L 8 U 2721/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 14 U 3372/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 2721/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28.03.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger nach Zahlung einer Verletztenrente als vorläufige Entschädigung bis 31.07.2012 gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einem Arbeitsunfall vom 07.08.2009 zusteht.

Der 1957 geborene Kläger war bei einer Druckerei, einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten, als Produktionshelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Im Rahmen seiner Tätigkeit rutschte er am 07.08.2009 während der am Vortag um 22:00 Uhr beginnenden Nachtschicht gegen 1:00 Uhr beim Abziehen eines Schlauchs ab und fiel rückwärts von einem Trittblech aus ca. 1 m Höhe auf den Rücken (zur Unfallanzeige am 14.08.2009 und 16.09.2009 vgl. Blatt 5, 17 der Beklagtenakte).

Gegen 2:12 Uhr diagnostizierte der Durchgangsarzt Dr. G. (vgl. dazu D-Arztbericht vom 07.08.2009, Blatt 2 der Beklagtenakte) den Verdacht auf eine LWK-2-Fraktur. Die Fraktur des LWK 2 wurde operativ versorgt und u.a. mit einem Fixateur interne behandelt (vgl. Bericht des Medizinischen Zentrums A. gGmbH, Dr. G., vom 14.08.2009, Blatt 7 der Beklagtenakte; zur Entfernung vgl. Bericht des Medizinischen Zentrums A. gGmbH, Dr. G., vom 28.05.2010, Blatt 92 der Beklagtenakte).

Dem Kläger ist mittlerweile ein GdB zuerkannt, er bezieht seit 01.11.2010 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (Blatt 191 der Beklagtenakte).

Die Beklagte zahlte dem Kläger Verletztengeld bis zum 03.02.2011 (Bescheid vom 23.11.2010, Blatt 165 der Beklagtenakte).

Nach Auswahl durch den Kläger und im Auftrag der Beklagten erstattete der Chefarzt der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des Medizinischen Zentrums Kreis A. gGmbH Dr. G. ein erstes Rentengutachten. In seinem Gutachten vom 11.02.2011 (Blatt 194 der Beklagtenakte) gab Dr. G. eine LWK-2-Kompressionsfraktur an. Als wesentliche Unfallfolgen bestünden beim Kläger reizlose Narbenverhältnisse paravertebral nach Fixateur intern Anlage und Kyphoplasie und zwischenzeitlicher Materialentfernung, eine Bewegungseinschränkung im Bereich der gesamten Wirbelsäule, insbesondere im Bereich der LWS, radiologisch sichtbare deutliche Wirbelkörperverformung im Bereich LWK 2 sowie glaubhafte subjektive Beschwerden des Klägers. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er bis auf Weiteres auf 20 v.H.

Die Beklagte zog ein Rentengutachten der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See von Dr. S. vom 03.01.2011 (Blatt 200 der Beklagtenakte) bei und gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 12.04.2011 (Blatt 204 der Beklagtenakte) eine Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v.H.

Nach Auswahl durch den Kläger und im Auftrag der Beklagten erstattete der Chefarzt der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des Medizinischen Zentrums Kreis A. gGmbH Dr. G. ein weiteres Rentengutachten. In seinem Gutachten vom 25.02.2011 (Blatt 244 der Beklagtenakte) schätzte dieser die MdE weiterhin mit 20 v.H. ein. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. J. vom 28.03.2012 (Blatt 257 der Beklagtenakte) verblieb Dr. G. in einer ergänzenden Stellungnahme vom 16.04.2012 (vgl. Blatt 265 der Beklagtenakte) bei seiner Bewertung.

In einer Stellungnahme vom 10.05.2012 (Blatt 278 der Beklagtenakte) äußerte der Beratungsarzt Dr. J. die Auffassung, dass beim Kläger lediglich eine MdE von 10 % vorliege. Im vorliegenden Fall handele es sich um eine stabile, mit geringer Deformität verheilte LWK-2-Fraktur ohne Hinterkantenbeteiligung und ohne neurologische Ausfälle, die muskulär gut kompensiert sei, so dass die Segmentwerte von L 1/2 und L 2/3 einfach zu addieren seien und mit 3,3 + 3,6 eine aufgerundete MdE von 10 % ergeben würden.

