L 12 AS 507/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 3687/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 507/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 20.01.2015 wird als unzulässig verworfen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

Der 1967 geborene Kläger steht im Leistungsbezug des Beklagten. Mit Bewilligungsbescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 24.04.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.03.2013 bis 31.08.2013. Bis 24.07.2013 bezog der Kläger zudem Arbeitslosengeld 1.

Mit Schreiben vom 12.06.2013 beantragte der Kläger unter anderem die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 30 EUR monatlich. In einer hierzu eingereichten Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. H. gab dieser an, der Kläger leide an einer Hyperlipidämie (erhöhte Bluttfettwerte) und einer Steatosis Hepatis (Fettleber). Bei ihm sei eine Fettstoffwechselstörung in Form einer Adipositas permagna festgestellt und er benötige eine lipidarme Kost.

Am 22.07.2013 führte der Ärztliche Dienst der Bundesagentur für Arbeit (Dr. F.) in einer gutachterlichen Äußerung aus, bei den vorliegenden Gesundheitsstörungen seien gewisse Ernährungsrichtlinien zu beachten. Bei Fettstoffwechselstörungen sei auf besonders fettreiche Speisen zu verzichten, wobei vor allem die Zufuhr von gesättigten Fetten und Cholesterin zu beschränken sei. Allerdings bestehe keine Notwenigkeit für spezielle, kostenintensive Diätprodukte. Geeignete Nahrungsmittel seien in großer Auswahl ohne Mehrkosten in gängigen Lebensmittelmärkten erhältlich. Auch regelmäßige Bewegung und ein Normkörpergewicht seien hilfreich. Die Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung sei nicht belegt.

Mit Bescheid vom 24.07.2013 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ab.

Hiergegen legte der Kläger am 02.08.2013 Widerspruch ein, den er dahingehend begründete, er benötige eine lipidarme Kost und keine Vollkost.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2013 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 28.10.2013 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Sollte der Beklagte einen Gutachter hinzugezogen haben, so habe er hierüber keine Unterlagen erhalten. Er benötige eine lipidarme Kost und habe daher einen Anspruch auf einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung.

Das SG hat zur weiteren Klärung des Sachverhaltes die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen befragt.

Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. K. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 16.12.2013 dargelegt, der letzte notierte Gewichtsbefund datiere auf September 2011 und weise bei einer Größe von 176 cm ein Gewicht von 135 kg aus. Der Kläger sollte eine kalorienreduzierte Nahrung aufnehmen und in erster Linie müsse eine Ernährungsumstellung erfolgen. Wichtig sei eine ausgewogene Mischkost mit frischem Gemüse. Fast-Food und Konservenkost sei zu vermeiden. Grund hierfür sei ein massives Übergewicht, welches eine Reduktionskost erfordere. Die Notwendigkeit spezieller kostenintensiver Diätprodukte sei nicht gegeben. Frische Produkte seien aber durchaus kostenintensiv in der Besorgung.

Dr. H. hat mit Schreiben vom 07.01.2014 mitgeteilt, der Kläger leide an einer Adipositas permagna, einem rezidivierenden LWS Syndrom, einer arteriellen Hypertonie, Psoriasis, Steatosis hepatis, Hypertriglyceridämie, Hypercholesterinämie und einem depressiven Sydnrom. Er stimme mit der Beurteilung der Dr. F. überein. Eine fettarme Kost sei beim Kläger ausreichend. Wegen der Details wird auf Bl. 17-18 der SG Akte verwiesen.

