Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 1117/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 412/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Oktober 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger, der eine Rente wegen teilweiser Erwerbminderung bei Berufsunfähigkeit bezieht, begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1959 geborene Kläger ist gelernter Matrose im Bereich Binnenschifffahrt und war mehrere Jahrzehnte in diesem Beruf tätig. Nach einem Bandscheibenvorfall im Jahr 2004 kam es zu langdauernder Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit. Im März 2006 erlitt der Kläger bei einem Sturz eine Kontusion der rechten Schulter mit Supraspinatussehnenruptur, die operativ versorgt wurde mit zweifacher Revision bei postoperativer Wundinfektion.
Der erste im April 2006 gestellte Rentenantrag wurde von der Beklagten abgelehnt (Bescheid vom 31.07.2006, Widerspruchsbescheid vom 01.02.2007). Auf die dagegen erhobene Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG (S 5 R 576/07)) schlossen die Beteiligten am 12.12.2007 vor dem SG - auf Hinweis des Vorsitzenden, dass der Kläger nach dem eingeholten orthopädischen Gutachten von Dr. Weis vom 23.09.2007 keine Arbeiten auf Leitern mehr verrichten könne und eine Verweisungstätigkeit als Registrator daher ausscheide - einen Vergleich, wonach sich die Beklagte zur Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab April 2006 verpflichtete. In Umsetzung dieses Vergleichs bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 08.01.2008 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderungsrente ab 01.04.2006 auf Dauer.
Im Juli 2008 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Beklagte bewilligte daraufhin eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme, an der der Kläger vom 14.11. bis 05.12.2008 in der Federseeklinik in B. teilnahm. Im dortigen Entlassungsbericht vom 16.12.2008 wurden die Diagnosen Zustand nach Tumornephrektomie links am 04.07.2008, Nierenzellkarzinom, Zustand nach Schultergelenksinfekt rechts, Zustand nach offener Rotatorenmanschettennaht und Nachweis von Staphylociccua aurius, chronisch rezidivierende Cervicobrachialgie und Lumbalgien, Zustand nach Leistenbruch-OP links und Nabelbruch-OP am 02.10.2008 gestellt. Die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beurteilten die Ärzte der Reha-Klinik mit drei bis unter sechs Stunden täglich. Nach Ablehnung des Rentenantrages durch die Beklagte (Bescheid vom 28.01.2009, Widerspruchsbescheid vom 29.06.2009) und Abweisung der Klage durch das SG (S 12 R 2232/09) nahm der Kläger am 01.02.2012 die Berufung vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zurück (L 5 R 4449/11).
Am 09.05.2012 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch die Internistin Dr. D., die unter dem 21.08.2012 die Diagnosen mäßig eingeschränkte Schulterfunktion rechts bei aufgetretener Rotatorenmanschettenruptur 2006, erfolgte erfolglose Rotatorenmanschettennaht, Operationen bei Wundinfektion 2006, chronisch rezidivierendes degeneratives LWS-Syndrom, chronisch rezidivierendes degeneratives Cervikobrachialsyndrom links betont ohne neurologische Ausfälle, koronare Zweigefäßerkrankung ohne höhergradige Stenosen stellte. Die Leistungsfähigkeit des Klägers beurteilte sie für den allgemeinen Arbeitsmarkt mit über sechs Stunden täglich und für die Tätigkeit als Binnenschiffer weiterhin mit unter drei Stunden.
Die Beklagte lehnte den Antrag daraufhin mit Bescheid vom 27.08.2012 ab mit der Begründung, der Kläger könne noch eine Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben. Der dagegen erhobene, nicht begründete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.2013 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 03.04.2013 die vorliegende Klage zum SG erhoben und zur Begründung ausgeführt, es werde außer Acht gelassen, dass er eine Krebserkrankung hinter sich habe und aufgrund der orthopädischen Erkrankungen weitgehend psychisch beeinträchtigt sei. Die Frage, mit welcher Intensität Schmerzen vorhanden seien, könne nicht Gegenstand objektiver Betrachtung sein, sondern müsse stets subjektiv bleiben.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Urologe Dr. K. hat unter dem 03.06.2013 mitgeteilt, es seien keine pathologischen Befunde mehr erhoben worden und es habe sich kein Hinweis auf ein Rezidiv oder eine Progression des Nierenzellkarzinoms gezeigt. Nach den von ihm erhobenen Befunden sei der Kläger in der Lage, leichten Tätigkeiten im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche für sechs Stunden nachzugehen. Der Internist und Kardiologe Dr. P. hat unter dem 20.06.2013 ausgeführt, aufgrund der gegenwärtigen Limitierung durch die LWS-Beschwerden könne derzeit keine Beurteilung der Belastbarkeit erfolgen. Unter dem 02.04.2014 hat er weiter ausgeführt, aufgrund der kardialen Befunde sei der Kläger in der Lage, leichte körperliche Arbeiten ohne Zeitdruck, ohne Nachtschicht im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche auszuführen. Mittlere und hohe körperliche Belastungen seien ihm nicht zuzumuten. Hierbei sei allein der kardiale Befund berücksichtigt.
Das SG hat ein orthopädisches Gutachten bei Dr. S. eingeholt, der den Kläger am 19.09.2013 untersucht und unter anderem zu seinem Tagesablauf befragt hat. Hierbei hat der Kläger angegeben, er übe seit 24.11.2009 einen Minijob als Kurierfahrer für ein Labor in Karlsruhe an zwei bis drei Tagen/Woche im Umfang von 60 bis 65 Stunden/Monat aus. Zum Freizeitverhalten hat der Kläger angegeben, da seine Ehefrau berufstätig sei, verrichte er die üblichen Haushaltstätigkeiten. Dreimal in der Woche gehe er zum Bowling-Training, aber nicht mehr als Spieler, sondern als Trainer. Er habe einen Trainerschein und betreue etwa 40 Mitglieder des Vereins. Das Training dauere ca. zwei bis zweieinhalb Stunden. Im Gutachten vom 07.10.2013 hat Dr. S. folgende Gesundheitsstörungen beim Kläger festgestellt: Eingeschränkte Schulterfunktion rechts bei Rotatorenmanschettenruptur und degenerativen Veränderungen, muskuläres Reizsyndrom der Halswirbelsäule mit Fehlstatik mit Funktionsbehinderung ohne radikuläre Reizerscheinungen bei degenerativen Veränderungen, muskuläres Reizsyndrom der LWS mit Funktionsschmerzen ohne wesentliche Funktionseinschränkung oder radikuläre Reizerscheinungen bei leichter Spondylarthrose L4/5 und L5/S1. Das qualitative Leistungsvermögen des Klägers sei eingeschränkt. Mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten könnten ihm nicht mehr abverlangt werden. Im Hinblick auf die Situation der rechten Schulter und des Achsenskeletts seien Tätigkeiten mit Führung der Arme über Kopf, schweres Heben und Tragen, Tätigkeiten in gebückter oder in Zwangshaltung nicht mehr möglich. Arbeiten auf unebenen Böden, Leitern und Gerüsten sollten vermieden werden, ebenso Tätigkeiten im Akkord oder mit erhöhten Ansprüchen an die Belastbarkeit der Arme. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten könnten bei eingeschränkter Haltefunktion des rechten Armes nicht mehr ohne Gefahr durchgeführt werden. Lastgewichte über 10 kg könnten nicht mehr regelmäßig bewältigt werden. Möglich seien dagegen leichte körperliche Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, in trockenen und beheizten Räumen mit Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg, kurzzeitig bis 10 kg. Der Kläger sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten (mit qualitativen Einschränkungen) im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche mindestens sechs Stunden täglich auszuführen. Es gebe keine Gesundheitsstörungen, die eine höhere Einschränkung der Leistungsfähigkeit begründen könnten. Auch den Angaben zum Tagesablauf sei zu entnehmen, dass der Kläger durchaus regelmäßig Tätigkeiten versehe, die dem oben genannten Leistungsprofil entsprächen, ja sogar zeitweise darüber lägen.
Auf Antrag und Kosten des Klägers hat das SG nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten beim Facharzt für Chirurgie Dr. S. eingeholt, der im Gutachten vom 11.02.2015 ausgeführt hat, der Kläger befinde sich seit 2003 wegen chronischer lumboischialgieformer Beschwerden in seiner Behandlung. Es bestünden folgende Gesundheitsstörungen: Erhebliche Bewegungseinschränkung rechte Schulter bei AC-Gelenkarthrose und Rotatorenmanschettenruptur, Zustand nach Arthroskopie und postoperativem Infekt, chronisches Zervikalsyndrom bei Osteochondrose C5/6 und Spondylarthrosen, chronische Lumboischialgie bei NPP und Wurzeltaschenzyste, Zustand nach Nephrektomie links wegen Nierenzellkarzinom, koronare Zweigefäßerkrankung, Hypertonie. Er halte Tätigkeiten von drei bis unter sechs Stunden für realistisch. Aufgrund der Einnahme des Schmerzmedikaments Tilidin dürfe der Kläger keinen PKW führen und im Grunde auch nicht seinen Minijob ausüben. Bei Absetzung von Tilidin würden aber die dann wieder zunehmenden Schmerzen im Schulter- und Wirbelsäulenbereich eine weitere Senkung des Leistungsvermögens in Zeit und Umfang bringen. Er halte es für sinnvoll, durch Umschulungsmaßnahmen eine berufliche Rehabilitation anzustreben.
