L 7 AS 2549/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 4262/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 2549/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Mai 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) an die Klägerin in der Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 31. Oktober 2012 sowie vom 2. Januar 2013 bis zum 10. März 2013.

Die 1986 in K. geborene, alleinstehende und ledige Klägerin ist f. Staatsangehörige. Sie absolvierte in F. nach dem Abitur eine zweijährige Fachhochschulausbildung "Internationaler Handel" sowie ein berufsqualifizierendes Studium im Bereich "Transport und internationale Logistik", das sie mit einem Hochschuldiplom abschloss. Zum 1. September 2011 reiste die Klägerin in die Bundesrepublik Deutschland ein und nahm ihren Wohnsitz in K ... In der Zeit vom 1. September 2011 bis zum 31. Januar 2012 war sie bei der Firma R. F. L. GmbH & CO KG K. versicherungspflichtig in Vollzeit beschäftigt. Nach ihren Angaben hielt sie sich nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses bis Juni 2012 in F. auf, um Arbeit zu suchen. Ihre Wohnung in K. gab sie nicht auf. Die Stadt K. erteilte der Klägerin am 13. Juli 2012 eine Bescheinigung gemäß § 5 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU)).

Für die Ein-Zimmer-Wohnung (45 qm²) in K. hatte sie eine Miete in Höhe von monatlich 435,00 EUR (Wohnungskaltmiete 350,00 EUR + Betriebskostenvorauszahlung einschließlich Heizung und Warmwasser 85,00 EUR) aufzubringen. Mit Betriebskostenabrechnung vom 21. März 2012 verlangte der Vermieter für die Zeit vom 1. September 2011 bis zum 31. Dezember 2011 eine Nachzahlung in Höhe von 86,81 EUR, die bis spätestens 15. April 2012 zu überweisen war.

Am 10. Juli 2012 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Beklagte bewilligte der Klägerin Arbeitslosengeld II für den Monat Juli 2012 in Höhe von 809,00 EUR (374,00 EUR Regelbedarf + 435,00 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung) (Bescheid vom 30. Juli 2012). In dem am 24. Oktober 2012 gestellten Antrag auf Weiterbewilligung von Arbeitslosengeld II gab sie an, dass sie zunächst seit August 2012 von ihrer Familie in F. und K. unterstützt worden sei, jedoch die Unterstützung durch die Familie nicht mehr erbracht werden könne. Sie legte u.a. Auszüge ihres Kontos bei der P. Bank K.-N. eG für die Zeit vom 1. August 2012 bis zum 31. Oktober 2012 (Bl. 131/135 der Verwaltungsakten) vor, in denen weder ein Anfangs- noch ein Endsaldo verzeichnet ist und u.a. folgende Kontobewegungen dokumentiert sind: 4. Oktober 2012 Bareinzahlung 500,00 EUR; 11. Oktober 2012 Überweisungsgutschrift H. 24 Abschlag Oktober 2012 160,00 EUR; 16. Oktober 2012 Überweisungsgutschrift H. 24 Abschlag Oktober 2012 65,00 EUR; 29. Oktober 2012 Überweisungsgutschrift 20,00 EUR.

Der Beklagte lehnte den Antrag auf Weiterbewilligung mit Bescheid vom 7. November 2012 ab, weil die Klägerin, die sich in Deutschland zur Arbeitsuche aufhalte, gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sei. Den Widerspruch der Klägerin vom 16. November 2012 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. November 2012 zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 26. November 2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie ist der Auffassung, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II für EU-Ausländerinnen und Ausländer gegen Europarecht verstoße.

Die Klägerin hat am 11. März 2013 eine versicherungspflichtige Beschäftigung in Vollzeit bei der Firma P. K. GmbH U. (Presswerk K.) aufgenommen und ist zunächst nach N. und sodann nach W. verzogen.

Das SG hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 27. Mai 2014 persönlich angehört; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 2014 Bezug genommen (Blatt 25/28 der SG-Akten). Das SG hat mit Urteil vom 27. Mai 2014 den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 7. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. November 2012 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 31. Oktober 2012 sowie vom 2. Januar 2013 bis zum 10. März 2013 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen und der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten sowie der Sache nach die Klage im Übrigen abgewiesen. Zwar ergebe sich das Aufenthaltsrecht der Klägerin allein aus dem Zwecke der Arbeitsuche, jedoch sei sie nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in europarechtskonformer Auslegung von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Denn der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO [EG] Nr. 883/2004 i.V.m. Art. 70 VO [EG] Nr. 883/2004).