Mit Bescheid vom 05.07.2012 (Blatt 280 der Beklagtenakte) stellte die Beklagte fest, dass wegen der Folgen des Arbeitsunfalls des Klägers kein Anspruch auf eine Rente auf unbestimmte Zeit bestehe. Als Unfallfolge sei ein geringer Teil der Bewegungseinschränkung und Belastungsbeschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie ein Teil der röntgenologisch erkennbaren Veränderungen im ehemaligen Bruchbereich des 2. Lendenwirbelkörpers anzusehen. Die weiteren Bewegungseinschränkungen und die verschleißbedingte, röntgenologisch erkennbare Veränderung der Lendenwirbelsäule sei unfallunabhängig. Den Widerspruch des Klägers vom 16.07.2012 (Blatt 302, 310 der Beklagtenakte), mit dem dieser u.a. ausgeführt hatte, die geringere Einschätzung der MdE werde den bestehenden Verletzungsfolgen nicht gerecht, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2012 (Blatt 312, 315 der Beklagtenakte) zurück.

Am 16.10.2012 hat der Kläger unter Hinweis auf seine Widerspruchsbegründung beim Sozialgericht (SG) Mannheim Klage erhoben und sein Rentenbegehren weiter verfolgt.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens auf orthopädischem Fachgebiet beim Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie und physikalische Therapie Dr. V ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 12.09.2013 (Blatt 29/53 der SG-Akte) und unter Berücksichtigung des radiologischen Zusatzgutachtens des Facharztes für Radiologie und Direktor des Instituts für diagnostische und interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums Düsseldorf Prof. Dr. A. vom 23.07.2013 (Blatt 54/61 der SG-Akte) angegeben, dass der unter Höhenminderung und Deformierung verheilte Bruch des 2. Lendenwirbelkörpers nach Entfernung des Fixateur intern, die Höhenminderung des Zwischenwirbelraums L 1/2 durch Verlust der Pufferwirkung der Bandscheibe infolge des Eindringens in den Wirbelkörper L 2 und die seit dem Unfall hierdurch fortschreitende Osteochondrose dieses Segments, die Bewegungseinschränkung des Brust-Lendenwirbelsäulen-Übergangs und die in den beiden verletzten Bewegungssegmenten geklagten Beschwerden sowie hierauf zurückzuführende Verspannung der Rückenmuskulatur sowie die röntgenmorphologisch an den Segmenten L 1/2 und L 2/3 beschriebenen Veränderungen als Unfallfolgen anzusehen seien. Vorliegend sei der Wirbelkörperbruch unter leichter Höhenminderung der Vorderkante verheilt. Es resultiere eine segmentale Kyphose des verletzten Bewegungssegments von etwa 10 °, während eine Achsabweichung mit einen Knickwinkel von etwa 15 bis 20° als erheblich angesehen werde. Eine statisch wirksame Achsenknickbildung lasse sich damit nicht nachweisen. Der Zusatzgutachter komme in seinem Gutachten zu der eindeutigen Aussage, es läge eine stabile Durchbauung des 2. Lendenwirbelkörpers ohne Gefügestörung vor, so dass sich auch hieraus eine Erhöhung der MdE nicht begründen lasse. Dr. V. hat die MdE mit 10 v.H. eingeschätzt.

Der Kläger hat hierzu unter Vorlage eines Attestes von Dr. P. vom 15.10.2013 u.a. ausgeführt (Schreiben vom 07.11.2013, Blatt 65/68 der SG-Akte), er habe bis zu seinem Arbeitsunfall im August 2009 keinerlei Rückenschmerzen und Rückenbeschwerden gehabt. Seit dem Unfall müsse er täglich Schmerzmittel einnehmen. Auch die Bewegungseinschränkungen seien auf den Unfall zurückzuführen. Vor dem Unfallereignis habe er keine Bewegungseinschränkungen gehabt. Er erhalte aufgrund des Arbeitsunfalls eine volle Erwerbsunfähigkeitsrente, da er nicht mehr arbeiten dürfe. Das Heben und Tragen schwerer Lasten sei ihm verboten. Zur Entlastung seines Rückens benötige er einen Rollator, Unterarmgehstützen und eine Unterstützung bezüglich der Lendenwirbelsäule, die um den Körper gebunden werde, damit eine Fixierung des Rückens erfolge. Insofern könne von einer Stabilität der Ausheilung nicht gesprochen werden. Die Deformität des Lendenwirbelkörpers 2 werde auch durch Prof. Dr. A. beschrieben.