Zum Gutachten von Dr. S. hat für die Beklagte die Fachärztin für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. L. unter dem 06.03.2015 Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass durch die Einnahme des leichten Opioids Tilidin die Fahrtauglichkeit nicht zwangsläufig aufgehoben sei. Selbst bei Feststellung von Fahruntauglichkeit folge daraus keine quantitative Leistungsminderung. Berufliches Fahren von Kraftfahrzeugen sei jedoch aus sozialmedizinischer Sicht ungeeignet.
In einer ergänzenden Stellungnahme hat Dr. S. unter dem 19.03.2015 ausgeführt, bei Vergleich seines Gutachtens mit dem von Dr. S. bestehe Einigkeit über die qualitativen Einschränkungen. Dr. S. habe aber keine Angaben zum Tagesablauf aufgenommen. Es stelle sich die Frage, warum der Kläger keine vollschichtige leichte Arbeit verrichten könne. Offensichtlich erfülle dieser sogar regelmäßig ein qualitativ höheres Leistungsbild als das eingeschätzte.
Mit Urteil vom 20.10.2015 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.12.2012 bis zum 30.11.2016 zu gewähren und zur Begründung ausgeführt, die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) seien erfüllt. Beim Kläger lägen Leistungseinschränkungen vor, die ein Leistungsvermögen zwischen drei und unter sechs Stunden begründeten. Die Kammer stütze sich hierbei auf die beiden eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. S. und Dr. S ... Zeitliche Leistungseinschränkungen von kardiologischer und internistischer Seite bestünden nicht. Die Tumorerkrankung sei ausgeheilt. Von Seiten der Herzerkrankung bestünden ebenfalls keinerlei zeitliche Einschränkungen, wie den Angaben der sachverständigen Zeugen Dr. K. und Dr. P. zu entnehmen sei. Beim Kläger lägen im Wesentlichen Beschwerden auf orthopädischem Fachgebiet vor. Dr. S. und Dr. S. hätten in ihren Gutachten exakt die gleichen Diagnosen und Befunde erhoben. Die Gutachten unterschieden sich lediglich in der Einschätzung der Leistungsfähigkeit. Auch die erhobenen Bewegungsmaße seien nahezu identisch. Bei Dr. S. sei die Halswirbelsäulenrotation nach rechts bis 40 Grad und nach links bis 60 Grad möglich gewesen, die Seitneigung gelang beidseits bis 20 Grad und die Vorneigung bis 30 Grad, die Rückneigung der Halswirbelsäule bis 50 Grad. Diese Bewegungsmaße habe auch Dr. S. erhoben. Die Brust- und Lendenwirbelsäule sei nach den Feststellungen des Dr. S. in der Rotation auf beide Seiten bis 40 Grad und in der Seitneigung bis 20 Grad bewegbar gewesen. Das Zeichen nach Schober habe 10/13 cm und das Zeichen nach Ott 30/31 cm betragen, der Fußbodenabstand sei mit 58 cm gemessen worden. Dr. S. habe einen Finger-Bodenabstand von 45 cm und ein Zeichen nach Schober von 10/15 cm und von Ott nach 30/32 cm gemessen. Die Rotation und Seitneigung der Lenden- und Brustwirbelsäule habe er um vernachlässigbare 5 Grad besser gemessen. Die rechte Schulter habe bei der Untersuchung durch Dr. S. bis 80 Grad seitwärts und vorwärts bis 20 Grad angehoben werden können. Links habe sich eine Bewegungsfähigkeit nach vorne und auf die Seite bis 160 Grad ergeben. Hüfte, Knie und Fußgelenke seien frei beweglich gewesen. Das Ellenbogengelenk habe bis 0/10/135 Grad und damit innerhalb des Normalmaßes bei Dr. S. bewegt werden können. Bei der Untersuchung durch Dr. S. habe der rechte Arm seitwärts bis 85 Grad und vorwärts ebenfalls, wie bei Dr. S., nur bis 20 Grad angehoben werden können. Die Armauswärts- und -einwärtsdrehung bei einem seitwärts angehobenen Oberarm sei rechts nicht möglich gewesen. Die Drehung bei einem anliegenden Oberarm sei rechts auswärts bis 30 Grad und einwärts bis 80 Grad möglich gewesen. Dr. S. habe diese mit 20/0/60 Grad bezeichnet. Neben den Bewegungseinschränkungen lägen degenerative Verbrauchserscheinungen vor. Dr. S. sei von einer deutlichen Os-teochondrose an der Halswirbelsäule und einer Spondylarthrose L4/5 und L5/S1 ausgegangen.
Die beiden Gutachten wiesen daher keine Unterschiede in den Befunden und den Diagnosen, sondern nur in der Leistungsbeurteilung auf. Beide Gutachten seien in sich schlüssig und nachvollziehbar. Das eine begründe eine Leistungsminderung, das andere nicht. Die Beweislast für die Erwerbsminderung liege vorliegend beim Kläger. Er müsse nachweisen, dass er erwerbsgemindert sei. Nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung schließe sich die Kammer der Leistungseinschätzung des Dr. S. an. Hierbei berücksichtige die Kammer, dass bei dem Kläger unstreitig orthopädische Beeinträchtigungen bestünden, erhalte er doch seit April 2006 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Die rechte Schulter sei erheblich eingeschränkt, der Arm könne nach vorne nur noch bis 20 Grad angehoben werden. Die Schulterprobleme seien durch einen Sturz im Jahr 2006 ausgelöst worden. Zwar übe der Kläger derzeit eine Nebentätigkeit aus. Hierbei handele es sich allerdings nicht um eine Teilzeittätigkeit. Der Kläger sei auf 450 EUR-Basis beschäftigt und übe die Tätigkeit für ungefähr 14-15 Stunden/Woche aus. Die vorliegende Ausübung des Mini-Jobs spreche nicht gegen die Annahme einer teilweisen Erwerbsminderung. Der Kläger übe diese nach eigenen Angaben für ca. 16 Stunden wöchentlich aus. Hierbei müsse jedoch teilweise die von ihm aufgewendete Fahrzeit, um zum Arbeitsplatz zu gelangen, enthalten sein. So habe er angegeben, um 7:30 Uhr das Haus zu verlassen, um 8:30 Uhr sei Treffpunkt in Heidelberg und um 12 Uhr sei die Tätigkeit beendet. Dies wären ca. 3,5 h an maximal vier Tagen, sodass sich eine Stundenanzahl von 14 Wochenstunden ergebe. Ein Minijob von 450 EUR sei keine Teilzeitarbeitsstelle. Die Kammer habe keine Anhaltspunkte, dass der Kläger tatsächlich mehr als 450 EUR verdiene und damit einen Teilzeitarbeitsplatz inne hätte. Nehme man zu dem Minijob noch die Trainertätigkeit als Bowlingtrainer von ca. sechs Stunden wöchentlich hinzu, ergebe sich eine Arbeitstätigkeit von derzeit vier Stunden. Ob der Kläger angesichts dieser Tätigkeiten tatsächlich in der Lage sei, entsprechend dem Gutachten des Dr. S. vollschichtig zu arbeiten, könne die Kammer nach dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht zweifelsfrei feststellen. Ein derzeit ausgeübtes Leistungsvermögen von über sechs Stunden liege nicht vor. Nach der Berufungsrücknahme im Februar 2012 habe der Kläger bei der Beklagten nach Teilhabeleistungen vorgesprochen. Es habe auch ein Gespräch im beruflichen Trainingszentrum in Wiesloch stattgefunden. Nach dem Vermerk über das Gesprächsprotokoll vom 27.02.2012 habe der Kläger einen geeigneten 400,00 EUR-Arbeitsplatz, den er dauerhaft ausfüllen könne und bei einer Maßnahme-Teilnahme verlieren würde. Insoweit stehe in Frage, ob ein Berufsfindungsergebnis für ihn überhaupt positiv ausfallen könne und eine vollschichtige Leistungsfähigkeit äußerst unwahrscheinlich erscheine. Dem psychosozialen Dienst des beruflichen Trainingszentrums Wiesloch sei maximal ein Teilzeitarbeitsplatz mit einer möglichst großen Schnittmenge mit seinem langjährig ausgeübten Beruf als Maßnahmeergebnis wahrscheinlich erschienen. Diese Stellungnahme nehme die Kammer gemeinsam mit dem Gutachten des Dr. S. und Dr. S. zum Anlass, Zweifel an einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit zu begründen und folge daher der Annahme einer teilweisen Erwerbsminderung auf Zeit, wenngleich der Kläger eine Teilhabemaßnahme abgelehnt habe, um seinen 400 EUR-Job nicht zu verlieren.
