L 8 SB 4812/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 2025/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4812/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 02.09.2015 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten auch im Berufungsverfahren zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere (Erst-)Feststellung des Grades der Behinderung (GdB; 50 statt 30 seit 01.08.2011) zusteht.

Der 1970 geborene Kläger, deutscher Staatsangehöriger, ist nach Studium und Promotion im Bereich IT in der U. Klinik W. vollschichtig erwerbstätig. Bei ihm wurde 1989 eine Diabetes mellitus-Erkrankung vom Typ I festgestellt.

Am 01.08.2011 beantragte der Kläger beim Landratsamt H. (LRA) die Feststellung des GdB (zum Antrag vgl. Blatt 1/2 der Beklagtenakte). Zu seinem Antrag verwies er auf die Diabetes-Erkrankung. In einem beigefügten Schreiben vom 28.07.2011 (Blatt 4 der Beklagtenakte) machte er Angaben zu seinen Behandlungen bei Dr. W. und der D. Klinik Bad M ...

Das LRA zog den Befundschein vom Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. S. vom 22.08.2011 mit ärztlichen Unterlagen bei (zu seinen Ausführungen und Unterlagen vgl. Blatt 7/17 der Beklagtenakte) sowie den Befundschein vom 27.09.2011 vom Internisten und Gastroenterologen Dr. St. bei (dazu vgl. Blatt 21/25 der Beklagtenakte).

Mit Schreiben vom 11.11.2011 (Blatt 26 der Beklagtenakte) machte der Kläger geltend, der GdB sei seit 01.01.2005 festzustellen. Das Finanzamt habe ihm mitgeteilt, er könne auch für weiter zurückliegende Jahre steuerliche Auswirkungen geltend machen. Der Kläger legte nunmehr nach Aufforderung durch das LRA (Blatt 27 der Beklagtenakte) mit Schreiben vom 16.11.2011 (Blatt 28 der Beklagtenakte) den von Dr. St. unter dem Datum des 27.09.2011 ergänzten Befundschein (Blatt 29/30 der Beklagtenakte) vor.

Nachdem der Versorgungsarzt Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 14.11.2011 den GdB mit 30 bewertete (Blatt 32/33 der Beklagtenakte; die Bewertung im Einzelnen: Diabetes mellitus: Teil-GdB 30; Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks, operiert: Teil-GdB 10), stellte das LRA mit Bescheid vom 09.12.2011 (Blatt 34/35 der Beklagtenakte) den GdB mit 30 seit 01.01.2005 fest.

Am 03.01.2012 erhob der Kläger Widerspruch (Blatt 39 der Beklagtenakte), zu dessen Begründung (Blatt 40/42 der Beklagtenakte) er u.a. ausführte, der festgesetzte GdB widerspreche hinsichtlich des Diabetes mellitus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG). Insgesamt ergäben sich in der Regel deutlich mehr als vier Insulininjektionen pro Tag (meist fünf bis sieben). Trotz des hohen Therapieaufwandes sei der Therapieerfolg mäßig. Die Folgen reduzierten seine Lebensqualität deutlich. Im Übrigen weist der Kläger auf die Funktionsbehinderung der linken Schulter hin, die 2005 arthroskopiert wurde. Seit 2010 bestünden Funktionsbehinderungen des rechten Schultergelenks, die sich kontinuierlich bis zur Operation im Mai 2011 verschlechtert hätten. Auch habe er in den Wochen nach der Operation an einer sekundären Schultersteife gelitten. Außerdem bestehe seit mindestens Anfang 2006 ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule. Insgesamt ergebe sich ein GdB von mindestens 60 bis 70.

Das LRA holte erneut Auskünfte von Dr. S. (Blatt 48/50 der Beklagtenakte) und von Dr. St. (Blatt 45 der Beklagtenakte) ein und zog auch Berichte des U. Klinikums W. vom 17.02.2012 (Blatt 52 der Beklagtenakte) und der Orthopädischen Klinik K.-L.-H., W. , vom 18.10.2005 und 05.09.2012 (Blatt 54/56 der Beklagtenakte) bei.

In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 12.03.2012 (Blatt 58 der Beklagtenakte) verblieb Dr. L. bei seiner Einschätzung. Der Diabetes mellitus sei korrekt und ausreichend hoch eingestuft. Die linke Schulter sei mit einem GdB von 10 ausreichend gewürdigt. An der rechten Schulter seien Einschränkungen nicht nachgewiesen.

Der Beklagte wies durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2012 zurück (Blatt 60/62 der Beklagtenakte).

Der Kläger hat am 22.05.2012 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart Klage erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss 15.06.2012 (Blatt 53/54 der SG-Akte) an das SG Heilbronn verwiesen hat. Zur Begründung der Kläger hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten aber auch selbst u.a. auf die Folgen der Blutzuckerschwankungen in seinem Tagesablauf verwiesen, wodurch er wesentlich eingeschränkt sei. Der Kläger hat eine Diabetes-Dokumentation für den Zeitraum vom 02.01.2012 bis 06.05.2012 vorgelegt (Blatt 34/52 der SG-Akte).

Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 64, 65/68, 69/70, 71/86 und 87/97 der SG-Akte Bezug genommen. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. H. hat in seiner Auskunft vom 18.7.2012 u.a. ausgeführt, er stimme mit den ihm überlassenen Feststellungen des Beklagten überein. Die Behinderungen der Polyneuropathie seien nur geringfügig, sie erhöhten den Gesamt-GdB nicht. Die Augenärztin Dr. K. hat dem SG mit Schreiben vom 06.08.2012 mitgeteilt, beim Kläger bestehe eine milde nichtproliferative diabetische Retinopathie. Eine Funktionsbeeinträchtigung bestünde bisher nicht. Sowohl Sehschärfe als Gesichtsfeldfunktion seien regelgerecht. Der Internist und Gastroenterologe Dr. St. hat dem SG unter dem Datum des 08.08.2012 geschrieben, dass eine Einstufung des Diabetes per se nur sehr schwierig möglich sei. Der insgesamt recht gute und stabil um 7 Prozent gelegene HbA 1 c- Wert spiegle nur das Ergebnis, nicht den täglichen immensen Aufwand zur rein technischen Krankheitsbewältigung wider. Nach seinem Kenntnisstand werde ein Diabetes mellitus Typ 1 in der vorliegenden Form auch ohne diabetesspezifische Begleiterkrankungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit einem GdB von 50 bewertet. Der Allgemeinmediziner Dr. S. hat dem SG am 21.08.2012 geschrieben, dass die Stoffwechseleinstellung des Diabetes mellitus nicht ganz optimal sei. Dr. G. , Oberarzt der Orthopädischen Klinik K.-L.-H., W., hat in seiner Auskunft vom 01.09.2012 angegeben, dass zum Zeitpunkt der letzten ambulanten Vorstellung am 29.03.2012 beim Kläger immer noch eine Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks und eine leichte muskuläre Schwäche des Ellenbeugers bestanden habe. Das linke Schultergelenk sei beschwerdefrei gewesen. Die vorgenommene Beurteilung des Beklagten werde geteilt.

