungszeit) gelten. Im Übrigen sei der auf Grund einer Gesetzesänderung eingeführte § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB VI nicht einschlägig. Zu ihren Gunsten sei § 58 SGB VI in der Fassung vom 18.12.1989 anzuwenden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 25.02.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bescheides vom 06.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2014 höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 als Anrechnungszeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 06.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2014 insoweit, als die Beklagte es ablehnte, der Berechnung der Erwerbsminderungsrente der Klägerin auch die Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 als Anrechnungszeit zu Grunde zu legen. Demgegenüber ist der Bescheid vom 06.02.2014 im Hinblick auf die Zeit vom 15. bis 31.08.1972 bestandskräftig geworden, nachdem die Klägerin ihre Berufung auf die Berücksichtigung der Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 als Anrechnungszeit beschränkt hat. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig.
Diese Klage hat das SG zu Recht abgewiesen. Denn soweit die Beklagte bei der Rentenberechnung die Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 nicht als Anrechnungszeit berücksichtigte ist dies rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Bei dieser Zeit handelt es sich nicht um eine der Rentenberechnung zu Grund zu legende Anrechnungszeit, weshalb der Klägerin auch keine höhere Rente zusteht.
Einer Entscheidung in der Sache steht vorliegend der Vormerkungsbescheid vom 23.09.2011 nicht entgegen. Denn nach Eintritt des Leistungsfalls ist auch dann, wenn ein bindend gewordener (ablehnender) Vormerkungsbescheid erlassen wurde, ein Begehren in Bezug auf streitbefangene Zeiten nicht mehr im Wege eines gesonderten Verfahrens zur Korrektur des Vormerkungsbescheides zu verfolgen, sondern vielmehr im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zum Erlass des Rentenbescheides bzw. nachfolgend zu dessen Überprüfung. Denn im Rentenbescheid sind sämtliche für die Berechnung der Rente bedeutsamen Zeiten auf der Grundlage des zutreffenden Sachverhalts und des für die Rentenbewilligung maßgeblichen Rechts zu berücksichtigen. Stehen einer solchen Entscheidung Feststellungen eines Vormerkungsbescheids entgegen, sind diese "im Rentenbescheid" aufzuheben (§ 149 Abs. 5 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, so BSG Urteil vom 06.05.2010, B 13 R 118/08 R, juris; weitergehend, BSG, Urteil vom 14.12.2011, B 5 R 36/11 R, juris: frühere Vormerkungsbescheide erledigen sich "in sonstiger Weise" nach § 39 Abs. 2 SGB X) und zwar entweder nach § 44 Abs. 2 SGB X (bei rechtswidrig nicht begünstigenden Feststellungen) oder nach § 45 SGB X (bei rechtswidrig begünstigenden Feststellungen). Nach Erlass eines Rentenbescheids besteht für ein gesondertes Rechtsbehelfsverfahren nur in Bezug auf die Feststellungen im Vormerkungsbescheid kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Ein solches Verfahren ist nach Erlass des Rentenbescheids unzulässig (BSG, a.a.O.). Entsprechend entschied die Beklagte im angefochtenen Bescheid auch über die Berücksichtigung der streitigen Zeit.
Die Höhe der Rente wegen voller Erwerbsminderung bestimmt sich nach den Regelungen der §§ 63 ff SGB VI über die Rentenhöhe. Danach richtet sich die Höhe der Rente vor allem nach der in Entgeltpunkte umgerechneten Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI) sowie daraus abgeleitete Entgeltpunkte für beitragsfreie Zeiten (§ 63 Abs. 3 SGB VI). Denn gemäß § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfacht werden.
Rentenrechtliche Zeiten sind gemäß § 54 Abs. 1 SGB VI Beitragszeiten, beitragsfreie Zeiten sowie Berücksichtigungszeiten. Beitragsfreie Zeiten sind gemäß § 54 Abs. 4 SGB VI Kalendermonate, die u.a. mit Anrechnungszeiten belegt sind, wenn für sie nicht auch Beiträge gezahlt worden sind.
Anrechnungszeiten sind nach der vorliegend allein in Betracht kommenden Regelung des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten haben, wobei nach Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 der Regelung eine Anrechnungszeit in diesem Sinne nur vorliegt, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit oder ein versicherter Wehrdienst oder Zivildienst oder ein versichertes Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes unterbrochen ist. Nach Halbsatz 2 der Vorschrift gilt dies nicht für Zeiten nach Vollendung des 17. und vor Vollendung des 25. Lebensjahres.
