L 2 AS 4916/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 933/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 4916/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21. Oktober 2015 insoweit aufgehoben, als der Beklagte verurteilt wurde, dem Kläger weitere Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung i.H.v. 890 EUR und für die Erstausstattung an Bekleidung i.H.v. 344 EUR zu gewähren, und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der Leistungen zur Erstausstattung für Wohnung und Bekleidung.

Der Kläger ist Dipl.-Ing. und lebte bis zum 7.7.2014 in einer Wohnung in U., bei M ... Dort stand er bis 31.7.2014 beim Jobcenter Landkreis M. im Leistungsbezug nach dem SGB II (Bescheid vom 1.8.2014, Bl. 87 VA) und bis 29.7.2014 wegen eines paranoiden Syndroms unter vorläufiger Betreuung durch den Betreuer M. (Beschluss des Amtsgerichts M. vom 30.1.2014 - 706 XVII 7199/13; Bl. 27 VA RS). Ihm wurde von seinem Vermieter fristlos wegen Mietschulden (nach Mietminderung) gekündigt. Der Kläger verließ die Wohnung vorzeitig wegen der anstehenden Zwangsräumung und ließ seine Habe zurück, die nicht aufbewahrt wurde (Auskunft des Betreuers Bl. 353 VA).

Nach seinen Angaben wanderte der Kläger nach Baden-Württemberg; zumindest seit 21.7.2014 hält er sich in H. auf und war zunächst ohne Wohnung. Nachträglich seit 1.8.2014 erhält er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten (Bescheide vom 19.9.2014, 29.9.2014, und 8.5.2015, Bl. 113, 137, 211 VA).

Am 26.9.2014 wies die Ordnungsbehörde den Kläger in eine 2-Zimmer-Wohnung (45 m²) in einer Gemeinschaftsobdachlosenunterkunft ein, wo er noch heute lebt. Dort steht ihm 1 Zimmer mit 23 m² mit anteiliger Nutzung von Küche und Bad zur Verfügung (Bescheid Stadt H. vom 30.9.2014, Bl U 11 im Anhang Bd. I VA). Die Unterkunft war leer und lediglich mit 1 Spüle, 1 Elektroherd und 1 Waschmaschine ausgestattet, die nach Angaben des Klägers einen Defekt an der Wasserzufuhr hat. Vorhänge und Deckenleuchten waren vorhanden.

Am 20.11.2014 beantragte der Kläger beim Beklagten unter Vorlage von Listen Geldbeträge für die Erstausstattung mit Bekleidung und für die Wohnung. Mit Bescheid vom 3.12.2014 gewährte der Beklagte dem Kläger für verschiedene Möbel und Hausrat eine Beihilfe von insgesamt 566 EUR und mit Bescheid vom 4.12.2014 für Bekleidung eine Beihilfe von insgesamt 292 EUR.

Die Widersprüche des Klägers dagegen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.2.2015 zurück. Hinsichtlich der Wohnung seien die bewilligten Leistungen völlig ausreichend, um den notwendigen Bedarf in einer Obdachlosenunterkunft zu decken. Leistungen für eine Mikrowelle, Wasserkocher, Lampen, Fernseher und PC, Sofa, Schreibtisch und Bürostuhl seien nicht übernahmefähig bei zum Teil bereits anders gedecktem Bedarf. Mit den bewilligten Leistungen für Bekleidung sei es ohne weiteres möglich, sich eine notwendige Erstausstattung zu beschaffen. Ein weiterer Bedarf könne mit der Ansparleistung aus dem Regelbedarf befriedigt werden.

Dagegen hat der Kläger am 30.3.2015 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, dass es (wegen verspäteter Bewilligung der Leistungen) durch Verschulden des Beklagten dazu gekommen sei, dass er seine Besitztümer nicht binnen der 30-Tages-Frist von seinem Vermieter habe zurückholen können. Der Beklagte habe ihm sein Wohnungsinventar zum Wiederherstellungspreis zu ersetzen. Er legte Listen mit 44 Positionen mit Gesamtkosten von 5.690 EUR für Wohnungseinrichtung und mit 19 Positionen für Bekleidung mit Kosten von 1.042 EUR vor. Der vorhandene Herd und die Waschmaschine seien schon aus hygienischen Gründen nicht benutzbar. Eine Büroausrüstung sei u.a. auch für Bewerbungen erforderlich.

