L 5 R 1033/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 1072/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1033/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 09.12.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Zeit seiner Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) während der Zeit vom 01.02.2013 bis 14.03.2014.

Der 1961 geborene Kläger ist Volljurist und seit 01.03.1996 als Rechtsanwalt zugelassen. Er übte den Anwaltsberuf zunächst als angestellter Rechtsanwalt in einer Rechtsanwaltskanzlei in R. aus. Deswegen war er seit 01.03.1996 Mitglied der Rechtsanwaltskammer S. und Pflichtmitglied des Rechtsanwaltsversorgungswerks S ...

Mit Bescheid vom 24.05.1996 befreite die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Kläger ab 01.03.1996 von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung. In dem Bescheid ist u.a. ausgeführt, die Befreiung sei grundsätzlich auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstrecke sich auch auf andere versicherungspflichtige Beschäftigungen oder Tätigkeiten, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt seien und insoweit satzungsgemäß einkommensbezogene Beiträge zur Versorgungseinrichtung gezahlt würden. Dem Befreiungsbescheid lag der Befreiungsantrag des Klägers vom 15.03.1996 zugrunde. Darin ist als Arbeitgeber die Rechtsanwaltskanzlei angegeben, bei der der Kläger zum 01.03.1996 eine Beschäftigung als angestellter Rechtsanwalt aufgenommen hatte.

Nach Beendigung der Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt in der Rechtsanwaltskanzlei in R. war der Kläger als freiberuflicher Rechtsanwalt (selbstständig) tätig und von 1998 bis 31.12.2001 Mitglied der Rechtsanwaltskammer D ... Seit 02.01.2002 ist er Mitglied der Rechtsanwaltskammer K. und Pflichtmitglied des Beigeladenen zu 2).

Am 01.02.2013 nahm der Kläger neben der Tätigkeit als freiberuflicher Rechtsanwalt zusätzlich eine auf 2 Jahre befristete Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) - einem Rechtsschutzversicherungsunternehmen - auf. Die Beschäftigung wurde vorzeitig zum 14.03.2014 beendet. Seit 15.03.2014 ist der Kläger wieder als angestellter Rechtsanwalt bei einer Rechtsanwaltsgesellschaft beschäftigt. Seitdem ist er in dieser Beschäftigung von der Rentenversicherungspflicht befreit (Bescheid vom 26.03.2014).

Der Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) lag ein Anstellungsvertrag vom 03.09.2012 zugrunde. Danach wurde der Kläger als Mitarbeiter des Servicecenters der Beigeladenen zu 1) mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden eingestellt; Nebentätigkeiten waren genehmigungsbedürftig. Das Monatsgehalt bei Eingruppierung des Klägers in Tarifgruppe V betrug 3.391,00 EUR brutto zzgl. vermögenswirksamer Leistungen (40,00 EUR) und einer Sonderzahlung i.H. von 2 Monatsgehältern.

Am 18.02.2013 bat der Kläger die Beklagte unter Hinweis auf den Befreiungsbescheid ihrer Rechtsvorgängerin vom 24.05.1996 um Bestätigung bzw. Feststellung, dass er (nach wie vor) von der Rentenversicherungspflicht befreit sei. Er sei seit 01.02.2013 bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen eines befristeten Beschäftigungsverhältnisses im juristischen Bereich als Rechtsschutzschadensachbearbeiter tätig. Die Zulassung als Rechtsanwalt bestehe fort. Die im Bescheid vom 24.05.1996 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erstrecke sich auch auf vertraglich im Voraus zeitlich begrenzte Beschäftigungsverhältnisse. Hilfsweise beantragte der Kläger, ihn in der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) von der Rentenversicherungspflicht zu befreien.

Am 20.03.2013 stellte der Kläger einen (Formular-)Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) aufgrund seiner gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft beim Beigeladenen zu 2) ab 01.02.2013. Er gab an, er sei bei der Beigeladenen zu 1) seit 01.02.2013 berufsspezifisch als Rechtsschutzsachbearbeiter angestellt. Die Beigeladene zu 1) bestätigte auf dem Antragsformular, dass der Kläger bei ihr als Rechtsanwalt tätig sei. Dem Antrag war eine Stellenbeschreibung der Beigeladenen zu 1) vom 07.03.2013 beigefügt. Darin heißt es, der Kläger sei für sie gemäß § 46 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) tätig. Im Bereich der Schadensabteilung bearbeite er im Rahmen seiner Vollmachten selbstständig Rechtsschutzschadensfälle aus sämtlichen Leistungsarten der Rechtsschutzversicherung, nehme formale und materielle Deckungsprüfungen, insbesondere Prüfungen der Erfolgsaussichten vor, prüfe Rechtsanwalts- und Gerichtskosten sowie Schadensrückstellungen und Regressansprüche. Seine Arbeit umfasse Rechtsberatung, beispielsweise bei der Erstellung eines umfassenden Gesamtvorschlags zur Regulierung eines komplexen Schadensfalles unter Berücksichtigung der Belange der Rechtsschutzversicherung, Rechtsentscheidung, etwa bei der Vermittlung eines solchen Regulierungsvorschlags gegenüber dem Versicherungsnehmer oder seinem Rechtsanwalt, und Rechtsgestaltung, z. B. beim Führen von Verhandlungen über einen Vergleich, für den Rechtsschutz gewährt werde, sowie schließlich Rechtsvermittlung, insbesondere bei Stellungnahmen zur Berücksichtigung neuer Entwicklungen in der Schadensbearbeitung.

