L 10 R 1154/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 3773/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1154/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein Bescheid über die Bewilligung von Altersrente eines krankenversicherungs- und pflegeversicherungspflichtigen Rentners, bei dem Einkommen (hier: Verletztenrente) auf die Rente angerechnet wird, enthält getrennte Verfügungssätze: Neben der Regelung von Rentenart, Rentenbeginn und der Höhe der monatlichen Brutto-Rente auch eine Regelung über die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung und deren Einbehalt sowie eine Regelung über die Höhe der auf die Rente anzurechnenden Einkünfte und über die Höhe des schließlich zustehenden monatlichen Zahlbetrages.
2. Wendet sich der Kläger gegen die Einkommensanrechnung ist Gegenstand des Rechtsstreits somit die vom Kläger mit der - isolierten - Anfechtungsklage angegriffene Festsetzung des Anrechnungsbetrages aus der Verletztenrente und auch das - insoweit mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte - Begehren des Klägers auf einen höheren monatlichen Zahlbetrag wegen Wegfalls der Anrechnung.
3. Dem entsprechend werden Bescheide über die Änderung des anzurechnenden Einkommens ebenso gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Rechtsstreits wie Bescheide über die Änderung des monatlichen Zahlbetrages.
4. § 93 Abs. 5 SGB VI ist nicht deshalb analog anzuwenden, weil es durch den Arbeitsunfall nicht zu einem Ausfall von Arbeitsentgelt kam (Unfallversicherungsschutz wegen unentgelticher Helfertätigkeit).
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.02.2015 wird zurückgewiesen und die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Verletztenrente des Klägers aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf seine Regelaltersrente angerechnet werden darf.

Der am 1948 geborene Kläger bezog vom 01.02.2007 an bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Rente wegen voller Erwerbsminderung. Wegen eines im November 2010 erlittenen Arbeitsunfalles im Rahmen einer unentgeltlichen Mithilfe bei B. arbeiten am Haus seines Sohnes wurde dem Kläger von der zuständigen Berufsgenossenschaft der B. (BG B. ) Verletztenrente nach den Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung ab 04.11.2010 bewilligt (vgl. Bl. 162 ff. VA), die sich ab 01.07.2013 auf monatlich 422,90 EUR auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 v.H. belief (Auskunft der BG B. vom April 2013, Bl. 192 ff. VA). Ab 01.10.2013 berechnete sich die Verletztenrente des Klägers nach einer MdE um 35 v.H. und belief sich damit auf 370,04 EUR monatlich (vgl. Bescheid der BG B. vom 07.10.2013, Bl. 235 ff. VA). Die Verletztenrente wurde zum 01.07.2014 (Bescheid der BG B. vom 23.06.2014, monatlicher Zahlbetrag i.H.v. 376,22 EUR, vgl. Bl. 51 ff. LSG-Akte) bzw. zum 01.07.2015 (Bescheid der BG B. vom 18.06.2015, monatlicher Zahlbetrag i.H.v. 384,12 EUR, vgl. Bl. 53 ff. LSG-Akte) angepasst. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung wurde ohne Berücksichtigung der Verletztenrente weitergezahlt.

Auf seinen Antrag bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 03.05.2013 Regelaltersrente ab 01.07.2013. Sie stellte den monatlichen Bruttobetrag dieser Rente mit 1.264,84 EUR, den monatlichen Anrechnungsbetrag wegen Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit 248,90 EUR (Zwischenergebnis monatlich 1.015,94 EUR) fest. Die monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung wurden mit 83,30 EUR bzw. 20,83 EUR festgesetzt, woraus sich ein monatlicher Nettozahlbetrag i.H.v. 911,81 EUR ergab. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Bescheid vom 03.05.2013 (Bl. 213 ff. VA) Bezug genommen.