Als Leistungsfall sei mangels gegenteiliger Anhaltspunkte die Stellung des Rentenantrags anzunehmen. Dementsprechend beginne die Rente nach § 101 Abs. 1 SGB VI mit dem 01.12.2012. Die Kammer beschränke die Rentengewährung auf insgesamt vier Jahre, da die Rente grundsätzlich nur für drei Jahre bewilligt werden solle (§ 102 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB VI). Da zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes der dreijährige Zeitpunkt bereits ablaufe, habe sich die Kammer zu einer Verlängerung um ein weiteres Jahr entschieden. Innerhalb dieses weiteren Jahres habe der Kläger jetzt ausreichend Zeit, seine gesundheitlichen Beschwerden anzugehen, damit die Bewegungsfähigkeit des rechten Armes verbessert werden könne und wieder die vollschichtige Leistungsfähigkeit eintrete, wovon die Kammer überzeugt sei. Die Kammer gehe derzeit von einem Leistungsvermögen von ca. vier Stunden täglich aus. Aufgrund der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes "schlage" die teilweise Erwerbsminderung in eine volle Erwerbsminderung um.
Gegen das am 30.12.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.01.2016 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und zur Begründung ausgeführt, aufgrund der erhobenen medizinischen Befunde und des beschriebenen Tagesablaufs des Klägers sei nicht ersichtlich, weshalb dieser nicht in der Lage sein sollte, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine mindestens sechsstündige Tätigkeit auszuüben. Soweit das SG ausführe, es könne nicht zweifelsfrei feststellen, ob der Kläger entsprechend dem Gutachten von Dr. S. in der Lage sei, vollschichtig zu arbeiten, verkenne es die Beweislastverteilung im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Oktober 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Er hält das ergangene Urteil für zutreffend.
Der Vorsitzende des Senats hat mit den Beteiligten am 22.03.2016 einen Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes durchgeführt. Hierbei hat der Kläger auf Frage des Vorsitzenden, ob er noch Bowling spiele, angegeben, "seit 2007 gehe nichts mehr". Auf Vorhalt, dass er ausweislich eines im Internet verfügbaren Artikels im März 2013 bei badischen Seniorenmeisterschaften im Bowling den 1. Platz in der Klasse Versehrte 2 belegt habe, hat der Kläger angegeben, er habe nur einmal bei dieser Meisterschaft mitgemacht und zwar in der Weise, dass er die Bowling-Kugel mit beiden Händen geworfen habe. Mit rechts wäre ihm das nicht möglich gewesen. Er habe seine Kurierfahrertätigkeit zwischenzeitlich reduziert auf ca. zweieinhalb bis drei Stunden täglich.
Ferner hat der Kläger angegeben, dass er sich voraussichtlich im Sommer 2016 einer Schulteroperation unterziehen müsse, bei welcher das rechte Schultergelenk durch ein künstliches Gelenk ersetzt werde.
Der Senat hat daraufhin Dr. S. ergänzend befragt, der unter dem 11.04.2016 ergänzend angegeben hat, soweit der Kläger darauf abstelle, dass die Untersuchung durch ihn aus dem Jahre 2013 datiere, während die des Dr. S. aus dem Jahr 2015 aktuell sei, sei festzustellen, dass die Gutachten bezüglich der Befunderhebung nahezu identisch seien. Eine maßgebliche Änderung des Befundes sei zwischen 2013 und 2015 nicht eingetreten. Dr. S. habe in seinem Gutachten nahezu identische Bewegungsausmaße festgestellt. Es seien auch keine schwerwiegenden neuen Gesundheitsstörungen hinzugetreten. Wesentlich für die Beurteilung waren und seien die muskulären Reizerscheinungen an der Halswirbelsäule mit Funktionsbehinderung bzw. an der Lendenwirbelsäule mit Funktionsschmerzen ohne wesentliche Funktionseinschränkung und sowohl an den oberen wie unteren Gliedmaßen ohne radikuläre Reizerscheinungen. Hierüber bestehe bei den Gutachtern Einigkeit. Unbezweifelt sei auch die eingeschränkte Schulterfunktion rechts bei Rotatorenmanschettenruptur und degenerativen Veränderungen. Ein auf unter sechs Stunden abgesunkenes Leistungsvermögen sei deswegen aber nicht hinreichend zu begründen. Sollte ein Eingriff an der rechten Schulter durchgeführt werden, sei bei regelhaftem Verlauf eine deutliche Besserung der Symptomatik und Schmerzreduzierung zu erwarten, so dass auch die regelmäßige Einnahme des Opiates Tilidin auf Dauer nicht mehr erforderlich sei. Insofern sei, einen komplikationslosen Heilverlauf vorausgesetzt, eine Verbesserung und Wiedererlangung der allgemeinen Leistungsfähigkeit nach etwa drei Monaten zu erwarten.
Am 17.05.2016 ist die geplante Operation der rechten Schulter des Klägers durch Dr. A. (Arcus Sportklinik Pforzheim) durchgeführt worden. Im Operationsbericht vom 17.05.2016 führt dieser aus, es habe eine fortgeschrittene Omarthrose und ein riesiger Sehnenschaden der Supraspinatussehne und der Infraspinatussehne bestanden. Die entzündlichen Verwachsungen seien vollständig reseziert, das Gelenk vollkommen eröffnet worden. Bei mehrmaligem Durchbewegen des Gelenks unter arthroskopischer Sicht sei intraoperativ ca. 160 Grad Flexion und 60 Grad Außenrotation erreicht worden. Die Gelenkführung sei stabil. Die Wiederherstellung einer schmerzfreien Schulterfunktion benötige ca. sechs Monate. Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn der Kläger mit den Beschwerden nicht mehr zurechtkomme, komme gegebenenfalls ein Gelenkersatz in Betracht.
Zu den operativ erhobenen Befunden hat Dr. S. unter dem 08.06.2016 ergänzend ausgeführt, Dr. A. beschreibe eine fortgeschrittene Arthrose des rechten Schultergelenks sowie einen Massendefekt der Rotatorenmanschette mit ausgeprägter Synovitis und subacromialen Verwachsungen, die er operativ lösen konnte. Weiter beschreibe er eine zu erreichende intraoperative Funktion von ca. 160 Grad Flexion (Armvorhebung bzw. Elevation) und 60 Grad Außenrotation. Hiernach sei durch diese Operation das Funktionsausmaß gegenüber den Vorbefunden ganz erheblich verbessert worden. Nach diesem positiven Ergebnis bestehe keine Veranlassung, von der bisherigen Einschätzung abzuweichen. Auch durch einen eventuellen Gelenkersatz, den Dr. A. in seinem OP-Bericht für einen eventuellen späteren Zeitpunkt anspreche, sei ebenfalls eher eine verbesserte Situation zu erwarten.
Hierzu hat der Kläger dahingehend Stellung genommen, die Flexionswerte seien durch den Operateur unter Narkose angegeben worden und könnten mit postoperativen Befunden nicht gleichgesetzt werden. Es sei daher eine weitere Begutachtung erforderlich. Die tatsächlichen Funktionsstörungen könnten erst im Rahmen einer Untersuchung durch Dr. A. erhoben werden, die für den 15.08.2016 vorgesehen sei. Die Angaben bezüglich eines Gelenkersatzes seien spekulativ, solange ein solcher Gelenkersatz nicht erfolgt sei.
Der Aufforderung des Gerichts vom 29.03.2016 an den Kläger, Stundenauflistungen über den aktuellen Umfang seiner ausgeübten Kurierfahrertätigkeit vorzulegen, ist dieser nicht nachgekommen.
In der mündlichen Verhandlung ist der Kläger nicht erschienen und war auch nicht vertreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Der Kläger hat über die seit April 2006 gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hinaus keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Das klagezusprechende Urteil des SG konnte keinen Bestand haben und war daher aufzuheben.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand April 2015, § 43 SGB VI, Rdnr. 58 und 30 ff., m.w.N.).
Der Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung setzt den Nachweis einer Erkrankung oder Behinderung voraus, aufgrund derer der Versicherte auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden (volle Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) oder mindestens sechs Stunden (teilweise Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) täglich zu arbeiten. Ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente setzt beweisrechtlich voraus, dass die Anspruchsvoraussetzungen im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil des BSG vom 07.09.2004 – B 2 U 25/03 R – Juris, Rdnr. 13), feststehen. Ob Tatsachen, vorliegend also das Vorliegen und der Schweregrad von Erkrankungen des Klägers sowie das Bestehen einer rentenanspruchsauslösenden quantitativen Minderung des Leistungsvermögens für die Durchführung von Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts nachgewiesen sind oder nicht, entscheidet der Senat als sog. "Tatsachengericht" in freier richterlicher Beweiswürdigung (BSG vom 07.09.2004, a.a.O., Rdnr. 15). Entscheidend ist vorliegend damit nicht nur der Nachweis der Erkrankung, sondern auch deren Vorliegen in einem rentenbegründenden Ausmaß und deren seitdem ununterbrochener Fortbestand in diesem Ausmaß, da nur die ununterbrochene Leistungsminderung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Rentenbezug erhält.