Nachdem die Beklagte ergänzende Darlegungen zur Tätigkeit des Klägers angefordert hatte, trug der Kläger vor, er betreibe eine eigene Rechtsanwaltskanzlei und sei seit März 1996 ohne Unterbrechung als Rechtsanwalt tätig. Diese Tätigkeit setze er auch während der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) fort. In dieser Beschäftigung übe er Tätigkeiten in der Rechtsberatung, Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung aus; die Beigeladene zu 1) habe das in der Stellenbeschreibung vom 07.03.2013 bestätigt. Außerdem sei er nach wie vor Pflichtmitglied des Beigeladenen zu 2). Da dieser den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften für die Zeit der befristeten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) gewährleiste, erstrecke sich die im Bescheid vom 24.05.1996 ausgesprochene Befreiung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V auf die genannte Beschäftigung (vgl. auch Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 31.10.2012, - B 12 R 8/10 R -, in juris). Er begehre die Feststellung der Befreiungserstreckung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI.

Mit Schreiben vom 15.05.2013 erklärte die Beigeladene zu 1) gegenüber der Rechtsanwaltskammer K. ihr unwiderrufliches Einverständnis damit, dass der Kläger neben seiner Angestelltentätigkeit bei ihr den Beruf des Rechtsanwalts ausüben darf, er nicht gehalten ist, Belegschaftsmitglieder nach der Gebührenordnung oder unentgeltlich zu beraten oder zu vertreten, und dass er sich auch während der Dienststunden zur Wahrnehmung etwaiger dienstlicher Termine und Besprechungen jederzeit von seinem Arbeitsplatz entfernen darf, ohne im Einzelfall eine Erlaubnis einzuholen, selbst wenn etwaige für sie wahrzunehmende Termine mit den in der Anwaltskanzlei des Klägers anstehenden Terminen kollidieren.

