L 9 R 1355/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 300/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1355/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Abweichen von der Frist des § 12 Abs. 2 SGB VI, wonach Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht vor Ablauf von 4 Jahren seit Durchführung der letzten Maßnahme bewilligt werden, setzt eine "dringende" Erforderlichkeit voraus, die über eine "erhebliche" Gefährdung der Erwerbsfähigkeit hinausgeht.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Februar 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers des Klageverfahrens. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in Form einer Klimaheilbehandlung am Toten Meer.

Der 1959 geborene Kläger machte sich nach seinem Studium der Sozialarbeit als Sozialarbeiter selbstständig. Seit dem 07.03.2016 übt er eine Teilzeitbeschäftigung beim Internationalen Bund mit einem Umfang von 22 Stunden wöchentlich aus. Laut Aktenvorblatt vom 04.05.2011 der Verwaltungsakte der Beklagten hat der Kläger die Wartezeit von fünfzehn Jahren erfüllt.

Etwa seit dem Jahr 1989 leidet der Kläger an einer Psoriasis vulgaris. In diesem Zusammenhang führte er unter der Kostenträgerschaft der Beklagten in den Jahren 1996, 2001, 2002 sowie 2006 jeweils stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahmen durch. Der Entlassungsbericht vom 11.06.2001 über die vom 24.04.2001 bis 22.05.2001 in der D.-Klinik durchgeführte Maßnahme gibt als Rehabilitationsergebnis einen deutlich abgeheilten Hautbefund wieder. Überdies wurde bei dem Kläger im Zeitraum vom 26.03.2007 bis 15.04.2007 eine stationäre Behandlung im S. Gesundheitszentraum B. durchgeführt. Im Entlassungsbericht vom 15.04.2007 ist ausgeführt, bei dem Kläger sei unter einer Balneo-Phototherapie eine deutliche Befundbesserung eingetreten.

Auf seinen im Januar 2010 bei seiner zuständigen Krankenversicherung (DAK) gestellten Antrag auf Kostenübernahme einer Klimaheilbehandlung am T., den die DAK an die Beklagte weiterleitete, bewilligte diese dem Kläger mit Bescheid vom 16.02.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.06.2010 eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme im Reha-Zentrum B. R ... Der Kläger führte die beantragte Heilmaßnahme am T. daraufhin im Zeitraum vom 21.03.2010 bis 18.04.2010 im Dead Sea Medical Center in J. auf eigene Rechnung durch und begehrte im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) von der Beklagten die Erstattung seiner Kosten in Höhe von 3.151,- EUR (S 9 R 2453/10). Mit Urteil vom 03.05.2011 verurteilte das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16.02.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2010, die Kosten für das am T. durchgeführte Heilverfahren vom 21.03.2010 bis 18.04.2010 zu erstatten. Die Beklagte legte hiergegen bei dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung ein (L 9 R 2287/11). Im Erörterungstermin vom 06.05.2013 teilte der Kläger mit, dass es ihm in der Sache nicht um eine Kostenerstattung gehe, sondern dass er eine generelle Bewilligung einer Kurmaßnahme am T. begehre. Mit Urteil vom 08.04.2014 hob das LSG Baden-Württemberg auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG vom 03.05.2011 auf, wies die Klage ab und führte zur Begründung aus, ein Anspruch auf Kostenerstattung bestehe für den Kläger nicht, da er weder einen Anspruch auf die begehrte medizinische Rehabilitationsmaßnahme habe noch sich eine der streitigen Naturalleistung entsprechende Leistung selbst beschafft habe. Der Kläger habe sich bereits vier Tage nach der Antragstellung bei der DAK durch seine Buchung vertraglich gebunden, so dass viel dafür spreche, dass er die Klimaheilbehandlung unabhängig von der Entscheidung der Beklagten habe durchführen wollen. Ob ein Ursachenzusammenhang zwischen der Leistungsablehnung und der Selbstbeschaffung der Leistungen angenommen werden könne, sei zweifelhaft. Dies könne auch offen bleiben. Denn der Kläger habe keine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt, da er während seines Aufenthaltes im Dead Sea Medical Center keine ärztliche Betreuung in Anspruch genommen habe. Schließlich sei die Beklagte auch nicht verpflichtet gewesen, anstelle der bewilligten Leistungen im Reha-Zentrum B. R. die begehrte Klimaheiltherapie am T. zu bewilligen. Die hierfür erforderliche Ermessensreduzierung auf Null liege schon deshalb nicht vor, weil beim Kläger vor der durchgeführten Klimatherapie nicht alle ambulanten Behandlungen, einschließlich sogenannter systemischer Therapien, ausgeschöpft worden seien. Es sei auch nicht nachgewiesen, dass durch die Aufenthalte am T. ein längerer Behandlungserfolg erzielt werde, denn der Kläger habe in jährlichem Abstand eine solche Klimaheilbehandlung durchgeführt. Die im Inland absolvierten stationären medizinischen Rehabilitationen seien ebenfalls in jährlichem Abstand in den Jahren 2006 und 2007, vorher in längeren Intervallen, erfolgt.

Bereits am 14.01.2011 hatte der Kläger bei der DAK H. einen Antrag auf Bewilligung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme nach stattgehabter Operation der linken Schulter gestellt, den die DAK mit Schreiben vom 07.02.2011 an die Beklagte weiterleitete. Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 16.05.2011 eine ambulante Leistung zur medizinischen Rehabilitation in der Rehamed H., die der Kläger jedoch wegen zwischenzeitlicher Besserung seines orthopädischen Gesundheitszustandes nicht antrat.

Im Frühjahr 2011 hielt sich der Kläger erneut über einen Zeitraum von vier Wochen am T. (Dead Sea Medical Center) auf.