In der mündlichen Verhandlung am 21.10.2015 hat sich der Beklagte bereit erklärt dem Kläger zur Beschaffung notwendiger Einrichtungsgegenstände (Bügeleisen, Wäscheständer, 1 Regal, 1 Lampe und Bettwäsche) einen Betrag von 106 EUR sowie zum Kauf ergänzender Sommerbekleidung (1 Schlafanzug, 1 kurze Hose, 1 Paar Schuhe, 1 Paar Hausschuhe und 2 kurze Hemden) einen Betrag i.H.v. 101 EUR zu zahlen. Der Kläger hat das Teil-Anerkenntnis angenommen.

Mit Urteil vom 21.10.2015 hat das SG den Beklagten verurteilt, über das Teilanerkenntnis hinaus dem Kläger weitere 890 EUR zur Erstausstattung der Wohnung und 344 EUR zur Erstausstattung an Bekleidung zu leisten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Grundvoraussetzungen für die Bewilligung einer Erstausstattung für die Wohnung und an Kleidung erfüllt seien, denn der Kläger habe entsprechende Gegenstände bis auf wenige Kleidungsstücke bei Beendigung seiner Obdachlosigkeit nicht mehr besessen. Zudem könne nach seinen glaubwürdigen Angaben davon ausgegangen werden, dass die ihm zugewiesene Obdachlosenunterkunft über keinen zumutbar verwendbaren Herd, Kochstelle und Waschmaschine verfügt habe. Er könne auch nicht wie ein Mieter darauf verwiesen werden, mögliche Rechte gegenüber der Ordnungsbehörde geltend zu machen, weil sein Aufenthalt nicht auf einem Mietvertrag, sondern lediglich einem Einweisungsbescheid beruhe, der ihm keinen eigenständigen Anspruch auf eine bestimmte Wohnungsausstattung vermittele. Zur Erstausstattung, die nur grundlegende Bedürfnisse befriedigen und im unteren Segment des Einrichtungsniveaus liegen dürfe, zählten nicht ein Computer und dessen Zubehör sowie auch nicht ein Fernseher. Als Bedarf für die Wohnungsausstattung hat das SG im Einzelnen angesehen:

Schlafcouch 200 EUR Bettwäsche 31 EUR Bettdecke 38 EUR Stuhl 7 EUR Tisch 50 EUR Kleiderschrank 150 EUR Regal 50 EUR Küchenschrank 70 EUR Leselampe 30 EUR Teppich 30 EUR Geschirr und Töpfe 50 EUR Handtücher, 3 Duschtücher 21 EUR Kühlschrank 180 EUR Staubsauger 60 EUR Spezialdüsen 20 EUR Waschmaschine 400 EUR Wäscheständer 10 EUR Bügeleisen 30 EUR Bügelbrett 15 EUR Mikrowelle 90 EUR Induktionskochfeld 30 EUR Gesamt: 1562 EUR

Als Bedarf für die Bekleidung:

4 Hemden je 15 EUR 60 EUR 2 weitere Hosen je 35 EUR 70 EUR Sommerjacke 40 EUR Winterjacke 60 EUR Wintermantel 100 EUR 2 Pullover 64 EUR Schal 7 EUR 2 Schlafanzüge je 20 EUR 40 EUR Unterwäsche 40 EUR Hausschuhe 9 EUR Bademantel 35 EUR Winterschuhe 63 EUR Badeschuhe 9 EUR Sportbekleidung 70 EUR Sportschuhe 50 EUR 5 Paar Socken je 2 EUR, 2 Paar wärmere Socken 20 EUR Gesamt 737 EUR

Einen Bademantel hat es auf Grund der gemeinsamen Badnutzung in der Obdachlosenunterkunft für erforderlich gehalten.

