L 8 U 938/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 2856/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 938/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 20.01.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der 1944 geborene Kläger war von 1979 bis zur Betriebsaufgabe im Oktober 2004 als Bildhauer- und Steinmetzmeister selbstständig tätig und bei der Beklagten unfallversichert. Seit 01.06.2004 bezieht der Kläger eine vorzeitige Altersrente. Vorliegend begehrt er Verletztenrente für Arbeitsunfälle am 30.11.1987, 25.05.1988, 06.09.1988 und 06.01.2003.

Im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit schnitt sich der Kläger am 30.11.1987 mit der Holzkreissäge beim Schneiden von Holzkeilen in die linke Hand (Unfallanzeige L 33 S. 1 der VA 10.700.955.944). Er erlitt eine offene Endgliedtrümmerfraktur des linken Daumens (Durchgangsarztbericht vom 30.11.1987, L 33 S. 2 der VA 10.700.955.944). In der Folge war der Kläger bis zum 01.02.1988 arbeitsunfähig (L 33 S. 6 der VA 10.700.955.944).

Wegen des Arbeitsunfalls vom 30.11.1987 erstattete auf Veranlassung der Beklagten PD Dr. M. das unfallchirurgische Gutachten vom 22.02.2010 (L 13 der VA 10.700.955.944) nach Untersuchung des Klägers am 18.02.2010. Als Folgen des Arbeitsunfalles vom 30.11.1987 bestünden - eine konsolidierte Endgliedfraktur linker Daumen, - Hyposensibilität Daumenkuppe links, - Bewegungseinschränkung linker Daumen. Es bestehe eine MdE um 5 v.H.

Mit Bescheid vom 19.04.2010 (L 19 der VA 10.700.955.944 = L 82 der VA 10.700.954.923 = L 139 der VA 10.700.817.853) lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 30.11.1987 ab.

Am 25.05.1988 geriet beim Schneiden einer Granitplatte die Kabeltrommel unter Strom. Beim Berühren der Kabeltrommel erhielt der Kläger einen Stromschlag und verletzte sich nach seinen Angaben das linke Schultergelenk (Unfallanzeige vom 30.05.1988, L 96 S. 1 der VA 10.700.954.923). Nach dem Durchgangsarztbericht vom 25.05.1988 (L 96 S. 2 der VA 10.700.954.923) fand sich im Bereich der linken Schulter kein Hinweis für eine frische knöcherne Verletzung, jedoch ein Druckschmerz (muskulär) mit Bewegungsschmerz bei Armhebung. Bei der Wiedervorstellung am 26.05.1988 klagte der Kläger über sehr starke Schmerzen in der linken Schulter (Nachschaubericht vom 27.05.1988 (L 96 der VA 10.700.954.923). Ab 21.06.1988 war der am 20.06.1988 aus der ambulanten Behandlung entlassene Kläger wieder arbeitsfähig (L 96 S. 4 der VA 10.700.954.923).

Mit Schreiben vom 28.02.2003 stellte der Kläger bei der Beklagten wegen Rücken- und Gelenkschmerzen einen Antrag auf "Berufsunfähigkeitsrente". Nach seinen Berufsunfällen am Arbeitsplatz (Stromschlag und Sturz rücklinks vom Gerüst) sei es mit seiner körperlichen, schmerzfreien Beweglichkeit bergab gegangen. Nach seiner schweren Schulteroperation habe er sich gezwungen gesehen, seinen Betrieb zu halbieren. Den "Steinmetz am Bau" habe er eingestellt. Seit 1999 betreibe er nur noch ein Grabsteingeschäft mit einer Hilfskraft.

Auf Anfrage der Beklagten bezüglich des Unfalls vom 25.05.1988 teilte Prof. Dr. H. unter dem 27.06.2003 (L 96 Seite 19/20 der VA 10.700.954.923) mit, die Erstvorstellung sei am 30.11.1998 aufgrund der Diagnose einer AC-Gelenksarthrose, eines Os acromiale sowie des V.a. Vorliegen eines Lipoms, einer Zyste der rechten Schulter erfolgt. Die morphologischen Veränderungen, wegen der sich der Kläger in seiner Behandlung befunden habe, könnten nicht in Zusammenhang mit dem vom Kläger geschilderten Unfallereignis gebracht werden. Es sei davon auszugehen, dass auch ohne das stattgehabte Unfallereignis eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der rechten Schulter bei Vorliegen der Pathologie eingetreten wäre.

Mit Bescheid vom 07.11.2003 (L 96 Seite 24/25 der VA 10.700.954.923) lehnte die Beklagte den Antrag vom 28.02.2003 wegen des Unfalls vom 25.05.1988 ab. Der Kläger habe sich am 25.05.1988 einen Stromschlag der linken Schulter zugezogen. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Kläger bei Prof. Dr. H. wegen einer Erkrankung der rechten Schulter im Behandlung gestanden habe, die nach dessen Aussage in keinem Ursachenzusammenhang zu dem Unfall stehe. Ein Anspruch auf Rente bestehe deshalb nicht.

Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein (L96 Seite 26 der VA 10.700.954.923). Durch die in seinen Körper eingedrungene und wieder ausgetretene elektrische Energie seien im Nacken- und Schulterbereich Gefäße, Muskel- und Nervengewebe verletzt worden. Auch mit dem linken Ohr habe er Probleme bekommen, wobei sich die anfangs leisen Geräusche im laufe der Jahre zu einem Tinnitus gesteigert hätten. Heute sei er auf dem linken Ohr so gut wie taub. Der erste Tumor habe sich über einen Zeitraum von sechs Jahren entwickelt, die Schmerzen hätten zugenommen. Als erst der zweite Tumor sichtbar geworden seien, hätten sich die Ärzte zu einer Operation entschlossen.

Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. F. vom 19.07.2004 (L 10 S. 2 der VA 10.700.954.923) ein. Das EKG vom 26.05.1988 zeige keine Hinweise auf einen elektrischen Herzmuskelschaden. Eine Verletzung von Gefäßen, Muskel- und Nervengewebe sei ebenso wie ein Tinnitus unfallnah nicht dokumentiert. Die Arthrosebeschwerden der rechten Schulter, der Tumor der rechten Schulter und die Arthrose des Acromioclavikulargelenkes stünden nicht im Zusammenhang mit dem Unfall vom 25.05.1988.

Mit Widerspruchbescheid vom 26.07.2004 (L11 = L96 Seite 37/39 der VA 10.700.954.923) wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.11.2003 wegen des Unfalls vom 25.05.1988 zurück. Dagegen erhob der Kläger zu Sozialgericht Konstanz (SG) Klage (S 6 U 2026/04), die er wieder zurücknahm.

Unter dem 30.01.2007 leitete die Beklagte Ermittlungen zum Vorliegen einer Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) ein. Mit Schreiben vom 20.03.2007 teilte der Kläger mit, die Schwerhörigkeit am linken Ohr sei auf keine Lärmbelästigung zurückzuführen. Er habe auch keinen Tinnitus. Er sei der Überzeugung, dass sein linkes Ohr bei dem erlittenen Starkstromschlag in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Der Strom sei über den linken Arm in seinen Körper ein- und an der rechten Schulter wieder ausgetreten.