Mit Bescheid 25.07.2013 lehnte die Beklagte den Befreiungsantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sei abzulehnen, weil es sich bei der Tätigkeit, die der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) ausübe, nicht um eine berufsständische - anwaltliche - Tätigkeit handele. Der Befreiungstatbestand des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI setze einen inneren Zusammenhang zwischen dem berufsständischen Versicherungsschutz und der Tätigkeit, für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht begehrt werde, voraus. Daher müsse sich die Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) als für einen Rechtsanwalt typische anwaltliche Berufstätigkeit darstellen, also die Merkmale Rechtsberatung, Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung aufweisen, und ausschließlich für Personen mit diesem beruflichen Hintergrund zugänglich sein. Daran fehle es. Der Kläger übe bei der Beigeladenen zu 1) eine anwaltliche Tätigkeit nicht aus. So sei er nicht in ausreichendem Maße rechtsgestaltend und rechtsentscheidend tätig. Für eine rechtsgestaltende Tätigkeit genüge das Führen von Verhandlungen über Vergleiche, für die Kostenschutz gewährt werde, nicht. Dabei gehe es nämlich im Wesentlichen nicht um die Formulierung von Verträgen aus rechtlicher Sicht, sondern vorrangig um das Aushandeln des Umfangs einer Schadensregulierung. Juristische Mitarbeiter, die von Versicherungsunternehmen als Schadensachbearbeiter in Schadens- und Leistungsabteilungen eingesetzt würden, seien nicht wie Rechtsanwälte rechtsgestaltend tätig. Sie seien ausschließlich bzw. vorrangig für die Prüfung zuständig, ob und in welchem Umfang Leistungen aus einem Versicherungsvertrag zu erbringen seien. Das gelte auch hinsichtlich ggf. notwendiger Verhandlungen über die Eintrittspflicht der Versicherung oder den Umfang der Zahlungspflicht. Angesichts der umfassenden Festlegungen in den Versicherungsbedingungen hätten die juristischen Schadensachbearbeiter allenfalls bei der Prüfung von Tatbestandsvoraussetzungen einen gewissen Beurteilungsspielraum. Hinsichtlich der Rechtsfolgen stehe ihnen ein Ermessensspielraum jedoch regelmäßig nicht zu, da sie fast durchweg gebundene Entscheidungen zu treffen hätten. Seien die Leistungsvoraussetzungen erfüllt, müsse die Versicherung leisten, habe der Versicherungsnehmer Obliegenheiten verletzt, sei die Leistungspflicht ausgeschlossen. Verhandlungen kämen daher nur im Rahmen der geltenden Versicherungsbedingungen in Betracht. Bei Beweiswürdigungen oder bei der Beurteilung von Prozessrisiken kämen Vergleichsverhandlungen in Frage, bei denen dem Schadensachbearbeiter aber kein rechtlicher, sondern nur ein wirtschaftlicher Spielraum eröffnet sei. Ein rechtlicher Entscheidungsspielraum komme zudem wegen der Einheitlichkeit der Versicherungsbedingungen nicht in Frage. Der Kläger werde auch nicht rechtsentscheidend tätig. Hierfür genüge die Vermittlung eines Regulierungsvorschlags gegenüber dem Versicherungsnehmer oder dessen Rechtsanwalt nicht. Insgesamt sei die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) als Sachbearbeitertätigkeit einzustufen. Diese sei in die einschlägige Tarifgruppe V eingruppiert und nicht ausschließlich für Volljuristen zugänglich. Auch aus diesem Grund könne sie einer anwaltlichen Tätigkeit nicht gleichgestellt werden. Die Voraussetzungen des Erstreckungstatbestands in § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI seien ebenfalls nicht erfüllt. Nach der Rechtsprechung des BSG sei die Erstreckung einer ausgesprochenen Befreiung nur möglich, wenn und solange die Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vorlägen. Die Befreiungserstreckung komme daher nur für solche Fälle in Betracht, bei denen die Befreiungsvoraussetzungen weiter erfüllt seien. Der Kläger sei als Mitarbeiter des Servicecenters der Beigeladenen zu 1) befristet und berufsfremd beschäftigt. Daneben liege aber keine aktuell wirksame Befreiung für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit vor. Der für eine Beschäftigung als angestellter Rechtsanwalt ergangene Befreiungsbescheid vom 24.05.1996 sei für die hier maßgebliche Zeit nicht wirksam, da der Kläger in seinem Kammerberuf (als Rechtsanwalt) nicht versicherungspflichtig beschäftigt oder versicherungspflichtig selbstständig tätig sei.

Am 23.08.2013 legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, er begehre die Erstreckung der mit Bescheid vom 24.05.1996 ausgesprochenen Befreiung auf die befristete Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1). Er übe seine Rechtsanwaltstätigkeit weiter aus. Die Befreiungserstreckung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI solle sicherstellen, dass eine vorübergehende berufsfremde Tätigkeit nicht zu einem Wechsel des Alterssicherungssystems führe. Die Rechtsauffassung der Beklagten führe zu einer Doppelbelastung mit Beiträgen für die Alterssicherung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, der Erstreckungstatbestand des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI knüpfe an eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit an, für die die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ausgesprochen worden sei, und die während der (zusätzlichen) befristeten Tätigkeit aktuell noch ausgeübt werde. § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI enthalte demgegenüber keinen Befreiungstatbestand für alle befristeten berufsfremden Nebentätigkeiten des einem Rechtsanwaltsversorgungswerk angehörenden Rechtsanwalts (vgl. dazu auch Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.07.2001, - L 3 RA 73/00 -; LSG Thüringen, Urteil vom 27.10.2003, - L 6 RA 121/03 -, alle in juris). Der Befreiungsbescheid vom 24.05.1996 habe sich auf die Beschäftigung des Klägers als angestellter Rechtsanwalt in einer Rechtsanwaltskanzlei in R. bezogen. Diese Beschäftigung werde nicht mehr ausgeübt. Daher bestehe für ihn keine aktuell wirksame Befreiung für eine berufsspezifische Hauptbeschäftigung mehr. Der Befreiungsbescheid vom 24.05.1996 könne sich auf die selbstständige Tätigkeit als Rechtsanwalt nicht auswirken, weil der Kläger in dieser Tätigkeit nicht dem Grunde nach der Rentenversicherungspflicht unterliege. Hierfür sei auch ein Befreiungsbescheid nicht ergangen. Wegen der Doppelbelastung mit Beiträgen für die Alterssicherung müsse das zuständige Rechtsanwaltsversorgungswerk ermäßigte Beiträge für rentenversicherungspflichtige Mitglieder vorsehen; das Versorgungswerk habe dann die Funktion einer Zusatzversicherung. Außerdem stünden den jeweils gezahlten Beiträgen auch eigenständige Leistungen gegenüber.