Der Kläger ist an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert in zeitlicher Hinsicht nicht erwerbsgemindert. Denn eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, ist zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, das heißt den Aussagen der behandelnden Ärzte im Klageverfahren Dr. K. und Dr. P., dem im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Gutachten der Internistin Dr. Dreßler vom 09.08.2012 sowie dem Sachverständigengutachten von Dr. S. vom 07.10.2013 sowie dessen ergänzenden Äußerungen vom 19.03.2015, 11.04.2016 und 08.06.2016.
Hiernach bestehen auf internistischem bzw. urologischem Fachgebiet keine relevanten leistungsmindernden Einschränkungen, wie die behandelnden Ärzte Dr. K. und Dr. P. übereinstimmend angegeben haben.
Die Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Klägers beruhen im Wesentlichen auf Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet. Nach den übereinstimmenden Feststellungen der Sachverständigen Dr. S. und Dr. S. bestehen eine eingeschränkte Schulterfunktion rechts bei Rotatorenmanschettenruptur und degenerativen Veränderungen, ein muskuläres Reizsyndrom der Halswirbelsäule mit Fehlstatik mit Funktionsbehinderung ohne radikuläre Reizerscheinungen bei degenerativen Veränderungen, sowie ein muskuläres Reizsyndrom der LWS mit Funktionsschmerzen ohne wesentliche Funktionseinschränkung oder radikuläre Reizerscheinungen bei leichter Spondylarthrose L4/5 und L5/S1. Diese Gesundheitsstörungen führen zwar zu qualitativen Leistungseinschränkungen in der Weise, dass Überkopfarbeiten, schweres Heben und Tragen sowie Tätigkeiten in gebückter oder in Zwangshaltung nicht mehr möglich sind. Eine zeitliche Leistungsminderung auf weniger als sechs Stunden am Tag für jedenfalls leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt folgt hieraus jedoch nicht. Der Senat folgt insoweit insbesondere den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. und der Beratungsärztin Dr. L., deren Stellungnahme als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen verwertbar ist.
Wie der Sachverständige Dr. S. zutreffend ausgeführt hat, war und ist der Kläger normalgewichtig und bedarf keiner orthopädischen Hilfsmittel. Das Gangbild war bei der Untersuchung bei fehlenden Erkrankungen der unteren Gliedmaßen in keiner Weise eingeschränkt. Nervenwurzelreizerscheinungen an oberen und unteren Gliedmaßen fehlten. Als Hauptbefund verblieb daher nur die - jedenfalls bis zur Operation am 17.05.2016 bestehende - schmerzhafte Bewegungseinschränkung der rechten Schulter. Dr. S. hat schlüssig dargelegt, dass die eingeschränkte Beweglichkeit der rechten Schulter nicht zwangsläufig eine Minderbelastbarkeit von Ellenbogen und Hand nach sich zieht. Gegen eine solche Minderbelastbarkeit sprechen beim Kläger die bei der Untersuchung festgestellte seitengleiche Muskelbemantelung und Funktionsfähigkeit dieser Gelenke im Seitenvergleich sowie die nicht eingeschränkte Greiffunktion und manuelle Feinmotorik seiner Hand. Unter diesen Umständen steht für den Senat außer Frage, dass der Kläger - unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen - in der Lage ist, leichte körperliche Tätigkeiten, aber auch leichte Bürotätigkeiten arbeitstäglich mindestens sechs Stunden zu verrichten. Dies umso mehr, als er neben privaten Aktivitäten und Tätigkeiten im Haushalt auch - soweit ersichtlich bis zum heutigen Tag - eine geringfügige Beschäftigung als Kurierfahrer ausübt, die nicht nur mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs, sondern auch dem Heben und Tragen von Gegenständen, der Verbuchung der Fahrten und anderen Verrichtungen verbunden ist. Den zeitlichen Umfang dieser Tätigkeit hatte der Kläger im Jahre 2013 mit ca. 16 Wochenstunden angegeben; dass der zeitliche Umfang seitdem reduziert wurde, lässt sich nicht feststellen, da der Kläger trotz Aufforderung des Gerichts keine aktuelle Stundenauflistung vorgelegt hat. Die genannten privaten und beruflichen Lebensumstände des Klägers sind vom Sachverständigen Dr. S. nicht erhoben und gewürdigt worden, der bei gleichen Befunden wie Dr. S. ohne nachvollziehbare Begründung zu einer anderen Leistungsbeurteilung gelangt, was nicht zu überzeugen vermag.
Ob durch die am 17.05.2016 durchgeführte Operation die von den Sachverständigen Dr. S. und Dr. S. im Wesentlichen gleichlautend gemessene Beweglichkeit der rechten Schulter des Klägers nachhaltig verbessert wurde - intraoperativ war eine Flexion bis 160 Grad möglich -, bedarf keiner weiterer Feststellungen bzw. gutachterlicher Erhebungen, da schon präoperativ nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. keine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers festzustellen war und jedenfalls nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich ist, dass sich durch die Operation rentenrechtlich relevante gesundheitliche Verschlechterungen ergeben haben bzw. neue Gesundheitsstörungen hinzugekommen sind, die die bisherige Leistungsbeurteilung in Frage stellen könnten.
Hiernach war (und ist) der Kläger im gesamten streitbefangenen Zeitraum seit der letzten Rentenantragstellung zur Überzeugung des Senats in quantitativer Hinsicht nicht leistungsgemindert, sondern in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Auf die Frage, ob eine teilweise zeitliche Erwerbsminderung wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes in eine volle Erwerbsminderung "umschlagen" könnte, kommt es daher nicht an.
Dem Kläger ist somit keine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten kann. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (vgl. nur BSG, Urteil vom 25.06.1986 - 4a RJ 55/84 - Juris).
Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (st. Rspr. vgl. BSG, Urteile vom 30.11.1982 - 4 RJ 1/82 - und vom 01.03.1984 - 4 RJ 43/83 - Juris) oder Versicherte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z. B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nur unter betriebsunüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG, Urteile vom 06.06.1986 - 5b RJ 42/85 -, vom 25.06.1986 - 4a RJ 55/84 -, vom 09.09.1986 - 5b RJ 50/84 -, vom 19.03.1981 - 4 RJ 19/80 -, vom 13.07.1988 - 5/4a RJ 57/87 - und vom 07.05.1975 - 11 RA 50/74 - Juris). Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R - Juris). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R - Juris). Ausgehend hiervon liegt bei dem Kläger weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Die bereits genannten Einschränkungen sind durch das Erfordernis einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erfasst. Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Wegefähigkeit bestehen nicht. Die Einschränkungen im Bereich der rechten Schulter sind nicht so weitreichend, dass sie mit einer funktionellen Einarmigkeit gleichgesetzt werden könnten. Denn eine Minderbelastbarkeit von Ellenbogen und Hand lässt sich beim Kläger - wie ausgeführt - mit Blick auf die seitengleiche Muskelbemantelung und Funktionsfähigkeit dieser Gelenke sowie die nicht eingeschränkte Greiffunktion und manuelle Feinmotorik der Hand nicht feststellen. Die erhaltenen Handfunktionen schließen zur Überzeugung des Senats die vom BSG (Urteil vom 09.05.2012 - B 5 R 68/11 R - Juris) beispielhaft genannten Tätigkeiten (z.B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) nicht aus; jedenfalls ist der Einsatz der rechten Hand als Beihand möglich. Selbst wenn man Tätigkeiten mit überwiegender oder ständiger Benutzung der rechten Hand nicht mehr als leidensgerecht ansehen wollte - wogegen allerdings die ausgeübte Tätigkeit als Kurierfahrer spricht, die mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs und dem Abholen und Tragen von Gegenständen und Proben verbunden ist -, sind dadurch überwachende, aufsichtsführende Tätigkeiten etwa in einem Parkhaus, als Kassierer, als Pförtner an der Nebenpforte oder Tätigkeiten als Telefonist nicht ausgeschlossen. Nach den durch die behandelnden Ärzte mitgeteilten Befunden und Einschränkungen bestehen keine Zweifel daran, dass Arbeiten an Büromaschinen oder an Computertastaturen wenigstens noch gelegentlich möglich sind und damit das Bedienen von Schranken per Knopfdruck oder einer Telefonanlage ohne weiteres zumutbar ist. Die insoweit geforderte durchschnittliche Beanspruchung des Gehörs oder des Sehvermögens steht einer solchen Tätigkeit ebenso wenig wie Publikumsverkehr entgegen. Damit liegen in ausreichender Zahl Tätigkeitsfelder und in ausreichendem Umfang Beschäftigungsmöglichkeiten vor, auf die der Kläger noch vermittelt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger, der eine Rente wegen teilweiser Erwerbminderung bei Berufsunfähigkeit bezieht, begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1959 geborene Kläger ist gelernter Matrose im Bereich Binnenschifffahrt und war mehrere Jahrzehnte in diesem Beruf tätig. Nach einem Bandscheibenvorfall im Jahr 2004 kam es zu langdauernder Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit. Im März 2006 erlitt der Kläger bei einem Sturz eine Kontusion der rechten Schulter mit Supraspinatussehnenruptur, die operativ versorgt wurde mit zweifacher Revision bei postoperativer Wundinfektion.