Wegen der ab 01.10.2013 geänderten Höhe der Verletztenrente hat die Beklagte mit Bescheid vom 07.11.2013 für die Zeit ab 01.10.2013 eine "Neuberechnung" der Regelaltersrente vorgenommen und den Anrechnungsbetrag der Verletztenrente auf monatlich 196,04 EUR festgesetzt. Abzüglich der Beiträge für Krankenversicherung (87,64 EUR) und Pflegeversicherung (21,91 EUR) hat sich hieraus ein Nettozahlbetrag von monatlich 959,25 EUR ergeben. Hinsichtlich der Berechnung wird auf den Bescheid vom 07.11.2013 (Bl. 23 ff. LSG-Akte) Bezug genommen. Wegen der von der BG B. vorgenommenen Anpassungen der Verletztenrente zum 01.07.2014 bzw. 01.07.2015 hat die Beklagte die Regelaltersrente des Klägers mit Bescheid vom 13.08.2014 (ab 01.07.2014 Kürzung der Regelaltersrente wegen Verletztenrente um monatlich 199,22 EUR, abzüglich Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 89,11 EUR und Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von 22,28 EUR somit Nettozahlbetrag von 975,36 EUR) und vom 15.10.2015 (Kürzung der Regelaltersrente wegen Verletztenrente um 203,12 EUR, abzüglich Krankenversicherungsbeitrag von 81,01 EUR, Zusatzbeitrag zur Krankenkasse in Höhe von 9,99 EUR und Pflegeversicherungsbeitrag von 26,08 EUR somit Nettozahlbetrag von 992,73 EUR) neu berechnet. Hinsichtlich der Berechnung wird auf die Bescheide vom 13.08.2014 (Bl. 41 ff. LSG-Akte) und 15.10.2015 (Bl. 32 ff. LSG-Akte) Bezug genommen. Zum 01.01.2015 hat die Beklagte die Erhöhung des Beitrages zu Pflegeversicherung umgesetzt (Bescheid vom Januar 2015, s. Bl. 56 LSG-Akte).

Gegen die Anrechnung der Verletztenrente auf seine Regelaltersrente legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.08.2013 zurückwies. Zur Begründung führte sie aus, dass nach § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) die Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen sei.

Hiergegen hat der Kläger am 29.10.2013 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben und geltend gemacht, dass eine Anrechnung der Unfallrente auf seine Regelaltersrente der Regelung des § 93 Abs. 5 SGB VI widerspreche.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 11.02.2015 dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Voraussetzungen der eng auszulegenden Ausnahmevorschrift des § 93 Abs. 5 SGB VI nicht vorlägen, da diese im Falle von Regelaltersrente nur anzuwenden sei, wenn sich der Versicherungsfall nach Erreichen der Regelaltersgrenze ereignet habe. Damit greife die Grundregel des § 93 Abs. 1 SGB VI ein, wonach die Verletztenrente anzurechnen sei. Allein die Tatsache, dass der Kläger aus der Tätigkeit, in deren Zusammenhang er einen Unfall erlitten habe, kein Arbeitsentgelt erzielt habe, rechtfertige nicht die Nichtanwendung des § 93 Abs. 1 SGB VI.

Hiergegen hat der Kläger am 27.03.2015 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt und geltend gemacht, dass die Anrechnung seiner Unfallrente auf die Regelaltersrente dem Sinn und Zweck der Regelung des § 93 Abs. 5 SGB VI widerspreche, weil bei ihm keine Doppelzahlung vorliege. Der Arbeitsunfall habe sich im Rahmen einer unentgeltlichen Helfertätigkeit ereignet, aus der er keine Entgeltpunkte erworben habe, die seine Altersrente im Vergleich zum Status bei Eintritt der Erwerbsminderung erhöht hätten. Durch die Anrechnung der Unfallrente auf die nicht durch die weitere Erwerbstätigkeit erhöhte Altersrente stehe er daher im Vergleich zu vorher schlechter. Er stehe auch schlechter als Erwerbsminderungsrentner, die Arbeitsentgelt erzielt und hierdurch höhere Entgeltpunkte erworben hätten und deren Altersrente aus diesen erhöhten Entgeltpunkten errechnet werde. Diese Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt. § 93 Abs. 5 SGB VI sei daher auch anzuwenden, wenn sich der Unfall zwar vor Erreichen der Regelaltersgrenze, aber nach Eintritt der Erwerbsminderung im Rahmen einer unentgeltlichen Helfertätigkeit ereignet habe.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten einen Teilvergleich geschlossen, wonach sich die Beklagte verpflichtet hat, im Falle eines dem Kläger günstigen Ausgangs des Rechtsstreits höhere Altersrente ab Rentenbeginn zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.02.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 03.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2013 sowie die Bescheide vom 07.11.2013, 13.08.2014 und 15.10.2015 hinsichtlich der dort erfolgten Festsetzungen der Anrechnungsbeträge aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig.