Das SG hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines internistischen Gutachtens bei Dr. Su ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 30.10.2014 (Blatt 108/138 der SG-Akte) einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus festgestellt. Dieser werde mittels mindestens viermaliger Injektionen mit kurzwirksamen Insulin (Humalog), einer Injektion eines Verzögerungsinsulins (Insulin Lantus) sowie der zusätzlichen Gabe mit Metformin behandelt. Den Messprotokollen vom 30.06.2014 bis 05.10.2014 sei zu entnehmen, dass die Blutzuckerwerte beim Kläger in recht erheblichem Maße schwankten, so dass wiederkehrend Korrekturen erforderlich seien. Es würden in regelmäßigen Abständen Blutzuckerwerte gemessen, die einem Unterzuckerzustand entsprächen, jedoch sei zu keinem Zeitpunkt ärztliche Fremdhilfe erforderlich gewesen. Somit sei grundsätzlich davon auszugehen, dass der Kläger mit mindestens vier Insulininjektionen pro Tag (Altinsulin) und einer zusätzlichen Injektion eines Verzögerungsinsulins abends durch selbstständiges Variieren der Insulindosis die Stoffwechselsituation recht gut im Griff habe. Der Kläger sei berufstätig und verrichte eine anspruchsvolle geistige Tätigkeit. Er erfülle grundsätzlich die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Einzel-GdB von 50 hinsichtlich der Anzahl der durchgeführten Blutzuckerkontrollen sowie der verabreichten Insulininjektionen. Unter Mitberücksichtigung der Rechtsprechung sei jedoch festzustellen, dass nicht nur die Verabreichung von vier Insulininjektionen pro Tag und selbständiges Anpassen der jeweiligen Insulindosis für die Feststellung eines GdB von 50 ausreiche, sondern dass es zu einer gravierenden Beeinträchtigung in der Lebensführung kommen müsse. Der Kläger übe nicht nur seinen Beruf vollschichtig und im Wesentlichen ungestört aus, er sei auch in der Lage, seiner Freizeitbeschäftigung im gewünschten Umfang Raum zu gewähren. Er habe selbst angegeben in seiner Freizeit gerne Fahrrad zu fahren und Bergwandern zu gehen. Seine Gehstrecke sei nach eigener Angabe nicht limitiert. Die Belastung auf dem Fahrradergometer bis 175 Watt entspräche 76 Prozent der altersentsprechenden durchschnittlichen Maximalleistung. Ein Einzel-GdB von 40 sei angemessen. Dies ergebe einen Gesamt-GdB von 40.

Der Kläger ist dem Ergebnis der Begutachtung mit Schreiben vom 20.02.2015 entgegengetreten (Blatt 141/146 der SG-Akte). Bei der Begutachtung seien lediglich einige körperlichen Befunde erhoben und ein kurzer Fragenkatalog mündlich abgehandelt worden. Auf die Auswirkung des Diabetes, z.B. Beispiel die Angst vor Unterzuckerungen, Beeinträchtigungen im Privat- und Berufsleben und bei der Sexualität sei überhaupt nicht eingegangen worden. Gerade weil er eine anspruchsvolle geistige Tätigkeit verrichte, sei es unabdingbar, dass er während der Arbeit hochkonzentriert und fokussiert sei. Es gebe fast täglich Phasen, in denen er infolge zu hoher Blutzuckerwerte extrem müde sei. Bei länger andauernden Terminen gelinge es ihm nur selten seinen Blutzucker angemessen zu messen, so dass er besonders häufig Unterzuckerung erleide oder müde und unkonzentriert sei. Die starken Blutzuckerschwankungen beeinträchtigten ihn in seiner Mobilität, insbesondere bei langen Autofahrten. Er verzichte auf mehrtägige Wanderungen und auch Radtouren, selbst anstrengende Halb- und Eintagestouren versuche er zu vermeiden, sofern nicht mindestens ein kundiger Begleiter mit dabei sei. Auch seine Partnerschaft sei belastet. Bei Unterzuckerung reagiere er gereizt, was häufig zu Streit und Missverständnissen führe. Es käme auch zu starken körperlichen Reaktionen wie Muskelzucken und Krämpfen sowie Weinanfallen von über 10 bis 15 Minuten. In den letzten zehn Jahren sei außerdem das Sexualleben zunehmend beeinträchtigt. Es käme immer häufiger zu Erektionsproblemen. Ein Besuch beim Urologen im Jahr 2008 habe die genaue Ursache nicht klären können. Seit 2008 nehme er deshalb regelmäßig Präparate mit den Wirkstoffen Tadalafil (Cialis) oder Sildenafil (Viagra).

Der Kläger hat mit Schreiben vom 31.03.2015 (Blatt 148 der SG-Akte) einen Antrag nach § 109 SGG gestellt, der zu hörende Arzt werde bis 15.04.2015 benannt. Mit Schreiben vom 24.04.2015 (Blatt 151 der SG-Akte) hat der Kläger mitteilen lassen, der vorgesehene Arzt sei wegen Terminauslastung mittelfristig nicht in der Lage, ein Gutachten zu erstellen, weshalb der Antrag zurückgenommen werde.

