Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 22 R 451/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2067/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger durch einen handschriftlichen Vermerk auf dem Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit selbstständig tätiger Handwerker vom 27. Juli 1998 die Zulassung für die Entrichtung freiwilliger Beiträge beantragt bzw. die Bereitschaft hierzu erklärt hat und ob er berechtigt ist, freiwillige Beiträge ab dem Jahr 1998 zu entrichten.
Der im Jahr 1951 geborene Kläger ist seit dem 29. April 1998 in die Handwerksrolle eingetragen. Auf seinen Antrag vom 31. Juli 1998 wurde er ab 29. April 1998 als selbstständiger Handwerker von der Versicherungspflicht befreit (Bescheid vom 25. August 1998).
Am 16. Oktober 2012 beantragte der Kläger (vertreten durch seinen jetzigen Bevollmächtigten) "die Gewährung einer Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres in allen denkbaren Varianten sowie die Rente wegen voller Erwerbsminderung". Hierbei legte er den Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit selbstständig tätiger Handwerker vom 27. Juli 1998 vor. In diesem habe er angegeben, einen Mindestbeitrag zahlen zu wollen. Es sei aber überhaupt nichts passiert, was eine "jüngst vorgenommene Überprüfung seiner Rentenauskunft" ergeben habe. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 20. Februar 2013 ab. Der Kläger erfülle die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht, auch seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine vorgezogene Altersrente nicht erfüllt. Die deswegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Gerichtsbescheid vom 10. März 2014, S 13 R 4094/13); die hiergegen eingelegte Berufung nahm der Kläger wieder zurück (L 13 R 1455/14).
Am 11. April 2013 erhob der Kläger wiederum unter Vorlage des oben genannten Fragebogens beim SG Klage (S 13 R 1656/13) und begehrte die Verurteilung der Beklagten, die Beklagte zu verurteilen, über seinen Antrag vom 27. Juli 1998 auf freiwillige Beitragszahlung zu entscheiden, hilfsweise freiwillige Mindestbeiträge für den Zeitraum vom 2. Mai 1998 bis zur Erfüllung der Wartezeit von 35 Versicherungsjahren (420 Kalendermonate) anzunehmen und in das Konto einzustellen. Mit Gerichtsbescheid vom 10. März 2014 wies das SG die Klage ab. Die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage lägen nicht vor, der Kläger habe auch im Rahmen des vorgelegten Fragebogens keinen Antrag auf freiwillige Versicherung gestellt. Der Kläger habe auch kein Recht zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge. Den Antrag auf Gewährung einer Rente habe der Kläger am 16. Oktober 2012 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Frist nach § 197 Abs. 2 SGB VI für eine freiwillige Beitragszahlung verstrichen gewesen. Auch könne der Kläger nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als dass die Voraussetzungen für die Entrichtung freiwilliger Beiträge erfüllt seien. Eine entsprechende Pflichtverletzung der Beklagten sei nicht erkennbar. Allein aus der Angabe im Fragebogen, dass nur der Mindestbeitrag gezahlt bzw. abgebucht werden soll, sei keine Pflicht zur Beratung über die Entrichtung freiwilliger Beiträge abzuleiten. Im Übrigen habe der Kläger selbst es versäumt, die Beklagte auf die fehlende Abbuchung der freiwilligen Beiträge bzw. die fehlende Berücksichtigung im Versicherungskonto aufmerksam zu machen. In dem anschließenden Berufungsverfahren vor dem erkennenden Senat (L 13 R 1456/14) schlossen die Beteiligten zur Beendigung des Rechtsstreits einen Vergleich dahingehend, dass sich die Beklagte verpflichtete, einen Bescheid darüber zu erlassen, ob es sich bei der handschriftlichen Erklärung des Klägers unter Ziffer 4 im Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit selbstständig tätiger Handwerker vom 27. Juli 1998 um einen Antrag auf Zahlung freiwilliger Beiträge handele und gegebenenfalls, ob diese zugelassen werde.