Mit Email vom 23.05.2011 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass er im vergangenen Januar bzw. Februar bei der Beklagten einen Antrag auf Klimaheilbehandlung am T. wegen schwerer Psoriasis gestellt habe, über den noch keine Entscheidung vorliege. In einer weiteren Email vom 06.06.2011 korrigierte er das Antragsdatum auf den 31.01.2011. Auf eine Anfrage der Beklagten teilte die DAK der Beklagten mit Schreiben vom 31.08.2011 mit, dass bei ihr im Jahr 2011 kein Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation wegen schwerer Psoriasis eingegangen sei. Der Kläger habe lediglich im Jahr 2010 einen solchen Antrag gestellt, den sie mit Schreiben vom 21.01.2010 an die Beklagte weitergeleitet habe. Diese Antragsunterlagen fügte sie ihrem Schreiben vom 31.08.2011 bei. Darin enthalten war eine ärztliche Verordnung des behandelnden Hautarztes Dr. W. vom 14.01.2010, der als Begründung eine drohende Berufsunfähigkeit durch physische und psychische Überlastung mit den Zielen von Schmerzfreiheit, Depressionsabnahme sowie eine normale gesellschaftliche Teilhabe angegeben hatte.

Mit Bescheid vom 27.10.2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation für die Dauer von drei Wochen in der T.-Fachklinik in B. S.

Mit Email vom 09.11.2011 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch mit der Begründung, dass er die von der Beklagten vorgesehene Einrichtung ablehne und stattdessen eine Klimaheilbehandlung am T. in J. im "Dead Sea Medical Center" fordere. Er verweise auf das Urteil des SG vom 03.05.2011 (S 9 R 2453/10), das von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgehe. Außerdem weise er darauf hin, dass ein Heilverfahren am T. bei seinem Krankheitsbild in qualitativer Hinsicht mindestens genauso wirksam sei wie im Inland bei höherer Wirtschaftlichkeit. Sollte die Beklagte seinem Widerspruch nicht stattgeben, werde er im Wege der "Ersatzvornahme" in Vorleistung treten.

Im Zeitraum vom 05.12.2011 bis 22.12.2011 wurde der Kläger in der S. Klinik in B. R. stationär behandelt. Aus dem Entlassungsbericht vom 21.12.2011 ergibt sich, dass der Kläger durch mehrere Rehabilitationsmaßnahmen sowie Aufenthalte am T. die Erkrankung stabil habe halten können. Am 09.11.2011 habe er eine Grippeimpfung erhalten. Etwa fünf bis zehn Tage danach sei die Erkrankung stark "aufgeblüht", und zwar erstmalig in dieser starken Ausprägung. Der Hautbefund bei Aufnahme habe ergeben, dass etwa 25 % der Körperoberfläche betroffen gewesen sei. Aufgrund der Symptomatik, dem klinischen Bild und der erhobenen Befunde sei die Diagnose einer schweren Psoriasis vulgaris vom Plaque-Typ gestellt worden. Es sei eine Systemtherapie mit Fumarsäure eingeleitet worden. Begleitend seien eine Balneo-Phototherapie (Solebad, Soledusche, UVB-Ganzkörper-Lichttherapie) sowie eine UVB-Breitspektrum-Lichttherapie durchgeführt worden. Hierunter habe sich ein gutes Ansprechen der Therapie und ein Rückgang der Hautveränderungen ergeben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, die von den Einrichtungen am Toten Meer vorgelegten Unterlagen einschließlich der Rehabilitationskonzepte entsprächen zumindest derzeit noch nicht den notwendigen Qualitätsmerkmalen. Vom Gesetz sei ein erwerbsspezifischer Ansatz vorgegeben, dem nur durch ein multiprofessionelles Rehabilitationsteam umfänglich Rechnung getragen werden könne. Dieser wesentliche Punkt fehle in den vorliegenden Konzepten vollständig. Darüber hinaus sei auch der in den Angebotsverfahren genannte Verfügungssatz nicht wirtschaftlicher als bei den von ihr bereits belegten Einrichtungen. Da somit zwei (Qualität und Wirtschaftlichkeit) von drei durch § 18 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) geforderten Kriterien nicht erfüllt seien, könne eine Prüfung der Wirksamkeit dahingestellt bleiben. Auch sei berücksichtigt worden, dass der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger nach Einholung fachdermatologischer Gutachten zur Durchführung medizinischer Rehabilitationsleistungen bei Psoriasis am Toten Meer zu dem Ergebnis gekommen sei, dass eine signifikante Überlegenheit gegenüber den belegten Einrichtungen im Inland (insbesondere an der Nordsee) und in Davos (Schweiz) nicht vorliege. Das Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten könne nicht so weit gehen, dass dieser selbst bestimmen könne, welche Maßnahme er für sinnvoll halte. Diese Entscheidung obliege allein dem Rentenversicherungsträger. Mit der bewilligten Rehabilitationseinrichtung in B. S. werde eine indikationsgerechte und adäquate Versorgung sichergestellt.