Im Auftrag der Beklagten erstattete Dr. P. nach Untersuchung des Klägers am 13.11.2008 das HNO-ärztliche Gutachten vom 05.12.2008 (L32 der VA 10.700.954.923). Die MdE für die Folgen des Stromunfalls vom 25.05.1988 aufgrund der linksseitigen Schwerhörigkeit einschließlich der Ohrgeräusche mit geringen psychischen Nebenerscheinungen sei unter der Voraussetzung, dass der Stromfluss durch das Ohr gelaufen sei, derzeit auf 15 v.H. einzuschätzen. Angesichts der beruflichen Lärmexposition von 90,5 dB über 45 Jahre sei das Entstehen einer Lärmschwerhörigkeit außerdem möglich. Der prozentuale Hörverlust am durch den Unfall nicht geschädigten rechten Ohr betrage 0 Prozent. Dieser Wert müsse im Sinne der Symmetrieregel bezüglich der Lärmanamnese aufs linke Ohr übertragen werden. Die MdE werde somit nicht beeinflusst.

Prof. Dr. R. erstattete das unfallchirurgische Gutachten vom 13.05.2009 (L 48 der VA 10.700.954.923). Die beklagten Beschwerden in der Schulter rechts stünden orthopädisch/traumatologisch in keinem Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit wegen der wesentlich durch den Unfall verursachten Gesundheitsschäden habe bis zum 20.06.1988 bestanden.

Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahmen des HNO-Arztes Dr. K. vom 28.09.2009 und 13.10.2009 (L 56, L 59 der VA 10.700.954.923) ein, der den Eintritt eines durch den Stromunfall erlittenen Gehörschadens für unwahrscheinlich erachtete.

Daraufhin erstattete Prof. Dr. S. B. wegen des Arbeitsunfalls vom 25.05.1988 das HNO-ärztliche Gutachten vom 06.04.2010 (L 76 der VA 10.700.954.923). Dieser stellte beim Kläger eine an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit mit andauerndem Ohrgeräusch links fest. Ein Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 25.05.1988 sei nicht wahrscheinlich zu machen.

Mit Bescheid vom 17.05.2010 (L 21 der VA 10.700.955.944 = L 88 der VA 10.700.954.923 = L 144 der VA 10.700.817.853 = L 61 der VA 10.700.783.042) lehnte die Beklagte eine Rentengewährung wegen des Arbeitsunfalles vom 25.05.1988 ab. Es habe unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit vom 25.05.1988 bis 20.06.1988 bestanden. Unfallfolgen lägen nicht vor.

Am 06.09.1988 fiel der Kläger bei Ausübung seiner versicherten Tätigkeit von einem Gerüst, wobei er sich einen Deckplatteneinbruch an LWK 1 zuzog (Durchgangsarztbericht des Dr. W. vom 06.09.1988, Bericht des Krankenhauses Pfullendorf vom 04.10.1988, L1 S. 1, L7 S. 2 der VA 10.700.954.923).

Unter dem 07.12.1988 (S. 128 der VA 10.918.875.416) teilte der Durchgangsarzt Dr. W.der Beklagten mit, es handele sich um eine weitgehend knöchern konsolidierte LWK-1-Fraktur. Der Kläger klage noch über Schmerzen im Bereich der LWS, auch könne er noch nicht schwer heben. Wegen der Beschwerden und des klinischen Befundes sei eine derzeitige MdE von 20 v.H. angezeigt.

Prof. Dr. Dr. W. erstattete das Erste Rentengutachten vom 05.01.1989 (Bl. 48/51 der Senatsakten L 8 U 938/14 = S. 129/132 der VA 10.918.875.416). Die vom Kläger geschilderten Beschwerden im Bereich des lumbo-sakralen Übergangs seien ursächlich auf degenerative Vorgänge zurückzuführen, die durch das erlittene Trauma eine vorübergehende Verschlechterung erfahren hätten. Vom 21.11.1988 bis 21.05.1989 bestehe eine MdE um 20 v.H. Nach dem 21.05.1989 bestehe eine MdE von 10 v.H.

Mit Bescheid vom 28.03.1989 gewährte die Beklagte dem Kläger für den Unfalltag 06.09.1988 für die Zeit vom 21.11.1988 bis 31.05.1989 eine vorläufige Rente in Form einer Gesamtvergütung nach einer MdE von 20 v.H.

Auch bezüglich des Unfalls vom 06.09.1988 lehnte die Beklagte den Antrag vom 28.02.2003 mit Bescheid vom 07.11.2003 ab. Bei den seinerzeitigen Unfallfolgen habe es sich um eine vorübergehende, nicht richtungsgebende Verschlimmerung gehandelt.

Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein (L2 der VA 10.700.954.503). Dieser Unfall verursache immer wieder Arbeitsausfälle.

Mit Widerspruchbescheid vom 26.07.2004 (L8 der VA 10.700.954.503) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auch dagegen richtete sich die vom Kläger erhobene Klage S 6 U 2026/04.

Im Klageverfahren erstattete Dr. H. das orthopädische Gutachten vom 04.08.2005 (L14 der VA 10.700.954.503). Als Folgen des Arbeitsunfalls vom 06.09.1988 stellte der Gutachter einen Zustand nach stabilem Stauchungsbruch des 1. Lendenwirbels mit leichter Keilwirbeldeformität knöchern solide ausgeheilt ohne sekundäre Komplikationen in Form einer begleitenden Nervenwurzelschädigung, eine Rückenmarksschädigung oder einer mechanischen Instabilität der Wirbelsäule fest. Die verbliebenen subjektiven Beschwerden seien auf unfallunabhängige Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule und sekundäre Funktionsstörungen in diesem Rahmen zurückzuführen.

Auch bezüglich des Unfalls vom 06.09.1988 nahm der Kläger die Klage wieder zurück.

Am 06.01.2003 stürzte die Kläger beim Salzstreuen auf seinem Betriebsgelände auf eisglattem Untergrund auf die rechte Hand.

Prof. Dr. S. teilte unter dem 01.10.2003 (Bl. 59/63 der Senatsakte L8 U 938/14) mit, der Kläger habe am 06.01.2003 eine Handgelenksdistorsion rechts erlitten und beklage subjektiv seither eine belastungs- und bewegungsabhängige Schmerzsymptomatik im rechten Handgelenk. Eine MdE durch die Unfallfolgen bestehe nicht. Unfallunabhängig liege ein Vorschaden des rechten Handgelenks in Form einer Handgelenksarthrose vor.

Mit Bescheid vom 07.11.2003 (Bl. 53/55 der Senatsakten) lehnte die Beklagte auf den Antrag vom 28.02.2003 auch wegen des Arbeitsunfalles vom 06.01.2003 eine Entschädigung ab 06.03.2003 ab. Die ab dem 06.03.2003 noch vorliegenden Beschwerden des rechten Handgelenks seien nicht ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 06.01.2003 zurückzuführen.

Der Kläger legte gegen den Bescheid Widerspruch ein (L1 und L4 der VA 10.700.817.853).