Gegenstand des Rechtsstreits ist zunächst der Bescheid vom 03.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2013, mit dem die Beklagte mehrere Verfügungen, also mehrere Verwaltungsakte i.S. des § 31 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) traf (sog. Verfügungssätze oder Regelungen). Neben der Regelung von Rentenart, Rentenbeginn und der Höhe der monatlichen Brutto-Rente (Urteil des Senats vom 28.09.2006, L 10 R 4911/05, juris; BSG, Urteil vom 11.05.2011, B 5 R 8/10 R in SozR 4-5050 § 31 Nr. 1) sowie der Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung und deren Einbehalt (Urteil des Senats vom 10.07.2007, L 10 R 2470/07 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 23.05.1989, 12 RK 66/87 in SozR 2200 § 393 Nr. 3) - hier allesamt vom Kläger nicht angefochten - enthält der Bescheid auch eine Regelung über die Höhe der auf die Rente anzurechnenden Einkünfte (s. BSG, Urteil vom 27.05.2014, B 5 R 6/13 R in SozR 4-2600 § 97 Nr. 2 für den Fall der Anrechnung von Arbeitseinkommen; Urteil vom 20.10.2005, B 4 RA 27/05 R in SozR 4-2600 § 93 Nr. 7 für die Anrechnung einer Verletztenrente) und - für den Versicherten von ausschlaggebender Bedeutung - über die Höhe des schließlich zustehenden monatlichen Zahlbetrages (Urteil des Senats vom 24.01.2008, L 10 R 3390/06; BSG, Urteil vom 27.05.2014, B 5 R 6/13 R, a.a.O.; Urteil vom 09.10.2012, B 5 R 8/12 R in SozR 4-1300 § 45 Nr. 10; Urteil vom 06.03.2003, B 4 RA 35/02 R in SozR 4-2600 § 313 Nr. 1). Gegenstand des Rechtsstreits ist somit die vom Kläger mit der - isolierten (BSG, Urteil vom 20.10.2005, B 4 RA 27/05 R, a.a.O.) - Anfechtungsklage angegriffene Festsetzung des Anrechnungsbetrages aus der Verletztenrente und zunächst auch das - insoweit mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte - Begehren des Klägers auf einen höheren monatlichen Zahlbetrag wegen Wegfalls der Anrechnung gewesen.

Damit sind die während des Rechtsstreits ergangenen Bescheide vom 07.11.2013, 13.08.2014 und 15.10.2015 nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, weil mit ihnen die streitige Höhe der anzurechnenden Verletztenrente jeweils ab einem bestimmten Zeitpunkt neu festgesetzt wurde und die sich hieraus ergebende Änderung des - ebenfalls streitigen - Zahlbetrages der monatlichen Rente entsprechend umgesetzt wurde. Über den während des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheid vom 15.10.2015 entscheidet der Senat auf Klage.

Der Bescheid vom Januar 2015 über die Erhöhung des Beitrages zur Pflegeversicherung mit Wirkung ab dem 01.01.2015 und dessen Einbehalt von der Rente ist dagegen nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden, weil die ursprüngliche Beitragserhebung in den früheren Bescheiden - wie dargelegt - vom Kläger nicht angefochten worden und daher bestandskräftig (§ 77 SGG) geworden ist. Dieser Bescheid unterliegt insoweit daher nicht der Prüfung durch den Senat. Indessen stellt auch dieser Bescheid den Zahlbetrag der monatlichen Rente (neu) fest, der u.a. durch den Anrechnungsbetrag vermindert ist, weshalb er insoweit, also in Bezug auf die Regelung des monatlichen Zahlbetrages, gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Rechtsstreits geworden ist (anders für den Fall späterer Rentenanpassungen, wenn die Rentenberechnung als solche und somit nur die Höhe des eigentlichen Rentenanspruchs - Bruttobetrag - angegriffen wurde BSG, Urteil vom 10.04.2003, B 4 RA 41/02 R, SozR 4-2600 § 260 Nr. 1; ebenso der Senat im Fall des Streits um Geschiedenenwitwenrente im Urteil vom 22.10.2015, L 10 R 5524/13).

