Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 768/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3710/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. August 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1954 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war seit ihrem Zuzug nach Deutschland im September 1973 als Fabrik- und Aushilfsarbeiterin sowie zuletzt bis 31. Dezember 2009 als Wäschereihelferin versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem bezog sie Arbeitslosen- und Krankengeld. Ein Grad der Behinderung von 50 ist anerkannt. Seit 1. September 2015 erhält die Klägerin von der Beklagten eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Am 8. Juni 2010 beantragte die Klägerin erstmals die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Auf Veranlassung der Beklagten erstattete der Orthopäde Dr. Sp.-F. das Gutachten vom 22. Oktober 2010. Als Diagnosen nannte er ein chronisches Cervicalsyndrom bei Z.n. Nukleotomie C 5/6 mit PEEK-Cage-Implantation am 17. Februar 2010 mit postoperativem Einsinken des PEEK-Cages in die Grundplatte C 5 mit kyphotischer Fehlhaltung mit erheblichen funktionellen Einschränkungen; eine rechtsbetonte Lumboischialgie bei geringgradiger Lumbalskoliose mit geringgradigen degenerativen Aufbraucherscheinungen mit geringen funktionellen Auswirkungen, ein Impingementsyndrom beider Schultergelenke, rechts ausgeprägter als links mit deutlicher Supraspinatussehnendegeneration rechts mit insgesamt mäßiggradigen funktionellen Einschränkungen beider Schultergelenke, rechts mehr als links, beginnende mediale und retropatellare Gonarthrose bds. ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen, Fibromyalgie und Z.n. Carpaltunneloperation rechts. Der Klägerin könnten keine schweren und mittelschweren Tätigkeiten mehr abverlangt werden. Für den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in allen Körperhaltungen, idealerweise in bedarfsgerechtem Wechsel in allen Schichtformen. Mit Bescheid vom 9. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2011 lehnte die Beklagte den Rentenantrag vor. Im anschließenden Klageverfahren (S 1 R 980/11) holte das Sozialgericht Mannheim (SG) sachverständige Zeugenauskünfte des Nervenarztes Dr. St., des Orthopäden Dr. Sch. und der Rheumatologin Dr. Sch.-K. ein. Dr. St. berichtete, aufgrund ständiger Schmerzen im Schulter-Nacken-Bereich bei Z.n. Bandscheibenoperation C5/6, fortlaufend bestehender Kopfschmerzen sowie einer depressiven Verstimmung sei die Klägerin daran gehindert, eine berufliche Tätigkeit mindestens sechsstündig auszuführen. Die agitierte Depression bestehe seit 2003, in den Jahren 2009 und 2010 sei es jeweils zu einer deutlichen Zunahme der depressiven Symptomatik gekommen. Dies bedinge Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit, der Auffassungsgabe und der zwischenmenschlichen Kontaktfähigkeit. Dr. Sch. nannte als Diagnosen einen cervicalen Bandscheibenvorfall (operativ versorgt), eine Großzehengrundgelenksarthrose und rezidivierende Lumbalgien und gab an, er stimme den Bewertungen des Dr. Sp.-F. vollumfänglich zu. Dr. Sch.-K. teilte mit, eine entzündlich-rheumatische Systemerkrankung habe ausgeschlossen werden können. Die Klägerin leide an einer Fibromyalgie. Aus rheumatologischer Sicht sei ihr eine sechsstündige berufliche Tätigkeit zumutbar. Das SG bestellte ferner den Nervenarzt Dr. Sch. zum gerichtlichen Sachverständigen. In seinem Gutachten vom 16. November 2011 nannte Dr. Sch. als Diagnosen eine leichtgradige depressive Störung sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Die Gesundheitsstörungen führten zu einer Minderung der Stressbelastbarkeit. Nicht mehr verlangt werden könnten Tätigkeiten mit erhöhtem Zeitdruck (z.B. Akkordarbeiten) sowie unphysiologische psychovegetative Belastungen (z.B. Nachtarbeiten). Gleiches gelte für andauernde hohe nervliche Anspannungen, erhöhte Verantwortung für Personen und Sachwerte sowie anhaltend mittelschwere Tätigkeiten. Ansonsten sei mangels Einschränkung der Ausdauerleistungsfähigkeit nicht erkennbar, warum die Klägerin nicht sechs Stunden und mehr arbeiten könne, zumal sie in der Lage sei, sich auf die Anforderungen einzustellen, die mit der Aufnahme einer neuen Tätigkeit verbunden wären. Mit Urteil vom 22. März 2012 wies das SG die Klage – im Wesentlichen gestützt auf die Feststellungen im Gutachten des Dr. Sch. - ab. Das anschließende Berufungsverfahren (L 11 R 1910/12) wurde durch einen Vergleich beendet, in dem sich die Beklagte verpflichtete, der Klägerin eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme auf neurologisch-psychiatrischem bzw. psychosomatischem Fachgebiet zu gewähren und die Klägerin die Berufung zurücknahm. Für den Fall, dass die