Gegen das dem Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 5.11.2015 zugestellte Urteil hat er am 26.11.2015 schriftlich beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt, der Kläger seinerseits hat gegen das ihm mit Postzustellungsurkunde am 8.11.2015 zugestellte Urteil am 7.12.2015 Berufung eingelegt.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass die insgesamt gewährten Leistungen von 393 EUR für Bekleidung bzw. 672 EUR für die Wohnung und Hausrat zur Deckung des notwendigen Bedarfes völlig ausreichend seien. Aufgrund seines vorangegangenen mehrjährigen Leistungsbezugs sei der Kläger mit der notwendigen Bekleidung sowie den erforderlichen Einrichtungs- bzw. Ausstattungsgegenständen bescheinigt durch seinen ehemaligen Betreuer am 24.11.2015 versorgt gewesen. Da der Bedarf nicht durch außergewöhnliche Umstände im Sinne der Rechtsprechung entstanden sei, käme allenfalls eine darlehensweise Leistungsgewährung infrage. Im Übrigen sei dem Kläger auch die Nutzung der in der Wohnung befindlichen Geräte Waschmaschine und Herd zumutbar.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21. Oktober 2015 insoweit aufzuheben, als der Beklagte verurteilt wurde, dem Kläger weitere Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung i.H.v. 890 EUR und für die Erstausstattung an Bekleidung i.H.v. 344 EUR zu gewähren, und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21. Oktober 2015 und die Bescheide vom 3. Dezember 2014 und 4. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.2.2015 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger mindestens bis zum Betrag von 5.690 EUR weitere Leistungen zur Erstausstattung für die Wohnung und mindestens bis 1.042 EUR für Bekleidung zu gewähren sowie zur Begleichung seines sozialrechtlichen Schadens 5.000 EUR und als Kostenersatz für das Waschen im Waschsalon 310 EUR zu zahlen.

Er ist der Auffassung, dass die 2-monatige Obdachlosigkeit durch die Beklagte verursacht worden sei, indem sie die Gewährung von Hartz 4-Leistungen unrechtmäßig von Bankdaten (Vorlage der TIN) abhängig gemacht habe, was verzögert habe. Den ihm hierdurch entstandenen Schaden habe der Beklagte zu ersetzen, ebenso wie den Wiederbeschaffungswert seiner früheren Habe. Zu den Listen seien noch 20% hinzuzufügen. Weiter mache er 310 EUR (15,5 Monate mal 20 EUR) für Waschen im Waschsalon geltend, da die Waschmaschine noch immer funktionsuntüchtig sei.

Der Beklagte hat eine Stellungnahme des Amtes für Soziales und Senioren vom 7.1.2016 vorgelegt, in der die Obdachlosenunterkunft beschrieben wird. Danach Die stehen die Küchengeräte im Eigentum des Amts. Ansprechpartner für entstandene Schäden ist der Hausmeister, der werktäglich zu erreichen ist. Putzen obliegt den Bewohnern.

Weiter hat der Beklagte das Ergebnis seiner Internet-Recherche zu Anschaffungspreisen für die Erstausstattungsbedarfe vorgelegt und darauf hingewiesen, dass der Kläger auch auf gebrauchtes Mobiliar verwiesen werden könne.

Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin am 25.2.2016 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg, die des Klägers hat keinen Erfolg.

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaften Berufungen sind zulässig; sie sind unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.

Die Berufung des Beklagten ist auch begründet, die des Klägers jedoch unbegründet. Die Leistungsbewilligung des Beklagten erweist sich als auch der Höhe nach rechtmäßig. Der Kläger hat über die Bewilligung des Beklagten hinaus keinen Anspruch auf die Gewährung von höheren Leistungen für weitere Erstausstattungsbedarfe.

