L 7 SO 1291/16 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 SO 725/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1291/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. März 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die nach §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Gegenstand des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist das Begehren des Antragstellers auf die vorläufige Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Anschaffung eines Eisschrankes, eines Kochherdes, einer Waschmaschine, eines Bettes mit Matratze sowie die Übernahme der Kosten seines Umzugs nach einer Zwangsräumung in die Notunterkunft S. in Höhe von 800,- EUR, die der Antragsteller bereits im Oktober 2015 an den Umzugsunternehmer R. entrichtet hat, und der Restkosten einer implantatgestützten prothetischen Versorgung des Unterkiefers durch die Zahnärztin Dr. P. (soweit aus den Akten ersichtlich 3.807,68 EUR Rechnungsbetrag gem. Rechnung der Dr. P. vom 25. Februar 2015 - 633,44 EUR doppelter Festzuschuss seitens der B. B. (Bescheid vom 9. Juni 2015) - 1.475,84 EUR Zuschuss der S. F.-S. = 1.698,40 EUR). Dieses einstweilige Rechtsschutzgesuch hatte vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) teilweise Erfolg. Das SG hat die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller für eine Erstausstattung mit Bett und Matratze ein Darlehen in Höhe von 108,00 EUR zu gewähren (vgl. das entsprechende Darlehensangebot der Antragsgegnerin vom 25. April 2016). Im Übrigen hat es das einstweilige Rechtsschutzgesuch abgelehnt (Beschluss vom 24. März 2016). Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner am 4. April 2016 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Beschwerde, mit der er - soweit erkennbar - sein Begehren weiterverfolgt.

2. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1 a.a.O., für Vornahmesachen in Abs. 2 a.a.O. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Nach § 86b Abs. 4 SGG sind die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 schon vor Klageerhebung zulässig.

Hinsichtlich der begehrten vorläufigen Leistungsgewährung kommt allein der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG in Betracht. Der Erlass einer Regelungsanordnung gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt zunächst die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund ab (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Eine einstweilige Anordnung darf nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)), wobei im Fall der Bestandskraft eines Bescheides an den Anordnungsgrund besonders strenge Anforderungen zu stellen sind und dieser nur bei einer massiven Beeinträchtigung der sozialen und wirtschaftlichen Existenz vorliegen kann (Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b Rdnr. 29c). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).

3. Das SG hat zu Recht im Rahmen einer Folgenabwägung die Antragsgegnerin lediglich zur Gewährung eines Darlehens für die Anschaffung eines Bettes mit Matratze verpflichtet und hinsichtlich der übrigen Haushaltsgegenstände (Eisschrank, Kochherd, Waschmaschine) den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Senat weist insoweit die Beschwerde des Antragstellers aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurück (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Es steht dem Antragsteller frei, bei der Abklärung seiner Bedarfssituation mitzuwirken und dem Ermittlungsdienst der Antragsgegnerin die Überprüfung seiner Wohnverhältnisse zu ermöglichen. Die Einwendungen des Antragstellers aus der Beschwerdeschrift vom 3. April 2016 und dem Schreiben vom 30. April 2016, soweit verständlich, führen zu keinem anderen Ergebnis. Die Antragsgegnerin hat das Begehren des Antragstellers weder anerkannt (vgl. § 101 Abs. 2 SGG) noch gelten die vom Antragsteller vorgetragenen "Tatsachen" als zugestanden (vgl. §§ 138 Abs. 3, 288 ZPO). Auch ist der Vortrag der Antragsgegnerin nicht verspätet bzw. präkludiert (vgl. §§ 282, 296 ZPO). Denn die vom Antragsteller in Bezug genommenen zivilprozessualen Normen finden im sozialgerichtlichen Verfahren keine Anwendung (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 11. Aufl. 2014, § 103 Rdnr. 1 und § 202 Rdnr. 3; vgl. ferner § 106a Abs. 3 SGG zur Präklusion im sozialgerichtlichen Verfahren). Schließlich ist der angefochtene Beschluss des SG vom Vorsitzenden unterschrieben und mit Gründen versehen (§§ 142 Abs. 1, 134 Abs. 1, 142 Abs. 2 SGG); ein Abdruck des Beschlusses ist dem Antragsteller zugestellt worden (vgl. § 142 Abs. 3 SGG).

Hinsichtlich des Begehrens auf Übernahme der Umzugskosten sowie der Restkosten einer implantatgestützten prothetischen Versorgung des Unterkiefers hat das SG zutreffend einen Anordnungsgrund verneint, weil es dem Antragsteller zumutbar ist, den Ausgang entsprechender Hauptsacheverfahren abzuwarten. Auch insoweit weist der Senat die Beschwerde des Antragstellers aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurück (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Im Übrigen hat der gesetzlich krankenversicherte Antragsteller nicht ansatzweise glaubhaft gemacht, dass seine medizinisch notwendige Krankenbehandlung - u.a. auch die Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen - nicht im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung sichergestellt ist (vgl. § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung -) (vgl. den zwischen den Beteiligten ergangenen Senatsbeschluss vom 24. Oktober 2013 - L 7 SO 4416/13 ER - sowie das Senatsurteil vom 12. Dezember 2013 - L 7 SO 2869/13 -).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

5. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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