Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 U 3719/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2544/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Lehnt der Unfallversicherungsträger allein die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall ab, ist das neben der Anerkennung eines Arbeitsunfalles im Wege der Verpflichtungsklage verfolgte Begehren auf Verurteilung des Unfallversicherungsträgers zur Anerkennung von Unfallfolgen unzulässig.
2. Das durch eine Lärmeinwirkung verursachte Auftreten eines nur kurzzeitigen Ohrenschmerzes und Schwindels, ohne dass über den kurzen Zeitraum des Anfalls hinausgehende funktionelle Einschränkungen oder irgendwelche Folgen eingetreten wären, stellt keinen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalles erforderlichen Gesundheitserstschaden dar.
3. Vergrößern vereinzelt auftretende, zunächst keine Krankheitssymptome auslösende berufliche Einwirkungen in verschiedenen Arbeitsschichten eine als solche unfallunabhängige Krankheitsanlage bis zum Auftreten von Krankheitssymptomen, liegt in Abgrenzung zu dem Begriff der Berufskrankheit kein Arbeitsunfall vor; dies gilt auch für die letzte, symptomauslösende Einwirkung, da im Zeitpunkt ihrer Einwirkung der vorbestehenden Krankheitsanlage überragende Bedeutung zukommt.
2. Das durch eine Lärmeinwirkung verursachte Auftreten eines nur kurzzeitigen Ohrenschmerzes und Schwindels, ohne dass über den kurzen Zeitraum des Anfalls hinausgehende funktionelle Einschränkungen oder irgendwelche Folgen eingetreten wären, stellt keinen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalles erforderlichen Gesundheitserstschaden dar.
3. Vergrößern vereinzelt auftretende, zunächst keine Krankheitssymptome auslösende berufliche Einwirkungen in verschiedenen Arbeitsschichten eine als solche unfallunabhängige Krankheitsanlage bis zum Auftreten von Krankheitssymptomen, liegt in Abgrenzung zu dem Begriff der Berufskrankheit kein Arbeitsunfall vor; dies gilt auch für die letzte, symptomauslösende Einwirkung, da im Zeitpunkt ihrer Einwirkung der vorbestehenden Krankheitsanlage überragende Bedeutung zukommt.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 10.04.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung der Ereignisse vom 29.07.2010 und 06.08.2010 als Arbeitsunfälle sowie die Anerkennung einer Gleichgewichtsstörung rechts als Folge.
Der am 1952 geborene Kläger war bei der Firma A. Zimmerei in Bad R. als Zimmermann beschäftigt. Eine Lärmschwerhörigkeit ist als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung anerkannt (Bescheid vom 15.01.2013). Bei ihm besteht eine - zunächst unerkannte - Bogengangdehiszenz rechts (Defekt in der knöchernen Abdeckung des oberen Bogengangs des Innenohres, vgl. Anlage zum Gutachten von Dr. Z. , Bl. 30 SG-Akte).
Am 29.07.2010 und 06.08.2010 schnitt der Kläger mit einer Handkreissäge auf einer Baustelle 3-Schichtplatten zurecht, wobei sich die Handkreissäge - wie schon früher gelegentlich - beim Schneiden verklemmte, wodurch ein hohes Pfeif-/Quietschgeräusch erzeugt wurde. In beiden Fällen kam es zu einem Drehschwindelanfall, der den Kläger am 06.08.2010 zu Boden gehen ließ. In beiden Fällen verschwand der Schwindelanfall nach kurzer Zeit wieder (vgl. die Angaben des Klägers gegenüber Dr. Z. , Bl. 20 SG-Akte, und Prof. Dr. L. , Bl. 79/80 LSG-Akte). Am 29.07.2009 verspürte er zusätzlich einen stechenden Schmerz im rechten Ohr, der ebenfalls verschwand. Nach dem 29.07.2009 war er bis zum erneuten Ereignis vom 06.08.2010 beschwerdefrei (vgl. Bl.79 LSG-Akte). Ab 13.08.2010 begab sich der Kläger zur Abklärung der Anfälle in die HNO-Klinik am Universitätsklinikum H. , wo eine am 16.10.2010 durchgeführte Computertomographie (CT) eine knöcherne Dehiszenz des oberen Bogenganges rechts ergab (vgl. ärztlicher Befundbericht des Prof. Dr. Dr. P. vom 25.01.2011, Bl. L3-3 VA sowie CT-Bericht vom 17.08.2010, Bl. L 38-7 VA). Die Indikation zur operativen Abdeckung der Dehiszenz des oberen Bogenganges wurde gestellt, ein vereinbarter Operationstermin wurde vom Kläger jedoch nicht wahrgenommen.
Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme bei dem Facharzt für HNO-Heilkunde B. vom Juni 2011 ein, wonach bildgebend die knöcherne Dehiszenz des rechten oberen Bogengangs zwar gesichert sei. Ob diese aber ursächlich für die beklagten Schwindelbeschwerden sei, sei röntgenologisch nicht belegbar. Jedenfalls habe das angeschuldigte Unfallereignis eine knöcherne Schädigung im Bereich des Bogenganges nicht bedingen können (vgl. Bl. L31-1 f. VA). Mit Bescheid vom 20.07.2010 und Widerspruchsbescheid vom 26.10.2011 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 29.07.2010 bzw. 06.08.2010 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die angeschuldigten Ereignisse nicht für die knöcherne Dehiszenz des rechten oberen Bogengangs ursächlich gewesen seien.
Hiergegen hat der Kläger am 03.11.2011 Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben, die Anerkennung der Ereignisse vom 29.07.2010 und 06.08.2010 als Arbeitsunfälle, die Anerkennung der Gesundheitsstörungen auf HNO-ärztlichem Fachgebiet als Unfallfolgen sowie die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung begehrt und geltend gemacht, dass seit dem Lärmtrauma die Schwindelerscheinungen immer wieder auftreten würden. Die Dehiszenz führe zu chronischem Schwindel und werde durch äußere physikalische Ereignisse, typischerweise laute Geräusche, hervorgerufen. Vor den angeschuldigten Ereignissen habe er nicht unter Schwindel gelitten.
Das Sozialgericht hat ein Gutachten bei dem HNO-Arzt Dr. Z. eingeholt, der auf Grund Untersuchung des Klägers im Januar 2012 - unfallunabhängig - eine beidseitige, hochtonbetonte Hörminderung sowie eine Bogengangdehiszenz rechts beschrieben hat. Der vom Kläger beschriebene akute Ohrschmerz sei ein nachvollziehbares akutes Geschehen ohne bleibende Schmerzzustände. Weiter könne ein akutes, lautes Geräusch kurzfristigen Schwindel, genannt Tullio-Phänomen, hervorrufen, dessen Ursache unter anderem eine Bogengangdehiszenz sei. Eine solche sei beim Kläger im CT nachgewiesen worden, diese könne jedoch aus anatomischen und physiologischen Gründen nicht durch den Lärm einer sich verklemmenden Säge hervorgerufen werden, sondern werde entweder traumatisch erworben, entstehe entzündlich oder sei anlagebedingt. Diese Bogengangdehiszenz begünstige das Auftreten von kurzfristigem Schwindel, z.B. durch das Einwirken von hohen Schallenergien (sog. Tullio-Phänomen). Es sei also wahrscheinlich, dass das Verklemmen der Säge mit einem lauten Geräusch einer bestimmten Frequenz zu dem kurzfristigen Schwindel des Klägers geführt habe. Allerdings hätten auch andere, nicht beruflich verursachte Geräusche (z.B. Aufsuchen eines Rockkonzerts, Hören lauter Musik über Kopfhörer) dieses Phänomen hervorrufen können. Medizinisch sei jedoch nicht erklärbar, warum beim Vorliegen einer Bogengangdehiszenz nicht schon früher ähnliche Phänomene aufgetreten seien. Als möglich Erklärung hat der Sachverständige angeführt, dass hoher Schalldruck in einer bestimmten Frequenz auftreten müsse, um dieses Phänomen beim Kläger auszulösen. Eigentliche Ursache des Schwindels sei damit die Bogengangdehiszenz, der akute Lärm lediglich Auslöser des Schwindels. Ein bleibender Schaden sei nicht festzustellen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.04.2013 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass ein Gesundheitserstschaden anlässlich der Ereignisse vom 29.07.2010 und 06.08.2010 nicht festzustellen sei und sich hierbei auf das Gutachten des Dr. Z. gestützt, wonach die Bogengangdehiszenz bereits vor den angeschuldigten Ereignissen bestanden habe und die Geräusche nur Anlass bzw. Auslöser des Schwindels, aber nicht dessen wesentliche Ursache gewesen seien.
Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 06.05.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.05.2013 Berufung beim Sozialgericht Mannheim eingelegt und geltend gemacht, dass die Ereignisse zumindest mitursächlich für die bei ihm jetzt vorliegende Gleichgewichtsstörung gewesen seien. Vor den Ereignissen habe er keine Probleme mit Schwindel gehabt, seither löse Bücken oder Drehen Schwindel aus. Ergänzend hat er einen Befundbericht des HNO-Arztes Dr. S. vom März 2013 (Diagnose: Tullio-Phänomen; Bogengangdehiszenz nicht traumatisch bedingt) vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 10.04.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 20.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Ereignisse vom 29.07.2010 und 06.08.2010 als Arbeitsunfälle anzuerkennen und als Folge der Ereignisse vom 29.07.2010 und 06.08.2010 eine Gleichgewichtsstörung rechts festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Zwar habe der Kläger anlässlich der angeschuldigten Ereignisse einen akuten Schwindel erlitten. Es sei aber bereits zuvor zu vergleichbarer Geräuschentwicklung gekommen, ohne dass Schwindel aufgetreten sei. Es sei daher davon auszugehen, dass die unfallunabhängig vorbestehende Bogengangdehiszenz unbemerkt vorangeschritten sei und zur Zeit der angeschuldigten Ereignisse einen Zustand erreicht habe, welcher die Lärmeinwirkungen nicht mehr toleriert habe und daher Schwindel als akute Erscheinung ausgelöst worden sei. Daher seien die angeschuldigten Lärmereignisse lediglich Gelegenheitsursachen für die Auslösung von Schwindelerscheinungen aus der Bogengangdehiszenz, nicht aber wesentliche Teilursache hierfür. Die Beklagte hat das im Rahmen des Verfahrens zur Klärung der Folgen der Lärmschwerhörigkeit des Klägers vom Sozialgericht Mannheim (S 12 U 2879/13) auf Antrag und Kosten des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingeholte Gutachten des HNO-Arztes Prof. Dr. L. vom Juli 2014 vorgelegt, wonach es bei den fraglichen Ereignissen zu einer Verschlimmerung der vorbestehenden Bogengangdehiszenz mit fortbestehendem leichtem Dauerschwindel und provozierbarem Attackenschwindel gekommen sei.