Mit Schreiben vom 06.08.2015 (Blatt 157/162 der SG-Akte) hat der Kläger u.a. darauf hingewiesen, dass er täglich Übungen zur Stärkung der Oberschenkelmuskulatur durchführen und dauerhaft Kompressionsstrümpfe zu Unterstützung des lymphatischen Systems tragen müsse. Der Kläger hat einen Arztbrief des Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie F. vom 18.05.2015 sowie einen Arztbrief der Fachärzte für Orthopädie Dres. C. und H. vom 14.07.2015 vorgelegt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 02.09.2015 (zur Niederschrift vgl. Blatt 169/171 der SG-Akte) hat der Kläger u.a. angegeben, dass er wegen Hyperglykämien nicht auf ärztliche Hilfe angewiesen gewesen sei. Zu stationären Aufenthalten wegen des Diabetes mellitus sei es bisher ebenso wenig gekommen, wie zu deswegen bedingten Arbeitsunfähigkeitszeiten.

Das SG hat mit Urteil vom 02.09.2015 den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 09.12.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 26.04.2012 verurteilt, einen GdB von 50 seit dem 01.08.2011 festzustellen. Der Einzel-GdB für den Diabetes mellitus sei mit 50 anzunehmen. Der weitere Teil-GdB von 10 für das Funktionssystem der Arme führe nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung.

Gegen das ihm am 05.11.2015 (Blatt 185a der SG-Akte) zugestellte Urteil hat der Beklagte am 19.11.2015 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt und unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 12.11.2015 u.a. ausgeführt (Blatt 7/10 der Senatsakte), die Kriterien für die Bewertung des GdB bei Diabetes mellitus mit 50 lägen beim Kläger nicht vor. Eine dem Urteil des BSG vom 25.10.2012 (Az.: 9 SB 2/12 R) vergleichbare derartige Teilhabebeeinträchtigung liege im konkreten Fall nach dem fachinternistischen Gutachten Dr. Su. vom 30.10.2014 nicht vor, weshalb auch die Voraussetzungen zur Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft nicht vorlägen. Der GdB für den Diabetes mellitus könne in Übereinstimmung mit dem Gutachter mit einem Teil-GdB von 40 und der Gesamt-GdB ab 01.01.2008 ebenfalls mit GdB 40 bewertet werden.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 02.09.2015 abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit dieses ihn zur Feststellung eines GdB von mehr als 40 verurteilt hatte, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Dr. Su. habe lediglich rein körperliche Befunde erhoben, einen kurzen Fragebogen abgehandelt und sei auf die für ihn am schwersten belastenden Umstände gar nicht eingegangen. Dass aber nun gerade diese Umstände herangezogen würden, halte er für fragwürdig. Da er eine anspruchsvolle geistige Tätigkeit verrichte (noch dazu im Krankenhaus-IT-Bereich, wo Fehler unter Umständen gravierende Auswirkungen haben könnten), sei es unabdingbar, dass er während der Arbeit hochkonzentriert und fokussiert sei. Allerdings gebe es fast täglich Phasen, in denen er in Folge zu hoher Blutzuckerwerte extrem müde sei und sich nur sehr schlecht auf die Arbeit konzentrieren könne. Ihm fielen bei der Arbeit vor dem Monitor buchstäblich die Augen zu, was ihn zum einen an der Ausführung seiner Arbeit hindere und zum anderen extrem peinlich sei. Gleichzeitig passiere es immer wieder, dass er in eine Unterzuckerung gerate und diese zu spät bemerke, d.h. erst dann, wenn er schon geistig oder motorisch stärker eingeschränkt sei (z.B. unklare Aussprache, Verwirrtheit, Zucken der Finger und Gliedmaßen usw.) und von Kollegen auf seinen Zustand hingewiesen werde. Da er häufiger länger andauernde Termine abseits des Arbeitsplatzes wahrnehmen müsse (z.B. Treffen mit externen Beratern, Schulungen vor Klinikärzten/Mitarbeitern, Referenzbesuche aus anderen Krankenhäusern des In- und Auslands), bei denen er oft stark involviert sei (z.B. als Referent längerer Vorträge), gelinge es ihm in solchen Situationen nur selten, den Blutzucker angemessen oft zu messen, so dass er gerade bei solch wichtigen Terminen (trotz Gegenmaßnahmen wie z.B. zusätzlichen Kohlenhydraten im Vorfeld) besonders häufig Unterzuckerungen erleide - oder aber der Blutzucker aufgrund zu vorsichtiger Insulingabe so stark erhöht sei, so dass er dann müde und unkonzentriert sei. Letztlich sei die "Angst" vor solchen (oder extremeren) Belastungen auch mit ausschlaggebend gewesen, nach der Promotion (im Jahr 2002/03) sich nicht im ursprünglich avisierten Berufsfeld (IT-Beratung oder Softwareentwicklung) zu bewerben, sondern (auch unter lnkaufnahme finanzieller Einbußen) ein etwas "ruhigeres" berufliches Umfeld anzusteuern, bei dem zumindest keine dauernde Reisetätigkeit vorausgesetzt werde. Auch müsse er vor jeder Autofahrt den aktuellen Blutzuckerwert bestimmen. Trotz dieser Vorsichtsmaßnahme fühle er sich allerdings bei längeren Fahrten (ab ca.1,5-2 Stunden) durch den Diabetes stark gehandicapt, so dass er versuche, diese zu vermeiden bzw. zumindest nicht ohne Beifahrer / Ersatzfahrer anzutreten. Beim Autofahren komme neben der Gefahr der Unterzuckerung (der er durch mindestens stündliches Blutzuckermessen begegne) noch das Problem der Unkonzentriertheit und Müdigkeit aufgrund eines zu hohen Blutzuckers hinzu. Da er bei hohen Blutzuckerwerten Angst habe während der Fahrt einzuschlafen, müsse er mitunter längere Zucker-Korrektur- und Schlafpausen einlegen, damit sich vor der Weiterfahrt der Blutzucker wieder normalisiere. In den letzten Jahren sei dies bei längeren Fahrten häufig nötig gewesen. Gerade bei sehr langen Fahrten führe dies aber zu großen Verzögerungen, so dass er in der Vergangenheit sogar schon Zwischenübernachtungen habe einplanen müssen, um das Fahrtziel sicher zu erreichen. Bei jeder Art von anstrengender Tätigkeit, die sich über einen längeren Zeitraum hinziehe (mehrtägige Rad- oder Wandertouren, aber selbst schon ein Ganztageseinsatz als Umzugshelfer) träten - auch bei vorausschauender Planung und vorheriger Insulindosisanpassung - nicht nur während der eigentlichen Tätigkeit Unterzuckerungen auf, sondern vor allem in den nachfolgenden Nächten. Diese nächtlichen Unterzuckerungen bekomme er selbst bei großzügiger Aufnahme zusätzlicher Kohlenhydrate nicht in den Griff. Mittlerweile verzichte er deshalb z.B. auf mehrtägige Bergwanderungen, weil ihm das zusätzliche Risiko aufgrund von Unterzuckerkomplikationen zu groß sei und er es seinen Begleitern nicht zumuten wolle, hierfür eine Mitverantwortung zu übernehmen. In den letzten Jahren habe er bei Wandertouren extrem große Probleme (starke nächtliche Unterzuckerungen mit Muskelspastiken am ganzen Körper, die die Hilfe seiner Begleiter erfordert hätten, halbseitige Lähmungserscheinungen nach nächtlichen, unentdeckten und somit unbehandelten Unterzuckerungen, die 30 bis 60 Minuten anhielten, extreme Leistungseinbrüche aufgrund einer beginnenden Ketoazidose bei sehr hohen Zuckerwerten um 300 mg/dl nach Unterzucker-Gegenregulation usw.), so dass ihm das Risiko und die "Nebenwirkungen" der nicht kontrollierbaren Unterzuckerungen einfach zu groß geworden seien. Selbst anstrengende Halb- und Eintagestouren (sowohl beim Wandern als auch beim Radfahren) versuche er zu vermeiden, sofern nicht mindestens ein kundiger Begleiter mit dabei sei. All diese Effekte schmälerten seine Freude an sportlichen Betätigungen und hinderten ihn daran, diese so praktizieren, wie er es gerne täte. Zur Vermeidung nächtlicher Unter- oder Überzuckerungen stelle er sich bei unklarer Stoffwechsellage vor dem Schlafengehen einen Wecker, um zwischen 1 und 3 Uhr den Blutzucker nochmals zu kontrollieren und ggf. Kohlenhydrate zu essen oder Insulin zu spritzen, damit der Nüchternwert am nächsten Morgen halbwegs im Normbereich liege. Meistens könne er nach dem Messen nicht sofort wieder einschlafen, sondern liege noch eine ganze Weile wach. Diese regelmäßigen Unterbrechungen des Schlafs belasteten ihn sehr. Auch passiere es häufig, dass er infolge einer Unterzuckerung gereizt werde und aggressiv reagiere, was bei der Partnerin schon häufig zu Streit und Missverständnissen geführt habe. Trotz ihres Wissens um seine Krankheit und Ihres Verständnisses für seine Situation belaste dies seine Partnerschaft. Starke Unterzuckerungen, bei denen er nicht nur die bekannten und beschriebenen körperlichen Reaktionen zeige, sondern auch emotional sehr stark reagiere, führten oft zu Schmerz und Tränen sowohl bei ihm als auch bei seiner Partnerin - auch noch lange nach Stabilisierung der Blutzuckerwerte. In den letzten zehn Jahren sei außerdem das Sexualleben zunehmend beeinträchtigt. Es sei immer häufiger zu Erektionsproblemen (mittlerweile auch dann, wenn der Zucker im Normbereich liege). Seit 2008 nehme er deshalb regelmäßig Präparate ein. Diese führten allerdings trotzdem nicht immer zum gewünschten Erfolg. Auch dies sei eine nicht unerhebliche Belastung für seine Beziehung und er sei auf das Verständnis und das Einfühlungsvermögen seiner Partnerin angewiesen.

