L 5 R 1277/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 4258/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1277/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 06.12.2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zu 2) bei dem Kläger zu 1) im Bereich Organisation des Ärztlichen Notfalldienstes seit dem 01.04.2003 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht.

Bei dem Kläger zu 1) handelt es sich um einen eingetragenen Verein, dessen Mitglieder im Gebiet des nördlichen Landkreises L. ansässige Kassenärzte sind. Diese haben sich zusammengeschlossen, um den ihnen von der Kassenärztlichen Vereinigung vorgeschriebenen Notfalldienst zentral zu organisieren. Bei Eintritt in den Verein hat jedes Vereinsmitglied eine Einlage zu erbringen. Monatliche Beiträge werden nicht erhoben. Zur Erfüllung des Notfalldienstes steht dem Kläger zu 1) neben den Mitgliederärzten ein Pool von 80 weiteren Ärzten zur Verfügung, die nicht Mitglieder im Verein und auch nicht unbedingt Kassenärzte sind (sog. Freelancer). Der Kläger zu 1) unterhält zur Erfüllung des Notfalldienstes eine eigene Praxis, die sich in B. direkt beim Krankenhaus befindet. Das nicht ärztliche Personal dieser Praxis besteht fast ausschließlich aus geringfügig Beschäftigten. Darüber hinaus ist in der Praxis eine Teilzeitbeschäftigte tätig.

Der (1964 geborene) Kläger zu 2) ist gelernter Kaufmann und Rettungsassistent. Er hat am 05.05.2010 bei der zuständigen Verwaltungsbehörde ab 01.05.2010 ein Gewerbe - Dienstleistungen am PC, Erstellen von Dienstplänen und versenden per Mail, Erstellen von Statistiken und Monatsplänen angemeldet. Neben drei weiteren Notfallpraxen ist der Kläger zu 2) seit April 2003 für den Kläger zu 1) tätig. In dieser Tätigkeit ist der Kläger zu 2) zum einen für die Organisation des Notfalldienstes zuständig, d. h. die Einteilung der für den Kläger zu 1) tätigen Ärzte und des nicht ärztlichen Personals zum Notdienst (Erstellung von Dienstplänen). Zum anderen ist er für die Ausstattung der Notfallpraxis mit dem entsprechenden medizinischen Material zuständig. Hierfür erhielt er vom jeweils gerade tätigen Personal eine Liste darüber, was bestellt werden muss. Mittlerweile überprüft er selbst den Bestand. Schließlich beinhaltet seine Tätigkeit weitere organisatorische Aufgaben, wie beispielsweise die Bearbeitung von Sicherungsanfragen und von Totenscheinen und die Überprüfung von Abrechnungen usw. Der genannten Tätigkeit des Klägers zu 2) für den Kläger zu 1) liegt der nachfolgende Dienstvertrag vom 09.10.2003 zugrunde.

Präambel Aufgabe des Vertragspartners des Klägers zu 2) ist die Organisation des Ärztlichen Notfalldienstes an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen nach Maßgabe der jeweils gültigen Notfalldienstverordnung der KV-Nordwürttemberg im Vertragsgebiet ( ).

§ 1 Vertragsgegenstand 1. Zur Bewältigung des Ärztlichen Notfalldienstes im Vertragsgebiet übernimmt der Kläger zu 2) die Leitung der Notfallpraxen sowohl in personeller als auch sächlicher Hinsicht. Er ist für die Organisation und Koordinierung der Notfallpraxen verantwortlich, erstellt also insbesondere Einsatzpläne für die angeschlossenen Ärzte sowie das nicht ärztliche Dienstpersonal. 2. Der Kläger zu 2) ist in der Bestimmung seines Arbeitsortes und seiner Arbeitszeit absolut frei und unterliegt insofern wie auch bei der Bewältigung der Ziff. 1 geregelten Aufgaben keinerlei Weisungsgebundenheit seitens seiner Vertragspartnerin, wobei ernsthafte Probleme mit Personal, Patienten oder der Kassenärztlichen Vereinigung mit der Vertragspartnerin zu besprechen und einvernehmlich zu lösen sind.

§ 2 Vergütung 1. Der Kläger zu 2) erhält für seine Tätigkeit ein monatliches Honorar von EUR 1.000,00 brutto. 2. Steuern und etwaige Sozialabgaben führt der Kläger zu 2) selbst ab. Ansprüche auf Urlaub und Vergütungsfortzahlung bestehen nicht. Es ist der ausdrückliche Wunsch des Klägers zu 2), dass das vorliegende Vertragsverhältnis als freies Mitarbeiterverhältnis praktiziert wird, da der Kläger zu 2) überwiegend anderen Tätigkeiten nachgeht. 3. Mit der unter Ziff. 1 angegebenen Vergütung sind auch etwaige Aufwendungen abgegolten, welche bei dem Kläger zu 2) zur Erfüllung seiner vertraglich geschuldeten Leistungen entstehen können. Insofern hat er die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen sächlichen und etwaigen personellen Betriebsmittel eigenverantwortlich und gegenüber der Vertragspartnerin kostenfrei zu stellen.

§ 3 Nebentätigkeit und Wettbewerbsverbot 1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die hier unter § 1 beschriebene Tätigkeit des Klägers zu 2) als Nebentätigkeit zu dessen Haupttätigkeit als Abteilungsleiter anzusehen ist. 2. Dem Kläger zu 2) ist es nicht verwehrt, eine Tätigkeit ähnlichen Umfangs wie unter § 1 beschrieben für einen anderen Notfalldienst zu erbringen, wobei dieser allerdings außerhalb des Vertragsgebietes zu liegen hat, welches von dem Kläger zu 2) aufgrund dieses Vertrages zu betreuen ist. 3. Der Kläger zu 2) verpflichtet sich, über alle ihm während seiner Tätigkeit für die Vertragspartnerin bekannt gewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse während und nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Stillschweigen zu bewahren, wobei insbesondere auf die ärztliche Schweigepflicht zu verweisen ist.

§ 4 Vertragsdauer, Kündigung 1. Der Kläger zu 2) nimmt die Tätigkeit am 01. April 2003 auf. 2. Der Vertrag kann ohne Angaben von Gründen mit 3-monatiger Kündigungsfrist zum Ende eines Monats gekündigt werden. Die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt. 3. Jede Kündigung hat schriftlich zu erfolgen. 4. Der Vertrag endet in jedem Falle mit Auflösung der Vertragspartnerin des Klägers zu 2), wobei über diesen Beendigungszeitpunkt hinaus dann keine wechselseitigen Ansprüche mehr zwischen den Vertragsparteien bestehen. Dasselbe gilt auch, wenn eine Erfüllung des Vertragszweckes aufgrund gesetzlicher Regelungen oder behördlicher Eingriffe nicht mehr möglich ist. ( )

Daneben ist der der Kläger zu 2) als Rettungsassistent bei dem Kläger zu 1) - aber auch den drei anderen Notfallpraxen - tätig. Hierfür erhält er eine gesonderte Vergütung. Schließlich steht der Kläger zu 2) noch in einem (unstreitig) abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Firma D. M. und L. GmbH in W. i. Sch ...

