L 4 P 541/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 P 3541/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 541/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 25. November 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Zahlung von Beiträgen auf einen privaten Pflegepflichtversicherungsvertrag für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis 30. April 2011; der Beklagte macht mit der Widerklage die Rückerstattung von Beiträgen geltend.

Der Beklagte ist Versicherungsnehmer eines mit der Klägerin, einem in Form einer Aktiengesellschaft betriebenen, privaten Versicherungsunternehmen, geschlossenen privatrechtlichen Pflegepflichtversicherungsvertrages, in den seine Ehefrau sowie seine beiden Söhne als versicherte Personen mit einbezogen wurden. Der monatliche Beitrag betrug zunächst für den Kläger EUR 10,18 (ab 1. Januar 2012 EUR 9,11; ab 1. Januar 2013 EUR 8,79), für seine Ehefrau EUR 13,37 (ab 1. Januar 2012 EUR 12,28; ab 1. Januar 2013 EUR 12,19) und für den am 1987 geborenen Sohn U. (im Folgenden U) EUR 9,50 (ab 1 Januar 2012 EUR 8,47; ab 1. Januar 2013 EUR 8,10); der weitere, am 1990 geborene Sohn war beitragsfrei.

Mit Schreiben vom 12. März 2009, Eingang bei der Klägerin am 16. März 2009, wies der Beklagte darauf hin, dass U ein Arbeitsverhältnis aufgenommen und seither bei der AOK Baden-Württemberg (im Folgenden AOK) versichert sei. U sei daher zum 10. August 2008 aus dem Vertragsverhältnis mit der Klägerin ausgeschieden. Es werde gebeten, den Mitgliedsbeitrag für U seit dem 11. August 2008 zu stornieren. Die Klägerin wertete dies als Kündigung des Vertrages über die Pflegeversicherung für U, deren Wirksamkeit aber in der Folge zwischen den Beteiligten streitig blieb. Die Klägerin unterrichtete den Beklagten im Schreiben vom 26. März 2009 (Pflichtversicherung U) u.a. darüber, eine rückwirkende Veränderung des Vertrages sei nicht mehr möglich, da die Kündigungsfrist von drei Monaten ab Beginn der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Versicherung nicht gewahrt sei, und wies auf die Möglichkeit der Weiterführung als sogenannte Anwartschaftsversicherung hin. Falls die Kündigung gewünscht werde, müsse vom Beklagten nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) nachgewiesen werden, dass die betreffende Person hierüber informiert worden sei. Ein solcher Nachweis liege nicht vor. Damit die Beendigung der entsprechenden Vertragsteile bestätigt werden könne, müsse als Nachweis eine von U unterschriebene Erklärung vorgelegt werden. Im Schreiben vom 7. April 2009 wies die Klägerin darauf hin, es fehle weiterhin die Kündigungserklärung des Beklagten und von U oder alternativ die Anträge zur Anwartschaftsversicherung. Im Schreiben vom 23. April 2009 fasste die Klägerin unter Bezugnahme auf ein Telefonat mit dem Beklagten vom selben Tag den Sachverhalt zur Pflichtversicherung des U aus ihrer Sicht zusammen. Dabei wurde ausgeführt, dass vom Beklagten nachgewiesen werden müsse, dass U über die Vertragskündigung informiert worden sei. Eine rechtswirksame Kündigungserklärung liege bislang nicht vor. Mit Schreiben vom 8. September 2011 unterrichtete die Klägerin den Beklagten, er sei mit der Zahlung von Beiträgen im Rückstand und über die gesetzlich vorgesehenen Folgen informiert. Diese lägen seit dem 1. März 2011 vor. Während der Zeit des Zahlungsverzuges bestehe keine Leistungspflicht, ausgenommen bei akuten Erkrankungen, Schmerzzuständen, Schwangerschaft und Mutterschaft.

Unter dem 4. April 2011 erließ das Amtsgericht Stuttgart (AG) auf Antrag der Klägerin einen Mahnbescheid gegen den Beklagten (zugestellt am 6. April 2011). Unter dem 29. April 2011 erging der entsprechende Vollstreckungsbescheid über eine Hauptforderung von EUR 165,25 (Beiträge zur privaten Pflegeversicherung für die die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis 30. April 2011) sowie über Gerichtskosten in Höhe von EUR 23,00; hinzu kämen laufende Zinsen in Höhe von 5 % jährlich aus EUR 165,25 ab dem 1. Mai 2011. Am 17. Mai 2011 erhob der Beklagte gegen diesen Vollstreckungsbescheid ohne weitere Angaben Einspruch, den das AG von Amts wegen zur Durchführung des streitigen Verfahrens am 18. Mai 2011 an das von der Klägerin als Prozessgericht benannte Sozialgericht Karlsruhe abgab, wo die Akten am 25. Mai 2011 eingingen. Mit Beschluss vom 27. Juni 2011 verwies dieses Gericht den Rechtsstreit an das als örtlich zuständig erachtete Sozialgericht Freiburg (SG).

Nachdem der Beklagte sich nicht geäußert hatte, hielt das SG mit Gerichtsbescheid vom 28. Januar 2012, dem Beklagten zugestellt am 1. Februar 2012, den Vollstreckungsbescheid vom 29. April 2011 aufrecht. Der Beklagte stellte am 27. Februar 2012 Antrag auf mündliche Verhandlung.

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2012, das beim SG am selben Tag einging, erhob der Beklagte Widerklage auf Verurteilung der Klägerin zur Erstattung zu Unrecht erbrachter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für U für die Zeit vom 11. August 2008 bis 28. Februar 2012 in Höhe von EUR 2.433,90 nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 25. November 2013 beschränkte er die Widerklage auf für U erbrachte Beiträge zur Pflegeversicherung in Höhe von EUR 1.216,00.