Hiergegen hat der Kläger am 26.01.2012 beim SG Klage erhoben und vorgetragen, dass er in der Vergangenheit in deutschen Rehabilitationskliniken mehrfach behandelt worden sei, er hierbei jedoch nur eine vergleichsweise kurze Symptomfreiheit erreicht habe. Bei seinem letzten Reha-Aufenthalt in B. R.l im Dezember 2011 habe er akut notfallmäßig behandelt werden müssen, da 70 % der Hautoberfläche von Schuppenflechte befallen gewesen sei. Bereits zehn Tage nach der Entlassung seien die Symptome fast wieder so schwerwiegend wie bei Aufnahmebeginn gewesen. Eine Behandlung am Toten Meer habe dagegen zu fast völliger Beschwerdefreiheit über einen Zeitraum von vielen Monaten geführt. Im Übrigen bestreite er den Vortrag der Beklagten, dass die begehrte Therapie im Ausland nicht wirtschaftlicher sei als eine inländische Therapie. Das SG hat den behandelnden Hautarzt Dr. W. als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen. Dieser hat unter dem 18.06.2012 mitgeteilt, der Kläger sei bei ihm im November 2010, im Januar, März, Mai, November und Dezember 2011 sowie im Januar, Februar, März, Mai und Juni 2012 in seiner ambulanten Sprechstunde gewesen. Bei dem Kläger bestehe eine stark ausgeprägte Psoriasis vulgaris mit multiplen plaqueförmigen Arealen mit Rötung und Schuppenauflagerung am gesamten Integument. Zusätzlich seien die Kopfhaut, die Anal- und Genitalregion befallen, insgesamt etwa 70 - 80 % des ganzen Körpers. Nachdem der Kläger einen fünfwöchigen Aufenthalt am T. durchgeführt habe, habe er sich am 10.05.2011 mit fast kompletter Remission der Psoriasis tief gebräunt gezeigt, und es seien lediglich maximal 5 % des Körpers mit nur noch leicht geröteten Psoriasis-Arealen bedeckt gewesen. Der Erfolg dieser Kurmaßnahme habe lang angehalten, so dass sich der Kläger erst am 23.11.2011 mit dem oben beschriebenen starken Befall am ganzen Körper gezeigt habe. Ambulant habe er den Kläger mit einer stadiengerechten Lokaltherapie, auch mit Corticoiden, behandelt. Aufgrund des nur geringen Ansprechens habe er mit dem Kläger eine interne Fumarsäure-Therapie diskutiert, die dann in der S. Klinik in B. R. eingeleitet worden sei. Zeitweise habe eine Dosisanpassung wegen des Auftretens von Nebenwirkungen zu erfolgen. An der Haut habe sich eine geringe Besserung mit Rückbildung der Infiltrate gezeigt, jedoch würden die Erythemen weiterhin bestehen. Der Verlauf der Volldosis-Therapie müsse noch abgewartet werden. Da die Therapieoptionen in der T.-Fachklinik im Wesentlichen denen der S. Klinik ähneln dürften, sei hier sicherlich wieder ein positiver Effekt zu erwarten, ebenso schnell jedoch ein Rezidiv. Sollte eine langfristige Besserung aufgrund der Fumarsäuretherapie nicht möglich sein, stünden weitere interne Therapieoptionen (Cyclosporin oder Biologicals) zur Verfügung, die jedoch direkt am Immunsystem angriffen und somit ein höheres Nebenwirkungsspektrum mit sich brächten. Neben Leber- und Nierenschädigungen könne es auch zum Auftreten von Karzinomen kommen, so dass das Nutzen-/Risikoprofil abzuwägen sei.

Die Beklagte hat eingewandt, eine Bade- und Lichttherapie bewirke regelmäßig keine Heilung, sondern nur eine Linderung der Symptome. Dies dürfe aber nicht dazu dienen, die Beschreibung eines akut medizinischen temporären Behandlungserfolges der Forderung nach "zumindest gleicher Qualität und Wirksamkeit" gleichzustellen. Auch könne die Frage der Wirtschaftlichkeit nicht allein anhand des Endpreises einer Leistung beurteilt werden, vielmehr komme es auf die Vergleichbarkeit der Inhalte an. Zu bezweifeln sei, dass der Anbieter einer Klimaheilbehandlung am Toten Meer in der Lage sei, die notwendige sozialmedizinische Leistungsbeurteilung zu erstellen oder einen Entlassungsbericht vorzulegen, der die Qualitätsstandards aufweise, um eine Leistung dokumentieren zu können. Sie selbst betreibe keine Einrichtung am T. und habe auch keine Verträge mit entsprechenden Einrichtungen abgeschlossen, weil eine sach- und fachkompetente Rehabilitation bislang nicht gewährleistet sei. Stationäre Rehabilitationseinrichtungen seien nur dann als geeignet anzusehen, wenn sie zertifiziert seien.

Mit Urteil vom 11.02.2014 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2012 verpflichtet, dem Kläger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation am T. zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Einrichtung brauche nicht unter ständiger ärztlicher Verantwortung zu stehen, wenn die Art der Bewilligung dies nicht erfordere. Die im Ausland begehrte Leistung könne mit gleicher Qualität und Wirksamkeit wirtschaftlicher ausgeführt werden. Nach Einschätzung des Dermatologen Dr. W. und nach der dermatologischen Fachliteratur könne ein eindeutiger Vorteil der Behandlung am T. gegenüber nebenwirkungsreicheren künstlichen UV-Therapien im Inland festgestellt werden. Einrichtungen unter ärztlicher Überwachung, in denen ärztliche Eingangs- und Abschlussuntersuchungen durchgeführt und für den Rentenversicherungsträger entsprechend dokumentiert werden könnten, stünden am T. gleichfalls zur Verfügung. So kooperiere beispielsweise das sogenannte Deutsche Medizinische Zentrum (DMZ) am T. zwischenzeitlich mit der T.-Fachklinik. Auch Rehabilitationsaufenthalte seien im Allgemeinen nicht von täglichen ärztlichen Visiten geprägt. Soweit einzelne Elemente der am T. angebotenen Maßnahmen oder auch deren Dokumentation bisher nicht vollumfänglich den Anforderungen der Beklagten entsprächen, sei es deren Sache, für die Einhaltung dieser Anforderungen durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen mit der jeweiligen Klinik zu sorgen. Aufgrund des länger anhaltenden Heilerfolgs mit dem Effekt der Einsparung von Arzneikosten und einer nachhaltigeren Wirkung auf die Gesundheit sei die Maßnahme auch wirtschaftlicher. Ausnahmsweise sei im vorliegenden Fall auch eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen. Der Kläger habe sich einer ganzen Reihe von inländischen Behandlungsversuchen und Rehabilitationsmaßnahmen unterzogen. Auch eine Fumarsäuretherapie sei bereits vor zwei Jahren eingeleitet worden, ohne eine nachhaltige Besserung der Erkrankung zu erreichen. Die vom Kläger auf eigene Faust durchgeführte Maßnahme am T. im Frühjahr 2011 habe bisher die erfreulichste Wirkung auf seine Erkrankung gehabt. Dr. W. habe deutlich gemacht, dass bereits die Fumarsäuretherapie mit Nebenwirkungen verbunden sei und weitere interne Therapieoptionen (Cyclosporin, Biologicals) noch gravierendere Nebenwirkungen hätten. Eine erneute medizinische Rehabilitationsmaßnahme im Inland hätte zwar eine positive Wirkung auf den Gesundheitszustand des Klägers, aber nur für eine vergleichsweise kurze Zeit. Eine vollständige Reproduktion der am T. herrschenden Bedingungen hinsichtlich der UV-Einstrahlung und des Salzgehalts sowie der Zusammensetzung der Luft sei offenkundig der Natur der Sache nach im Inland nicht möglich.