Zur weiteren Sachaufklärung hat der Senat zunächst eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. Z. vom November 2013 eingeholt. Hierin hat der Sachverständige dargelegt, dass hoher Schalldruck bei einer Bogengangdehiszenz zu einer unphysiologischen Endolymphbewegung und damit zu einem kurzfristigen, bis zum Abklingen der Endolymphbewegung andauernden Schwindel (Tullio-Phänomen) führen könne. Im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung seien keine Schwindelerscheinungen beim Kläger objektivierbar gewesen. Der Kläger habe lediglich über kurzfristigen Schwindel bei schneller Drehung um die eigene Achse geklagt.
Auf Antrag und Kosten des Klägers hat der Senat sodann ein Gutachten nach § 109 SGG bei Prof. Dr. L. eingeholt, der bei dem Kläger eine - so der Sachverständige - unfallunabhängige leichtgradige Lärmschwerhörigkeit beidseits sowie eine zwar schon vor den streitigen Ereignissen vorhandene, sich jedoch durch diese Ereignisse richtungsgebend im Sinne einer Vergrößerung verschlechternde Bogengangdehiszenz diagnostiziert hat. Es bestehe eine Untererregbarkeit des rechten peripheren Labyrinthes. Starke Schalleinwirkung könne zu einer Erhöhung des Drucks der Innenohr- und der Labyrinthflüssigkeit führen und dieser Druck könne eine vorbestehende symptomlose Fistel erweitern. Die beim Kläger bestehende Gleichgewichtsstörung rechts sei auf diese (vergrößerte) Bogengangdehiszenz zurückzuführen. Zwar hätten auch andere Umstände zur Vergrößerung führen können, z.B. extrem starkes Pressen, wie Heben schwerer Gegenstände mit Druck zum Kopf, ein Schädelhirntrauma oder ein extremer Knall mit 130 dB. Solche Arbeiten habe der Kläger jedoch über Jahrzehnte oft ausgeführt, was auch für mäßig laute Lärmeinwirkung zutreffe, die nie zuvor Schwindel ausgelöst hätten. Es habe der zwei hintereinander erfolgten extrem starken Lärmeinwirkungen mit sehr hoher Frequenz bedurft, um die vorbestehende krankhafte Anlage richtungsgebend zu verschlechtern.
Der Senat hat zu dem Gutachten des Prof. Dr. L. eine erneute ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. Z. vom Januar 2015 eingeholt. Hierin hat Dr. Z. ausgeführt, dass zeitnah zu den angeschuldigten Ereignissen von der HNO-Universitätsklinik kein krankhafter Befund festgestellt worden sei, was gegen die von Prof. Dr. L. geäußerte Vergrößerung der vorbestehenden Dehiszenz spreche. Auch könne eine rechtsseitige Fistel den im Juli 2013 erhobenen Befund der beidseitigen labyrinthären Unterfunktion nicht erklären. Die mit deutlicher Latenz aufgetretenen Schwindelbeschwerden, die insbesondere durch Lage- und Lagerungsänderung hervorgerufen würden, würden für einen benignen Lagerungsschwindel sprechen, der nicht mit den angeschuldigten Ereignissen in Verbringung zu bringen sei.
Hierzu hat der Senat wiederum eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. L. gemäß § 109 SGG eingeholt, der dargelegt hat, dass der vor den angeschuldigten Ereignissen bereits bestehende Bogengangsdefekt auch durch häufige extreme Schallereignisse schrittweise - ohne dass Schwindelerscheinungen aufgetreten seien - erweitert worden sei und dann einen kritischen Punkt i. S. eines Ortes des geringsten Widerstandes erreicht habe, sodass die angeschuldigten Ereignisse die heftige Schwindelsymptomatik ausgelöst hätten, die bis heute abhängig von äußeren Einflüssen (starker Lärm, körperliche Aktivitäten) wiederholt auftreten würden. Ein benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel würde zwar eine ähnliche Situation verursachen, nicht aber zu einer einseitigen kalorischen Untererregbarkeit gerade auf der Seite der Bogengangdehiszenz führen und nur bei Personen ohne Bogengangsdefekt auftreten sowie lediglich zu vorübergehenden, leichten Gleichgewichtsstörungen führen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 20.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2011, mit dem die Beklagte feststellte, dass "das Ereignis vom 29.07.2010 bzw. 06.08.2010 ... keinen Arbeitsunfall ..." darstellt. Damit lehnte die Beklagte die Anerkennung dieser Ereignisse als Arbeitsunfall ab.
Die hiergegen gerichtete Anfechtungs- und Verpflichtungsklage - auf Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung der Ereignisse als Arbeitsunfall und zur Feststellung einer Gleichgewichtsstörung rechts als Unfallfolge - hat das Sozialgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Allerdings ist die Klage in Bezug auf die begehrte Verurteilung der Beklagten zur Feststellung von Unfallfolgen bereits unzulässig. Denn mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.06.2011 sowie dem Widerspruchsbescheid vom 26.10.2011 lehnte die Beklagte allein die Anerkennung der Ereignisse vom 29.07.2010 und 06.08.2010 als Arbeitsunfälle ab. Eine Regelung i.S. des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Bezug auf Unfallfolgen enthalten diese Bescheide somit gerade nicht. Soweit in ihnen Gesundheitsstörungen erwähnt sind, sind diese Ausführungen Teil der Begründung. Damit fehlt es in Bezug auf Unfallfolgen an einer anfechtbaren Verwaltungsentscheidung. Der Kläger kann somit nicht geltend machen, in Bezug auf die Anerkennung bzw. Ablehnung von Unfallfolgen durch die streitgegenständlichen Bescheide in seinen Rechten verletzt zu sein. Damit ist die Anfechtungsklage insoweit mangels Klagebefugnis unzulässig (vgl. hierzu Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 11. Auflage, § 54 Rdnrn. 7, 9 f.). Entsprechendes gilt für die Verpflichtungsklage. Voraussetzung ist auch hier, dass zunächst die Verwaltung mit der Sache befasst war und über das Begehren in den angefochtenen Bescheiden entschied (BSG, Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 25/09 R; Urteil vom 30.10.2007, B 2 U 4/06 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 5; Urteil vom 16.11.2005, B 2 U 28/04 R). Andernfalls fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes in Form eines derartigen Verpflichtungsbegehrens (Keller, a.a.O., Rdnrn. 21). Die mangels anfechtbarer Verwaltungsentscheidung unzulässige Anfechtungsklage zieht gleichsam die Unzulässigkeit der Verpflichtungsklage nach sich (vgl. BSG, Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 25/09 R.).
Sein in erster Instanz formuliertes Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat der Kläger auf Hinweis des Senats nicht mehr aufrecht erhalten.
Zulässiger Gegenstand des Rechtsstreits ist somit allein die von der Beklagten abgelehnte Anerkennung der Ereignisse vom 29.07.2010 und 06.08.2010 als Arbeitsunfälle, die der Kläger im Berufungsverfahren mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage weiter verfolgt.
Diese Klage hat das Sozialgericht zu Recht abgewiesen. Die Feststellung der Beklagten, es lägen keine Arbeitsunfälle vor, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Bei den Ereignissen vom 29.07.2010 und 06.08.2010 handelte es sich nicht um Arbeitsunfälle.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 8/06 R in juris), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen auf Grund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.
Dass der Kläger am 29.07.2010 und 06.08.2010 in Verrichtung seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit als Zimmermann mit einer Handkreissäge 3-Schichtplatten zurechtschnitt, als sich die Handkreissäge hierbei verklemmte, und hierdurch ein hohes Pfeif-/Quietschgeräusch erzeugt wurde, und damit grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand sowie dass es sich beim Zusägen der Platten mit sehr lauter Geräuschentwicklung um ein äußeres Ereignis handelte, steht für den Senat fest. Die für einen Arbeitsunfall erforderliche äußere Einwirkung auf den Körper kann auch darin bestehen, dass durch betriebliche Einflüsse eine krankhafte Störung im Körperinneren hervorgerufen wird (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Denn das Merkmal äußere Einwirkung dient lediglich der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden auf Grund innerer Ursachen. Dies ist zwischen den Beteiligten im Übrigen auch nicht streitig.
Allerdings erlitt der Kläger bei diesen Ereignissen keinen Gesundheitserstschaden.
Die beim Kläger diagnostisch gesicherte Bogengangdehiszenz (vgl. Bl. L3-3 und Bl. L 38-7 VA) ist nicht ursächlich auf die Ereignisse zurückzuführen. Dies haben sowohl der gerichtliche Sachverständige Dr. Z. in seinem für das Sozialgericht erstatteten Gutachten als auch der im Berufungsverfahren nach § 109 SGG beauftragte Sachverständigen Prof. Dr. L. übereinstimmend dargelegt. Die Sachverständigen sind sich insofern einig, dass das bei den streitigen Ereignissen durch das Einklemmen des Sägeblatts erzeugte Geräusch keine Bogengangdehiszenz verursachen kann. Eine Bogengangdehiszenz, d.h. eine unnatürliche Öffnung in der knöchernen Kapsel des Labyrinths als Umhüllung des Gleichgewichtorgans, ist laut dem Sachverständigen Dr. Z. entweder traumatisch erworben (z.B. durch Schädelhirntrauma), entsteht entzündlich oder ist anlagebedingt (vgl. Bl. 26 SG-Akte). Der Sachverständige Prof. Dr. L. hat sich insoweit der Einschätzung des Dr. Z. angeschlossen und ausgeführt, dass die Bogengangdehiszenz mit Sicherheit keine Unfallfolge darstelle (vgl. Bl. 78 LSG-Akte) und insoweit keine Zweifel bestünden, dass diese bereits vor den angeschuldigten Ereignissen bestanden habe (vgl. Bl. 84 LSG-Akte). Anderes behauptet im Übrigen auch der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr.