Zuletzt hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22.04-2016 aktuelle Diabetes-Tagebücher vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.

Der Kläger war im Berufungsverfahren auch ohne Vertretung durch einen Rechtsanwalt postulationsfähig. Zwar war der Kläger im Klageverfahren und zu Beginn des Berufungsverfahrens noch durch einen solchen vertreten, doch können die Beteiligten vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht den Rechtsstreit selbst führen (§ 73 Abs. 1 SGG).

Im Berufungsverfahren ist lediglich noch streitig, ob der Kläger ab dem 01.08.2011 einen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 40 hat. Hinsichtlich der zeitlichen Beschränkung des Streitgegenstandes unter Außerachtlassung des Zeitraums vom 01.01.2005 bis zum 31.07.2011 hat der Kläger durch die Stellung seines Antrags auf Verurteilung zur Feststellung eines GdB von 50 ab 01.08.2011 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG die die Zeit davor betreffende Feststellung des LRA und des Beklagten im Bescheid vom 09.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.04.2012 bestandskräftig werden lassen. Mithin ist die Höhe des GdB von dem 01.08.2011 nicht mehr streitig, der GdB des Klägers beträgt damit in dieser Zeit 30.

Auch ist die Feststellung des GdB ab dem 01.08.2011 nur noch soweit im Streit, als der GdB 50 beträgt. Der Beklagte hat mit seiner Berufung ausdrücklich beantragt, das Urteil des SG nur insoweit abzuändern, als er verurteilt wurde, den GdB mit mehr als 40 festzustellen. Damit hat der Beklagte die Verurteilung zur Feststellung eines GdB von 40 ab 01.08.2011 akzeptiert und außer Streit gestellt.

Im Umfang dieses Streitgegenstandes ist das Urteil des SG zutreffend. Der Kläger hat Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50. Er wird durch das Urteil des SG nicht in seinen Rechten verletzt, zutreffend hat das SG den Beklagten verurteilt, den GdB des Klägers ab 01.08.2011 mit 50 festzustellen.

Das SG hat die maßgeblichen Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung zutreffend dargestellt. Der Senat nimmt hierauf Bezug und weist die Berufung aus den im Urteil des SG angeführten Gründen, auf die er Bezug nimmt, zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die Funktionsbehinderungen, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind, in ihrer Gesamtschau beim Kläger seit 01.08.2011 einen Gesamt-GdB von 50 rechtfertigen, weshalb der Kläger einen Anspruch auf Feststellung eines solchen GdB hat (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX).