Gegen das der Beklagten am 06.03.2014 zugestellte Urteil hat diese am 20.03.2014 beim LSG Baden Württemberg Berufung eingelegt.

Die Beklagte trägt ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen vor, dass eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme die Unterbringung und Verpflegung des Versicherten in der Einrichtung voraussetze, was in den Einrichtungen am T. nicht gegeben sei. In der Regel seien die Behandlungszentren am T. als medizinische Einrichtungen lediglich einem Hotel angeschlossen. Eine ärztliche Behandlung erfolge nur in Form der Eingangs- und Abschlussuntersuchung sowie lokaler Salbenanwendungen unter intensiver Nutzung der dort herrschenden Klimafaktoren. Der Kläger sei beruflich eingegliedert und mit konsequenter Therapie auch arbeitsfähig. Er sei außerdem von der Beklagten ganzheitlich geschult und behandelt worden. Ferner sei die intensive Sonneneinstrahlung am T. in Kombination mit dem Salzgehalt im Wasser gefährlich und könne aus medizinischer Sicht nicht befürwortet werden. Wegen des erhöhten Hautkrebsrisikos hätten sich die Rentenversicherungsträger dazu entschlossen, keine Leistungen zur medizinischen Rehabilitation am T. zu erbringen. Eine konzentrierte Salzlösung könne durch in der Apotheke erhältliche Totes-Meer-Salzkristalle in jeder Badewanne hergestellt werden, um eine Aufweichung und gegebenenfalls Ablösung der stark schuppenden Keratinplatten zu ermöglichen. Eine akutdermatologische Behandlung sei die einzige und letzte Möglichkeit. Durch die modernen Systemtherapien könnten mehr als sechsmonatige Remissionen der Haut erreicht werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Februar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er erwidert, seine Erkrankung sei mittlerweile chronisch und mit den derzeitigen therapeutischen Möglichkeiten offensichtlich nicht heilbar. Es sei lediglich eine Linderung der Symptome möglich, die am besten mit der beantragten Behandlung am T gelinge. Er habe die Fumarsäure-Therapie, trotz Nebenwirkungen, über einen Zeitraum von etwa eineinhalb Jahren durchgehalten, bevor er sie wegen Abfalls der Leukozyten habe absetzen müssen. Die Balneo-Phototherapie könne er wegen der erheblichen Nebenwirkungen - sie begünstige weißen Hautkrebs - nicht langfristig anwenden. Im Übrigen komme dabei ein Wirkstoff zur Anwendung, der auch in seinem Blutdrucksenkungsmittel enthalten sei. Außerdem sei nachgewiesen, dass die Therapie am T einen tatsächlichen Behandlungserfolg ohne jede Nebenwirkungen zeige. Die besondere Art und Dichte der Atmosphäre am T bewirke eine natürliche Filterung der Sonnenstrahlung, so dass die Haut selbst bei mehrstündiger Einwirkung keine Verbrennungen oder Reizungen bekomme. Bei einem Aufenthalt im April am T seien die Hautveränderungen fast völlig verschwunden, wobei dieser Zustand etwa bis in den nächsten Winter angehalten habe. Auch deutsche Krankenkassen übernähmen Kosten für die Therapien am T. Die Kosten für die Fumarsäuretherapie lägen halbjährlich bei mindestens 4.000,- EUR, die Kosten für eine dreiwöchige Klimaheilbehandlung betrügen weniger als 2.500,- EUR. Hiernach sei er jedoch für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten nahezu erscheinungsfrei.

Die Beklagte hat dem Kläger eine weitere stationäre medizinische Rehabilitationsbehandlung im Reha-Zentrum B. bewilligt, die dieser im Zeitraum vom 23.07.2014 bis 13.08.2014 durchgeführt hat. Im Entlassungsbericht vom 27.08.2014 ist ausgeführt, dass der Kläger als therapeutische Leistungen neben der Teilnahme an Vorträgen und Seminaren sechs Anwendungen "Meerwasserbad mit Prevabal", vier Anwendungen "Hydrojet", vier Anwendungen "begleitendes Sequenz-Training" sowie einen Termin zur Geräteeinweisung zum freien Training und jeweils einen Ersttermin "Meerwasserdusche", "Bestrahlung" und "UVB-Frühtermin" wahrgenommen habe. Trotz der intensiven topischen Therapie, den therapeutischen Maßnahmen, der vegetativen Umstimmung und der guten Mitarbeit des Klägers sei es zu keiner wesentlichen Besserung des Hautzustandes gekommen. Sollte zu weiteren Zwecken weiterhin eine Phototherapie durchgeführt werden, wäre angesichts der langen Latenzzeiten für das Auftreten maligner Hauttumore ein regelmäßiges Hautscreening zu empfehlen. Hierzu trägt der Kläger ergänzend vor, es habe während seiner Rehabilitationsbehandlung auf Borkum einen Arzttermin am Aufnahmetag gegeben, eine ärztliche Entlassungsuntersuchung am Ende und zwischendurch einen einzigen ärztlichen Beratungstermin. Dies sei kaum mehr als das, was am T. möglich sei und angeboten werde. Er habe außerdem keine umfassende medizinische Rehabilitation im Hinblick auf andere Gesundheitsstörungen erhalten.