Rehabilitationsmaßnahme nicht von Erfolg sein werde, stellte die Klägerin bereits in der mündlichen Verhandlung am 19. Oktober 2012 einen neuen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab Beendigung der Rehabilitationsmaßnahme. Vom 26. März 2013 bis 30. April 2013 nahm die Klägerin an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der Rehaklinik G. teil. Im Entlassungsbericht vom 10. Mai 2013 werden folgende Diagnosen genannt: chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, mittelgradige depressive Episode, Fibromyalgiesyndrom, chronisches Cervicalsyndrom im Z.n. Nukleotomie C5/6 nach Prolaps und PEEK-Cage sowie rechtsbetonte Lumboischialgie, Tinnitus, Adipositas, Lactose- und Fructoseunverträglichkeit. Die Klägerin wurde als arbeitsfähig für maximal vier Stunden leichter Tätigkeit mit bestimmten Einschränkungen entlassen. Am 12. August 2013 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 11. September 2013 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil die Klägerin die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfülle und bezog sich auf die im o.g. Reha-Entlassungsbericht angegebenen Diagnosen. In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch brachte die Klägerin vor, die Beklagte liste in ihrem Bescheid vom 11. September 2013 eine Fülle schwerer, überwiegend chronischer Erkrankungen auf, die eine regelmäßige berufliche Tätigkeit - gleich welcher Art - ausschlössen. Die Beklagte holte den Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. St. vom 14. Oktober 2013 ein und veranlasste eine sozialmedizinische Untersuchung durch den Neurologen und Psychiater Dr. B ... Dieser nannte in seinem Gutachten vom 19. November 2013 folgende Diagnosen: Schmerzen allseits im Bereich des gesamten Bewegungsapparates a) ohne objektivierbaren neurologischen Ausfälle und b) somatoforme Schmerzstörung (mit konversionsneurotischer Färbung), Z.n. Carpaltunnelsyndrom-OP rechts ca. 2001, klinisch jetzt ohne objektivierbare überdauernde Ausfälle, neurographisch sicheres, jedoch nur ganz geringgradiges Carpaltunnelsyndrom sowie Z.n. Diskektomie C5/6, jetzt kein Anhalt für überdauernde radikuläre Symptomatik. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht könne die Klägerin körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten, nur zu ebener Erde, nicht an unmittelbar gefährdenden Maschinen, ohne Schichtarbeit und ohne regelmäßige Zwangshaltungen. Funktionsstörungen, die eine quantitative Leistungseinschränkung begründeten, seien in der Zusammenschau nicht festzumachen. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und den sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten seien keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen der Klägerin für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich einschränkten. Ihr seien daher noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne längere Wirbelsäulen-Zwangshaltungen, ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten (ohne mechanische Hilfsmittel 12 kg zumutbar) und ohne häufige Überkopfarbeiten sechs Stunden und mehr täglich zumutbar. Dagegen hat die Klägerin am 13. März 2014 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zur Begründung vorgebracht, sie sei - auch aufgrund der Vielzahl der bestehenden Erkrankungen - unter Wettbewerbsbedingungen nicht mehr in der Lage, irgendeiner beruflichen Tätigkeit in regelmäßiger Form nachzugehen. Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Orthopäden Dr. Sch., den Neurologen und Psychiater Dr. St., die Rheumatologin Dr. Sch.-K., die Allgemeinärztin Dr. S. und den Orthopäden Dr. Graf von Strachwitz schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. Sch. hat mitgeteilt, es bestünden glaubhafte, wiederkehrende Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule mit gelegentlichen Ausstrahlungen in den rechten Arm. Dies dürfte zu Einschränkungen bei der Durchführung mittelschwerer und schwerer körperlicher Tätigkeiten führen. Die eher seltener geklagten lumbalen Schmerzen hätten nur zu einer kurzfristigen Beeinträchtigung geführt. Es sei zu vertreten, dass die Klägerin leichte körperliche Arbeit im zeitlichen Umfang von 4-6 Stunden täglich ausübe, im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen. Dr. St. hat angegeben, die Klägerin sei ihm seit 1994 bekannt und damals seien schon rezidivierende depressive Episoden bekannt gewesen. Ebenfalls bekannt sei ein Carpaltunnel-Syndrom bzw. ein cervikaler Kopfschmerz. Als Diagnosen nannte er eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine mittelgradige depressive Episode, ein Fibromyalgie-Syndrom, ein chronisches Cervicalsyndrom im Z.n. Nukleotomie C5/6 rechts sowie eine Lumboischialgie rechts und Tinnitus. Wegen der chronischen Schmerzen und der depressiven Verstimmung könne die Klägerin einer leichten Arbeit im zeitlichen Umfang von täglich sechs Stunden nicht nachgehen. Wegen der Schmerzsymptomatik und der Probleme im Konzentrations- und Auffassungsvermögen sowie der Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich, dem Kopfschmerz und dem Schmerz im Bereich des rechten Beines und beider Hände seien nur leichte körperliche Tätigkeiten vornehmlich im Sitzen drei Stunden pro Tag möglich. Schichtakkord sei nicht möglich, desweiteren auch keine körperliche Belastung. Es sollte sich um eine sitzende Tätigkeit mit wenig zwischenmenschlichem Kontakt handeln. Dr. Sch.