Am 02.02.2011 stellten die Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers zu 2) in seiner Tätigkeit für den Kläger zu 1) und legten den zuvor dargestellten Dienstvertrag vor. Ergänzend gab der Kläger zu 2) u. a. an, dass er keine eigenen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Tätigkeit für den Kläger zu 1) beschäftige. Er sei insgesamt für vier Auftraggeber tätig. Das Arbeitseinkommen aus der Tätigkeit für die vier Notfallpraxen stelle den überwiegenden Teil seines Gesamteinkommens dar. Vor seiner jetzigen Tätigkeit für den Kläger zu 1) habe er bei diesem keine abhängige Beschäftigung ausgeübt. Er sei für die organisatorische Leitung des Klägers zu 1) verantwortlich, erstelle Dienstpläne, beschaffe Material und Personal. Dabei unterliege er keinerlei Kontrolle oder Vorgaben. Er könne frei entscheiden. Arbeits- und Anwesenheitszeiten seien von ihm nicht einzuhalten. Diesbezüglich bestünden keine Vorgaben. Er übe die Leitungsfunktion von zu Hause aus. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Klägers zu 1) liege nicht vor. Er gestalte und plane die Dinge vielmehr selbst im Büro von zu Hause aus. Seinen unternehmerischen Auftritt gestalte er nach eigenem Ermessen. Schließlich habe er zur Ausübung seiner Tätigkeit für den Kläger zu 1) eine eigene Büroeinrichtung angeschafft.

Nach Anhörung der Kläger stellte die Beklagte mit jeweils an den Kläger zu 1) und den Kläger zu 2) gerichteten gleichlautenden Bescheiden vom 25.07.2011 fest, dass die Tätigkeit des Klägers zu 2) bei dem Kläger zu 1) im Bereich Organisation der Ärztlichen Notfallpraxis im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und ab 01.04.2003 Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung vorliege. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger zu 2) sei zwar nicht am Betriebssitz des Klägers zu 1) tätig, jedoch erfolge eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines Dritten. Das Weisungsrecht des Klägers zu 1) in Bezug auf die Art und Weise der Tätigkeit ergebe sich aus dem erteilten Auftrag. Obwohl der Kläger zu 2) angebe, seine Arbeitszeit frei gestalten zu können, sei er in der Disposition seiner Arbeitszeit keineswegs frei, denn es bestehe eine tatsächliche Verpflichtung, die ihm übertragenen Aufgaben zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuführen. Mithin unterliege er bezüglich Zeit, Dauer und Art der Arbeitsausführung dem Direktionsrecht des Klägers zu 1) und sei in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert. Dem stehe auch nicht entgegen, dass diese Eingliederung in der Natur der Sache liege. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage der Kläger zu 2) kein, eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko, das nur dann gegeben sei, wenn der Einsatz von Kapital oder der eigenen Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes verbunden sei. Dass zur Ausübung der Tätigkeit eine eigene Büroeinrichtung eingesetzt werde, schließe das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht aus. Der wirtschaftliche Aufwand für den Erwerb derartige Arbeitsmittel sei nicht so hoch, dass damit ein mit einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko verbundener Aufwand begründet werden könne.

Hiergegen erhoben die Kläger am 05.08.2011 Widerspruch. Sie ließen vortragen, der Kläger zu 2) sei von keiner der Notfallpraxen wirtschaftlich abhängig. Er unterliege keinerlei zeitlichen Vorgaben des Klägers zu 1) im Rahmen der Erstellung der Dienstpläne sowohl für das medizinische als auch das nicht medizinische Personal der Notfallpraxis. Wann, wie und von welchem Ort aus er welche Ärzte mit welchen Notfalldiensten betraue, respektive das ärztliche Hilfspersonal einplane, werde in keinster Weise durch den Vorstand des Klägers zu 1) bestimmt. Der Kläger zu 1) unterliege der Notfalldienstverordnung der Kassenärztlichen Vereinigung N., wobei es sich hierbei um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Normfestsetzungsbefugnis nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) V handele. Die Kassenärztlichen Vereinigungen hätten als Hauptaufgabe die Erfüllung der ihnen durch das SGB V übertragenen Aufgaben und die Sicherstellung der ambulanten kassenärztlichen Versorgung. Daneben seien sie für die Vertretung der Rechte der Vertragsärzte gegenüber der Krankenkasse und für die Überwachung der Pflichten der Vertragsärzte zuständig. Die Vertragsärzte seien verpflichtet, Notfalldienste zu erbringen, wie der Notfalldienstverordnung zu entnehmen sei. Diese Notfalldienste seien flächendeckend und zeitumspannend insbesondere dann zu erbringen, wenn ein potentieller Patient seinen Hausarzt nicht erreiche, weil der Notfall außerhalb der üblichen Sprechzeiten der Ärzte eingetreten sei. Um nun insbesondere flächendeckend die Versorgung von Patienten zu gewährleisten, regelten die Notfalldienstverordnungen, welche Dienste wann und wo von den niedergelassenen Ärzten zu erbringen seien. Um das Ganze zu zentralisieren und den niedergelassenen Ärzten einen möglichst großen Freiraum bei der Wahl dieser Notfalldienste zu ermöglichen, seien Notfallpraxen gegründet worden. Die diesen angeschlossenen Ärzte teilten dem Kläger zu 2) aufgrund vorgefertigter Formulare mit, wann sie bereit wären, welchen Dienst zu übernehmen. Dies gelte entsprechend auch für das medizinische Hilfspersonal. Der Kläger zu 2) gleiche dann ab, ob im Hinblick auf die gesetzlichen Erfordernisse der Notfalldienstverordnung bei den Dienstwünschen der Ärzte keine Lücken bestünden, den genannten gesetzlichen Erfordernissen also Rechnung getragen werde. Sofern der Kläger zu 2) insofern nach Auffassung der Beklagten an zeitliche Vorgaben gebunden sei, würden sich diese nicht aus einer Weisung des Klägers zu 1), sondern ausschließlich aus gesetzlichen Erfordernissen ergeben. Dasselbe gelte für die Ausführung der zu erbringenden Leistungen, da sich dieser Vertragsgegenstand wiederum nicht einem Diktat oder einer Weisung eines Dienstherrn entnehmen lasse, sondern wiederum ausschließlich auf den Erfordernissen der Notfalldienstverordnung beruhe. Aus diesem Grund erbringe der Kläger zu 2) seine Dienstleistung nicht im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation, sondern diese orientiere sich ausschließlich an gesetzlichen Verpflichtungen. Mit der Vergütung, die der Kläger zu 2) monatlich vom Kläger zu 1) erhalte, habe er sein komplettes Büroinventar, welches für die Durchführung der genannten Aufgaben von Nöten sei, zu beschaffen gehabt und habe dies darüber hinaus auf eigene Kosten auf dem aktuellen Stand zu halten. Hierzu gehörten PC, Drucker, Laptop, Telefon usw. wie auch die Einrichtung eines Arbeitsraumes, welcher im Haus des Klägers zu 2) - mit einem separaten Zugang versehen - geschaffen worden sei und so auch steuerrechtlich anerkannt sei. Im Übrigen sei es zwar richtig, dass der Kläger zu 2) seine Tätigkeit höchstpersönlich erbringe, verpflichtet hierzu sei er allerdings nicht. Eine solche Verpflichtung ergebe sich weder aus der Natur der Sache, noch sei sie dem Dienstvertrag zu entnehmen. Dem Kläger zu 2) sei es jederzeit möglich, sich durch einen Dritten, den er dann selbst zu bezahlen habe, vertreten zu lassen, ohne dass der Kläger zu 1) hieran einen Verstoß gegen vertragliche Verpflichtungen sehen könnte.