Am 03.04.2014 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Er trug vor, er habe mit Ausnahme der streitigen Zeit seiner Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) keine Rentenversicherungsbeiträge an die Beklagte gezahlt und könne daher mangels Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von 5 Jahren keine Leistungsansprüche erwerben. Die auf seine Referendarzeit (als Beamter auf Widerruf) entfallenden Nachversicherungsbeiträge seien an den Beigeladenen zu 2) gezahlt worden. Bevor er sich 1998 selbstständig gemacht habe, habe er (u.a.) bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten nachgefragt, ob die im Bescheid vom 24.05.1996 ausgesprochene Befreiung fortgelte; das sei ihm telefonisch bestätigt worden. Dies habe auch der Verwaltungspraxis der Rentenversicherung bis zum Ergehen des Urteil des BSG vom 31.10.2012 (- B 12 R 3/11 R - bzw. - B 12 R 8/10 R -, beide in juris) entsprochen. Man hätte ihn auf die danach vorgenommene Änderung der langjährigen Verwaltungspraxis hinweisen müssen. Die Beklagte habe ihn demgegenüber mit dem angefochtenen Bescheid überrascht. Er werde nunmehr mit doppelten Beiträgen für die Alterssicherung belastet und seine Alterssicherung werde außerdem geschmälert. Hätte er die an die Beklagte zu zahlenden Beiträge (9.000,00 EUR) an den Beigeladenen zu 2) abgeführt, hätte er bei diesem entsprechend höhere Versorgungsanwartschaften erworben, während er Leistungsansprüche gegen die Beklagte künftig nicht erwerben werde. Das verstoße gegen das Eigentumsgrundrecht in Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und gegen den Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. SG Münster, Urteil vom 23.03.2012, - S 4 R 895/10 -, in juris (aufgehoben durch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.07.2015, - L 3 R 442/12 -, in juris)). Die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V müsse auch und erst Recht für Nebentätigkeiten von Personen gelten, die in ihrer Haupttätigkeit versicherungsfrei seien. Im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit in Art. 12 Abs. 1 GG sei es nicht zulässig, für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht die Ausübung einer überwiegend rechtsberatenden, rechtsentscheidenden, rechtsgestaltenden und rechtsvermittelnden Tätigkeit zu verlangen (so SG D., Urteil vom 02.11.2010, - S 52 R 230/09 -, in juris, entgegen etwa LSG Hessen, Urteil vom 29.10.2009, - L 8 KR 189/08 - oder LSG Nordrhein Westfalen, Urteil vom 19.03.2004, - L 4 RA 12/03 -, jeweils in juris).

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie trug ergänzend zu der Begründung der angefochtenen Bescheide vor, das BSG habe in den Urteilen vom 03.04.2014 (- B 5 RE 13/14 R-, - B 5 RE 9/14 R -, - B 5 RE 3/14 R -, in juris) für abhängig beschäftigte Rechtsanwälte bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern (Syndikusanwälte) einen Anspruch auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht abgelehnt. Syndikusanwälte seien bei ihren Arbeitgebern nicht als Rechtsanwälte beschäftigt. Auf die Merkmale der rechtsberatenden, rechtsentscheidenden, rechtsgestaltenden und rechtsvermittelnden Tätigkeit komme es hinsichtlich einer Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI daher nicht an.

Die (mit Beschluss des SG vom 03.12.2014) zum Verfahren beigeladenen Beigeladenen zu 1) und zu 2) äußerten sich nicht.

Mit Urteil vom 09.12.2014 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) sei nicht dem Berufsfeld des Rechtsanwalts zuzuordnen. Die im Rahmen dieser Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit sei für die Mitgliedschaft des Klägers beim Beigeladenen zu 2) und die dadurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, so dass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung des Befreiungstatbestands in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI fehle (BSG, Urteil vom 03.04.2014, - B 5 RE 13/14 R -, in juris). Der Kläger stelle das auch nicht mehr in Abrede. Die von ihm gerügten Verfassungsverstöße lägen nicht vor. Der Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Insoweit sei gegenüber dem Willkürverbot ein strengerer Maßstab nicht anzulegen, da die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI lediglich eine Option für den Versicherten darstelle und von diesem beantragt werden müsse. Dass sich die nicht rentenversicherungspflichtigen Rechtsanwälte für Nebentätigkeiten nicht von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen könnten, sei sachlich gerechtfertigt. Das folge schon daraus, dass der Gesetzgeber für sie den Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung nicht für notwendig erachte (von Koch, in: BeckOK SGB VI § 6 Rdnr. 2). Auch das Eigentumsgrundrecht in Art. 14 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Der Gesetzgeber habe insoweit die verfassungsrechtlichen Grenzen seines Gestaltungsspielraums ebenfalls gewahrt.