Beim Kläger liegen zunächst in Folge der Diabetes mellitus Typ I-Erkrankung Funktionsbehinderungen im Funktionssystem des Stoffwechsels/innere Sekretion vor. Diese sind entsprechend den Vorgaben von B Nr. 15.1 VG zu bewerten. Danach ist der GdB mit 30 bis 40 zu bewerten, bei an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Dagegen führen die VG (a.a.O.) aus, dass die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbständig variiert werden muss, und durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sind, auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung erleiden. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulindosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen jedoch dokumentiert sein. In diesem Fall beträgt der GdB 50.

Mit der gefestigten Rechtsprechung des BSG (zuletzt vgl. BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris RdNr. 16) enthält B Nr. 15.1 VG für die hier streitige Feststellung eines GdB von (mindestens) 50 drei Beurteilungskriterien: - täglich mindestens vier Insulininjektionen, - selbständige Variierung der Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung sowie - eine gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung durch erhebliche Einschnitte. Diese Kriterien sind nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O. m.w.N.) nicht jeweils gesondert für sich genommen starr anzuwenden; vielmehr sollen sie eine sachgerechte Beurteilung des Gesamtzustands erleichtern (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris RdNr. 16 unter Hinweis auf BSG 25.10.2012 - B 9 SB 2/12 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 16 RdNr. 34).

Vorliegend konnte der Senat auf Grundlage des Gutachtens von Dr. Su. und den weiteren ärztlichen Auskünften in Verbindung mit den vom Kläger vorgelegten Diabetes-Dokumentationen aus den Jahren 2012, 2014 und 2016 feststellen, dass die ersten beiden Kriterien erfüllt sind. Dies allein reicht aber nicht aus, um den GdB mit (mindestens) 50 festzustellen (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris RdNr. 18). Vielmehr muss die behinderte Person durch die Auswirkungen des Diabetes mellitus auch insgesamt gesehen erheblich in ihrer Lebensführung beeinträchtigt sein. Das BSG hat bereits in mehreren Entscheidungen ausführlich dargelegt und begründet, dass und warum es sich hierbei trotz des insoweit missverständlichen Wortlauts des letzten Teilsatzes von B Nr. 15.1 Abs. 4 VG um eine zusätzlich zu erfüllende Anforderung handelt (zuletzt BSG 17.04.2013 - B 9 SB 3/12 R - juris RdNr. 39 ff. m.w.N.; vgl. auch BSG 25.10.2012 - B 9 SB 2/12 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 16 RdNr. 37 ff.).

Bei der Frage, ob der Kläger durch erhebliche Einschnitte gravierend in seiner Lebensführung beeinträchtigt ist, handelt es sich um eine am Einzelfall orientierte Beurteilung, die alle die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinflussenden Umstände berücksichtigt (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris 19). Bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung aller Lebensbereiche lässt sich eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung durch erhebliche Einschnitte in der Lebensführung nur unter strengen Voraussetzungen bejahen (BSG 16.12.2014– B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris RdNr. 21). Das zeigt sich schon an der Formulierung der Vorschrift, die eine für einen Normtext seltene Häufung einschränkender Merkmale enthält (erheblich, gravierend, ausgeprägt; BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris RdNr. 21). Dabei hat das BSG (16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris RdNr. 21) ausgeführt, dass sich aus dem dargestellten Zusammenspiel der drei Beurteilungskriterien von B Nr. 15.1 Abs. 4 VG ableiten lässt, dass die mit der dort vorausgesetzten Insulintherapie zwangsläufig verbundenen Einschnitte nicht geeignet sind, eine zusätzliche ("und") gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung hervorzurufen. Berücksichtigungsfähig ist daher nur ein dieses hohe Maß noch übersteigender, besonderer Therapieaufwand (BSG a.a.O.). Daneben kann ein unzureichender Therapieerfolg die Annahme einer ausgeprägten Teilhabebeeinträchtigung rechtfertigen (BSG a.a.O.). Schließlich sind auch alle anderen durch die Krankheitsfolgen herbeigeführten erheblichen Einschnitte in der Lebensführung zu beachten (BSG a.a.O.). Dabei hat es das BSG (16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris RdNr. 22) nicht beanstandet, dass in einem Fall mit bis zu sechs Insulininjektionen am Tag und dem Erfordernis, - nach entsprechender Blutzuckermessung - auch die jeweilige Dosis anzupassen, ein GdB von 50 verneint worden war, weil der dortige Kläger unbeschadet des damit verbundenen Aufwandes, nicht noch zusätzlich durch eine schlechte Einstellungsqualität in seiner Leistungsfähigkeit und damit in seiner Teilhabefähigkeit am Leben in der Gesellschaft erheblich beeinträchtigt war.

Unter Zugrundelegung dieser Bewertungsmaßstäbe hat der Senat die Feststellung treffen können, dass der Kläger einen die Grundvoraussetzung der Bewertungsstufe für einen GdB 50 deutlich übersteigenden Therapieaufwand hat, sein Blutzuckerwert im Tagesverlauf erheblichen Schwankungen unterliegt und unvorhersehbare Über- und Unterzuckerungszustände tagsüber und nachts auftreten, die mit körperlichen und emotionalen, wie auch intellektuellen Beeinträchtigungen verbunden sind und auch darüber hinaus der Lebensalltag in allen Bereichen gravierend eingeschränkt ist.

Der Senat konnte feststellen, dass der Kläger in allen Bereichen der Lebensführung, sei es im beruflichen oder privaten Bereich, in der Freizeitgestaltung und im Sexualleben, eingeschränkt ist. Zwar ist es im streitigen Zeitraum weder zu diabetesbedingten Arbeitsunfähigkeitszeiten gekommen noch waren stationäre Behandlungen erforderlich, auch waren die Folgeerkrankungen (Retinopathie und PNP) gering, doch hat der Kläger deutlich machen können, dass er – teilweise bewusst (z.B. bei Besprechungen), teilweise unbewusst (nachts) Messungen und Blutzuckereinstellungen nicht rechtzeitig vornimmt und daher regelmäßig wiederkehrend auf Hilfe Fremder zur Erkennung der Über- oder Unterzuckerungszustände angewiesen ist - dass es sich bei dem Bedarf an Fremdhilfe um eine ärztliche Fremdhilfe handeln muss, lässt sich der Rechtsprechung des BSG nicht entnehmen. Auch sind durch die dem SG, dem Gutachter und dem Senat vorgelegten Diabetes-Dokumentationen regelmäßige nächtliche Kontrollen des Blutzuckers dokumentiert.