Die beim Kläger bestehende beidseitige Innenohrschwerhörigkeit ist ebenfalls nicht auf die angeschuldigten Ereignisse zurückzuführen. Dagegen spricht - so Dr. Z. nachvollziehbar -, dass eine für eine akute Hörverminderung ausreichende Lärmexposition anlässlich der angeschuldigten Ereignisse nicht nachgewiesen sei und der Kläger auch nicht sofort eine Hörverminderung verspürt habe (vgl. Bl. 25 SG-Akte). Diese Einschätzung hat Prof. Dr. L. bestätigt (vgl. Bl. 86 f. LSG-Akte) und eine Schädigung des Innenohres durch die streitigen Ereignisse verneint. Er ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Innenohrschwerhörigkeit mit zeitweise vorhandenem Tinnitus (so seine Diagnose, Bl. 87 LSG-Akte) nicht unfallbedingt auftrat, sondern als chronische Lärmschädigung zu interpretieren ist (Bl. 86 LSG-Akte). Insoweit ist zwischenzeitlich eine berufsbedingte Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur BKV anerkannt und auch der Kläger behauptet im Berufungsverfahren keine unfallbedingte Schwerhörigkeit als Folge der Ereignisse mehr.
Die unmittelbar durch die vom Kläger angeschuldigte berufliche Einwirkung (hohes Pfeif-/Quietschgeräusch durch das verkantete Sägeblatt) verursachten Sensationen stellen als solche, für sich genommen, keinen Gesundheitserstschaden dar. Nach den Angaben des Klägers kam es durch das Geräusch sowohl am 29.07. als auch am 06.08.2010 zu jeweils kurzzeitigen Drehschwindelanfällen. Gegenüber Dr. Z. hat der Kläger insoweit angegeben, am 29.07.2010 habe der Drehschwindel ca. eine Minute angehalten und sich dann gebessert. Gegenüber Prof. Dr. L. hat der Kläger angegeben, der Schwindel sei verschwunden, als er die Kreissäge abgelegt habe. Auch für den 06.08.2010 hat der Kläger Prof. Dr. L. gegenüber beschrieben, dass der Schwindel, der diesmal heftig gewesen sei und ihn zu Boden gezwungen habe (so auch die Angabe bei Dr. Z. ), wieder verschwunden sei. Damit kam es auf Grund beider Ereignisse zu jeweils kurzfristigen Schwindelanfällen ohne über den kurzen Zeitraum des jeweiligen Anfalles hinausgehende funktionelle Einschränkungen oder irgendwelchen Folgen. Insbesondere hat der Kläger Begleitverletzungen durch das Zu-Boden-gehen am 06.08.2010 ausdrücklich verneint (Bl. 80 LSG-Akte). Damit lässt sich die Annahme eines Schadens i.S. eines Gesundheitserstschadens mit diesen Schwindelanfällen nicht begründen.
Gleiches gilt in Bezug auf den vom Kläger für den 29.07.2010 bei Dr. Z. und in seiner ersten Meldung an die Beklagte (Bl. L3-1 VA) geschilderten Ohrenschmerz. Denn auch dieser Schmerz war nur kurzfristig. Gegenüber Prof. Dr. L. gab der Kläger diesen Schmerz weder für das Ereignis vom 29.07.2010 noch für jenes vom 06.08.2010 an, wohl aber, dass er nach dem Vorfall vom 29.07.2010 beschwerdefrei gewesen sei. Eine entsprechende Schmerzsensation am 06.08.2010 ist nicht feststellbar. Einen stechenden Schmerz im Ohr gab der Kläger nur in seiner Meldung gegenüber der Beklagten an (Bl. L3-1 VA), nicht aber gegenüber den beiden gerichtlichen Sachverständigen. Damit vermag der Senat allenfalls für den 29.07.2010 von einem kurzfristigen, folgenlos abgeklungenen und ohne auf eine strukturelle Schädigung hindeutenden Ohrenschmerz auszugehen, der zu keinem Zeitpunkt funktionelle Einschränkungen zur Folge hatte, und damit auch insoweit nicht von einem Gesundheitsschaden.
Der Senat kann offen lassen, in welchen Fällen durch ein versichertes Ereignis verursachte Kopfschmerzen bei fehlender struktureller Schädigung einen Gesundheitserstschaden darstellen. Denn es ist nicht feststellbar, dass es durch die in Rede stehenden Ereignisse zu Kopfschmerzen kam. So hat der Kläger gegenüber Dr. Z. angegeben, in den Tagen nach dem 29.07.2010 Kopfschmerzen gehabt zu haben, die spontan angeklungen seien. Für den 06.08.2010 hat der Kläger gegenüber diesem Sachverständigen keine Kopfschmerzen beschrieben. Gegenüber Prof. Dr. L. hat der Kläger Kopfschmerzen im Zusammenhang mit dem 29.07.2010 nicht erwähnt, sondern Beschwerdefreiheit angegeben. Anders als gegenüber Dr. Z. hat der Kläger bei Prof. Dr. L. Kopfschmerzen in Bezug auf das Ereignis vom 06.08.2010 behauptet. Ob und wann nun tatsächlich Kopfschmerzen auftraten, lässt sich angesichts dieser unterschiedlichen Angaben nicht feststellen. Damit bedarf es auch keiner Klärung, ob derartige Kopfschmerzen tatsächlich durch eines dieser Ereignisse ausgelöst wurden. Insoweit bestehen schon auf Grund weiterer Angaben des Klägers Zweifel. Denn nach seiner ersten Darstellung gegenüber der Beklagten kam es in den Tagen nach dem 29.07.2010 zu Migräne-Attacken, wobei schon zuvor eine rechtsseitige Migräne als Vorerkrankung bekannt war (vgl. den Bericht des Universitätsklinikums H. Bl. L3-3 VA), die nach den Angaben des Klägers wetterabhängig war (Bl. L13-1 VA). Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass selbst im Falle erheblicher, weil zur Annahme eines Gesundheitserstschadens führender Kopfschmerzen der Kläger aus der dann zu treffenden Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles keine weitergehenden Rechte ableiten könnte. Denn dauerhafte Kopfschmerzen sind nicht verblieben und die für den Kläger im Vordergrund stehende Frage eines Ursachenzusammenhangs der streitigen Ereignisse mit den Gleichgewichtsstörungen wird durch die allenfalls einmaligen Kopfschmerzen nicht beeinflusst.
In Übereinstimmung mit dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. Z. geht der Senat allerdings davon aus, dass die unmittelbar nach den angeschuldigten Geräuschen aufgetretenen (kurzzeitigen) Beschwerden, insbesondere der an beiden Tagen aufgetretene kurzzeitige Drehschwindel auf dem Boden der vorbestehenden Bogengangdehiszenz durch diese Geräusche ausgelöst wurden. Dem gegenüber ist nicht feststellbar, dass es durch die angeschuldigten Ereignisse zu einer strukturellen Schädigung (i.S. einer Vergrößerung der Dehiszenz) kam oder dass die Ereignisse wesentlich für die Ausbildung der dauerhaften Schwindelsymptomatik und damit der Gleichgewichtsstörungen (i.S. einer Verschlechterung der bis dahin symptomlosen Krankheitsanlage) waren.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Wie bereits oben dargelegt genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist.
Die Lärmeinwirkungen am 29.07.2010 und 06.08.2010 waren - neben der vorbestehenden Bogengangdehiszenz - naturwissenschaftliche Ursache (erste Stufe der Kausalitätsprüfung) für die unmittelbar danach aufgetretenen Beschwerden, insbesondere die Schwindelattacken. Der Sachverständige Dr. Z. hat nachvollziehbar dargelegt, dass ein - vom Kläger jedenfalls für den 29.07.2010 beschriebener - akuter Ohrschmerz durch das Einwirken von akutem Lärm verursacht werden könne, sodass es sich auch im vorliegenden Fall um ein nachvollziehbares Geschehen handele (vgl. Bl. 26 SG-Akte). Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass hoher Schalldruck in einer bestimmten Frequenz im Falle einer Bogengangsdehiszenz zu einer unphysiologischen Endolymphbewegung und damit zu einem kurzfristigen, bis zum Abklingen der Endolymphbewegung andauernden Schwindel (sog. Tullio-Phänomen) führen kann (vgl. Bl. 26 SG-Akte, Bl. 31 LSG-Akte), und es auch beim Kläger durch das Verklemmen der Säge mit einem lauten Geräusch in einer bestimmten Frequenz zu dem kurzfristigen Schwindel kam (vgl. Bl. 26 SG-Akte). Der Sachverständige hat die Lärmeinwirkung als Auslöser für die akuten Schmerzen und den akuten Schwindel gesehen (vgl. Bl. 27 SG-Akte), der damit nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg - die Schmerzen und der Schwindel - entfielen. Auch der Sachverständige Prof. Dr. L. hat die naturwissenschaftliche Ursache der akuten Beschwerden in Übereinstimmung mit Dr. Z. auf dem Boden der Bogengangsdehiszenz in der Lärmeinwirkung gesehen. Letztlich zweifelt auch die Beklagte nicht an dem naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen den Lärmeinwirkungen und dem unmittelbar danach eingetretenen Schwindel. So hat sie eingeräumt, dass der Kläger anlässlich der angeschuldigten Ereignisse einen akuten Schwindel erlitten habe (vgl. Bl. 23 LSG-Akte). Allerdings stellen die in Gefolge der streitigen Ereignisse aufgetretenen, kurzfristigen Beschwerden - wie oben dargelegt - keinen Gesundheitserstschaden dar.
Im Ergebnis ist der Senat in Übereinstimmung mit Dr. Z. der Auffassung, dass es durch die angeschuldigten Ereignisse auf dem Boden der vorbestehenden Bogengangdehiszenz zu einer kurzfristigen Sensation von Beschwerden, insbesondere zu jeweils einem Schwindelanfall kam, die jedoch nicht die Qualität eines Gesundheits(erst)schadens erreichten. Weitergehende Einflüsse der angeschuldigten Ereignisse auf den Gesundheitszustand vermag der Senat nicht zu bejahen. Dr. Z. hat in seinem Gutachten und in seiner ersten ergänzenden Stellungnahme dargelegt, dass die angeschuldigten Einwirkungen zu einer unphysiologischen Endolymphbewegung führten, mit der Folge von Schwindel bis zum Abklingen dieser Endolymphbewegung (sog. Tullio-Phänomen) und er hat dies durch entsprechende, seinem Gutachten beigefügte Unterlagen belegt. Soweit Prof. Dr. L. in seiner ergänzenden Stellungnahme ein Tullio-Phänomen im Falle einer Bogengangdehiszenz bestreitet, ist dies nicht nachvollziehbar. Denn in seinem vom Kläger vorgelegten Gutachten zur Frage des Vorliegens einer BK 2301 hat er die Darstellung von Dr. Z. einschließlich der von ihm angeführten Belege ausdrücklich bestätigt (Bl. 47 LSG-Akte) und auch er geht von einer Einwirkung auf den Perilymphdruck durch die angeschuldigten Ereignisse aus (s. Bl. 84 LSG-Akte).