Zur Begründung ihrer Klage trug die Klägerin vor, der Beklagte habe tatsächlich geschuldete Beiträge zur Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis 30. April 2011 nicht gezahlt. Eine wirksame Kündigung des Pflegeversicherungsvertrages für U liege nicht vor, da der Beklagte entgegen § 207 Abs. 2 Satz 2 VVG keinen Nachweis vorgelegt habe, dass U Kenntnis von der Kündigung habe. Sie habe den Beklagten nach Eingang des Kündigungsschreibens mehrmals auf die Notwendigkeit dieses Nachweises hingewiesen Verweis auf die an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 26. März sowie 7. und 23. April 2009). Die Bescheinigung vom 18. Februar 2011 (Bescheinigung über die für das Jahr 2010 übermittelten Beträge nach § 10 Abs. 1 Einkommensteuergesetz) stelle lediglich eine Information für den Beklagten über die elektronische Datenübermittlung an die Finanzbehörde dar; aus dieser Mitteilung seien keine Aussagen über die Zahlung der Beiträge abzuleiten. Aus ihrem Schreiben vom 8. September 2011 gehe ausdrücklich hervor, dass die gesetzlich vorgesehenen Folgen eines Beitragsrückstandes, nämlich das Ruhen des Leistungsanspruches, ab dem 1. März 2011 vorliege. Dem Schreiben sei daher nicht zu entnehmen, dass der Zahlungsverzug erst ab dem 1. März 2011 vorliege. Eine Aufrechnung des Beklagten gegen Beitragsforderungen mit angeblichen Leistungsansprüchen aus Versicherungsfällen sei gemäß § 12 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegeversicherung (MB/PPV) ausgeschlossen. Hinsichtlich der mit der Widerklage geltend gemachten Rückzahlung von Beiträgen zur Krankenversicherung für U werde die Zuständigkeit des SG gerügt. Der Widerklage des Beklagten stehe bereits entgegen, dass der Vertragsteil für U aus den genannten Gründen nicht wirksam beendet worden sei. Des Weiteren seien Pflegeversicherungsbeiträge für den Zeitraum August 2008 bis Dezember 2009 von ihr bereits beim SG (S 5 P 735/10) geltend gemacht worden; dieser Rechtsstreit sei durch die Zahlung des Beklagten vom 31. August 2010 erledigt worden. Durch die Zahlung habe der Beklagte diese Forderungen, die auch Beiträge für U umfasst hätten, anerkannt. Des Weiteren habe er für den Zeitraum Januar 2010 bis November 2010 für alle versicherten Personen ohne Beanstandung die Beiträge gezahlt. Über die Pflegeversicherungsbeiträge für den Zeitraum Mai 2011 bis Juni 2012, die auch die Beitragsforderung für U umfassten, liege ein (vorgelegter) Vollstreckungsbescheid des AG vom 13. Juli 2012 gegen den Beklagten vor. Diese Beiträge seien noch nicht gezahlt, so dass eine Rückerstattung ohnehin nicht beansprucht werden könne. Im Übrigen werde die mit der Widerklage geltend gemachte Forderung der Höhe nach bestritten.

Der Beklagte trat der Klage entgegen. Er habe seine Zahlungen an die Klägerin erst am 1. März 2011 eingestellt. Gemäß Bescheinigung der Klägerin vom 18. Februar 2011 habe er im Jahr 2010 sämtliche Beiträge bezahlt. Aus dem Schreiben der Klägerin vom 8. September 2011 ergebe sich, dass der Zahlungsverzug erst ab dem 1. März 2011 vorgelegen habe. Ab dem 1. April 2011 schulde er keine Beiträge. Ab dem 11. August 2008 sei der zu diesem Zeitpunkt volljährige U aufgrund einer eigenen Beschäftigung bei der AOK krankenversichert, was diese der Klägerin auch bescheinigt habe. Damit hätten der Klägerin ab dem 11. August 2008 für U keine Beiträge mehr zugestanden. Diese habe daher seither monatlich EUR 133,21 zu viel an Beiträgen erhalten (insgesamt bis zum 28. Februar 2011 EUR 3.892,06). Mit Einstellung seiner Zahlungen am 1. März 2011 habe er gegenüber der Klägerin konkludent die Aufrechnung erklärt. Damit sei auch der Pflegeversicherungsbeitrag für April 2011 erloschen. Vorgelegt wurde ein Auszug des Versicherungsscheins vom 28. März 2011, Bescheinigungen der Klägerin vom 22. Januar 2010 und 18. Februar 2011 sowie deren Schreiben vom 8. September 2011. Zur Begründung der Widerklage verwies der Beklagte auf den Vortrag zur Kündigung des Vertragsteiles für U. Im Schriftsatz vom 21. Dezember 2012 ging er dabei von einem auf U entfallenden Beitrag in Höhe von monatlich EUR 81,13 (davon Pflegeversicherung EUR 9,50) aus, während dem zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem SG geforderten Betrag ein Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von EUR 28,50 zugrunde gelegt wurde.