Der Kläger hat dem SG mit Schreiben vom 17.01.2014 mitgeteilt, durch Dr. K. und Dr. H. sei bestätigt worden, dass er eine auf seine Bedürfnisse abgestimmte, spezifische Kost benötige, die kostenaufwändig sei. Der Kläger führte verschiedene (aus seiner Sicht vergleichbare) sozialgerichtliche Verfahren an, in denen ein Mehrbedarf von 36 EUR gewährt worden sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 20.01.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, beim Kläger lägen keine Beeinträchtigungen vor, die eine von der Vollkost abweichende, besondere Ernährung erforderten. Der Gerichtsbescheid enthielt eine Rechtsmittelbelehrung, wonach er mit der Berufung anfechtbar sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen den ihm am 21.01.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13.02.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung seiner Berufung hat der Kläger u.a. eine Bescheinigung des Dr. K. vom 28.01.2015 und ein Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg vom 23.03.2015 vorgelegt. Der damals Prozessbevollmächtigte des Klägers hat weiterhin vorgetragen, der Kläger leide auch an einer Wassereinlagerung in den Beinen, Schlafstörungen, Depressionen, einer eingeschränkten Mobilität und Taubheit beider Hände sowie an Rückenschmerzen. Mit Schreiben vom 01.06.2015 hat der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers auf Nachfrage des Senats den geltend gemachten Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung auf rund 40 EUR monatlich und den Beschwerdegegenstand auf 480 EUR beziffert. Nach Niederlegung des Mandats durch seinen ehemaligen Prozessbevollmächtigten hat der Kläger mit Schreiben vom 15.01.2016 u.a. vorgetragen, er wisse nicht, was der Betrag von 480 EUR zu bedeuten habe und wie sich dieser zusammensetze. In Abweichung vom bisherigen Vortrag hat der Kläger den monatlich geltend gemachten Mehrbedarf mit ca. 35 EUR beziffert.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Ulm vom 20.01.2015 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 22.03.2013 in Gestalt des Änderungsbewilligungsbescheides vom 24.04.2013 und Aufhebung des Bescheides vom 24.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2013 zu verurteilen, ihm weitere Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 480 EUR unter Berücksichtigung eines monatlichen Mehrbedarfs von 40 EUR wegen kostenaufwändiger Ernährung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zu verwerfen, hilfsweise die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte erachtet die Entscheidung des SG für zutreffend und hält an seiner bislang vertretenen Auffassung fest.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung des Klägers ist unzulässig, da der Berufungsausschließungsgrund des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG greift.

1.) Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Beschwerdewert von mehr als 750 EUR wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor.

Der gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes ist danach zu bestimmen, was das SG dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiter verfolgt wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 144 Rn. 14). Das SG hat, entsprechend dem dort vom Kläger gestellten unbestimmten Klageantrag, den streitigen Zeitraum und den daraus resultierenden Beschwerdewert nicht weiter thematisiert. Auf ausdrückliche Nachfrage des Senats hat der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 01.06.2015 den geltend gemachten Mehrbedarf auf 40 EUR monatlich und den Beschwerdewert auf insgesamt 480 EUR beziffert. Der maßgebliche Beschwerdewert von mehr als 750 EUR wird daher nicht erreicht und es wird, wie sich aus der geltend gemachten Gesamtsumme von 480 EUR ergibt, die rechnerisch 12 Monaten entspricht, auch keine laufende Leistung von mehr als einem Jahr geltend gemacht. Einen Antrag, der einen weitergehenden Beschwerdewert enthalten könnte, hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt gestellt. Soweit er nach Niederlegung des Mandats seines ehemaligen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 15.01.2016 ausgeführt hat, er wisse nicht, was der Betrag von 480 EUR zu bedeuten habe und wie sich dieser zusammensetze und den monatlichen Mehrbedarf mit ca. 35 EUR beziffert hat, ergibt sich auch hieraus kein höherer, sondern allenfalls ein geringerer Beschwerdewert. Allerdings würde auch die nachträgliche Erweiterung eines bei Einlegung der Berufung nicht berufungsfähigen Streitgegenstandes im Verlauf des Berufungsverfahrens grundsätzlich nicht zur Zulässigkeit der Berufung führen (vgl. BSG, Urteil vom 25.07.1985 - 7 RAr 33/84 -, BSGE 58, 291 = SozR 1500 § 144 Nr. 30; Leitherer, a.a.O., Rn. 20). Da das SG die Berufung nicht zugelassen hat, ist eine Berufung nur nach deren Zulassung durch Beschluss des LSG statthaft. In einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung liegt keine Zulassung der Berufung (z.B. BSG, Beschluss vom 02.06.2004 - B 7 AL 10/04 B -, SozR 4-3250 § 14 Nr. 3).

Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass zulässiger Streitgegenstand des Verfahrens vor dem SG ohnehin nur die Zeit von März bis August 2013 war, so dass bei einem geltend gemachten Mehrbedarf von monatlich 40 EUR die zulässige streitige Gesamtsumme 240 EUR beträgt. Soweit der Kläger für weitere Monate (im Berufungsverfahren sinngemäß für 12 Monate) die Gewährung eines Mehrbedarfs geltend macht, ist dies kein zulässiger Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Mit Bewilligungsbescheid vom 22.03.2013 in Gestalt des Änderungsbewilligungsbescheides vom 24.04.2013 hat der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von März bis August 2013 bewilligt. In diesem Bewilligungszeitraum hat der Kläger am 21.06.2013 die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung beantragt. Nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann jedoch die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung, nicht in zulässiger Weise zum isolierten Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens bestimmt werden und eine ablehnende Entscheidung hinsichtlich eines bestimmten Bedarfs kann wegen der in § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II vorgeschriebenen abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen grundsätzlich keine Bindungswirkung für zukünftige Bewilligungsabschnitte entfalten (vgl. BSG, Urteil vom 26.05.2011 - B 14 AS 146/10 R -, BSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr.13, Rn. 14). Zulässiger Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 24.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2013, mit dem der Beklagte den Antrag des Klägers vom 21.06.2013 ihm zusätzlich zur Regelleistung einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung zu gewähren, abgelehnt hat. Auf diesen Antrag hin hat der Beklagte in der Sache die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung überprüft. Der Bescheid des Beklagten lässt zwar eine ausdrückliche Bezugnahme auf die mit Bewilligungsbescheid vom 22.03.2013 in Gestalt des Änderungsbewilligungsbescheides vom 24.04.2013 erfolgte Bewilligung für den Bewilligungsabschnitt März bis August 2013 nicht erkennen. Dies allein lässt aber, aus der insoweit für die Auslegung maßgeblichen Sicht eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde erkennen kann, nicht den Schluss zu, der Beklagte habe abschließend für die Zukunft über den geltend gemachten Mehrbedarf entscheiden wollen. Zu einer solchen Entscheidung mit Bindungswirkung für die Zukunft wäre er wegen der in § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II vorgesehenen abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen nicht berechtigt gewesen (vgl. zu alledem: BSG vom 26.05.2011, a.a.O., m.w.N.). Die Bewilligungsentscheidungen wegen der nachfolgenden Zeiträume ab September 2013 weisen dementsprechend jeweils eigenständige Entscheidungen über "Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (inkl. Mehrbedarfe)" aus und sind nicht gem. § 96 SGG zulässiger Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden. In zeitlicher Hinsicht kann sich die Leistungsklage des Klägers damit zulässigerweise nur auf höhere laufende Leistungen für den Bewilligungsabschnitt März bis August 2013 richten.

2.) Davon abgesehen hätte die Berufung auch in der Sache keinen Erfolg.

Rechtsgrundlagen für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II aufgrund eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung sind die §§ 7, 19 Abs. 1, 21 Abs. 5 SGB II. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs. 5 SGB II für einen Anspruch auf Mehrbedarf liegen nicht vor. Nach § 21 Abs. 5 SGB II wird bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Die Konkretisierung des Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II muss im Zusammenhang mit § 20 SGB II erfolgen, der den Regelbedarf, früher Regelleistung, in Form einer pauschalierten Leistung vorsieht. Denn § 20 SGB II umfasst die für die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums wesentlichen und üblichen Bedarfslagen und Bedürfnisse des täglichen Lebens, wie sich aus der nicht abschließenden Aufzählung in seinem Abs. 1 - "insbesondere" Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, einen Teil der Haushaltsenergie sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens - ergibt. Grundlage für die Ermittlung der regelbedarfsrelevanten Anteile der einzelnen Bedarfsabteilungen und damit der Höhe des Regelbedarfs insgesamt sind die statistisch ermittelten Ausgaben und das Verbrauchsverhalten von Haushalten in unteren Einkommensgruppen auf der Datengrundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. Die typisierend anerkannten Bedarfe gelten mit den in § 20 SGB II vorgesehenen Pauschalen als befriedigt (vgl. § 3 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB II). Der notwendige Bedarf für Ernährung ist als ein Teil dieses Regelbedarfs typisierend zuerkannt worden, wobei von der Deckung der laufenden Kosten eines typischen Leistungsberechtigten im Rahmen eines soziokulturellen Existenzminimums für eine ausreichende ausgewogene Ernährung im Sinne einer ausreichenden Zufuhr von Proteinen, Fetten, Kohlehydraten, Mineralstoffen und Vitaminen ausgegangen wurde. Damit gilt im Ergebnis eine Vollkosternährung als vom Regelbedarf gedeckt, weil es sich hierbei um eine ausgewogene Ernährungsweise handelt, die auf das Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt (vgl. BSG, Urteil vom 20.02.2014 - B 14 AS 65/12 R -, SozR 4-4200 § 21 Nr. 17, Rn. 16; Saitzek in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 20 Rn. 44; jeweils m.w.N.).