Diese Voraussetzungen liegen in der Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 nicht vor. Zwar geht der Senat ebenso wie die Beklagte davon aus, dass die Klägerin in dem streitigen Zeitraum wegen der gesundheitlichen Folgen des am 15.08.1972 erlittenen Arbeitsunfalles arbeitsunfähig war, jedoch unterbrach diese Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI keine versicherte Beschäftigung, selbstständige Tätigkeit oder ein sonstiges dort aufgeführtes Dienstverhältnis. Denn bei der Tätigkeit, im Rahmen derer sich der Unfall ereignete und der zu Arbeitsunfähigkeit führte, handelte es sich nicht um eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, so dass die eingetretene Arbeitsunfähigkeit auch keine derartige Beschäftigung oder Tätigkeit unterbrechen konnte. Die ausgeübte Aushilfstätigkeit im Rahmen einer Ferienbeschäftigung war versicherungsfrei und damit gerade nicht versicherungspflichtig, was die Klägerin im Berufungsverfahren auch selbst eingeräumt hat. Folgerichtig hat sie ihr ursprüngliches Begehren auf Anerkennung dieser Zeit als Beitragszeit auch nicht mehr aufrecht erhalten.
Die am 15.08.1972 auf Grund des Unfalles eingetretene Arbeitsunfähigkeit unterbrach - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch nicht das versicherungspflichtige Lehrverhältnis, das sich an die Aushilfstätigkeit im HO Gaststättenbetrieb anschließen sollte. Denn zum Zeitpunkt des Unfalles hatte die Klägerin dieses Lehrverhältnis, dessen Beginn für den 01.09.1972 vorgesehen war, noch nicht begonnen, so dass der Unfall schon begrifflich nicht zu einer Unterbrechung des Lehrverhältnisses führen konnte. Eine Unterbrechung im Sinne der genannten Regelung setzt einen zeitlichen Anschluss der zu beurteilenden Anrechnungszeit an eine Pflichtbeitragszeit wegen einer versicherten Beschäftigung, selbstständigen Tätigkeit oder der genannten Dienstverhältnisse voraus. Eine solche lag - wie bereits dargelegt - aber gerade nicht vor. Mangels tatsächlicher Aufnahme des Lehrverhältnis stand die Klägerin zu keinem Zeitpunkt in einer beitragspflichtigen Beschäftigung, die durch den Eintritt von Arbeitsunfähigkeit hätte unterbrochen werden können.
Im Hinblick auf die von der Klägerin vertretene Ansicht, dass unter Heranziehung der Rechtsprechung des BSG zu den Überbrückungstatbeständen auch in ihrem Fall eine Ausnahme vom eigentlich notwendigen zeitlichen Anschluss eines Anrechnungszeittatbestandes an eine versicherte Beschäftigung zuzulassen sei, hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass sich für die Klägerin auch hieraus nichts Günstigeres ableiten lässt.
Das von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut des Überbrückungstatbestands dient der Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Unterbrechung" (s. BSG, Urteil vom 30.07.2008, B 5a R 110/07 R in SozR 4-2600 § 237 Nr. 13; Urteil vom 26.07.2007, B 13 R 8/07 R in SozR 4-2600 § 58 Nr. 9). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Begriff der Unterbrechung nicht nur eine zeitliche Dimension, sondern auch einen kausalen Bezug aufweist. Die Anrechnungszeiten sollen dem Versicherten einen Ausgleich für bestimmte unverschuldete Beitragsausfälle (z.B. wegen Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit) gewähren. Die Überbrückungszeit wahrt den Anschluss an vorangegangene rentenrechtliche Zeiten, d.h. sie füllt vorhandene (mehr als einen Monat dauernde) Lücken zwischen dem Ende der versicherten Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit (bzw. einer Anrechnungszeit) und dem Beginn einer (weiteren) Anrechnungszeit aus, ohne dass die Überbrückungszeit selbst zu einer Anrechnungszeit wird. Die Überbrückungszeit gewährleistet lediglich, dass der Zurechnungszusammenhang mit nachfolgenden Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten bestehen bleibt. Hier vermag die streitige Zeit der Arbeitslosigkeit einen derartigen Zusammenhang nicht herzustellen, eben weil zuvor keine rentenversicherungsrechtliche Zeit vorhanden war. Entgegen der Auffassung der Klägerin dient somit das Rechtsinstitut des Überbrückungstatbestands allein dazu, eine tatsächlich vorhandene Unterbrechung zwischen zwei rentenrechtlichen Zeiten zu überbrücken und nicht dazu, eine gar nicht vorhandene Unterbrechung herzustellen.