Der erste im April 2006 gestellte Rentenantrag wurde von der Beklagten abgelehnt (Bescheid vom 31.07.2006, Widerspruchsbescheid vom 01.02.2007). Auf die dagegen erhobene Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG (S 5 R 576/07)) schlossen die Beteiligten am 12.12.2007 vor dem SG - auf Hinweis des Vorsitzenden, dass der Kläger nach dem eingeholten orthopädischen Gutachten von Dr. Weis vom 23.09.2007 keine Arbeiten auf Leitern mehr verrichten könne und eine Verweisungstätigkeit als Registrator daher ausscheide - einen Vergleich, wonach sich die Beklagte zur Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab April 2006 verpflichtete. In Umsetzung dieses Vergleichs bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 08.01.2008 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderungsrente ab 01.04.2006 auf Dauer.
Im Juli 2008 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Beklagte bewilligte daraufhin eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme, an der der Kläger vom 14.11. bis 05.12.2008 in der Federseeklinik in B. teilnahm. Im dortigen Entlassungsbericht vom 16.12.2008 wurden die Diagnosen Zustand nach Tumornephrektomie links am 04.07.2008, Nierenzellkarzinom, Zustand nach Schultergelenksinfekt rechts, Zustand nach offener Rotatorenmanschettennaht und Nachweis von Staphylociccua aurius, chronisch rezidivierende Cervicobrachialgie und Lumbalgien, Zustand nach Leistenbruch-OP links und Nabelbruch-OP am 02.10.2008 gestellt. Die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beurteilten die Ärzte der Reha-Klinik mit drei bis unter sechs Stunden täglich. Nach Ablehnung des Rentenantrages durch die Beklagte (Bescheid vom 28.01.2009, Widerspruchsbescheid vom 29.06.2009) und Abweisung der Klage durch das SG (S 12 R 2232/09) nahm der Kläger am 01.02.2012 die Berufung vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zurück (L 5 R 4449/11).
Am 09.05.2012 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch die Internistin Dr. D., die unter dem 21.08.2012 die Diagnosen mäßig eingeschränkte Schulterfunktion rechts bei aufgetretener Rotatorenmanschettenruptur 2006, erfolgte erfolglose Rotatorenmanschettennaht, Operationen bei Wundinfektion 2006, chronisch rezidivierendes degeneratives LWS-Syndrom, chronisch rezidivierendes degeneratives Cervikobrachialsyndrom links betont ohne neurologische Ausfälle, koronare Zweigefäßerkrankung ohne höhergradige Stenosen stellte. Die Leistungsfähigkeit des Klägers beurteilte sie für den allgemeinen Arbeitsmarkt mit über sechs Stunden täglich und für die Tätigkeit als Binnenschiffer weiterhin mit unter drei Stunden.
Die Beklagte lehnte den Antrag daraufhin mit Bescheid vom 27.08.2012 ab mit der Begründung, der Kläger könne noch eine Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben. Der dagegen erhobene, nicht begründete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.2013 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 03.04.2013 die vorliegende Klage zum SG erhoben und zur Begründung ausgeführt, es werde außer Acht gelassen, dass er eine Krebserkrankung hinter sich habe und aufgrund der orthopädischen Erkrankungen weitgehend psychisch beeinträchtigt sei. Die Frage, mit welcher Intensität Schmerzen vorhanden seien, könne nicht Gegenstand objektiver Betrachtung sein, sondern müsse stets subjektiv bleiben.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Urologe Dr. K. hat unter dem 03.06.2013 mitgeteilt, es seien keine pathologischen Befunde mehr erhoben worden und es habe sich kein Hinweis auf ein Rezidiv oder eine Progression des Nierenzellkarzinoms gezeigt. Nach den von ihm erhobenen Befunden sei der Kläger in der Lage, leichten Tätigkeiten im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche für sechs Stunden nachzugehen. Der Internist und Kardiologe Dr. P. hat unter dem 20.06.2013 ausgeführt, aufgrund der gegenwärtigen Limitierung durch die LWS-Beschwerden könne derzeit keine Beurteilung der Belastbarkeit erfolgen. Unter dem 02.04.2014 hat er weiter ausgeführt, aufgrund der kardialen Befunde sei der Kläger in der Lage, leichte körperliche Arbeiten ohne Zeitdruck, ohne Nachtschicht im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche auszuführen. Mittlere und hohe körperliche Belastungen seien ihm nicht zuzumuten. Hierbei sei allein der kardiale Befund berücksichtigt.
Das SG hat ein orthopädisches Gutachten bei Dr. S. eingeholt, der den Kläger am 19.09.2013 untersucht und unter anderem zu seinem Tagesablauf befragt hat. Hierbei hat der Kläger angegeben, er übe seit 24.11.2009 einen Minijob als Kurierfahrer für ein Labor in Karlsruhe an zwei bis drei Tagen/Woche im Umfang von 60 bis 65 Stunden/Monat aus. Zum Freizeitverhalten hat der Kläger angegeben, da seine Ehefrau berufstätig sei, verrichte er die üblichen Haushaltstätigkeiten. Dreimal in der Woche gehe er zum Bowling-Training, aber nicht mehr als Spieler, sondern als Trainer. Er habe einen Trainerschein und betreue etwa 40 Mitglieder des Vereins. Das Training dauere ca. zwei bis zweieinhalb Stunden. Im Gutachten vom 07.10.2013 hat Dr. S. folgende Gesundheitsstörungen beim Kläger festgestellt: Eingeschränkte Schulterfunktion rechts bei Rotatorenmanschettenruptur und degenerativen Veränderungen, muskuläres Reizsyndrom der Halswirbelsäule mit Fehlstatik mit Funktionsbehinderung ohne radikuläre Reizerscheinungen bei degenerativen Veränderungen, muskuläres Reizsyndrom der LWS mit Funktionsschmerzen ohne wesentliche Funktionseinschränkung oder radikuläre Reizerscheinungen bei leichter Spondylarthrose L4/5 und L5/S1. Das qualitative Leistungsvermögen des Klägers sei eingeschränkt. Mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten könnten ihm nicht mehr abverlangt werden. Im Hinblick auf die Situation der rechten Schulter und des Achsenskeletts seien Tätigkeiten mit Führung der Arme über Kopf, schweres Heben und Tragen, Tätigkeiten in gebückter oder in Zwangshaltung nicht mehr möglich. Arbeiten auf unebenen Böden, Leitern und Gerüsten sollten vermieden werden, ebenso Tätigkeiten im Akkord oder mit erhöhten Ansprüchen an die Belastbarkeit der Arme. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten könnten bei eingeschränkter Haltefunktion des rechten Armes nicht mehr ohne Gefahr durchgeführt werden. Lastgewichte über 10 kg könnten nicht mehr regelmäßig bewältigt werden. Möglich seien dagegen leichte körperliche Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, in trockenen und beheizten Räumen mit Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg, kurzzeitig bis 10 kg. Der Kläger sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten (mit qualitativen Einschränkungen) im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche mindestens sechs Stunden täglich auszuführen. Es gebe keine Gesundheitsstörungen, die eine höhere Einschränkung der Leistungsfähigkeit begründen könnten. Auch den Angaben zum Tagesablauf sei zu entnehmen, dass der Kläger durchaus regelmäßig Tätigkeiten versehe, die dem oben genannten Leistungsprofil entsprächen, ja sogar zeitweise darüber lägen.
Auf Antrag und Kosten des Klägers hat das SG nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten beim Facharzt für Chirurgie Dr. S. eingeholt, der im Gutachten vom 11.02.2015 ausgeführt hat, der Kläger befinde sich seit 2003 wegen chronischer lumboischialgieformer Beschwerden in seiner Behandlung. Es bestünden folgende Gesundheitsstörungen: Erhebliche Bewegungseinschränkung rechte Schulter bei AC-Gelenkarthrose und Rotatorenmanschettenruptur, Zustand nach Arthroskopie und postoperativem Infekt, chronisches Zervikalsyndrom bei Osteochondrose C5/6 und Spondylarthrosen, chronische Lumboischialgie bei NPP und Wurzeltaschenzyste, Zustand nach Nephrektomie links wegen Nierenzellkarzinom, koronare Zweigefäßerkrankung, Hypertonie. Er halte Tätigkeiten von drei bis unter sechs Stunden für realistisch. Aufgrund der Einnahme des Schmerzmedikaments Tilidin dürfe der Kläger keinen PKW führen und im Grunde auch nicht seinen Minijob ausüben. Bei Absetzung von Tilidin würden aber die dann wieder zunehmenden Schmerzen im Schulter- und Wirbelsäulenbereich eine weitere Senkung des Leistungsvermögens in Zeit und Umfang bringen. Er halte es für sinnvoll, durch Umschulungsmaßnahmen eine berufliche Rehabilitation anzustreben.