Dr. V. hat hierzu ergänzend Stellung genommen (Schreiben vom 12.12.2013, Blatt 70/72 der SG-Akte). Die Notwendigkeit einer Entlastung des verletzten Wirbelsäulenbereichs durch Gehen an einem Rollator oder der Gebrauch von Unterarmgehstützen lasse sich nicht begründen. Eine dauerhaft verbliebene Instabilität des verletzten Bewegungssegments sei nicht nachweisbar.

Das SG hat mit Urteil vom 28.03.2014 die Klage abgewiesen. Beim Kläger seien als Unfallfolgen ein unter Höhenminderung und Deformierung verheilter Bruch des 2. Lendenwirbelkörpers nach Entfernung des Fixateur intern, die Höhenminderung des Zwischenwirbelraums L 1/2 durch Verlust der Pufferwirkung der Bandscheibe infolge Eindringens in den Wirbelkörper L 2 und die seit dem Unfall hierdurch fortschreitende Osteochondrose dieses Segments, eine Bewegungseinschränkung des Brust-Lendenwirbelsäulen-Übergangs und die in den beiden verletzten Bewegungssegmenten geklagten Beschwerden sowie die hierauf zurückzuführende Verspannung der Rückenmuskulatur sowie röntgenmorphologisch an den Segmenten L 1/2 und L 2/3 beschriebenen Veränderungen vorhanden. Die Höhe der MdE richte sich nach den sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, wobei es nicht auf die nach dem Versicherungsfall verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten im erlernten Beruf oder in der vom Versicherungsfall ausgehenden Tätigkeit ankomme. Vorliegend habe der Sachverständige zutreffend die Bewertungskriterien für das Einschätzen einer MdE nach einer Wirbelsäulenverletzung wiedergegeben und sei nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Unfallfolgen keine MdE von 20 rechtfertigten. Anders als von Dr. G. angenommen habe eine unvollständige knöcherne Konsolidierung, mit der dieser eine MdE von 20 v.H. begründet hatte, durch das radiologische Zusatzgutachten ausgeschlossen werden können; es sei von einer stabilen Ausheilung auszugehen.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 02.06.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.06.2014 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Die Entscheidung des SG könne aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen keinen Bestand haben. Er habe vor dem Unfall keinerlei Rückenprobleme gehabt. Auch sei die Annahme eines knöchern konsolidierten Bruchs der Lendenwirbelsäule unrichtig. Aus der ärztliche Bescheinigung des Dr. Z. vom 20.10.2014 (Blatt 23/24, 28/29 der Senatsakte) sei zu entnehmen, dass im Bereich des zweiten Lendenwirbels nach wie vor eine Defektzone bestehe. Dies sei bei der zuletzt am 19.09.2014 durchgeführten CT festgestellt worden. Im Übrigen sei auch nicht erkennbar, dass sich sein Gesundheitszustand nach dem 31.07.2012 gebessert habe. Er leide an erheblichsten Gesundheitseinschränkungen, die letztlich auch dazu geführt hätten, dass er volle Erwerbsminderungsrente beziehe.

Der Kläger beantragt, das Urteils des Sozialgerichts Mannheim vom 28.03.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 05.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2012 zu verurteilen, ihm über den 31.07.2012 hinaus Unfallrente auf unbestimmte Zeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat zunächst Beweis erhoben durch schriftliche Befragung des den Kläger behandelnden Arztes Dr. Z. als sachverständigen Zeugen. Dieser hat in seiner Auskunft vom 19.02.2015 (Blatt 36/40 der Senatsakte) ausgeführt, der Kläger stehe seit dem Unfalltag (07.08.2009) in regelmäßigen Abständen in seiner ambulanten Betreuung. Zuletzt hätten die Abstände 2 bis 4 Wochen betragen. In der Regel würden Analgetika wie Novalgin Tropfen bzw. Arcoxia 90 mg wegen der bestehenden Schmerzhaftigkeit verordnet. Nach wie vor bestünden nachvollziehbare belastungsabhängige Schmerzen im Bereich der oberen LWS. Lokal bestehe ein umschriebener Druck- und Klopfschmerz über LWK 2, die paravertebrale Muskulatur sei druckschmerzhaft verspannt. Bei der klinischen Untersuchung hätten sich keine wesentlichen Änderungen zu den im maßgeblichen Gutachten erhobenen Befunden ergeben. Nach wie vor sei er der Auffassung, dass keine vollständige knöcherne Konsolidierung an LWK 2 vorliege.