In Bezug auf den monatlichen Zahlbetrag haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung durch Teilvergleich, wonach sich die Beklagte verpflichtet hat, im Falle eines dem Kläger günstigen Ausgangs des Rechtsstreits höhere Altersrente ab Rentenbeginn zu zahlen, beendet. Damit hat der Senat nur über die isolierte Anfechtungsklage und damit die Rechtmäßigkeit des Anrechnungsbetrages zu befinden. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage in Bezug auf den Zahlbetrag der Rente ist durch den Teilvergleich erledigt.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn soweit die Beklagte auf die Regelaltersrente des Klägers ab 01.07.2013 die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung anrechnet, ist dies rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Regelaltersrente.

§ 93 SGB VI regelt das Zusammentreffen einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit Leistungen aus der Unfallversicherung - soweit für den vorliegenden Fall erheblich - wie folgt: Besteht für denselben Zeitraum Anspruch auf eine Rente aus eigener Versicherung und auf eine Verletztenrente aus der Unfallversicherung, wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung insoweit nicht geleistet, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt (§ 93 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge bleibt bei der Verletztenrente aus der Unfallversicherung gemäß § 93 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI ein der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz entsprechender Betrag unberücksichtigt. Der Grenzbetrag beträgt 70 v.H. eines Zwölftels des Jahresarbeitsverdienstes, der der Berechnung der Rente aus der Unfallversicherung zugrunde liegt, vervielfältigt mit dem jeweiligen Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung; Mindestgrenzbetrag ist der Monatsbetrag der Rente (§ 93 Abs. 3 SGB VI). Die Absätze 1 bis 4 werden gemäß § 93 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht angewendet, wenn die Rente aus der Unfallversicherung für einen Versicherungsfall geleistet wird, der sich nach Rentenbeginn oder nach Eintritt der für die Rente maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit ereignet hat.

Die Beklagte berechnete die auf die Regelaltersrente des Klägers anzurechnenden Beträge aus der Verletztenrente zutreffend. Hinsichtlich der Berechnung wird auf die Anlage 7 der Bescheide vom 03.05.2013 für die Zeit ab 01.07.2013 (Bl. 225 VA), vom 07.11.2013 für die Zeit ab 01.10.2013 (Bl. 30 LSG-Akte), vom 13.08.2014 für die Zeit ab 01.07.2014 (Bl. 49 LSG-Akte) und vom 15.10.2015 für die Zeit ab 01.07.2015 (Bl. 38 LSG-Akte) Bezug genommen. Fehler in der Berechnung werden vom Kläger nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Die grundsätzliche Anrechnung einer Verletztenrente auf eine Altersrente gemäß § 93 SGB VI begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 27.8.2009, B 13 R 14/09 R in SozR 4-2600 § 93 Nr. 13). Die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die Verletztenrenten der gesetzlichen Unfallversicherung sind ihrer Struktur nach Lohnersatz, auch wenn letztere nicht vom Nachweis einer konkreten, unfallbedingten Vermögenseinbuße abhängen. Die Anrechnungsregelung des § 93 SGB VI verfolgt damit den verfassungsgemäßen Zweck, eine Doppelversorgung durch teilweise funktionsgleiche Leistungen aus den verschiedenen Versicherungsleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Belastung der aktuellen Beitragszahler zu begrenzen, ohne den durch die Verletztenrente mit abgedeckten Ausgleich für immaterielle Schäden, verletzungsbedingten Mehraufwand und besondere Betroffenheit im wirtschaftlichen Ergebnis zu entziehen (vgl. hierzu und zum Folgenden: BSG, Urteil vom 20.10.2005, B 4 RA 27/05 R in SozR 4-2600 § 93 Nr. 7). Dies wird durch die Freibetragsregelung gewährleistet. Angerechnet wird letztlich immer nur der Teil der Verletztenrente, der in etwa dem (fortgeschriebenen/aktualisierten) Nettoverdienst des Versicherten vor Eintritt seines Arbeitsunfalls entspricht.