Gegen das ihm am 10. Juni 2014 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner am 12. Juni 2014 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung. Er ist der Meinung, dass die Klägerin nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in den streitgegenständlichen Zeiträumen von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen und dieser Leistungsausschluss mit Europarecht zu vereinbaren sei. Die Klägerin verfüge allein über das Aufenthaltsrecht der Arbeitsuche.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Mai 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Meinung, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gegen Europarecht verstoße und sie als europäische Bürgerin diskriminiere. Sie sei wegen der Aufnahme der Beschäftigung bei der Firma R. in die Bundesrepublik Deutschland gekommen, habe sich dort legal aufgehalten sowie Steuern und Sozialabgaben entrichtet. Nach Beendigung der Beschäftigung bei der Firma R. habe sie in Deutschland bleiben wollen, um Arbeit zu finden. Sie habe alles Erforderliche getan, um sich hier zu integrieren. Sie habe Gelegenheitsarbeiten, wie zum Beispiel in der Reinigung oder Kinderbetreuung, verrichtet. Ihre Eltern und Freunde hätten sie unterstützt. Seit 2013 sei sie beim Presswerk K. angestellt und könne ihre Bedürfnisse eigenständig sichern. Sie hat u.a. einen unbefristeten Arbeitsvertrag für geringfügig entlohnte Beschäftigte mit der Firma H., beginnend am 5. Oktober 2012, als Hauswirtschaftshelferin (Bl. 19/20 der Senatsakten), eine Meldebescheinigung zur Sozialversicherung für den Arbeitnehmer nach § 25 DEÜV für eine Beschäftigungszeit vom 5. Oktober 2012 bis zum 15. Oktober 2012 mit einem beitragspflichtigen Brutto-/Nettoarbeitsentgelt in Höhe von 225,00 EUR (Bl. 21 der Senatsakten) sowie eine Lohn-/Gehaltsabrechnung der Firma H. 24 vom 10. November 2012 über ein Monatsentgelt für Oktober 2012 in Höhe von 225,00 EUR (Bl. 22 der Senatsakten) vorgelegt.

Mit Verfügung vom 25. Februar 2016, die der Klägerin am 26. Februar 2016 zugestellt worden ist, hat der Berichterstatter diese aufgefordert, binnen vier Wochen im Einzelnen für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 10. März 2013 unter Beifügung von Nachweisen (vollständige Kontoauszüge, Verdienstbescheinigungen, -abrechnungen, Mietvertrag, ggf. Neben- bzw. Heizkostenabrechnungen, Beitragsrechnungen einer Krankenversicherung etc.) darzulegen, welche Einkommen (z.B. Kinderbetreuung, Reinigungstätigkeiten, Zuwendungen von Familie und Freunden) sie erzielt, aus welchen Mitteln sie ihren Lebensunterhalt bestritten und wo und ggf. bei wem sie gewohnt bzw. sich aufgehalten hat (auch in F.), welche Aufwendungen ihr für Unterkunft und Heizung entstanden sind sowie über welche Vermögenswerte (Bankguthaben, Lebens-/Rentenversicherung, Wertpapiere etc.) sie verfügt hat. Die Klägerin ist darauf hingewiesen worden, dass der Senat Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der oben genannten Frist vorgebracht werden, unter den Voraussetzungen des § 106a Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden kann. Weiterhin ist sie darauf hingewiesen worden, dass Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch u.a. Hilfebedürftigkeit ist, diese nur mit ihrer Hilfe und Mitwirkung festgestellt werden kann und eine unzureichende Mitwirkung dazu führen kann, dass die Hilfebedürftigkeit ggf. zu ihren Lasten nicht festgestellt werden kann. Eine Reaktion der Klägerin ist auf die Verfügung vom 25. Februar 2016 nicht erfolgt.