-K. hat mitgeteilt, als Diagnosen lägen undifferenzierte Polyarthralgien ohne sichere entzündliche Genese, Fibromyalgie, ein chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom und Z.n. NPP-Operation der Halswirbelsäule (2010) sowie eine Depression vor. Die Klägerin könne unter Berücksichtigung der erwähnten Befunde leichte Arbeiten im zeitlichen Umfang von täglich sechs Stunden ausführen. Es solle jedoch besonderes Augenmerk auf die Notwendigkeit zusätzlicher, nicht betriebsüblicher Pausen, gelegt werden. Es müsse ebenfalls mit häufigen Krankschreibungen und Arbeitsunterbrechungen gerechnet werden. Arbeiten am Fließband und Schichtarbeiten könnten nicht durchgeführt werden, vermieden werden sollten auf Grund der lang andauernden chronischen Schmerzen der Hals- und Lendenwirbelsäule Belastungen in diesem Bereich und Überkopf-Arbeiten. Zumutbar seien nur leichte körperliche Arbeiten, nicht in Zwangshaltung, ohne längeres Gehen, Stehen und Sitzen, ohne häufiges Bücken, Heben und Tragen von Lasten, möglichst ohne Einwirkung von Nässe, Kälte und Zugluft. Das depressive Syndrom wirke sich ungünstig auf das Beschwerdebild der Klägerin aus. Dr. S. hat als Diagnosen ein Fibromyalgie-Syndrom (2003), ein chronisches HWS-Syndrom, ein myofasciales Schmerzsyndrom (2011), eine Cervico-Brachialgie (2009), ein Carpaltunnelsyndrom bds. (2009) und einen NPP cervical rechts plus OP (2010) angegeben. Das Leistungsvermögen sei erheblich eingeschränkt. Statische Arbeiten, Überkopfarbeiten, schweres Heben und Tragen und viel Stehen sei nicht möglich bzw. führe zu einer Verschlechterung der bestehenden Situation und Schmerzverstärkung. Leichte Arbeiten mit wechselnden Positionen von drei Stunden täglich erschienen jedoch möglich. Dr. v. Strachwitz hat eine ACG Arthrose bds., ein chronisches HWS-Syndrom, eine Enthesiopathie der Schulterregion rechts mit Abriss der Supraspinatussehne, eine Omarthrose rechts, eine Bandscheibendegeneration mit Radikulopathie, ein Carpaltunnelsyndrom bds., ein Zustand nach Bandscheiben OP C5/6, eine Spiralkanalstenose C6/C7 und ein Sulcus-ulnais Syndrom rechts als Diagnose genannt. Es bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden täglich für leichte Arbeiten. Das SG hat ferner den Facharzt für Orthopädie Dr. R. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat in seinem fachorthopädischen Gutachten vom 2. Dezember 2014 folgende Diagnosen angegeben: degenerative Verschleißveränderungen der Halswirbelsäule mit Versteifung des Segments C5/6 bei vorbeschriebener Fehlhaltung aufgrund postoperativem Einsinken des PEEK-Cages in die Grundplatte C 5 mit lokalen muskulär statischen Schmerz- und Reizzuständen sowie degenerative Bandscheibenveränderungen der Etage C6/7 und C 3/4 mit wiederkehrendem Cervicobrachialgie-Syndrom, muskulär statisches BWS-Syndrom bei sehr diskreten nicht vorauseilenden Abnutzungserscheinungen, sehr diskretes degeneratives Lumbalsyndrom mit muskulär statisch beklagten Schmerzen, ohne Nervenwurzelreizerscheinungen, initialer nicht vorauseilender Verschleiß beider Hüftgelenke, ohne funktionelle Einschränkung der Beweglichkeit, beginnender Kniegelenksverschleiß ohne objektivierbare höhergradige funktionelle Einschränkung der Beweglichkeit und Belastbarkeit, Rotatorenmanschetten-Reizsyndrom des linken Schultergelenks ohne vorauseilende Abnutzungserscheinungen beider Schultergelenke, Karpaltunnelsyndrom bds., neurologisch beschrieben, nach stattgehabter Operation rechts und somatoforme Schmerzstörung, DD Fibromyalgie, sofern orthopädischerseits beurteilbar mit erheblicher Einwirkung auf die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Die Klägerin sei unter Beachtung der genannten Einschränkungen für das orthopädische Fachgebiet in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig tätig zu sein. Das SG hat außerdem den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem fachpsychiatrisch-sozialmedizinischen Gutachten vom 11. Mai 2015 hat Dr. M. angegeben, führend sei bei der Klägerin eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, einhergehend mit einer