Gegen das ihm am 13.02.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.03.2015 Berufung eingelegt. Er wiederholt und bekräftigt sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, die Schaffung einer eigenständigen Alterssicherung für Freiberufler sei nicht als Privileg gedacht gewesen, das etwaige Ungleichbehandlungen gegenüber rentenversicherungspflichtigen Personen rechtfertigen könnte. Im Hinblick auf die Regelung in § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI sei die Unterbrechung der kammerpflichtigen Erwerbstätigkeit durch eine zeitlich befristete berufsfremde Tätigkeit gerade der vom Gesetzgeber ins Auge gefasste Regelfall. Es solle verhindert werden, dass eine vorübergehende berufsfremde Tätigkeit zu einem Wechsel des Alterssicherungssystems führe. Deswegen müsse man zu seinen Gunsten den Gleichheitssatz anwenden. Auf die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und 14 Abs. 1 GG sei das SG nur unzureichend eingegangen. Wegen etwaiger Einbußen bei der Alterssicherung werde er von einem temporären Berufswechsel ausgeschlossen; das stelle einen Eingriff in das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit dar. Der Befreiungsbescheid vom 24.05.1996 habe die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit ausgesprochen; damit sei die Tätigkeit des Rechtsanwalts gemeint, sei es als angestellter, sei es als freiberuflicher Rechtsanwalt. Die Befreiung gelte darüber hinaus für zeitlich befristete Tätigkeiten. Die Beschränkung des Befreiungsbescheids auf die seinerzeit in der Rechtsanwaltskanzlei in R. ausgeübte Tätigkeit und die Annahme, als selbstständiger Rechtsanwalt sei er nicht "befreiungsfähig", verletze den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Er habe darauf vertraut, dass der genannte Bescheid in seinem bisherigen Umfang weiterhin Bestand habe und nicht nach 17 Jahren von der Beklagten anders ausgelegt werde. Das BSG habe in seiner Rechtsprechung zu den Syndikusanwälten für Altfälle ebenfalls Vertrauensschutz hinsichtlich vorliegender Befreiungsbescheide angenommen. Er sei ununterbrochen als Rechtsanwalt tätig, weshalb der Befreiungsbescheid vom 24.05.1996 nicht habe unwirksam und eine Neubescheidung über die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nicht habe zulässig werden können.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 09.12.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.03.2014 aufzuheben und

1. die Beklagte zu verurteilen, ihn hinsichtlich der bei der Beigeladenen zu 1) während der Zeit vom 01.02.2013 bis 14.03.2014 ausgeübten Tätigkeit von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien,

2. hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen festzustellen, dass sich die in dem Bescheid ihrer Rechtsvorgängerin vom 24.05.1996 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auf die genannte Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) erstreckt,