Mit Urteil vom 25. November 2013 hielt das SG den Vollstreckungsbescheid des AG vom 29. April 2011 in Höhe einer Summe von EUR 175,70 aufrecht und wies die Klage im Übrigen sowie die Widerklage des Beklagten ab. Die Klägerin habe 3/20 der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten; im Übrigen finde eine Kostenerstattung nicht statt. Der Beklagte habe gegen den Gerichtsbescheid vom 28. Januar 2012 rechtzeitig den dagegen zulässigen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt, so dass dieser als nicht ergangen gelte. Die Klage sei begründet. Der Beklagte habe die vertraglich geschuldeten Beiträge zur Pflegeversicherung für Dezember 2010 bis April 2011 nicht gezahlt. Die Zahlungspflicht umfasse auch die Beiträge für U, da dessen Pflegepflichtversicherung nicht wirksam gekündigt worden sei. Die Kündigung vom 16. März 2009 sei gemäß § 207 VVG nicht wirksam, da der Nachweis, dass U Kenntnis von der Kündigung habe, trotz mehrfacher schriftlicher Aufforderung durch die Klägerin vom Beklagten nicht geführt worden sei. Gegen die Beitragsforderung aus der Pflegepflichtversicherung habe der Beklagte wegen des vertraglichen Aufrechnungsverbots nicht aufrechnen können. Aufgrund des von der Klägerin vorgelegten Mahnschreibens vom 3. Februar 2011 sei allerdings davon auszugehen, dass der monatliche Pflegeversicherungsbeitrag nur EUR 30,54 betragen habe, so dass der Vollstreckungsbescheid nur in Höhe von EUR 152,70 (Beiträge für fünf Monate) sowie in Höhe der gerichtlichen Mahnkosten von EUR 23,00, insgesamt i.H.v. EUR 165,70, aufrechterhalten worden sei; im Übrigen sei die Klage abzuweisen gewesen. Die zuletzt auf Erstattung von Pflegeversicherungsbeiträgen beschränkte Widerklage sei zulässig, jedoch mangels wirksamer Kündigung des Versicherungsvertrages für U nicht begründet. Das Urteil wurde am 18. Dezember 2013 an die Beteiligten zur Post gegeben.

Gegen das ihm nach seiner Behauptung seinem Prozessbevollmächtigten am 27. Dezember 2013 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 24. Januar 2014 beim SG Berufung eingelegt. In Ergänzung seines bisherigen Vorbringens hat er bestritten, dass die Klägerin ihn oder U mehrfach aufgefordert habe, eine schriftliche Bescheinigung vorzulegen. Die Notwendigkeit einer Bestätigung des U habe er erst aufgrund des Urteils des SG erfahren. Die Schreiben der Klägerin vom 26. März, 7. April und 23. April 2009 habe er nicht erhalten, auch nicht als Mehrfertigungen im Verfahren vor dem SG. Seinem Bevollmächtigten sei auf telefonische Anfrage lediglich etwas zugefaxt worden, jedoch ohne Anlagen. Einer Bescheinigung des U habe es nicht bedurft, da durch die Mitteilung der AOK an die Klägerin deutlich erkennbar gewesen sei, dass für diesen eine andere Pflichtversicherung bestehe. Mit seiner Entscheidung, zur AOK zu gehen, habe U konkludent zum Ausdruck gebracht, bei der Klägerin nicht mehr versichert sein zu wollen. Dies habe seinem tatsächlichen Willen entsprochen. Die Vorgehensweise der AOK – Mitteilung an die Klägerin – ersetze eine gesonderte Einverständniserklärung der Kündigung durch den Betroffenen. Im Übrigen habe U der Kündigung zugestimmt. Er hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 14. August 2014 eine "Erklärung an Eides statt" des U vom 8. August 2014 vorgelegt, dass dieser mit der damaligen Kündigung bei der Klägerin durch ihn (den Beklagten) vom 16. März 2009 einverstanden gewesen sei; er selbst sei seit 2003 bei der AOK versichert. Zum 11. August 2008 habe er ein neues Arbeitsverhältnis begonnen, wo er ebenfalls bei der AOK bis dato versichert sei. Der Beklagte hat weiter ausgeführt, das Urteil habe er nicht erhalten, was sein Bevollmächtigter bestritten hat.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 25. November 2013 aufzuheben, soweit es den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Stuttgart vom 29. April 2011 aufrechterhalten und die Widerklage abgewiesen hat, sowie die Klage in vollem Umfange abzuweisen und die Klägerin auf Widerklage zu verurteilen, an ihn EUR 1.216,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Dezember 2012 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung, Stand 1. Juli 2008, vorgelegt.

Die damalige Berichterstatterin hat am 14. August 2014 den Rechtsstreit mit den Beteiligten erörtert und einen Vergleichsvorschlag unter Einbeziehung von Ansprüchen aus dem Krankenversicherungsverhältnis unterbreitet, der letztlich nicht zustande kam. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2014 mitgeteilt, dass "die Forderung am 18.11.14 durch eingereichten Krankheitskostenbelegen vollständig beglichen" worden sei und den "Rechtsstreit für erledigt" erklärt. Der Beklagte hat sich mit der Erledigung des Rechtsstreits nicht einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verfahrensakten des Senats und des SG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) formgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist fristgerecht beim SG eingegangen (§ 151 Abs. 2 SGG). Ein Empfangsbekenntnis des Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist zwar nicht zu den Akten gelangt. Dieser hatte jedoch selbst eine Zustellung am 27. Dezember 2013 angegeben. Da das Urteil durch das SG am 18. Dezember 2013 zur Post gegeben und auch der Klägerin ausweislich deren Empfangsbekenntnis erst am 2. Januar 2014 zugegangen ist, besteht für den Senat kein Grund, am angegebenen Zugangsdatum zu zweifeln. Die am 24. Januar 2014 beim SG eingegangene Berufungsschrift hat daher die Monatsfrist des § 151 SGG gewahrt. Die Berufung ist auch statthaft gem. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG, da der Beschwerdewert EUR 750,00 übersteigt. Dabei ist der Wert von Klage und Widerklage zusammenzurechnen, wenn keine wirtschaftliche Identität besteht und der Berufungskläger hinsichtlich beider beschwert ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 144 Rn. 17 m.w.N.). Der Wert, durch den der Beklagte vorliegend durch die Aufrechterhaltung des Vollstreckungsbescheides vom 29. April 2011 durch das Urteil des SG vom 25. November 2013 beschwert ist, beträgt EUR 175,70, die Beschwer durch die Abweisung der Widerklage EUR 1.216,00. Nur zu einem geringen Teil (Beiträge zur Pflegeversicherung für U für Dezember 2010 bis April 2011) sind Klage und Widerklage identisch. Insgesamt liegt der Beschwerdewert mithin über EUR 750,00, so dass die Berufung des Beklagten vollumfänglich statthaft ist.