Der Senat hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines unfallchirurgischen Gutachtens bei Prof. Dr. C., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin. Dieser hat in seinem Gutachten vom 16.09.2015 (Untersuchung am 15.09.2015, Blatt 49/65 der Senatsakte) unter Auswertung eines radiologischen Zusatzgutachtens von Prof. Dr. F. vom 07.04.2015 (Blatt 66/69 der Senatsakte) u.a. mitgeteilt, der Kläger habe sich bei dem Ereignis vom 07.08.2009 einen Bruch des 2. Lendenwirbels und gleichzeitig aufgrund der Bruchform eine Verletzung der angrenzenden Bandscheiben L1/L2 und L2/L3 erlitten. Der Bruch sei durch Zementeinspritzung stabilisiert worden, vorübergehend sei eine zusätzliche Stabilisierung durch ein Schraubenstabsystem von L1-L3 vorgenommen worden. Das Schraubenstabsystem sei später entfernt worden. Heute bestünden als Folge des Unfalles vom 07.08.2009 der unter funktionell völlig unbedeutender Fehlstellung vollständig und fest verheilte und stabilisierte Bruch des 2. Lendenwirbels, die degenerativen Veränderungen der angrenzenden Bandscheiben L1/L2 und L2/L3, die anteilige Bewegungseinschränkung in diesen Segmenten ohne Hinweis auf eine Instabilität sowie die reizlosen Narben und narbige Verhärtungen sowie Verspannungen der paravertebralen Muskulatur in diesem Bereich. Unfallunabhängig bestünden die degenerativen Veränderungen der übrigen Lendenwirbelsäulensegmente, die keilförmige Deformierung des 11. Brustwirbelkörpers sowie die durch diese Veränderungen bedingte Bewegungseinschränkung. Ein Großteil der Bewegungseinschränkung sowohl im Bereich der Wirbelsäule als auch im Bereich der Hüftgelenke werde jedoch verursacht durch die erhebliche Übergewichtigkeit bei einem Body-Maß-Index von 40,6. Er sei der Auffassung, die unfallbedingte MdE sei mit 10 v.H. zu bewerten. Vorliegend bestehe keine Instabilität, sondern lokale und pseudoradikuläre Beschwerden bei einer Achsenknickung von weniger als 15°.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 05.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 28.09.2012 ist nicht rechtswidrig, der Kläger wurde nicht in seinen Rechten verletzt. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente auf Dauer wegen des Unfallereignisses 07.08.2009 vom 17.06.2011. Das angefochtene Urteil des nach § 57 Abs. 3 SGG örtlich zuständigen SG ist daher nicht zu beanstanden.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Der Senat gelangt nach eigener Prüfung und Durchführung der Beweisaufnahme zum selben Ergebnis. Er nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Im Hinblick auf die vor dem Senat durchgeführte Beweisaufnahme, die die Beurteilung des SG-Gutachters Dr. V. stützt, konnte sich der Senat davon überzeugen, dass beim Kläger unfallabhängig der vollständig und fest verheilte und stabilisierte Bruch des 2. Lendenwirbels, die degenerativen Veränderungen der angrenzenden Bandscheiben L1/L2 und L2/L3, die anteilige Bewegungseinschränkung in diesen Segmenten sowie die reizlosen Narben und narbige Verhärtungen sowie Verspannungen der paravertebralen Muskulatur in diesem Bereich vorliegen.