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 2014 stellte die Beklagte in Ausführung des Vergleichs fest, dass es sich bei dem handschriftlichen Vermerk auf dem im Klageverfahren vorgelegten "Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit selbstständig tätiger Handwerker" nicht um eine Bereiterklärung zur Entrichtung freiwilliger Beiträge handle. Nach § 197 Abs. 2 SGB VI seien freiwillige Beiträge wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden. Eines Antrags und Zulassungsbescheids bedürfe es hierfür nicht. Eine rechtzeitige Bereiterklärung zur Zahlung freiwilliger Beiträge sei nicht gegeben. Der vorgelegte Fragebogen enthalte keine eindeutige Bereiterklärung zur Entrichtung freiwilliger Beiträge. Der Kläger sei auch nicht ohne eigenes Verschulden daran gehindert gewesen die Beitragszahlung rechtzeitig vorzunehmen. Dieser habe es im gesamten Zeitraum von 1998-2012 versäumt auf die fehlende Abbuchung der freiwilligen Beiträge hinzuweisen. Spätestens aus dem Bescheid vom 5. Juli 2001 nach § 149 SGB VI hätte der Versicherte erkennen können, dass nach Mai 1998 keine Versicherungszeiten zurückgelegt waren. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei bereits nicht feststellbar, ob das vom Kläger vorgelegte Exemplar des Fragebogens so tatsächlich bei der Beklagten eingegangen sei. Im Übrigen handle es sich bei der handschriftlichen Angabe auf dem Formular nicht um einen klaren und unmissverständlichen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht. Der Kläger habe lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er entweder keine oder nur Mindestbeiträge zur Handwerkerpflichtversicherung entrichten möchte. Eine ausreichende Grundlage zur Einziehung von freiwilligen Beiträgen sei darin nicht zu sehen. Es bestehe auch keine Grundlage einer nachträglichen Zulassung der versäumten Beitragsentrichtung gemäß § 197 Abs. 3 SGB VI. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger schuldlos im Sinne dieser Vorschrift gewesen sei. Dieser hätte mittels einfachster Überlegungen zu dem Schluss kommen können, dass noch keine schriftliche Nachricht über den Einzug freiwilliger Beiträge ergangen sei. Dass er gleichwohl keine entsprechende Nachfrage bei der Beklagten getätigt habe, spreche dafür, dass tatsächlich zunächst kein Interesse an einer freiwilligen Beitragsentrichtung bestanden habe. Im Übrigen sei aus dem Versicherungsverlauf vom 11. Dezember 2000, dem Feststellungsbescheid vom 5. Juli 2001, der Rentenauskunft vom 24. Juni 2005 sowie dem Versicherungsverlauf vom 16. Juli 2007 klar ersichtlich gewesen, dass eine entsprechende Beitragsentrichtung nicht erfolgt sei.
Deswegen hat der Kläger erneut Klage beim SG erhoben. Zur Begründung hat er unter anderem vorgetragen, die Beklagte habe über den Antrag auf Entrichtung freiwilliger Beiträge aus dem Jahr 1998 bislang nicht entschieden. Dies sei ein Verschulden der Beklagten. Im Übrigen könne von einem Verschulden seinerseits, die Beiträge nicht gezahlt zu haben, keine Rede sein. Den Rentenversicherungsträger treffe nämlich die Überwachungspflicht, ob dem Wunsche des entsprechenden Versicherten Genüge getan worden sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 5. Mai 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Hierbei hat es im Wesentlichen auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, selbst wenn man davon ausginge, dass es sich in dem handschriftlichen Vermerk auf dem Fragebogen um einen Antrag auf Entrichtung freiwilliger Beiträge gehandelt habe, sei vorliegend nicht nachgewiesen, dass das Formular in der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Form so beim Beklagten eingegangen sei. Der Kläger trage, trotz der Vernichtung der Akten durch die Beklagte hierfür die objektive Beweislast. Im Übrigen komme es darauf nicht an, weil in der handschriftlichen Angabe schon gar kein entsprechender Antrag zu sehen sei.
Gegen den am 11. Mai 2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 13. Mai 2015 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er teilweise sinngemäß vor, die Beklagte habe lediglich eine Entscheidung im Hinblick auf § 197 SGB VI getroffen. Die Beklagte habe eigentlich auch mit dem Bescheid vom 6. Oktober 2014 jetzt keine Entscheidung über den 1998 gestellten Antrag getroffen. Im Übrigen seien die Voraussetzungen einer Nachentrichtung der freiwilligen Beiträge erfüllt, weil ihm kein Verschulden für die nicht Entrichtung vorzuwerfen sei.