Mit den Beteiligten ist am 22.01.2015 ein Erörterungstermin durchgeführt worden, in dem der Kläger angegeben hat, welche Behandlungsmaßnahmen bereits durchgeführt worden sind. Daraufhin hat der Senat Dr. W. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen, der mit Schreiben vom 09.02.2015 ausgeführt hat, der Kläger sei bei ihm in den Jahren 2013 und 2014 jeweils neun Mal sowie außerdem im Januar 2015 bei ihm vorstellig geworden. Nach stufenweiser Einleitung der Fumarsäuretherapie sei im Juni 2012 die Volldosis (drei mal zwei Tabletten täglich) erreicht worden, worunter sich der Hautbefall von etwa 70 % auf etwa 40 % reduziert habe. Aufgrund multipler Durchfälle habe die Dosis auf drei Tabletten täglich reduziert werden können. Da sich der Hautbefund bei dem Kläger im August 2013 aufgrund eines längeren Griechenlandaufenthalts verbessert habe, sei die Dosis auf zwei Tabletten täglich reduziert worden. Im weiteren Verlauf habe sich die Schuppenflechte aufgrund eines Infektes und eines Herpes simplex erneut verschlechtert, so dass im März 2014 etwa 60 % der Haut wieder befallen gewesen seien. Unmittelbar nach Beendigung des Reha-Aufenthaltes auf Borkum im Juli 2014 habe sich der Kläger mit multiplen Herden in der Sprechstunde vorgestellt. Eine am 18.07.2014 durchgeführte Laborkontrolle habe eine deutliche Erniedrigung der Lymphozytenzahl gezeigt, so dass die Fumarsäuretherapie abgebrochen worden sei. Bei ausreichender Zahl der Lymphozyten, die im Januar 2015 noch nicht erreicht worden sei, werde erneut diese Therapieform angesetzt werden. Bei dem Kläger sei in der Vergangenheit eine Balneo-Phototherapie durchgeführt worden, die nur mäßigen und sehr kurz anhaltenden Erfolg gezeigt habe. Bei der lokalen PUVA-Therapie komme es relativ rasch zum Rezidiv. Weitere interne Therapieoptionen mittels Cyclosporin oder Biologicals seien mit dem Kläger besprochen und hierbei sei auf das Nebenwirkungsprofil hingewiesen worden. Alle Rehabilitations- und Kurmaßnahmen, mit Ausnahme der Aufenthalte am T., hätten - wenn überhaupt - nur eine kurzfristige Besserung des Hautzustandes erbracht.

In der Folge hat der Senat den Oberarzt der Hautklinik des U. T. und Leiter des Psoriasiszentrums PD Dr. G. mit der Erstellung eines Gutachten nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers beauftragt, die am 30.06.2015 stattgefunden hat. In seinem Gutachten vom 13.08.2015 hat der Sachverständige ausgeführt, dass bei dem Kläger aufgrund der am 20.04.2015 erneut eingeleiteten Fumarsäuretherapie (unter Auftreten von bis zu zwei Durchfällen täglich, Flatulenzen, Flush-Symptomatik) aktuell lediglich eine moderat ausgeprägte Psoriasis vulgaris mit Nagelbeteiligung ohne Gelenksymptomatik bestehe. Eine Steigerung der aktuellen Dosis (drei Tabletten täglich) sei aufgrund der Nebenwirkungen nicht möglich. Eine Besserung der Nebenwirkungen könne mit der Einnahme von Fumaderm-Tabletten mit Milchprodukten erreicht werden. Bei dem Kläger sei eine Vielzahl von systemischen Behandlungsmöglichkeiten (Methotrexat, Apremilast, Biologicals) noch nicht durchgeführt worden. Abhängig von der individuellen Wirksamkeit und Verträglichkeit könnten diese zur kompletten Abheilung und auch zur Langzeitremission führen. Aus diesem Grund bestehe derzeit auch keine Indikation für eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme am T ... Die von ihm berichtete sechsmonatige Remission könne auch mit den heutigen Systemtherapien erreicht werden.

Der Kläger hat unter der Kostenträgerschaft der Beklagten im Zeitraum vom 19.10.2015 bis 09.11.2015 eine erneute stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der Einrichtung B. Riff II HA DRV durchgeführt. Im Entlassungsbericht vom 11.11.2015 ist angegeben, der Kläger habe neben Vorträgen und Seminaren insbesondere noch sechs Anwendungen "Ausdauer Ergometer Herren", sechs Anwendungen "Süßwasserbad mit Kaliumpermanganat", sieben Anwendungen "UVB-Frühtermin" und je zwei Anwendungen Massage, Meerwasser-Dusche und Solebad durchgeführt. Dadurch sei es zu einer deutlichen Besserung des Hautbefundes gekommen.