Anders als die Klägerin meint, unterscheidet auch das Gesetz danach, ob eine begonnene Ausbildung wegen einer eingetretenen Arbeitsunfähigkeit nicht fortgesetzt werden kann, d.h. unterbrochen wird, oder ob bereits die Aufnahme der Ausbildung wegen einer eingetretenen Erkrankung scheitert. Fallgestaltungen der zuletzt genannten Art hat der Gesetzgeber mit Einfügung der Regelung des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB VI durch Gesetz vom 21.03.2001, BGBl. I 403, Rechnung getragen. Danach sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. und vor dem vollendeten 25. Lebensjahr mindestens einen Kalendermonat krank gewesen sind, soweit die Zeiten nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt sind. Diese Regelung korrespondiert mit § 58 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB VI, wonach der "Unterbrechungstatbestand" des Halbsatzes 1 nicht gilt für Zeiten nach Vollendung des 17. und vor Vollendung des 25. Lebensjahres. Demnach wird von dem Erfordernis der Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit von der Vollendung des 17. bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres abgesehen Dies dient der Schließung rentenrechtlicher Lücken zu Beginn der Versicherungsbiographie. Entsprechend berücksichtigte die Beklagte bei der Rentenberechnung der Klägerin auch eine Anrechnungszeit ab Vollendung ihres 17. Lebensjahres bis zum Beginn der später am 01.09.1974 aufgenommenen Ausbildung, d.h. in der Zeit vom 27.02.1973 bis zum 31.08.1974. Aus welchen Gründen es das Sozialstaatsprinzips gebieten soll, darüber hinausgehend eine beitragsfreie Zeit, wie die von der Klägerin geltend gemachte, vor Vollendung des 17. Lebensjahres liegende Zeit rentenerhöhend zu berücksichtigen, ist nicht ersichtlich. Entsprechende Gründe hat die Klägerin auch nicht dargelegt. Die in Rede stehende Regelung soll gerade Defizite in der Alterssicherung jüngerer Versicherten beseitigen, wenn sich deren Eintritt in das Erwerbsleben und damit die erstmalige Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ohne eigenes Verschulden verzögert oder bei Eintritt einer Erwerbsminderung unterdurchschnittliche Pflichtbeiträge in den ersten Jahren erhebliche Auswirkungen auf die Höhe der Erwerbsminderungsrenten haben. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin meint, die angesprochene Regelung sei für sie nicht einschlägig, vielmehr sei § 58 SGB VI in der Fassung vom 18.12.1989 anzuwenden. Schließlich hat § 58 Abs. 1 Nr. 1a SGB VI zu einer Erweiterung berücksichtigungsfähiger Anrechnungszeiten geführt, nicht aber zu deren Begrenzung. Soweit diese Neuregelung die berücksichtigungsfähige Zeit auf den Zeitraum ab der Vollendung des 17. Lebensjahres begrenzt, begegnet dies angesichts des weitgehenden Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers gerade bei der Einführung rentenrechtlicher Zeiten, denen keine Beitragsleistung zu Grunde liegt, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die Berufung der Klägerin kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin höhere Erwerbsminderungsrente unter Berücksichtigung der Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 als Anrechnungszeit zusteht.
Die am 1956 geborene Klägerin beabsichtigte nach Abschluss ihrer schulischen Ausbildung zum 01.09.1972 in der damaligen D. eine Ausbildung zum Vermessungsfacharbeiter zu beginnen (vgl. Lehrvertrag vom 15.11.1971, Bl. 6 VerwA RMG). Dies wurde dadurch vereitelt, dass sie im Rahmen der zuvor aufgenommenen nicht rentenversicherungspflichtigen Aushilfstätigkeit (Schüler in Ferienbeschäftigung) im HO Gaststättenbetrieb Bad F.-E.(im Folgenden: HO Gaststättenbetrieb) am 15.08.1972 auf dem Weg zur Arbeit einen Verkehrsunfall erlitt, bei dem sie sich erhebliche Verletzungen zuzog (vgl. Unfallmeldung Bl. 5 VerwA RMG). Eine berufliche Ausbildung begann die Klägerin deshalb erst zum 01.09.1974.