Mit jeweils an die Kläger gerichteten gleichlautenden Widerspruchsbescheiden vom 01.11.2011 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Der Kläger zu 2) trage kein erhebliches Unternehmerrisiko. Die eigene Arbeitskraft werde nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, da eine feste monatliche Vergütung erfolge. Die Vergütung werde erfolgsunabhängig gezahlt. Es sei unerheblich, dass der finanzielle Erfolg des Klägers zu 2) von dessen beruflicher Tüchtigkeit abhängig sei. Die Chance, länger oder mehr zu arbeiten, um so ein höheres Entgelt zu erzielen, sei nicht die spezielle Chance des Unternehmens, diese habe auch jeder Beschäftigte. Darüber hinaus setze der Kläger zu 2) ausschließlich die eigene Arbeitskraft ein und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig. Selbst wenn der Kläger zu 2) über ein eigenes Fahrzeug, Kommunikationsmittel wie Telefon und Computer bzw. geeignete Kleidung für die ausgeübte Tätigkeit verfüge, werde hierdurch ein unternehmerisches Risiko mit eigenständigen Gewinn- und Verlustchancen nicht begründet. Es spiele ebenfalls keine Rolle, dass in dem Vertrag keine Regelung über Urlaubsanspruch und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall getroffen worden sei. Die Aufnahme derartiger Regelungen gehöre nicht zu den Voraussetzungen für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses, sondern ein solches habe regelmäßig zur Folge, dass Urlaubs- und Lohnfortzahlungsansprüche entstehen konnten. Der Kläger zu 2) sei darüber hinaus zwar nicht verpflichtet, die Leistungen persönlich zu erbringen, allein die formale Berechtigung, die Leistung durch Ditte erbringen zu lassen, schließe jedoch das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht aus, wenn die persönliche Leistungserbringung die Regel sei. Schließlich sei der Kläger zu 2) nicht am Betriebssitz des Klägers zu 1) tätig, jedoch erfolge eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines Dritten. Das Weisungsrecht des Klägers zu 1) in Bezug auf Ort, Art und Weise der Tätigkeit ergebe sich aus dem jeweils erteilten Auftrag. Obwohl angeführt werde, dass der Kläger zu 2) seine Arbeitszeit frei gestalten könne, sei er in der Disposition seiner Arbeitszeit keineswegs frei, denn es bestehe eine tatsächliche Verpflichtung, die ihm übertragenen Aufgaben zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuführen. Mithin unterliege der Kläger zu 2) bezüglich Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausführung dem Direktionsrecht des Klägers zu 1) und sei daher in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert.

Hiergegen erhoben beide Kläger am 30.11.2011 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Zur Klagebegründung wiederholten und vertieften sie ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend ließen sie vortragen, zwischen ihnen bestehe ein freies Dienstverhältnis. Da der Kläger zu 2) seinen Lebensunterhalt aus mehreren Einnahmequellen bestreite, stehe er nicht in wirtschaftlicher Abhängigkeit zum Kläger zu 1). Entgegen der Auffassung der Beklagten bestehe auch keine persönliche Abhängigkeit. Der Kläger zu 2) unterliege keinerlei zeitlichen oder inhaltlichen Vorgaben des Klägers zu 1) im Rahmen seiner Tätigkeit. Lediglich die Notfallverordnung der Kassenärztlichen Vereinigung sei einzuhalten. Hierbei handele es sich um ein Gesetz, wobei einige Punkte desselben klarstellend in die Dienstverträge mitaufgenommen worden seien. Der Kläger zu 2) entscheide mithin frei darüber, ob und wie er Ärzte und sonstiges medizinisches Personal in der Notfallpraxis einsetze. Der Kläger zu 2) sei demgemäß nicht verpflichtet, wie dies bei einem Arbeitnehmer typischer Weise der Fall sei, ausschließlich die Interessen des Klägers zu 1) zu vertreten. Er nehme typische Arbeitgeberfunktionen wahr. Bei Erbringung dieser Leistungen sei der Kläger zu 2) auch nicht in den Betrieb des Klägers zu 1) eingegliedert. Er könne seine Tätigkeitszeit wie im Übrigen auch den Tätigkeitsort, wobei er überwiegend zu Hause arbeite, frei bestimmen. Sofern die Beklagte darüber hinaus davon ausgehe, der Kläger zu 2) sei verpflichtet, die ihm übertragenen Aufgaben zu einem bestimmten Zeitpunkt durchzuführen, sei dies nicht zutreffend. Die Verpflichtungen des Klägers zu 2) ergäben sich überwiegend aus der Notfalldienstverordnung der Kassenärztlichen Vereinigung N., wobei es ihm freistehe, wann, wie und von wo aus er seine Tätigkeit ableiste, solange - entsprechend der Notfalldienstverordnung - flächendeckend eine medizinische Versorgung der Bevölkerung außerhalb der üblichen Sprechstunden gewährleistet sei. Ausschließlich hieraus ergebe sich die Verpflichtung des Klägers zu 2). Insofern sei es völlig unverständlich, wie die Beklagte davon ausgehe, dass der Kläger zu 2) in die Arbeitsorganisation des Klägers zu 1) eingegliedert sei. Der Kläger zu 2) korrespondiere mit dem Personal der Klägerin zu 1) ausschließlich über Kommunikationsmittel, welche der Kläger zu 2) in seinem Büro eingerichtet habe. Nur in seiner Tätigkeit als Rettungsassistent sei er am Betriebssitz der Notfallpraxis anwesend. Sämtliche Betriebsmittel habe er im Übrigen auf eigene Kosten angeschafft und sei auch allein für deren Unterhaltung zuständig. Schließlich sei der Kläger zu 2) nicht verpflichtet, seine Leistungen persönlich zu erbringen. Das unternehmerische Risiko bestehe darin, dass seitens des Klägers zu 1) Kündigungsmöglichkeiten bestünden.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf ihre Ausführungen in den streitgegenständlichen Bescheiden und Widerspruchsbescheiden. Darüber hinaus betonte sie, dass eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht ausschließe. Vielmehr könne ein Auftragnehmer parallel nebeneinander für mehrere Auftraggeber als abhängig Beschäftigter tätig sein. Vorliegend organisiere der Kläger zu 2) den Ärztlichen Notdienst des Klägers zu 1) und leite diesen sowohl in personeller als auch sächlicher Hinsicht. Er übe hierbei Arbeitgeberfunktion aus. Daher sei von einer nahezu klassischen Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers auszugehen. Entgegen den Angaben des Klägers zu 2), keine regelmäßigen Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einhalten zu müssen, sei er im Übrigen für von ihm angenommene Aufträge durch die terminlichen Vorgaben des Arbeitgebers an dessen Bestimmungen gebunden. Somit bestehe hier für ihn lediglich ein eingeschränkter Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Wahl der Arbeitszeit.

Mit Beschluss vom 09.05.2012 wurden die Beigeladenen zum Rechtsstreit beigeladen.