Zwar hat Dr. St. gegenüber dem SG eine insgesamt recht gute und stabile um 7,0% gelegene HbA1c-Wert Einstellung beschreiben können und in seinem Bericht vom 27.09.2011 berichten können, dass eine erhöhte Hypoglykämie-Frequenz nicht besteht. Jedoch hat er auch berichtet, dass Unterzuckerungsepisoden erst verspätet, nachts teilweise erst durch die Lebensgefährtin wahrgenommen würden. Das belegt, dass der Kläger immer wieder auf Fremdhilfe angewiesen ist.

Aus den vorgelegten Diabetes-Dokumentationen ergibt sich auch, dass der Blutzucker des Klägers anlassunabhängig stark schwankt und eine rein routinemäßige, regelmäßige Kontrolle nicht ausreicht, was sich auch aus den glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergeben hat. So muss der Kläger über feste Zeiten hinaus den Blutzucker regelmäßig mehrfach täglich zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlicher Häufigkeit messen. Aus der beim Gutachter vorgelegten Dokumentation ergeben sich so z.B. für den 25.07.2014 acht Messungen, am 26.07.2014 waren es 13 Messungen und am 10.04.2016 acht Messungen. Diese finden regelmäßig fast an jedem Kalendertag auch in der Nacht statt, so z.B. am 25.07.2014 um 2 Uhr und um 22 Uhr, am 26.07.2014 um 22 Uhr und um 23 Uhr, am 15.04.2016 um 0 Uhr. Auch im Übrigen ergeben sich aus den Dokumentationen Messungen mehrfach wöchentlich gegen 1 Uhr bzw. 2 Uhr sowie um 22 Uhr bzw. um 23 Uhr. Trotz dieser häufigen Messungen und entsprechender nachfolgender Insulineinstellung durch Zufuhr von Broteinheiten oder Insulinspritzen verbleit der Blutzucker stark schwankend, so war z.B. am 28.08.2014 (18 Uhr) ein Blutzucker von 44 gemessen worden, zuvor um 16 Uhr war er noch bei einem Wert von 142. Am 31.08.2014 lag der Blutzucker um 18 Uhr bei 315, während er zuvor noch bei der Messung um 13 Uhr bei 147 lag. Vergleichbare Befunde ergeben sich auch aus den für das Jahr 20012 vorgelegten Dokumentationen, wobei dort der Blutzuckerwert häufig noch stärker schwankte. (vgl. z.B. 22.04.2012: 1 Uhr: 120, 9 Uhr: 111, 14 Uhr: 41, 18 Uhr 302, 22 Uhr 50, 23 Uhr: 54). Auch im Jahr 2016 war es noch immer zu stark schwankenden Blutzuckerverläufen gekommen (so z.B. am 14.04.2016, 18 Uhr: 47, während morgens um 6 Uhr ein Wert von 233 und am Folgetag um 0 Uhr ein Wert von 294 gemessen wurde). Damit ist beim Kläger sowohl die Anzahl der Messungen als auch die Insulindosierung weder im Voraus bestimmbar noch planbar. Der Alltag des Klägers wird von den Blutzuckermessungen und der jeweils folgenden Insulineinstellung sowie nicht zuletzt auch von den bei stark schwankenden Blutzuckerspiegel auftretenden körperlich - und geistigen Folgen geprägt, was einen konstanten Lebensrhythmus gravierend erschwert. Anhand des dokumentierten, sehr schwankenden Blutzuckerspiegels ist nachvollziehbar, dass der Kläger auch tagsüber am PC regelmäßig müde wird und Konzentrationsstörungen auftreten. Diese wurden vom Kläger, bis hin zu beginnenden neurologischen Ausfallerscheinungen, auch so beschrieben, was angesichts der dokumentierten Blutzuckerwerte plausibel ist. Dass es sich dabei um die mit der Erkrankung üblicherweise einhergehenden Blutzuckerschwankungen und die damit verbundenen Symptome wie Konzentrationsschwankungen, Schwindel und Müdigkeit, insbesondere bei körperlichen (wie z. B. bei Sport) und seelischen Belastungen handelt, die Teil der Erkrankung sind (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24. September 2015 – L 7 SB 15/14 –, Rn. 49, juris), steht ihrer Bewertung als gravierende Beeinträchtigung im vorliegenden Fall nicht entgegen, da sie gehäuft und unvorhersehbar auftreten. Auch konnte der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darlegen, dass er oft auch mit geringem Aufwand die Unter- bzw. Überzuckerung wieder in den Griff zu bekommen versucht. Jedoch konnte er dabei weder eine Regelmäßigkeit noch eine Verlässlichkeit der von ihm eingenommenen Traubenzucker oder Insulindosen feststellen.

So konnte der Senat feststellen, dass der Kläger über den an sich schon wegen der Unregelmäßigkeit und Unplanbarkeit einschränkenden Therapieaufwand hinaus auch noch zusätzlich durch eine schlechte Einstellbarkeit in seiner Leistungsfähigkeit und damit in seiner Teilhabefähigkeit am Leben erheblich beeinträchtigt ist. Denn trotz der Insulintherapie kommt es zu häufigeren Über- bzw. Unterzuckerungen, die beim Kläger auch mit erheblichen Einschränkungen im Lebensalltag und gravierenden funktionellen Einschränkungen verbunden sind. Denn trotz der Gabe von Traubenzucker oder Insulin kann der Blutzucker des Klägers nicht so eingestellt werden, dass lediglich geringe Schwankungen auftreten. Auch bestehen über die Therapieaufwendungen hinaus Beeinträchtigungen in allen Bereichen der Lebensführung. So ist der Kläger sowohl wegen des schwankenden Blutzuckerspiegels als auch des unterbrochenen Nachtschlafs müde und immer wieder unkonzentriert. Er kann nicht mehr alleine Freizeitsport betreiben, er benötigt einen in Diabeteserkrankungen erfahrenen Begleiter. Auch kann er nicht mehr alleine weitere Strecken mit dem Auto fahren und die Sexualität ist eingeschränkt. Vor diesem Hintergrund ist konsequent und richtig, wenn das SG die Lebensführung durch erhebliche Einschnitte als gravierend beeinträchtigt ansieht. Dem schließt sich der Senat an. Er musste der Bewertung von Dr. Su. nicht folgen, weil dieser davon ausgegangen ist, dass Einschränkungen in mindestens zwei Lebensbereichen erforderlich sein müssten, was aber der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG widerspricht. Außerdem erfassen die durch Blutzuckermessungen beeinträchtigte Tagesstruktur sowie die körperlichen und intellektuellen, emotionalen Beeinträchtigungen auch den Lebensbereich Beruf. Im Übrigen hat Dr. Su. auch zutreffend ausführen können, dass grds. die Voraussetzungen für eine Bemessung des Einzel-GdB mit 50 erfüllt sind. Der Senat ist der Überzeugung, dass insbesondere der Umstand, anstrengende Freizeitaktivitäten nicht mehr alleine durchführen zu können und immer auf eine kundige Begleitung angewiesen zu sein, zusammen mit den Erschwernissen im Beruf die Lebensführung gravierend beeinträchtigt (a.A. LSG Sachsen-Anhalt 14.10.2014 – L 7 SB 35/12 – juris RdNr. 36). So konnte der Kläger zwar angeben, dass er auch von seinem Zweitwohnsitz in der Nähe der Arbeitsstelle mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, jedoch mittlerweile auf längere Wander-/Bergtouren verzichten muss, weil sich der Blutzucker anschließend nicht mehr in überschaubarer Zeit zuverlässig einstellen lässt und die Gefahr von neurologischen Ausfallerscheinungen bei einer Über- bzw. Unterzuckerung auf einer solchen Wanderung zu groß erscheinen. Dass Freizeitaktivitäten nicht gänzlich ausgeschlossen sind (so LSG Sachsen-Anhalt 27.08.2014 – L 7 SB 23/13 – juris RdNr. 38), bedeutet bei dem an sich zum Sport durch Radfahren und Wandern neigenden Kläger nicht, dass damit keine wesentliche Einschnitte die Lebensführung gravierend beeinträchtigen würden. Denn B Nr. 15.1 Abs. 4 VG fordert gerade nicht, dass die Lebensführung in einem Bereich durch wesentliche Einschnitte völlig ausgeschlossen ist, sie muss lediglich gravierend beeinträchtigt sein. Auch kann der Senat sich nicht davon überzeugen, dass die jeweiligen Lebensbereiche in ihrem Kernbereich (so zu beruflichen Belastungen LSG Sachsen-Anhalt 23.04.2014 – L 7 SB 40/12 – juris) betroffen sein müssten, vielmehr sehen die VG (a.a.O.) lediglich vor, dass die Lebensführung durch wesentliche Einschnitte gravierend beeinträchtigt ist, was auch durch umfassende alle Lebensbereiche betreffende Einschränkungen erfüllt sein kann, wenn auch bestimmte Lebensgestaltungen nicht ganz ausgeschlossen sind.

Die Intensität der Einschnitte in die Lebensführung und damit der nachteiligen Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ist nach der Rechtsprechung des BSG u.a. davon abhängig, ob der Therapieaufwand aus medizinischen Gründen nach Ort, Zeit oder Art und Weise festgelegt ist, mit einem Vernachlässigen der Maßnahmen gravierende gesundheitliche Folgen einhergehen können oder die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft in anderen Lebensbereichen wegen des zeitlichen Umfangs der Therapie erheblich beeinträchtigt wird. Vorliegend ist aber der Therapieaufwand im Voraus nicht planbar und zu jeder Zeit und an jedem Ort erforderlich. Ein Aussetzen der Therapie führt, wie es der Kläger beschrieben hat, zu erheblichen Störungen und hat nicht lediglich geringe Auswirkungen auf den Gesundheitszustand des Klägers. Für diese Beurteilung ist nach Auffassung des Senats allein das sich aus den ärztlichen Befunden und den Blutzuckermessdokumentationen ergebende Krankheitsbild maßgebend, denn ob ärztlich behandlungsbedürftige oder behandelte Hypoglykämien - häufig - auftreten, worauf der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung abgestellt hat, hängt in starkem Maße davon ab, wie sachkundig und verantwortungsvoll der Behinderte selbst und sein - familiäres und berufliches - Umfeld auf erste Anzeichen einer sich anbahnenden Hypoglykämie reagieren, so dass eigentherapeutische Maßnahmen einen (not)ärztlichen Einsatz unnötig machen. Dass keine ärztlich behandlungsbedürftigen Hypoglykämien in der Vergangenheit aufgetreten sind, hat daher keinen zuverlässigen Aussagewert zum Ausmaß der Diabeteserkrankung. Die aus den genannten Unterlagen und dem glaubhaften Vorbringen des Klägers erkennbare, bestehende deutliche Neigung zu Hypoglykämien und unvorhersehbar stark schwankenden Blutzuckerwerten ist trotz der im Wesentlichen unverändert ordentlichen Stoffwechseleinstellung so gravierend und hat im Alltag des Klägers so deutliche Auswirkungen, dass der Senat zu der Überzeugung gelangt ist, dass vorliegend der Kläger durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt ist. Damit war der Einzel-GdB in diesem Funktionssystem mit 50 festzustellen.

Der Senat ist zusammenfassend zu der Überzeugung gelangt, dass die Einschnitte in die Lebensführung des Klägers in mehreren Lebensbereichen jeweils für sich genommen schon erheblich sind und gravierend in die Lebensführung des Klägers eingreifen. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung von neurologischen Folgen von Unterzuckerungszuständen nachts, auf der Arbeit oder nach Wanderungen berichtet, die bis zu vorübergehenden halbseitigen Lähmungen geführt hatten. Darüber hinaus ist der Senat auch zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger die Vielzahl der Beeinträchtigungen der Lebensführung, gerade unter dem Aspekt der Nichtvorhersehbarkeit, eine Vielzahl erheblicher Einschnitte in die Lebensführung bedeuten, die gerade wegen ihrer Vielzahl und der Unvorhersehbarkeit insgesamt nicht nur erheblich sondern auch gravierend sind. Dass der Kläger hinsichtlich seines Kräfte- und Ernährungszustandes (dazu vgl. z.B. B Nr. 10.3.6 VG für Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse) nicht reduziert ist, steht dieser Bewertung nicht entgegen, denn B Nr. 15.1 VG verlangt dieses gerade nicht.

Die weiteren Erkrankungen des Klägers, wie sie aus der Beklagtenakte, der SG-Akte sowie der Senatsakte ersichtlich sind, bedingen in den jeweiligen Funktionssystemen allenfalls einen Einzel-GdB von 10 für die linke Schulter. Die rechte Schulter bedingt nach Operation am 04.05.2011 i.S.v. B Nr. 18.13 VG keinen Teil-GdB von 10, denn die Schulter war weder versteift noch instabil, auch die Bewegungsausmaße (von Abduktion 160o, Flexion 160o, Innen-/Außenrotation 90o/0o/40o (vgl. Bericht Orthopädische Klinik K.-L.-H. vom 22.06.2011, Blatt 76/77 der SG-Akte) und von Abduktion 60o, Flexion 120o, Innen-/Außenrotation 80o/0o/30o (dazu vgl. Blatt 93 der SG-Akte = Bericht Orthopädische Klinik K.-L.-H. vom 26.04.2012) begründet keinen Teil-GdB von 10. Daher war im Funktionssystem der Arme zugunsten des Klägers mit dem Beklagten der Einzel-GdB mit 10 anzusetzen.

Die Wirbelsäulenbeschwerden bedingen im Funktionssystem des Rumpfes keinen Einzel-GdB von 10. Zwar ist (Blatt 52 der Beklagtenakte, Bericht Radiologie U. Klinikum W. vom 17.02.2012) ein Bandscheibenvorfall mit Sequesterausbildung L5/S1 mit relativer Spinalkanalstenose und Verdrängung der Cauda equina und begleitender Einengung des linken Foramen intervertebrale linksseitig mit Verdrängung der Nervenwurzel und Bandscheibenprotrusionen in den Segmenten L3/4 und L4/5 ohne ossäre Auffälligkeiten berichtet. Der Kläger (Blatt 33 der SG-Akte) hat angegeben, es sei seit der Diagnose 2006 zu keiner weiteren orthopädischen Behandlung gekommen, er versuche in Eigenregie durch geeignete Übungen und Rückenschulprogrammen den Lendenwirbelsäulenbereich zu kräftigen. Nachdem keiner der Ärzte Bewegungseinschränkungen oder Instabilitäten mitteilen und der Kläger lediglich Schmerzen bei vertikaler Beschleunigungen berichten konnte und Schmerzen ohne funktionelle Beeinträchtigungen keinen GdB rechtfertigen, konnte der Senat einen Einzel-GdB von 10 nicht annehmen. Der Senat sieht sich in seiner Beurteilung bestätigt durch den Bericht von Dres. Ho. und C. vom 14.07.2015 (Blatt 160 der SG-Akte), die einen Zehenspitzen-, Einbein- und Fersenstand ohne Befund mitteilten, sowie einen FBA von 5 cm, beidseits negativem Lasègue und einer lediglich endgradigen Einschränkung der Innenrotation.

Das unterschenkelbetonte Lymphödem links (dazu vgl. Bericht Dr. F. vom 18.05.2015, Blatt 158/159 der SG-Akte) mit einer milden venösen Insuffizienz mit vereinzelten Besenreiser und seitengleicher, kräftiger Durchblutung und ohne neurologisches Defizit, bedingt ebenfalls keinen Einzel-GdB von 10. Zwar hatte Dr. F. eine manuelle Lymphdrainage und das Tragen von Kompressionsstrümpfen verordnet, doch ist das Lymphödem ohne wesentliche Funktionsbehinderung geblieben.

Eine sensomotorische Polyneuropathie (PNP), wie sie Dr. H. (Blatt 64 der SG-Akte) gegenüber dem SG beschrieben hat, ist wohl Folge der Diabetes-Erkrankung. Sie ist jedoch ohne erhebliche Auswirkungen geblieben. So hat Dr. H. die Behinderungen als nur geringfügig beschrieben, die den Gesamt-GdB nicht erhöhten. Nachdem auch von den anderen Ärzten keine spürbaren Auswirkungen der PNP berichtet werden konnten, konnte der Senat nach B Nr. 3.11 VG einen Einzel-GdB in diesem Funktionssystem nicht annehmen. Auch soweit in diesem Funktionssystem ("Gehirn einschließlich der Psyche") psychische Erkrankungen zu berücksichtigen waren, ergibt sich kein Einzel-GdB. Denn die vom Kläger beschriebenen psychischen Beschwerden sind Folge der Diabetes-Erkrankung und dort mitberücksichtigt.

Die diabetesbedingte nichtproliferative Retinopathie hat bisher zu funktionellen Beeinträchtigungen nicht geführt (vgl. Auskunft von Dr. K. gegenüber dem SG, Blatt 65 der SG-Akte). Da kein funktionelles Defizit besteht war ein Einzel-GdB im Funktionssystem der Augen nicht festzustellen. Im Übrigen wurde die Diabetes-Folge bereits bei der Bewertung des Diabetes berücksichtigt.

Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen, nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und dem Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris).

Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 50 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Stoffwechsels/innere Sekretion und - allenfalls 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems des Rumpfes, wobei sich Einzel-GdB-Werte von 10 regemäßig nicht erhöhend auswirken. Nachdem beim Kläger vorliegend lediglich ein zu berücksichtigender Einzel-GdB von 50 anzusetzen war und auch kein Fall vorliegt, in dem ein Einzel-GdB von 10 ausnahmsweise zu berücksichtigen wäre, konnte der Senat einen Gesamt-GdB i.S.d. § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX i.H.v. 50 feststellen. Diese Bewertung musste der Senat für den aktuellen Zustand der Funktionsbehinderungen treffen, er besteht aber seit 01.08.2011 durchgehend. Damit war die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Der Senat hat die Rechtsprechung des BSG angewandt und im vorliegenden Einzelfall die Einschnitte in die Lebensführung als erheblich und als gravierend in der Lebensführung beeinträchtigend bewertet. Damit weicht der Senat nicht von einer Rechtsprechung des BSG ab und kann eine grundsätzliche Bedeutung seiner GdB-Bewertung im vorliegenden Einzelfall nicht erkennen
Rechtskraft
Aus
Saved