L 11 R 3299/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 2567/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3299/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24.06.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.

Der 1958 geborene Kläger ist gelernter Stuckateur. 1990 war er Mitgründer der Baufirma S. GmbH und dort als einer der Gesellschafter-Geschäftsführer versicherungspflichtig beschäftigt. 2002 reduzierte er seine Tätigkeit als Bausanierer aus gesundheitlichen Gründen auf ca 60%. Ab Oktober 2012 war der Kläger arbeitsunfähig krank und bezog von November 2012 bis April 2014 Krankengeld, anschließend Arbeitslosengeld.

Vom 12.11. bis 03.12.2013 absolvierte der Kläger eine stationäre medizinische Rehabilitation in der Ü.-Klinik in I., aus welcher er mit den Diagnosen komplettes metabolisches Syndrom, rezidivierende Cervicobrachialgie beidseits, chronisch rezidivierende Lumboischialgie bei Fehlhaltung, muskulären Dysbalancen und Bandscheibenvorfall L4/5 und L5/S1 sowie paroxysmales Vorhofflimmern arbeitsunfähig entlassen wurde. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könnten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden (Entlassungsbericht vom 16.12.2013).

Am 20.02.2014 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ ein Gutachten durch den Facharzt für Innere Medizin Dr. R. erstellen. Dieser kam nach ambulanter Untersuchung des Klägers mit Gutachten vom 05.05.2014 zu der Einschätzung, dass der Kläger bei Adipositas permagna mit metabolischem Symptomkomplex und Bandscheibenschäden der LWS und HWS die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bausanierer nur unter drei Stunden ausüben könne, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien mindestens sechs Stunden täglich möglich. Mit Bescheid vom 04.06.2014 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab und verwies den Kläger auf die Tätigkeit als Registrator. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2014 zurück.

Hiergegen richtet sich die am 09.10.2014 zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage. Der Kläger weise insgesamt eine deutlich reduzierte Belastbarkeit in allen Lebensbereichen auf und sei damit aufgrund seines komplexen Krankheitsbildes so stark in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt, dass regelmäßige Tätigkeiten nicht mehr vorstellbar seien.

Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Die Hausärztin Dr. K.-F. hat mit Schreiben vom 29.01.2015 mitgeteilt, der Schwerpunkt der Beeinträchtigungen liege auf orthopädischem und neurologisch-neurochirurgischem Gebiet. Die diagnostischen Maßnahmen seien noch nicht abgeschlossen. Der Orthopäde Dr. Fä. hat unter dem 14.02.2015 über eine Vorstellung des Klägers am 04.09.2014 berichtet, bei welcher der Kläger wiederkehrende Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen im Bereich der Unterarme geklagt habe.

Zusätzlich hat das SG ein orthopädisches Gutachten bei Dr. H. eingeholt. Im Gutachten vom 20.04.2015 werden folgende Diagnosen gestellt: - schmerzhafte Funktionsstörung der LWS mit ausstrahlenden Schmerzen und Empfindungsstörungen in den unteren Gliedmaßen bei degenerativen Bandscheibenveränderungen in den unteren lumbalen Etagen ohne sichere Zeichen einer Nervenwurzelschädigung - schmerzhafte Funktionsstörung der HWS mit ausstrahlenden Beschwerden und Empfindungsstörungen in den oberen Gliedmaßen bei fortgeschrittener Bandscheibendegeneration in der unteren Hälfte der HWS ohne sichere Nerven- bzw Nervenwurzelschäden - metabolisches Syndrom mit Störungen des Blutdrucks und des Blutzuckerspiegels bei deutlichem Übergewicht - Schlafapnoesyndrom Der Kläger könne nur noch leichte bis gelegentlich kurzfristig mittelschwere Tätigkeiten verrichten. Häufiges Bücken, Besteigen von Leitern und Gerüsten, Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Akkord und Fließbandarbeiten seien nicht mehr leidensgerecht. Feinmechanisch besonders anspruchsvolle Arbeiten seien nicht mehr zumutbar aufgrund der vorgetragenen Gefühlsstörungen der Hände.