3. weiter hilfsweise,

festzustellen, dass sich die im Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 24.05.1996 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auf die genannte Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) erstreckt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist auf die Rechtsprechung des BSG zur Frage der Befreiung von Syndikusanwälten von der Rentenversicherungspflicht (Urteile vom 03.04.2014, - B 5 RE 13/14 R - u.a., in juris) und zur Anwendung des Erstreckungstatbestands in § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI (Urteile vom 31.10.2012, - B 12 R 3/11 R - und - B 12 R 8/10 R -, jeweils in juris). Die Befreiungserstreckung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI komme nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI weiter vorlägen. Das schließe eine erstmalige bzw. ausschließliche Befreiung für berufsfremde Beschäftigungen oder Tätigkeiten aus. Die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI stelle einen eigenständigen Befreiungstatbestand nicht dar, setze vielmehr als Bezugspunkt eine bereits nach § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erteilte ursprüngliche Befreiung voraus und knüpfe an diese unmittelbar an. Die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht im Wege der Erstreckung komme daher nur noch dann in Betracht, wenn unmittelbar vor der Aufnahme einer versicherungspflichtigen berufsfremden Beschäftigung oder Tätigkeit eine durch einen Bescheid nach § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI befreite berufsspezifische Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden sei. In ihrer berufsspezifischen Tätigkeit nicht versicherungspflichtige Selbstständige, deren Arbeit in Ermangelung einer Versicherungspflicht nicht befreiungsfähig sei, könnten deswegen nicht gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI zugunsten ihrer berufsständischen Versorgungseinrichtung befreit werden, wenn sie ihre Tätigkeit durch eine berufsfremde Beschäftigung oder Tätigkeit ersetzten oder ergänzten.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Streitgegenstand ist die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung in der während der Zeit vom 01.02.2013 bis 14.03.2014 bei der Beigeladenen zu 1) ausgeübten Beschäftigung als Rechtsschutzsachbearbeiter im Wege der (originären) Befreiung (nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) oder der (derivativen) Befreiungserstreckung (nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI). Hinsichtlich der mit dem Hauptantrag begehrten (originären) Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ist die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG). Hinsichtlich der mit den Hilfsanträgen begehrten (derivativen) Befreiungserstreckung - der Erstreckung der im Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 24.05.1996 ausgesprochenen Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auf die hier streitige Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) - ist die Klage (ebenfalls) als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage oder jedenfalls als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) zulässig. Der Kläger erstrebt in erster Linie allerdings nicht die gerichtliche, sondern die behördliche Feststellung der Befreiungserstreckung. Den Erlass eines entsprechenden feststellenden Verwaltungsakts (§ 31 SGB X) hat er am 18.02.2013 bei der Beklagten beantragt und die Beklagte hat diesen Antrag mit den angefochtenen Bescheiden abgelehnt. Nicht anders als die (originäre) Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ist auch die (derivative) Erstreckung einer bereits ergangenen Befreiungsentscheidung als Dispositionsentscheidung des Versicherten von einer entsprechenden Willensentschließung abhängig (vgl. Fichte, in: Hauck/Noftz, SGB VI § 6 Rdnr. 136 m.w.N.; offen gelassen bei BSG, Urteil vom 31.10.2012, - B 12 R 8/10 R -, in juris Rdnr. 25). Die behördliche Feststellung der Befreiungserstreckung ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil der Erstreckungstatbestand des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI nach seinem Wortlaut das Ergehen eines Verwaltungsakts über die Befreiungserstreckung nicht voraussetzt, die Rechtsfolge der Befreiungserstreckung bei Vorliegen der Erstreckungsvoraussetzungen vielmehr unmittelbar kraft Gesetzes eintreten würde. Der Rentenversicherungsträger muss nämlich über die Erstreckung der Befreiung ebenso wie über die ursprüngliche Befreiung selbst durch Verwaltungsakt entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2012, - B 12 R 8/10 R -, in juris Rdnr. 12). An der mit dem zweiten Hilfsantrag (Antrag Nr. 3) verfolgten gerichtlichen Feststellung des Bestehens und (insbesondere) des Umfangs der im Bescheid vom 24.05.1996 ausgesprochenen Befreiung von der Rentenversicherungspflicht hat der Kläger ein berechtigtes Interesse (dazu ebenfalls BSG, Urteil vom 31.10.2012, - B 12 R 8/10 R -, in juris Rdnr. 12).

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Er hat weder Anspruch darauf, in der streitigen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) von der Rentenversicherungspflicht befreit zu werden noch auf die (behördliche oder gerichtliche) Feststellung, dass sich der Befreiungsbescheid vom 24.05.1996 auf diese Tätigkeit erstreckt.

Die Beklagte hat - was Gegenstand des Hauptantrags (Antrag Nr. 1) ist - den am 18.02.2013 zunächst hilfsweise und sodann erneut (formularmäßig) am 20.03.2013 gestellten Befreiungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 25.07.2013 (Widerspruchsbescheid vom 06.03.2014) zu Recht abgelehnt. Die Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind nicht erfüllt. Hierüber streiten die Beteiligten in der Sache nicht mehr. Der Senat kann auf die (den Beteiligten bekannten) Urteile des BSG vom 03.04.2014 (- B 5 RE 13/14 R-, - B 5 RE 9/14 R -, - B 5 RE 3/14 R -, alle in juris) verweisen. Danach kann, wer als Rechtsanwalt zugelassen und zugleich rentenversicherungspflichtig beschäftigt ist, wegen seiner berufsständischen Versorgung für diese Beschäftigung nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden; darauf, ob die Beschäftigung Kriterien der Rechtsberatung, Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung erfüllt, kommt es nicht an. Der Gesetzgeber hat die Rechtsprechung des BSG zum Anlass genommen, die Rechtsstellung der bei nicht anwaltlichen Arbeitgebern beschäftigten Rechtsanwälte (Syndikusanwälte) neu zu regeln. Das entsprechende Gesetz (Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015, BGBl. I S. 2517) ist zum 01.01.2016 in Kraft getreten (Art. 9 Abs. 1 des Gesetzes) und für die hier streitige Zeit (01.02.2013 bis 14.03.2014) nicht von Belang. Auch die Übergangsregelungen für schwebende Verfahren in § 231 Abs. 4b SGB VI sind nicht einschlägig. Sie knüpfen jeweils an Befreiungen von der Versicherungspflicht als Syndikusanwalt nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI an, die unter Berücksichtigung der BRAO in der ab 01.01.2016 geltenden Fassung erteilt wurden bzw. während einer Übergangszeit noch erteilt werden. Eine Fallgestaltung dieser Art liegt nicht vor. Der Kläger ist seit 15.03.2014 nicht als Syndikusanwalt bei einem nicht anwaltlichen Arbeitgeber, sondern als angestellter Rechtsanwalt bei einer Rechtsanwaltsgesellschaft bzw. als selbstständiger Rechtsanwalt beschäftigt.

