Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 3204/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2836/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Juni 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die 1965 geborene Klägerin ist kroatische Staatsangehörige. Sie hat keinen Beruf erlernt und zog am 15. August 1981 nach Deutschland. Zuletzt war sie als Fließbandarbeiterin in einer Kunststoffspritzerei versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem im August 2006 die Diagnose eines Ovarial-Karzinoms gestellt wurde, war sie arbeitsunfähig krank. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 ist anerkannt. Seit 1. April 2008 war die Klägerin arbeitslos gemeldet ohne Leistungsbezug.
Vom 23. Februar 2007 bis 16. März 2007 nahm die Klägerin an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation teil. Im Entlassungsbericht vom 23. März 2007 werden folgende Diagnosen genannt: bösartige Neubildung des Ovars, Unwohlsein und Ermüdung und sonstige näher bezeichnete Bandscheibendegeneration. Die Klägerin wurde bei persistierendem deutlichem Fatigue-Syndrom als Folge der Chemotherapie zunächst weiterhin arbeitsunfähig entlassen. Mit einer Besserung könne mittelfristig gerechnet werden. Im Falle der zu erwartenden Besserung könne mit der Wiedererlangung eines vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten gerechnet werden. Auch eine Rückkehr an den letzten Arbeitsplatz erscheine möglich. Für Tätigkeiten in häufig gebückter Stellung, in Zwangshaltungen sowie für das Heben und Tragen von Lasten oberhalb von 10 kg sei die Klägerin aufgrund des Bandscheibenschadens nicht mehr geeignet. Am 27. Oktober 2008 beantragte die Klägerin erstmals die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Auf Veranlassung der Beklagten wurde die Klägerin durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. sozialmedizinisch begutachtet. In seinem Gutachten vom 12. Februar 2009 teilte er mit, bei der Klägerin lägen multiple Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden, jedoch klinisch ohne Hinweis auf assoziierte neurologische Ausfälle vor. Es bestehe mit Wahrscheinlichkeit eine leicht histrionische Persönlichkeitsakzentuierung sowie eine Anpassungsstörung. Aus nervenärztlicher Sicht könne die Klägerin körperlich leichte bis zum Teil mittelschwere Tätigkeiten auch vollschichtig verrichten. Ferner erstellte der Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. W. im Auftrag der Beklagten das chirurgisch-orthopädische Zusatzgutachten vom 27. Februar 2009. Als Diagnosen nannte er einen Z.n. Uterusexstirpation mit Adnexen wegen Adenokarzinom des Mesovars ohne Filialisierungen, ein chronisches myofasciales LWS-Syndrom ohne jüngst nachgewiesenen Bandscheibenvorfall mit sensomotorischen Störungen am linkswärtigen Oberschenkel, eine leichte Bursitis subacromialis linkes Schultergelenk ohne Rotatorenmanschettendegeneration und eine medikamentös behandelte Hyperthyreose. Auf seinem Fachgebiet sei die Klägerin durchaus noch in der Lage, mittlere körperliche Arbeiten mit Gewichtsbelastungen bis maximal 7,5 kg, zumindest intermittierend, auszuführen. Sämtliche Arbeiten könnten länger sitzend, stehend und gehend absolviert werden. Überkopfarbeiten seien zumindest kurzfristig möglich. Gebückte Haltungen und Hockstellungen könnten kurzfristig eingenommen werden. Das Besteigen von kleinen Leitern oder Gerüsten sei möglich, ebenso auch das Arbeiten auf unebenen, schwierigeren Untergründen und das Treppensteigen für größere Treppenintervalle. Eine Arbeitszeit von sechs Stunden und mehr täglich sei zu bewältigen. Der Internist/Sozialmediziner Medizinaldirektor L. teilte in seinem Gutachten vom 9. März 2009 mit, die Klägerin könne leichte bis mittelschwere Arbeiten regelmäßig über sechsstündig verrichten, ohne übertriebene und ständige Zwangshaltungen der Hals- und Rumpfwirbelsäule, ohne häufiges Bücken, ohne erhöhten Zeitdruck, Schichtarbeit und ständigen Publikumsverkehr.