Mit Schreiben vom 26.11.2015 hat der Kläger Einwände gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen PD Dr. G. erhoben. Bei dem Gutachten handele es sich um ein Klinikgutachten, das vom ärztlichen Direktor der Klinik, vom stellvertretenden Direktor, vom ernannten Sachverständigen und von der Assistenzärztin P. unterschrieben worden sei. Damit sei nicht klar, wie weit der Sachverständige das Gutachten selbst erstellt habe. Er sei bei seinem Untersuchungstermin von der Assistenzärztin P. empfangen, begrüßt und "bearbeitet" worden. Erst später sei PD Dr. G. dazugekommen und habe ihn anamnestisch befragt, ihn dann aber wieder vorzeitig verlassen. Bei der Verabschiedung habe ihn Frau P. gefragt, warum er nicht zur Behandlung mit Biologicals in ihre Klinik käme. Durch die Verknüpfung der Dinge in der beschriebenen Weise ergebe sich klar ersichtlich ein Grund für die Befangenheit des Sachverständigen. Überdies seien im Gutachten nicht die Risiken und Nebenwirkungen der Biologicals angesprochen. Seine behandelnden Ärzte hätten ihm dringend von diesen Therapien abgeraten. Hier bestünde vor allem die Gefahr eines "Rebounds". Bei der Untersuchung in T. habe er gerade die Maximaldosis des Medikaments Fumaderm eingenommen. Durch die daraufhin auftretenden Nebenwirkungen sei die Dosis wieder heruntergefahren worden, mit der Folge der Verschlechterung seines Hautzustandes. Das Medikament Methotrexat könne er wegen einer chronischen Niereninsuffizienz nicht einnehmen. Das weiter genannte Produkt Apremilast habe nach Prüfung durch das Gesundheitsamt keinen Zusatznutzen für den Patienten. Aus der im Gutachten zitierte S3-Leitlinie ergebe sich, dass eine prospektive Fallserie gezeigt habe, dass die Klimatherapie am T. einen gesteigerten therapeutischen Effekt habe.

In seiner Stellungnahme vom 18.01.2016 hat PD Dr. G. ausgeführt, er habe das Gutachten mit Frau P. gemeinsam erstellt. Bei gerichtlich angeforderten Gutachten verwendeten Angestellte der Klinik den Klinikbriefkopf. Gutachten würden üblicherweise gemeinsam von Assistenzärzten und dem zuständigem Oberarzt erstellt, sowie vom Ärztlichen Direktor bzw. dessen Stellvertreter gegengelesen und unterzeichnet. Dies diene der Klarstellung, dass der Ärztliche Direktor die dienstrechtliche Verantwortung der Abteilung dafür trage. Die fachliche Verantwortung für den Inhalt des Gutachtens liege bei ihm. Eine Beeinflussung auf ihn habe es nicht gegeben. Bei der Untersuchung habe er nach der Erstanamnese und Erstbefunderhebung durch die Ärztin P. den Kläger selbst befragt und sich mit dessen Klinik eigenständig vertraut gemacht. Verlassen habe er das Untersuchungszimmer erst, nachdem er sich einen ausreichenden Eindruck über seinen Befund und die Anamnese gemacht habe. Dokumentiert habe dies wiederum Frau P ... Der Kläger habe keine offensichtlichen Nebenbefunde, die den Einsatz von Methotrexat, Apremilast oder Biologicals verböten. Wenn dem Kläger anderweitig von diesen Therapien abgeraten sei, müssten darüber hinaus ihm (dem Sachverständigen) nicht vorliegende medizinische Erkenntnisse über Nebenbefunde des Klägers existieren. Ein Wiederauftreten der Krankheit oder auch eine Verschlechterung sei prinzipiell nach Beendigung jeder denkbaren Therapiemodalität möglich, aber auch nach spontaner Abheilung oder unter Therapie. Oft würden Patienten mit systemischer Therapie kontinuierlich über Jahre behandelt.

Mit Beschluss vom 15.03.2016 hat der Senat das Gesuch des Klägers, PD Dr. G. wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 23.03.2016 hat der Senat den Antrag des Klägers, ihm für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren, mangels Bedürftigkeit abgelehnt. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auch des Klage- und Berufungsverfahrens vor dem SG (S 9 R 2453/10) sowie dem LSG Baden-Württemberg (L 9 R 2287/11), sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Die Berufung ist auch begründet. Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage des Klägers (§ 54 Abs. 1 SGG) ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Kläger hat - jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats - keinen Anspruch auf Bewilligung einer Klimaheilbehandlung am T ...

Die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist bereits wegen des der Beklagten zukommenden Auswahlermessens bei der konkreten Leistungserbringung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) die statthafte Klageart. Der Kläger macht zwar eine Ermessensreduzierung insoweit geltend, als er berufliche oder ambulante medizinische Rehabilitationsleistungen und stationäre Einrichtungen außerhalb der Region am T. ausschließt, überlässt jedoch der Beklagten die Spezifizierung der Leistung in Form der konkreten Auswahl der Einrichtung am T., von denen es mehrere gibt. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. bei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung deren Zeitpunkt (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 54 Rn. 32 bis 34a), mithin der 21.06.2016. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere steht der Zulässigkeit nicht entgegen, dass der Kläger seinen Widerspruch per Email eingelegt hat. Zwar ist der Widerspruch gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) binnen eines Monats schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Beklagte hat den Widerspruch jedoch nicht als unzulässig behandelt, sondern durch Erlass eines Widerspruchsbescheides darüber sachlich entschieden, wodurch die Verletzung der genannten Formvorschrift geheilt worden ist (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 84 Rn. 7). Die Klage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger steht zum Zeitpunkt der Entscheidung kein Anspruch auf eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation in Form einer Klimaheilbehandlung am T. zu.

Gemäß § 9 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Die Leistungen können erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind (§ 9 Abs. 2 SGB VI). Dem Rentenversicherungsträger ist hierbei hinsichtlich der Gewährung von Leistungen ein Ermessensspielraum eingeräumt, wobei die Ausübung dieses Ermessens auf das "Wie", also Art, Dauer, Umfang, Beginn, Durchführung und Ort der Leistung, beschränkt ist (Kater in: Kasseler Kommentar, SGB VI, Stand Mai 2014, § 9 Rn. 11).