leichtgradigen chronisch-depressiven Verstimmtheit im Sinne einer Dysthmia mit Phasen der Symptomarmut bzw. Symptomfreiheit der depressiven Störung. Bei beiden Leiden handele es sich um leichtgradige psychogene (neurotische) Störungen, die in der Regel nicht zu einer quantitativen Leistungseinschränkung führten. Zusammenfassend sei die Klägerin in der Lage, durch zumutbare Willensanspannung ihre psychogenen Hemmungen im Rahmen der Schmerzstörung zu überwinden, um einer regelmäßigen vollschichtigen Tätigkeit unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nachzugehen. Es zeigten sich hierbei nachvollziehbare qualitative Leistungseinschränkungen, die vom orthopädischen Vorgutachter Dr. R. im November 2014 konsistent zu den Vorbefunden und Vorgutachten beschrieben worden seien. Mit Urteil vom 27. August 2015 hat das SG die Klage abgewiesen und sich dabei im Wesentlichen auf die Gutachten des Dr. R., des Dr. M. und des Dr. B. gestützt, die allesamt zu dem Ergebnis gelangt seien, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen noch in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein. Gegen das ihr am 2. September 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 3. September 2015 Berufung eingelegt und vorgebracht, die Ermittlungen des SG hätten bestätigt, dass sie selbst leichteste körperliche Arbeiten im Umfang von arbeitstäglich sechs Stunden nicht mehr regelmäßig verrichten könne.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. August 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 11. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. März 2014 eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, ab dem 1. August 2013 zu gewähren.
Die Beklagte legt ihre Verwaltungsakte vor und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG hat der Senat den Neurologen und Psychiater Dr. G. als gerichtlichen Sachverständigen mit der Erstattung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens vom 2. März 2016 beauftragt. Dr. G. hat als Diagnosen eine somatoforme Schmerzstörung, eine leichtgradige Dysthmie, ein Carpaltunnelsyndrom mit OP rechts 2001, ein Ulnaris-Rinnen-Syndrom bds., ein Postnukleotomiesyndrom der HWS nach NPP-OP 2010, Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule ohne radikuläre Ausfallssymptomatik und Schmerzen in den Hüft- und Kniegelenken bei degenerativen Veränderungen genannt. Leichte körperliche Arbeiten, überwiegend im Sitzen, teilweise im Stehen oder Gehen, in Tagesschicht, aber auch in Früh- und Spätschicht (nicht in Nachtschicht) könnten bewältigt werden. Die geistig-psychische Belastbarkeit sei auf einfachem Niveau gegeben, entsprechend Ausbildung, Qulifikation und Alter. Tätigkeiten, die besondere psychische Belastbarkeit erforderten, mit Anforderungen an Flexibilität, Umstellungsfähigkeit, Wendigkeit, mit Verantwortung, Publikumsverkehr und komplexen Abläufen könnten nicht bewältigt werden. Von Seiten der Wirbelsäule bestünden Funktionsstörungen mit verminderter Belastbarkeit, insbesondere der Cervical-Segmente. Somit seien Tätigkeiten mit Überkopfarbeiten, Armvorhaltearbeiten, Zwangshaltungen, Bücken, Strecken oder Rumpfbeugen nicht möglich. Tätigkeiten unter Nässe, Hitze, Kälte oder Gefahrenmomenten könnten nicht bewältigt werden. Nach der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung und Berücksichtigung des aktuellen und des Längsschnittverlaufs könne die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter leidensgerechten Arbeitsbedingungen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche arbeiten.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG im schriftlichen Verfahren entscheidet, ist nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und - gestützt auf die ausführlichen und schlüssigen Gutachten des Sachverständigen Dr. R. und des Sachverständigen Dr. M. - zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil sie in der Lage ist, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sich auch aus dem Vorbringen der Klägerin im Rahmen der Berufung nichts anderes ergibt. Denn die Feststellungen der Sachverständigen Dr. R. und Dr. M., dass lediglich qualitative, aber keine quantitativen Leistungseinschränkungen vorliegen, wurden durch das auf Antrag der Klägerin im Berufungsverfahren erstellte Gutachten des Dr. G. ausdrücklich bestätigt, weshalb in vollem Umfang auf die Feststellungen dieses Gutachtens verwiesen werden kann.