Mit Urteil vom 24.06.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert, denn er könne - wie sich aus dem Gutachten von Dr. H. ergebe - noch leichte Tätigkeiten mit einigen qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich verrichten. Er sei auch nicht berufsunfähig. Als Bausanierer oder Stuckateur könne der Kläger zwar nicht mehr arbeiten. Wenn diese Tätigkeit als Facharbeitertätigkeit anzusehen sei, müsse sich der Kläger aber jedenfalls auf die Tätigkeit als Registrator verweisen lassen. Diese sei ihm sowohl sozial als auch gesundheitlich zumutbar.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 15.07.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 04.08.2015 eingelegte Berufung des Klägers. Er gehe davon aus, dass er sich nicht innerhalb von drei Monaten in die Registratorentätigkeit einarbeiten könne, er habe eine praktische Tätigkeit auf dem Bau ausgeübt. Im Übrigen habe Dr. H. das Besteigen von Leitern ausgeschlossen, eine eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit der Hände bestätigt und nur gelegentliches Heben und Tragen bis 5 kg in Rumpfvor- oder Seitneigung für unbedenklich gehalten. Es sei daher nicht plausibel, dass die Tätigkeit als Registrator möglich sei. Zudem seien die Gesundheitsstörungen auf internistischem Gebiet nicht ausreichend berücksichtigt worden. Hierzu hat er ein Gutachten von Dr. M. vom 20.08.2015 vorgelegt, welches das SG im dortigen Verfahren S 10 SB 2184/14 eingeholt hatte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 24.06.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 04.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.09.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.02.2014 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und die Ausführungen des SG Bezug.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines internistischen Gutachtens nach Aktenlage. Im Gutachten vom 14.01.2016 stellt Dr. M. folgende Diagnosen: - metabolisches Syndrom mit Adipositas permagna (BMI ) 40kg/m²), Bluthochdruck, schlecht eingestellter insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ 2 mit einem HbA1 von 8,6%, Hyperlipidämie - schmerzhafte Funktionsstörung der HWS mit ausstrahlenden Beschwerden und Empfindungsstörungen in den oberen Gliedmaßen bei fortgeschrittener Bandscheibendegeneration in der unteren Hälfte der HWS ohne sichere Nerven- und Nervenwurzelschäden - schmerzhafte Funktionsstörung der LWS mit ausstrahlenden Schmerzen und Empfindungsstörungen in den unteren Gliedmaßen bei degenerativen Bandscheibenveränderungen in den unteren lumbalen Etagen ohne sichere Zeichen einer Nervenwurzelschädigung - Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern ohne andauernde Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Herzens - kombinierte Ventilationsstörung der Lunge mit mäßiger Obstruktion und Pseudorestriktion bei Adipositas permagna, habituelles Schnarchen - Sulcus-Ulnaris-Syndrom und vegetatives Reizsyndrom des Nervus medianus im Karpaltunnel beider Handgelenke. Der Kläger könne bei allgemein herabgesetzter Leistungsfähigkeit durch die Adipositas permagna mit rascher Luftnot bei geringer Belastung nur noch leichte Tätigkeiten verrichten. Ersteigen von Leitern oder Gerüsten, Nachtschicht, Akkord oder Tätigkeiten unter Zeitdruck, Tätigkeiten mit Eigen- oder Fremdgefährdung, Zwangshaltungen seien zu vermeiden. Eine Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der Hände liege für leichte Tätigkeiten nicht vor; Faustschluss, Spitz- und Schlüsselgriff seien beidseits durchführbar, Nacken- und Schürzengriff nicht eingeschränkt. Neurologischerseits seien regelrechte Nervenleitgeschwindigkeiten gemessen worden. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr arbeitstäglich tätig sein.

Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Schreiben vom 12.02.2016 darauf hingewiesen, dass der Senat nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind darauf aufmerksam gemacht worden, dass diese Verfahrensweise aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt ist. Der Bevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 08.03.2016 mitgeteilt, dass der Kläger nach wie vor nicht davon ausgehe, dass die bisherigen Leistungseinschätzungen seinen Gesundheitszustand zutreffend berücksichtigten. Er gehe davon aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der beantragten Renten vorlägen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 04.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.09.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3).

Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt.

Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Der Kläger kann zur Überzeugung des Senats unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich noch mindestens sechs Stunden arbeiten und ist deshalb nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI). Diese Überzeugung schöpft der Senat aus den nachvollziehbaren und plausiblen Sachverständigengutachten von Dr. H. vom 20.04.2015 und Dr. M. vom 14.01.2016. Nach diesen Gutachten liegen zusammenfassend folgende Gesundheitsstörungen vor: - metabolisches Syndrom mit Adipositas permagna (BMI ) 40kg/m²), Bluthochdruck, schlecht eingestellter insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ 2 mit einem HbA1 von 8,6%, Hyperlipidämie - schmerzhafte Funktionsstörung der HWS mit ausstrahlenden Beschwerden und Empfindungsstörungen in den oberen Gliedmaßen bei fortgeschrittener Bandscheibendegeneration in der unteren Hälfte der HWS ohne sichere Nerven- und Nervenwurzelschäden - schmerzhafte Funktionsstörung der LWS mit ausstrahlenden Schmerzen und Empfindungsstörungen in den unteren Gliedmaßen bei degenerativen Bandscheibenveränderungen in den unteren lumbalen Etagen ohne sichere Zeichen einer Nervenwurzelschädigung - Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern ohne andauernde Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Herzens - kombinierte Ventilationsstörung der Lunge mit mäßiger Obstruktion und Pseudorestriktion bei Adipositas permagna, habituelles Schnarchen - Sulcus-Ulnaris-Syndrom und vegetatives Reizsyndrom des Nervus medianus im Karpaltunnel beider Handgelenke - Schlafapnoesyndrom.

Insgesamt konnte der Kläger zur Überzeugung des Senats im gesamten Zeitraum ab dem 01.02.2014 bis zum heutigen Tage durchgehend mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Zunächst ist die Leistungsfähigkeit schon wegen der Adipositas permagna mit metabolischem Syndrom und den Funktionsstörungen der Wirbelsäule eingeschränkt auf körperlich leichte Tätigkeiten. Diese Einschränkung beinhaltet bereits den Ausschluss von Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten, Arbeiten in Zwangshaltungen der Wirbelsäule und in knieender oder gebückter Haltung. Um der Gefahr von Blutdruck- oder Blutzuckerentgleisungen vorzubeugen, sind Tätigkeiten in Nachtschicht oder mit besonderem Stress, Zeitdruck oder Akkord nicht mehr zumutbar. Wegen der schlechten Blutzuckereinstellung und der Tachyarrhythmia absoluta sind auch Tätigkeiten mit Eigen- oder Fremdgefährdung nicht möglich. Das Vorliegen dieser Einschränkungen ergibt sich übereinstimmend aus den Gutachten von Dr. H. und Dr. M ... Soweit Dr. H. darüber hinaus eine Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der Hände sieht, folgt der Senat dem nicht. Dr. M. hat insoweit überzeugend und nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die Funktionsprüfungen auch bei der Untersuchung der Dr. H. keine Einschränkungen ergaben. Aus dem neurologischen Untersuchungsbericht von Dr. B.-L. vom 30.09.2014 ergibt sich, dass normale Nervenleitgeschwindigkeiten gemessen wurden, Sensibilitätsstörungen wurden nicht festgestellt. Das insoweit festgestellte Sulcus-ulnaris-Syndrom links und das vermutete Reizsyndrom des Nervus medianus im Karpaltunnel beidseits schränken die Ausübung körperlich leichter Tätigkeiten nicht weiter ein, wie Dr. M. ausdrücklich bestätigt. Im Übrigen sieht auch Dr. H. lediglich eine Einschränkung für feinmechanisch besonders anspruchsvolle oder grobmechanisch anspruchsvolle Arbeiten, so dass auch insoweit die Ausübung körperlich leichter Tätigkeiten nicht relevant eingeschränkt wäre. Weitergehende Einschränkungen folgen auch nicht aus den Aussagen der behandelnden Ärzte Dr. K.-F. und Dr. Fä.

Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht, ein Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).