Die von Prof. Dr. L. postulierten weiteren Schädigungsmechanismen vermag der Senat nicht zu Grunde zu legen. Insbesondere verneint der Senat eine richtungsgebende Verschlechterung der vorbestehenden Krankheitsanlage Bogengangdehiszenz durch die in Rede stehenden Ereignisse.
In seinem zur BK 2301 erstatteten Gutachten hat Prof. Dr. L. dargelegt, dass die angeschuldigten Ereignisse geeignet seien, den vorbestehenden strukturellen Defekt, der noch keine Symptome gemacht habe, in seiner Ausdehnung zu vergrößern und symptomatisch (in Form von Dauerschwindel und Attackenschwindel) zu machen (Bl. 47 LSG-Akte). Durch die Schalleinwirkung mit Steigerung des Perilymphdruckes in den Bogengängen und damit Druck von innen auf die Bogengangsfistel könne die ohnehin an den Rändern sehr dünne knöcherne Bedeckung vergrößert werden, so dass es schließlich zu einem gelegentlichen Aufplatzen des Perilymphschlauches mit attackenartigem Schwindel kommen könne (echtes Fistelsymptom), wobei sich die Fistel wieder schließen könne, so dass längere Zeit keine Schwindelattacken aufträten (Bl. 48 LSG-Akte). Dies hat er in seinem Gutachten für den Senat wiederholt (Bl. 84 LSG-Akte) und postuliert, dass die plötzliche Druckerhöhung die Größe der Labyrinthfistel erweiterte. Indessen lässt sich ein solcher Ablauf nicht verifizieren. Keine der, auch zeitnah, noch im August 2010 durchgeführten Untersuchungen hat Hinweise darauf erbracht, dass die vorbestehende Bogengangdehiszenz vergrößert worden wäre. Im Grunde bietet Prof. Dr. L. eine Erklärung für eine mögliche Entwicklung. Hierauf hat Dr. Z. in seiner zweiten Stellungnahme für den Senat zutreffend hingewiesen (vgl. Bl. 108, 112 LSG-Akte). Er hat dargelegt, dass bei den zeitnahen Untersuchungen vom August 2010 im Universitätsklinikum H. insoweit keinerlei Auffälligkeiten gefunden wurden (u.a. Bl. 110 LSG-Akte) und dass es zu einer Beschwerdeausweitung nach einer deutlichen Latenz von Monaten bis Jahren kam. Dass die von ihm postulierte Vergrößerung des strukturellen Defekts durch die in Rede stehenden Ereignisse durch keine Untersuchung bestätigt worden ist, hat auch Prof. Dr. L. nicht in Abrede gestellt. Soweit er darauf hinweist, dass fehlende Befunde seine Auffassung nicht widerlegten, trifft dies zwar zu. Indessen wird dadurch seine Auffassung auch nicht bestätigt, und es bleibt bei der Möglichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs genügt jedoch - wie oben dargelegt - nicht für die Annahme von Wahrscheinlichkeit.
Soweit der Kläger in Bezug auf dessen zweite ergänzende Stellungnahme die Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen durch Dr. Z. rügt, beruht dies auf dem vom Sachverständigen referierten Ergebnis einer Besprechung des Falles des Klägers bei einem Seminar. Indessen geht diese Rüge ins Leere. Zum einen hat Dr. Z. ausgeführt, die Anonymität der Identität des Klägers sei gewahrt worden. Der Hinweis des Klägers, die teilnehmenden Ärzte würden den Kläger aus dem Verfahren kennen, ist nicht nachvollziehbar und vom Kläger auch nicht substanziiert worden. Zum anderen legt der Senat das von Dr. Z. referierte Ergebnis seiner Bewertung nicht zu Grunde. Denn die einzelnen Aspekte, wie die diskutierenden Ärzte zu diesem Ergebnis gelangt sind, hat Dr. Z. nicht referiert.
In der Folge ist Prof. Dr. L. unter dem Eindruck des Einwandes der Tatsache, dass der Kläger schon vor den angeschuldigten Ereignissen immer wieder vergleichbaren Belastungen ausgesetzt war, ohne dass Schwindelerscheinungen und sonstige Beschwerden auftraten, ohne dass es also zu der postulierten Vergrößerung des Defekts kam, von seiner ursprünglichen Darstellung dann allerdings abgegangen. Er hat nun dargelegt, dass die früheren vergleichbaren Schallereignisse, ebenso wie schweres Heben und Pressen (Bl. 124 LSG-Akte), in der Lage gewesen seien, die vorbestehende Bogengangdehiszenz schrittweise zu erweitern, ohne dass Symptome ausgelöst wurden. Im Zeitpunkt der "Unfälle" habe sie (die Bogengangdehiszenz) einen solch kritischen Punkt erreicht, dass heftiger Schwindel ausgelöst worden sei (Bl. 123 f. LSG-Akte). Diesen Punkt hat er als "locus minoris resistentiae", Ort des geringsten Widerstandes, bezeichnet und dargelegt, dass alle möglichen Aktionen, also erneute Schalleinwirkung, kurzes Anheben oder abrupte Bewegungen dann zu kurzfristigen Schwindelerscheinungen führen könnten (Bl. 123 LSG-Akte).
Damit hat Prof. Dr. L. gegenüber seiner ersten Darstellung, wonach die angeschuldigten zwei Ereignisse die vorbestehende Bogengangdehiszenz derart vergrößerten, dass die bisherige Schadensanlage nun symptomatisch geworden sei, ein mehrzeitiges Geschehen angenommen. Er postuliert, dass schon vor den angeschuldigten Ereignissen andere Einwirkungen zu einer Vergrößerung der Bogengangdehiszenz führten. Belege für eine solchen Hergang vermag der Sachverständige aber wiederum nicht anzuführen. Keine der durchgeführten Untersuchungen hat Hinweise auf ein derartiges Geschehen erbracht. Vielmehr stellt der von Prof. Dr. L. nunmehr beschriebene Verlauf wiederum eine - zweite - Möglichkeit des Hergangs dar. Für die Annahme von Wahrscheinlichkeit genügt dies - wie dargelegt - indessen nicht.
Eine andere Beurteilung rechtfertigt auch nicht die Annahme von Prof. Dr. L. , die mehrzeitige Vergrößerung der Bogengangdehiszenz sei durch berufliche Einflüsse hervorgerufen. Abgesehen davon, dass auch im Alltagsbereich zur Schädigung geeignete Einflüsse (schweres Heben, Pressen, so Prof. Dr. L. Bl. 124 LSG-Akte; Druck von innen, z.B. Schneuzen, so Dr. Z. , Bl. 26 Mitte SG-Akte) auftreten, würde ein solches mehrzeitiges Geschehen nicht die Kriterien des Arbeitsunfalles erfüllen. Denn in Abgrenzung zur einer Berufskrankheit, die (von Ausnahmen abgesehen) typischerweise durch längere Expositionen entsteht, ist der Arbeitsunfall durch das schädigende Ereignis (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII) gekennzeichnet. Dies ist von der Rechtsprechung dahingehend definiert, dass die Einwirkung innerhalb einer Arbeitsschicht erfolgt sein muss (BSG, Urteil vom 26.09.1961, 2 RU 191/59 in SozR Nr. 46 zu § 542 RVO; Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 7/84, juris). Mehrzeitige, über eine Arbeitsschicht hinausgehende berufliche Einwirkungen erfüllen daher, auch wenn sie sich schädigend auswirken, nicht die Kriterien eines Arbeitsunfalles.
Darüber hinaus wäre - folgte man den letzten Ausführungen von Prof. Dr. L. - die streitige Einwirkung i.S. einer Auslösung der Symptomatik auf dem Boden des "locus minoris resistentiae" (Ort des geringsten Widerstandes) nicht wesentlich für die ausgelöste Symptomatik.
Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, auch zum Nachfolgenden). Sozialrechtlich ist allein relevant, ob (auch) das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache - hier die Bogengangdehiszenz als vorbestehende, also unfallunabhängige Ursache der bei den streitigen Ereignissen aufgetretenen Symptomen - es war, ist unerheblich. Wesentlich ist nicht gleichzusetzen mit gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange keine andere Ursache überragende Bedeutung hat. Ist jedoch eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur die erstgenannte Ursache wesentlich und damit Ursache im Sinne des Sozialrechts. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheitsanlage (egal, ob bislang stumm oder als Vorschaden manifest) zu vergleichen und abzuwägen ist (Problem der inneren Ursache), ist in erster Linie darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" (im Falle eines Vorschadens weiterer) akuter Erscheinungen aus ihr durch das Unfallereignis nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Gleiches gilt selbstverständlich, wenn die Erscheinung zu derselben Zeit ohne jede äußere Einwirkung aufgetreten wäre (siehe BSG, Urteil vom 02.02.1999, B 2 U 6/98 R). War also die Krankheitsanlage von überragender Bedeutung, so ist die versicherte naturwissenschaftliche Ursache nicht als wesentlich anzusehen und scheidet als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts aus; die versicherte Ursache ist dann bloß eine so genannte Gelegenheitsursache (BSG, Urteil vom 12.04.2005, a.a.O.).
Ausgehend von einem mehrzeitigen Geschehen und der Annahme, dass die Bogengangdehiszenz durch die vorangegangenen Ereignisse zu einem "locus minoris resistentiae", Ort des geringsten Widerstandes wurde, hat Prof. Dr. L. zwar einerseits die streitigen Ereignisse als symptomauslösend beschrieben, aber auch dargelegt, dass alle möglichen Aktionen, auch kurzes Anheben oder abrupte Bewegungen zu Schwindelerscheinungen führen können. Dies aber - kurzes Anheben, abrupte Bewegungen - sind alltägliche Ereignisse ohne belastende Wirkung. Damit kommt zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Ereignissen dem von Prof. Dr. L. beschriebenen "locus minoris resistentiae", Ort des geringsten Widerstandes die überragende Bedeutung im Verhältnis zur versicherten Ursache zu. Selbst wenn also die von Prof. Dr. L. zuletzt als möglich beschriebene Entwicklung zu Grunde gelegt würde, wäre nicht von einer wesentlichen Verursachung der in Gefolge der streitigen Ereignisse im zeitlichen Verlauf eingetretenen, dauerhaften Symptomatik auszugehen.