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2004 (L 20 der VA 10.700.817.853) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Dagegen führte der Kläger das Klageverfahren S 6 U 1662/04.

In dem auch für dieses Verfahren erstatteten orthopädischen Gutachten Dr. H. vom 04.08.2005 (L30 der VA 10.700.817.853) stellte der Gutachter keine Folgen des Unfalls vom 06.01.2003 und keine unfallbedingte MdE fest. Eine Arthrose im Radiocarpalgelenk, zystische Degenerationen im Kopfbein und im Griffelfortsatz der Elle sowie Rissbildung im Discus triangularis stünden nicht in einem wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfall vom 06.01.2003.

Die Klage wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 20.03.2006 ab, wogegen der Kläger Berufung zum Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) einlegte (L 10 U 2163/06). Im Auftrag des LSG erstattete PD Dr. K. das unfallchirurgisches Gutachten vom 13.01.2007 (L 47 der VA 10.700.817.853). Beim Kläger liege eine radiocarpale Arthrose und eine scapholunäre Bandverletzung I-II. Grades mit geringer dynamischer Instabilität am rechten Handgelenk vor. Für einen Unfallzusammenhang spreche der Beschwerdeeintritt in engstem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis und die Beschreibung eines geeigneten Unfallmechanismus. Es sei auch denkbar, dass durch den Unfall die Beschwerdesymptomatik in Form einer Aktivierung der Arthrose ausgelöst worden sei.

Im Rahmen eines vor dem LSG in dem Berufungsverfahren geschlossenen Vergleichs stellte die Beklagte fest, dass die bewegungs- und belastungsabhängigen Schmerzen im rechten Handgelenk des Klägers Folge des Arbeitsunfalls vom 06.01.2003 seien, und verpflichtete sich, über die Gewährung weiterer Leistungen ab dem 01.09.2003 unter Beachtung der rechtlichen Vorschriften zu entscheiden.

Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Prof. Dr. K. das unfallchirurgische Gutachten vom 15.09.2009 auf Grund einer Untersuchung des Klägers vom 18.08.2009 (L4, S. 4/9 der VA 10.700.955.944 = L 114 der VA 10.700.817.853). Es bestünden wesentliche Unfallfolgen des Arbeitsunfalles vom 06.01.2003 in Form - einer scapholunären Bandläsion rechtes Handgelenk mit - beginnender posttraumatischer Arthrose radiocarpal, - einer leichten Bewegungseinschränkung rechtes Handgelenk und - einer Kraftminderung rechte Hand. Es bestehe eine MdE um 10 v.H. seit 01.09.2003.

Mit Bescheid vom 19.10.2009 (L4 S.1/3 der VA 10.700.955.944 = L 125 der VA 10.700.817.853 = L 58 der VA 10.700.783.042) lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 06.01.2003 ab. Der Arbeitsunfall habe zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen am rechten Arm in Gestalt einer richtunggebenden Verschlimmerung in Form von Belastungsbeschwerden, Kraftminderung und einer endgradigen Bewegungseinschränkung des Handgelenks geführt. Die MdE betrage zurzeit 10 v.H. Den dagegen eingelegten Widerspruch (L127 der VA 10.700.817.853) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2010 (L 140 der VA 10.700.817.853) zurück.

Wegen der mit Bescheid vom 21.12.2007 als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage 1 zur BKV anerkannten Lärmschwerhörigkeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.11.2009 (L 129 der VA 10.700.817.853 = L 56 der VA 10.700.783.042) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2008 (L53 der VA 10.700.783.042) die Gewährung einer Rente wegen der Folge der Lärmschwerhörigkeit ab.

Die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Berufskrankheiten-Liste (bandscheibendingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.06.2008 (S. 15/18 der VA 10.918.875.416) ab.

Mit Schreiben vom 29.11.2012 (L 24 der VA 10.700.955.944 = L 93 der VA 10.700.954.923 = L 62 der VA 10.700.783.042) stellte der Kläger hinsichtlich der Arbeitsunfälle vom 30.11.1987, 25.05.1988, 06.09.1988 und 06.01.2003 sowie wegen der Berufskrankheiten (BK) Nr. 2108, Nr. 2301, 2102 und 2103 Anträge auf Überprüfung bzw. wegen Verschlimmerung.

Mit Bescheid vom 06.02.2013 (L 63 der VA 10.700.783.042) lehnte die Beklagte eine Überprüfung des Bescheides vom 25.11.2009 (Rentenablehnung wegen BK Lärmschwerhörigkeit) nach § 44 SGB X und einen Antrag auf Verschlimmerung gemäß § 48 SGB X ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2013 (L 81 der VA 10.700.783.042) zurück. Der Bescheid ist nach Klageabweisung im Verfahren S 11 U 2415/13 Gegenstand des Berufungsverfahrens L 8 U 572/14.

Wegen der Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2108 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05.06.2014 (S. 142/143 der VA 10.918.875.416) eine Neufeststellung bzw. Rücknahme gemäß § 44 SGB X bzw. § 48 SGB X bezüglich des Bescheides vom 12.06.2008 ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2015 (S. 155/157 der VA 10.918.875.416) zurück. Der Bescheid ist nach Klageabweisung im Verfahren S 11 U 780/15 Gegenstand des Berufungsverfahrens L 8 U 4098/15.

Auf Anfrage der Beklagten bezüglich der Verschlimmerung der Unfallfolgen des Unfalls vom 30.11.1987 teilte der Kläger mit (Schreiben vom 06.06.2013, L 35 S. 1 der VA 10.700.955.944), es werde das Vorliegen eines Stützrententatbestandes aus Anlass des Unfalls vom 30.11.1987, bei welchem Dreiviertel des Daumens taub und gefühllos verblieben seien, geltend gemacht. Der Kläger sei 1987 im Krankenhaus P. durch Dr. W. am linken Daumen operiert worden. Dr. Wienert habe eine verbliebene MdE um 10 v.H. am linken Daumen festgestellt.

Bezüglich des Arbeitsunfalls vom 25.05.1988 bat der Kläger mit Schreiben vom 06.06.2013 (L 35 S. 2 der VA 10.700.955.944) um Prüfung des Vorliegens eines Stützrententatbestandes aus Anlass des Stromunfalls. Bei diesem Unfall, bei welchem der Kläger eine Granit-Unmaßplatte geschnitten habe, habe er einen Stromschlag erlitten, bei welchem der Strom über den linken Arm in den Körper eingetreten und im rechten Schulterbereich wieder ausgetreten sei. Die Beklagte werde um Überprüfung der aktuellen Unfallfolgen und Erteilung eines rechtsbehelfsfähigen Bescheides gebeten.

Hinsichtlich des Arbeitsunfalls vom 06.09.1988 trug der Kläger mit Schreiben vom 06.06.2013 (L 35 S. 3 der VA 10.700.955.944) vor, er habe sich dabei einen Deckplatteneinbruch zugezogen, die zu einer Verletztenrentengewährung nach einer MdE von 20 v.H. vom 21.11.1988 bis 31.05.1989 geführt habe. Der Deckplatteneinbruch sei operativ nicht zu beheben und habe auch nicht ausheilen können. Durch die eingetretene Verengung seien Nerven, insbesondere der Ischiasnerv, in Mitleidenschaft gezogen worden. Dies habe bei Wiederaufnahme der Arbeit nicht nur Rückenschmerzen, sondern bis in die Knie hineinstrahlende Schmerzen verursacht. Das Vorliegen eines Stützrententatbestandes werde geltend gemacht und um Prüfung gebeten, wie hoch die MdE aktuell zu veranschlagen sei.