Streitgegenstand sind die Bescheide des Beklagten vom 3.12.2014 und vom 4.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.2.2015 in der Form des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 21.10.2015. Bei den geltend gemachten Erstausstattungsbedarfen handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entschieden werden kann (BSG, Urteil vom 6.8.2014 – B 4 AS 57/13 R –, SozR 4-4200 § 23 Nr. 18, Rn. 11). Dagegen geht der Kläger, der sich gegen die Höhe der vom Beklagten festgesetzten pauschalen Leistungen wendet, zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage vor (BSG, Urteil vom13.4.2011 - B 14 AS 53/10R- juris Rn. 17). Nicht Gegenstand ist der vom Kläger erstmals im Berufungsverfahren geltend gemachte "Schadensersatzanspruch" wegen der angeblich durch den Beklagten verschuldeten Dauer der Obdachlosigkeit und die Kostenübernahme für die Benutzung des Waschsalons. Hierbei handelt es sich um eine unzulässige Klageeänderung. Im Übrigen sind Schadensersatzansprüche auch nicht im Sozialrechtsweg, sondern im Zivilrechtsweg zu verfolgen. Eine Teilverweisung an das Zivilgericht war jedoch nicht vorzunehmen, weil einerseits das GVG keine Teilverweisung kennt und andererseits der Verweisung des gesamten Rechtsstreits der Grundsatz entgegensteht, dass eine solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist. So verhält es sich hier. Deshalb ist auch von dem Ausspruch einer teilweisen Unzulässigkeit des Rechtsweges und einer teilweisen Verweisung des Rechtsstreits an die für Amtshaftungsansprüche zuständigen ordentlichen Gerichte gemäß § 17a Abs 2 GVG abzusehen (vgl BSG, Beschluss vom 30.7.2014 – B 14 AS 8/14 B –, juris Rn. 5 mit Hinweis auf BSG, Beschluss vom 31.10.2012 - B 13 R 437/11 B - juris Rn. 10 und BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 23, jeweils mwN).

Der Kläger erfüllt im streitigen Zeitraum die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 SGB II; insbesondere war er hilfebedürftig i.S. des § 9 Abs. 1 SGB II.

Rechtsgrundlage für die begehrten Erstausstattungen ist § 24 Abs. 3 SGB II (i.d.F. vom 13.5.2011). Gem. § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 sind Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht vom Regelbedarf umfasst. Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist ein Sonderbedarf für Wohnzwecke gegeben. Auch wenn der Kläger nicht in einer Wohnung, sondern in einer Obdachlosenunterkunft lebt, ist der Bedarf vorliegend vergleichbar. Der Aufenthalt des Klägers dort ist nicht nur auf kurze Dauer angelegt, wie bereits die Verweildauer dort vom 24.9.2014 bis heute zeigt. Wie der Kläger im Erörterungstermin mitgeteilt hat, ist auch ein Umzug in eine Wohnung derzeit auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht geplant. Ein Erstausstattungsbedarf für Einrichtungs- und Haushaltsgegenstände ist auch in einer leeren Obdachlosenunterkunft anzuerkennen.