Mit Beschluss vom 11. April 2016 hat der Senat die Stadt K. gemäß §§ 75 Abs. 2, 106 Abs. 3 Nr. 6 SGG beigeladen, da der Sozialhilfeträger als Leistungspflichtiger in Betracht kommt. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, denn diese ist ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2016 geladen und in der Ladung auf die Möglichkeit hingewiesen worden, dass auch im Falle ihres Ausbleibens im Termin verhandelt und entschieden werden kann.

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Urteil des SG vom 27. Mai 2014 war aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung des Beklagten ist statthaft und zulässig, da sie nicht der Zulassung bedarf (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).

2. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet der Bescheid vom 7. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. November 2012 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II auf den Fortzahlungsantrag der Klägerin vom 24. Oktober 2012 abgelehnt hat. Diesen Bescheid hat die Klägerin mit Widerspruch und Klage angefochten und - ausweislich ihres in der mündlichen Verhandlung am 27. Mai 2014 vor dem SG gestellten Antrages - die Gewährung entsprechender Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 10. März 2013 begehrt. Über dieses zeitlich ausdrücklich beschränkte, statthaft mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) verfolgte Begehren hat das SG durch Urteil entschieden. Das SG hat den Beklagten mit Urteil vom 27. Mai 2014 unter Aufhebung des Bescheids vom 7. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. November 2012 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 31. Oktober 2012 sowie vom 2. Januar 2013 bis zum 10. März 2013 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen und der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten. Es hat, auch wenn im Urteilstenor eine teilweise Klageabweisung nicht ausgesprochen worden ist, die Klage hinsichtlich der Zeit vom 1. November 2012 bis zum 1. Januar 2013 abgewiesen, was sich zwanglos aus der Kostenentscheidung sowie den zur Auslegung des Urteilstenors heranzuziehenden Entscheidungsgründen (vgl. bspw. Keller in Leitherer in Keller-Meyer-Ladewig, u.a., SGG, 11. Aufl. 2014, § 136 Rdnr. 5c und § 138 Rdnr. 3c) ergibt (vgl. z.B. Seite 10 des Urteilsabdrucks). Die Klägerin hat das Urteil des SG vom 27. Mai 2014 hinsichtlich des klageabweisenden Teils nicht angefochten, sodass das Urteil insofern rechtskräftig und für die Beteiligten bindend ist (§ 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Vielmehr wendet sich ausschließlich der Beklagte mit seiner Berufung gegen seine Verurteilung zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 31. Oktober 2012 sowie vom 2. Januar 2013 bis zum 10. März 2013.

3. Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Urteil des SG vom 27. Mai 2014 war - zur Klarstellung vollumfänglich - aufzuheben und die Klage vollständig abzuweisen. Denn die Klägerin hat für die Zeiten vom 1. Oktober 2012 bis zum 31. Oktober 2012 sowie vom 2. Januar 2013 bis zum 10. März 2013 weder einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gegen den Beklagten noch auf Leistungen der Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII) gegen den gem. § 75 Abs. 2 SGG notwendig beizuladenden Sozialhilfeträger.

a. Leistungen nach dem SGB II erhalten Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind (vgl. § 8 SGB II), 3. hilfebedürftig sind (vgl. § 9 SGB II) und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Ausgenommen sind gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II 1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, 2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, 3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufentG) in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten; aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt (§ 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II).

b. Zwar hat die 1986 geborene Klägerin das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht; auch ist sie als f. Staatsbürgerin mit uneingeschränkter Arbeitnehmerfreizügigkeit (vgl. Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)) erwerbsfähig i.S. des § 8 Abs. 2 SGB II (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 30. Januar 2013 - B 4 AS 54/12 R - BSGE 113, 60 - juris Rdnr. 13 ff.). Weiterhin hat sie im streitgegenständlichen Zeitraum auch über einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (BSG, a.a.O. Rdnr. 18 ff.) verfügt. Ob die Klägerin gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II aus dem Kreis der Leistungsberechtigten ausgeschlossen ist, lässt der Senat ausdrücklich offen. Ein Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld II scheitert daran, dass sich ihre Hilfebedürftigkeit nicht feststellen lässt.

Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Ob eine ausreichende Sicherstellung durch den Betroffenen erreicht wird, ergibt sich durch eine Gegenüberstellung des für den Lebensunterhalts relevanten (Gesamt )Bedarfs des Betroffenen mit den zur Verfügung stehenden Mitteln aus Einkommen und Vermögen. Leistungen werden in Höhe der Differenz erbracht (§ 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Als Einkommen sind gem. § 11 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen zu berücksichtigen. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen; bestimmte Absetzbeträge und Schonvermögen sind nach § 12 Abs. 2 und 3 SGB II von der Heranziehung ausgenommen.