Die Vorschrift des § 93 Abs. 5 SGB VI wirkt sich - wie das Sozialgericht bereits zutreffend darlegt hat - ab dem Bezug der Regelaltersrente nicht zugunsten des Klägers aus. Nach dem hier allein in Betracht kommenden § 93 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 SGB VI werden die Anrechnungsregelungen der Abs. 1 bis 4 nicht angewendet, wenn die Rente aus der Unfallversicherung für einen Arbeitsunfall geleistet wird, der sich nach Rentenbeginn oder nach Eintritt der für die Rente maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit ereignet hat. Hier ereignete sich der Arbeitsunfall nicht nach Beginn der Regelaltersrente (01.07.2013), sondern vor deren Beginn, nämlich im November 2010. Maßgeblicher Zeitpunkt für den "Rentenbeginn" ist im Falle der Regelaltersrente der Beginn jener Rentenart, nicht aber der Beginn einer zuvor - wenn auch u.U. unmittelbar vorhergehend - gezahlten anderen Rente, z.B. wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 27.08.1998, B 8 KN 20/97 R in juris). Ereignet sich der Arbeitsunfall - wie hier - während des Bezugs einer Erwerbsminderungsrente, wird diese bis zum Eintritt eines weiteren Versicherungsfalls der Rentenversicherung zwar anrechnungsfrei geleistet. Kehrt sich aber bei dem weiteren Versicherungsfall die Reihenfolge von Versicherungsfall und Arbeitsunfall um, so kann sich der Versicherte nicht mehr auf den ersten Versicherungsfall berufen (vgl. zu diesen auch für das SGB VI geltenden Grundsätzen: BSG, a.a.O.; so auch die amtliche Begründung zu § 93 Abs. 5, BT-Drucksache 13/5108, S. 14).

Soweit der Kläger eine entsprechende Anwendung des § 93 Abs. 5 SGB VI auch in Fallkonstellationen, in denen sich der Unfall zwar vor Erreichen der Regelaltersgrenze, aber nach dem Eintritt der Erwerbsminderung im Rahmen einer unentgeltlichen Helfertätigkeit ereignet, fordert, liegen auch die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung i.S. einer Analogie nicht vor. Es besteht bereits keine Regelungslücke. § 93 SGB VI soll generell die Höhe der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung begrenzen, wenn und soweit diese mit einer Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusammentrifft. Ausnahmen hiervon sieht ausschließlich der hier - wie bereits dargelegt dem Wortlaut nach - nicht einschlägige § 93 Abs. 5 SGB VI vor. Auch nach der Gesetzesbegründung sind die grundsätzlich geltenden Regelungen zur Vermeidung von Überkompensation durch Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung nur in ganz bestimmten, nämlich den in Abs. 5 der Vorschrift aufgeführten Fällen nicht anzuwenden (vgl. BT-Drucksache 13/5108, S. 14). Nur in den dort genannten Fällen ist es nach dem Willen des Gesetzgebers gerechtfertigt, die Leistungen der Unfallversicherung, die an die Stelle des neben der Rente aus der Rentenversicherung erzielten Arbeitsentgelts treten bzw. bei denen dieses Arbeitsentgelt nicht mehr berücksichtigt werden konnte, nicht zum Anlass zu nehmen, die ihnen schon bisher geleistete Rente aus der Rentenversicherung zu mindern (vgl. BT-Drucksache, a.a.O.). Dabei waren dem Gesetzgeber bei der Neufassung des § 93 Abs. 5 SGB VII die verschiedenen Versicherungstatbestände der gesetzlichen Unfallversicherung bekannt, namentlich auch die sog. unechte Unfallversicherung mit Versicherungstatbeständen außerhalb von Beschäftigungsverhältnissen, also Fälle, in denen regelmäßig kein Arbeitsentgelt erzielt wird. Gleichwohl hat der Gesetzgeber nicht zwischen den einzelnen Versicherungstatbeständen unterschieden. Konsequenterweise hat der Gesetzgeber dann auch nicht darauf abgestellt, ob dem Versicherungstatbestand eine entgeltliche Beschäftigung zugrunde lag oder nicht, was angesichts des Umstandes, dass selbst die Versicherung der Beschäftigten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) kein Arbeitsentgelt voraussetzt, folgerichtig ist. Die Argumentation des Klägers, § 93 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 SGB VI müsste auf Versicherungstatbestände, denen kein entgeltliches Verhältnis zugrunde liegt, analog angewandt werden, geht daher fehl.

