L 2 AS 5026/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 4804/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 5026/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 2. November 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gegen den Kläger werden Verschuldenskosten i.H.v. 225 EUR verhängt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt laufende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab April 2013.

Der Kläger ist als Dachdecker sowohl selbstständig - hierfür von der Rentenversicherungspflicht befreit - als auch unselbstständig bei der Firma N. in Teilzeit tätig. Die Einkünfte aus der Tätigkeit bei der Fa. N.variieren in einer Größenordnung um ca. 400 EUR netto. Laut der Einnahmeüberschussrechnung hat der Kläger aus der selbstständigen Tätigkeit in der Zeit von Januar bis März 2013 einen Gewinn von 9.583,29 EUR erzielt. Am 19.4.2013 beantragte er beim Beklagten erneut Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und gab in der Anlage EKS zu seinen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit an, ab April 2013 geschätzt keine bzw. später nur geringe Einnahmen zu erzielen. In der Anlage VM gab er unter anderem an, Depot-Fonds-Anteile bei der e. GmbH "als Vermögen für Altersvorsorge nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB II" im Wert von ca. 10.900 EUR zu besitzen. Laut der Auskunft der Fa. e. GmbH vom 27.5.2013 betrug am 8.4.2013 das Depotguthaben (mit der Depotnummer 99127394147) 10.917,06 EUR. Bereits in einem früheren Rechtsstreit um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB 2 für die Zeit ab März 2009 vor dem Senat war ein Depotguthaben des Klägers bei der e. GmbH (damals noch mit seiner seit 2012 geschiedenen Ehefrau mit der Depotnummer 99125830803) Gegenstand des Verfahrens (Senatsurteil vom 20.2.2013 - L 2 AS 3863/12).

Mit Bescheid vom 4.7.2013 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Aufgrund des Depotvermögens bei der e. GmbH i.H.v. 10.917,06 EUR werde die maßgebliche Vermögensfreigrenze von 8.550 EUR überschritten. Das Depotvermögens sei aufgrund eines nicht nachgewiesenen Verwertungsausschlusses auch verwertbar.

Den dagegen ohne Begründung eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.9.2013 zurück.

Am 28.10.2013 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und diese damit begründet, dass das Depotvermögens aufgrund seiner Befreiung von der Rentenversicherungspflicht der Altersvorsorge diene und deshalb nicht als Vermögen berücksichtigt werden dürfe.

Der Beklagte ist der Klage unter Hinweis auf die fehlende vertragliche Vereinbarung, ausweislich derer der Kläger über die geldwerten Ansprüche aus seinem Depotvermögen bei der e. GmbH vor Eintritt in den Ruhestand nicht verfügen könne, entgegengetreten.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 2.11.2015 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Bescheid vom 4.7.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.9.2013 rechtlich nicht zu beanstanden sei, der Kläger habe mangels Hilfebedürftigkeit keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Aufgrund seines Depotvermögens bei der e. GmbH sei der Kläger in der Lage gewesen seinen Lebensunterhalt aus zu berücksichtigende Vermögen zu sichern. An der Verwertbarkeit des in dem Depot "verwahrten" Kapitalvermögens bestehe kein Zweifel, denn die jeweiligen "Depotpositionen" könnten auch kurzfristig veräußert werden. Zur Verwertung sei der Kläger verpflichtet gewesen, soweit das Depotvermögen über den für ihn maßgeblichen Vermögensfreibetrag (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 SGB II) von 8.550 EUR gelegen habe. Eine vertragliche Vereinbarung, ausweislich derer der Kläger über die geldwerten Ansprüche aus dem Depotvermögen vor Eintritt in den Ruhestand nicht verfügen konnte, sei nicht geschlossen worden. Auch eine Privilegierung des Depotvermögens nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB II bei Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung liege nicht vor. Der Alterssicherungswille, der deutlich erkennbar sein müsse, habe nicht vorgelegen, weil keine Dispositionen getroffen worden seien, die einen Zugriff auf das Vermögen vor dem Ruhestand zumindest erheblich erschwert hätten. Zu berücksichtigen sei außerdem, dass der Kläger noch knapp ein Jahr vor Antragstellung angegeben habe, das Depotvermögen sei seinen Kindern zuzurechnen (im Rechtsstreit L 2 AS 3863/12). Dies widerspräche der nun behaupteten Zweckbestimmung. Auch eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung des Depotvermögens oder eine besondere Härte der Verwertung über die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte hinaus vermochte das SG nicht zu erkennen.

Gegen den dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 4.11.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 4.12.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt, die er nach Fristsetzung und Erinnerung nicht begründet hat.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 2. November 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 4. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. September 2013 aufzuheben und dem Kläger ab April 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Mit Schreiben vom 10.3.2016, das dem Kläger am 12.3.2016 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, hat der Senat dem Kläger einen rechtlichen Hinweis erteilt und auf die Möglichkeit der Verhängung von Verschuldenskosten hingewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung des Klägers ist zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen und zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Alg II ab April 2013 hat.

Die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende liegen für den Kläger nicht vor. Er zählt zwar gemäß § 7 Abs.1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II zum grundsätzlich leistungsberechtigten Personenkreis, da er im streitgegenständlichen Zeitraum von April 2013 bis heute 52 bzw. 55 Jahre alt und erwerbsfähig war sowie seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte. Er war jedoch nicht hilfebedürftig gemäß § 7 Abs.1 Nr. 3, § 9 Abs.1 SGB II, denn er war zumindest in der Lage, seinen Lebensunterhalt ab April 2013 aus zu berücksichtigendem Vermögen zu sichern.

Zutreffend hat das SG unter Bezugnahme auf die einschlägigen Normen und die einschlägige Rechtsprechung entschieden, dass das über dem Vermögensfreibetrag von 8.550 EUR liegende Depotvermögen des Klägers auf dem Depotkonto mit der Nummer 99127394147 bei der e. GmbH im Gesamtwert von 10.917,06 EUR kurzfristig zur Verfügung steht, nicht der Altersvorsorge des Klägers im rechtlichen Sinne dient und auch eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung nicht entgegensteht und deshalb vom Kläger zur Sicherung seines Lebensunterhalts einzusetzen ist. Nachdem der Senat hierzu im gleich gelagerten Rechtsstreit zwischen den gleichen Beteiligten bereits entsprechend entschieden hat (Urteil vom 20.2.2013 - L 2 AS 3863/12) und der Kläger seine Berufung nicht begründet hat, nimmt der Senat auf den Gerichtsbescheid des SG Bezug und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 192, 193 SGG. Bei der gegebenen Sachlage war die Verhängung von Verschuldenskosten in Höhe des Mindestbetrages von 225 EUR (§ 184 Abs. 2 SGG) gerechtfertigt.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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