Wegen des Arbeitsunfalls vom 06.01.2003 führte der Kläger aus (Schreiben vom 06.06.2013, L 35 S. 5 der VA 10.700.955.944), er sei dabei auf sein rechtes Handgelenk gestürzt. Die schwere Handverletzung habe zur endgültigen Betriebsaufgabe am 31.10.2004 im Alter von lediglich 58 Jahren geführt. Es werde um eine Überprüfung des Ablehnungsbescheides vom 19.10.2009 gebeten, da eine rentenberechtigende MdE verblieben sein dürfte. Hilfsweise werde das Vorliegen eines Stützrententatbestandes aus Anlass der weiteren Versicherungsfälle geltend gemacht.

Mit Bescheiden vom 17.06.2013 (L36 der VA 10.700.955.944, L98 der VA 10.700.954.923, L39 der VA 10.700.954.503, L193 der VA 10.700.817.853) lehnte die Beklagte wegen des Arbeitsunfalls vom 30.11.1987 die Rücknahme oder Aufhebung des Bescheides vom 19.04.2010 gemäß § 44 SGB X oder § 48 SGB X, hinsichtlich des Arbeitsunfalls vom 25.05.1988 die Rücknahme oder Aufhebung des Bescheides vom 17.05.2010, hinsichtlich des Arbeitsunfalles vom 06.09.1988 die Rücknahme oder Aufhebung des Bescheides vom 07.11.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2004 sowie hinsichtlich des Arbeitsunfalls vom 06.01.2003 die Rücknahme oder Aufhebung des Bescheides vom 19.10.2009 ab.

Gegen die Bescheide vom 17.06.2013 legte der Kläger am 17.07.2013 Widerspruch ein (L38 der VA 10.700.955.944, L195 der VA 10.700.817.853).

Mit Widerspruchsbescheiden vom 16.10.2013 (L43 und L106 der VA 10.700.955.944, L203 der VA 10.700.817.853, L43 der VA 10.700.954.503) wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 17.06.2013 zurück.

Gegen die Bescheide vom 17.06.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16.10.2013 erhob der Kläger am 18.11.2013 jeweils Klage zum SG (S 11 U 2856/13, S 11 U 2857/13, S 11 U 2858/13, S 11 U 2859/13).

Das SG verband mit Beschluss vom 02.01.2014 die Rechtsstreitigkeiten S 11 U 2856/13, S 11 U 2857/13, S 11 U 2858/13 und S 11 U 2859/13 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 11 U 2856/13.

Mit Gerichtsbescheid vom 20.01.2014 wies das SG die Klagen ab. Die Folgen des Vorfalles vom 25.05.1988, des Arbeitsunfalles vom 30.11.1987, des Arbeitsunfalls vom 06.09.1988 und des Arbeitsunfalles vom 06.01.2003 bedingten jeweils keine rentenberechtigende MdE.

Am 24.02.2014 hat der Kläger gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 24.01.2014 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung zum LSG eingelegt (L 8 U 938/14). Die körperliche Hinfälligkeit des Klägers basiere einzig und allein auf erlittenen Arbeitsunfällen in Ausübung seines Berufes als Steinmetz- und Steinbildhauermeister im eigenen Betrieb als mitarbeitender Betriebsinhaber. Von Dezember 1998 bis 01.09.1999 habe der Betrieb stillgestanden. Nach abgeschlossener ambulanter Reha habe er sich nicht mehr in der Lage gesehen, den Steinmetzbetrieb weiterzuführen, dieser habe aufgegeben werden müssen. Ab dem 01.09.1999 habe er nur noch das Grabsteingeschäft weitergeführt. Nach der Schulteroperation seien immer wieder Schwindelanfälle aufgetreten, die einhergegangen seien mit starken Schweißausbrüchen und Hustenanfällen bis hin zum Erbrechen. Nach dem Sturz auf das Handgelenk bei dem Unfall am 06.01.2003 habe er auch das Grabsteingeschäft aufgeben müssen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid vom 20.01.2014 und die Bescheide vom 17.06.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16.10.2013 sowie den Bescheid vom 19.04.2010 wegen des Arbeitsunfalls vom 30.11.1987, den Bescheid vom 17.05.2010 wegen des Arbeitsunfalls vom 25.05.1988, den Bescheid vom 07.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2004 wegen des Arbeitsunfalls vom 06.09.1988 und den Bescheid vom 19.10.2009 wegen des Arbeitsunfalls vom 06.01.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Verletztenrente bei Stützsituation zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf neun Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und nach § 151 SGG auch insgesamt zulässig, jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klagen mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 20.01.2014 zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 17.06.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16.10.2013 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme der Bescheide vom 19.04.2010 (Arbeitsunfall vom 30.11.1987), vom 17.05.2010 (Arbeitsunfall vom 25.05.1988), vom 07.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2004 (Arbeitsunfall vom 06.09.1988) und des Bescheides vom 19.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2010 (Arbeitsunfall vom 06.01.2003) und Gewährung einer Verletztenrente. Darüber hinaus steht dem Kläger auch keine Verletztenrente aufgrund einer Neufeststellung der MdE zu.

Soweit der Kläger sich neben einer Überprüfung bestandskräftiger Bescheide nach § 44 SGB X auf eine Verschlimmerung bzw. auf Wiedererkrankung beruft, zielen die Anträge insoweit auf die Geltendmachung eine Verletztenrente in Folge von nach Erlass der bestandskräftigen Ablehnungsentscheidungen eingetretenen Änderungen in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden danach zutreffend über die Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X als auch über die Neufeststellung entschieden. Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist hinsichtlich aller Begehren die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG oder nach Wahl des Versicherten kombiniert mit der Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R). Einer zusätzlichen Verpflichtungsklage, mit der die Beklagte verpflichtet werden soll, ihren früheren, dem Anspruch entgegenstehenden Bescheid selbst aufzuheben, bedarf es in einem Gerichtsverfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsakts nach § 44 SGB X nicht. Es kann deshalb mit der Anfechtungsklage gegen den eine Zugunstenentscheidung ablehnenden Bescheid zugleich die Aufhebung des früheren, dem Klageanspruch entgegenstehenden (Ausgangs-)Bescheides unmittelbar durch das Gericht verlangt werden (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.01.2013 – L 8 U 4645/11, juris).