Mit Bescheid vom 11. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2009 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Im anschließenden Klageverfahren beim Sozialgericht Karlsruhe (S 11 R 3171/09) erstellte der Facharzt für Orthopädie Dr. M. das fachorthopädische Gutachten vom 3. März 2011. Dieser nannte als Gesundheitsstörungen auf seinem Fachgebiet eine aufgehobene Funktionsfähigkeit der Lendenwirbelsäule bei vor sechs Wochen erfolgter Operation (Einsetzen von zwei Bandscheibenprothesen), Wurzelreizsymptomatik des linken Beines, subjektives Schmerzsyndrom der Hals- und Brustwirbelsäule ohne objektivierbare Befunde der Halswirbelsäule, segmentäre Funktionsstörung der Brustwirbelsäule sowie der Rippengelenke 3 und 5 links, Arthralgie rechtes Handgelenk bei Plusvariante der Elle, derzeit ohne Funktionsstörung, Fersenschmerz links bei Verdacht auf Fersensporn und erhebliche Diskrepanz zwischen dem subjektiven Schmerzerlebnis und dem objektivierbaren Befund (ausgenommen Lendenwirbelsäule). In Bezug auf die Lendenwirbelsäule liege das derzeitige Leistungsvermögen bei unter drei Stunden. Mit einer deutlichen Besserung der Befunde der Lendenwirbelsäule könne jedoch gerechnet werden. Bei der Klägerin könne sich die Rekonvaleszenzphase bis Ende Dezember 2011 hinziehen. Hinsichtlich der übrigen Bewegungsorgane, also Hals- und Brustwirbelsäule, rechtes Handgelenk, seien durchaus mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne stereotype Bewegungsabläufe (beispielsweise Fließbandarbeiten) zumutbar. Die Beteiligten einigten sich daraufhin auf einen Vergleich, aufgrund dessen die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. August 2011 bis 31. Dezember 2011 gewährte. Am 10. Oktober 2011 beantragte die Klägerin die Weiterzahlung der Erwerbsminderungsrente über den 31. Dezember 2011 hinaus. Auf Veranlassung der Beklagten wurde der Arzt für Orthopädie Dr. R. mit der Erstattung des orthopädischen Gutachtens vom 17. November 2011 beauftragt. Dieser nannte als Diagnosen auf seinem Fachgebiet einen Z.n. zweifacher Bandscheibenprothese L4-S1 vom 12. Januar 2011 ohne radikulären Ausfälle, eine Periarthropathia humeroscapularis (PHS) der linken Schulter ohne maßgebliche Funktionseinschränkung und eine Gonalgie links ohne maßgebliche Funktionseinschränkung und ohne Reizzustand. Sowohl in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Bandarbeiterin als auch für sonstige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr täglich. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2011 lehnte die Beklagte die Weiterzahlung der Rente ab, da die Klägerin wieder mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein könne. In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch brachte die Klägerin vor, sie leide seit langem an diversen Beschwerden und Schmerzen. Die Erkrankungssituation habe sich nicht gebessert, sie sehe sich weiterhin nicht in der Lage, zu den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes einer regelmäßigen Arbeit nachzugehen, vor allem auch aufgrund der Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit auf psychischem Fachgebiet. Die ausschließlich orthopädische Begutachtung im Rentenverfahren werde ihrer Erkrankungssituation nicht gerecht. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 3. September 2012 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und ihren bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Neurologen und Psychiater Dr. P., die Fachärztin für Allgemeinmedizin H.-S., den Facharzt für Anästhesiologie Dr. R. und den Facharzt für Orthopädie Dr. H. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. P. hat mitgeteilt, die Klägerin habe sich zwischen dem 29. März 2010 und dem 25. September 2012 sporadisch bei ihm vorgestellt. Als Diagnosen hat er Fibromyalgia, Analgetikaabhängigkeit bei abhängiger Persönlichkeitsstörung, Psychalgie (anhaltende somatoforme Schmerzstörung), Osteochondrose der Wirbelsäule mit Formaninaeinengung sowie Schwindel und Taumel mitgeteilt. Die Klägerin könne sechs Stunden und mehr einer leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nachgehen. Die Allgemeinärztin H.