Mit Urteil vom 06.12.2013 hob das SG die Bescheide der Beklagten vom 25.07.2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 01.11.2011 auf und stellte fest, dass der Kläger zu 2) beim Kläger zu 1) seit April 2003 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe und demzufolge nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und Arbeitslosenversicherung sei. Es sei zunächst festzustellen, dass sich anhand des zwischen den Klägern am 09.10.2003 geschlossenen Dienstvertrags keine eindeutige Zuordnung der Tätigkeit des Klägers zu 2) als abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit vornehmen lasse. Der Beklagten sei zuzugeben, dass der Kläger zu 2) aufgrund der Tatsache, dass er für seine Tätigkeit ein monatliches Honorar in Höhe von 1.000,00 EUR brutto erhalte, welches er dem Kläger zu 1) monatlich in Rechnung stelle, in dieser Hinsicht kein großes unternehmerisches Risiko trage. Auf der anderen Seite müsse jedoch auch berücksichtigt werden, dass eine Vergütung der vom Kläger zu 2) ausgeführten Arbeiten nur dann erfolge, wenn diese ordnungsgemäß durchgeführt und abgeschlossen worden seien. Sollten die dem Kläger zu 2) übertragenen Aufgaben aufgrund unvorhergesehener Ereignisse oder anderer Umstände längere Zeit in Anspruch nehmen, werde dem Kläger zu 2) dieser Mehraufwand außerdem nicht vergütet. Bei Krankheit oder Urlaubsabwesenheit erhalte der Kläger zu 2) nicht nur keine Vergütung, er müsse auch einen Dritten mit der Organisation der Notdienste betrauen und für dessen Vergütung selbst aufkommen. Nach den glaubhaften Angaben der Kläger in der mündlichen Verhandlung stehe beim Kläger zu 1) niemand zur Verfügung, der die Tätigkeit des Klägers zu 2) übernehmen könne. Der Kläger zu 2) habe hierfür einen außenstehenden Dritten an der Hand. Der Kläger zu 2) habe darüber hinaus insofern ein unternehmerisches Risiko zu tragen, als er für die Beschaffung und Unterhaltung der für die Ausübung seiner Tätigkeit notwendigen Arbeitsmittel selbst verantwortlich sei. Hierfür erhalte der Kläger zu 2) von dem Kläger zu 1) keinerlei finanzielle Unterstützung. So habe der Kläger zu 2) in dem von ihm angemieteten Wohnhaus die dort befindliche Einliegerwohnung als Büro für seine Tätigkeit für die vier Notfallpraxen eingerichtet. Hierfür habe er u. a. einen Computer, einen Drucker, Telefon und Internet angeschafft sowie die EDV erneuert, was ca. 2.000,00 EUR gekostet habe. Insofern verfüge der Kläger zu 2) über die Arbeitsmittel, die zur Ausübung von vergleichbaren Buchhaltungsarbeiten bzw. zur Ausführung organisatorischer Aufgaben auch im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit erforderlich seien. Soweit die Beklagte das Fehlen eines mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundenen Unternehmerrisiko als Indiz gegen eine selbstständige Tätigkeit des Klägers zu 2) vorbringe, sei zu berücksichtigen, dass ein erheblicher Kapitaleinsatz bei Buchhaltungsarbeiten grundsätzlich nicht tätigkeitsimmanent sei. Entscheidend für die Kammer sei jedoch, dass der Kläger zu 2) nicht in den Betrieb des Klägers zu 1) eingegliedert sei und hinsichtlich Zeit, Ort, Dauer und Art der Arbeitsausführung keinem Weisungsrecht des Klägers zu 1) unterliege. Die dem Kläger zu 2) übertragene Organisation des Notfalldienstes sowie alle anderen ihm übertragenen organisatorischen Dinge führe der Kläger zu 2) eigenständig durch, ohne dass ihm der Kläger zu 1) inhaltliche Weisungen erteile oder Vorgaben mache. Der Kläger zu 2) kenne sämtliche für den Notdienst zur Verfügung stehenden Ärzte sowie das gesamte sonstige Personal und verfüge auch im Übrigen über sämtliche Informationen, die zur Organisation der Notfallpraxis erforderlich seien. Er sei mithin nicht auf Zusatzinformationen des Klägers zu 1) angewiesen. So habe der Ärztliche Leiter des Klägers zu 1) in der mündlichen Verhandlung vom 06.12.2013 auch glaubhaft ausgeführt, dass er den Kläger zu 2) praktisch nie sehe. Erst recht sei der Kläger zu 2) nicht in der vom Kläger zu 1) unterhaltenen Notfallpraxis in B. anzutreffen. Kontakt bestehe nur dann, wenn dem Kläger zu 2) vom in der Praxis tätigen Personal fehlendes medizinisches Material, das neu bestellt werden müsse, per Fax oder Telefon durchgegeben werde oder eine Unterschrift des Ärztlichen Leiters des Klägers zu 1) für die Bestellung des Materials, das eine ärztliche Unterschrift erfordere, benötigt werde. Schließlich gebe es beim Kläger zu 1) keinen weiteren Mitarbeiter, der mit den Aufgaben betraut sei oder betraut werden könne, die der Kläger zu 2) für den Kläger zu 1) erledige. Vielmehr sei allein der Kläger zu 2) für die Organisation der Notfalldienste und die weiteren organisatorischen Aufgaben zuständig. Der Kläger zu 2) unterliege zudem hinsichtlich der Arbeitszeit keinerlei Weisungen. Der Kläger zu 2) sei weder verpflichtet, an bestimmten Tagen in der Notfallpraxis des Klägers zu 1) zu erscheinen, noch müsse er eine bestimmte Anzahl von Stunden pro Tag oder pro Woche arbeiten. Es liege allein an der Entscheidung des Klägers zu 2), an welchen Tagen, zu welchen Tageszeiten und wie lange er jeweils arbeite, um die von ihm übernommenen Aufgaben termingemäß fertig zu stellen. Nach Angaben des Klägers zu 2) erfolge die Einteilung der Notdienste jedes Vierteljahr neu. Die Neueinteilung nehme dann ungefähr vier Tage in Anspruch. Die Einhaltung dieser Termine sei jedoch nicht Ausfluss eines Weisungsrechts des Klägers zu 1) gegenüber dem Kläger zu 2). Sie entspreche zum einem der vertraglich gegenüber dem Kläger zu 1) übernommenen Verpflichtung, zum anderen sei sie Ausfluss einer gesetzlichen Verpflichtung aus der Notfalldienstverordnung der Kassenärztlichen Vereinigung N., welche die Gewährleistung eines durchgängigen Notfalldienstes vorschreibe. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass der Kläger zu 2) die Einteilung des Notdienstes tatsächlich vierteljährlich neu durchführen müsse, er könne dies auch in einem anderen Rhythmus organisieren. Hinsichtlich der Arbeitsausführung sei der Kläger zu 2) auch nicht darauf angewiesen, die von ihm übernommene Organisation der Notfallpraxis in etwaigen Betriebsräumen des Klägers zu 1) durchzuführen. Er könne sämtliche Arbeiten vielmehr von seinem Büro zu Hause aus erledigen. Eine Anwesenheit etwa in der Notfallpraxis in B. sei nicht erforderlich. Schließlich spreche für eine selbstständige Tätigkeit des Kläger zu 2), dass er uneingeschränkt für andere Auftraggeber tätig werden dürfe und dies auch tue. Auch wenn vorliegend allein die Rechtsbeziehung des Klägers zu 2) zum Kläger zu 1) zu beurteilen sei, könne eine Wertung des einzelnen Rechtsverhältnisses nur im Gesamtzusammenhang mit den anderen Rechtsbeziehungen des Klägers zu 2) erfolgen (Landessozialgericht (LSG) Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.09.2005, - L 5 KR 47/04 -, in juris). In diesem Zusammenhang sei das Gesamtbild der vom Kläger zu 2) ausgeübten beruflichen Tätigkeit zu berücksichtigen. Nach dem Gesamtbild stelle sich die Rechtsbeziehung zwischen den Klägern lediglich als Dienstverhältnis neben drei weiteren Dienstverhältnissen mit anderen Notfallpraxen dar, wobei auch die anderen Dienstverhältnisse dadurch gekennzeichnet seien, dass der Kläger zu 2) aufgrund eigener Zeiteinteilung, ohne fachliche und inhaltliche Weisung der jeweiligen Dienstherrn und ohne Eingliederung in einen fremden Betrieb die Organisation der jeweiligen Notfallpraxen - wie bei dem Kläger zu 1) - durchführe.