Der Kläger verfügte zwar unmittelbar vor seiner Aufenthaltsbegründung in H. über eine Wohnungsausstattung in seiner damaligen Wohnung in U., so dass es nicht um die erstmalige Anschaffung geht. Eine "Wohnungserstausstattung" kann aber auch bei einem erneuten Bedarf nach einer Erstbeschaffung von Einrichtungsgegenständen vor oder während des SGB II-Bezugs in Betracht kommen und damit auch in Fallgestaltungen eines erneuten Bedarfsanfalls möglich sein (BT-Drucks 15/1514 S. 60 benennt Wohnungsbrand, lange Haftstrafe; BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 Rn. 15; BSG, Urteil vom 6.8.2014 – B 4 AS 57/13 R –, SozR 4-4200 § 23 Nr 18, Rn. 15). Voraussetzung für einen Anspruch auf die zuschussweise Bewilligung von Geldleistungen für die erneute Beschaffung von Einrichtungsgegenständen als "Wohnungserstausstattung" ist, dass der konkrete Bedarf durch 1. außergewöhnliche Umstände bzw. ein besonderes Ereignis entstanden ist, 2. ein "spezieller Bedarf" vorliegt und 3. ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den außergewöhnlichen Umständen bzw. dem besonderen Ereignis und dem Bedarf gegeben ist (BSG, Urteil vom 6.8.2014 – B 4 AS 57/13 R –, SozR 4-4200 § 23 Nr 18, Rn. 17). Als vergleichbare Lebenslage wie bei dem Gesamtverlust einer Wohnungsausstattung kann auch der Verlust aufgrund der Folgen einer psychischen Erkrankung in Frage kommen (v. Boetticher/Münder in LPK-SGB II 5. Aufl. § 24 Rn. 27 mit Hinweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.9.2011 - L 19 AS 12/11 B). Unter Berücksichtigung dessen ist die Lage des Klägers vergleichbar. Er leidet an einem paranoiden Syndrom und hat deshalb fluchtartig vor der Zwangsräumung seine Wohnung unter Zurücklassung seiner Habe verlassen, anstatt einen Umzug in eine andere Wohnung zu organisieren. In der Folge sind seine zurückgelassenen Einrichtungs- und Bekleidungsgegenstände vernichtet worden. Somit kam es nach Wohnungsaufgabe zu einem Totalverlust seiner Einrichtungs- und Haushaltsgegenstände. Ein Erstausstattungsbedarf liegt daher vor.

Der Erstausstattungsbedarf stellt echten Sonderbedarf dar, für den einmalige Leistungen in Betracht kommen (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Umfasst sind alle wohnraumbezogenen, für ein menschenwürdiges Wohnen im Sinne einer an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientierten geordneten Haushaltseinrichtung und -führung notwendigen Gegenstände (BSG 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R juris Rz 23; BSG 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - juris Rn. 14; BSG 24.2.2011 - B 14 AS 75/10 R - juris Rn. 13; BSG 13.4.2011 - B 14 AS 53/10 R - juris Rn. 19 ). In die Beurteilung ist einzubeziehen, dass die Grundsicherung für Arbeitsuchende, die aus allgemeinen Steuermitteln aufgebracht wird (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 1 SGB II), einerseits lediglich die untere Stufe der sozialen Sicherung verkörpert, andererseits aber so bemessen sein muss, dass sie ihrer Aufgabe gerecht werden kann, den Leistungsberechtigten die Führung eines der grundgesetzlichen Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG i.V. m. dem Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG 9. 2. 2010 - 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09 Rz 133 ff. = BVerfGE 125, 175) entsprechenden Lebens zu ermöglichen (vgl. zur Rechtslage nach dem BSHG: BVerwG 12. 4. 1984 - 5 C 95/80 = BVerwGE 69, 146; BVerwG 13. 12. 1990 - 5 C 17/88 = BVerwGE 87, 212; BVerwG 25. 11. 1993 - 5 C 8/90 = BVerwGE 94, 326)(Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB, 10/11, § 24 SGB II, Rn. 290). Entsprechend sind Quantität und Qualität der einzelnen Wohnungsausstattungsstücke zu bemessen. Dabei wird nur eine Ausstattung berücksichtigt, die die Befriedigung von einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen zulässt und im unteren Segment des Einrichtungsniveaus liegt (vgl. BSG 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R = SozR 4-4200 § 23 Nr. 5; BSG 19.8.2010 - B 14 AS 10/09 R Rn. 21; BSG 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R Rn. 20; BSG 24.2.2011 - B 14 AS 75/10 R Rn. 9; BSG 13.4.2011 - B 14 AS 53/10 R Rn. 27; Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB, 10/11, § 24 SGB II, Rn. 315).