Die Beklagte hat - was Gegenstand des ersten Hilfsantrags (Antrag Nr. 2) ist - den Antrag des Klägers auf Feststellung der Befreiungserstreckung mit den angefochtenen Bescheiden ebenfalls zu Recht abgelehnt. Die dem Kläger mit Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 24.05.1996 erteilte Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erstreckt sich auf die hier streitige Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) nicht. Der Senat kann hierfür auf die zutreffende Begründung des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 06.03.2014 Bezug nehmen (§§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend sei angemerkt: Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt; sie wird nicht personen- sondern tätigkeitsbezogen erteilt (vgl. nur etwa KassKomm/Gürtner, SGB VI § 6 Rdnr. 32; zum allgemeinen Grundsatz der isolierten sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der (von einer Person) ausgeübten Tätigkeiten auch BSG, Urteil vom 04.11.2009, - B 12 R 7/08 R -, in juris Rdnr. 19). Die im Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 24.05.1996 erteilte Befreiung von der Rentenversicherungspflicht hatte allein die am 01.03.1996 aufgenommene Tätigkeit des Klägers als angestellter Rechtsanwalt in der Rechtsanwaltskanzlei in R. zum Gegenstand. Daran ändert es nichts, dass in dem Bescheid der Gesetzeswortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI wiedergegeben worden ist. Eine weitere Regelung, etwa die pauschale Erstreckung der ausgesprochenen Befreiung auf weitere, zeitlich begrenzte Tätigkeiten jedweder Art, hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten damit nicht getroffen, vielmehr hat sie nur auf die kraft Gesetzes geltende Rechtslage hingewiesen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 31.10.2012, - B 12 R 5/10 R -, in juris Rdnr. 37 m.w.N.). Es kann daher offen bleiben, ob eine "Blankobefreiung" dieser Art nicht gemäß § 40 Abs. 1 SGB X nichtig und damit unwirksam wäre. § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI sieht vor, dass "sie" - die Befreiung i. S. d. § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI - sich auf andere zeitlich begrenzte Tätigkeiten erstreckt, sofern die hierfür festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind. Damit knüpft der Erstreckungstatbestand des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI an den der (originären) Befreiungsentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt an, erfordert also, dass das nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreite Beschäftigungsverhältnis andauert (vgl. Kasskomm/Gürtner, SGB VI § 6 Rdnr. 39 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 31.10.2012, - B 12 R 8/10 R -, in juris). Das ist hier nicht der Fall gewesen. Das dem Befreiungsbescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 24.05.1996 zugrunde liegende (befreite) Beschäftigungsverhältnis des Klägers bei der Rechtsanwaltskanzlei in R. war bereits 1998 und damit lange vor Aufnahme der zeitlich begrenzten Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) am 01.02.2013 beendet.

Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass - was Gegenstand des zweiten Hilfsantrags (Antrag Nr. 3) ist - die Feststellung der Befreiungserstreckung auch durch gerichtliches Feststellungsurteil nicht auszusprechen ist.