Eine analoge Anwendung des § 93 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 SGB VI auf die vom Kläger aufgezeigte Fallgestaltung widerspräche auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. § 93 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 SGB VI trägt dem Umstand Rechnung, dass "nach Beginn der Rente aus der Rentenversicherung" die zwischen Rentenversicherung und Unfallversicherung angesichts des in beiden Versicherungszweigen versicherten Personenkreises meist oder sogar überwiegend bestehende Parallelität des Versicherungsschutzes regelmäßig nicht mehr vorliegt: Nimmt ein Rentner nach Beginn seiner Rente aus der Rentenversicherung eine Beschäftigung auf, so kann das hieraus erzielte Entgelt bei der bisher geleisteten Rente aus der Rentenversicherung keine Berücksichtigung finden (vgl. hierzu und zum Folgenden: BSG, Urteil vom 31.03.1998, B 4 RA 49/96 R in SozR 3-2600 § 93 Nr. 7). Es wäre daher sachlich auch nicht gerechtfertigt, die Verletztenrente aus der Unfallversicherung, die nach Eintritt eines Arbeitsunfalles das unfallbedingt entgangene Arbeitsentgelt gerade aus der Rentnerbeschäftigung ersetzen soll, auf die Rente aus der Rentenversicherung anzurechnen. Spielt bereits das aus der Rentnerbeschäftigung erzielte Arbeitsentgelt für die Rente aus der Rentenversicherung keine Rolle, so gilt dies erst recht entsprechend für die an die Stelle des Entgelts tretende Lohnersatzleistung. Zutreffend weist der Kläger in diesem Zusammenhang zwar darauf hin, dass bei späterem Wechsel der Rentenart - hier von der Erwerbsminderungsrente zur Regelaltersrente - das während der Erwerbsminderung erzielte Einkommen im Rahmen der Regelaltersrente rentenerhöhend berücksichtigt werden kann und daher in diesem Fall eine Anrechnung der Verletztenrente auf die Regelaltersrente grundsätzlich gerechtfertigt ist. Der daraus gezogene Rückschluss des Klägers, eine Anrechnung seiner Verletztenrente dürfe daher bei seiner Regelaltersrente nicht erfolgen, weil er kein Einkommen aus seiner Helfertätigkeit erzielt habe, geht jedoch fehl.

Zum einen übersieht der Kläger, dass es nach der bereits dargelegten gesetzgeberischen Absicht nicht darauf ankommt, ob tatsächlich in der unfallversicherten Tätigkeit Arbeitsentgelt erzielt wurde. Die in der amtlichen Begründung (BT-Drucksache, a.a.O.) und vom BSG insoweit dargestellte mögliche Erhöhung der Entgeltpunkt auf Grund der Rentnerbeschäftigung für eine später, nach Eintritt des Versicherungsfalls in der Unfallversicherung beginnende Rente (BSG, Urteil vom 20.10.2005, B 4 RA 27/05 R, a.a.O) betrifft nur einen Teil der Anwendungsfälle des § 93 SGB VI und ist gerade nicht Voraussetzung für dessen Anwendung.