Schließlich würde auch das Postulat einer dritten Möglichkeit des Ursachenzusammenhangs kein für den Kläger günstiges Ergebnis begründen. Insoweit böte sich die Kombination der von Prof. Dr. L. postulierten Geschehensabläufe dahingehend an, dass unmittelbar vor den Ereignissen oder jedenfalls vor dem zweiten Ereignis die Situation eines "locus minoris resistentiae", Ort des geringsten Widerstandes noch nicht erreicht war, sondern die oder eines der beiden angeschuldigten Ereignisse die Bogengangdehiszenz nochmals so vergrößerte, dass nun Symptome ausgelöst wurden. Abgesehen davon, dass damit nur ein Hergang beschrieben wäre, der wiederum mangels jeglicher Belege und angesichts der von Prof. Dr. L. angeführten beiden anderen Möglichkeiten nur als dritte Möglichkeit angesehen werden könnte, käme auch hier der vorbestehenden Krankheitsanlage die überragende Bedeutung gegenüber den versicherten Ereignissen zu. Denn dieser Hergang ist vergleichbar mit dem letzten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung der Ereignisse vom 29.07.2010 und 06.08.2010 als Arbeitsunfälle sowie die Anerkennung einer Gleichgewichtsstörung rechts als Folge.
Der am 1952 geborene Kläger war bei der Firma A. Zimmerei in Bad R. als Zimmermann beschäftigt. Eine Lärmschwerhörigkeit ist als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung anerkannt (Bescheid vom 15.01.2013). Bei ihm besteht eine - zunächst unerkannte - Bogengangdehiszenz rechts (Defekt in der knöchernen Abdeckung des oberen Bogengangs des Innenohres, vgl. Anlage zum Gutachten von Dr. Z. , Bl. 30 SG-Akte).
Am 29.07.2010 und 06.08.2010 schnitt der Kläger mit einer Handkreissäge auf einer Baustelle 3-Schichtplatten zurecht, wobei sich die Handkreissäge - wie schon früher gelegentlich - beim Schneiden verklemmte, wodurch ein hohes Pfeif-/Quietschgeräusch erzeugt wurde. In beiden Fällen kam es zu einem Drehschwindelanfall, der den Kläger am 06.08.2010 zu Boden gehen ließ. In beiden Fällen verschwand der Schwindelanfall nach kurzer Zeit wieder (vgl. die Angaben des Klägers gegenüber Dr. Z. , Bl. 20 SG-Akte, und Prof. Dr. L. , Bl. 79/80 LSG-Akte). Am 29.07.2009 verspürte er zusätzlich einen stechenden Schmerz im rechten Ohr, der ebenfalls verschwand. Nach dem 29.07.2009 war er bis zum erneuten Ereignis vom 06.08.2010 beschwerdefrei (vgl. Bl.79 LSG-Akte). Ab 13.08.2010 begab sich der Kläger zur Abklärung der Anfälle in die HNO-Klinik am Universitätsklinikum H. , wo eine am 16.10.2010 durchgeführte Computertomographie (CT) eine knöcherne Dehiszenz des oberen Bogenganges rechts ergab (vgl. ärztlicher Befundbericht des Prof. Dr. Dr. P. vom 25.01.2011, Bl. L3-3 VA sowie CT-Bericht vom 17.08.2010, Bl. L 38-7 VA). Die Indikation zur operativen Abdeckung der Dehiszenz des oberen Bogenganges wurde gestellt, ein vereinbarter Operationstermin wurde vom Kläger jedoch nicht wahrgenommen.
Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme bei dem Facharzt für HNO-Heilkunde B. vom Juni 2011 ein, wonach bildgebend die knöcherne Dehiszenz des rechten oberen Bogengangs zwar gesichert sei. Ob diese aber ursächlich für die beklagten Schwindelbeschwerden sei, sei röntgenologisch nicht belegbar. Jedenfalls habe das angeschuldigte Unfallereignis eine knöcherne Schädigung im Bereich des Bogenganges nicht bedingen können (vgl. Bl. L31-1 f. VA). Mit Bescheid vom 20.07.2010 und Widerspruchsbescheid vom 26.10.2011 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 29.07.2010 bzw. 06.08.2010 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die angeschuldigten Ereignisse nicht für die knöcherne Dehiszenz des rechten oberen Bogengangs ursächlich gewesen seien.
Hiergegen hat der Kläger am 03.11.2011 Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben, die Anerkennung der Ereignisse vom 29.07.2010 und 06.08.2010 als Arbeitsunfälle, die Anerkennung der Gesundheitsstörungen auf HNO-ärztlichem Fachgebiet als Unfallfolgen sowie die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung begehrt und geltend gemacht, dass seit dem Lärmtrauma die Schwindelerscheinungen immer wieder auftreten würden. Die Dehiszenz führe zu chronischem Schwindel und werde durch äußere physikalische Ereignisse, typischerweise laute Geräusche, hervorgerufen. Vor den angeschuldigten Ereignissen habe er nicht unter Schwindel gelitten.
Das Sozialgericht hat ein Gutachten bei dem HNO-Arzt Dr. Z. eingeholt, der auf Grund Untersuchung des Klägers im Januar 2012 - unfallunabhängig - eine beidseitige, hochtonbetonte Hörminderung sowie eine Bogengangdehiszenz rechts beschrieben hat. Der vom Kläger beschriebene akute Ohrschmerz sei ein nachvollziehbares akutes Geschehen ohne bleibende Schmerzzustände. Weiter könne ein akutes, lautes Geräusch kurzfristigen Schwindel, genannt Tullio-Phänomen, hervorrufen, dessen Ursache unter anderem eine Bogengangdehiszenz sei. Eine solche sei beim Kläger im CT nachgewiesen worden, diese könne jedoch aus anatomischen und physiologischen Gründen nicht durch den Lärm einer sich verklemmenden Säge hervorgerufen werden, sondern werde entweder traumatisch erworben, entstehe entzündlich oder sei anlagebedingt. Diese Bogengangdehiszenz begünstige das Auftreten von kurzfristigem Schwindel, z.B. durch das Einwirken von hohen Schallenergien (sog. Tullio-Phänomen). Es sei also wahrscheinlich, dass das Verklemmen der Säge mit einem lauten Geräusch einer bestimmten Frequenz zu dem kurzfristigen Schwindel des Klägers geführt habe. Allerdings hätten auch andere, nicht beruflich verursachte Geräusche (z.B. Aufsuchen eines Rockkonzerts, Hören lauter Musik über Kopfhörer) dieses Phänomen hervorrufen können. Medizinisch sei jedoch nicht erklärbar, warum beim Vorliegen einer Bogengangdehiszenz nicht schon früher ähnliche Phänomene aufgetreten seien. Als möglich Erklärung hat der Sachverständige angeführt, dass hoher Schalldruck in einer bestimmten Frequenz auftreten müsse, um dieses Phänomen beim Kläger auszulösen. Eigentliche Ursache des Schwindels sei damit die Bogengangdehiszenz, der akute Lärm lediglich Auslöser des Schwindels. Ein bleibender Schaden sei nicht festzustellen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.04.2013 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass ein Gesundheitserstschaden anlässlich der Ereignisse vom 29.07.2010 und 06.08.2010 nicht festzustellen sei und sich hierbei auf das Gutachten des Dr. Z. gestützt, wonach die Bogengangdehiszenz bereits vor den angeschuldigten Ereignissen bestanden habe und die Geräusche nur Anlass bzw. Auslöser des Schwindels, aber nicht dessen wesentliche Ursache gewesen seien.
Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 06.05.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.05.2013 Berufung beim Sozialgericht Mannheim eingelegt und geltend gemacht, dass die Ereignisse zumindest mitursächlich für die bei ihm jetzt vorliegende Gleichgewichtsstörung gewesen seien. Vor den Ereignissen habe er keine Probleme mit Schwindel gehabt, seither löse Bücken oder Drehen Schwindel aus. Ergänzend hat er einen Befundbericht des HNO-Arztes Dr. S. vom März 2013 (Diagnose: Tullio-Phänomen; Bogengangdehiszenz nicht traumatisch bedingt) vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 10.04.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 20.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Ereignisse vom 29.07.2010 und 06.08.2010 als Arbeitsunfälle anzuerkennen und als Folge der Ereignisse vom 29.07.2010 und 06.08.2010 eine Gleichgewichtsstörung rechts festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Zwar habe der Kläger anlässlich der angeschuldigten Ereignisse einen akuten Schwindel erlitten. Es sei aber bereits zuvor zu vergleichbarer Geräuschentwicklung gekommen, ohne dass Schwindel aufgetreten sei. Es sei daher davon auszugehen, dass die unfallunabhängig vorbestehende Bogengangdehiszenz unbemerkt vorangeschritten sei und zur Zeit der angeschuldigten Ereignisse einen Zustand erreicht habe, welcher die Lärmeinwirkungen nicht mehr toleriert habe und daher Schwindel als akute Erscheinung ausgelöst worden sei. Daher seien die angeschuldigten Lärmereignisse lediglich Gelegenheitsursachen für die Auslösung von Schwindelerscheinungen aus der Bogengangdehiszenz, nicht aber wesentliche Teilursache hierfür. Die Beklagte hat das im Rahmen des Verfahrens zur Klärung der Folgen der Lärmschwerhörigkeit des Klägers vom Sozialgericht Mannheim (S 12 U 2879/13) auf Antrag und Kosten des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingeholte Gutachten des HNO-Arztes Prof. Dr. L. vom Juli 2014 vorgelegt, wonach es bei den fraglichen Ereignissen zu einer Verschlimmerung der vorbestehenden Bogengangdehiszenz mit fortbestehendem leichtem Dauerschwindel und provozierbarem Attackenschwindel gekommen sei.
Zur weiteren Sachaufklärung hat der Senat zunächst eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. Z. vom November 2013 eingeholt. Hierin hat der Sachverständige dargelegt, dass hoher Schalldruck bei einer Bogengangdehiszenz zu einer unphysiologischen Endolymphbewegung und damit zu einem kurzfristigen, bis zum Abklingen der Endolymphbewegung andauernden Schwindel (Tullio-Phänomen) führen könne. Im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung seien keine Schwindelerscheinungen beim Kläger objektivierbar gewesen. Der Kläger habe lediglich über kurzfristigen Schwindel bei schneller Drehung um die eigene Achse geklagt.