Mit Bescheid vom 06.02.2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.09.2011 in Höhe von 685,69 EUR (brutto). Bei der Rentenberechnung berücksichtigte sie dabei die Zeit ab Vollendung des 17. Lebensjahres bis zum Beginn der beruflichen Ausbildung, mithin die Zeit vom 27.02.1973 bis zum 31.08.1974 als Anrechnungszeit wegen Krankheit und lehnte die Berücksichtigung der Zeit vom 15.08.1972 bis 26.02.1973 - wie schon im Vormerkungsbescheid vom 23.09.2011 - als Anrechnungszeit ab. Hinsichtlich der Einzelheiten der Rentenberechnung, insbesondere der rentenrechtlichen Zeiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Zeit vom 15.08.1972 bis 26.02.1973 sei zu Unrecht nicht als Beitragszeit berücksichtigt worden. Vom 14. bis 31.08.1972 sei sie im HO Gaststättenbetrieb tätig gewesen, als es am 15.08.1972 zu dem folgeschweren Wegeunfall gekommen sei. Sie habe sich damit in einer versicherten Beschäftigung befunden, die durch den Unfall unterbrochen worden sei. Auch in Bezug auf die Ausbildung, die am 01.09.1972 hätte beginnen sollen, sei eine versicherte Beschäftigung unterbrochen. Hierzu legte sie neben der erwähnten Unfallmeldung und dem Lehrvertrag u.a. eine Abrechnung der Staatlichen Versicherung der D. über Verdienstausfall und das Ärztliche Gutachten "über die Feststellung des Körperschadens infolge eines Arbeitsunfalles" vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung zurück, bei der streitigen Zeit handele es sich weder um eine Beitragszeit noch eine Anrechnungszeit. Pflichtbeiträge seien im Sozialversicherungsausweis der Klägerin erst ab 01.09.1974 eingetragen. Versicherungspflicht habe für die davor ausgeübte Aushilfstätigkeit nicht bestanden. Kraft Gesetzes seien von der Versicherungspflicht Personen ausgenommen gewesen, die Gelegenheitsarbeiten oder solche Arbeiten ausüben, die nicht als Hauptquelle für ihren Lebensunterhalt anzusehen seien. Die Berücksichtigung einer Anrechnungszeit wegen Krankheit gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) setze nach Abs. 2 der Regelung voraus, dass hierdurch eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit unterbrochen worden sei, was bei der Klägerin nicht der Fall sei, da sie vor dem Unfall keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe. Auf der Grundlage des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB VI seien Anrechnungszeiten erst ab Vollendung des 17. Lebensjahres zu berücksichtigen. Demgegenüber liege die im Streit stehende Zeit vor Vollendung des 17. Lebensjahres.
Am 27.10.2014 hat die Klägerin beim Sozialgericht Ulm (SG) unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren mit dem Begehren Klage erhoben, ihr höhere Erwerbsminderungsrente unter Berücksichtigung der Zeit vom 15.08.1972 bis 26.02.1973 als Anrechnungszeit zu gewähren.
Mit Gerichtsbescheid vom 25.02.2015 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, mangels Unterbrechung einer versicherten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit sei die im Streit stehende Zeit keine Anrechnungszeit. Zwar habe die Klägerin als Aushilfe im HO Gaststättenbetrieb wohl unter Unfallversicherungsschutz gestanden, hingegen sei diese Tätigkeit nicht rentenversicherungspflichtig gewesen. Hinweise auf die Entrichtung von Rentenversicherungsbeiträge lägen nicht vor. Anrechnungszeiten ab Vollendung des 17. Lebensjahres seien im Übrigen berücksichtigt.