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des den Gerichten danach eingeräumten Ermessens sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Sach- und Rechtslage bzw. der Ausgang des Verfahrens (s. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 Rdnr. 12 ff.). Hiernach war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 Rdnr. 8; ausführlich erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1954 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war seit ihrem Zuzug nach Deutschland im September 1973 als Fabrik- und Aushilfsarbeiterin sowie zuletzt bis 31. Dezember 2009 als Wäschereihelferin versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem bezog sie Arbeitslosen- und Krankengeld. Ein Grad der Behinderung von 50 ist anerkannt. Seit 1. September 2015 erhält die Klägerin von der Beklagten eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Am 8. Juni 2010 beantragte die Klägerin erstmals die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Auf Veranlassung der Beklagten erstattete der Orthopäde Dr. Sp.-F. das Gutachten vom 22. Oktober 2010. Als Diagnosen nannte er ein chronisches Cervicalsyndrom bei Z.n. Nukleotomie C 5/6 mit PEEK-Cage-Implantation am 17. Februar 2010 mit postoperativem Einsinken des PEEK-Cages in die Grundplatte C 5 mit kyphotischer Fehlhaltung mit erheblichen funktionellen Einschränkungen; eine rechtsbetonte Lumboischialgie bei geringgradiger Lumbalskoliose mit geringgradigen degenerativen Aufbraucherscheinungen mit geringen funktionellen Auswirkungen, ein Impingementsyndrom beider Schultergelenke, rechts ausgeprägter als links mit deutlicher Supraspinatussehnendegeneration rechts mit insgesamt mäßiggradigen funktionellen Einschränkungen beider Schultergelenke, rechts mehr als links, beginnende mediale und retropatellare Gonarthrose bds. ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen, Fibromyalgie und Z.n. Carpaltunneloperation rechts. Der Klägerin könnten keine schweren und mittelschweren Tätigkeiten mehr abverlangt werden. Für den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in allen Körperhaltungen, idealerweise in bedarfsgerechtem Wechsel in allen Schichtformen. Mit Bescheid vom 9. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2011 lehnte die Beklagte den Rentenantrag vor. Im anschließenden Klageverfahren (S 1 R 980/11) holte das Sozialgericht Mannheim (SG) sachverständige Zeugenauskünfte des Nervenarztes Dr. St., des Orthopäden Dr. Sch. und der Rheumatologin Dr. Sch.-K. ein. Dr. St. berichtete, aufgrund ständiger Schmerzen im Schulter-Nacken-Bereich bei Z.n. Bandscheibenoperation C5/6, fortlaufend bestehender Kopfschmerzen sowie einer depressiven Verstimmung sei die Klägerin daran gehindert, eine berufliche Tätigkeit mindestens sechsstündig auszuführen. Die agitierte Depression bestehe seit 2003, in den Jahren 2009 und 2010 sei es jeweils zu einer deutlichen Zunahme der depressiven Symptomatik gekommen. Dies bedinge Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit, der Auffassungsgabe und der zwischenmenschlichen Kontaktfähigkeit. Dr. Sch. nannte als Diagnosen einen cervicalen Bandscheibenvorfall (operativ versorgt), eine Großzehengrundgelenksarthrose und rezidivierende Lumbalgien und gab an, er stimme den Bewertungen des Dr. Sp.-F. vollumfänglich zu. Dr. Sch.-K. teilte mit, eine entzündlich-rheumatische Systemerkrankung habe ausgeschlossen werden können. Die Klägerin leide an einer Fibromyalgie. Aus rheumatologischer Sicht sei ihr eine sechsstündige berufliche Tätigkeit zumutbar. Das SG bestellte ferner den Nervenarzt Dr. Sch. zum gerichtlichen Sachverständigen. In seinem Gutachten vom 16. November 2011 nannte Dr. Sch. als Diagnosen eine leichtgradige depressive Störung sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Die Gesundheitsstörungen führten zu einer Minderung der Stressbelastbarkeit. Nicht mehr verlangt werden könnten Tätigkeiten mit erhöhtem Zeitdruck (z.B. Akkordarbeiten) sowie unphysiologische psychovegetative Belastungen (z.B. Nachtarbeiten). Gleiches gelte für andauernde hohe nervliche Anspannungen, erhöhte Verantwortung für Personen und Sachwerte sowie anhaltend mittelschwere Tätigkeiten. Ansonsten sei mangels Einschränkung der Ausdauerleistungsfähigkeit nicht erkennbar, warum die Klägerin nicht sechs Stunden und mehr arbeiten könne, zumal sie in der Lage sei, sich auf die Anforderungen einzustellen, die mit der Aufnahme einer neuen Tätigkeit verbunden wären. Mit Urteil vom 22. März 2012 wies das SG die Klage – im Wesentlichen gestützt auf die Feststellungen im Gutachten des Dr. Sch. - ab. Das anschließende Berufungsverfahren (L 11 R 1910/12) wurde durch einen Vergleich beendet, in dem sich die Beklagte verpflichtete, der Klägerin eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme auf neurologisch-psychiatrischem bzw. psychosomatischem Fachgebiet zu gewähren und die Klägerin die Berufung zurücknahm. Für den Fall, dass die Rehabilitationsmaßnahme nicht von Erfolg sein werde, stellte die Klägerin bereits in der mündlichen Verhandlung am 19. Oktober 2012 einen