Voraussetzung für die Gewährung eines Mehrbedarfs im Sinne des § 21 Abs. 5 SGB II ist, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonders kostenaufwändigen Ernährung besteht (Behrend in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 21 Rn. 56), die von einer Vollkosternährung abweicht. Ausgehend von der Konkretisierung des Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung in Relation zum Regelbedarf ist kostenaufwändig im Sinne des § 21 Abs. 5 SGB II eine Ernährung, die von dem im Regelbedarf umfassten typisierten Bedarf abweicht und von diesem nicht gedeckt ist. Da die Vollkosternährung vom Regelbedarf gedeckt ist, besteht eine kostenaufwändige Ernährung im Sinne des § 21 Abs. 5 SGB II grundsätzlich nur bei einer besonderen, von der Vollkost abweichenden Ernährungsform (BSG, Urteil vom 20.02.2014 - B 14 AS 65/12 R -, SozR 4-4200 § 21 Nr. 17, Rn. 19). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Entgegen der vom Kläger im Schreiben vom 17.10.2016 geäußerten Rechtauffassung gibt es auch keine seine Klage stützende Rechtsprechung des BSG. Soweit sich der Kläger auf das Urteil des BSG vom 27.02.2008 (- B 14/7b AS 32/06 R -, BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 6) beruft, verkennt er dessen Inhalt. In der genannten Entscheidung hat das BSG u.a. entschieden, dass soweit in den (damaligen) Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu § 21 SGB II ausgeführt werde, bei Adipositas (Fettleibigkeit) sei ein Mehrbedarf für Reduktionskost nicht zu gewähren, dem in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden könne. Vielmehr sei auch hier im Einzelfall festzustellen, ob der Fettleibigkeit Krankheitswert zukommt und diese Krankheit einer (besonders kostenaufwändigen) Diät bedarf. An letzterem fehlt es vorliegend, da die eingeholten Zeugenaussagen das Begehren des Klägers auf einen ernährungsbedingten Mehrbedarf nicht stützen.

Das SG hat unter überzeugender Würdigung der Zeugenaussagen der Dres. K. und H. zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen einer kostenaufwändigen Ernährung aus medizinischen Gründen gemäß § 21 Abs. 5 SGB II hat, da der Kläger an keiner Erkrankung leidet, die eine besonders kostenaufwändige Ernährung erfordert. Dr. K. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 16.12.2013 dargelegt, dass der Kläger eine kalorienreduzierte Nahrung aufnehmen sollte und in erster Linie eine Ernährungsumstellung erfolgen müsse. Die Notwendigkeit spezieller kostenintensiver Diätproduktprodukte wurde von Dr. K. ausdrücklich verneint. Soweit Dr. K. darauf hingewiesen hat, dass frische und gesunde Produkte kostenintensiv seien, ist dies nicht geeignet das Begehren des Klägers zu stützen. Zur Vollkost gehören entsprechend den obigen Darlegungen auch frische Produkte, so dass ein medizinisches Erfordernis einer besonders kostenaufwändigen Ernährungsform nicht besteht. Dr. K. hat vielmehr zutreffend darauf hingewiesen, dass beim Kläger eine kalorienreduzierte Ernährung (d.h. vorwiegend eine reduzierte Nahrungsaufnahme) sowie eine Ernährungsberatung im Vordergrund steht. Dies stimmt in allen wesentlichen Punkten mit der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. H. überein, der ebenfalls keine Erkrankung festgestellt hat, die einen ernährungsbedingten Mehrbedarf begründen könnte und im Übrigen bestätigt hat, dass eine fettarme Ernährung für den Kläger ausreichend ist. Weniger Nahrungsmittel zu sich zu nehmen und hierbei gesundheitsbewusste Entscheidungen zu treffen, führt nicht zur Notwendigkeit einer im Vergleich zur Vollkosternährung besonders kostenaufwändigen Ernährung. Die dem Kläger aus gesundheitliche Gründen angeratene kalorienreduzierte, lipidarme Ernährung ist daher im Rahmen einer Vollkosternährung möglich und zieht keine weiteren Kosten nach sich.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angegriffenen Gerichtsbescheid Bezug genommen, die sich der Senat nach eigener Überzeugungsbildung zu eigen macht.

Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus den im Berufungsverfahren vorgelegten weiteren Unterlagen. Es ist für den Senat nicht erkennbar, dass die vom damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers zur Begründung der Berufung vorgetragen Leiden in Form von Wassereinlagerung in den Beinen, Schlafstörungen, Depressionen, einer eingeschränkten Mobilität und Taubheit beider Hände sowie Rückenschmerzen einer besonderen Ernährungsform bedürfen. Diese Einschätzung wird offenbar auch vom Kläger geteilt, wie sich aus dessen Schreiben vom 15.01.2016 ergibt. Auch das Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg vom 23.03.2015 sowie die aktualisierte ärztliche Bescheinigung des Dr. K. liefern keine für einen Mehrbedarf sprechenden Anhaltspunkte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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