Das Urteil wurde der Beklagten mittels Empfangsbekenntnis am 17.02.2014 zugestellt.

Hiergegen richtet sich die am 14.03.2014 zum LSG Baden-Württemberg erhobene Berufung der Beklagten. Zur Begründung trägt die Beklagte vor, dass die Organisation von Notarzt- und Rettungsdiensten in den Bundesländern in der Regel eine öffentliche Aufgabe darstelle, die meistens von den Landkreisen und kreisfreien Städten getragen werde. Diese bedienten sich zur Aufgabenerfüllung der unterschiedlichsten Durchführungswege, denen gemeinsam sei, dass sie eine ständige Einsatzbereitschaft und eine fachgerechte Betreuung sicherzustellen hätten. Hierzu bedürfe es einer übergeordneten Dienstplangestaltung sowie der Bereitstellung geeigneter Räumlichkeiten und geeigneten Personals. Dies bedeute nicht nur für die eingesetzten Notärzte, sondern auch für alle beteiligten nichtärztlichen Mitarbeiter, dass bei der Tätigkeitsausübung eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation bestehe. Maßgebliche gesetzliche Grundlage für die Organisation des Notdienstes sei vorliegend die Notdienstverordnung der Kassenärztlichen Vereinigung in der jeweils gültigen Fassung. Die Kassenärztliche Vereinigung organisiere und verantworte den gesamten administrativen Ablauf der Notfallpraxen, die von der Kassenärztlichen Vereinigung betrieben würden und stelle deren komplette Praxisausstattung zur Verfügung. Nicht von der Kassenärztlichen Vereinigung betriebene Notfallpraxen - wie offenbar vorliegend - erhielten für ihre Aufwendungen einen finanziellen Ausgleich. Eine entsprechende teilweise Finanzierung mit öffentlichen Geldern dürfte somit auch auf die Ärztliche Notfallpraxis im vorliegenden Fall zutreffen. Der Kläger zu 2) könne als Mitarbeiter im Praxismanagement einer öffentlich finanzierten Notfallpraxis, die Teil einer übergeordneten Organisation zur Realisierung eines gesetzlichen Sicherstellungsauftrags sei, nicht weisungsfrei und insofern selbstständig tätig sein. Sein Aufgabengebiet dürfte - der Natur der Sache folgend - vielmehr einer entsprechenden Reglementierung und Kontrolle unterliegen. Das übrige für die Praxis tätige nichtärztliche Personal sei jedenfalls abhängig beschäftigt. Der Kläger zu 1) könne seinem gesetzlichen Auftrag auch nur entsprechen, wenn sämtliches Personal weisungsgebunden in seine Betriebsorganisation eingegliedert sei, wobei die verantwortliche Leitung und Aufsicht dem Ärztlichen Leiter, Herrn Dr. U obliegen dürfte. Dass Dr. U verantwortlich sei, wenn der Kläger zu 2) - auf Weisung - medizinisches Material für den Praxisbetrieb bestelle, sei von den Beteiligten während der mündlichen Verhandlung am 06.12.2013 dementsprechend auch bestätigt worden. Sofern sich das Weisungsrecht regelmäßig auf allgemeine organisatorische Fragen beziehe und fachliche Einzelweisungen nicht geboten seien, entspreche dies der Typik bei fachlich qualifiziertem Personal (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 04.06.1998, - B 12 KR 5/97 R -, in juris). Im Übrigen bestehe ab 01.01.2014 die Verpflichtung, eine zentral zur Verfügung gestellte einheitliche Software für die elektronische Bereitschaftsdienstplanung zu benutzen. Dies habe der Kläger zu 2) während der mündlichen Verhandlung am 06.12.2013 auch bestätigt. Nach dem Internetauftritt der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) zur Notfalldienstreform biete das Onlinetool u. a. eine Vertretungs- und Diensttauschbörse an. Ein intelligenter Planungsalgorithmus sorge dafür, dass es bei der Diensteinteilung gerecht zugehe und die Präferenzen der diensttuenden Ärzte so gut wie möglich berücksichtigt würden. Dass der Kläger zu 2) im Übrigen in einem Homeoffice und nicht in den Praxisräumen tätig werde, stehe einer weisungsgebundenen Eingliederung in die Betriebsorganisation nicht entgegen. Für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Auftragsverhältnisses sei es im Übrigen nicht von Belang, dass der Kläger zu 2) für weitere Auftraggeber tätig sei. Das Gesetz selbst gehe von der Möglichkeit der Ausübung mehrerer Beschäftigungsverhältnisse aus. Fehlende vertragliche Regelungen zum Urlaubsanspruch und zum Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hätten keine Indizwirkung. Sei das Vertragsverhältnis als Beschäftigung zu qualifizieren, würden sich entsprechende Ansprüche Kraft gesetzlicher Regelung ergeben. Dass der Kläger zu 2) für sein Tätigwerden ein - erfolgsunabhängiges - monatliches Entgelt in Höhe von 1.000,00 EUR erhalte und insofern kein Unternehmerrisiko trage, habe auch das SG im Übrigen zutreffend festgestellt. Die vom Kläger zu 2) genutzten privaten Arbeitsmittel in Form von Telefon, Internet und Computer gehörten heute zur standardmäßigen Ausstattung eines jeden Haushalts und würden keine zusätzlichen Investitionen und somit auch kein Unternehmerrisiko darstellen. Der Kläger zu 2) nehme zudem Aufgaben wahr, die wohl alleine im Verantwortungsbereich des feststellenden Arztes, der Notarztpraxis oder einer Behörde stehen dürften und von ihm insofern nur weisungsgebunden als Erfüllungsgehilfe erledigt werden könnten. Eine Übertragung dieser Aufgaben an den Kläger zu 2) als nicht ärztlichen privaten Unternehmer dürfte wohl kaum zulässig sein. Schließlich könnten die Regelungen im Dienstvertrag hinsichtlich der Freiheit des Arbeitsortes, der Arbeitszeit und der Weisungsungebundenheit nicht ausschlaggebend sein. Diese seien nur Ausdruck des Wunsches der Beteiligten, eine selbstständige Tätigkeit zu generieren. In der mündlichen Verhandlung hätten die Beteiligten selbst angegeben, dass die Materialbestellung für die Notfallpraxis immer am Folgetag zu erledigen sei, also sehr wohl entsprechende Vorgaben einzuhalten seien. Zudem vermöge allein der Wille der Vertragsparteien das Zustandekommen einer Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne nicht zu verhindern, da die sozialversicherungsrechtliche Einordnung des jeweiligen Vertragsverhältnisses nicht der Disposition der Vertragsparteien unterliege.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 06.12.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger zu 2) gehöre weder zum ärztlichen noch zum nicht ärztlichen Personal des Klägers zu 1), soweit er für die Notfallpraxis aufgrund des vorliegenden Dienstvertrags tätig sei. Seine überwiegende Aufgabe für die Notfallpraxis bestehe in der Organisation des Notfalldienstes, also in der Einteilung der Ärzte und des nichtärztlichen Personals zum Notdienst. Daneben seien ihm weitere organisatorische Aufgaben übertragen worden. Diese Aufgaben habe er nicht etwa in einer bestimmten "Schicht" zu erledigen. Vielmehr sei er in der Gestaltung seiner Tätigkeit frei. Er könne diese von zu Hause aus erledigen. Hierzu nutze er eine steuerlich anerkannte Einliegerwohnung. Seine Betriebsmittel habe er selbst beschafft und finanziert. Er habe weder Urlaubs- noch Entgeltfortzahlungsansprüche. Darüber hinaus sei der Kläger zu 2) auch noch für drei weitere Notfallpraxen in ähnlicher Weise tätig, verrichte weitere Dienste als Rettungsassistenz und verfüge über ein Beschäftigungsverhältnis bei einer Firma, welche Medizinbedarfsartikel vertreibe. Für die Tätigkeit als Rettungsassistent bei dem Kläger zu 1) gebe es keine schriftliche Vereinbarung. Eine Verpflichtung zur Übernahme solcher Dienste bestehe nicht. Erbringe er Leistungen stelle er den Notfallpraxen Rechnungen auf der Basis von Stundensätzen. Dass der Kläger zu 2) für die Organisation der Notfallpraxis eine feste Vergütung von 1.000,00 EUR monatlich erhalte, trete vor dem Hintergrund zurück. In der organisatorischen Gestaltung sei der Kläger zu 2) absolut frei. Auch aus der ab 01.01.2014 geltenden Verpflichtung zur Verwendung einer Software ergebe sich kein maßgeblicher Gesichtspunkt für die Einordnung des vorliegenden rechtlichen Verhältnisses zwischen den Klägern. Die Kläger haben die Förderrichtlinie Notfallpraxen und das Formular einer Fördervereinbarung vorgelegt.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird im Übrigen auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, denn die Klage betrifft weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung und ist auch sonst zulässig.

Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 25.07.2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 01.11.2011 sind rechtmäßig. Das SG hätte der Klage nicht stattgeben dürfen. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger zu 2) in seiner bei dem Kläger zu 1) ausgeübten Tätigkeit im Bereich Organisation bei der Ärztlichen Notfallpraxis der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

I.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist dabei ausschließlich die Tätigkeit des Klägers zu 2) im Bereich der Organisation der Ärztlichen Notfallpraxis bei dem Kläger zu 1). Hinsichtlich der Feststellung der Sozialversicherungspflicht bei Ausübung bestimmter Tätigkeiten findet grundsätzlich eine tätigkeitsbezogene und nicht eine personenbezogene Beurteilung statt. Bei einer Mehrheit von Tätigkeiten ist daher jede Tätigkeit in statusrechtlicher Hinsicht gesondert zu würdigen (allgemeines Gebot isolierter sozialversicherungsrechtlicher Betrachtung, vgl. BSG, Urteil vom 04.11.2009, - B 12 R 7/08 R -, in juris). Dementsprechend hat die Beklagte in den streitgegenständlichen Bescheiden lediglich die Tätigkeit im Bereich der Organisation der Ärztlichen Notfallpraxis beurteilt und insoweit eine Statusfeststellungsentscheidung getroffen. Weitere Tätigkeiten des Klägers zu 2) bei anderen Notfallpraxen, aber auch die Tätigkeit des Klägers zu 2) bei dem Kläger zu 1) als Rettungsassistent, sind demgegenüber nicht streitgegenständlich. Hierüber hat die Beklagte zum Einen nicht entschieden. Zum Anderen handelt es sich hierbei auch um gesondert zu betrachtende Tätigkeiten. Dies ergibt sich aus dem vorgelegten Vertrag, wonach die Tätigkeit im Bereich der Organisation der Notfallpraxis gesondert geregelt wird. Auch die Kläger gehen übereinstimmend davon aus, dass die streitgegenständliche Tätigkeit von der Tätigkeit als Rettungsassistent zu trennen ist.

II.

Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Beklagte war zu ihrem Erlass gem. § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV sachlich zuständig und die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt und beschränken sich nicht auf eine unzulässige Feststellung von Elementen eines Rechtsverhältnisses.

Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Deutsche Rentenversicherung B. (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Die Kläger haben sich für das (fakultative) Anfrageverfahren bei der Beklagten (Clearing-Stelle) nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV entschieden. Ein vorrangiges Verfahren bei der Einzugs- oder der Prüfstelle war nicht eingeleitet worden.

Gem. § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen muss im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände zu erschließen sein, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sich die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beziehen soll. Notwendig ist regelmäßig die Angabe einer bestimmbaren Arbeit und die gerade hiermit in Zusammenhang stehende Entgeltlichkeit (vgl. näher BSG, Urt. v. 11.03.2009, - B 12 R 11/07 R -; Urt. v. 04.06.2009, - B 12 R 6/08 R -, alle in juris). Außerdem darf sich die Entscheidung nicht auf das isolierte Feststellen des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung beschränken. Eine Elementenfeststellung dieser Art ist nicht zulässig (BSG, Urt. v. 11.03.2009, - B 12 R 11/07 R -, in juris).

Die Beklagte ist diesen Anforderungen gerecht geworden. Sie hat die vom Kläger zu 2) bei der Klägerin zu 1) ausgeübte Tätigkeit hinreichend bestimmt bezeichnet und sich auch nicht auf die isolierte Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschränkt, vielmehr in den angefochtenen Bescheiden ausdrücklich festgestellt, dass für die in abhängiger Beschäftigung verrichtete Tätigkeit des Klägers Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie zur Renten- und Arbeitslosenversicherung besteht.

III.

Die Bescheide der Beklagten sind auch materiell rechtmäßig. Da der Kläger zu 2) im streitigen Zeitraum bei dem Kläger zu 1) abhängig beschäftigt war und weiterhin ist und daher Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie Kranken- und Pflegeversicherung besteht, war das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Versicherungspflicht zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung besteht für gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III); Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit der Beschäftigung (vgl. § 8 SGB IV) hat (unstreitig) nicht vorgelegen. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Dafür ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist das der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (vgl. etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 18.11.2015, - B 12 KR 16/13 R -; Urteile vom 29.07.2015, - B 12 R 1/15 R - und - B 12 KR 23/13 R -; Urteil vom 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R -, alle in juris). Das Unternehmerrisiko besteht (regelmäßig) in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital (ganz) zu verlieren oder mit ihm (nur) Verluste zu erwirtschaften; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen. Das für eine selbstständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung nicht wesentlich bestimmen (BSG, Beschluss vom 16.08.2010, - B 12 KR 100/09 B -, in juris). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 25.04.2012, - B 12 KR 24/10 R -, in juris).

Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ausgangspunkt der Prüfung sind die (der jeweiligen Tätigkeit zugrundeliegenden) Vereinbarungen, die die Beteiligten - schriftlich oder ggf. auch nur mündlich - getroffen haben. Behörden und Gerichte müssen den Inhalt dieser Vereinbarungen feststellen. Sind die Vereinbarungen schriftlich getroffen worden, muss dabei auch geklärt werden, ob sie durch mündlich getroffene (Änderungs-)Vereinbarungen oder durch schlüssiges Verhalten rechtswirksam abgeändert worden sind. Steht der Inhalt der Vereinbarungen danach fest, ist zu prüfen, ob die Vereinbarungen (mit dem festgestellten Inhalt) wirksam oder wegen Verstoßes gegen zwingendes Recht unwirksam sind, wobei bei gegebenem Anlass auch die Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen geklärt werden muss, um auszuschließen, dass ein "Etikettenschwindel" bzw. ein Scheingeschäft vorliegt und die Vereinbarung deswegen gemäß § 117 BGB nichtig ist; ist letzteres der Fall, muss der Inhalt des durch das Scheingeschäft verdeckten Rechtsgeschäfts festgestellt werden. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der (der jeweiligen Tätigkeit zugrundeliegenden) Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder zum Typus der selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen. Danach ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere (tatsächliche) Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015, - B 12 KR 16/13 R -; Urteile vom 29.07.2015, - B 12 R 1/15 R - und - B 12 KR 23/13 R -, alle in juris).

Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d. h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht (ebenso die Behörde) insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 24.05.2012, - B 12 KR 14/10 R - und - B 12 KR 24/10 R -, beide in juris).

Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass der Kläger zu 2) hinsichtlich der Tätigkeit im Bereich der Organisation bei der Ärztlichen Notfallpraxis seit dem 01.04.2003 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei dem Kläger zu 1) ausübt und daher Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung besteht.

Für eine abhängige Beschäftigung des Klägers zu 2) bei dem Kläger zu 1) spricht bereits der Umstand, dass der Vertragsgegenstand derart unbestimmt ist, dass er erst durch weitere Vorgaben des Klägers zu 1) konkretisiert werden muss. So nennt der Vertrag als Aufgabe des Klägers zu 2) lediglich die Organisation des Ärztlichen Notfalldienstes als Leiter der Notfallpraxis in personeller und sächlicher Hinsicht. Soweit der Kläger zu 1) darauf hinweist, dass die weiteren Vorgaben sich für den Kläger zu 2) im Wesentlichen aus der Notfallverordnungen sowie weiteren gesetzlichen Regelungen ergeben bzw. ergeben hätten, ändert dies nichts an dem gefundenen Ergebnis. Denn der Kläger zu 2) war selbst an diese Vorgaben nicht gebunden. Eine Bindung bestand allenfalls hinsichtlich des Klägers zu 1), der die Einhaltung der Regelungen gegenüber dem Kläger zu 2) vorgebeben hat. Insoweit ist auch nicht davon auszugehen, dass bei einer Verletzung der Notfallverordnung der Ärztliche Leiter der Notfallpraxis, Dr. U, den Kläger zu 2) nicht zur Einhaltung der Regelungen angewiesen hätte.

Darüber hinaus hatte der Senat zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 2) gem. § 1 Nr. 1 Satz 2 des Dienstvertrags vom 09.10.2003 zur Organisation und Koordinierung der Notfallpraxis Einsatzpläne für die angeschlossenen Ärzte sowie das nicht ärztliche Dienstpersonal zu erstellen hatte. Die Erstellung verbindlicher Dienstpläne für die abhängigen Beschäftigten setzt ein entsprechendes Weisungsrecht gegenüber dem Personal voraus. Dies gilt auch dann, wenn die Einteilung größtenteils auf der Mitteilung verfügbarer Zeiten des ärztlichen bzw. nicht ärztlichen Personals beruht. Denn der Ablauf und die Gewährleistung der Betriebsbereitschaft der Notfallpraxis setzt voraus, dass der Praxisbetrieb im vorgegebenen Rahmen aufrecht erhalten wird. Dies setzt die Verbindlichkeit der Dienstpläne, die Ordnung der Einteilungswünsche und Füllung der hierdurch noch offenen Zeiten voraus. Insoweit ist der Kläger zu 2) als Leiter des Klägers zu 1) im Organisationsbereich funktionsgerecht dienend in den Arbeitsprozess eingebunden, da er die Sicherstellung des Vereinszwecks gemeinsam mit dem nicht ärztlichen und ärztlichen Personal gewährleistet.

Der Senat übersieht dabei im Übrigen keineswegs, dass der Kläger zu 2) hinsichtlich der Wahl des Arbeitsortes weitgehend frei ist und auch weitgehende Freiheiten hinsichtlich der Arbeitszeit genießt. Dies ist bei leitenden Angestellten jedoch nicht unüblich. Insoweit hatte der Senat im vorliegenden Fall auch besonders zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 2) trotz der Wahl seines Arbeitsortes zur Erfüllung seiner vertraglich vorgegebenen Tätigkeit ständig auf die Daten, Informationen und Unterlagen des Klägers zu 1) angewiesen ist. Seine Tätigkeit ist nur denkbar, wenn er mit dem ärztlichen und nicht ärztlichen Personal in ständigem Kontakt steht, da er nur hierdurch in der Lage ist, entsprechende Einsatzpläne zu generieren. Auch die Beschaffung von Material setzt aufgrund der fehlenden Anwesenheit des Klägers zu 2) in der Notfallpraxis nach den eigenen Angaben des Klägers zu 2) voraus, dass dieser über etwaige Leerbestände informiert wird oder sie persönlich dort erfasst. Ebenso setzt die Erstellung von Totenscheinen usw. voraus, dass der Kläger zu 2) entsprechende Unterlagen vorbereitet und diese dem Ärztlichen Leiter bzw. zuständigen Personen zuleitet.

Auch die freie Einteilung der Arbeitszeit ist dementsprechend zu relativieren. So hat der Kläger zu 2) zwar angegeben, dass er hinsichtlich der Arbeitszeiteinteilung frei ist. Die Erstellung von Einsatzplänen muss jedoch grundsätzlich quartalsweise erfolgen. Bei kurzfristigen Verhinderung muss der Kläger zu 2) darüber hinaus unmittelbar reagieren. Auch die Bestellung von Material usw. sowie die Erstellung von Bescheinigungen erfordert ein zeitnahes bzw. unverzügliches Handeln.