neuen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab Beendigung der Rehabilitationsmaßnahme. Vom 26. März 2013 bis 30. April 2013 nahm die Klägerin an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der Rehaklinik G. teil. Im Entlassungsbericht vom 10. Mai 2013 werden folgende Diagnosen genannt: chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, mittelgradige depressive Episode, Fibromyalgiesyndrom, chronisches Cervicalsyndrom im Z.n. Nukleotomie C5/6 nach Prolaps und PEEK-Cage sowie rechtsbetonte Lumboischialgie, Tinnitus, Adipositas, Lactose- und Fructoseunverträglichkeit. Die Klägerin wurde als arbeitsfähig für maximal vier Stunden leichter Tätigkeit mit bestimmten Einschränkungen entlassen. Am 12. August 2013 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 11. September 2013 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil die Klägerin die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfülle und bezog sich auf die im o.g. Reha-Entlassungsbericht angegebenen Diagnosen. In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch brachte die Klägerin vor, die Beklagte liste in ihrem Bescheid vom 11. September 2013 eine Fülle schwerer, überwiegend chronischer Erkrankungen auf, die eine regelmäßige berufliche Tätigkeit - gleich welcher Art - ausschlössen. Die Beklagte holte den Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. St. vom 14. Oktober 2013 ein und veranlasste eine sozialmedizinische Untersuchung durch den Neurologen und Psychiater Dr. B ... Dieser nannte in seinem Gutachten vom 19. November 2013 folgende Diagnosen: Schmerzen allseits im Bereich des gesamten Bewegungsapparates a) ohne objektivierbaren neurologischen Ausfälle und b) somatoforme Schmerzstörung (mit konversionsneurotischer Färbung), Z.n. Carpaltunnelsyndrom-OP rechts ca. 2001, klinisch jetzt ohne objektivierbare überdauernde Ausfälle, neurographisch sicheres, jedoch nur ganz geringgradiges Carpaltunnelsyndrom sowie Z.n. Diskektomie C5/6, jetzt kein Anhalt für überdauernde radikuläre Symptomatik. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht könne die Klägerin körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten, nur zu ebener Erde, nicht an unmittelbar gefährdenden Maschinen, ohne Schichtarbeit und ohne regelmäßige Zwangshaltungen. Funktionsstörungen, die eine quantitative Leistungseinschränkung begründeten, seien in der Zusammenschau nicht festzumachen. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und den sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten seien keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen der Klägerin für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich einschränkten. Ihr seien daher noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne längere Wirbelsäulen-Zwangshaltungen, ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten (ohne mechanische Hilfsmittel 12 kg zumutbar) und ohne häufige Überkopfarbeiten sechs Stunden und mehr täglich zumutbar. Dagegen hat die Klägerin am 13. März 2014 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zur Begründung vorgebracht, sie sei - auch aufgrund der Vielzahl der bestehenden Erkrankungen - unter Wettbewerbsbedingungen nicht mehr in der Lage, irgendeiner beruflichen Tätigkeit in regelmäßiger Form nachzugehen. Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Orthopäden Dr. Sch., den Neurologen und Psychiater Dr. St., die Rheumatologin Dr. Sch.-K., die Allgemeinärztin Dr. S. und den Orthopäden Dr. Graf von Strachwitz schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. Sch. hat mitgeteilt, es bestünden glaubhafte, wiederkehrende Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule mit gelegentlichen Ausstrahlungen in den rechten Arm. Dies dürfte zu Einschränkungen bei der Durchführung mittelschwerer und schwerer körperlicher Tätigkeiten führen. Die eher seltener geklagten lumbalen Schmerzen hätten nur zu einer kurzfristigen Beeinträchtigung geführt. Es sei zu vertreten, dass die Klägerin leichte körperliche Arbeit im zeitlichen Umfang von 4-6 Stunden täglich ausübe, im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen. Dr. St. hat angegeben, die Klägerin sei ihm seit 1994 bekannt und damals seien schon rezidivierende depressive Episoden bekannt gewesen. Ebenfalls bekannt sei ein Carpaltunnel-Syndrom bzw. ein cervikaler Kopfschmerz. Als Diagnosen nannte er eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine mittelgradige depressive Episode, ein Fibromyalgie-Syndrom, ein chronisches Cervicalsyndrom im Z.n. Nukleotomie C5/6 rechts sowie eine Lumboischialgie rechts und Tinnitus. Wegen der chronischen Schmerzen und der depressiven Verstimmung könne die Klägerin einer leichten Arbeit im zeitlichen Umfang von täglich sechs Stunden nicht nachgehen. Wegen der Schmerzsymptomatik und der Probleme im Konzentrations- und Auffassungsvermögen sowie der Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich, dem Kopfschmerz und dem Schmerz im Bereich des rechten Beines und beider Hände seien nur leichte körperliche Tätigkeiten vornehmlich im Sitzen drei Stunden pro Tag möglich. Schichtakkord sei nicht möglich, desweiteren auch keine körperliche Belastung. Es sollte sich um eine sitzende Tätigkeit mit wenig zwischenmenschlichem Kontakt handeln. Dr. Sch.