Bezüglich der begehrten Rücknahme der bestandskräftigen Ablehnungsbescheide vom 19.04.2010 (Arbeitsunfall vom 30.11.1987), vom 17.05.2010 (Arbeitsunfall vom 25.05.1988), vom 07.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2004 (Arbeitsunfall vom 06.09.1988) und des Bescheides vom 19.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2010 (Arbeitsunfall vom 06.01.2003) ist Rechtsgrundlage § 44 SGB X.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 24). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr. 29). Auch wenn der Versicherte schon wiederholt Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gestellt hat, darf die Verwaltung einen erneuten Antrag nicht ohne Rücksicht auf die wirkliche Sach- und Rechtslage zurückweisen. Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss sie in eine erneute Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18 m. w. H.). Dabei ist innerhalb des Zugunstenverfahrens maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des zur Überprüfung gestellten Bescheides der Zeitpunkt seines Erlasses (vgl. Schütze, in: v. Wulffen, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 44, RdNr. 24 i.V.m. RdNr. 9). Zur Beurteilung der Fehlerhaftigkeit des streitgegenständlichen Bescheids kommt es im Übrigen nicht auf den Stand der Erkenntnis bei Erlass, sondern bei Überprüfung an. Erforderlich ist dazu eine rückschauende Betrachtungsweise im Lichte einer - eventuell geläuterten - Rechtsauffassung zu der bei Erlass des zu überprüfenden Verwaltungsaktes geltenden Sach- und Rechtslage. In diesem Sinne beurteilt sich die Rechtswidrigkeit nach der damaligen Sach- und Rechtslage aus heutiger Sicht (vgl. Schütze, a.a.O., RdNr. 10 m.w.N.).

Bezüglich der geltend gemachten Verschlimmerung der Gesundheitsstörungen ist Rechtsgrundlage für dieses Begehren – entgegen der Annahme des Klägers insbesondere im Schreiben vom 29.11.2012 und der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden – nicht § 48 SGB X, wonach ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Die Vorschrift des § 48 SGB X ist hier nicht anwendbar, da es sich bei den mit den Bescheiden vom 19.04.2010, vom 17.05.2010, vom 07.11.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2004 und vom 19.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2010 ausgesprochenen Rentenablehnung nicht um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung handelt (Steinwedel, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 89. EL 03/2016, § 45 SGB X, Rn. 216; Schütze von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 45 Rn. 65). Vielmehr ist das Begehren des Klägers nach den Grundsätzen eines Erstantrags zu bewerten.

Für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen bzw. zu überprüfenden Bescheide kommen, da die Arbeitsunfälle in den Jahren 1987 und 1988 vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 01.01.1997 zu beurteilen sind, teilweise noch die bis 31.12.1996 geltenden Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung (RVO) zur Anwendung, da das SGB VII nach seinem § 212 nur für Versicherungsfälle nach seinem Inkrafttreten gilt, soweit der Ausnahmefall des § 214 Abs. 3 SGB VII, dass die Rente erstmals nach dem 31.12.1996 festzusetzen war, nicht vorliegt. Leistungen sind in diesem Sinne zu dem Zeitpunkt "erstmals festzusetzen", zu dem die Voraussetzungen des jeweiligen Anspruchs erfüllt sind; unerheblich ist, wann der entsprechende Verwaltungsakt ergeht (BSG, Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 3/10 R). Damit verbleibt es bei der Anwendung der RVO, wenn vor der Einführung des SGB VII nicht nur ein Versicherungsfall eintrat, sondern auch ein Leistungsrecht entstanden war; entsteht das Leistungsrecht erst nach dem 31.12.1996 gilt das Recht des SGB VII (BSG, a.a.O.). Wesentliche voneinander abweichende Maßstäbe ergeben sich daraus für den vorliegenden Fall allerdings nicht.

Das bis zum 31.12.1996 geltenden Recht sieht die Gewährung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe vor, wenn und solange ein Verletzter infolge des Arbeitsunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit um wenigstens ein Fünftel gemindert ist und diese Minderung der Erwerbsfähigkeit über die 13. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus andauert (§ 580 Abs. 1 RVO). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch einen früheren Versicherungsfall Anspruch auf Rente (§ 581 Abs. 3 Satz 1 RVO).

Nach § 56 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (Stützrententatbestand).

Die Folgen eines Arbeitsunfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 581 Abs. 3 Satz 2 RVO, § 56 Abs. 1 SGB VII).

Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils Rn. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, BSGE 96, 196m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (vgl. u.a. BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4, Rn. 16 m.w.N.; BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 14, Rn. 9 m.w.N.; BSG, UV-Recht Aktuell 2012, 412; BSG, NZS 2012, 151; BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4111 Nr. 3 sowie BSG vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R, juris).

Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 Rdnr. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112).

Insgesamt wäre dem Kläger danach ein Rente zu gewähren, wenn bei ihm zum Zeitpunkt des Erlasses einer der nach § 44 SGB X zu überprüfenden Bescheide eine MdE von wenigstens 20 v.H. aufgrund der Folgen eines Arbeitsunfalles oder auf Grund der Folgen mehrerer Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten zusammen vorlag, was voraussetzt, dass mindestens zwei Versicherungsfälle eine MdE um 10 bedingen, oder aufgrund von nach Erlass dieser Bescheide eingetretener Verschlimmerungen der Unfallfolgen eine entsprechende MdE vorliegt. Dies ist beim Kläger jedoch nicht festzustellen.

Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; BSG Urteil vom 22.06.2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1). Die Erfahrungswerte bilden in der Regel die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet, die aber nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 23 und 27; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8; BSG Urteil vom 18.03.2003 - B 2 U 31/02 R -; BSGE 93, 63 = SozR 4-2700 § 56 Nr. 1; Burchardt in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, Stand 2005, § 56 RdNr 71). Die Feststellung der Höhe der MdE als tatsächliche Feststellung erfordert stets die Würdigung der hierfür notwendigen Beweismittel im Rahmen freier richterlicher Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG (BSG, Urteil vom 13.09.2005 - B 2 U 4/04 R - veröffentlicht in juris m. H. auf BSG, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8; Urteil vom 18.03.2003 a.a.O.).

Die unfallmedizinischen Bewertungsgrundsätze sind als Grundlage für die gleiche und gerechte Bewertung in allen Parallelfällen heranzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, a.a.O.), denn diese allgemein anerkannten arbeitsmedizinischen Erfahrungssätze bewirken nach dem grundgesetzlichen Gleichbehandlungsgebot über die daraus folgende Selbstbindung der Verwaltung die gebotene Gleichbehandlung aller Versicherten in allen Zweigen der gesetzlichen Unfallversicherung. Abweichungen von den zulässigerweise pauschalisierten Bewertungskriterien sind rechtlich nur dann geboten, wenn die zu bewertende funktionelle Beeinträchtigung des verletzten Organs von dem in der versicherungsrechtlichen und unfallmedizinischen Literatur vorgegebenen, einschlägigen Bewertungsansatz nicht oder nicht vollständig erfasst wird (vgl. Senatsurteil vom 25.10.2013 - L 8 U 2828/12, Juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de).