Zum Gutachten von Dr. S. hat für die Beklagte die Fachärztin für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. L. unter dem 06.03.2015 Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass durch die Einnahme des leichten Opioids Tilidin die Fahrtauglichkeit nicht zwangsläufig aufgehoben sei. Selbst bei Feststellung von Fahruntauglichkeit folge daraus keine quantitative Leistungsminderung. Berufliches Fahren von Kraftfahrzeugen sei jedoch aus sozialmedizinischer Sicht ungeeignet.
In einer ergänzenden Stellungnahme hat Dr. S. unter dem 19.03.2015 ausgeführt, bei Vergleich seines Gutachtens mit dem von Dr. S. bestehe Einigkeit über die qualitativen Einschränkungen. Dr. S. habe aber keine Angaben zum Tagesablauf aufgenommen. Es stelle sich die Frage, warum der Kläger keine vollschichtige leichte Arbeit verrichten könne. Offensichtlich erfülle dieser sogar regelmäßig ein qualitativ höheres Leistungsbild als das eingeschätzte.
Mit Urteil vom 20.10.2015 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.12.2012 bis zum 30.11.2016 zu gewähren und zur Begründung ausgeführt, die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) seien erfüllt. Beim Kläger lägen Leistungseinschränkungen vor, die ein Leistungsvermögen zwischen drei und unter sechs Stunden begründeten. Die Kammer stütze sich hierbei auf die beiden eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. S. und Dr. S ... Zeitliche Leistungseinschränkungen von kardiologischer und internistischer Seite bestünden nicht. Die Tumorerkrankung sei ausgeheilt. Von Seiten der Herzerkrankung bestünden ebenfalls keinerlei zeitliche Einschränkungen, wie den Angaben der sachverständigen Zeugen Dr. K. und Dr. P. zu entnehmen sei. Beim Kläger lägen im Wesentlichen Beschwerden auf orthopädischem Fachgebiet vor. Dr. S. und Dr. S. hätten in ihren Gutachten exakt die gleichen Diagnosen und Befunde erhoben. Die Gutachten unterschieden sich lediglich in der Einschätzung der Leistungsfähigkeit. Auch die erhobenen Bewegungsmaße seien nahezu identisch. Bei Dr. S. sei die Halswirbelsäulenrotation nach rechts bis 40 Grad und nach links bis 60 Grad möglich gewesen, die Seitneigung gelang beidseits bis 20 Grad und die Vorneigung bis 30 Grad, die Rückneigung der Halswirbelsäule bis 50 Grad. Diese Bewegungsmaße habe auch Dr. S. erhoben. Die Brust- und Lendenwirbelsäule sei nach den Feststellungen des Dr. S. in der Rotation auf beide Seiten bis 40 Grad und in der Seitneigung bis 20 Grad bewegbar gewesen. Das Zeichen nach Schober habe 10/13 cm und das Zeichen nach Ott 30/31 cm betragen, der Fußbodenabstand sei mit 58 cm gemessen worden. Dr. S. habe einen Finger-Bodenabstand von 45 cm und ein Zeichen nach Schober von 10/15 cm und von Ott nach 30/32 cm gemessen. Die Rotation und Seitneigung der Lenden- und Brustwirbelsäule habe er um vernachlässigbare 5 Grad besser gemessen. Die rechte Schulter habe bei der Untersuchung durch Dr. S. bis 80 Grad seitwärts und vorwärts bis 20 Grad angehoben werden können. Links habe sich eine Bewegungsfähigkeit nach vorne und auf die Seite bis 160 Grad ergeben. Hüfte, Knie und Fußgelenke seien frei beweglich gewesen. Das Ellenbogengelenk habe bis 0/10/135 Grad und damit innerhalb des Normalmaßes bei Dr. S. bewegt werden können. Bei der Untersuchung durch Dr. S. habe der rechte Arm seitwärts bis 85 Grad und vorwärts ebenfalls, wie bei Dr. S., nur bis 20 Grad angehoben werden können. Die Armauswärts- und -einwärtsdrehung bei einem seitwärts angehobenen Oberarm sei rechts nicht möglich gewesen. Die Drehung bei einem anliegenden Oberarm sei rechts auswärts bis 30 Grad und einwärts bis 80 Grad möglich gewesen. Dr. S. habe diese mit 20/0/60 Grad bezeichnet. Neben den Bewegungseinschränkungen lägen degenerative Verbrauchserscheinungen vor. Dr. S. sei von einer deutlichen Os-teochondrose an der Halswirbelsäule und einer Spondylarthrose L4/5 und L5/S1 ausgegangen.
Die beiden Gutachten wiesen daher keine Unterschiede in den Befunden und den Diagnosen, sondern nur in der Leistungsbeurteilung auf. Beide Gutachten seien in sich schlüssig und nachvollziehbar. Das eine begründe eine Leistungsminderung, das andere nicht. Die Beweislast für die Erwerbsminderung liege vorliegend beim Kläger. Er müsse nachweisen, dass er erwerbsgemindert sei. Nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung schließe sich die Kammer der Leistungseinschätzung des Dr. S. an. Hierbei berücksichtige die Kammer, dass bei dem Kläger unstreitig orthopädische Beeinträchtigungen bestünden, erhalte er doch seit April 2006 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Die rechte Schulter sei erheblich eingeschränkt, der Arm könne nach vorne nur noch bis 20 Grad angehoben werden. Die Schulterprobleme seien durch einen Sturz im Jahr 2006 ausgelöst worden. Zwar übe der Kläger derzeit eine Nebentätigkeit aus. Hierbei handele es sich allerdings nicht um eine Teilzeittätigkeit. Der Kläger sei auf 450 EUR-Basis beschäftigt und übe die Tätigkeit für ungefähr 14-15 Stunden/Woche aus. Die vorliegende Ausübung des Mini-Jobs spreche nicht gegen die Annahme einer teilweisen Erwerbsminderung. Der Kläger übe diese nach eigenen Angaben für ca. 16 Stunden wöchentlich aus. Hierbei müsse jedoch teilweise die von ihm aufgewendete Fahrzeit, um zum Arbeitsplatz zu gelangen, enthalten sein. So habe er angegeben, um 7:30 Uhr das Haus zu verlassen, um 8:30 Uhr sei Treffpunkt in Heidelberg und um 12 Uhr sei die Tätigkeit beendet. Dies wären ca. 3,5 h an maximal vier Tagen, sodass sich eine Stundenanzahl von 14 Wochenstunden ergebe. Ein Minijob von 450 EUR sei keine Teilzeitarbeitsstelle. Die Kammer habe keine Anhaltspunkte, dass der Kläger tatsächlich mehr als 450 EUR verdiene und damit einen Teilzeitarbeitsplatz inne hätte. Nehme man zu dem Minijob noch die Trainertätigkeit als Bowlingtrainer von ca. sechs Stunden wöchentlich hinzu, ergebe sich eine Arbeitstätigkeit von derzeit vier Stunden. Ob der Kläger angesichts dieser Tätigkeiten tatsächlich in der Lage sei, entsprechend dem Gutachten des Dr. S. vollschichtig zu arbeiten, könne die Kammer nach dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht zweifelsfrei feststellen. Ein derzeit ausgeübtes Leistungsvermögen von über sechs Stunden liege nicht vor. Nach der Berufungsrücknahme im Februar 2012 habe der Kläger bei der Beklagten nach Teilhabeleistungen vorgesprochen. Es habe auch ein Gespräch im beruflichen Trainingszentrum in Wiesloch stattgefunden. Nach dem Vermerk über das Gesprächsprotokoll vom 27.02.2012 habe der Kläger einen geeigneten 400,00 EUR-Arbeitsplatz, den er dauerhaft ausfüllen könne und bei einer Maßnahme-Teilnahme verlieren würde. Insoweit stehe in Frage, ob ein Berufsfindungsergebnis für ihn überhaupt positiv ausfallen könne und eine vollschichtige Leistungsfähigkeit äußerst unwahrscheinlich erscheine. Dem psychosozialen Dienst des beruflichen Trainingszentrums Wiesloch sei maximal ein Teilzeitarbeitsplatz mit einer möglichst großen Schnittmenge mit seinem langjährig ausgeübten Beruf als Maßnahmeergebnis wahrscheinlich erschienen. Diese Stellungnahme nehme die Kammer gemeinsam mit dem Gutachten des Dr. S. und Dr. S. zum Anlass, Zweifel an einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit zu begründen und folge daher der Annahme einer teilweisen Erwerbsminderung auf Zeit, wenngleich der Kläger eine Teilhabemaßnahme abgelehnt habe, um seinen 400 EUR-Job nicht zu verlieren.