-K. hat mitgeteilt, als Diagnosen lägen undifferenzierte Polyarthralgien ohne sichere entzündliche Genese, Fibromyalgie, ein chronisches degeneratives Wirbelsäulensyndrom und Z.n. NPP-Operation der Halswirbelsäule (2010) sowie eine Depression vor. Die Klägerin könne unter Berücksichtigung der erwähnten Befunde leichte Arbeiten im zeitlichen Umfang von täglich sechs Stunden ausführen. Es solle jedoch besonderes Augenmerk auf die Notwendigkeit zusätzlicher, nicht betriebsüblicher Pausen, gelegt werden. Es müsse ebenfalls mit häufigen Krankschreibungen und Arbeitsunterbrechungen gerechnet werden. Arbeiten am Fließband und Schichtarbeiten könnten nicht durchgeführt werden, vermieden werden sollten auf Grund der lang andauernden chronischen Schmerzen der Hals- und Lendenwirbelsäule Belastungen in diesem Bereich und Überkopf-Arbeiten. Zumutbar seien nur leichte körperliche Arbeiten, nicht in Zwangshaltung, ohne längeres Gehen, Stehen und Sitzen, ohne häufiges Bücken, Heben und Tragen von Lasten, möglichst ohne Einwirkung von Nässe, Kälte und Zugluft. Das depressive Syndrom wirke sich ungünstig auf das Beschwerdebild der Klägerin aus. Dr. S. hat als Diagnosen ein Fibromyalgie-Syndrom (2003), ein chronisches HWS-Syndrom, ein myofasciales Schmerzsyndrom (2011), eine Cervico-Brachialgie (2009), ein Carpaltunnelsyndrom bds. (2009) und einen NPP cervical rechts plus OP (2010) angegeben. Das Leistungsvermögen sei erheblich eingeschränkt. Statische Arbeiten, Überkopfarbeiten, schweres Heben und Tragen und viel Stehen sei nicht möglich bzw. führe zu einer Verschlechterung der bestehenden Situation und Schmerzverstärkung. Leichte Arbeiten mit wechselnden Positionen von drei Stunden täglich erschienen jedoch möglich. Dr. v. Strachwitz hat eine ACG Arthrose bds., ein chronisches HWS-Syndrom, eine Enthesiopathie der Schulterregion rechts mit Abriss der Supraspinatussehne, eine Omarthrose rechts, eine Bandscheibendegeneration mit Radikulopathie, ein Carpaltunnelsyndrom bds., ein Zustand nach Bandscheiben OP C5/6, eine Spiralkanalstenose C6/C7 und ein Sulcus-ulnais Syndrom rechts als Diagnose genannt. Es bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden täglich für leichte Arbeiten. Das SG hat ferner den Facharzt für Orthopädie Dr. R. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Dieser hat in seinem fachorthopädischen Gutachten vom 2. Dezember 2014 folgende Diagnosen angegeben: degenerative Verschleißveränderungen der Halswirbelsäule mit Versteifung des Segments C5/6 bei vorbeschriebener Fehlhaltung aufgrund postoperativem Einsinken des PEEK-Cages in die Grundplatte C 5 mit lokalen muskulär statischen Schmerz- und Reizzuständen sowie degenerative Bandscheibenveränderungen der Etage C6/7 und C 3/4 mit wiederkehrendem Cervicobrachialgie-Syndrom, muskulär statisches BWS-Syndrom bei sehr diskreten nicht vorauseilenden Abnutzungserscheinungen, sehr diskretes degeneratives Lumbalsyndrom mit muskulär statisch beklagten Schmerzen, ohne Nervenwurzelreizerscheinungen, initialer nicht vorauseilender Verschleiß beider Hüftgelenke, ohne funktionelle Einschränkung der Beweglichkeit, beginnender Kniegelenksverschleiß ohne objektivierbare höhergradige funktionelle Einschränkung der Beweglichkeit und Belastbarkeit, Rotatorenmanschetten-Reizsyndrom des linken Schultergelenks ohne vorauseilende Abnutzungserscheinungen beider Schultergelenke, Karpaltunnelsyndrom bds., neurologisch beschrieben, nach stattgehabter Operation rechts und somatoforme Schmerzstörung, DD Fibromyalgie, sofern orthopädischerseits beurteilbar mit erheblicher Einwirkung auf die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Die Klägerin sei unter Beachtung der genannten Einschränkungen für das orthopädische Fachgebiet in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig tätig zu sein. Das SG hat außerdem den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem fachpsychiatrisch-sozialmedizinischen Gutachten vom 11. Mai 2015 hat Dr. M. angegeben, führend sei bei der Klägerin eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, einhergehend mit einer leichtgradigen chronisch-depressiven Verstimmtheit im Sinne einer Dysthmia mit Phasen der Symptomarmut bzw. Symptomfreiheit der depressiven