Auf die Grundsätze von Treu und Glauben oder den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann sich der Kläger nicht berufen. Eine Fallgestaltung, bei der diese Rechtsinstitute zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führen könnten, liegt nicht vor (vgl. dazu BSG, Urteil vom 31.10.2012, B 12 R 3/ 11 R -, in juris Rdnr. 33; Urteil vom 31.10.2012, - B 12 R 5/10 R -, in juris Rdnr. 34; Urteil vom 07.12.2000, - B 12 KR 11/00 R - in juris Rdnr. 24). Es genügt hierfür insbesondere nicht, dass man dem Kläger nach seinem Vorbringen im Klageverfahren auf eine Nachfrage vor der Selbstständigmachung im Jahr 1998 die fernmündliche Auskunft erteilt haben soll, die im Bescheid vom 24.05.1996 ausgesprochene Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gelte fort. Dies bezog sich ersichtlich auf die vom Kläger angesprochene, bis zu den Urteilen des BSG vom 31.10.2012 (- B 12 R 5/10 R - und - B 12 R 3/11 R -, beide in juris) geübte und auch nach außen vermittelte Verwaltungspraxis der Beklagten, einmal erteilte Befreiungen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei Arbeitgeberwechseln auch für die neue Tätigkeit gelten zu lassen, wenn bestimmte Anforderungen an Arbeitgeber und Tätigkeit erfüllt waren, und auf eine neue Antragstellung und ein neues Befreiungsverfahren zu verzichten. Der Befreiungsbescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 24.05.1996 betraf freilich die Tätigkeit des Klägers als angestellter Rechtsanwalt bei einem anwaltlichen Arbeitgeber, der Rechtsanwaltskanzlei in R., wovon eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht anwaltlichen Arbeitgeber (Syndikusanwalt) grundlegend zu unterscheiden ist. Davon abgesehen konnte zur Klarstellung für die neue Tätigkeit jederzeit ein Befreiungsantrag gestellt werden, was der Kläger auch getan hat. Er hat nämlich in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) zum 01.02.2013 bereits am 18.02.2013 beantragt, die Erstreckung der im Bescheid vom 24.05.1996 ausgesprochenen Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auf die hier streitige Tätigkeit festzustellen oder ihn für diese Tätigkeit von der Rentenversicherungspflicht (originär) zu befreien. Er hat damit ersichtlich nicht wegen eines möglicherweise falschen Eindrucks auf Grund der vor Jahren erteilten Telefonauskunft zur damaligen Verwaltungsübung der Beklagten ohne Weiteres darauf vertraut, in der Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) (von vornherein) rentenversicherungsfrei zu sein und er ist von der Beklagten auch nicht durch Falschberatung davon abgehalten worden, ggf. erforderliche (und in der Sache begründete) Befreiungsanträge rechtzeitig zu stellen.

Das Bestehen von Rentenversicherungspflicht in der Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, verletzt den Kläger insbesondere nicht in seinen Grundrechten. So besteht von Verfassungs wegen kein Wahlrecht, das es ermöglichen würde, im Laufe eines Berufslebens die jeweils günstigste Versorgungsmöglichkeit zu wählen oder an ihr festzuhalten und die Anwendung aller anderen Versicherungspflichttatbestände auszuschließen (BSG, Urteil vom 31.10.2012, - B 12 R 8/10 R -, in juris Rdnr. 30 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG)). Es gibt auch keinen verfassungsrechtlich begründeten Anspruch darauf, Beiträge zu demjenigen Alterssicherungssystem leisten zu dürfen, von dem man die bessere Versicherungsleistung erwartet wird. Mangels unmittelbar berufsregelnden Charakters berührt die (zusätzliche) Versicherungspflicht des Klägers zur gesetzlichen Rentenversicherung in der hier streitigen Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) nicht den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG (BSG, Urteil vom 03.04.2014, - B 5 RE 13/14 R -, in juris Rdnr. 55 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Ein Verfassungsgebot der Vermeidung von Doppelversicherungen gibt es nicht (dazu ebenfalls BSG, Urteil vom 03.04.2014, a. a. O. Rdnr. 56; auch etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.07.2015, - L 3 R 442/12 -, in juris Rdnr. 28). Der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt, nachdem es sich bei der berufsständischen Versicherung und der gesetzlichen (Renten-)Versicherung um selbstständig nebeneinander stehende Institute mit jeweils eigenständiger Rechtsmaterie handelt, weshalb deren Regelwerke ggf. die Versicherungspflicht zu beiden Versicherungen begründen können (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.03.2004, - L 4 RA 12/03 -, in juris Rdnr. 42 m.w.N.). Mit dem grundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art 2 Abs. 1 GG) unvereinbare Beitragslasten werden dem Kläger nicht auferlegt. Zum einen stehen den Rentenversicherungsbeiträgen Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber, wobei derzeit nicht feststeht, ob die hierfür erforderliche allgemeine Wartezeit von 5 Jahren (vgl. § 50 Abs. 1 SGB VI) im künftigen Berufsleben des Klägers nicht (doch) noch erfüllt wird. Zum andern wird eine unzumutbare Überversorgung dadurch ausgeschlossen, dass die Satzung des Beigeladenen zu 2) Regelungen über die Beitragsermäßigung von Mitgliedern, die zugleich Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung sind, enthält (vgl. § 13 Abs. 1 der Satzung des Beigeladenen zu 2): 3/10 des Regelbeitrags).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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