Auf Antrag und Kosten des Klägers hat der Senat sodann ein Gutachten nach § 109 SGG bei Prof. Dr. L. eingeholt, der bei dem Kläger eine - so der Sachverständige - unfallunabhängige leichtgradige Lärmschwerhörigkeit beidseits sowie eine zwar schon vor den streitigen Ereignissen vorhandene, sich jedoch durch diese Ereignisse richtungsgebend im Sinne einer Vergrößerung verschlechternde Bogengangdehiszenz diagnostiziert hat. Es bestehe eine Untererregbarkeit des rechten peripheren Labyrinthes. Starke Schalleinwirkung könne zu einer Erhöhung des Drucks der Innenohr- und der Labyrinthflüssigkeit führen und dieser Druck könne eine vorbestehende symptomlose Fistel erweitern. Die beim Kläger bestehende Gleichgewichtsstörung rechts sei auf diese (vergrößerte) Bogengangdehiszenz zurückzuführen. Zwar hätten auch andere Umstände zur Vergrößerung führen können, z.B. extrem starkes Pressen, wie Heben schwerer Gegenstände mit Druck zum Kopf, ein Schädelhirntrauma oder ein extremer Knall mit 130 dB. Solche Arbeiten habe der Kläger jedoch über Jahrzehnte oft ausgeführt, was auch für mäßig laute Lärmeinwirkung zutreffe, die nie zuvor Schwindel ausgelöst hätten. Es habe der zwei hintereinander erfolgten extrem starken Lärmeinwirkungen mit sehr hoher Frequenz bedurft, um die vorbestehende krankhafte Anlage richtungsgebend zu verschlechtern.
Der Senat hat zu dem Gutachten des Prof. Dr. L. eine erneute ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. Z. vom Januar 2015 eingeholt. Hierin hat Dr. Z. ausgeführt, dass zeitnah zu den angeschuldigten Ereignissen von der HNO-Universitätsklinik kein krankhafter Befund festgestellt worden sei, was gegen die von Prof. Dr. L. geäußerte Vergrößerung der vorbestehenden Dehiszenz spreche. Auch könne eine rechtsseitige Fistel den im Juli 2013 erhobenen Befund der beidseitigen labyrinthären Unterfunktion nicht erklären. Die mit deutlicher Latenz aufgetretenen Schwindelbeschwerden, die insbesondere durch Lage- und Lagerungsänderung hervorgerufen würden, würden für einen benignen Lagerungsschwindel sprechen, der nicht mit den angeschuldigten Ereignissen in Verbringung zu bringen sei.
Hierzu hat der Senat wiederum eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. L. gemäß § 109 SGG eingeholt, der dargelegt hat, dass der vor den angeschuldigten Ereignissen bereits bestehende Bogengangsdefekt auch durch häufige extreme Schallereignisse schrittweise - ohne dass Schwindelerscheinungen aufgetreten seien - erweitert worden sei und dann einen kritischen Punkt i. S. eines Ortes des geringsten Widerstandes erreicht habe, sodass die angeschuldigten Ereignisse die heftige Schwindelsymptomatik ausgelöst hätten, die bis heute abhängig von äußeren Einflüssen (starker Lärm, körperliche Aktivitäten) wiederholt auftreten würden. Ein benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel würde zwar eine ähnliche Situation verursachen, nicht aber zu einer einseitigen kalorischen Untererregbarkeit gerade auf der Seite der Bogengangdehiszenz führen und nur bei Personen ohne Bogengangsdefekt auftreten sowie lediglich zu vorübergehenden, leichten Gleichgewichtsstörungen führen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 20.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2011, mit dem die Beklagte feststellte, dass "das Ereignis vom 29.07.2010 bzw. 06.08.2010 ... keinen Arbeitsunfall ..." darstellt. Damit lehnte die Beklagte die Anerkennung dieser Ereignisse als Arbeitsunfall ab.
Die hiergegen gerichtete Anfechtungs- und Verpflichtungsklage - auf Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung der Ereignisse als Arbeitsunfall und zur Feststellung einer Gleichgewichtsstörung rechts als Unfallfolge - hat das Sozialgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Allerdings ist die Klage in Bezug auf die begehrte Verurteilung der Beklagten zur Feststellung von Unfallfolgen bereits unzulässig. Denn mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.06.2011 sowie dem Widerspruchsbescheid vom 26.10.2011 lehnte die Beklagte allein die Anerkennung der Ereignisse vom 29.07.2010 und 06.08.2010 als Arbeitsunfälle ab. Eine Regelung i.S. des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Bezug auf Unfallfolgen enthalten diese Bescheide somit gerade nicht. Soweit in ihnen Gesundheitsstörungen erwähnt sind, sind diese Ausführungen Teil der Begründung. Damit fehlt es in Bezug auf Unfallfolgen an einer anfechtbaren Verwaltungsentscheidung. Der Kläger kann somit nicht geltend machen, in Bezug auf die Anerkennung bzw. Ablehnung von Unfallfolgen durch die streitgegenständlichen Bescheide in seinen Rechten verletzt zu sein. Damit ist die Anfechtungsklage insoweit mangels Klagebefugnis unzulässig (vgl. hierzu Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 11. Auflage, § 54 Rdnrn. 7, 9 f.). Entsprechendes gilt für die Verpflichtungsklage. Voraussetzung ist auch hier, dass zunächst die Verwaltung mit der Sache befasst war und über das Begehren in den angefochtenen Bescheiden entschied (BSG, Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 25/09 R; Urteil vom 30.10.2007, B 2 U 4/06 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 5; Urteil vom 16.11.2005, B 2 U 28/04 R). Andernfalls fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes in Form eines derartigen Verpflichtungsbegehrens (Keller, a.a.O., Rdnrn. 21). Die mangels anfechtbarer Verwaltungsentscheidung unzulässige Anfechtungsklage zieht gleichsam die Unzulässigkeit der Verpflichtungsklage nach sich (vgl. BSG, Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 25/09 R.).
Sein in erster Instanz formuliertes Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat der Kläger auf Hinweis des Senats nicht mehr aufrecht erhalten.
Zulässiger Gegenstand des Rechtsstreits ist somit allein die von der Beklagten abgelehnte Anerkennung der Ereignisse vom 29.07.2010 und 06.08.2010 als Arbeitsunfälle, die der Kläger im Berufungsverfahren mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage weiter verfolgt.
Diese Klage hat das Sozialgericht zu Recht abgewiesen. Die Feststellung der Beklagten, es lägen keine Arbeitsunfälle vor, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Bei den Ereignissen vom 29.07.2010 und 06.08.2010 handelte es sich nicht um Arbeitsunfälle.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 8/06 R in juris), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen auf Grund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.
Dass der Kläger am 29.07.2010 und 06.08.2010 in Verrichtung seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit als Zimmermann mit einer Handkreissäge 3-Schichtplatten zurechtschnitt, als sich die Handkreissäge hierbei verklemmte, und hierdurch ein hohes Pfeif-/Quietschgeräusch erzeugt wurde, und damit grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand sowie dass es sich beim Zusägen der Platten mit sehr lauter Geräuschentwicklung um ein äußeres Ereignis handelte, steht für den Senat fest. Die für einen Arbeitsunfall erforderliche äußere Einwirkung auf den Körper kann auch darin bestehen, dass durch betriebliche Einflüsse eine krankhafte Störung im Körperinneren hervorgerufen wird (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Denn das Merkmal äußere Einwirkung dient lediglich der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden auf Grund innerer Ursachen. Dies ist zwischen den Beteiligten im Übrigen auch nicht streitig.
Allerdings erlitt der Kläger bei diesen Ereignissen keinen Gesundheitserstschaden.
Die beim Kläger diagnostisch gesicherte Bogengangdehiszenz (vgl. Bl. L3-3 und Bl. L 38-7 VA) ist nicht ursächlich auf die Ereignisse zurückzuführen. Dies haben sowohl der gerichtliche Sachverständige Dr. Z. in seinem für das Sozialgericht erstatteten Gutachten als auch der im Berufungsverfahren nach § 109 SGG beauftragte Sachverständigen Prof. Dr. L. übereinstimmend dargelegt. Die Sachverständigen sind sich insofern einig, dass das bei den streitigen Ereignissen durch das Einklemmen des Sägeblatts erzeugte Geräusch keine Bogengangdehiszenz verursachen kann. Eine Bogengangdehiszenz, d.h. eine unnatürliche Öffnung in der knöchernen Kapsel des Labyrinths als Umhüllung des Gleichgewichtorgans, ist laut dem Sachverständigen Dr. Z. entweder traumatisch erworben (z.B. durch Schädelhirntrauma), entsteht entzündlich oder ist anlagebedingt (vgl. Bl. 26 SG-Akte). Der Sachverständige Prof. Dr. L. hat sich insoweit der Einschätzung des Dr. Z. angeschlossen und ausgeführt, dass die Bogengangdehiszenz mit Sicherheit keine Unfallfolge darstelle (vgl. Bl. 78 LSG-Akte) und insoweit keine Zweifel bestünden, dass diese bereits vor den angeschuldigten Ereignissen bestanden habe (vgl. Bl. 84 LSG-Akte). Anderes behauptet im Übrigen auch der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr.
Die beim Kläger bestehende beidseitige Innenohrschwerhörigkeit ist ebenfalls nicht auf die angeschuldigten Ereignisse zurückzuführen. Dagegen spricht - so Dr. Z. nachvollziehbar -, dass eine für eine akute Hörverminderung ausreichende Lärmexposition anlässlich der angeschuldigten Ereignisse nicht nachgewiesen sei und der Kläger auch nicht sofort eine Hörverminderung verspürt habe (vgl. Bl. 25 SG-Akte). Diese Einschätzung hat Prof. Dr. L. bestätigt (vgl. Bl. 86 f. LSG-Akte) und eine Schädigung des Innenohres durch die streitigen Ereignisse verneint. Er ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Innenohrschwerhörigkeit mit zeitweise vorhandenem Tinnitus (so seine Diagnose, Bl. 87 LSG-Akte) nicht unfallbedingt auftrat, sondern als chronische Lärmschädigung zu interpretieren ist (Bl. 86 LSG-Akte). Insoweit ist zwischenzeitlich eine berufsbedingte Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur BKV anerkannt und auch der Kläger behauptet im Berufungsverfahren keine unfallbedingte Schwerhörigkeit als Folge der Ereignisse mehr.