Die beim Kläger vorliegenden Unfallfolgen im Bereich des rechten Handgelenks aufgrund des von der Beklagten als Arbeitsunfall anerkannten Sturzes vom 06.01.2003 bedingen keine höhere als die von der Beklagten im Bescheid vom 19.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2010 anerkannte MdE um 10 v.H. Nach Verletzungen des Handgelenks richtet sich die MdE nach der unfallmedizinischen Literatur vorwiegend nach den Bewegungsausmaßen im Handgelenk im Vergleich zur unverletzten Hand (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 543). Eine MdE von 10 ist insbesondere anzunehmen nach einem Speichenbruch mit Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenksbewegungen um insgesamt 40°. Eine MdE um 20 bis 30 v.H. ist erst bei Einschränkungen der Handgelenksbewegungen um insgesamt 80° gerechtfertigt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 544; Kranig in: Hauck/Noftz, SGB, 09/10, § 56 SGB VII, Rn. 70; Nehls in: Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, 06/14, US 0500, S. 46). Erfasst werden nach allgemeiner Übereinkunft in diesen Bewertungsansätzen die mit dem Grad der Bewegungseinschränkung üblicherweise verbundenen Schmerzen und die damit typischerweise einhergehende Kraftminderung. Nach dem Gutachten des Prof. Dr. K. vom 15.09.2009 liegt eine die Handgelenksbeweglichkeit für handrückenwärts/hohlhandwärts 50/0/40° rechts gegenüber 60/0/50° links und für ellenwärts/speichenwärts 20/0/20° rechts gegenüber 30/0/20° links vor. Nach dem Gutachten des PD Dr. M. vom 22.02.2010 ist die Handgelenksbeweglichkeit gegenüber dem Gutachten des Prof. Dr. K. unverändert. Eine Abweichung der Beweglichkeit von insgesamt 40° ist danach beim Kläger nicht festzustellen. Auch wenn – vor dem Hintergrund, dass der Kläger im Bereich des linken Handgelenks 1995 eine Fraktur erlitten hatte – zum Vergleich auf die Normalwerte der Handgelenksbeweglichkeit von handrückenwärts/hohlhandwärts 35-60/0/50-60° und speichenwärts/ellenwärts 25-30/0/30-40° abgestellt wird, liegt beim Kläger eine Beweglichkeitseinschränkung von insgesamt 40° nicht vor. Auch unter Berücksichtigung von Belastungsbeschwerden und der von Prof. Dr. K. wie auch PD Dr. M. festgestellten Kraftminderung der rechten Hand ergibt sich somit keine höhere MdE als 10. Selbst wenn eine scapholunäre Bandläsion des rechten Handgelenks mit beginnender posttraumatische Arthrose radiocarpal als Unfallfolge zu berücksichtigen wäre, ergibt sich daraus keine höhere MdE, da allein aus der Diagnose einer Arthrose noch keine Beeinträchtigung folgt. Eine MdE von 10 entspricht auch der Einschätzung des Prof. Dr. K., welcher eine posttraumatische Arthrose radiocarpal als Unfallfolge angesehen hat. Zur Zeit des Erlasses des Bescheides vom 19.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2010 lässt sich danach eine höhere MdE als 10 nicht feststellen. Der Eintritt einer Verschlimmerung ist nicht ersichtlich. Soweit der Kläger im Schreiben vom 29.11.2012 geltend gemacht hat, das Handgelenk schwelle noch immer an, ergibt sich daraus kein Hinweis auf das Bestehen von über die bereits mit einer MdE von 10 berücksichtigte geringe Bewegungseinschränkung mit Belastungsbeschwerden und Kraftminderung hinausgehenden Beeinträchtigungen. Im Schreiben vom 06.06.2013 hat der Kläger auch keine Verschlimmerung der Unfallfolgen nach Ergehen des Ablehnungsbescheides vom 19.10.2009 mehr geltend gemacht. Die Aufgabe des Grabsteingeschäftes durch den Kläger nach dem Sturz auf das Handgelenk bietet ebenfalls keinen Hinweis auf den Eintritt einer Verschlimmerung, zumal die Geschäftsaufgabe bereits mehrere Jahre vor der MdE-Bewertung mit 10 mit Bescheid vom 19.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2010 lag und die bis dahin eingetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen damit bereits erfasst sind.

Aufgrund der weiteren Arbeitsunfälle ist keine MdE von wenigstens 10 v.H. festzustellen.

Nach dem Arbeitsunfall vom 30.11.1987 ist die Endgliedfraktur des linken Daumens knöchern fest verheilt. Infolge des Arbeitsunfalls besteht noch eine Hyposensibilität im Bereich der Daumenkuppe und eine Bewegungseinschränkung. Die Bewertung der MdE nach Verletzungen der Finger erfolgt im Wege des Vergleichs der Verletzungen mit dem jeweiligen Finger(teil)verlust (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 565). Eine MdE von 10 v.H. ist beispielsweise vorgesehen bei Verlust nur des Daumens im Endglied oder auch bei Verlust des Daumens und eines weiteren Fingers jeweils im Endglied sowie bei Verlust des Daumens und des Mittel- und Kleinfingers jeweils im Endglied (Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O., S. 565-567). Nach dem Gutachten des PD Dr. M. besteht beim Kläger beugeseitig am gesamten Endglied des linken Daumens eine Hyposensibilität. Insbesondere waren eine Spitz-/Stumpf-Diskriminierung sowie eine suffiziente Zwei-Punkte-Diskriminierung nicht möglich. Darüber hinaus fand sich die Beweglichkeit des Daumens im Endgelenkes gegenüber der rechten Hand um 20° auf eine Beugefähigkeit von 50° verringert. Faustschluss, Spitz- und Kraftgriff konnten demonstriert werden. Die Funktionsfähigkeit des Daumens ist damit weitgehend erhalten und kommt einem Verlust mindestens des Daumens im Endglied nicht gleich. Anders als seitens des Klägers ausgeführt, hat auch Dr. W. in der Mitteilung vom 01.02.1988 über die Beendigung der ambulanten Behandlung (L 33 S. 5 der VA 10.700.955.944) die MdE auf unter 10 v.H. eingeschätzt. Eine MdE von wenigstens 10 v.H. liegt damit nicht vor. Auch der Eintritt einer relevanten Verschlimmerung kann nicht festgestellt werden. Dass eine Verschlimmerung eingetreten ist, kann den Ausführungen des Klägers nicht entnommen werden. Das Bestehen von Gefühllosigkeit bzw. eines Taubheitsgefühls ist nach Vorstehendem nicht geeignet, eine MdE von wenigstens 10 v.H. zu begründen. Weitergehende Beeinträchtigungen hat der Kläger diesbezüglich nicht vorgetragen.