Zum anderen lässt der Kläger unberücksichtigt, dass er in Bezug auf die Verletztenrente zu seinen Gunsten so behandelt wird, als ob er Arbeitsentgelt bezogen hätte. Die Tätigkeit des Klägers, bei der sich der Arbeitsunfall ereignete, stellte eine unentgeltliche Helfertätigkeit dar, weshalb der Kläger als sog. "Wie-Beschäftigter" nach § 2 Abs. 2 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Entsprechend errechnete sich der der Berechnung der Verletztenrente zu Grunde liegende Jahresarbeitsverdienst (JAV) des Klägers auch nicht nach dem Arbeitsentgelt (vgl. § 82 SGB VII), da ein solches nicht vorhanden war, sondern aus der zum Arbeitsunfall maßgebenden Bezugsgröße (sog. Mindest-JAV nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 18 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV -). Dadurch erlangte er bereits durch die Nichtanrechnung seiner Verletztenrente auf die Erwerbsminderungsrente einen finanziellen Vorteil, der sich - gemessen an den Zwecken der Unfallversicherung und den Regelungen des § 93 SGB VI - nur schwerlich rechtfertigen lässt, da die Verletztenrente hier ein "infolge des Arbeitsunfalles ausgefallenes Erwerbseinkommen" ersetzt, obwohl ein entsprechendes Erwerbseinkommen - mangels Arbeitsentgelt bei der unfallversicherten Tätigkeit - zu keiner Zeit erzielt wurde (so BSG, Urteil vom 31.03.1998, B 4 RA 49/96 R in SozR 3-2600 § 93 Nr. 7), er daher finanziell besser stand als vor dem Arbeitsunfall, als er lediglich über Einkommen aus der Erwerbsminderungsrente verfügte. Wenn aber der Kläger im Rahmen der Verletztenrente so behandelt wird, als ob er ausgefallenes Einkommen hätte, ist es konsequent, ihn auch im Rahmen des § 93 SGB VI so zu behandeln: also keine Anrechnung auf die Rente wegen Erwerbsminderung, wohl aber Anrechnung auf die später beginnende Altersrente. Die alternative, dem Kläger aber ungünstigere Konsequenz läge - so das BSG im Urteil vom 31.03.1998, B 4 RA 49/96 R, a.a.O. - darin, die Verletztenrente, die auf einem Versicherungsfall nach Eintritt eines Versicherungsfalls nach dem SGB VI beruht, nur in Höhe des immateriellen Anteils zu zahlen. Diesen Weg ist der Gesetzgeber indessen nicht gegangen. Eine auch über den Beginn der Regelaltersrente hinaus unterbleibende Anrechnung der Verletztenrente würde damit dem Sinn und Zweck des § 93 SGB VI (Vermeidung von Nachteilsüberkompensation, vgl. u.a. BSG, Urteil vom 20.10.2005, a.a.O.) und der gesetzlichen Unfallversicherung (Einkommensersatzfunktion) zuwider laufen. Denn der Kläger hatte infolge seines Arbeitsunfalls gerade keine finanziellen Einbußen in Form eines Verdienstausfalles hinzunehmen. Tatsächlich will der Kläger aus seiner Bevorzugung im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung (Gewährung von Verletztenrente, obwohl kein Arbeitsentgelt erzielt wurde) wegen des Anlasses dieser Bevorzugung (kein Arbeitsentgelt in der unfallversicherten Tätigkeit) eine weitere Bevorzugung erreichen, nämlich keine Anrechnung der Verletztenrente auf die Altersrente. Vor diesem Hintergrund kommt auch eine vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angesprochene teleologische Reduktion nicht in Betracht.

Es liegt daher auch nicht die vom Kläger behauptete ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber Erwerbsminderungsrentnern, die Arbeitsentgelt erzielt und hierdurch höhere Entgeltpunkte erworben haben und aus diesen erhöhten Entgeltpunkten ihre Altersrente errechnet erhalten, vor. Die Nichtanrechnungsvorschrift des § 93 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 SGB VI gründet - wie bereits dargelegt - darin, dass das aus der Rentnerbeschäftigung erzielte Arbeitsentgelt für die Rente aus der Rentenversicherung (hier: Erwerbsminderungsrente) keine Rolle spielt, und dies erst recht entsprechend für die an die Stelle des Entgelts tretende Lohnersatzleistung gelten muss. Anders als gegen Entgelt beschäftigte Rentner verfügte der Kläger jedoch über keinerlei Entgelt aus der während des Bezuges der Erwerbsminderungsrente verrichteten Helfertätigkeit, sodass es - im Unterschied zu den gegen Entgelt beschäftigten Rentnern - gerade nicht zu einem Lohnausfall kam, der durch die Leistung der Unfallversicherung zu kompensieren war, weshalb der - wie bereits dargelegte - verfassungsgemäße Sinn und Zweck der Anrechnung nach § 93 Abs. 1 bis 4 SGB VI - Vermeidung von Nachteilsüberkompensation - eine Ungleichbehandlung rechtfertigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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