Die unmittelbar durch die vom Kläger angeschuldigte berufliche Einwirkung (hohes Pfeif-/Quietschgeräusch durch das verkantete Sägeblatt) verursachten Sensationen stellen als solche, für sich genommen, keinen Gesundheitserstschaden dar. Nach den Angaben des Klägers kam es durch das Geräusch sowohl am 29.07. als auch am 06.08.2010 zu jeweils kurzzeitigen Drehschwindelanfällen. Gegenüber Dr. Z. hat der Kläger insoweit angegeben, am 29.07.2010 habe der Drehschwindel ca. eine Minute angehalten und sich dann gebessert. Gegenüber Prof. Dr. L. hat der Kläger angegeben, der Schwindel sei verschwunden, als er die Kreissäge abgelegt habe. Auch für den 06.08.2010 hat der Kläger Prof. Dr. L. gegenüber beschrieben, dass der Schwindel, der diesmal heftig gewesen sei und ihn zu Boden gezwungen habe (so auch die Angabe bei Dr. Z. ), wieder verschwunden sei. Damit kam es auf Grund beider Ereignisse zu jeweils kurzfristigen Schwindelanfällen ohne über den kurzen Zeitraum des jeweiligen Anfalles hinausgehende funktionelle Einschränkungen oder irgendwelchen Folgen. Insbesondere hat der Kläger Begleitverletzungen durch das Zu-Boden-gehen am 06.08.2010 ausdrücklich verneint (Bl. 80 LSG-Akte). Damit lässt sich die Annahme eines Schadens i.S. eines Gesundheitserstschadens mit diesen Schwindelanfällen nicht begründen.
Gleiches gilt in Bezug auf den vom Kläger für den 29.07.2010 bei Dr. Z. und in seiner ersten Meldung an die Beklagte (Bl. L3-1 VA) geschilderten Ohrenschmerz. Denn auch dieser Schmerz war nur kurzfristig. Gegenüber Prof. Dr. L. gab der Kläger diesen Schmerz weder für das Ereignis vom 29.07.2010 noch für jenes vom 06.08.2010 an, wohl aber, dass er nach dem Vorfall vom 29.07.2010 beschwerdefrei gewesen sei. Eine entsprechende Schmerzsensation am 06.08.2010 ist nicht feststellbar. Einen stechenden Schmerz im Ohr gab der Kläger nur in seiner Meldung gegenüber der Beklagten an (Bl. L3-1 VA), nicht aber gegenüber den beiden gerichtlichen Sachverständigen. Damit vermag der Senat allenfalls für den 29.07.2010 von einem kurzfristigen, folgenlos abgeklungenen und ohne auf eine strukturelle Schädigung hindeutenden Ohrenschmerz auszugehen, der zu keinem Zeitpunkt funktionelle Einschränkungen zur Folge hatte, und damit auch insoweit nicht von einem Gesundheitsschaden.
Der Senat kann offen lassen, in welchen Fällen durch ein versichertes Ereignis verursachte Kopfschmerzen bei fehlender struktureller Schädigung einen Gesundheitserstschaden darstellen. Denn es ist nicht feststellbar, dass es durch die in Rede stehenden Ereignisse zu Kopfschmerzen kam. So hat der Kläger gegenüber Dr. Z. angegeben, in den Tagen nach dem 29.07.2010 Kopfschmerzen gehabt zu haben, die spontan angeklungen seien. Für den 06.08.2010 hat der Kläger gegenüber diesem Sachverständigen keine Kopfschmerzen beschrieben. Gegenüber Prof. Dr. L. hat der Kläger Kopfschmerzen im Zusammenhang mit dem 29.07.2010 nicht erwähnt, sondern Beschwerdefreiheit angegeben. Anders als gegenüber Dr. Z. hat der Kläger bei Prof. Dr. L. Kopfschmerzen in Bezug auf das Ereignis vom 06.08.2010 behauptet. Ob und wann nun tatsächlich Kopfschmerzen auftraten, lässt sich angesichts dieser unterschiedlichen Angaben nicht feststellen. Damit bedarf es auch keiner Klärung, ob derartige Kopfschmerzen tatsächlich durch eines dieser Ereignisse ausgelöst wurden. Insoweit bestehen schon auf Grund weiterer Angaben des Klägers Zweifel. Denn nach seiner ersten Darstellung gegenüber der Beklagten kam es in den Tagen nach dem 29.07.2010 zu Migräne-Attacken, wobei schon zuvor eine rechtsseitige Migräne als Vorerkrankung bekannt war (vgl. den Bericht des Universitätsklinikums H. Bl. L3-3 VA), die nach den Angaben des Klägers wetterabhängig war (Bl. L13-1 VA). Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass selbst im Falle erheblicher, weil zur Annahme eines Gesundheitserstschadens führender Kopfschmerzen der Kläger aus der dann zu treffenden Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles keine weitergehenden Rechte ableiten könnte. Denn dauerhafte Kopfschmerzen sind nicht verblieben und die für den Kläger im Vordergrund stehende Frage eines Ursachenzusammenhangs der streitigen Ereignisse mit den Gleichgewichtsstörungen wird durch die allenfalls einmaligen Kopfschmerzen nicht beeinflusst.
In Übereinstimmung mit dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. Z. geht der Senat allerdings davon aus, dass die unmittelbar nach den angeschuldigten Geräuschen aufgetretenen (kurzzeitigen) Beschwerden, insbesondere der an beiden Tagen aufgetretene kurzzeitige Drehschwindel auf dem Boden der vorbestehenden Bogengangdehiszenz durch diese Geräusche ausgelöst wurden. Dem gegenüber ist nicht feststellbar, dass es durch die angeschuldigten Ereignisse zu einer strukturellen Schädigung (i.S. einer Vergrößerung der Dehiszenz) kam oder dass die Ereignisse wesentlich für die Ausbildung der dauerhaften Schwindelsymptomatik und damit der Gleichgewichtsstörungen (i.S. einer Verschlechterung der bis dahin symptomlosen Krankheitsanlage) waren.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Wie bereits oben dargelegt genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist.
Die Lärmeinwirkungen am 29.07.2010 und 06.08.2010 waren - neben der vorbestehenden Bogengangdehiszenz - naturwissenschaftliche Ursache (erste Stufe der Kausalitätsprüfung) für die unmittelbar danach aufgetretenen Beschwerden, insbesondere die Schwindelattacken. Der Sachverständige Dr. Z. hat nachvollziehbar dargelegt, dass ein - vom Kläger jedenfalls für den 29.07.2010 beschriebener - akuter Ohrschmerz durch das Einwirken von akutem Lärm verursacht werden könne, sodass es sich auch im vorliegenden Fall um ein nachvollziehbares Geschehen handele (vgl. Bl. 26 SG-Akte). Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass hoher Schalldruck in einer bestimmten Frequenz im Falle einer Bogengangsdehiszenz zu einer unphysiologischen Endolymphbewegung und damit zu einem kurzfristigen, bis zum Abklingen der Endolymphbewegung andauernden Schwindel (sog. Tullio-Phänomen) führen kann (vgl. Bl. 26 SG-Akte, Bl. 31 LSG-Akte), und es auch beim Kläger durch das Verklemmen der Säge mit einem lauten Geräusch in einer bestimmten Frequenz zu dem kurzfristigen Schwindel kam (vgl. Bl. 26 SG-Akte). Der Sachverständige hat die Lärmeinwirkung als Auslöser für die akuten Schmerzen und den akuten Schwindel gesehen (vgl. Bl. 27 SG-Akte), der damit nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg - die Schmerzen und der Schwindel - entfielen. Auch der Sachverständige Prof. Dr. L. hat die naturwissenschaftliche Ursache der akuten Beschwerden in Übereinstimmung mit Dr. Z. auf dem Boden der Bogengangsdehiszenz in der Lärmeinwirkung gesehen. Letztlich zweifelt auch die Beklagte nicht an dem naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen den Lärmeinwirkungen und dem unmittelbar danach eingetretenen Schwindel. So hat sie eingeräumt, dass der Kläger anlässlich der angeschuldigten Ereignisse einen akuten Schwindel erlitten habe (vgl. Bl. 23 LSG-Akte). Allerdings stellen die in Gefolge der streitigen Ereignisse aufgetretenen, kurzfristigen Beschwerden - wie oben dargelegt - keinen Gesundheitserstschaden dar.
Im Ergebnis ist der Senat in Übereinstimmung mit Dr. Z. der Auffassung, dass es durch die angeschuldigten Ereignisse auf dem Boden der vorbestehenden Bogengangdehiszenz zu einer kurzfristigen Sensation von Beschwerden, insbesondere zu jeweils einem Schwindelanfall kam, die jedoch nicht die Qualität eines Gesundheits(erst)schadens erreichten. Weitergehende Einflüsse der angeschuldigten Ereignisse auf den Gesundheitszustand vermag der Senat nicht zu bejahen. Dr. Z. hat in seinem Gutachten und in seiner ersten ergänzenden Stellungnahme dargelegt, dass die angeschuldigten Einwirkungen zu einer unphysiologischen Endolymphbewegung führten, mit der Folge von Schwindel bis zum Abklingen dieser Endolymphbewegung (sog. Tullio-Phänomen) und er hat dies durch entsprechende, seinem Gutachten beigefügte Unterlagen belegt. Soweit Prof. Dr. L. in seiner ergänzenden Stellungnahme ein Tullio-Phänomen im Falle einer Bogengangdehiszenz bestreitet, ist dies nicht nachvollziehbar. Denn in seinem vom Kläger vorgelegten Gutachten zur Frage des Vorliegens einer BK 2301 hat er die Darstellung von Dr. Z. einschließlich der von ihm angeführten Belege ausdrücklich bestätigt (Bl. 47 LSG-Akte) und auch er geht von einer Einwirkung auf den Perilymphdruck durch die angeschuldigten Ereignisse aus (s. Bl. 84 LSG-Akte).
Die von Prof. Dr. L. postulierten weiteren Schädigungsmechanismen vermag der Senat nicht zu Grunde zu legen. Insbesondere verneint der Senat eine richtungsgebende Verschlechterung der vorbestehenden Krankheitsanlage Bogengangdehiszenz durch die in Rede stehenden Ereignisse.