Unfallfolgen aufgrund des Arbeitsunfalls vom 25.05.1988 bedingen keine MdE um wenigstens 10 v.H. Das Bestehen von Unfallfolgen kann nicht festgestellt werden. Nach dem Durchgangsarztbericht des Dr. W. vom 25.05.1988 fand sich im Bereich der linken Schulter nach dem Arbeitsunfall kein Hinweis auf eine frische knöcherne Verletzung. Zwar hat der Kläger im Rahmen der ambulanten Wiedervorstellung am 26.05.1988 (Nachschaubericht vom 27.05.1988) über sehr starke Schmerzen in der linken Schulter geklagt. Dem Bericht des Dr. W. über die Entlassung des Klägers aus der ambulanten Behandlung am 20.06.1988 (L 96 S. 4 der VA 10.700.954.923) ist das Zurückbleiben weiterer Beschwerden nicht zu entnehmen, wobei die MdE mit unter 10 v.H. eingeschätzt wurde. Auch Prof. Dr. R. geht im Gutachten vom 13.05.2009 davon aus, dass der Kläger nach Abschluss der Behandlung der vom Stromschlag betroffenen linken Schulter nicht mehr über Restbeschwerden berichtet hat. Soweit Prof. Dr. R. eine endgradige Bewegungseinschränkung auch im linken Schultergelenk festgestellt hat, ist diese nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 25.05.1988 zurückzuführen. Gegen einen Zusammenhang spricht schon das Fehlen einer über das Bestehen von Schmerzen hinausgehenden Verletzung im Bereich der linken Schulter unmittelbar nach dem Unfall. Der Gutachter Prof. Dr. R. hat die verminderte Beweglichkeit im Bereich des linken Schultergelenks auf Verschleißerscheinungen zurückgeführt, da bereits 1998 (jedenfalls für das rechte Schultergelenk) eine AC-Gelenksarthrose nachgewiesen war. Selbst wenn die Beeinträchtigungen im Bereich der linken Schulter in einem Ursachenzusammenhang mit dem Unfall vom 25.05.1988 stünden, würden sie keine MdE von wenigstens 10 v.H. bedingen. Eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes rechtfertigt erst bei einer auf 120° eingeschränkten Armhebung eine MdE von 10 v.H. (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 523). Nach dem Gutachten des Prof. Dr. R. war eine Armhebung des linken Armes vorwärts wie seitwärts bis 140° möglich. Nach dem Gutachten des PD Dr. M. 22.02.2010 war die Schulterbeweglichkeit uneingeschränkt. MdE-relevante Beeinträchtigungen im Bereich der linken Schulter liegen damit nicht vor. Der Kläger hat insoweit auch keine Beeinträchtigungen geltend gemacht.

Die Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten Schulter sind nicht als Folge des Arbeitsunfalls vom 25.05.1988 festzustellen. Dass die Beschwerden im Bereich der rechten Schulter auf den Unfall vom 25.05.1988 zurückzuführen wären, wurde ärztlich nicht bestätigt. Prof. Dr. H. hat in seiner Auskunft vom 27.06.2003 zwar eine Einschätzung hinsichtlich des Bestehens einer MdE um 20 v.H. wegen der Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten Schulter mitgeteilt. Zugleich hat er jedoch angegeben, dass die von ihm behandelten Erkrankungen im Bereich der rechten Schulter, d.h. AC-Gelenksarthrose, Os acromiale, V.a. Vorliegen eines Lipoms bzw. einer Zyste der rechten Schulter nicht in einen Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 25.05.1988 zu bringen seien, sondern eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Auch der Gutachter Prof. Dr. R. hat keinen Zusammenhang der Schulterbeschwerden rechts mit dem erlittenen Stromschlag, welcher das linke Schulter betraf, gesehen. Auch ergeben sich für den Senat im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerden im Bereich der rechten Schulter hinreichend wahrscheinlich auf den Unfall vom 27.05.1988 zurückzuführen sein könnten. Weder in der Unfallanzeige des Klägers vom 30.05.1988 (L 96 Seite 1 der VA 10.700.954.923) noch in dem Durchgangsarztbericht vom Unfalltag 25.05.1988 des Dr. W. und im Nachschaubericht vom 27.05.1988 des Dr. W. sind Beschwerden der rechten Schulter dokumentiert. Erstmals hat Prof. Dr. H. über eine Vorstellung des Klägers wegen Beschwerden der rechten Schulter berichtet. Nach seinem Bericht vom 27.06.2003 bestanden beim Kläger im Bereich der rechten Schulter ein Lipom (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 266. Aufl. 2014: Benigne, langsam wachsende Fettgewebeneubildung) bzw. ein großzystisches Lymphangiom (Pschyrembel: vaskuläre Malformation, d.h. angeborene vaskuläre Anomalie, der Lymphgefäße) und ein Os acromiale (Pschyrembel: Selten vorkommende Fehlbildung durch Anlage eines zusätzlichen Ossifikationskerns unterschiedlicher Ausdehnung am Akromion), welche operativ therapiert wurden, sowie eine AC-Gelenksarthrose. Demnach bestehen beim Kläger degenerative und anlagebedingte Gesundheitsstörungen, so dass auch die Einschätzung des Prof. Dr. H., dass die Beschwerden der rechten Schulter nicht unfallbedingt sind, für den Senat überzeugend ist. Auch Prof. Dr. B. hat darauf hingewiesen, dass ein Lipom nie unfall- oder verletzungsbedingt sei. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass Unfallfolgen im Bereich der rechten Schulter bestehen, ist danach nicht gegeben.

Die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit und ein Tinnitus des linken Ohres sind ebenso nicht als Folge des Arbeitsunfalls vom 25.05.1988 festzustellen. Die beim Kläger am linken Ohr bestehende Schwerhörigkeit ist progredient, wie von Dr. P. im Bericht vom 06.02.2007 (L 18 S. 3 der VA 10.700.954.923) angegeben, was nach den Tonaudiogrammen des Dr. P. vom 16.11.1998 (L 18 S. 4 der VA 10.700.954.923), 22.01.2004 (L 18 S. 12 der VA 10.700.954.923), 06.06.2006 (L 18 S. 6 der VA 10.700.954.923), 16.04.2007 (L 18 S. 8 der VA 10.700.954.923) und vom 13.11.2008 (L 32 S. 3 der VA 10.700.954.923) auch nachvollziehbar ist. Nach dem Gutachten des Dr. P. vom 05.12.2008 hat auch der Kläger selbst eine progrediente Schwerhörigkeit links mit Tinnitus berichtet. Nach dem Unfall vom 25.05.1988 hat der Kläger ausweislich seiner Unfallanzeige vom 30.05.1988 (L 96 Seite 1 der VA 10.700.954.923), des Durchgangsarztberichts vom Unfalltag 25.05.1988 des Dr. W. und des Nachschauberichts vom 27.05.1988 des Dr. W. Beeinträchtigungen im Bereich des linken Ohres noch nicht angegeben. Zwar hat Dr. P. im Gutachten vom 05.12.2008 ausgeführt, dass sich beim Kläger im Bereich des linken Ohres Veränderungen zeigten, die im Zusammenhang mit dem Stromunfall vom 25.05.1988 gesehen werden könnten. Allerdings hat Prof. Dr. B. dargestellt, dass zwar hochenergetischer Strom, der durch das Innenohr laufe, zu Gehörschäden oder Vestibularisschäden führen könne, indem es durch die Einwirkung des Stromes zu Nekrosen im Bereich der feinen Mikrostruktur des Innenohres, insbesondere der Haarzellen, kommen könne. Nicht erklärbar sei jedoch, warum erst einige Zeit (10 Jahre) nach dem Unfall eine Schwerhörigkeit auftreten solle und diese dann später progredient sei, was gegen einen Zusammenhang spreche, weshalb sich Prof. Dr. B. der Einschätzung des Beratungsarztes Dr. K. angeschlossen hat. Dr. K. hat in der Stellungnahme vom 13.10.2009 darauf hingewiesen, dass bei Feldmann im Kapitel "Elektrounfälle" von einer progredienten Hörschädigung nichts zu lesen ist (vgl. Feldmann/Brusis, Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohren-Arztes, 7. Aufl. 2012, S. 336-338). Als Ursache eines Tinnitus benennen Feldmann/Brusis (a.a.O. S. 337) zudem einen bei Blitzschlägen entstehenden enormen Schallpegel bis 150 dB, wohingegen für den Unfall des Klägers das Auftreten eines entsprechenden Schallpegels nicht ersichtlich ist. Eine Erklärung für das Entstehen der Hörstörung erst mehrere Jahre nach dem angeschuldigten Ereignis lässt sich auch dem Gutachten des Dr. P. nicht entnehmen. Der Beratungsarzt Dr. K. erachtet in der Stellungnahme vom 28.09.2009 das Vorliegen eines akuten ideopatischen (also endogenen) Hörsturzes, welcher in der Regel mit den gleichen Symptomen einhergeht, für wahrscheinlich. Auch Prof. Dr. B. ist nach der Auswertung des Krankheitsverlaufes zu der Einschätzung gelangt, dass beim Kläger eine progrediente endogene Schwerhörigkeit vorliegt. Danach spricht jedenfalls mehr gegen als für einen ursächlichen Zusammenhang einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit und eines Tinnitus des linken Ohres mit dem Arbeitsunfall vom 25.05.1988.