Gegen den ihren Bevollmächtigten am 02.03.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 02.04.2015 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und nunmehr lediglich noch die Berücksichtigung der Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 als Anrechnungszeit begehrt. Sie macht geltend, es sei zwar zutreffend, dass sie vom 15. bis 31.08.1972 lediglich als Aushilfe/Schülerin in einer Ferienbeschäftigung tätig gewesen sei, jedoch habe sie ab 01.09.1972 eine Lehre zur Vermessungsfacharbeiterin beginnen sollen. Somit habe sie sich ab 01.09.1972 in einer beitragspflichtigen Beschäftigung befunden. Auch im Krankenstand sei ihr das monatliche Lehrlingsgeld von der staatlichen Versicherung der D. gezahlt worden. Bei der Rentenberechnung sei daher die Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 mit zu berücksichtigen. Es könne keinen Unterschied machen, ob eine Ausbildung unterbrochen werde, oder ob sie - wie in ihrem Fall - durch einen tragischen Verkehrsunfall nicht angetreten werden könne. Die vom Bundessozialgericht (BSG) geschaffenen Überbrückungstatbestände müssten auch für die im Streit stehende Zeit (geplante Ausbildungszeit) gelten. Im Übrigen sei der auf Grund einer Gesetzesänderung eingeführte § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB VI nicht einschlägig. Zu ihren Gunsten sei § 58 SGB VI in der Fassung vom 18.12.1989 anzuwenden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 25.02.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bescheides vom 06.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2014 höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 als Anrechnungszeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 06.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2014 insoweit, als die Beklagte es ablehnte, der Berechnung der Erwerbsminderungsrente der Klägerin auch die Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 als Anrechnungszeit zu Grunde zu legen. Demgegenüber ist der Bescheid vom 06.02.2014 im Hinblick auf die Zeit vom 15. bis 31.08.1972 bestandskräftig geworden, nachdem die Klägerin ihre Berufung auf die Berücksichtigung der Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 als Anrechnungszeit beschränkt hat. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig.
Diese Klage hat das SG zu Recht abgewiesen. Denn soweit die Beklagte bei der Rentenberechnung die Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 nicht als Anrechnungszeit berücksichtigte ist dies rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Bei dieser Zeit handelt es sich nicht um eine der Rentenberechnung zu Grund zu legende Anrechnungszeit, weshalb der Klägerin auch keine höhere Rente zusteht.
Einer Entscheidung in der Sache steht vorliegend der Vormerkungsbescheid vom 23.09.2011 nicht entgegen. Denn nach Eintritt des Leistungsfalls ist auch dann, wenn ein bindend gewordener (ablehnender) Vormerkungsbescheid erlassen wurde, ein Begehren in Bezug auf streitbefangene Zeiten nicht mehr im Wege eines gesonderten Verfahrens zur Korrektur des Vormerkungsbescheides zu verfolgen, sondern vielmehr im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zum Erlass des Rentenbescheides bzw. nachfolgend zu dessen Überprüfung. Denn im Rentenbescheid sind sämtliche für die Berechnung der Rente bedeutsamen Zeiten auf der Grundlage des zutreffenden Sachverhalts und des für die Rentenbewilligung maßgeblichen Rechts zu berücksichtigen. Stehen einer solchen Entscheidung Feststellungen eines Vormerkungsbescheids entgegen, sind diese "im Rentenbescheid" aufzuheben (§ 149 Abs. 5 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, so BSG Urteil vom 06.05.2010, B 13 R 118/08 R, juris; weitergehend, BSG, Urteil vom 14.12.2011, B 5 R 36/11 R, juris: frühere Vormerkungsbescheide erledigen sich "in sonstiger Weise" nach § 39 Abs. 2 SGB X) und zwar entweder nach § 44 Abs. 2 SGB X (bei rechtswidrig nicht begünstigenden Feststellungen) oder nach § 45 SGB X (bei rechtswidrig begünstigenden Feststellungen). Nach Erlass eines Rentenbescheids besteht für ein gesondertes Rechtsbehelfsverfahren nur in Bezug auf die Feststellungen im Vormerkungsbescheid kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Ein solches Verfahren ist nach Erlass des Rentenbescheids unzulässig (BSG, a.a.O.). Entsprechend entschied die Beklagte im angefochtenen Bescheid auch über die Berücksichtigung der streitigen Zeit.
Die Höhe der Rente wegen voller Erwerbsminderung bestimmt sich nach den Regelungen der §§ 63 ff SGB VI über die Rentenhöhe. Danach richtet sich die Höhe der Rente vor allem nach der in Entgeltpunkte umgerechneten Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI) sowie daraus abgeleitete Entgeltpunkte für beitragsfreie Zeiten (§ 63 Abs. 3 SGB VI). Denn gemäß § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfacht werden.