Gemäß § 11 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte für Leistungen zur Teilhabe die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, die bei Antragstellung die Wartezeit von fünfzehn Jahren erfüllt haben oder eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehen. An der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bestehen keine Zweifel. Der Kläger hat die erforderliche Wartezeit von fünfzehn Jahren erfüllt, wie sich aus dem Aktenvorblatt der Beklagten vom 04.05.2011 ergibt, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist und somit keiner weiteren Darlegung bedarf.

Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte gemäß § 10 Abs. 1 SGB VI die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a. bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, b. bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, c. bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann.

Der Kläger ist in seiner Erwerbsfähigkeit gefährdet. Eine solche Gefährdung liegt dann vor, wenn nach ärztlicher Feststellung wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen und Funktionseinschränkungen damit zu rechnen ist, dass ohne Leistungen zur Teilhabe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit eintritt. Vorübergehende Erkrankungen (Akutfälle) reichen nicht (Kater, a.a.O. § 10 Rn. 5). Der Kläger leidet seit über zwei Jahrzehnten an einer chronischen Psoriasis vulgaris mit Befall nahezu sämtlicher Körperbereiche, unter anderem auch der Handinnenflächen, der Füße und Knöchel, der Arme und Beine. Die Erkrankung führt zu offenen Hautstellen und Schmerzen und aufgrund ihrer Progredienz und den ihr immanenten Schüben zu einer Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers.

Der Senat stellt überdies fest, dass der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet ist. Eine solche erhebliche Gefährdung ist dann anzunehmen, wenn mit einer Leistungsminderung in absehbarer Zeit, mithin innerhalb der nächsten zwei Jahre, zu rechnen ist (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, Stand: Juli 2013, § 10 Rn. 38). Leistungen sollen nach der Gesetzesbegründung dann nicht gewährt werden, wenn die Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten nur gering ist oder dieser auch auf andere Weise entgegengewirkt werden kann (BT-Drucksache 9/842, S. 57). Der Sachverständige PD Dr. G. hat in seinem Gutachten vom 13.08.2015 auf eine Vielzahl von ambulanten Behandlungsalternativen (insbesondere Fortsetzung der Fumarsäuretherapie sowie Therapien mit Methotrexat, Apremilast oder Biologicals) hingewiesen, die der Kläger durchführen könnte. Allerdings darf der Verweis auf alternative Behandlungsmöglichkeiten nicht so weit gehen, dass dies zu einem allgemeinen Subsidiaritätsgrundsatz von medizinischen Rehabilitationsleistungen gegenüber ambulanten Krankenbehandlungsmöglichkeiten führt (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.2013, L 13 R 2947/12 (juris)). Entscheidend ist vielmehr, dass es sich um eine Erkrankung von "gewissem Gewicht und gewisser Dauer" handelt (Luthe, a.a.O. Rn. 39). Diese Voraussetzungen sind im Falle des Klägers erfüllt, der seit mehr als zwei Jahrzehnten an Psoriasis vulgaris leidet, sich in ständiger fachärztlicher und medikamentöser Behandlung befindet, eine Vielzahl von Rehabilitationsaufenthalten durchgeführt hat und bei dem trotz dieser Anstrengungen regelmäßig schwere Schübe seiner Erkrankung mit Befall am ganzen Körper auftreten. Ergänzend ist anzumerken, dass ein Versicherter (auch unter Berücksichtigung des Grundgedankens der §§ 63, 65 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) nicht unter allen Umständen zunächst sämtliche zur Verfügung stehenden ambulanten Therapien unter Inkaufnahme jedweder Nebenwirkungen auszuschöpfen hat. Ein so weites Verständnis kann der Norm auch unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung nicht entnommen werden. Aufgrund der schlüssigen Angaben des Klägers, die im Wesentlichen von seinem behandelnden Hautarzt Dr. W. bestätigt wurden, ist außerdem davon auszugehen, dass die von PD Dr. G. genannten Therapien für ihn keine zumutbaren Alternativen darstellen. Das Präparat Methotrexat ist laut des Informationsblattes des Facharztzentrums H. Nord bei Vorliegen einer Niereninsuffizienz kontraindiziert. Laut Bericht des behandelnden Facharztes für Innere Medizin und Kardiologie Dr. F. (Blatt 81 Berufungsakte) leidet der Kläger an einer chronischen Niereninsuffizienz Stadium II. Die ebenfalls als Alternative angegebene Fumarsäuretherapie ist nach den detaillierten Schilderungen des Dr. W. zwar geeignet, zu einem teilweisen Rückgang des Hautbefalls zu führen, ist jedoch - zumindest im Falle des Klägers - mit derartigen Nebenwirkungen verbunden, dass die erforderliche Volldosis allenfalls kurzfristig eingenommen werden kann. So musste die Therapie in der Vergangenheit aufgrund starker Veränderungen im Blutbild nach einer gewissen Zeit entweder zurückgefahren oder ausgesetzt werden. Eine kontinuierliche, dauerhafte Alternative stellt diese Therapieform somit nicht dar. Zu den weiteren Mitteln in Form von Apremilast sowie Biologicals hat der Kläger glaubhaft vorgetragen, dass ihm Dr. W. von der Einnahme dieser Wirkstoffe aufgrund des Nebenwirkungsprofils abgeraten hat. Auf die Einwände des Klägers gegen die Verwertbarkeit des Gutachtens des PD Dr. G. kommt es daher vorliegend nicht an.