Ausgehend davon hält der Senat die vom Beklagten für die Ausstattung gewährte Pauschale in Höhe von 672 EUR unter Berücksichtigung der besonderen Wohnverhältnisse für ausreichend. Was für die Wohnungserstausstattung einschließlich Haushaltsgeräten notwendig ist, ist an den Besonderheiten des Einzelfalles, vor allem der Person der/des Leistungsberechtigten, der Art ihres/seines Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen sowie an der allgemeinen Verkehrsanschauung und den allgemeinen Lebensverhältnissen auszurichten (Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB, 10/11, § 24 SGB II, Rn. 290). Zu berücksichtigen ist deshalb, dass der Kläger lediglich 1 Zimmer mit 23 m² in einer Obdachlosenunterkunft zu Wohnzwecken zur Verfügung hat, von daher der zur Verfügung stehende Platz sehr begrenzt ist, und Bad und Küche nur gemeinschaftlich mit dem Mitbewohner der 2-Zimmerwohnung (45 m²) benutzt werden kann. Jedenfalls ist der Ausstattungsumfang, den der Beklagte zugrunde gelegt hat, ausreichend grundlegende Wohnbedürfnisse in der Obdachlosenunterkunft zu erfüllen. Die vom Beklagten vorgelegte Liste mit den verschiedenen berücksichtigten Posten bildet den Bedarf des Klägers ausreichend ab.

Entgegen der Auffassung des SG sieht der Senat einen Bedarf des Klägers für Kochgelegenheit und Waschen nicht für gegeben, weil die hierfür erforderlichen Gerätschaften Herd und Waschmaschine in der Unterkunft zur Nutzung vorhanden sind, wie aus der Stellungnahme des Amtes für Soziales und Senioren vom 7.1.2016 hervorgeht. Sind in der neuen Wohnung diverse Einrichtungsgegenstände zur Nutzung bereits vorhanden, die aus eigenen Mitteln des Hilfebedürftigen nicht angeschafft werden müssen bzw. vom Vermieter zur Verfügung gestellt werden, so kommt insoweit ein Erstattungsanspruch für selbstbeschaffte Einrichtungsgegenstände nicht in Betracht (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.1.2012 – L 7 AS 1951/10 –, juris).

Die vorhandenen Gegenstände sind auch nicht unbrauchbar. Der Kläger wendet lediglich hygienische Vorbehalte ein. Wenn der Kläger den Herd als völlig verdreckt bezeichnet, ist nicht nachvollziehbar, warum dieser nicht vom Kläger mit geeigneten Reinigungsmitteln, die auch hartnäckige Verschmutzungen lösen, gereinigt werden könnte. Nach der Stellungnahme des Amtes für Soziales und Senioren sind die Bewohner der Obdachlosenunterkünfte für die Reinigung der jeweiligen Wohneinheit selbst und gemeinschaftlich verantwortlich.

An der vorhandenen Waschmaschine bemängelt der Kläger einen ungenügenden Wasserzulauf, die Maschine würde nur mit 30% Wasser waschen. Unklar ist, ob es sich hierbei etwa um ein Programm mit Wassersparvorrichtung handelt, wie es bei modernen Waschmaschinen der Fall ist. Jedenfalls lässt sich der vermeintliche Mangel nach den Angaben des Klägers durch manuellen Wasserzulauf über die Waschmittelöffnung lösen, was der Senat nicht für unzumutbar hält. Zur Steigerung der Hygiene könnte der Kläger auch die Temperaturwahl erhöhen. Im Übrigen steht zur Behebung eventueller Schäden ein Hausmeister werktäglich zur Verfügung, an den sich der Kläger weiter wenden muss. Von daher hält der Senat zusammenfassend einen Bedarf für Mikrowelle, Induktionskochfeld und Waschmaschine nicht für gegeben, sondern bereits für gedeckt.

Ebenfalls sieht der Senat keinen Bedarf für einen Staubsauger und Spezialdüsen. Zwar zählen zum notwendigen Hausrat auch Haushaltsgeräte, die im Sinne einer sachgemäßen Haushaltsführung der Ordnung und Sauberkeit dienen. Dies gilt für einen Staubsauger jedoch nur dann, wenn die Wohnung überwiegend mit Teppichboden ausgelegt ist (v. Boetticher/Münder in LPK-SGB II § 24 Rn. 30 m.w.Nw.), was beim Kläger nicht der Fall ist. Bei einem glatten Boden sind in der kleinen Unterkunft Besen, Kehrschaufel und Wischer, die in den Kosten für Hausrat mitumfasst sind, ausreichend und zudem hygienischer einzusetzen.