Störung. Bei beiden Leiden handele es sich um leichtgradige psychogene (neurotische) Störungen, die in der Regel nicht zu einer quantitativen Leistungseinschränkung führten. Zusammenfassend sei die Klägerin in der Lage, durch zumutbare Willensanspannung ihre psychogenen Hemmungen im Rahmen der Schmerzstörung zu überwinden, um einer regelmäßigen vollschichtigen Tätigkeit unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nachzugehen. Es zeigten sich hierbei nachvollziehbare qualitative Leistungseinschränkungen, die vom orthopädischen Vorgutachter Dr. R. im November 2014 konsistent zu den Vorbefunden und Vorgutachten beschrieben worden seien. Mit Urteil vom 27. August 2015 hat das SG die Klage abgewiesen und sich dabei im Wesentlichen auf die Gutachten des Dr. R., des Dr. M. und des Dr. B. gestützt, die allesamt zu dem Ergebnis gelangt seien, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen noch in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein. Gegen das ihr am 2. September 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 3. September 2015 Berufung eingelegt und vorgebracht, die Ermittlungen des SG hätten bestätigt, dass sie selbst leichteste körperliche Arbeiten im Umfang von arbeitstäglich sechs Stunden nicht mehr regelmäßig verrichten könne.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. August 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 11. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. März 2014 eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, ab dem 1. August 2013 zu gewähren.
Die Beklagte legt ihre Verwaltungsakte vor und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG hat der Senat den Neurologen und Psychiater Dr. G. als gerichtlichen Sachverständigen mit der Erstattung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens vom 2. März 2016 beauftragt. Dr. G. hat als Diagnosen eine somatoforme Schmerzstörung, eine leichtgradige Dysthmie, ein Carpaltunnelsyndrom mit OP rechts 2001, ein Ulnaris-Rinnen-Syndrom bds., ein Postnukleotomiesyndrom der HWS nach NPP-OP 2010, Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule ohne radikuläre Ausfallssymptomatik und Schmerzen in den Hüft- und Kniegelenken bei degenerativen Veränderungen genannt. Leichte körperliche Arbeiten, überwiegend im Sitzen, teilweise im Stehen oder Gehen, in Tagesschicht, aber auch in Früh- und Spätschicht (nicht in Nachtschicht) könnten bewältigt werden. Die geistig-psychische Belastbarkeit sei auf einfachem Niveau gegeben, entsprechend Ausbildung, Qulifikation und Alter. Tätigkeiten, die besondere psychische Belastbarkeit erforderten, mit Anforderungen an Flexibilität, Umstellungsfähigkeit, Wendigkeit, mit Verantwortung, Publikumsverkehr und komplexen Abläufen könnten nicht bewältigt werden. Von Seiten der Wirbelsäule bestünden Funktionsstörungen mit verminderter Belastbarkeit, insbesondere der Cervical-Segmente. Somit seien Tätigkeiten mit Überkopfarbeiten, Armvorhaltearbeiten, Zwangshaltungen, Bücken, Strecken oder Rumpfbeugen nicht möglich. Tätigkeiten unter Nässe, Hitze, Kälte oder Gefahrenmomenten könnten nicht bewältigt werden. Nach der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung und Berücksichtigung des aktuellen und des Längsschnittverlaufs könne die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter leidensgerechten Arbeitsbedingungen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche arbeiten.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG im schriftlichen Verfahren entscheidet, ist nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und - gestützt auf die ausführlichen und schlüssigen Gutachten des Sachverständigen Dr. R. und des Sachverständigen Dr. M. - zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil sie in der Lage ist, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sich auch aus dem Vorbringen der Klägerin im Rahmen der Berufung nichts anderes ergibt. Denn die Feststellungen der Sachverständigen Dr. R. und Dr. M., dass lediglich qualitative, aber keine quantitativen Leistungseinschränkungen vorliegen, wurden durch das auf Antrag der Klägerin im Berufungsverfahren erstellte Gutachten des Dr. G. ausdrücklich bestätigt, weshalb in vollem Umfang auf die Feststellungen dieses Gutachtens verwiesen werden kann.
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des den Gerichten danach eingeräumten Ermessens sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Sach- und Rechtslage bzw. der Ausgang des Verfahrens (s. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 Rdnr. 12 ff.). Hiernach war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 Rdnr. 8; ausführlich erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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