Allerdings ist der Kläger, der zuletzt im Zeitraum vom 19.10.2015 bis 09.11.2015 eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der Rehabilitationseinrichtung B. Riff II HA DRV aufgrund seiner Psoriasis vulgaris durchlaufen hat, zum jetzigen Zeitpunkt von der Gewährung einer weiteren medizinischen Rehabilitationsmaßnahme ausgeschlossen. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 SGB VI werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen zur Rehabilitation erbracht, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind. Von dieser Norm, dessen Voraussetzungen im Falle des Klägers vorliegen, ist nach § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB VI eine Ausnahme zu machen, wenn vorzeitige Leistungen aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sind. Dringend erforderlich sind Leistungen dann, wenn ohne die vorzeitige Wiederholung mit einer weiteren Minderung der Leistungsfähigkeit vor Ablauf der Vierjahresfrist zu rechnen ist. Voraussetzung ist hierbei ein höherer Grad als "erheblich gefährdet". Dringend erforderlich sind Leistungen beispielsweise dann, wenn Anschlussheilbehandlungen erforderlich sind, wenn neue Leiden hinzugetreten sind, deren Behandlung vor Ablauf der Frist erforderlich ist, wenn eine verminderte Erwerbsfähigkeit unmittelbar bevorsteht oder eingetreten ist und abgewendet, hinausgeschoben oder behoben werden kann, aber auch, wenn eine nicht nur unerhebliche Verschlimmerung der der vorherigen Rehabilitationsleistung zugrunde liegenden Krankheiten eingetreten ist (vgl. Kater, a.a.O. § 12 Rn. 21). Vor diesem Hintergrund liegt nach Auffassung des Senats die dringende Notwendigkeit einer vorzeitigen Rehabilitationsmaßnahme zum aktuellen Zeitpunkt nicht vor. Der Kläger leidet seit über zwei Jahrzehnten an einer chronischen Psoriasis vulgaris, die sich neben einem fast durchgehend vorliegenden Hautbefall in dem Auftreten von Schüben äußert, die zu einem verstärkten Hautbefall bis zu einem Umfang von etwa 70 % der gesamten Hautoberfläche führen. Zuletzt wurde die Erkrankung in der Rehabilitationseinrichtung Riff II HA DRV auf B. im Zeitraum vom 19.10.2015 bis 09.11.2015 behandelt. Im Entlassungsbericht ist eine deutliche Besserung des Hautbefundes angegeben. Ungeachtet dessen, ob bei dem Kläger nach dem Entlassungstag, der mittlerweile über ein halbes Jahr zurückliegt, wieder eine Hautverschlechterung eingetreten ist oder nicht, ist es ihm - bei Vorliegen eines grundsätzlich gleichbleibenden Beschwerdebildes mit wiederkehrenden, aber auch reversiblen Verschlimmerungszuständen - zur Stabilisierung seines Gesundheitszustandes zumutbar, weitere ambulante Therapien durchzuführen, wie beispielsweise die Fumarsäuretherapie, die ihm in der Vergangenheit über einen hinreichend langen Zeitraum Beschwerdelinderung verschafft hatte, um die Zeit bis zur nächsten Rehabilitationsmaßnahme zu überbrücken. Vorliegend bestehen zwar Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger ein Abweichen von der Vier-Jahres-Frist zu seinen Gunsten beanspruchen kann. Dies ergibt sich für den Senat insbesondere aus der zeitlich begrenzten Wirksamkeit der inländischen Rehabilitationsleistungen sowie der ambulanten Therapien. So zeigte sich beispielsweise bei der ambulanten Untersuchung am 30.06.2015 durch den Sachverständigen Dr. G. bei dem Kläger ein deutlich gebesserter Hautzustand im Sinne einer moderat ausgeprägten Psoriasis, der durch die Einleitung der Fumarsäuretherapie etwa zwei Monate zuvor verursacht worden war. Dem Vortrag des Klägers zufolge, gestützt durch den Entlassungsbericht vom 11.11.2015, hielt dieser gebesserte Zustand jedoch nur kurzfristig an. Auch hat ihm selbst die Beklagte in der Vergangenheit mehrfach inländische Rehabilitationsleistungen deutlich vor Ablauf der Vier-Jahres-Frist (Sommer 2014 - Herbst 2015) bewilligt. Nicht jedes Auftreten eines Schubes kann jedoch zu einem Abweichen von der gesetzlich vorgegebenen Frist führen. Zumindest im vorliegenden Fall, in dem der Kläger vor deutlich weniger als einem Jahr seine letzte stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme abgeschlossen hatte und ihm die ambulanten Maßnahmen, insbesondere die Fumarsäuretherapie, zumindest kurzfristigen Behandlungserfolg bieten, ist ihm ein weiteres Zuwarten zumutbar. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Durchführung einer weiteren stationären Rehabilitationsmaßnahme aufgrund der mangelnden Stabilität des Gesundheitszustandes des Klägers medizinisch sinnvoll ist. Eine dringende Notwendigkeit im Sinne der oben genannten Norm lässt sich hierdurch jedoch nicht begründen. Der Senat hält es für möglich, dass dem Kläger zu einem späteren Zeitpunkt ein Anspruch auf eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation in Form einer Klimaheilbehandlung zusteht. Eine Verpflichtung der Beklagten zum jetzigen Zeitpunkt, die begehrte Maßnahme zu einem späteren Zeitpunkt zu gewähren, kommt jedoch angesichts der Nichtabsehbarkeit der Entwicklung des Gesundheitszustandes des Klägers in der Zukunft nicht in Betracht.

Demnach war das angefochtene Urteil des SG vom 11.02.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens hat der Senat hierbei berücksichtigt, dass durch die erst nach Berufungseinlegung eingetretene Änderung des Sachverhaltes (Durchführung von zwei weiteren Rehabilitationsmaßnahmen in den Jahren 2014 und 2015) die Klage zumindest zum jetzigen Zeitpunkt unbegründet ist. Die Erfolgsaussicht der Klage zum Zeitpunkt der Entscheidung des SG muss dagegen als offen bezeichnet werden, so dass eine Kostenhalbierung insoweit angemessen ist.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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