Ist der Kläger zu 2) damit in den Betriebsablauf des Klägers zu 1) eingebunden, hatte der Senat darüber hinaus zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 2) keinem Unternehmerrisiko ausgesetzt ist. Ein entsprechendes unternehmerisches Risiko ist vorliegend nicht ersichtlich. So war zwischen dem Kläger zu 1) und dem Kläger zu 2) ein monatliches Festgehalt in Höhe von 1.000,00 EUR vereinbart. Ein unternehmerisches Risiko hat der Kläger zu 2) angesichts dessen nicht getragen. Vielmehr hat der Kläger zu 2) seine Arbeitskraft eingesetzt ohne insoweit befürchten zu müssen, hierfür keine Vergütung zu erhalten. Dieser Arbeitseinsatz kann dem Wagniskapital eines Unternehmers nicht gleichgesetzt werden (BSG, Urteil vom 19.06.2001, - B 12 KR 440/00 R -, in juris). Eine Kündigungsmöglichkeit, die jeden Arbeitnehmer trifft, stellt kein unternehmerisches Risiko dar. Für die Tätigkeit musste sich der Kläger zu 2) auch keine sächlichen Betriebsmittel beschaffen, weil wie bereits dargelegt, die für die Tätigkeit notwendigen Daten der Kläger zu 1) zur Verfügung stellte. Dass der Kläger zu 2) über einen Büroraum verfügt, in dem er seine Tätigkeit auch verrichtet, vermag für die Beurteilung der Tätigkeit nichts herzugeben. Denn auch abhängig Beschäftigte können ihre Tätigkeit in ihren Privaträumen ausüben (sog. Homeoffice). Soweit der Kläger zu 2) für die Tätigkeit einen PC, Internetanschluss und eine Büroausstattung benutzt, stellt diese Nutzung kein Betriebsrisiko dar, da die entsprechenden Gegenstände mittlerweile auch von vielen Privathaushalten vorgehalten werden (vgl. etwa Senatsurteil vom 21.10.2015 - L 5 R 5085/14 - n.v.). Darüber hinaus ist er ab 2014 zusätzlich auf die von dem Kläger zu 1) zur Verfügung gestellte Software zur Organisation des Notfalldienstes angewiesen. Auch die Nutzung der Einliegerwohnung stellt kein maßgebliches Unternehmerrisiko dar, da diese vom Kläger zu 2) nicht speziell für die hier streitgegenständliche Tätigkeit mit einem separaten Mietvertrag angemietet wurde.

Unerheblich für das Gesamtbild der von dem Kläger zu 2) im Unternehmen des Klägers zu 1) verrichteten Tätigkeit ist, dass er sein Arbeitsentgelt durch Rechnungen geltend macht. Dies stellt eine formale Äußerlichkeit der Entgeltzahlung dar und ist für die materielle Einstufung des Entgelts als Arbeitsentgelt oder Unternehmervergütung nicht ausschlaggebend. Letztlich ist dies ebenso wie die Abgabe von Gewerbeanmeldungen, die Vorenthaltung der (gesetzlichen) Arbeitnehmerrechte (wie Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz) typisch bei Scheinselbstständigkeit und beruht auf der Tatsache, dass eine selbstständige Tätigkeit gewollt war, was nicht (allein) entscheidend ist (Urteil des erkennenden Senats vom 27.01.2016 - L 5 R 3385/14 -, n.v.). Nichts anderes ergibt sich im Übrigen auch aus den vom Kläger zu 2) ausgeübten weiteren Tätigkeiten. Für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung der Tätigkeit des Klägers zu 2) als Leiter der Notfallpraxis der Klägerin zu 1) sind seine weiteren Tätigkeiten für andere Notfallpraxen sowie seine Tätigkeit als Rettungsassistent unerheblich, da - wie bereits ausgeführt - hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht bei Ausübung bestimmter Tätigkeiten grundsätzlich eine tätigkeitsbezogene und nicht eine personenbezogene Beurteilung stattfindet (allgemeines Gebot isolierter sozialversicherungsrechtlicher Betrachtung - vgl. BSG, Urteil vom 04.11.2009, - B 12 R 7/08 R, in juris). Für die Versicherungsfreiheit in einzelnen Zweigen der Sozialversicherung kann demgegenüber ggf. eine personenbezogene Beurteilung stattfinden, etwa, wenn gem. § 5 Abs. 5 SGB V hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige (u.a.) auch bei Ausübung einer Beschäftigung nicht versicherungspflichtig zur Krankenversicherung der Beschäftigten (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) sind. Ein solcher, auf weitere Tätigkeiten abstellender Versicherungsfreiheitstatbestand (wie § 5 Abs. 5 SGB V) ist im Gerichtsverfahren aber regelmäßig nur dann von Belang, wenn die weitere Tätigkeit bereits Gegenstand des dem Gerichtsverfahren vorausgegangenen Verwaltungsverfahrens (einschließlich des Widerspruchsverfahrens) gewesen ist. Hat eine statusrechtliche Prüfung der weiteren Tätigkeit(en) des Versicherten durch die Verwaltungsbehörde dagegen noch nicht stattgefunden, ist das im Gerichtsverfahren durch das Sozial- oder Landessozialgericht im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) grundsätzlich nicht nachzuholen (vgl. auch Senatsurteil vom 10.07.2013, - L 5 R 63/13 -, n.v.). Im Übrigen wird die Verwaltungsbehörde die Frage der Versicherungsfreiheit in einzelnen Versicherungszweigen bei gegebenem Anlass in einem weiteren Verwaltungsverfahren zu prüfen und einen Status- oder Nachforderungsbescheid ggf. entsprechend abzuändern haben (vgl. § 44 Abs. 1 SGB X). Hier ist eine etwaige hauptberufliche Selbstständigkeit des Klägers zu 2) nicht Gegenstand des durchgeführten Verwaltungsverfahrens gewesen. Entsprechendes gilt auch für die Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze. Dies wird die Einzugsstelle unter Berücksichtigung der weiteren Tätigkeiten des Klägers zu 2) zu prüfen haben.

Die Beklagte hat den Beginn der Versicherungspflicht auch zu Recht ab dem 01.04.2003, dem Tag der Aufnahme der Tätigkeit, festgestellt. Ein späterer Beginn der Versicherungspflicht nach § 7 a Abs. 6 Satz 1 SGB IV kommt nicht in Betracht, da weder der Kläger zu 1) noch der Kläger zu 2) den Statusfeststellungsantrag innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit des Klägers zu 2) gestellt haben.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht für beide Kläger auf § 193 SGG.

Ist - wie hier - bei einem Streit mit subjektiver Klagehäufung und einem einheitlichen, unteilbaren Streitgegenstand in einer Instanz ein Kläger (hier der Kläger zu 2) als Versicherter i. S. d. § 183 SGG) kostenrechtlich privilegiert und ein anderer Kläger (hier der Kläger zu 1)) kostenpflichtig (§§ 197a Abs. 1 Satz 1, 183 SGG), greift - immer bezogen auf den jeweiligen Rechtszug (dazu BSG, Urt. v. 26.09.2006 - B 1 KR 1/06 R -, in juris Rdnr. 32) - wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung die Regelung für Kostenprivilegierte ein (BSG, Beschluss vom 29.05.2006 - B 2 U 391/05 B - sowie vom 26.07.2006 - B 3 KR 6/06 B -; LSG Bayern, Beschluss vom 02.03.2010, - L 5 R 109/10 B -, LSG Baden-Württemberg Urteil vom 30.03.2012 - L 4 R 2043/10 -, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2014, - L 4 R 2204/13 -; alle in juris; Urteil des erkennenden Senats vom 07.03.2016 - L 5 R 4501/14 - n.v.; anders für den, hier nicht vorliegenden, Fall der objektiven Klagehäufung BSG, Urteil vom 26.09.2006 - B 1 KR 1/06 R -, in alle in juris). Eine objektive Klagehäufung liegt hier indessen nicht vor. Der Kläger zu 1) und der Kläger zu 2) wenden sich zwar jeweils nur gegen den an sie selbst adressierten Widerspruchsbescheid, die Bescheide stehen jedoch materiell-rechtlich in einem unteilbaren inneren Zusammenhang, weswegen die Beklagte sie mit identischem Verfügungssatz und identischer Begründung gegenüber beiden Klägern erlassen hat; über die Bescheide kann auch nur prozessual einheitlich entschieden werden (vgl. Senatsurteil vom 20.03.2013, - L 5 R 3257/12 -, n.v.).

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved