L 13 R 2900/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 5525/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2900/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. April 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1955 in der Türkei geborene Kläger hat nach eigenen Angaben fünf Jahre lang die Schule besucht, einen Beruf habe er nicht erlernt, in der Türkei habe er auch nicht gearbeitet. Im Jahr 1970 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über und war hier von 1970 bis 1978 in einer Betonfabrik (einem Steinbruch), unterbrochen durch den Militärdienst in der Türkei, beschäftigt. Nach Besuch eines Abendkurses für Schweißarbeiten war der Kläger nach seinen Angaben bei der FI. W. als Schweißer und anschließend nach sechsmonatiger Arbeitslosigkeit bei der FI. I.–M., E. bis zum 28. April 2010 beschäftigt. Mit Bescheid vom 8. Oktober 2010 anerkannte die Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd das Vorliegen einer Atemwegserkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Berufskrankheiten-Liste.

Am 22. Februar 2011 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Mai 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2011 ab. Grundlage der Entscheidungen war - neben weiteren ärztlichen Äußerungen - das Gutachten des Internisten Dr. G., der eine COPD Stadium II diagnostizierte. Leichte vollschichtige Tätigkeiten könnten damit sicher erbracht werden. Die Tätigkeit als Schweißer könne der Kläger nicht mehr ausüben. Die Exposition gegenüber Allergenen, industriellen Gasen, Zigarettenrauch, Staub und inhalativen Noxen aller Art sei zu vermeiden. Leichte vollschichtige Tätigkeiten seien dem Kläger zumutbar.

Deswegen hat der Kläger am 22. September 2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers gehört sowie medizinische Unterlagen der Berufsgenossenschaft und des beim SG anhängigen Schwerbehindertenverfahrens S 20 SB 4294/12 beigezogen.

In dem Bericht der BG-Klinik B. R. (stationäre Aufenthalt vom 30. März bis 20. April 2010) sind die Diagnosen COPD Stadium II sowie lokales LWS-Syndrom enthalten. Gemäß dem pneumologischen-allergologischen Gutachten des Dr. U. (6. Oktober 2010) ist außerhalb von Provokationsbedingungen eine leichte bis mittelgradig nur teilweise rückbildungsfähige Obstruktion zu erheben gewesen, welche nach Absetzen der laufenden Therapie mit Spirivia sich nicht verschlechtert habe und welche mit einer leichtgradigen unspezifischen Hyperreagibilität verbunden sei. Es bestehe außerdem eine obstruktionsbedingte relative Lungenüberblähung, welche sich bei Rückbildung der Obstruktion ebenfalls bis zum Normbereich gebessert habe und zeitweise eine Verminderung des verfügbaren Lungenvolumens bedinge.

Der Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S. hat in seiner sachverständigen Zeugenauskunft dargelegt, er stimme mit dem Gutachten (Dr. G.) überein, wonach eine Tätigkeit als Schweißer zu vermeiden, eine Beschäftigung von mehr als sechs Stunden bei Vermeidung inhalativer Reizsubstanzen, Einwirkungen von Kälte, Abgasen, Rauch und Staub im Rahmen einer leichten Tätigkeit dem Kläger jedoch möglich sei. Auch der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Ö. hat sich dem genannten Gutachten hinsichtlich der Auswirkungen der COPD angeschlossen und auf eine psychiatrische Erkrankung hingewiesen. Der Orthopäde Dr. Severin hat in einem von Dr. Ö. vorgelegten Bericht ein LWS-Syndrom, eine LWS-Blockierung und eine NPP-Tendomyopathie diagnostiziert; der neurologische Befund sei unauffällig. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H.-B. hat in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft mitgeteilt, der Kläger leide unter einer mittelgradigen depressiven Episode und einer leichten kognitiven Störung.

Die Nervenärztin Dr. S. hat in ihren aus dem SB-Verfahren beigezogenen Äußerungen die Diagnosen einer mittelgradigen depressiven Episode mit deutlich ängstlichen Anteilen mitgeteilt. Im psychopathologischen Befund wird die Konzentration als reduziert, die Stimmung gedrückt und die Freude und der Antrieb als reduziert beschrieben. Es bestehe "Grübelneigung", der Kläger lebe immer in Angst, dass etwas Schlimmes passiere, er sei sehr angespannt. Hinweise für ein psychotisches Erleben hätten sich nicht gefunden. Der Kläger habe Störungen der Konzentration und der Vergesslichkeit gezeigt, die glaubhaft erschienen, sich aber in der einfachen Untersuchungssituation nicht wiedergefunden hätten. Die Lungenerkrankung sehe er als sehr bedrohlich. Auffällig sei in der Untersuchungssituation vor allem seine Einengung auf seine Ängste.

Aktenkundig ist ferner der Bericht der Rehaklinik I., B. Sch. über die stationäre Rehabilitation vom 12. Juni bis 10. Juli 2012, in welchem die bekannte Lungenkrankheit beschrieben wird und eine Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion infolge der Beeinträchtigung durch die Lungenerkrankung diagnostiziert ist. Im Vordergrund stünden "Gedankenkreisen, negative Gedanken, aggressive Ausbrüche und Schlafprobleme". Ferner ist aktenkundig der Bericht der Memory-Klinik, Geriatrisches Zentrum T., vom 3. Mai 2013 über die dortige Behandlung (Diagnosen: Schwere depressive Episode mit wahnhaft anmutenden Ängsten). Das SG hat ferner das Gutachten der Nervenärztin Dr. H. vom 9. Dezember 2013 aus dem Schwerbehindertenverfahren beigezogen. Auf nervenärztlichem Gebiet liege eine mittelschwere bis schwere depressive Episode vor. Der Kläger sei im Antrieb gemindert, die Gangart sei wenig schwungvoll, im Ausdruck sei er stumpf, eingeengt, müde und angespannt gewesen. Das formale Denken sei eingeengt auf die Situation mit seiner Lunge und den daraus resultierenden Einschränkungen in den letzten Jahren. Er könne die Krankheit nur schwer verstehen. Der Affekt sei missbefindlich, niedergeschlagen, ratlos, pessimistisch und verzagt. Er beschreibe eine Gereiztheit, aggressives Verhalten, einen ängstlichen Affekt, insbesondere wenn er nachts aufwache. Die Auffassung sei deutlich eingeschränkt, er habe nur einfache Sachverhalte nachvollziehen können, komplexeres Geschehen übersteige seine Möglichkeiten. Die Konzentration und die Merkfähigkeit seien in altersentsprechendem Rahmen. Eine Suizidialität bestehe nicht.

Das SG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W ... In ihrem Gutachten vom 21. November 2013 hat diese ausgeführt, die psychischen Störungen wirkten sich aus ihrer Sicht negativ auf die Konzentrationsfähigkeit und die Durchhaltekraft an einem Arbeitsplatz aus. Möglich wäre eine Schreibtischarbeit, jedoch würden hier sicherlich die erforderlichen Kenntnisse fehlen und ob diese innerhalb von kurzer Zeit noch erworben werden könnten, sei in Anbetracht des Alters fragwürdig. Eine leichte körperliche Tätigkeit sei drei- bis unter sechsstündig möglich.

Mit Urteil vom 16. April 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Selbst auf Basis bei der Annahme eines Leistungsvermögens im Sinne der Empfehlung des Gutachtens von Dr. W. bestehe kein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Gegen das am 4. Juli 2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Juli 2014 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung hat er unter anderem vorgetragen, sowohl die Sachverständige Dr. W., als auch die im Schwerbehindertenverfahren gehörte Nervenärztin Dr. H. seien zum Ergebnis gekommen, dass er auf absehbare Zeit nicht regelmäßig sechs Stunden leichte Tätigkeiten verrichten könne. Im Übrigen sei das Urteil unvollständig, da das SG nicht geprüft habe, ob ihm bei einem Teilzeit-Leistungsvermögen nicht eine Rente auf jeden Fall wegen teilweiser Erwerbsminderung zustehe. Ferner habe das SG die Voraussetzungen einer Arbeitsmarktrente verkannt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. April 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Mai 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, psychotherapeutische Medizin, Psychoanalyse M. sowie auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) des Dr. E., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie.

Der Sachverständige M. hat in seinem Gutachten eine Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion bei gesundheitlichen und sozialen Problemen, (fachfremd) eine Atemwegserkrankung mit Asthma bronchiale und COPD diagnostiziert. Bezüglich angegebener Wirbelsäulenbeschwerden ergebe sich neurologisch kein Hinweis auf eine Nervenwurzelkompression oder Nervenwurzelirritation. Der Kläger habe in jedem Fall ein erhebliches Maß an Aggravation, teilweise Simulation gezeigt. Es bestehe eine reaktive Depression im Sinne einer Anpassungsstörung, jedoch weit geringer ausgeprägt, als in den Vorgutachten dargestellt. Die überwiegenden Einschränkungen resultierten aus der Lungenerkrankung des Klägers. Es bestehe Übereinstimmung mit den Vorgutachten, dass der Kläger auf Grundlage dieses fachfremden Leidens nicht mehr als Schweißer arbeiten könne und auch sonst nicht mehr Dämpfen, Gasen oder Feuchtigkeit ausgesetzt werden sollte. Die psychische Störung sei, soweit sie objektivierbar gewesen sei, als leicht einzuschätzen und bedinge Einschränkungen dahingehend, dass dem Kläger keine Nachtschicht und keine Tätigkeit unter sehr hohem Zeitdruck zugemutet werden sollte. Der Kläger sei weiterhin in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben.

Der Sachverständige Dr. E. hat ausgeführt, auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe eine depressive Störung, aktuell mittelschwere Ausprägung. Auf neurologischem Fachgebiet hätten sich keine Erkrankungen ergeben, die quantitative Einschränkungen begründen könnten. In Übereinstimmung mit dem Gutachten M. sei sowohl Simulation als auch Aggravation anzunehmen. Jedoch seien die vorhandene Aggravation und Simulation nicht alleinige Ursache der zu beschreibenden Symptome, sondern zum Teil Folge der neurotischen Fehlverarbeitung, welche die eigentlichen Krankheitssymptome verstärkend beeinflusse und auch eine adäquate Behandlung zum Teil verhindere. Es bestehe eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Diese werde durch die dargestellte leichte Einschränkung im formalen Denken, doch vor allem durch die geringe psychische Belastbarkeit und Fähigkeit zur Motivation und Durchhaltevermögen des Klägers verursacht. Es sei dem Kläger somit eine Tätigkeit unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen nur mit einer Dauer von drei bis deutlich unter sechs Stunden zuzumuten. Die durchschnittliche Leistungsfähigkeit sei mit vier Stunden pro Tag, gemessen an einer Fünftagewoche, anzunehmen.

In seiner ergänzenden Stellungnahme zu dem Gutachten des Dr. E. hat der Sachverständige M. ausgeführt, es verbleibe bei seiner Leistungsbeurteilung. Soweit Dr. E. davon ausgehe, dass beim Kläger eine Konversionsstörung zusätzlich vorliege, könne dem nicht gefolgt werden. Es bestehe keine Konversion sondern eindeutig eine aggravierende Darstellung der Defizite und zumindest in Teilen auch eine Simulation, die damit keinen Krankheitswert besitze und einer willentlichen Steuerung unterliege.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Dieser hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit.

Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie u.a. teilweise oder voll erwerbsgemindert sind.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Gemessen an den genannten Voraussetzungen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung der Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, denn er ist weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert. Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Senats ergeben, dass der Kläger in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche zu verrichten.