Rentenrechtliche Zeiten sind gemäß § 54 Abs. 1 SGB VI Beitragszeiten, beitragsfreie Zeiten sowie Berücksichtigungszeiten. Beitragsfreie Zeiten sind gemäß § 54 Abs. 4 SGB VI Kalendermonate, die u.a. mit Anrechnungszeiten belegt sind, wenn für sie nicht auch Beiträge gezahlt worden sind.
Anrechnungszeiten sind nach der vorliegend allein in Betracht kommenden Regelung des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten haben, wobei nach Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 der Regelung eine Anrechnungszeit in diesem Sinne nur vorliegt, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit oder ein versicherter Wehrdienst oder Zivildienst oder ein versichertes Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes unterbrochen ist. Nach Halbsatz 2 der Vorschrift gilt dies nicht für Zeiten nach Vollendung des 17. und vor Vollendung des 25. Lebensjahres.
Diese Voraussetzungen liegen in der Zeit vom 01.09.1972 bis 26.02.1973 nicht vor. Zwar geht der Senat ebenso wie die Beklagte davon aus, dass die Klägerin in dem streitigen Zeitraum wegen der gesundheitlichen Folgen des am 15.08.1972 erlittenen Arbeitsunfalles arbeitsunfähig war, jedoch unterbrach diese Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI keine versicherte Beschäftigung, selbstständige Tätigkeit oder ein sonstiges dort aufgeführtes Dienstverhältnis. Denn bei der Tätigkeit, im Rahmen derer sich der Unfall ereignete und der zu Arbeitsunfähigkeit führte, handelte es sich nicht um eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, so dass die eingetretene Arbeitsunfähigkeit auch keine derartige Beschäftigung oder Tätigkeit unterbrechen konnte. Die ausgeübte Aushilfstätigkeit im Rahmen einer Ferienbeschäftigung war versicherungsfrei und damit gerade nicht versicherungspflichtig, was die Klägerin im Berufungsverfahren auch selbst eingeräumt hat. Folgerichtig hat sie ihr ursprüngliches Begehren auf Anerkennung dieser Zeit als Beitragszeit auch nicht mehr aufrecht erhalten.
Die am 15.08.1972 auf Grund des Unfalles eingetretene Arbeitsunfähigkeit unterbrach - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch nicht das versicherungspflichtige Lehrverhältnis, das sich an die Aushilfstätigkeit im HO Gaststättenbetrieb anschließen sollte. Denn zum Zeitpunkt des Unfalles hatte die Klägerin dieses Lehrverhältnis, dessen Beginn für den 01.09.1972 vorgesehen war, noch nicht begonnen, so dass der Unfall schon begrifflich nicht zu einer Unterbrechung des Lehrverhältnisses führen konnte. Eine Unterbrechung im Sinne der genannten Regelung setzt einen zeitlichen Anschluss der zu beurteilenden Anrechnungszeit an eine Pflichtbeitragszeit wegen einer versicherten Beschäftigung, selbstständigen Tätigkeit oder der genannten Dienstverhältnisse voraus. Eine solche lag - wie bereits dargelegt - aber gerade nicht vor. Mangels tatsächlicher Aufnahme des Lehrverhältnis stand die Klägerin zu keinem Zeitpunkt in einer beitragspflichtigen Beschäftigung, die durch den Eintritt von Arbeitsunfähigkeit hätte unterbrochen werden können.
Im Hinblick auf die von der Klägerin vertretene Ansicht, dass unter Heranziehung der Rechtsprechung des BSG zu den Überbrückungstatbeständen auch in ihrem Fall eine Ausnahme vom eigentlich notwendigen zeitlichen Anschluss eines Anrechnungszeittatbestandes an eine versicherte Beschäftigung zuzulassen sei, hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass sich für die Klägerin auch hieraus nichts Günstigeres ableiten lässt.
Das von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut des Überbrückungstatbestands dient der Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Unterbrechung" (s. BSG, Urteil vom 30.07.2008, B 5a R 110/07 R in SozR 4-2600 § 237 Nr. 13; Urteil vom 26.07.2007, B 13 R 8/07 R in SozR 4-2600 § 58 Nr. 9). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Begriff der Unterbrechung nicht nur eine zeitliche Dimension, sondern auch einen kausalen Bezug aufweist. Die Anrechnungszeiten sollen dem Versicherten einen Ausgleich für bestimmte unverschuldete Beitragsausfälle (z.B. wegen Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit) gewähren. Die Überbrückungszeit wahrt den Anschluss an vorangegangene rentenrechtliche Zeiten, d.h. sie füllt vorhandene (mehr als einen Monat dauernde) Lücken zwischen dem Ende der versicherten Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit (bzw. einer Anrechnungszeit) und dem Beginn einer (weiteren) Anrechnungszeit aus, ohne dass die Überbrückungszeit selbst zu einer Anrechnungszeit wird. Die Überbrückungszeit gewährleistet lediglich, dass der Zurechnungszusammenhang mit nachfolgenden Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten bestehen bleibt. Hier vermag die streitige Zeit der Arbeitslosigkeit einen derartigen Zusammenhang nicht herzustellen, eben weil zuvor keine rentenversicherungsrechtliche Zeit vorhanden war. Entgegen der Auffassung der Klägerin dient somit das Rechtsinstitut des Überbrückungstatbestands allein dazu, eine tatsächlich vorhandene Unterbrechung zwischen zwei rentenrechtlichen Zeiten zu überbrücken und nicht dazu, eine gar nicht vorhandene Unterbrechung herzustellen.
Anders als die Klägerin meint, unterscheidet auch das Gesetz danach, ob eine begonnene Ausbildung wegen einer eingetretenen Arbeitsunfähigkeit nicht fortgesetzt werden kann, d.h. unterbrochen wird, oder ob bereits die Aufnahme der Ausbildung wegen einer eingetretenen Erkrankung scheitert. Fallgestaltungen der zuletzt genannten Art hat der Gesetzgeber mit Einfügung der Regelung des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB VI durch Gesetz vom 21.03.2001, BGBl. I 403, Rechnung getragen. Danach sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. und vor dem vollendeten 25. Lebensjahr mindestens einen Kalendermonat krank gewesen sind, soweit die Zeiten nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt sind. Diese Regelung korrespondiert mit § 58 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB VI, wonach der "Unterbrechungstatbestand" des Halbsatzes 1 nicht gilt für Zeiten nach Vollendung des 17. und vor Vollendung des 25. Lebensjahres. Demnach wird von dem Erfordernis der Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit von der Vollendung des 17. bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres abgesehen Dies dient der Schließung rentenrechtlicher Lücken zu Beginn der Versicherungsbiographie. Entsprechend berücksichtigte die Beklagte bei der Rentenberechnung der Klägerin auch eine Anrechnungszeit ab Vollendung ihres 17. Lebensjahres bis zum Beginn der später am 01.09.1974 aufgenommenen Ausbildung, d.h. in der Zeit vom 27.02.1973 bis zum 31.08.1974. Aus welchen Gründen es das Sozialstaatsprinzips gebieten soll, darüber hinausgehend eine beitragsfreie Zeit, wie die von der Klägerin geltend gemachte, vor Vollendung des 17. Lebensjahres liegende Zeit rentenerhöhend zu berücksichtigen, ist nicht ersichtlich. Entsprechende Gründe hat die Klägerin auch nicht dargelegt. Die in Rede stehende Regelung soll gerade Defizite in der Alterssicherung jüngerer Versicherten beseitigen, wenn sich deren Eintritt in das Erwerbsleben und damit die erstmalige Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ohne eigenes Verschulden verzögert oder bei Eintritt einer Erwerbsminderung unterdurchschnittliche Pflichtbeiträge in den ersten Jahren erhebliche Auswirkungen auf die Höhe der Erwerbsminderungsrenten haben. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin meint, die angesprochene Regelung sei für sie nicht einschlägig, vielmehr sei § 58 SGB VI in der Fassung vom 18.12.1989 anzuwenden. Schließlich hat § 58 Abs. 1 Nr. 1a SGB VI zu einer Erweiterung berücksichtigungsfähiger Anrechnungszeiten geführt, nicht aber zu deren Begrenzung. Soweit diese Neuregelung die berücksichtigungsfähige Zeit auf den Zeitraum ab der Vollendung des 17. Lebensjahres begrenzt, begegnet dies angesichts des weitgehenden Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers gerade bei der Einführung rentenrechtlicher Zeiten, denen keine Beitragsleistung zu Grunde liegt, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die Berufung der Klägerin kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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