Der Senat konnte sich davon überzeugen, dass lediglich diese Gesundheitsschäden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich auf den während einer versicherten Tätigkeit am 07.08.2009 erlittenen Unfall zurückzuführen sind. Die weiteren Beschwerden und Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule sind degenerativer Natur bzw. durch die Adipositas bedingt. Beides ist, was die Gutachten Dr. V. und Prof. Dr. C. zur Überzeugung des Senats führend darlegen konnten, nicht wesentlich durch den Unfall am 07.08.2009 verursacht.

Der Senat konnte sich darüber hinaus davon überzeugen, dass an der Bruchstelle des 2. LWK weder eine Instabilität vorliegt noch der Bruch knöchern nicht vollständig durchbaut ist. So konnte Prof. Dr. A. in seinem radiologischen Gutachten vom 23.07.2013 das CT vom 30.03.2012 auswerten und feststellen, dass die Wirbelkörperspongiosa, insbesondere des LWK 2, sich vollständig durchbaut darstelle und ein Frakturspalt sich nicht abgrenzen lasse (Blatt 59 der SG-Akte = Seite 6 des Gutachtens). Er ist daher zu dem Schluss gekommen, dass am 30.03.2012 bereits eine stabile Durchbauung des posttraumatisch deformierten 2. LWK vorgelegen habe. Prof. Dr. F. hat in seinem Gutachten vom 07.04.2015 die von Dr. G. bzw. Dr. Z. vorgelegten CT-Aufnahmen vom 19.09.2014 und deren Röntgenaufnahmen von 10.02.2014 ausgewertet. Auch er konnte auf der CT-Aufnahme vom 19.09.2014 eine konsollidierte Fraktur ohne verbliebene Frakturspalte feststellen (Blatt 68 der Senatsakte = Seite 3 des Gutachtens). Er ist daher für den Senat nachvollziehbar zu der Beurteilung gekommen, dass eine knöcherne Ausheilung der Fraktur unter verbliebener moderater Höhenminderung des 2. LWK vorliegt. Das hat auch Dr. G. in seinem Gutachten vom 25.02.2012 festgestellt, als er dort (Seite 3 des Gutachtens = Blatt 244 der Beklagtenakte) ausgeführt hat: "Bei seitlicher Betrachtungsweise ist die Bruchschädigung von LWK II unter angedeuteter Verformung köchern fest ausgeheilt." Soweit er dann in seiner ergänzenden Stellungnahme angibt, es bestehe der "dringende Verdacht, einer nicht vollständigen knöchernen Konsolidierung", kann der Senat ihm daher – und im Hinblick auf die Feststellungen der Gutachter Prof. Dr. A. und Prof. Dr. F. - nicht folgen.