Auf Bedarfsseite sind zugunsten der Klägerin der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts für Alleinstehende in Höhe von 374,00 EUR (Oktober 2012) bzw. 382,00 EUR (2. Januar 2013 bis 10. März 2013) (§ 20 Abs. 2 Satz 1 und 5 SGB II i.V.m. §§ 28, 28a Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII)) sowie die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 435,00 EUR (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II), mithin insgesamt 809,00 EUR (Oktober 2012), 817,00 EUR (Januar und Februar 2013) und 272,33 EUR (1. bis 10. März 2013) anzusetzen. Weitere (Mehr-)Bedarfe (vgl. insbesondere §§ 21, 26 SGB II) sind nicht zu berücksichtigen, da weder die Klägerin solche geltend gemacht hat noch Anhaltspunkte für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen weiterer Bedarfe bestehen.

Der Senat kann sich nicht davon überzeugen, dass die Klägerin im hier streitigen Bedarfszeitraum ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus zu berücksichtigendem Einkommen oder Vermögen sichern konnte und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen, erhalten hat. Denn die Klägerin hat ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Zeit vom 1. Oktober 2012 bis zum 10. März 2013 - trotz der Mitwirkungsaufforderung und des Hinweises auf die Präklusionsvorschrift des § 106a Abs. 3 SGG in der richterlichen Verfügung vom 25. Februar 2016 - nicht offen gelegt. Sie hat nach wie vor nicht nachvollziehbar aufgezeigt, dass sie ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus ihrem Einkommen und Vermögen bestreiten konnte sowie die erforderliche Hilfe nicht von ihren Angehörigen (vgl. zur Einordnung von Unterhaltsleistungen von Verwandten als Einkommen BSG, Urteil 19. Februar 2009 - B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258 - juris Rdnr. 18) tatsächlich erhalten hat. Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sind im hier maßgeblichen Zeitraum nicht hinreichend geklärt (Oktober 2012) bzw. völlig ungeklärt (1. Januar 2013 bis 10. März 2013). Die Klägerin hat ihre wirtschaftlichen Verhältnisse - trotzt der richterlichen Verfügung vom 25. Februar 2016 - nicht offengelegt. Zwar hat sie dem Beklagten Kontoauszüge ihres Kontos bei der P. Bank für die Zeit vom 1. August 2012 bis zum 31. Oktober 2012 und dem Senat eine Meldebescheinigung zur Sozialversicherung für den Arbeitnehmer nach § 25 DEÜV für eine Beschäftigungszeit vom 5. Oktober 2012 bis zum 15. Oktober 2012 mit einem beitragspflichtigen Brutto-/Nettoarbeitsentgelt in Höhe von 225,00 EUR sowie eine Lohn-/Gehaltsabrechnung der Firma H. vom 10. November 2012 über ein Monatsentgelt für Oktober 2012 in Höhe von 225,00 EUR brutto/netto vorgelegt. Aus diesen Unterlagen ist ersichtlich, dass ihr aus der Beschäftigung bei der Firma H. im Oktober 2012 am 11. Oktober 2012 160,00 EUR und am 16. Oktober 2012 65,00 EUR, mithin ein Arbeitsentgelt in Höhe von insgesamt 225,00 EUR zugeflossen ist, so dass nach Abzug der Absetzbeträge des § 11b Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 SGB II (31,25 EUR) sowie des § 11b Abs. 2 SGB II (100,00 EUR) ein anzurechnendes Einkommen in Höhe von 93,75 EUR im Bedarfsmonat Oktober 20012 zu berücksichtigen ist. Jedoch ist zu beachten, dass in den Kontoauszügen - wie auch am 3. August 2012 (435,00 EUR), 23. August 2012 (330,00 EUR) und am 11. September 2012 (185,00 EUR) - unter dem 4. Oktober 2012 eine Bareinzahlung in Höhe von 500,00 EUR dokumentiert ist, wobei Herkunft und Rechtsgrund dieses Zuflusses nicht bekannt ist. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 27. Mai 2014 hat die Klägerin u.a. angegeben, dass sie zwei Wochen für eine Reinigungsfirma, gemeint wohl die Firma H., gearbeitet sowie ab und zu Babysitting gemacht habe. Mit Schreiben vom 14. Juli 2014 hat sie vorgetragen, dass sie Gelegenheitsarbeiten (Reinigung, Kinderbetreuung) verrichtet habe, ihr Einkommen nicht zur Sicherung ihrer Grundbedürfnisse gereicht habe und sie durch ihre Eltern und Freunde unterstützt worden sei. Wie sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Einzelnen im Oktober 2012 dargestellt und anschließend bis zur Aufnahme der Beschäftigung im Presswerk K. entwickelt haben, ist weder der Einlassung der Klägerin zu entnehmen noch aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich. Sie hat sich nicht dazu erklärt, über welches Einkommen und welche Vermögenswerte sie im maßgeblichen Zeitraum verfügt hat. So sind den bei dem Beklagten eingereichten Kontoauszügen zwar die Kontobewegungen bis zum 31. Oktober 2012 zu entnehmen, welches Anfangs- und Endsaldo das Konto jedoch aufgewiesen hat, ist nicht ersichtlich. Weiterhin hat sich die Klägerin weder zu Zuwendungen seitens ihrer Familie und Freunde noch zu den erzielten Einkommen aus den Gelegenheitsarbeiten (außer bei der Firma H.) erklärt. Zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen in der Zeit vom 2. Januar 2013 bis zum 10. März 2013 hat sie gar keine Angaben gemacht; Unterlagen dazu hat sie weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren vorgelegt. Insbesondere hat sie - entgegen der gerichtlichen Aufforderung aus der Verfügung vom 25. Februar 2016 - keine Auszüge ihres Kontos bei der P. Bank eingereicht. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die Zuwendungen (in unbekannter Höhe) ihrer Familie und Freunde lediglich eine rechtswidrig vom Beklagten abgelehnte Leistung bis zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes substituieren und nur für den Fall des Obsiegens zurückgezahlt werden oder Darlehen mit Rückzahlungsverpflichtungen beinhalten haben sollten (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - B 4 AS 46/11 R - juris Rdnr. 16 f.; Urteil vom 6. Oktober 2011 - B 14 AS 66/11 R - juris Rdnr. 18; Urteil vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 - juris Rdnr. 16 ff.).