In seinem zur BK 2301 erstatteten Gutachten hat Prof. Dr. L. dargelegt, dass die angeschuldigten Ereignisse geeignet seien, den vorbestehenden strukturellen Defekt, der noch keine Symptome gemacht habe, in seiner Ausdehnung zu vergrößern und symptomatisch (in Form von Dauerschwindel und Attackenschwindel) zu machen (Bl. 47 LSG-Akte). Durch die Schalleinwirkung mit Steigerung des Perilymphdruckes in den Bogengängen und damit Druck von innen auf die Bogengangsfistel könne die ohnehin an den Rändern sehr dünne knöcherne Bedeckung vergrößert werden, so dass es schließlich zu einem gelegentlichen Aufplatzen des Perilymphschlauches mit attackenartigem Schwindel kommen könne (echtes Fistelsymptom), wobei sich die Fistel wieder schließen könne, so dass längere Zeit keine Schwindelattacken aufträten (Bl. 48 LSG-Akte). Dies hat er in seinem Gutachten für den Senat wiederholt (Bl. 84 LSG-Akte) und postuliert, dass die plötzliche Druckerhöhung die Größe der Labyrinthfistel erweiterte. Indessen lässt sich ein solcher Ablauf nicht verifizieren. Keine der, auch zeitnah, noch im August 2010 durchgeführten Untersuchungen hat Hinweise darauf erbracht, dass die vorbestehende Bogengangdehiszenz vergrößert worden wäre. Im Grunde bietet Prof. Dr. L. eine Erklärung für eine mögliche Entwicklung. Hierauf hat Dr. Z. in seiner zweiten Stellungnahme für den Senat zutreffend hingewiesen (vgl. Bl. 108, 112 LSG-Akte). Er hat dargelegt, dass bei den zeitnahen Untersuchungen vom August 2010 im Universitätsklinikum H. insoweit keinerlei Auffälligkeiten gefunden wurden (u.a. Bl. 110 LSG-Akte) und dass es zu einer Beschwerdeausweitung nach einer deutlichen Latenz von Monaten bis Jahren kam. Dass die von ihm postulierte Vergrößerung des strukturellen Defekts durch die in Rede stehenden Ereignisse durch keine Untersuchung bestätigt worden ist, hat auch Prof. Dr. L. nicht in Abrede gestellt. Soweit er darauf hinweist, dass fehlende Befunde seine Auffassung nicht widerlegten, trifft dies zwar zu. Indessen wird dadurch seine Auffassung auch nicht bestätigt, und es bleibt bei der Möglichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs genügt jedoch - wie oben dargelegt - nicht für die Annahme von Wahrscheinlichkeit.
Soweit der Kläger in Bezug auf dessen zweite ergänzende Stellungnahme die Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen durch Dr. Z. rügt, beruht dies auf dem vom Sachverständigen referierten Ergebnis einer Besprechung des Falles des Klägers bei einem Seminar. Indessen geht diese Rüge ins Leere. Zum einen hat Dr. Z. ausgeführt, die Anonymität der Identität des Klägers sei gewahrt worden. Der Hinweis des Klägers, die teilnehmenden Ärzte würden den Kläger aus dem Verfahren kennen, ist nicht nachvollziehbar und vom Kläger auch nicht substanziiert worden. Zum anderen legt der Senat das von Dr. Z. referierte Ergebnis seiner Bewertung nicht zu Grunde. Denn die einzelnen Aspekte, wie die diskutierenden Ärzte zu diesem Ergebnis gelangt sind, hat Dr. Z. nicht referiert.
In der Folge ist Prof. Dr. L. unter dem Eindruck des Einwandes der Tatsache, dass der Kläger schon vor den angeschuldigten Ereignissen immer wieder vergleichbaren Belastungen ausgesetzt war, ohne dass Schwindelerscheinungen und sonstige Beschwerden auftraten, ohne dass es also zu der postulierten Vergrößerung des Defekts kam, von seiner ursprünglichen Darstellung dann allerdings abgegangen. Er hat nun dargelegt, dass die früheren vergleichbaren Schallereignisse, ebenso wie schweres Heben und Pressen (Bl. 124 LSG-Akte), in der Lage gewesen seien, die vorbestehende Bogengangdehiszenz schrittweise zu erweitern, ohne dass Symptome ausgelöst wurden. Im Zeitpunkt der "Unfälle" habe sie (die Bogengangdehiszenz) einen solch kritischen Punkt erreicht, dass heftiger Schwindel ausgelöst worden sei (Bl. 123 f. LSG-Akte). Diesen Punkt hat er als "locus minoris resistentiae", Ort des geringsten Widerstandes, bezeichnet und dargelegt, dass alle möglichen Aktionen, also erneute Schalleinwirkung, kurzes Anheben oder abrupte Bewegungen dann zu kurzfristigen Schwindelerscheinungen führen könnten (Bl. 123 LSG-Akte).
Damit hat Prof. Dr. L. gegenüber seiner ersten Darstellung, wonach die angeschuldigten zwei Ereignisse die vorbestehende Bogengangdehiszenz derart vergrößerten, dass die bisherige Schadensanlage nun symptomatisch geworden sei, ein mehrzeitiges Geschehen angenommen. Er postuliert, dass schon vor den angeschuldigten Ereignissen andere Einwirkungen zu einer Vergrößerung der Bogengangdehiszenz führten. Belege für eine solchen Hergang vermag der Sachverständige aber wiederum nicht anzuführen. Keine der durchgeführten Untersuchungen hat Hinweise auf ein derartiges Geschehen erbracht. Vielmehr stellt der von Prof. Dr. L. nunmehr beschriebene Verlauf wiederum eine - zweite - Möglichkeit des Hergangs dar. Für die Annahme von Wahrscheinlichkeit genügt dies - wie dargelegt - indessen nicht.
Eine andere Beurteilung rechtfertigt auch nicht die Annahme von Prof. Dr. L. , die mehrzeitige Vergrößerung der Bogengangdehiszenz sei durch berufliche Einflüsse hervorgerufen. Abgesehen davon, dass auch im Alltagsbereich zur Schädigung geeignete Einflüsse (schweres Heben, Pressen, so Prof. Dr. L. Bl. 124 LSG-Akte; Druck von innen, z.B. Schneuzen, so Dr. Z. , Bl. 26 Mitte SG-Akte) auftreten, würde ein solches mehrzeitiges Geschehen nicht die Kriterien des Arbeitsunfalles erfüllen. Denn in Abgrenzung zur einer Berufskrankheit, die (von Ausnahmen abgesehen) typischerweise durch längere Expositionen entsteht, ist der Arbeitsunfall durch das schädigende Ereignis (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII) gekennzeichnet. Dies ist von der Rechtsprechung dahingehend definiert, dass die Einwirkung innerhalb einer Arbeitsschicht erfolgt sein muss (BSG, Urteil vom 26.09.1961, 2 RU 191/59 in SozR Nr. 46 zu § 542 RVO; Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 7/84, juris). Mehrzeitige, über eine Arbeitsschicht hinausgehende berufliche Einwirkungen erfüllen daher, auch wenn sie sich schädigend auswirken, nicht die Kriterien eines Arbeitsunfalles.
Darüber hinaus wäre - folgte man den letzten Ausführungen von Prof. Dr. L. - die streitige Einwirkung i.S. einer Auslösung der Symptomatik auf dem Boden des "locus minoris resistentiae" (Ort des geringsten Widerstandes) nicht wesentlich für die ausgelöste Symptomatik.
Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, auch zum Nachfolgenden). Sozialrechtlich ist allein relevant, ob (auch) das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache - hier die Bogengangdehiszenz als vorbestehende, also unfallunabhängige Ursache der bei den streitigen Ereignissen aufgetretenen Symptomen - es war, ist unerheblich. Wesentlich ist nicht gleichzusetzen mit gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange keine andere Ursache überragende Bedeutung hat. Ist jedoch eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur die erstgenannte Ursache wesentlich und damit Ursache im Sinne des Sozialrechts. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheitsanlage (egal, ob bislang stumm oder als Vorschaden manifest) zu vergleichen und abzuwägen ist (Problem der inneren Ursache), ist in erster Linie darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" (im Falle eines Vorschadens weiterer) akuter Erscheinungen aus ihr durch das Unfallereignis nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Gleiches gilt selbstverständlich, wenn die Erscheinung zu derselben Zeit ohne jede äußere Einwirkung aufgetreten wäre (siehe BSG, Urteil vom 02.02.1999, B 2 U 6/98 R). War also die Krankheitsanlage von überragender Bedeutung, so ist die versicherte naturwissenschaftliche Ursache nicht als wesentlich anzusehen und scheidet als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts aus; die versicherte Ursache ist dann bloß eine so genannte Gelegenheitsursache (BSG, Urteil vom 12.04.2005, a.a.O.).
Ausgehend von einem mehrzeitigen Geschehen und der Annahme, dass die Bogengangdehiszenz durch die vorangegangenen Ereignisse zu einem "locus minoris resistentiae", Ort des geringsten Widerstandes wurde, hat Prof. Dr. L. zwar einerseits die streitigen Ereignisse als symptomauslösend beschrieben, aber auch dargelegt, dass alle möglichen Aktionen, auch kurzes Anheben oder abrupte Bewegungen zu Schwindelerscheinungen führen können. Dies aber - kurzes Anheben, abrupte Bewegungen - sind alltägliche Ereignisse ohne belastende Wirkung. Damit kommt zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Ereignissen dem von Prof. Dr. L. beschriebenen "locus minoris resistentiae", Ort des geringsten Widerstandes die überragende Bedeutung im Verhältnis zur versicherten Ursache zu. Selbst wenn also die von Prof. Dr. L. zuletzt als möglich beschriebene Entwicklung zu Grunde gelegt würde, wäre nicht von einer wesentlichen Verursachung der in Gefolge der streitigen Ereignisse im zeitlichen Verlauf eingetretenen, dauerhaften Symptomatik auszugehen.
Schließlich würde auch das Postulat einer dritten Möglichkeit des Ursachenzusammenhangs kein für den Kläger günstiges Ergebnis begründen. Insoweit böte sich die Kombination der von Prof. Dr. L. postulierten Geschehensabläufe dahingehend an, dass unmittelbar vor den Ereignissen oder jedenfalls vor dem zweiten Ereignis die Situation eines "locus minoris resistentiae", Ort des geringsten Widerstandes noch nicht erreicht war, sondern die oder eines der beiden angeschuldigten Ereignisse die Bogengangdehiszenz nochmals so vergrößerte, dass nun Symptome ausgelöst wurden. Abgesehen davon, dass damit nur ein Hergang beschrieben wäre, der wiederum mangels jeglicher Belege und angesichts der von Prof. Dr. L. angeführten beiden anderen Möglichkeiten nur als dritte Möglichkeit angesehen werden könnte, käme auch hier der vorbestehenden Krankheitsanlage die überragende Bedeutung gegenüber den versicherten Ereignissen zu. Denn dieser Hergang ist vergleichbar mit dem letzten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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