Der Kläger beantragt,
1. den Gerichtsbescheid vom 5. Mai 2015 aufzuheben,
2. den Bescheid vom 6. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2015 aufzuheben, hilfsweise eine freiwillige Beitragsentrichtung ab dem Jahr 1998 zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Sie habe auch im Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2015 darüber entschieden, dass der im Jahr 2013 vorgelegte Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht aus dem Jahr 1998 nicht als wirksamer Antrag auf Entrichtung freiwilliger Beiträge zu werten sei und dass keine nachträgliche Entrichtung von freiwilligen Beiträgen für die Zeit ab Juni 1998 zugelassen werden könne. Insoweit könne nicht unterstellt werden, dass hier lediglich die Voraussetzungen des § 197 SGB VI überprüft worden seien. Ob das vorgelegte Formular in dieser Form im Jahr 1998 eingereicht wurde, sei weiterhin nicht feststellbar.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten den Akten des SG zu dem Verfahren S 13 R 1656/13, sowie auf die Akten des Senats L 13 R 1455/14 und L 13 R 1456/14 sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch weder bezüglich des Hauptantrags noch bezüglich des Hilfsantrags begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid vom 6. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2015 zutreffend festgestellt, dass es sich bei der handschriftlichen Erklärung des Klägers im Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit selbstständig tätiger Handwerker vom 27. Juli 1998 nicht um eine Bereiterklärung zur Entrichtung freiwilliger Beiträge handelt. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Klägers ergibt sich ferner, dass die Beklagte deshalb die Nachentrichtung der freiwilligen Beiträge abgelehnt hat. Dies ergibt sich eindeutig aus den Ausführungen im Bescheid vom 6. Oktober 2014 als auch nochmals aus dem Widerspruchsbescheid. Hier wurde seitens der Beklagten ausgeführt und begründet, dass die Zulassung freiwilliger Beiträge abgelehnt werde.
Der handschriftliche Vermerk auf dem genannten Formular vom 27. Juli 1998 stellt keine Bereitschaft für die Zahlung bzw. Antrag auf Zulassung freiwilliger Beiträge dar. Der unter Ziff. 4 des Fragebogens enthaltene handschriftliche Vermerk "nur Mindestbeitrag soll bezahlt werden (125,80 EUR)" betrifft nicht die Frage nach Entrichtung freiwilliger Beiträge, sondern wie die Beklagte bereits im Widerspruchsbescheid ausgeführt hat, die Entrichtung von Pflichtbeiträgen. Dies ergibt sich daraus, dass vor dem handschriftlichen Vermerk vorgedruckt folgender Text enthalten ist: "Die Pflichtbeiträge sollen in folgender Höhe gezahlt werden ...". Nachdem der Kläger nach Abgabe dieser Erklärung 14 Jahre lang keine Anstrengungen unternommen hat, nach der Berechtigung zur freiwilligen Beitragszahlung bei der Beklagten nachzufragen, ist daraus zu folgern, dass der Kläger diese Erklärung auch selbst nicht als Antrag bzw. Bereiterklärung für freiwillige Beiträge gesehen hat. Der Einwand, dies nicht bemerkt zu haben, ist nicht glaubhaft.
Die Beklagte hat damit zu Recht auch die Zulassung freiwilliger Beiträge ab dem Jahr 1998 abgelehnt. Nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB VI können sich Personen, die nicht versicherungspflichtig sind, für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Freiwillige Beiträge können nach § 197 Abs. 2 SGB VI wirksam bis zum 31. März des Jahres entrichtet werden, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen. Die Frist wird nach § 198 SGB VI durch ein Beitragsverfahren oder ein Verfahren über einen Rentenanspruch unterbrochen. Der Kläger hat am 16. Oktober 2012 Rentenantrag gestellt. Die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI für die Jahre 1998-2011 ist somit bereits verstrichen gewesen. Es sind auch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger ohne Verschulden daran gehindert gewesen wäre, freiwillige Beiträge zu entrichten, so dass auch die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des §§ 197 Abs. 3 SGB VI nicht gegeben sind. Trotz der vom Bevollmächtigten vorgetragenen "diverser Schriftwechsel" zwischen der Beklagten und dem Kläger (z. B. Versicherungsverlauf vom 11. Dezember 2000, Rentenauskunft vom 24. Juni 2005, Versicherungsverlauf vom 16. Juli 2007) hat der Kläger nicht auf die Entrichtung freiwilliger Beiträge hingewiesen, sofern dies überhaupt beabsichtigt gewesen sein sollte (siehe oben).