Als Leistungsfall sei mangels gegenteiliger Anhaltspunkte die Stellung des Rentenantrags anzunehmen. Dementsprechend beginne die Rente nach § 101 Abs. 1 SGB VI mit dem 01.12.2012. Die Kammer beschränke die Rentengewährung auf insgesamt vier Jahre, da die Rente grundsätzlich nur für drei Jahre bewilligt werden solle (§ 102 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB VI). Da zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes der dreijährige Zeitpunkt bereits ablaufe, habe sich die Kammer zu einer Verlängerung um ein weiteres Jahr entschieden. Innerhalb dieses weiteren Jahres habe der Kläger jetzt ausreichend Zeit, seine gesundheitlichen Beschwerden anzugehen, damit die Bewegungsfähigkeit des rechten Armes verbessert werden könne und wieder die vollschichtige Leistungsfähigkeit eintrete, wovon die Kammer überzeugt sei. Die Kammer gehe derzeit von einem Leistungsvermögen von ca. vier Stunden täglich aus. Aufgrund der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes "schlage" die teilweise Erwerbsminderung in eine volle Erwerbsminderung um.
Gegen das am 30.12.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.01.2016 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und zur Begründung ausgeführt, aufgrund der erhobenen medizinischen Befunde und des beschriebenen Tagesablaufs des Klägers sei nicht ersichtlich, weshalb dieser nicht in der Lage sein sollte, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine mindestens sechsstündige Tätigkeit auszuüben. Soweit das SG ausführe, es könne nicht zweifelsfrei feststellen, ob der Kläger entsprechend dem Gutachten von Dr. S. in der Lage sei, vollschichtig zu arbeiten, verkenne es die Beweislastverteilung im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Oktober 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Er hält das ergangene Urteil für zutreffend.
Der Vorsitzende des Senats hat mit den Beteiligten am 22.03.2016 einen Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes durchgeführt. Hierbei hat der Kläger auf Frage des Vorsitzenden, ob er noch Bowling spiele, angegeben, "seit 2007 gehe nichts mehr". Auf Vorhalt, dass er ausweislich eines im Internet verfügbaren Artikels im März 2013 bei badischen Seniorenmeisterschaften im Bowling den 1. Platz in der Klasse Versehrte 2 belegt habe, hat der Kläger angegeben, er habe nur einmal bei dieser Meisterschaft mitgemacht und zwar in der Weise, dass er die Bowling-Kugel mit beiden Händen geworfen habe. Mit rechts wäre ihm das nicht möglich gewesen. Er habe seine Kurierfahrertätigkeit zwischenzeitlich reduziert auf ca. zweieinhalb bis drei Stunden täglich.
Ferner hat der Kläger angegeben, dass er sich voraussichtlich im Sommer 2016 einer Schulteroperation unterziehen müsse, bei welcher das rechte Schultergelenk durch ein künstliches Gelenk ersetzt werde.
Der Senat hat daraufhin Dr. S. ergänzend befragt, der unter dem 11.04.2016 ergänzend angegeben hat, soweit der Kläger darauf abstelle, dass die Untersuchung durch ihn aus dem Jahre 2013 datiere, während die des Dr. S. aus dem Jahr 2015 aktuell sei, sei festzustellen, dass die Gutachten bezüglich der Befunderhebung nahezu identisch seien. Eine maßgebliche Änderung des Befundes sei zwischen 2013 und 2015 nicht eingetreten. Dr. S. habe in seinem Gutachten nahezu identische Bewegungsausmaße festgestellt. Es seien auch keine schwerwiegenden neuen Gesundheitsstörungen hinzugetreten. Wesentlich für die Beurteilung waren und seien die muskulären Reizerscheinungen an der Halswirbelsäule mit Funktionsbehinderung bzw. an der Lendenwirbelsäule mit Funktionsschmerzen ohne wesentliche Funktionseinschränkung und sowohl an den oberen wie unteren Gliedmaßen ohne radikuläre Reizerscheinungen. Hierüber bestehe bei den Gutachtern Einigkeit. Unbezweifelt sei auch die eingeschränkte Schulterfunktion rechts bei Rotatorenmanschettenruptur und degenerativen Veränderungen. Ein auf unter sechs Stunden abgesunkenes Leistungsvermögen sei deswegen aber nicht hinreichend zu begründen. Sollte ein Eingriff an der rechten Schulter durchgeführt werden, sei bei regelhaftem Verlauf eine deutliche Besserung der Symptomatik und Schmerzreduzierung zu erwarten, so dass auch die regelmäßige Einnahme des Opiates Tilidin auf Dauer nicht mehr erforderlich sei. Insofern sei, einen komplikationslosen Heilverlauf vorausgesetzt, eine Verbesserung und Wiedererlangung der allgemeinen Leistungsfähigkeit nach etwa drei Monaten zu erwarten.
Am 17.05.2016 ist die geplante Operation der rechten Schulter des Klägers durch Dr. A. (Arcus Sportklinik Pforzheim) durchgeführt worden. Im Operationsbericht vom 17.05.2016 führt dieser aus, es habe eine fortgeschrittene Omarthrose und ein riesiger Sehnenschaden der Supraspinatussehne und der Infraspinatussehne bestanden. Die entzündlichen Verwachsungen seien vollständig reseziert, das Gelenk vollkommen eröffnet worden. Bei mehrmaligem Durchbewegen des Gelenks unter arthroskopischer Sicht sei intraoperativ ca. 160 Grad Flexion und 60 Grad Außenrotation erreicht worden. Die Gelenkführung sei stabil. Die Wiederherstellung einer schmerzfreien Schulterfunktion benötige ca. sechs Monate. Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn der Kläger mit den Beschwerden nicht mehr zurechtkomme, komme gegebenenfalls ein Gelenkersatz in Betracht.
Zu den operativ erhobenen Befunden hat Dr. S. unter dem 08.06.2016 ergänzend ausgeführt, Dr. A. beschreibe eine fortgeschrittene Arthrose des rechten Schultergelenks sowie einen Massendefekt der Rotatorenmanschette mit ausgeprägter Synovitis und subacromialen Verwachsungen, die er operativ lösen konnte. Weiter beschreibe er eine zu erreichende intraoperative Funktion von ca. 160 Grad Flexion (Armvorhebung bzw. Elevation) und 60 Grad Außenrotation. Hiernach sei durch diese Operation das Funktionsausmaß gegenüber den Vorbefunden ganz erheblich verbessert worden. Nach diesem positiven Ergebnis bestehe keine Veranlassung, von der bisherigen Einschätzung abzuweichen. Auch durch einen eventuellen Gelenkersatz, den Dr. A. in seinem OP-Bericht für einen eventuellen späteren Zeitpunkt anspreche, sei ebenfalls eher eine verbesserte Situation zu erwarten.
Hierzu hat der Kläger dahingehend Stellung genommen, die Flexionswerte seien durch den Operateur unter Narkose angegeben worden und könnten mit postoperativen Befunden nicht gleichgesetzt werden. Es sei daher eine weitere Begutachtung erforderlich. Die tatsächlichen Funktionsstörungen könnten erst im Rahmen einer Untersuchung durch Dr. A. erhoben werden, die für den 15.08.2016 vorgesehen sei. Die Angaben bezüglich eines Gelenkersatzes seien spekulativ, solange ein solcher Gelenkersatz nicht erfolgt sei.
Der Aufforderung des Gerichts vom 29.03.2016 an den Kläger, Stundenauflistungen über den aktuellen Umfang seiner ausgeübten Kurierfahrertätigkeit vorzulegen, ist dieser nicht nachgekommen.
In der mündlichen Verhandlung ist der Kläger nicht erschienen und war auch nicht vertreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Der Kläger hat über die seit April 2006 gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hinaus keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Das klagezusprechende Urteil des SG konnte keinen Bestand haben und war daher aufzuheben.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand April 2015, § 43 SGB VI, Rdnr. 58 und 30 ff., m.w.N.).
Der Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung setzt den Nachweis einer Erkrankung oder Behinderung voraus, aufgrund derer der Versicherte auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden (volle Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) oder mindestens sechs Stunden (teilweise Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) täglich zu arbeiten. Ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente setzt beweisrechtlich voraus, dass die Anspruchsvoraussetzungen im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil des BSG vom 07.09.2004 – B 2 U 25/03 R – Juris, Rdnr. 13), feststehen. Ob Tatsachen, vorliegend also das Vorliegen und der Schweregrad von Erkrankungen des Klägers sowie das Bestehen einer rentenanspruchsauslösenden quantitativen Minderung des Leistungsvermögens für die Durchführung von Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts nachgewiesen sind oder nicht, entscheidet der Senat als sog. "Tatsachengericht" in freier richterlicher Beweiswürdigung (BSG vom 07.09.2004, a.a.O., Rdnr. 15). Entscheidend ist vorliegend damit nicht nur der Nachweis der Erkrankung, sondern auch deren Vorliegen in einem rentenbegründenden Ausmaß und deren seitdem ununterbrochener Fortbestand in diesem Ausmaß, da nur die ununterbrochene Leistungsminderung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Rentenbezug erhält.