Der Senat hat - unter Heranziehung der Klägerin (vgl. § 103 Satz 1 SGG) - versucht, die skizzierten Unklarheiten zu beseitigen. Die Klägerin ist jedoch ihrer Mitwirkungsobliegenheit (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 10/08 R - juris Rdnrn. 17, 21; Urteil vom 19. September 2008 - B 14 AS 45/07 - BSGE 101, 250 - juris Rdnrn. 13 ff.; Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 88/03 R - juris Rdnr. 19) nicht nachgekommen, weil sie in der Sache zur richterlichen Verfügung vom 25. Februar 2016 weder innerhalb der ihr gesetzten Frist noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung Stellung genommen und die angeforderten Unterlagen und Nachweise vorgelegt hat. Unter diesen Umständen hat für den Senat kein Anlass bestanden, die in der Sphäre der Klägerin wurzelnden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse weiter aufzuklären (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - BSGE 104, 26 - juris Rdnr. 17; Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KN 3/08 KR R - BSGE 102, 181 - juris Rdnrn. 24 f.; Senatsurteil vom 14. April 2016 - L 7 SO 81/15 - juris Rdnr. 30). Nachdem sich die Leistungsvoraussetzungen des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs auf Arbeitslosengeld II - vorliegend die Hilfebedürftigkeit - nicht feststellen lassen, geht dies materiell-rechtlich zu ihren Lasten (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, a.a.O. Rdnr. 21).

c. Auch die bei Eingreifen des Leistungsausschlusses gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urteil vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 35/15 R - juris Rdnrn. 40 ff.; Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 44/15 - juris Rdnrn. 36 ff.) in Betracht kommende Anspruchsgrundlage des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII setzt Hilfebedürftigkeit (§§ 19 Abs. 1, 27 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB XII) voraus, die der Senat gerade nicht feststellen konnte.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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