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des den Gerichten danach eingeräumten Ermessens sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Sach- und Rechtslage bzw. der Ausgang des Verfahrens (s. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 Rdnr. 12 ff.). Hiernach war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 Rdnr. 8; ausführlich erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger durch einen handschriftlichen Vermerk auf dem Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit selbstständig tätiger Handwerker vom 27. Juli 1998 die Zulassung für die Entrichtung freiwilliger Beiträge beantragt bzw. die Bereitschaft hierzu erklärt hat und ob er berechtigt ist, freiwillige Beiträge ab dem Jahr 1998 zu entrichten.
Der im Jahr 1951 geborene Kläger ist seit dem 29. April 1998 in die Handwerksrolle eingetragen. Auf seinen Antrag vom 31. Juli 1998 wurde er ab 29. April 1998 als selbstständiger Handwerker von der Versicherungspflicht befreit (Bescheid vom 25. August 1998).
Am 16. Oktober 2012 beantragte der Kläger (vertreten durch seinen jetzigen Bevollmächtigten) "die Gewährung einer Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres in allen denkbaren Varianten sowie die Rente wegen voller Erwerbsminderung". Hierbei legte er den Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit selbstständig tätiger Handwerker vom 27. Juli 1998 vor. In diesem habe er angegeben, einen Mindestbeitrag zahlen zu wollen. Es sei aber überhaupt nichts passiert, was eine "jüngst vorgenommene Überprüfung seiner Rentenauskunft" ergeben habe. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 20. Februar 2013 ab. Der Kläger erfülle die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht, auch seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine vorgezogene Altersrente nicht erfüllt. Die deswegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Gerichtsbescheid vom 10. März 2014, S 13 R 4094/13); die hiergegen eingelegte Berufung nahm der Kläger wieder zurück (L 13 R 1455/14).
Am 11. April 2013 erhob der Kläger wiederum unter Vorlage des oben genannten Fragebogens beim SG Klage (S 13 R 1656/13) und begehrte die Verurteilung der Beklagten, die Beklagte zu verurteilen, über seinen Antrag vom 27. Juli 1998 auf freiwillige Beitragszahlung zu entscheiden, hilfsweise freiwillige Mindestbeiträge für den Zeitraum vom 2. Mai 1998 bis zur Erfüllung der Wartezeit von 35 Versicherungsjahren (420 Kalendermonate) anzunehmen und in das Konto einzustellen. Mit Gerichtsbescheid vom 10. März 2014 wies das SG die Klage ab. Die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage lägen nicht vor, der Kläger habe auch im Rahmen des vorgelegten Fragebogens keinen Antrag auf freiwillige Versicherung gestellt. Der Kläger habe auch kein Recht zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge. Den Antrag auf Gewährung einer Rente habe der Kläger am 16. Oktober 2012 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Frist nach § 197 Abs. 2 SGB VI für eine freiwillige Beitragszahlung verstrichen gewesen. Auch könne der Kläger nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als dass die Voraussetzungen für die Entrichtung freiwilliger Beiträge erfüllt seien. Eine entsprechende Pflichtverletzung der Beklagten sei nicht erkennbar. Allein aus der Angabe im Fragebogen, dass nur der Mindestbeitrag gezahlt bzw. abgebucht werden soll, sei keine Pflicht zur Beratung über die Entrichtung freiwilliger Beiträge abzuleiten. Im Übrigen habe der Kläger selbst es versäumt, die Beklagte auf die fehlende Abbuchung der freiwilligen Beiträge bzw. die fehlende Berücksichtigung im Versicherungskonto aufmerksam zu machen. In dem anschließenden Berufungsverfahren vor dem erkennenden Senat (L 13 R 1456/14) schlossen die Beteiligten zur Beendigung des Rechtsstreits einen Vergleich dahingehend, dass sich die Beklagte verpflichtete, einen Bescheid darüber zu erlassen, ob es sich bei der handschriftlichen Erklärung des Klägers unter Ziffer 4 im Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit selbstständig tätiger Handwerker vom 27. Juli 1998 um einen Antrag auf Zahlung freiwilliger Beiträge handele und gegebenenfalls, ob diese zugelassen werde.