Auch eine Instabilität des LWK 2 konnte der Senat nicht feststellen. So hat Dr. G. eine solche in seinem Gutachten vom 25.02.2012 nicht beschreiben können. Vielmehr hat er angegeben, dass zur Fortbewegung keine Gehhilfen benutzt würden, die Beckenkämme – soweit wegen der Adipositas beurteilbar – auf gleicher Höhe ständen, sich eine wesentliche Seitverbiegung der Wirbelsäule nicht habe feststellen lassen, die Brustkyphose angedeutet verstärkt, die Lendenlordose eine angedeutete Abflachung zeige, die paravertebrale Muskulatur beidseits gleich ausgeprägt sei und keine tastbaren Myogelosen bestünden. In der Bauchlage hat er über dem 2. LWK einen deutlichen Durchfederungsschmerz beschrieben, jedoch angegeben, dass die Beweglichkeit der Wirbelsäule in allen Richtungen lediglich endgradig eingeschränkt sei, bei ziehenden Schmerzen bei maximalen Bewegungsausschlägen. Insoweit konnte der Senat eine Instabilität nicht feststellen. Auch die in der ergänzenden Stellungnahme von Dr. G. angegebene statische Fehlbelastung in Folge des erheblichen Übergewichtes konnte der Senat nicht im Sinne einer wesentlichen Fehstatik feststellen. Dr. V. hat bei seiner Untersuchung einen höhergradigen Beckenschiefstand oder eine Seitabweichung der Rumpfwirbelsäule nicht erkennen können. Seitlich neben den Dornfortsätzen der mittleren Lendenwirbelsäule hat er insgesamt vier bis etwa 4 cm lange, geschlossene Narben von der Fixateurmontage gesehen und bei der segmentalen Untersuchung keine isolierten Druckschmerzen über einzelnen Wirbelgelenkfacetten gefunden. Einen axialen Zug- oder Stauchungsschmerz konnte er nicht auslösen. Hinweise auf ein akutes Blockierungsgeschehen bestanden nicht. Bei der eigentätig geführten Bewegungsprüfung hat der Kläger ein alters- und konstitutionsentsprechend erhaltener Bewegungsumfang der Halswirbelsäule gezeigt. Bewegungsschmerzen wurden dabei nicht angegeben. Die lange Rückenstreckmuskulatur war im Bereich des Brust-Lendenwirbelsäulen-Übergangs mäßig verspannt. In diesem Bereich hatte der Kläger Klopfschmerzen über den Dornfortsätzen angegeben. Ein pathologisches Federn einzelner Dornfortsätze war nicht festzustellen. Hinweise auf ein akutes Blockierungsgeschehen bestanden ebenso wenig wie Druckschmerzen im Verlauf des Ischiasnerven an den Beinen oder ein isolierter Klopfschmerz über den Kreuz-Darmbein-Fugen. Die Messung zeigte, dass sich die Rumpfwirbelsäule beim Vornüberneigen insgesamt eingeschränkt entfaltet. Die Rumpfseitneige-und -drehfähigkeit waren eingeschränkt. Dabei hatte der Kläger Bewegungsschmerzen in der gesamten Rumpfwirbelsäule angegeben. Der Langsitz konnte jedoch vollständig eingenommen werden. Dr. V. hat einen unter leichter Höhenminderung der Vorderkante verheilten Wirbelkörperbruch festgestellt und eine segmentale Kyphose des verletzten Bewegungssegmentes von etwa 10 Grad angegeben (zu den Bewegungsmaßen vgl. Blattr 42 der SG-Akte = Seite 14 des Gutachtens). Prof. Dr. C. hat in seinem für den Senat erstellten Gutachten einen klinischen Beckenkammgradstand dargestellt mit seitengleichen Schulterkonturen und seitengleichen Taillendreiecke. Im oberen Lendenwirbelsäulenbereich fand er zu beiden Seiten senkrecht verlaufende reizlose Narben von ca. 3 cm Länge nach Einbringung von Stabilisierungsimplantaten. In der seitlichen Ansicht beschrieb er einen physiologischen Schwingungsverlauf der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule (FBA: 39 cm; Ott: 30/30 cm; Schober: 10/12 cm). An der HWS bestand kein Klopfschmerz über den Dornfortsätzen (KJA 1/12 cm; Linksdrehung bis 50°, Rechtsdrehung bis 40°; Linksneigung/Rechtsneigung bis 20°). An der Brustwirbelsäule bestand eine kräftig entwickelte paravertebrale Muskulatur, diskrete Verspannungen. Klopfschmerzen über den Dornfortsätzen der Brustwirbelsäule hat der Kläger nicht angegeben. Auch an der LWS bestand eine kräftig entwickelte paravertebrale Muskulatur und deutliche Vernarbungen. Eine Druckschmerzangabe beim Palpieren der paravertebralen Muskulatur bestand dagegen nicht. Der Kläger gab diffuse Klopfschmerzen über den Dornfortsätzen sämtlicher Lendenwirbel an sowie einen Druckschmerz über beiden Kreuz-Darmbein-Fugen. Ein Vorlaufphänomen war nicht, die Seitneigung und Seitdrehung kaum prüfbar.

Vor diesem Hintergrund konnte der Senat eine Instabilität und erhebliche Fehlstatik der Wirbelsäule nicht feststellen. Hinweise auf eine Reizung der von der LWS ausgehenden Nervenwurzeln konnten die Gutachter weder in Form von Gefühlsstörungen noch in Form von motorischen Schwächen im Bereich der unteren Extremität beschreiben.

Auf der Basis dieser festgestellten unfallbedingten Gesundheitsstörungen konnte der Senat eine unfallbedingte MdE von 20 v.H. nicht feststellen. Zutreffend haben Dr. V. und Prof. Dr. C. sowie der Beratungsarzt Dr. J. auf die unfallmedizinischen Erfahrungen verwiesen (dazu vgl. z.B. Schönberger/Mertins/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. Seite 441 f.). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass beim Kläger die Bandscheibe nur gering verletzt (Prof. Dr. C.), voll erhalten und vorhanden, lediglich in der Pufferwirkung gemindert, ist (Dr. V.). Eine wesentliche, mithin 15o erreichende Fehlstatik (dazu vgl. Schönberger et al. S. 442; Carsten in MED Sach 110, 5/2014, S. 210, 211) liegt beim Kläger nicht vor. Auch ist die Verletzung stabil ausgeheilt, wie der Senat feststellen konnte (s.o.). Damit war die MdE entsprechend den Erfahrungssätzen der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger et al. a.a.O. S. 442) mit 10 zu bewerten. Dem entspricht auch, dass bei lediglich druckschmerzhaft und engradig eingeschränkter LWS-Beweglichkeit unfallbedingt die Weite der auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Arbeitstätigkeiten nur gering beeinträchtigt sind. Insbesondere sind auch stehende, gehende und sitzende Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht in wesentlichem Umfang ausgeschlossen. Dass der Kläger annimmt, auf Gehhilfen angewiesen zu sein, lässt sich nicht durch den in Folge des Unfalles am 07.08.2009 eingetretenen Gesundheitsschaden begründen. So konnte keiner der Gutachter, auch nicht Dr. G. in seinem Gutachten vom 25.02.2012, der dort ausgeführt hatte, dass Gehhilfen nicht benutzt würden, die Benutzung der Gehhilfen als unfallbedingt erforderlich beschreiben. Auch dass der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht, mag auch an den weiteren, degenerativen und sonstigen Erkrankungen liegen, bedeutet aber nicht, dass die unfallbedingte MdE höher einzuschätzen wäre. Daher konnte der Senat – mit den Gutachtern Dr. V. und Prof. Dr. C. sowie der unfallmedizinischen Literatur – die unfallbedingte MdE lediglich mit allenfalls 10 v.H. bewerten. Diese MdE berechtigt aber – mangels Stützrententatbestand - nicht zu einer Verletztenrente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Auch bei einer Berechnung der MdE nach Weber und Wimmer (vgl. die Bewertung durch Dr. J. und Prof. Dr. C., dort Seite 63 der Senatsakte = Seite 15 des Gutachtens), die alleine einen radiologischen Ansatz verfolgt, die bei der MdE-Bewertung maßgebliche funktionelle Betrachtung unberücksichtigt lässt, lässt sich eine MdE von mehr als 10 nicht begründen.

Die Gründe, die Dr. G. für die von ihm mit 20 v.H. höher bewertete MdE angegeben hatte, überzeugen den Senat nicht. Eine wesentliche Fehlstatik oder Instabilität besteht ebenso wenig wie eine fehlende knöcherne Konsolidierung. Die Deformierung des Wirbelkörpers und die angegebene Schmerzhaftigkeit bei nur endgradig eingeschränkter Beweglichkeit bedingen aber keine MdE von 20. Dies konnte der Senat mit den Gutachtern Dr. V. und Prof. Dr. C. feststellen.

Die unfallunabhängig bestehende Adipositas, die nach den Angaben der Gutachter maßgebend an der Bewegungseinschränkung beteiligt ist, hat durch die unfallbedingte Fraktur des LWK 2 keine maßgebende Verschlimmerung ihrer Auswirkungen auf die Rumpfbeweglichkeit erfahren. Das folgt für den Senat aus dem Ausmaß der beschriebenen Funktionsminderung des Wirbelkörpers und seiner Beteiligung von 3,6 % an der Gesamtbeweglichkeit der Wirbelsäule (vgl. Schönberger et al., a.a.O. S. 444).

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält deshalb weitere Ermittlungen, nicht mehr für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen und die vom SG sowie vom Senat eingeholten Gutachten haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung.

Damit hat der Kläger keinen Anspruch auf Verletztenrente auf Dauer. Damit war die Entziehung der bis zum 31.07.2012 gewährten Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach § 62 SGB VII nicht rechtswidrig. Die Berufung war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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