Der Kläger ist an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert in zeitlicher Hinsicht nicht erwerbsgemindert. Denn eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, ist zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, das heißt den Aussagen der behandelnden Ärzte im Klageverfahren Dr. K. und Dr. P., dem im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Gutachten der Internistin Dr. Dreßler vom 09.08.2012 sowie dem Sachverständigengutachten von Dr. S. vom 07.10.2013 sowie dessen ergänzenden Äußerungen vom 19.03.2015, 11.04.2016 und 08.06.2016.
Hiernach bestehen auf internistischem bzw. urologischem Fachgebiet keine relevanten leistungsmindernden Einschränkungen, wie die behandelnden Ärzte Dr. K. und Dr. P. übereinstimmend angegeben haben.
Die Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Klägers beruhen im Wesentlichen auf Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet. Nach den übereinstimmenden Feststellungen der Sachverständigen Dr. S. und Dr. S. bestehen eine eingeschränkte Schulterfunktion rechts bei Rotatorenmanschettenruptur und degenerativen Veränderungen, ein muskuläres Reizsyndrom der Halswirbelsäule mit Fehlstatik mit Funktionsbehinderung ohne radikuläre Reizerscheinungen bei degenerativen Veränderungen, sowie ein muskuläres Reizsyndrom der LWS mit Funktionsschmerzen ohne wesentliche Funktionseinschränkung oder radikuläre Reizerscheinungen bei leichter Spondylarthrose L4/5 und L5/S1. Diese Gesundheitsstörungen führen zwar zu qualitativen Leistungseinschränkungen in der Weise, dass Überkopfarbeiten, schweres Heben und Tragen sowie Tätigkeiten in gebückter oder in Zwangshaltung nicht mehr möglich sind. Eine zeitliche Leistungsminderung auf weniger als sechs Stunden am Tag für jedenfalls leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt folgt hieraus jedoch nicht. Der Senat folgt insoweit insbesondere den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. und der Beratungsärztin Dr. L., deren Stellungnahme als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen verwertbar ist.
Wie der Sachverständige Dr. S. zutreffend ausgeführt hat, war und ist der Kläger normalgewichtig und bedarf keiner orthopädischen Hilfsmittel. Das Gangbild war bei der Untersuchung bei fehlenden Erkrankungen der unteren Gliedmaßen in keiner Weise eingeschränkt. Nervenwurzelreizerscheinungen an oberen und unteren Gliedmaßen fehlten. Als Hauptbefund verblieb daher nur die - jedenfalls bis zur Operation am 17.05.2016 bestehende - schmerzhafte Bewegungseinschränkung der rechten Schulter. Dr. S. hat schlüssig dargelegt, dass die eingeschränkte Beweglichkeit der rechten Schulter nicht zwangsläufig eine Minderbelastbarkeit von Ellenbogen und Hand nach sich zieht. Gegen eine solche Minderbelastbarkeit sprechen beim Kläger die bei der Untersuchung festgestellte seitengleiche Muskelbemantelung und Funktionsfähigkeit dieser Gelenke im Seitenvergleich sowie die nicht eingeschränkte Greiffunktion und manuelle Feinmotorik seiner Hand. Unter diesen Umständen steht für den Senat außer Frage, dass der Kläger - unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen - in der Lage ist, leichte körperliche Tätigkeiten, aber auch leichte Bürotätigkeiten arbeitstäglich mindestens sechs Stunden zu verrichten. Dies umso mehr, als er neben privaten Aktivitäten und Tätigkeiten im Haushalt auch - soweit ersichtlich bis zum heutigen Tag - eine geringfügige Beschäftigung als Kurierfahrer ausübt, die nicht nur mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs, sondern auch dem Heben und Tragen von Gegenständen, der Verbuchung der Fahrten und anderen Verrichtungen verbunden ist. Den zeitlichen Umfang dieser Tätigkeit hatte der Kläger im Jahre 2013 mit ca. 16 Wochenstunden angegeben; dass der zeitliche Umfang seitdem reduziert wurde, lässt sich nicht feststellen, da der Kläger trotz Aufforderung des Gerichts keine aktuelle Stundenauflistung vorgelegt hat. Die genannten privaten und beruflichen Lebensumstände des Klägers sind vom Sachverständigen Dr. S. nicht erhoben und gewürdigt worden, der bei gleichen Befunden wie Dr. S. ohne nachvollziehbare Begründung zu einer anderen Leistungsbeurteilung gelangt, was nicht zu überzeugen vermag.
Ob durch die am 17.05.2016 durchgeführte Operation die von den Sachverständigen Dr. S. und Dr. S. im Wesentlichen gleichlautend gemessene Beweglichkeit der rechten Schulter des Klägers nachhaltig verbessert wurde - intraoperativ war eine Flexion bis 160 Grad möglich -, bedarf keiner weiterer Feststellungen bzw. gutachterlicher Erhebungen, da schon präoperativ nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. keine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers festzustellen war und jedenfalls nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich ist, dass sich durch die Operation rentenrechtlich relevante gesundheitliche Verschlechterungen ergeben haben bzw. neue Gesundheitsstörungen hinzugekommen sind, die die bisherige Leistungsbeurteilung in Frage stellen könnten.
Hiernach war (und ist) der Kläger im gesamten streitbefangenen Zeitraum seit der letzten Rentenantragstellung zur Überzeugung des Senats in quantitativer Hinsicht nicht leistungsgemindert, sondern in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Auf die Frage, ob eine teilweise zeitliche Erwerbsminderung wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes in eine volle Erwerbsminderung "umschlagen" könnte, kommt es daher nicht an.
Dem Kläger ist somit keine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten kann. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (vgl. nur BSG, Urteil vom 25.06.1986 - 4a RJ 55/84 - Juris).
Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (st. Rspr. vgl. BSG, Urteile vom 30.11.1982 - 4 RJ 1/82 - und vom 01.03.1984 - 4 RJ 43/83 - Juris) oder Versicherte nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z. B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nur unter betriebsunüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG, Urteile vom 06.06.1986 - 5b RJ 42/85 -, vom 25.06.1986 - 4a RJ 55/84 -, vom 09.09.1986 - 5b RJ 50/84 -, vom 19.03.1981 - 4 RJ 19/80 -, vom 13.07.1988 - 5/4a RJ 57/87 - und vom 07.05.1975 - 11 RA 50/74 - Juris). Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R - Juris). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen. Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R - Juris). Ausgehend hiervon liegt bei dem Kläger weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Die bereits genannten Einschränkungen sind durch das Erfordernis einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erfasst. Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Wegefähigkeit bestehen nicht. Die Einschränkungen im Bereich der rechten Schulter sind nicht so weitreichend, dass sie mit einer funktionellen Einarmigkeit gleichgesetzt werden könnten. Denn eine Minderbelastbarkeit von Ellenbogen und Hand lässt sich beim Kläger - wie ausgeführt - mit Blick auf die seitengleiche Muskelbemantelung und Funktionsfähigkeit dieser Gelenke sowie die nicht eingeschränkte Greiffunktion und manuelle Feinmotorik der Hand nicht feststellen. Die erhaltenen Handfunktionen schließen zur Überzeugung des Senats die vom BSG (Urteil vom 09.05.2012 - B 5 R 68/11 R - Juris) beispielhaft genannten Tätigkeiten (z.B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) nicht aus; jedenfalls ist der Einsatz der rechten Hand als Beihand möglich. Selbst wenn man Tätigkeiten mit überwiegender oder ständiger Benutzung der rechten Hand nicht mehr als leidensgerecht ansehen wollte - wogegen allerdings die ausgeübte Tätigkeit als Kurierfahrer spricht, die mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs und dem Abholen und Tragen von Gegenständen und Proben verbunden ist -, sind dadurch überwachende, aufsichtsführende Tätigkeiten etwa in einem Parkhaus, als Kassierer, als Pförtner an der Nebenpforte oder Tätigkeiten als Telefonist nicht ausgeschlossen. Nach den durch die behandelnden Ärzte mitgeteilten Befunden und Einschränkungen bestehen keine Zweifel daran, dass Arbeiten an Büromaschinen oder an Computertastaturen wenigstens noch gelegentlich möglich sind und damit das Bedienen von Schranken per Knopfdruck oder einer Telefonanlage ohne weiteres zumutbar ist. Die insoweit geforderte durchschnittliche Beanspruchung des Gehörs oder des Sehvermögens steht einer solchen Tätigkeit ebenso wenig wie Publikumsverkehr entgegen. Damit liegen in ausreichender Zahl Tätigkeitsfelder und in ausreichendem Umfang Beschäftigungsmöglichkeiten vor, auf die der Kläger noch vermittelt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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