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 2014 stellte die Beklagte in Ausführung des Vergleichs fest, dass es sich bei dem handschriftlichen Vermerk auf dem im Klageverfahren vorgelegten "Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit selbstständig tätiger Handwerker" nicht um eine Bereiterklärung zur Entrichtung freiwilliger Beiträge handle. Nach § 197 Abs. 2 SGB VI seien freiwillige Beiträge wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden. Eines Antrags und Zulassungsbescheids bedürfe es hierfür nicht. Eine rechtzeitige Bereiterklärung zur Zahlung freiwilliger Beiträge sei nicht gegeben. Der vorgelegte Fragebogen enthalte keine eindeutige Bereiterklärung zur Entrichtung freiwilliger Beiträge. Der Kläger sei auch nicht ohne eigenes Verschulden daran gehindert gewesen die Beitragszahlung rechtzeitig vorzunehmen. Dieser habe es im gesamten Zeitraum von 1998-2012 versäumt auf die fehlende Abbuchung der freiwilligen Beiträge hinzuweisen. Spätestens aus dem Bescheid vom 5. Juli 2001 nach § 149 SGB VI hätte der Versicherte erkennen können, dass nach Mai 1998 keine Versicherungszeiten zurückgelegt waren. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei bereits nicht feststellbar, ob das vom Kläger vorgelegte Exemplar des Fragebogens so tatsächlich bei der Beklagten eingegangen sei. Im Übrigen handle es sich bei der handschriftlichen Angabe auf dem Formular nicht um einen klaren und unmissverständlichen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht. Der Kläger habe lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er entweder keine oder nur Mindestbeiträge zur Handwerkerpflichtversicherung entrichten möchte. Eine ausreichende Grundlage zur Einziehung von freiwilligen Beiträgen sei darin nicht zu sehen. Es bestehe auch keine Grundlage einer nachträglichen Zulassung der versäumten Beitragsentrichtung gemäß § 197 Abs. 3 SGB VI. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger schuldlos im Sinne dieser Vorschrift gewesen sei. Dieser hätte mittels einfachster Überlegungen zu dem Schluss kommen können, dass noch keine schriftliche Nachricht über den Einzug freiwilliger Beiträge ergangen sei. Dass er gleichwohl keine entsprechende Nachfrage bei der Beklagten getätigt habe, spreche dafür, dass tatsächlich zunächst kein Interesse an einer freiwilligen Beitragsentrichtung bestanden habe. Im Übrigen sei aus dem Versicherungsverlauf vom 11. Dezember 2000, dem Feststellungsbescheid vom 5. Juli 2001, der Rentenauskunft vom 24. Juni 2005 sowie dem Versicherungsverlauf vom 16. Juli 2007 klar ersichtlich gewesen, dass eine entsprechende Beitragsentrichtung nicht erfolgt sei.
Deswegen hat der Kläger erneut Klage beim SG erhoben. Zur Begründung hat er unter anderem vorgetragen, die Beklagte habe über den Antrag auf Entrichtung freiwilliger Beiträge aus dem Jahr 1998 bislang nicht entschieden. Dies sei ein Verschulden der Beklagten. Im Übrigen könne von einem Verschulden seinerseits, die Beiträge nicht gezahlt zu haben, keine Rede sein. Den Rentenversicherungsträger treffe nämlich die Überwachungspflicht, ob dem Wunsche des entsprechenden Versicherten Genüge getan worden sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 5. Mai 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Hierbei hat es im Wesentlichen auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, selbst wenn man davon ausginge, dass es sich in dem handschriftlichen Vermerk auf dem Fragebogen um einen Antrag auf Entrichtung freiwilliger Beiträge gehandelt habe, sei vorliegend nicht nachgewiesen, dass das Formular in der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Form so beim Beklagten eingegangen sei. Der Kläger trage, trotz der Vernichtung der Akten durch die Beklagte hierfür die objektive Beweislast. Im Übrigen komme es darauf nicht an, weil in der handschriftlichen Angabe schon gar kein entsprechender Antrag zu sehen sei.
Gegen den am 11. Mai 2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 13. Mai 2015 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er teilweise sinngemäß vor, die Beklagte habe lediglich eine Entscheidung im Hinblick auf § 197 SGB VI getroffen. Die Beklagte habe eigentlich auch mit dem Bescheid vom 6. Oktober 2014 jetzt keine Entscheidung über den 1998 gestellten Antrag getroffen. Im Übrigen seien die Voraussetzungen einer Nachentrichtung der freiwilligen Beiträge erfüllt, weil ihm kein Verschulden für die nicht Entrichtung vorzuwerfen sei.