Ebenso zählt ein Teppich nicht zur Erstausstattung. Teppiche sind nicht erforderlich, um ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten von Menschen mit geringem Einkommen orientiertes Wohnen zu ermöglich (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23.2.2011 – L 13 AS 47/08 –, Rn. 28, juris)

Die vom Beklagten vorgelegte Liste mit den bei der pauschalen Bewilligung berücksichtigten Posten für den Erstausstattungsbedarf (Bett mit Rost und Matratze, Bettwäsche, Bettdecke, Kopfkissen, Kleiderschrank, Hausrat, Hochschrank, Tisch, 2 Stühle, Kühlschrank, Bügeleisen, Wäscheständer, Regal, Lampe, Bettwäsche) ist ausreichend, um damit der Befriedigung von einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen für Essen, Schlafen und Aufenthalt zu genügen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, alle seiner Ansicht nach erforderlichen Gegenstände erwerben zu können. Anhand der vom Beklagten vorgelegten Rechercheergebnisse bezüglich Einkaufsmöglichkeiten ist für den Senat nachvollziehbar, dass die vom Beklagten der Gewährung zugrunde gelegten Preise für die Einzelposten realistisch sind. So ist z.B. ein 2-Bettsofa, wofür der Beklagte als Bett mit Rost und Matratze einen Preis von 115 EUR veranschlagt hat, zum Preis von 99 EUR bei Ikea neu erhältlich. Ebenso hat der Beklagte auch für einen Kühlschrank den Neupreis von 153 EUR in Ansatz gebracht, obwohl eine Verweisung auf den Ankauf von gut erhaltenen gebrauchten Möbeln keine soziale Ausgrenzung gegenüber der übrigen Bevölkerung darstellt, sondern die Einforderung sparsamen Verhaltens, wie es nach den herrschenden Lebensgewohnheiten und Erfahrungen auch in der maßgebenden Referenzgruppe der Nichthilfeempfänger aus wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungskreisen nicht unüblich ist (BSG, Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 53/10 R - juris Rn 27). Nach der Internetrecherche des Beklagten gab es für Bettcouchen auch im Raum H. sogar zahlreiche schenkweise Angebote. Dies zeigt, dass für die Auswahl der Anschaffungsgegenstände im Einzelnen auch noch gewisser Spielraum besteht.

Die weitergehende Berufung des Klägers ist unbegründet. Hinsichtlich der vom Kläger über die bewilligten Leistungen hinaus begehrten Bedarfe, wie PC etc. nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug. Auch orientiert sich die Leistungsgewährung am aktuell notwendigen Bedarf und stellt keinen Ersatz für die vorher vorhandenen Gegenstände dar.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf höhere Leistungen für die Erstausstattung für Bekleidung gem. § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II (i.d.F. vom 13.5.2011). Die Grundvoraussetzungen für den Leistungsanspruch liegen auch vor (s.o.). Die außergewöhnlichen Umstände des Verlustes der alten Bekleidung begründen auch insoweit einen besonderen Bedarf, weil außer den wenigen Kleidungsstücken, die der Kläger auf seinen Weg mitgenommen hat (1 Jeans, 2 T-Shirts, 1 Paar Schuhe und 2 Paar Socken), keine Kleidungsstücke mehr vorhanden sind (vgl. BSG, Urteil vom 13.4.2011 – B 14 AS 53/10 R –, SozR 4-4200 § 23 Nr 12, Rn. 26).