Wegen der bestehenden Atemwegserkrankung mit Asthma bronchiale und COPD ist der Kläger nicht mehr in der Lage, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Schweißer zu verrichten. Ebenso sollte bei den beruflichen Tätigkeiten eine Exposition mit Dämpfen, Gasen oder Feuchtigkeit vermieden werden. Eine zeitliche Leistungseinschränkung für die noch möglichen leichten Tätigkeiten folgt nach übereinstimmenden Angaben der behandelnden Ärzte und den Ärzten der Heilverfahren daraus nicht. Auch die bestehenden Wirbelsäulenbeschwerden führen zu keinen neurologischen Einschränkungen wie Nervenwurzelkompression oder Nervenwurzelirritation und damit ebenso zu keinen weitergehenden Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit. Auch auf nervenärztlichem Fachgebiet besteht keine gesundheitliche Einschränkung, aus der eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte körperliche Arbeiten abzuleiten wäre. Der Senat folgt hier dem schlüssigen und nachvollziehbaren Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters M ... Die gegenteilige Auffassung des Nervenarztes Dr. E. vermag ebenso wenig zu überzeugen, wie die Auffassungen der Nervenärztin Dr. W. und der Nervenärztin Dr. H ... Der Neurologe und Psychiater M. hat dargelegt, dass die Lungenerkrankung zu einer depressiven Reaktion geführt hat und dass deswegen in diesem Zusammenhang Ängste bestehen und bestanden haben, sich jedoch eine schwerwiegende, insbesondere eine das zeitliche Leistungsvermögen einschränkende depressive Entwicklung, nicht nachweisbar entwickelt hat. Soweit der Kläger hier als im Vordergrund stehend eine Reizbarkeit angegeben hat, die im familiären Rahmen auch zu verbalen Impulsdurchbrüchen und zum Zerstören von Gegenständen geführt habe und dies zu einer Angst vor Kontrollverlust geführt habe, hat der Sachverständige schlüssig dargelegt, dass das Ausmaß, in dem dies geschildert wird, nicht nachvollziehbar ist. Auch das Ausmaß der daraus resultierenden selbst auferlegten Beeinflussungen ist nach Auffassung des Sachverständigen nicht nachvollziehbar. Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, dass die auf Befragen vom Kläger angegebenen Symptome, wie Stimmen hören, Verfolgungsideen und wiederkehrende Suizidgedanken bei der Bewertung durch eine erhebliche negative Antwortverzerrung und eine Neigung zur Bejahung unwahrscheinlicher Symptome erheblich erschwert gewesen ist. Es erfolgt bisher keine, wenn die Schwere der depressiven Entwicklung zutreffen würde, notwendige Psychotherapie und auch keine kontinuierliche psychopharmakologische Behandlung. Testpsychologisch hat sich in dem vom Sachverständigen M. herangezogenen "strukturierten Fragebogen simulierter Symptome" eine extreme Tendenz zur Bejahung ungewöhnlicher Beschwerden oder Defizite ergeben. In dem weiter dargestellten "Rey-15-Item-Test" hat sich eine Simulation kognitiver Defizite ebenso wie in dem Testverfahren "TOMM" ergeben. Wie bereits bei der Untersuchung durch Dr. W. sind vom Kläger sensible Defizite angegeben worden, die nach Auffassung der Gutachter keine organische Grundlage haben und die auch nicht zu subjektiven Beeinträchtigungen führen können. Der Sachverständige M. hat daher wegen den Ergebnissen der Testpsychologie und der damit nachgewiesenen Aggravation bzw. teilweisen Simulation für den Senat überzeugend dargelegt, dass zwar eine reaktive Depression im Sinne einer Anpassungsstörung gegeben ist, die aber geringeren Ausmaßes ist, als vom Kläger behauptet. Ansonsten ist es, worauf der Sachverständige nachvollziehbar hinweist, nicht erklärbar, dass es nicht zur Inanspruchnahme einer Psychotherapie gekommen ist. Sollten die Angaben des Klägers zu Suizidalität, Stimmen hören, Verfolgungsideen und auch zu den Einschränkungen in Menschenversammlungen zutreffen, hätte ebenfalls eine medikamentöse Behandlung zusätzlich erfolgen müssen. So wendet der Sachverständige M. zu Recht ein, dass davon auszugehen sei, dass die bisherige Behandlung an den tatsächlich vorhandenen Leidensdruck angepasst worden ist. Der Auffassung des Dr. E. sowie der erstinstanzlich gehörten Dr. W. kann ebenso wie den Ausführungen im Gutachten der Dr. H. hingegen nicht gefolgt werden. Soweit die genannten Ärzte zwar ebenfalls Aggravation und Simulationstendenzen festgestellt haben, aber diese bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht hinreichend berücksichtigt haben, kann dem der Senat nicht folgen. Der Sachverständige M. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme zu dem Gutachten E. für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger seine angeblichen Defizite aggravierend dargestellt und in Teilen auch simuliert hat. Soweit Dr. E. beispielsweise das Verhalten des Klägers bei der Koordinationsprüfung im "Fingernaseversuch" (grobes Vorbeizeigen, das auch bei Kopfdrehung, Reklination etc. anhält, bei etwa zehnfacher Prüfung nie [zufälliges] Treffen der Nasenspitze und im letzten Bewegungsablauf gezieltes Danebenzeigen) als "eine Konversion zu wertende Auffälligkeit" darstellt, ist dies durch die Ausführungen des Sachverständigen M. widerlegt. Die sowohl bei der Untersuchung bei Dr. W. als auch bei der Untersuchung des Sachverständigen M. und des Sachverständigen Dr. E. gezeigte Auffälligkeit stellt keine Konversionsstörung dar. Nach überzeugender Darstellung des Sachverständigen M. setzt eine solche voraus, dass sie nicht willentlich hervorgerufen oder vorgetäuscht wird. Zu Recht weist hier der Sachverständige aber darauf hin, dass vom Kläger selbst und von den behandelnden Ärzten keine Störungen der Koordination, die ihn im Alltag beeinträchtigen würden, angegeben worden seien. Im Übrigen konnten bei den Untersuchungen weder bei Dr. E. oder Dr. W. noch bei dem Sachverständigen M. Störungen der Koordination festgestellt werden. Damit ist auch der Senat davon überzeugt, dass es sich hier um ein bewusstes, gesteuertes und absichtliches Vortäuschen einer krankhaften Störung handelt.