Die Wegefähigkeit ist ebenfalls noch gegeben. Der Kläger ist in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies folgt übereinstimmend aus den Gutachten von Dr. H. und Dr. M ... Die dort erhobenen Befunde haben keine Einschränkung der Wegefähigkeit erbracht.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass er vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Der Kläger ist 1958 und damit vor dem Stichtag geboren, er ist jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit iSd § 240 Abs 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar sind, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigeren Stufe verwiesen werden (zum Stufenschema des BSG vgl BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200 § 1246 Nr 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN).

Nach den getroffenen Feststellungen ist zwar die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bausanierer nicht mehr zumutbar. Der Kläger kann jedoch – auch wenn man davon ausgeht, dass es sich hierbei um eine Facharbeitertätigkeit handelt und Berufsschutz vorliegt - zur Überzeugung des Senats auf die Tätigkeit eines Registrators verwiesen werden. Das SG hat dies bereits eingehend und zutreffend ausgeführt. Derartige Tätigkeiten existieren auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichendem Umfang, wie der Senat bereits mehrfach dargelegt hat (vgl Senatsurteile vom 13.11.2012, L 11 R 5240/10, juris und 21.01.2014, L 11 R 5639/10). Danach existiert allein im süddeutschen Raum im Bereich des öffentlichen Dienstes, der gesetzlichen Krankenkassen sowie der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen eine signifikante Anzahl an entsprechenden Beschäftigungsverhältnissen jenseits der 500, die keine (spezifische) abgeschlossene Berufsausbildung und eine Anlernzeit von maximal drei Monaten erfordern (vgl eingehend LSG Baden-Württemberg 25.09.2012, L 13 R 6087/09, juris). Das Vorhandensein einer nennenswerten Zahl entsprechender Arbeitsplätze auf dem Arbeitsmarkt belegt im Übrigen auch die tarifvertragliche Erfassung dieser Tätigkeit im Änderungstarifvertrag Nr 4 vom 02.01.2012 zum TV-L. Gegenstand dieses Änderungstarifvertrages ist die Entgeltordnung zum TV-L, über welche sich die Tarifvertragsparteien am 10.03.2012 geeinigt haben. Diese sieht in ihrem Teil II "Tätigkeitsmerkmale für bestimmte Beschäftigtengruppen" Ziff 16 detaillierte Eingruppierungsregelungen für Beschäftigte in Registraturen vor, die sich über 8 Entgeltgruppen erstrecken. Vor dem Hintergrund der Einschätzungsprärogative, die den Tarifvertragsparteien bezüglich der Arbeitswirklichkeit zuzuerkennen ist (vgl BSG 12.09.1991, 5 RJ 34/90, SozR 3-2200 § 1246 Nr 17, juris Rn 22) dokumentiert bereits diese tarifvertragliche Erfassung die Existenz einer ausreichenden Anzahl an entsprechenden Arbeitsplätzen. Die Tätigkeit der Registratoren nach Entgeltgruppe 3 umfasst das Vergeben von Aktenzeichen entsprechend geltenden Aktenplänen und -nummern, das Anlegen von Neuakten, das Beachten von Aktenordnungen sowie das Aussondern von Altakten. Dabei achten sie auf die Einhaltung von Aufbewahrungsfristen. Um elektronische Informationen zu archivieren, verwenden Registratoren elektronische Archivsysteme, in denen Dokumente schnell wiedergefunden werden können. Sie speichern und verwalten digitale Dokumente mit spezieller Software. Im Bereich der Aktenhaltung und Registratur sind sie außerdem für die Terminüberwachung und allgemeine Verwaltungsarbeiten verantwortlich (vgl dazu www.berufenet.de). Die hierzu erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse kann der Kläger innerhalb von drei Monaten erwerben, auch wenn er eine verwaltungsnahe bzw kaufmännische Ausbildung nicht absolviert hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger bereits über Kenntnisse im Umgang mit Computern verfügt. Denn von einem Facharbeiter kann jedenfalls erwartet werden, die Grundkompetenz zum Einsatz des PC innerhalb des genannten Zeitraums zu erwerben (Bayerisches LSG 08.02.2012, L 1 R 1005/09, juris Rn 50; LSG Niedersachsen-Bremen, 25.11.2009, L 10 R 269/08, juris Rn 24). Für die Erlernung der Tätigkeit eines Registrators bedarf es keiner besonderen Voraussetzungen, insbesondere keiner Fachkenntnisse, um innerhalb einer Anlernzeit von vier bis sechs Wochen bis maximal drei Monaten die erforderlichen Kenntnisse, darunter einfache PC-Kenntnisse, zu erwerben (vgl LSG Baden-Württemberg 25.09.2012, L 13 R 6087/09, juris RdNr 33.). Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass der Kläger über Jahre – wenn auch nicht alleiniger - Gesellschafter und Geschäftsführer einer Baufirma war, die zeitweise bis zu 24 Mitarbeiter hatte.

Desgleichen stehen der Ausübung einer Tätigkeit als Registrator keine gesundheitlichen Umstände entgegen. Die Tätigkeit eines Registrators in der Entgeltgruppe 3 ist geprägt durch Arbeiten im Sitzen (vgl www.berufenet.de), aber auch im Wechselrhythmus von Sitzen, Gehen und Stehen. In körperlicher Hinsicht sind überwiegend leichte Tätigkeiten zu verrichten. Schweres Heben und Tragen ist nicht notwendig; ggf muss mit Aktenstücken bis 10 kg Gewicht umgegangen werden. Besondere psychische Belastungen kommen nicht vor (vgl zu den körperlichen Anforderungen insgesamt: Bayerisches LSG 08.02.2012 aaO, juris RdNr 48 und Urteil des LSG Baden-Württemberg 25.09.2012, L 13 R 6087/09, juris). Diesen Anforderungen entspricht das beim Kläger bestehende Leistungsvermögen.

Der Kläger kann körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ausüben. Ihm ist gelegentliches und kurzfristiges Heben und Tragen von Gegenständen mit Gewicht bis zu 10 kg durchaus zumutbar und möglich, wie Dr. H. ausdrücklich darlegt. Soweit auch Lasten bis 5 kg in Vorbeuge oder Seitneigung nur gelegentlich gehoben werden sollten – bei aufrechter Rumpfhaltung besteht insoweit keine Einschränkung – ist dies im Wesentlichen eine Frage der Arbeitsorganisation und des eigenen, rückengerechten Verhaltens. Es sind daher weiter keine Einschränkungen erkennbar, die der Tätigkeit als Registrator entgegen stehen könnten.

Die Tätigkeit eines Registrators nach Entgeltgruppe 3 ist dem Kläger auch subjektiv zuzumuten. Geht man zugunsten des Klägers von einem Facharbeiterstatus aus, darf der Kläger grundsätzlich auf Tätigkeiten verwiesen werden, die zu den staatlich anerkannten Ausbildungsberufen gehören oder eine echte betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten erfordern. Diesen objektiv zumutbaren Verweisungstätigkeiten sind solche Berufe qualitativ gleichwertig, die von den Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag durch ihre tarifliche Einstufung in ihrem qualitativen Wert den Leitberufen gleichgestellt sind (BSG 12.09.1991, 5 RJ 34/90, SozR 3-2200 § 1246 Nr 17 juris RdNr 22 mwN). Die tarifvertragliche Einstufung einer Tätigkeit ist deshalb in der Regel maßgebend für den qualitativen Wert dieser Tätigkeit im Sinne des Mehrstufenschemas, soweit die Einstufung nicht auf qualitätsfremden Merkmalen beruht (BSG aaO). Dies gilt nicht nur für die frühere Einstufung der Registratorentätigkeit in Tätigkeiten die Vergütungsgruppe VIII zum BAT, die als Verweisungstätigkeit grundsätzlich auch einem Facharbeiter zumutbar war (BSG aaO, juris RdNr 23; BSG 27.11.1991, 5 RJ 91/89, juris RdNr 15). Dies gilt vielmehr auch im Bereich des zum 01.10.2005 bzw 01.11.2006 in Kraft getretenen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD bzw TV-L; vgl Senatsurteile vom 13.11.2012, L 11 R 5240/10, juris und 21.01.2014, L 11 R 5639/10, jeweils mwN; ebenso LSG Baden-Württemberg 19.07.2012, L 10 R 1780/11; Bayerisches LSG 17.04.2012, L 20 R 19/08, juris RdNr 75).

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. H. und Dr. M. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthält keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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