Bekleidungsausstattung bedeutet die Versorgung mit den für den notwendigen Bedarf angemessenen Bekleidungsstücken. Als Anhaltspunkt kann auf den vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge erarbeiteten Katalog über die erforderliche Grundausstattung an Bekleidung zurückgegriffen werden (vgl. VGH Baden-Württemberg 5.7.1989 - 6 S 1242/88 = FEVS 39, 247; VGH Baden-Württemberg 3.11.1992 - 6 S 2356/92 = info also 1993, S. 26; VGH Hessen 26.10.1993 - 9 UE 1656/91 = FEVS 45, 25; VGH Baden-Württemberg 1.12.1993 - 6 S 551/93 = ESVGH 44, 126; OVG Hamburg 5.12.1997 - Bf IV 3/95 = FEVS 48, 496). Danach gehören zu einer angemessenen Bekleidungsausstattung: Mäntel, Jacken, Mützen, Kleider, Röcke/Hosen, Hemden/Blusen, Pullover/Strickjacken, Sport- und Schwimmkleidung (insbesondere für Kinder und Jugendliche), Leibwäsche sowie Zubehör (Taschentücher, Schirm, Brieftasche, Schlüsseletui) und Schuhe einschließlich Gummistiefel und Hausschuhe (vgl. Wenzel, in Fichtner, BSHG, § 21 Rz 5; VGH Baden-Württemberg 1.12.1993 - 6 S 551/93; VG Hannover 13.9.2001 - 9 A 3140/01 = info also 2002, 78; VG Gelsenkirchen 25.6.2004 - 19 K 6191/03).

Die vom Beklagten der pauschalen Berechnung zugrunde gelegten Bekleidungsbedarfe sind ausgehend davon zwar - mit 2 Hemden lang, 2 Hosen lang, 1 Winter-Anorak, 1 Pullover, 1 Schal, 4 Unterhosen, 2 Unterhemden, 1 Paar Winterschuhe, 1 Schlafanzug, 1 Hose kurz, 1 Paar Schuhe, 1 Paar Hausschuhe, 2 Hemden kurz - als etwas spärlich anzusehen, auch wenn sie verschiedene Jahreszeiten berücksichtigen. So sind z.B. eine Sommerjacke, Socken, ein Sommerpullover, ein Pullover zum Wechseln im Winter nicht vorgesehen, was aber zum Ausstattungsbedarf noch dazu gehören dürfte. Andererseits hat der Beklagte den einzelnen Posten die Richtpreise für Bekleidung, Wäsche und Schuhwerk für Personen ab vollendetem 18. Lebensjahr (unbekannter Herkunft) zu Grunde gelegt, die zum Teil erheblich über den von Discountern geforderten Preisen liegen, wie durch die Internetrecherche des Beklagten auch hierzu belegt ist. So ist z.B. ein Schlafanzug, für den der Beklagte 22 EUR in Ansatz gebracht hat, für 8,99 EUR erhältlich, woraus sich Einsparpotential ergibt für den Erwerb von auf der Liste nicht aufgeführten Bekleidungsgegenständen. Weiteres Einsparpotenzial ergibt sich daraus, dass nur die Preise von Neuware angesetzt wurde, hingegen auch der Kauf von günstigerer gebrauchter Ware möglich und zumutbar ist. Von daher ist auch hier Spielraum für die Verteilung des Pauschalbetrages auf weitere Posten. Der Senat hält die vom Beklagten gewährten 393 EUR anhand der vorgelegten Bezugsquellen mit Preisangaben für ausreichend, sich in menschenwürdiger Weise in verschiedenen Jahreszeiten kleiden zu können.

Nicht akzeptiert hat die Rechtsprechung hingegen einen Bademantel (Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB, 10/11, § 24 SGB II, Rn. 322 mit Hinweis auf VGH Hessen 26.10.1993 - 9 UE 1656/91 = FEVS 45, 25; VG Gelsenkirchen 25.6.2004 - 19 K 6191/03). Entgegen der Ansicht des SG hält der Senat einen Bademantel auch nicht auf Grund der Wohnsituation ausnahmsweise für erforderlich. Der Kläger teilt sich eine abgeschlossene 2-Zimmer-Wohnung mit einem anderen männlichen Obdachlosen. Hier ist es ausreichend, sich ggf. nach der Badbenutzung ein Handtuch umzulegen.

Auch die vom SG bei der Anschaffung eines Kühlschranks berücksichtigten Transportkosten sind nicht im Rahmen der Erstausstattung zu berücksichtigen.

Nur die Berufung des Beklagten hat daher Erfolg und die Klage war insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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