2. a) Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 25. November 2013. Zu Recht ist das SG darin davon ausgegangen, dass der Gerichtsbescheid vom 28. Januar 2012 gegenstandlos geworden ist. Nach § 105 Abs. 3 Halbsatz 2 SGG, gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen, wenn rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt wird. Mündliche Verhandlung kann beantragt werden, wenn die Berufung nicht gegeben ist (§ 105 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 144 Abs. 1 SGG). Zum Zeitpunkt des Gerichtsbescheides war Gegenstand des Verfahrens allein die Klage, mit der für einen Zeitraum von fünf Monaten ein Betrag in Höhe von insgesamt EUR 188,25 geltend gemacht worden war; die Widerklage war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erhoben. Damit war die Berufung gegen den Gerichtsbescheid gem. § 144 Abs. 1 SGG nicht gegeben. Der Antrag auf mündliche Verhandlung ist nach Zustellung an den Beklagte am 1. Februar 2012 am 27. Februar 2012 und damit innerhalb der Monatsfrist des § 105 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 SGG gestellt worden.

b) Da allein der Beklagte Berufung eingelegt hat, ist die Klageforderung nur in der Höhe Gegenstand des Berufungsverfahrens, in der das SG den Vollstreckungsbescheid vom 29. April 2011 aufrecht erhalten hat (Beiträge EUR 152,70 zzgl. gerichtliche Mahnkosten in Höhe von EUR 23,00, insgesamt EUR 175,70). Die weiter tenorierte Abweisung der Klage im Übrigen bezieht sich, wie sich aus den insoweit heranzuziehenden Entscheidungsgründen des Urteils ergibt, auch auf die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen aus einem EUR 152,70 übersteigenden Betrag. In den Entscheidungsgründen hat das SG zunächst die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen ab Mai 2011 erläutert und anschließend die Höhe der zu zahlenden Beiträge "korrigiert". Dem ist zu entnehmen, dass lediglich die grundsätzliche Verpflichtung zur Verzinsung und deren Beginn bestätigt, die Höhe des zu verzinsenden Betrages aber geändert wurde. Gegen die Klageabweisung im Übrigen hat die insoweit allein beschwerte Klägerin keine Rechtsmittel eingelegt.

c) Gegenstand des Berufungsverfahrens ist auch die Widerklage des Beklagten in Höhe des zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem SG gestellten Antrags von EUR 1.216,00 zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Dezember 2012. Zu Recht hat das SG die Beschränkung der ursprünglich höheren Widerklageforderung als nach § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG zulässig angesehen.

d) Das Verfahren ist nicht (anderweitig) erledigt. Übereinstimmende Erledigungserklärungen der Beteiligten liegen nicht vor. Der Beklagte hat eine solche Erklärung zu keinem Zeitpunkt abgegeben. Er widersprach vielmehr der von der Klägerin abgegebenen Erledigungserklärung. Auch die Erklärung der Klägerin im Schriftsatz vom 15. Dezember 2014 kann nicht als Rücknahme ihrer Klage oder Klageänderung auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits ausgelegt werden. Die Erklärung erfolgte ersichtlich im Zusammenhang mit dem letztlich nicht zustande gekommenen Vergleich unter Einbeziehung von Ansprüchen aus dem Krankenversicherungsverhältnis. Bereits der einleitende Wortlaut des Schriftsatzes, wonach "die Forderung am 18.11.14 durch eingereichten Krankheitskostenbelegen vollständig beglichen" worden sei, lässt ohne Weiteres erkennen, dass es sich nicht um die mit der Klage geltend gemachte Forderung handeln kann. Diese ist auf die Zahlung von Pflegeversicherungsbeiträgen gerichtet und kann durch die Vorlage von Krankheitskostenbelegen nicht erfüllt werden.

3. Die Berufung des Beklagten ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG den Vollstreckungsbescheid des SG im hier noch streitigen Umfang von EUR 175,70 aufrecht erhalten (dazu a)) und die Widerklage abgewiesen (dazu b)).

a) Gemäß § 182a Abs. 2 Satz 2 SGG gelten für die Entscheidung des Sozialgerichts über den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid § 700 Abs. 1 und § 343 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend: Insoweit die Entscheidung, die nach dem Einspruch zu erlassen ist, mit der in dem Vollstreckungsbescheid enthaltenen Entscheidung übereinstimmt - wie vorliegend -, ist auszusprechen, dass diese Entscheidung aufrechtzuerhalten sei (vgl. § 343 Satz 1 ZPO). Die Verpflichtung des Beigeladenen im Vollstreckungsbescheid vom 29. April 2011 zur Zahlung von Beiträgen zur privaten Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis 30. April 2011 in Höhe von hier noch streitigen EUR 152,70 zzgl. Zinsen hieraus seit 1. Mai 2011 sowie zur Zahlung von Kosten in Höhe von EUR 23,00 ist rechtmäßig und verletzt den Beklagten nicht in seinen Rechten.

(1) Die Verpflichtung des Beklagten zur Beitragszahlung ergibt sich aus dem zwischen den Beteiligten bestehenden Vertrag über die private Pflegepflichtversicherung i.V.m. § 1 Satz 2 VVG. Danach ist der Versicherungsnehmer - hier der Beklagte - verpflichtet, an den Versicherer - hier die Klägerin - die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten. Näheres regeln die MB/PVV, die Bestandteil des Vertrages geworden sind. Für die Beitragszahlung gilt § 8 MB/PVV (Stand 1. Oktober 2010, inhaltsgleich mit Stand 1. Juli 2008). Nach dessen Abs. 1 ist vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 für jede versicherte Person ein Beitrag zu zahlen. Der Beitrag ist ein Monatsbeitrag und am Ersten eines jeden Monats fällig. Für den Kläger und seine Ehefrau als versicherte Personen war daher ein Beitrag zu zahlen. Gleiches gilt für U, der nicht nach § 8 Abs. 2 und 3 MB/PVV beitragsfrei war. Dies wäre in der hier streitigen Zeit, in der U das 23. Lebensjahr schon vollendet hatte, nur möglich, wenn sich dieser in Schul- oder Berufsausbildung befunden oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr geleistet hätte oder wegen einer Behinderung außerstand gewesen wäre, sich selbst zu unterhalten. Diese Voraussetzungen lagen zur Überzeugung des Senats nicht vor. Der Beklagte macht selbst geltend, U habe seit August 2008 in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden. Die versicherungspflichtige Beschäftigung schließt eine beitragsfreie Versicherung aus (§ 8 Abs. 2 Buchst. a) MB/PVV).