Der Senat ist daher der Überzeugung, dass der Kläger in der Lage ist, leichte Tätigkeiten arbeitstäglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Zu beachten ist hierbei, dass eine Exposition mit Dämpfen, Gasen oder Feuchtigkeit nicht möglich ist. Aufgrund der psychischen Störungen, soweit sie objektivierbar sind, ist zu beachten, dass Tätigkeiten in Nachtschicht oder Tätigkeiten unter sehr hohem Zeitdruck nicht zugemutet werden können.

Aus den genannten, objektivierbaren qualitativen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit ergeben sich zudem weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. dazu BSG vom 11. Mai 1999 - B 13 RJ 71/97 R = SozR 3-2600 § 43 Nr. 21 - Juris Rdnr. 18 ff.) dar. Die beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen, wonach der Kläger keine Tätigkeiten unter Zeitdruck, in Exposition von Dämpfen, Nässe, Kälte und Zugluft und in Nachtschicht verrichten kann, stellen weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).

Maßgeblich dafür, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 107 und 169). Dabei ist unter dem bisherigen Beruf in der Regel die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit jedenfalls dann zu verstehen, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten war (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17).

Kann ein Versicherter den "bisherigen Beruf" aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten, ist zu ermitteln, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar ist und die der Versicherte gesundheitlich wie fachlich noch bewältigen kann. Das BSG hat zur Feststellung des qualitativen Wertes des bisherigen Berufes und damit zur Bestimmung zumutbarer Verweisungstätigkeiten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 55; Niesel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB VI Rdnr. 24 ff. m.w.N.) ein Mehrstufenschema entwickelt, das die Arbeiterberufe in Gruppen untergliedert. Diese werden durch die Leitberufe eines Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion (und diesem gleichgestellten besonders hoch qualifizierten Facharbeiters), eines Facharbeiters, der einen anerkannten Ausbildungsberuf mit einer anerkannten Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, regelmäßig drei Jahren ausübt, eines angelernten Arbeiters, der einen Ausbildungsberuf mit einer vorgeschriebenen Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren ausübt, und eines ungelernten Arbeiters charakterisiert. Kriterien für eine Einstufung in dieses Schema sind dabei die Ausbildung, die tarifliche Einstufung, die Dauer der Berufsausbildung, die Höhe der Entlohnung und insbesondere die qualitativen Anforderungen des Berufs. Eine Verweisung ist grundsätzlich nur auf eine Tätigkeit der jeweils niedrigeren Gruppe möglich. Der Senat folgt diesem Mehrstufenschema in ständiger Rechtsprechung.

Die zuletzt vom Kläger ausgeübte Tätigkeit des Schweißers ist, da er nach fünf-jährigem Schulbesuch weder eine Ausbildung durchgeführt, noch ein mindestens einjähriges Anlernverhältnis absolviert hat (er hat lediglich einen Abendkurs besucht), nach dem Mehrstufenschema des BSG auf der Stufe eines einfach Angelernten einzuordnen, so dass er zulässig auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht.

Da das SG im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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