Der Kläger beantragt,
1. den Gerichtsbescheid vom 5. Mai 2015 aufzuheben,
2. den Bescheid vom 6. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2015 aufzuheben, hilfsweise eine freiwillige Beitragsentrichtung ab dem Jahr 1998 zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Sie habe auch im Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2015 darüber entschieden, dass der im Jahr 2013 vorgelegte Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht aus dem Jahr 1998 nicht als wirksamer Antrag auf Entrichtung freiwilliger Beiträge zu werten sei und dass keine nachträgliche Entrichtung von freiwilligen Beiträgen für die Zeit ab Juni 1998 zugelassen werden könne. Insoweit könne nicht unterstellt werden, dass hier lediglich die Voraussetzungen des § 197 SGB VI überprüft worden seien. Ob das vorgelegte Formular in dieser Form im Jahr 1998 eingereicht wurde, sei weiterhin nicht feststellbar.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten den Akten des SG zu dem Verfahren S 13 R 1656/13, sowie auf die Akten des Senats L 13 R 1455/14 und L 13 R 1456/14 sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch weder bezüglich des Hauptantrags noch bezüglich des Hilfsantrags begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid vom 6. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2015 zutreffend festgestellt, dass es sich bei der handschriftlichen Erklärung des Klägers im Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit selbstständig tätiger Handwerker vom 27. Juli 1998 nicht um eine Bereiterklärung zur Entrichtung freiwilliger Beiträge handelt. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Klägers ergibt sich ferner, dass die Beklagte deshalb die Nachentrichtung der freiwilligen Beiträge abgelehnt hat. Dies ergibt sich eindeutig aus den Ausführungen im Bescheid vom 6. Oktober 2014 als auch nochmals aus dem Widerspruchsbescheid. Hier wurde seitens der Beklagten ausgeführt und begründet, dass die Zulassung freiwilliger Beiträge abgelehnt werde.
Der handschriftliche Vermerk auf dem genannten Formular vom 27. Juli 1998 stellt keine Bereitschaft für die Zahlung bzw. Antrag auf Zulassung freiwilliger Beiträge dar. Der unter Ziff. 4 des Fragebogens enthaltene handschriftliche Vermerk "nur Mindestbeitrag soll bezahlt werden (125,80 EUR)" betrifft nicht die Frage nach Entrichtung freiwilliger Beiträge, sondern wie die Beklagte bereits im Widerspruchsbescheid ausgeführt hat, die Entrichtung von Pflichtbeiträgen. Dies ergibt sich daraus, dass vor dem handschriftlichen Vermerk vorgedruckt folgender Text enthalten ist: "Die Pflichtbeiträge sollen in folgender Höhe gezahlt werden ...". Nachdem der Kläger nach Abgabe dieser Erklärung 14 Jahre lang keine Anstrengungen unternommen hat, nach der Berechtigung zur freiwilligen Beitragszahlung bei der Beklagten nachzufragen, ist daraus zu folgern, dass der Kläger diese Erklärung auch selbst nicht als Antrag bzw. Bereiterklärung für freiwillige Beiträge gesehen hat. Der Einwand, dies nicht bemerkt zu haben, ist nicht glaubhaft.
Die Beklagte hat damit zu Recht auch die Zulassung freiwilliger Beiträge ab dem Jahr 1998 abgelehnt. Nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB VI können sich Personen, die nicht versicherungspflichtig sind, für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Freiwillige Beiträge können nach § 197 Abs. 2 SGB VI wirksam bis zum 31. März des Jahres entrichtet werden, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen. Die Frist wird nach § 198 SGB VI durch ein Beitragsverfahren oder ein Verfahren über einen Rentenanspruch unterbrochen. Der Kläger hat am 16. Oktober 2012 Rentenantrag gestellt. Die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI für die Jahre 1998-2011 ist somit bereits verstrichen gewesen. Es sind auch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger ohne Verschulden daran gehindert gewesen wäre, freiwillige Beiträge zu entrichten, so dass auch die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des §§ 197 Abs. 3 SGB VI nicht gegeben sind. Trotz der vom Bevollmächtigten vorgetragenen "diverser Schriftwechsel" zwischen der Beklagten und dem Kläger (z. B. Versicherungsverlauf vom 11. Dezember 2000, Rentenauskunft vom 24. Juni 2005, Versicherungsverlauf vom 16. Juli 2007) hat der Kläger nicht auf die Entrichtung freiwilliger Beiträge hingewiesen, sofern dies überhaupt beabsichtigt gewesen sein sollte (siehe oben).
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des den Gerichten danach eingeräumten Ermessens sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Sach- und Rechtslage bzw. der Ausgang des Verfahrens (s. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 Rdnr. 12 ff.). Hiernach war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 Rdnr. 8; ausführlich erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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