(2) Durch den Eintritt einer Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung endet der private Pflegeversicherungsvertrag nicht kraft Gesetzes. Es bedarf vielmehr einer Kündigung durch den Versicherungsnehmer. Bis zum Ablauf des streitigen Zeitraums war der U betreffende Vertragsteil nicht wirksam gekündigt.

(a) Gemäß § 27 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) können Personen, die nach den §§ 20 oder 21 SGB XI versicherungspflichtig werden und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen gegen Pflegebedürftigkeit versichert sind, ihren Versicherungsvertrag mit Wirkung vom Eintritt der Versicherungspflicht an kündigen (Satz 1). Das Kündigungsrecht gilt auch für Familienangehörige oder Lebenspartner, wenn für sie eine Familienversicherung nach § 25 SGB XI eintritt (Satz 2). Nach dem gesetzlichen Wortlaut steht das Kündigungsrecht nur der Person zu, die versicherungspflichtig werden. Nicht erfasst wären danach Versicherungsnehmer (hier der Beklagte), die für eine versicherte Person einen privaten Versicherungsvertrag abgeschlossen haben, wenn diese weitere Person versicherungspflichtig wird (hier U). Neben § 27 Satz 1 und 2 SGB XI regelt aber § 205 Abs. 2 VVG (hier in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung durch Art. 1 des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23. November 2007, BGBl. I S. 2631) die Kündigung privater Pflegeversicherungsverträge bei Eintritt einer Pflicht- oder Familienversicherung. Die Parallelregelung zu § 27 SGB XI für die gesetzliche Krankenversicherung in § 4 Abs. 9 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2008 aufgehoben und in § 205 Abs. 2 VVG übernommen, der auch die Pflegeversicherung erfasst. Dies spricht dafür, dass bei der Neuregelung des Kündigungsrechts im VVG § 27 SGB XI übersehen worden ist. § 27 Satz 1 und 2 SGB XI beinhalten daher kein zusätzliches Kündigungsrecht neben § 205 Abs. 2 VVG; die weitergehenden Regelungen des § 205 Abs. 2 VVG sind auch auf eine auf § 27 SGB XI gestützte Kündigung anzuwenden (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung - Pflegeversicherung, Stand Juli 2013, SGB XI § 27 Rn. 4; Beck in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 27 SGB XI Rn. 16; vgl. auch Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 29. November 2006 - B 12 P 105 R - juris Rn. 10: § 27 SGB XI wird ergänzt durch § 178h Abs. 2 VVG in der Fassung vom 21. Juli 1994, der Vorläuferregelung des § 205 Abs. 2 VVG; ebenso Vieweg in Udsching, SGB XI, 4. Aufl., § 27 Rn. 5).

§ 205 Abs. 2 VVG trifft folgende Regelungen: Wird eine versicherte Person kraft Gesetzes kranken- oder pflegeversicherungspflichtig, kann der Versicherungsnehmer binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht eine Krankheitskosten-, eine Krankentagegeld- oder eine Pflegekrankenversicherung sowie eine für diese Versicherungen bestehende Anwartschaftsversicherung rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen (Satz 1). Die Kündigung ist unwirksam, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherer den Eintritt der Versicherungspflicht nicht innerhalb von zwei Monaten nachweist, nachdem der Versicherer ihn hierzu in Textform aufgefordert hat, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Versäumung dieser Frist nicht zu vertreten (Satz 2). Macht der Versicherungsnehmer von seinem Kündigungsrecht Gebrauch, steht dem Versicherer die Prämie nur bis zu diesem Zeitpunkt zu (Satz 3). Später kann der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis zum Ende des Monats kündigen, in dem er den Eintritt der Versicherungspflicht nachweist (Satz 4). Der Versicherungspflicht steht der gesetzliche Anspruch auf Familienversicherung oder der nicht nur vorübergehende Anspruch auf Heilfürsorge aus einem beamtenrechtlichen oder ähnlichen Dienstverhältnis gleich (Satz 5).

Ausdrücklich ermöglicht diese Regelung eine Kündigung durch den Versicherungsnehmer bei Eintritt der Versicherungspflicht für eine versicherte Person, die nicht selbst Versicherungsnehmer ist. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Versicherungspflicht nach Begründung der privaten Versicherung eintritt. Auf eine (versehentliche) Doppelversicherung in der privaten Pflegeversicherung bei bereits bestehender Mitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung ist das Kündigungsrecht nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 29. November 2006, a.a.O.). Ob diese Voraussetzungen bei U tatsächlich vorlagen, erscheint zumindest zweifelhaft. Denn dieser hatte in seiner Erklärung vom 8. August 2014 angegeben, bereits seit 2003 bei der AOK und damit gesetzlich versichert zu sein; nach der Aufnahme der Beschäftigung sei er seit 11. August 2008 "ebenfalls" bei der AOK versichert. Der Senat kann dies aber offen lassen.

(b) Denn zumindest bis zum Ende des streitgegenständlichen Zeitraums (April 2011) ist nach § 207 Abs. 2 Satz 2 VVG (hier in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung durch Art. 1 des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23. November 2007, BGBl. I S. 2631) keine wirksame Kündigung erfolgt. § 207 Abs. 2 VVG regelt wie § 205 Abs. 2 (und Abs. 6) VVG Einzelheiten zur Kündigung von Kranken- und Pflegeversicherungsverträgen und muss daher wie § 205 Abs. 2 VVG als Ergänzung zu § 27 SGB XI beachtet werden. Nach § 207 Abs. 2 Satz 1 VVG gilt Absatz 1 (Berechtigung zur Übernahme des Versicherungsvertrages durch die versicherte Person) entsprechend, wenn der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis insgesamt oder für einzelne versicherte Personen kündigt. Die Kündigung ist nur wirksam, wenn die versicherte Person von der Kündigungserklärung Kenntnis erlangt hat (Satz 2). § 207 Abs. 2 VVG erfasst also die Fälle der Kündigung eines Vertrages über die Kranken- und Pflegeversicherung, wenn - wie vorliegend - neben dem Versicherungsnehmer noch weitere versicherte Personen in den Vertrag einbezogen sind.

Die Kenntnis dieser versicherten Person ist nach dem klaren Wortlaut des § 207 Abs. 2 Satz 2 VVG Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung durch den Versicherungsnehmer. Diese Kenntnis ist vom Versicherungsnehmer nachzuweisen. Zwar enthalten die MB/PVV keine § 13 Abs. 10 Satz 3 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (AVB/KK) entsprechende Regelung, die den Nachweis der Kenntnis ausdrücklich zur Wirksamkeitserfordernis der Kündigung macht. Da dieser Umstand aber in der Sphäre des Versicherungsnehmer liegt, muss dieser die Kenntnis der versicherten Person nachweisen, um seiner Kündigung zum Erfolg zu verhelfen (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 16. Januar 2013 - IV ZR 94/11 - juris Rn. 22 ff., auch zum Folgenden, m.w.N.). Durch die Neufassung in § 207 Abs. 2 Satz 2 VVG sind die gesetzlichen Voraussetzungen, die der Versicherungsnehmer in Bezug auf die Kenntnis der versicherten Person erfüllen muss, im Vergleich zu der früheren Regelung des § 178n Abs. 2 Satz 2 VVG nicht geändert worden. Diese forderte ausdrücklich den Nachweis des Versicherungsnehmers, dass die versicherte Person Kenntnis von der Kündigung erlangt habe. Ein solcher Nachweis ist auch nach neuem Recht vom Versicherungsnehmer zu erbringen. Gegen eine inhaltliche Änderung sprechen bereits die Gesetzesmaterialien. Die Reformkommission sah keinen Änderungsbedarf und schlug vor, die Regelung des § 178n VVG a.F. unverändert in § 200 VVG-E zu übernehmen (Abschlussbericht der VVG-Kommission vom 19. April 2004 Abschnitt 2.1 S. 275, Abschnitt 3.1 S. 415). Ebenso ging die Bundesregierung in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 207 VVG davon aus, dass die Sätze 1 und 2 des § 207 Abs. 2 "inhaltlich mit § 178n Abs. 2" übereinstimmten (Begründung des Gesetzentwurfs zum Versicherungsvertragsreformgesetz BT-Drucks. 16/3945 S. 114). Da der Gesetzgeber die bisherige Rechtslage nicht ändern wollte, kann die etwas abweichende Formulierung in § 207 VVG n.F. nicht zu einer inhaltlichen Änderung führen, zumal - wie dargelegt - der Versicherungsnehmer die Kenntnis der versicherten Person ohnehin belegen muss. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Der Nachweis der Kenntnis der versicherten Person ist somit Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung und muss bei einer fristgebundenen Kündigung jedenfalls zum Ablauf der Kündigungsfrist erbracht sein (BGH, a.a.O., Rn. 27). D.h. die Kenntnis muss spätestens bis zum Zeitpunkt, in dem die Kündigung wirksam werden soll, dargelegt sein. Eine spätere Darlegung kann allenfalls als neue Kündigung ausgelegt werden (Rogler in Hk-VVG, 3. Aufl., § 207 Rn. 27). Dies folgt auch aus Gründen der Rechtssicherheit, da zeitnah Klarheit über das Bestehen von Versicherungsschutz bestehen muss. Dabei muss der Nachweis nicht den zivilprozessualen Beweisanforderungen genügen. Vielmehr reicht die Beibringung eines nachvollziehbaren Belegs, etwa die Mitunterzeichnung der Kündigung durch die versicherte Person, notfalls ein Einschreibbeleg, aus dem sich die Übermittlung einer Abschrift der Kündigung an den Versicherten ergibt (BGH, a.a.O., Rn. 22).

Einen solchen Nachweis hat der Beklagte als Versicherungsnehmer jedenfalls bis zum Erörterungstermin vor der damaligen Berichterstatterin im vorliegenden Berufungsverfahren am 14. August 2014 nicht erbracht. Ob die in diesem Termin vorgelegte Erklärung des U einen solchen Nachweis für die darauf folgende Zeit darstellt, kann offen bleiben. Ihr ist lediglich zu entnehmen, dass U mit der "damaligen" Kündigung des Beklagten "vom 16. März 2009 einverstanden" gewesen sei. Über die Kenntnis von der (tatsächlich auf den 12. März 2009 datierten) Kündigung und den Zeitpunkt der Kenntnis ist der Erklärung nichts zu entnehmen. Eine weitere Abklärung diesbezüglich hatte der Senat nicht vorzunehmen, da die Erklärung jedenfalls nicht vor August 2014 vorgelegt wurde und daher eine Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt aus den genannten Gründen nicht bewirken kann. Der Nachweis einer anderweitigen Versicherung, hier der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung, genügt nach der gesetzlichen Regelung in den Fällen des § 207 Abs. 2 VVG nicht. Dies gilt erst recht, wenn dieser Nachweis, wie vom Beklagten selbst vorgetragen, von der Kranken- oder Pflegekasse an das private Versicherungsunternehmen gemeldet wird, nicht von der versicherten Person.

(c) Unterlässt der Versicherer nach Eingang einer Kündigung einen Hinweis darauf, dass die erklärte Kündigung mangels Nachweises der Kenntnis der versicherten Person unwirksam ist, wird dadurch die Kündigung zwar nicht wirksam; er kann aber unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer schadensersatzpflichtig sein (BGH, a.a.O., Rn. 29; vgl. auch BSG, Urteil vom 29. November 2006, a.a.O., Rn. 22). Die Klägerin hat dem Beklagten jedoch einen entsprechenden Hinweis erteilt. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der von dieser vorgelegten Schreiben vom 26. März, 7. April und 23. April 2009. Bereits das erste dieser Schreiben vom 26. März 2009 enthielt einen ausdrücklichen Hinweis, dass für eine wirksame Kündigung vom Beklagten nachgewiesen werden müsse, dass die betreffende Person hierüber informiert worden sei, und ein solcher Nachweis nicht vorliege. Unter Berücksichtigung dieses Hinweises kann auch das Schreiben vom 7. April 2009, das auf eine "Kündigungserklärung" von U abstellt, noch als ausreichender Hinweis verstanden werden. Jedenfalls im Schreiben vom 23. April 2009 wird wiederum ausdrücklich ausgeführt, dass vom Beklagten nachgewiesen werden müsse, dass U über die Vertragskündigung informiert worden sei; eine rechtswirksame Kündigungserklärung liege bislang nicht vor. Die erst im Berufungsverfahren erfolgte Einlassung des Klägers, er habe keines dieser Schreiben erhalten, erachtet der Senat als unzutreffend. Es ist nicht glaubhaft, dass der Beklagte drei Schreiben hintereinander, die an dieselbe Adresse gerichtet waren, deren Richtigkeit er nicht bestritten hat, nicht erhalten hat. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Schreiben vom 23. April 2009, dass an diesem Tag ein Telefonat zwischen der Klägerin und dem Beklagten stattgefunden hatte, das gerade die Wirksamkeit der Kündigung zum Gegenstand hatte. Hierzu hat sich der Beklagte überhaupt nicht eingelassen. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG, an der der Beklagte persönlich teilgenommen hat, hat er nicht geltend gemacht, über die Notwendigkeit eines Kenntnisnachweises nicht informiert worden zu sein. Soweit er im Erörterungstermin vom 14. August 2014 angegeben hat, die Bedeutung des Kenntnisnachweises sei erst durch das Urteil des SG bekannt geworden, ist dies nicht nachzuvollziehen. Die Klägerin hatte hierzu - unter Vorlage der genannten Schreiben - bereits ausführlich im Schriftsatz vom 7. Dezember 2012 vorgetragen, also fast ein Jahr vor der mündlichen Verhandlung vor dem SG. Ausweislich der richterlichen Verfügung vom 12. Dezember 2012 und dem Absendevermerk vom 13. Dezember 2012 (Rückseite von Bl. 66 der SG-Akte) ist dieser Schriftsatz nebst Anlagen am 13. Dezember 2012 an den Bevollmächtigten des Klägers übersandt worden. Der weitere Vortrag im Erörterungstermin vom 14. August 2014, dies nicht erhalten und auf telefonische Anfrage vom SG lediglich "Etwas gefaxt" bekommen zu haben, aber ohne Anlagen, ist den Akten des SG ebenfalls nicht zu entnehmen. Der Behauptung des Beklagten im genannten Erörterungstermin, selbst das Urteil nicht bekommen zu haben, hat sein eigener Prozessbevollmächtigter widersprochen. Ohnehin wäre dann auch die Vorlage der Erklärung des U vom 8. August 2014 nicht nachvollziehbar. Die Einlassungen des Beklagten vermögen daher an der Darstellung der Klägerin keine Zweifel zu wecken.

(3) Die danach bestehenden Beitragsforderungen der Klägerin beliefen sich im streitigen Zeitraum auf monatlich EUR 33,05 (für den Beklagten EUR 10,18, für seine Ehefrau EUR 13,37 und für U EUR 9,50). Dies entnimmt der Senat den von der Klägerin vorgelegten Beitragsübersichten vom 24. November 2009, 23. November 2010 und 25. November 2011 (Anlage zu Bl. 24/26 der Senatsakten) sowie dem vom Beklagten selbst vorgelegten Auszug des Versicherungsscheins vom 28. März 2011 (Bl. 60 F der SG-Akten). Der vom SG dem Schreiben der Klägerin vom 3. Februar 2011 (Bl. 70 der SG-Akten) entnommene Betrag von EUR 30,54 bezeichnet nicht, wie von diesem angenommen, den monatlichen Gesamtpflegeversicherungsbeitrag, sondern den Beitragsrückstand für den auf den Beklagten entfallenden Beitragsanteil für die drei Monate Dezember 2010 bis Februar 2011. Daraus ergibt sich, dass der vom SG (niedriger) angesetzte Gesamtbetrag für den Beklagten nicht nachteilig, sondern vorteilhaft ist.

(4) Die Beiträge waren gem. § 8 Abs. 1 Satz 2 MB/PVV jeweils zum Ersten eines jeden Monats fällig, der letzte hier streitige Beitrag für April 2011 mithin am 1. Mai 2011. Ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten bestand nicht.

(5) Der Beklagte hat die Beiträge tatsächlich nicht gezahlt. Den abweichenden Vortrag im der Klageerwiderung hat er zuletzt selbst nicht aufrecht erhalten. Zu Recht ist das SG davon ausgegangen, dass sich aus den vom Beklagten angeführten Bescheinigungen keine Beitragszahlung entnehmen lässt. Die Bescheinigung vom 18. Februar 2011 (Bescheinigung über die für das Jahr 2010 übermittelten Beträge nach § 10 Abs. 1 Einkommensteuergesetz) stellt lediglich eine Information für den Beklagten über die elektronische Datenübermittlung an die Finanzbehörde dar und trifft keine Aussagen über eine tatsächliche Beitragsleistung. Die im Schreiben der Klägerin vom 8. September 2011 angeführten gesetzlich vorgesehenen Folgen eines Beitragsrückstandes beziehen sich auf das Ruhen des Leistungsanspruches, nicht den Zahlungsverzug des Beklagten.

Eine Erfüllung der Beitragsschuld durch Aufrechnung ist nicht eingetreten. Eine konkrete Aufrechnungserklärung, aus der sich Höhe und Grund der Gegenforderung entnehmen ließen, ist nicht bezeichnet worden. In der Klageerwiderung vom 16. November 2012 erfolgte selbst keine Aufrechnungserklärung, es wird vielmehr lediglich eine frühere, konkludente Erklärung behauptet. Des Weiteren kann der Versicherungsnehmer nach § 12 Satz 1 MB/PVV gegen Forderungen des Versicherers nur aufrechnen, wenn die Gegenforderung unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist. In der Klageerwiderung wird als Gegenforderung der - behauptete - Anspruch des Beklagten auf Rückerstattung zu Unrecht vereinnahmter Beiträge für U in der Zeit vom 11. August 2008 bis 28. Februar 2011 in Höhe von EUR 3.892,06 genannt. Diese Forderung ist weder rechtskräftig festgestellt noch unbestritten. Denn die Klägerin macht ja gerade geltend, dass eine wirksame Kündigung des Versicherungsvertrages nicht vorliege und der Beklagte die Beiträge hieraus schuldet. Schließlich besteht die behauptete Gegenforderung tatsächlich nicht, da - wie ausgeführt - der Versicherungsvertrag bis zum Ende des geltend gemachten Zeitraums (28. Februar 2011) nicht wirksam gekündigt wurde.

(6) Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 288 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach ist eine Geldschuld während des Verzugs zu verzinsen. Der Schuldner kommt ohne Mahnung in Verzug, wenn er eine fällige Leistung, für die eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, nicht erbringt (§ 286 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB). Wie oben ausgeführt, waren Beiträge monatlich jeweils zum Ersten des Monats fällig, also zu einem nach dem Kalender bestimmten Zeitpunkt. Die Nichtzahlung der Beiträge hatte der Beklagte zu vertreten. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der geltend gemachte Zinssatz von 5% ist daher nicht zu beanstanden.

(7) Zu Recht hat das SG die Entscheidung im Vollstreckungsbescheid auch insoweit aufrechterhalten, als die Kosten des gerichtlichen Mahnverfahrens vom Beklagten zu tragen sind. Nach § 193 Abs. 1 Satz 2 SGG entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat, wenn ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a SGG) ist. Da der Beklagte das Mahnverfahren durch seinen Zahlungsverzug veranlasst hatte, ist es sachgerecht, ihm die hierfür angefallenen Kosten aufzuerlegen.

b) Zu Recht hat das SG die Widerklage des Beklagten abgewiesen.

(1) Diese ist zulässig. Nach § 100 SGG kann bei dem Gericht der Klage eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln zusammenhängt. Diese Voraussetzung ist erfüllt, da sich die Widerklage auf die behauptete teilweise Auflösung des Vertragsverhältnisses stützt, das der Klage zugrunde liegt. Da die Widerklage zuletzt auf die Erstattung von Beiträgen aus dem Pflegeversicherungsvertrag gerichtet war, hat das SG zu Recht gem. § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG den Sozialrechtsweg bejaht.

Wie den Ausführungen im angefochtenen Urteil zu entnehmen ist, liegt der Forderung des Beklagten in Höhe von EUR 1.216,00 eine - behauptete - Beitragszahlung für U in Höhe von EUR 28,50 monatlich zugrunde. Danach hat der Beklagten die Rückerstattung für einen Zeitraum von 42,67 Monate geltend gemacht. Beginn des Zeitraumes ist nach dem Vortrag des Beklagten der 11. August 2008 (Eintritt der Versicherungspflicht des U). Die Forderung erfasst demnach - wie bereits im Schriftsatz vom 21. Dezember 2012 geltend gemacht - den Zeitraum bis zum 28. Februar 2012.

(2) Die Widerklage ist jedoch nicht begründet. Der Beklagte hat keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Rückerstattung von Pflegeversicherungsbeiträgen für U in Höhe von EUR 1.216,00. Die Beitragsforderungen der Klägerin im genannten Zeitraum vom 11. August 2008 bis 28. Februar 2011 bestanden zu Recht aufgrund des Pflegeversicherungsvertrages, in den U als versicherte Person einbezogen war. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zur Klage verwiesen. Die Voraussetzungen einer Beitragsfreiheit des U nach § 8 Abs. 2 und 3 MB/PVV lagen auch in diesem Zeitraum nicht vor. Abweichendes macht auch der Beklagte nicht geltend. Der Versicherungsvertrag ist für U bis zum 28. Februar 2011 nicht wirksam gekündigt worden. Auch dies ergibt sich aus den obigen Ausführungen zur Klage. Da der behauptete Anspruch schon aus diesen Gründen nicht besteht, kann offen bleiben, in welchen Zeiträumen der Kläger überhaupt Beiträge für U erbracht hat, in welcher Höhe und ob gegebenenfalls Vollstreckungstitel der Klägerin (Vollstreckungsbescheid, Anerkenntnis des Beklagten) entgegenstünden.

4. Die Kostenentscheidung beruht, soweit sie nicht auf die im Vollstreckungsbescheid bereits enthaltenen Kosten des Mahnverfahrens beziehen (dazu oben), auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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