Auch Unfallfolgen aufgrund des Arbeitsunfalls vom 06.09.1988 bedingen keine MdE um 10 v.H. Der Kläger hat bei dem Unfall einen Deckplatteneinbruch am ersten Lendenwirbelkörper erlitten. Nach der unfallmedizinischen Literatur bedingen isolierte Wirbelkörperbrüche ohne Bandscheibenbeteiligung eine MdE unter 10 v.H. Auch ein Wirbelkörperbruch mit Bandscheibenbeteiligung der Fallgruppe 1 (stabil) bedingt nur eine MdE unter 10 v.H. (Nehls a.a.O., S. 42; Schönberger, Mehrtens, Valentin a.a.O., S. 442). Nach dem Gutachten des Dr. H. vom 04.08.2005 handelte es sich bei der am 06.09.1988 erlittenen Verletzung um eine stabile Sinterungsfraktur des 1. Lendenwirbelkörpers ohne objektivierbare neurologische Ausfallerscheinungen. Nach dem Gutachten ist die Fraktur mit leichter Keilbildung solide ausgeheilt ohne sekundäre Komplikationen in Form einer begleitenden Nervenwurzelschädigung, einer Rückenmarkschädigung oder einer mechanischen Instabilität der Wirbelsäule. Dem entspricht der vom Gutachter erhobenen Befund, wonach sich bis auf vom Kläger subjektiv angegebene Gefühlsstörungen im Bereich der Zehen keine weiteren neurologischen Auffälligkeiten fanden, Muskulatur und grobe Kraft intakt waren und Nervendehnungszeichen nicht bestanden. Wesentliche Folgen des Unfalls sind danach nicht mehr festzustellen. Die bestehenden Beschwerden in Form von Rückenschmerzen bei vermehrter Belastung führt der Gutachter auf unfallunabhängige Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule und sekundäre Funktionsstörungen in diesem Rahmen zurück. Dies wird gestützt durch den Bericht des Radiologen Dr. N. vom 24.04.2008 (S. 104 der VA 10.918.875.416), wonach eine ältere Deckplattenimpressionsfraktur des LWK 1 mit geringer Höhenminderung nachzuweisen ist und ein multidegeneratives LWS-Syndrom vorliegt, sich hinsichtlich der LWK 1-Deckplattenfraktur nach den Ausführungen des Beratungsarztes Dr. F. vom 23.05.2008 dagegen ein gut verheilter Restzustand zeigt und keine Formveränderung des LWK 1 eingetreten ist. Das Bestehen degenerative Veränderungen ergibt sich ebenso aus dem Bericht des Dr. S. vom 04.04.2008 (S. 75 der VA 10.918.875.416), wonach sich röntgenologisch spondylotische und osteochondrotische Erscheinungen im Bereich der Lendenwirbelsäule zeigen. Nach dem Gutachten des Dr. H. zeigten bereits Röntgenaufnahmen der LWS vom 06.09.1988 eine mäßige bis fortgeschrittene Spondylochondrose L4/5 und L5/S1 bzw. eine fortgeschrittene Spondylochondrose TH 11/12 und L3/4 bis L5/S1, so dass das Vorbestehen unfallunabhängiger Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule festzustellen ist. Bereits Prof. Dr. W. hat im Gutachten vom 16.12.1988 die Deckplattenimpressionsfraktur des LWK 1 als knöchern konsolidiert beschrieben und die vom Kläger geschilderten Beschwerden ursächlich auf degenerative Veränderungen zurückgeführt. Zudem bestanden beim Kläger nach dem Gutachten bereits vor dem Unfall vom 06.09.1988 ein Dauerschmerz der unteren Lendenwirbelsäule teilweise mit Ausstrahlung in Richtung Brustwirbelsäule und Nackenregion sowie nach besonderen mechanischen Belastungen zusätzlich intermittierende ausstrahlenden Beschwerden in die Beine, welche über viele Jahre regelmäßig teils physiotherapeutisch, teils ärztlich ambulant behandelt worden sind. Vor diesem Hintergrund ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Verursachung der noch auftretenden belastungsabhängigen Rückenschmerzen durch das Unfallereignis vom 06.09.1988 nicht festzustellen. Die Behauptung des Klägers, der Deckplatteneinbruch habe nicht ausheilen können und Nerven, insbesondere den Ischiasnerv in Mitleidenschaft gezogen, ist nach den Feststellungen des Dr. H. nicht nachvollziehbar. Anhaltspunkte für eine fehlende Ausheilung und Nervenverletzungen ergeben sich auch nicht aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen. Der Kläger hat auch keine Befunde vorgelegt, die seinen eigenen Vortrag unterstützen, und auch keinen Arzt, der entsprechende Feststellungen bestätigen könnte, benannt.

Nach alledem ist lediglich aufgrund des Arbeitsunfalles vom 06.01.2003 eine MdE von 10 festzustellen. Eine rentenberechtigende MdE von 20 v.H. wegen eines Stützrententatbestandes lässt sich auch nicht aus dem Vorliegen einer Berufskrankheit, welche eine MdE von wenigstens 10 v.H. begründen würde, herleiten. Diesbezüglich wird wegen der Berufskrankheit Nr. 2301 der Anlage 1 zur BKV (Lärmschwerhörigkeit) auf das Urteil des Senat vom 22.07.2016 im Verfahren L 8 U 572/14 und wegen der Berufskrankheit Nr. 2108 der Anlage 1 zu BKV (bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule) auf das Urteil des Senat vom 22.07.2016 im Verfahren L 8 U 4098/15 Bezug genommen.

Beim Kläger bestand und besteht danach insgesamt keine höhere MdE als 10 v.H. Einen Anspruch auf Verletztenrente hat der Kläger somit nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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