-S. hat mitgeteilt, dass die Klägerin bei ihr in regelmäßiger hausärztlicher Behandlung sei. Sie sei nach ihrer Einschätzung nicht arbeitsfähig, auch nicht für leichte Tätigkeiten. Aufgrund der chronischen Schmerzen durch die Wirbelsäulenerkrankung sei die Klägerin körperlich nicht belastbar. Als Folge der mittelschweren Depression sei sie psychisch nicht belastbar. Dr. R. hat mitgeteilt, dass er die Klägerin in der Zeit vom 27. Juni 2011 bis 28. März 2012 behandelt habe. Es lägen ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom bei Osteochondrose L 4 bis S1 bei Z.n. Implantation einer Bandscheibenprothese L4/5/S1, ein Z.n. Ovarialkarzinom-Operation sowie Depressionen vor. Die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten für zwei Stunden täglich ausführen. Dr. H. hat mitgeteilt, dass er die Klägerin in der Zeit vom 8. September 2009 bis 31. Januar 2012 sechsmal behandelt habe. Es liege ein chronisches LWS-Syndrom bei Z.n. Implantation einer Bandscheibenprothese L4/5/S1 und ein Outlet-Impingementsyndrom der Schulter links vor. Die Klägerin könne leichte und abwechslungsreiche Tätigkeiten ohne körperliche Belastung bis zu sechs Stunden täglich durchführen. Vom 6. Juni 2013 bis 13. August 2013 wurde die Klägerin in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie S. i. C. stationär behandelt. Im Entlassungsbericht vom 12. August 2013 werden als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, psychische und Verhaltensstörungen durch Opioide, Abhängigkeitssyndrom, Somatisierungsstörung, sonstige Migräne, lumbale und sonstige Bandscheibenschäden mit Radikulopathie, einfache chronische Bronchitis und Gastritis angegeben.
Das SG hat die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. W. zur gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 2. Oktober 2013 hat Prof. Dr. W. als Diagnosen auf nervenärztlichem Gebiet rezidivierende depressive Episoden, aktuell mittelschwer depressiv mit Somatisierung, Schmerzen in der Brustwirbelsäule, Schmerzen der Iliosakralgelenke, Opiatabhängigkeit, derzeit noch Entzugssymptome und Implantation von Bandscheibenprothesen in Höhe L4/5/S1 angegeben. Weil derzeit eine mittelschwere depressive Symptomatik bestehe und die Klägerin auch während der Untersuchung Ermüdungszeichen gezeigt habe, sei die Klägerin auch für Tätigkeiten des positiven Leistungsbildes nur unter drei Stunden täglich leistungsfähig. Der jetzt festgestellte Gesundheitszustand bestehe seit März 2013 oder seit dem Tod der Mutter (Mai 2013) bzw. dem Zeitpunkt der stationären Aufnahme in C. H.(6. Juni 2013). Die Leistungsminderung könne durch Medikamenteneinnahme und die geplante psychosomatische stationäre Behandlung überwunden werden. Sie halte es für möglich, dass sich die Depression der Klägerin im Verlauf der nächsten 3-6 Monate wieder auf ein leichtes Maß (das eine Berufstätigkeit zumindest halbtags zulassen würde) zurückbilden könne. Dies gelte umso mehr, als die medikamentöse Behandlung offensichtlich noch verbessert werden könne.
Mit Urteil vom 11. Juni 2014 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juli 2012 verurteilt, der Klägerin eine Rente wegen (voller) Erwerbsminderung vom 1. Dezember 2013 bis 31. März 2014 zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. Dabei hat sich das SG auf die Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. W. gestützt. Diese sei zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin zwischen März und Juni 2013 ein Zustand eingetreten sei, der ihr eine Erwerbstätigkeit nur noch weniger als drei Stunden täglich ermöglicht habe. Zugleich habe die Sachverständige aber auch die Einschätzung vertreten, dass sich die Leistungsfähigkeit binnen drei bis sechs Monaten nach der Untersuchung, die am 23. September 2013 stattgefunden habe, verbessere.
Gegen das ihr am 2. Juli 2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 7. Juli 2014 eingelegte Berufung der Beklagten. Die Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. W. überzeuge nicht. Im Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. W. seien bei der Klägerin keine gravierenden Einschnitte im Ablauf des täglichen Lebens sowie der Selbstversorgung gegeben gewesen, wie sie bei schweren depressiven Erkrankungen bzw. einer schweren somatoformen Schmerzerkrankung vorhanden seien. Die Klägerin sei als alleinlebende Person weiterhin in der Lage gewesen, ihren Haushalt zu versorgen und habe über ausreichende soziale Kontakte verfügt. Nach wie vor ergebe sich eine Diskrepanz zwischen den somatisch beklagten Beschwerden und den Angaben zur Freizeitgestaltung, worauf bereits Dr. B. in seinem Gutachten vom 12. Februar 2009 hingewiesen habe. Prof. Dr. W. übergehe bei ihrer Einschätzung tatsächliche Feststellungen. Die von Prof. Dr. W. bei der Untersuchung festgestellten Ermüdungszeichen seien auf das Freizeitverhalten der Klägerin am Wochenende vor der Untersuchung sowie Koffeinkonsum zurückzuführen gewesen. Im Zusammenhang mit der Angabe der Klägerin, am Vortag der Untersuchung das schlaffördernde Antidepressivum Mirtazapin eingenommen zu haben, während die Medikamentenspiegel-Bestimmung für eine fehlende Einnahme des Mittels spreche, dränge sich die Frage auf, ob dies mit dem Rentenbegehren der Klägerin in Zusammenhang stehe. Prof. Dr. W. habe sich auch nicht kritisch mit der Frage möglicher Antwortverzerrungen oder unrichtiger Darstellungen auseinandergesetzt. Aus der Alltagsgestaltung der Klägerin sei die Annahme einer quantitativen Leistungsminderung nicht gerechtfertigt. Insgesamt liege eine Diskrepanz zwischen der Anamneseerhebung sowie Diagnosestellung und der Konsistenz- und Plausibilitätsprüfung vor.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Juni 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 7. Juli 2014 zugestellte Urteil am 17. Juli 2014 ebenfalls Berufung eingelegt und die Weitergewährung der Rente über den 31. Dezember 2011 hinaus begehrt. Sie sei auch weiterhin nicht in der Lage, zu den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dies ergebe sich auch aus dem Sachverständigengutachten der Prof. Dr. W ... Eine Besserung sei - entgegen einer evtl. solchen Prognose - nicht eingetreten.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Juni 2014 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 16. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juli 2012 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. Januar 2012 zu gewähren.
Der Senat hat den Leiter des Instituts für Psychiatrische Begutachtung Prof. Dr. T. (bzw. dessen Vertreterin im Amt) zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem psychiatrischen Gutachten vom 18. Mai 2015 hat dieser auf psychiatrischem Fachgebiet folgende Diagnosen genannt: rezidivierend depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode mit somatischem Syndrom, Verdacht auf Somatisierungsstörung, Abhängigkeitssyndrom von Opioiden, gegenwärtig abstinent und Verdacht auf medikamenteninduzierten Kopfschmerz. Aktuell sei die Klägerin aus psychiatrischer Sicht arbeitsunfähig krankzuschreiben, die berufliche Leistungsfähigkeit dürfte durch die psychiatrische Erkrankung bei leitliniengerechter Therapie allerdings nicht tangiert sein. Nachdem der Zustand der Klägerin wiederhergestellt sein werde, sollte sie leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder vollschichtig ausüben können. Die Leistungseinschränkung bestehe mindestens seit der Aufnahme im ZfP C.-H. am 6. Juni 2013. Der Gesundheitszustand der Klägerin sei durch die wenig konsequent erfolgte psychiatrische ambulante Vorstellung, das eigenmächtige Absetzen bzw. die unzuverlässige Einnahme der Medikamente und andere Faktoren bereits chronifiziert. Dennoch sollte durch eine leitliniengerechte antidepressive Therapie, am ehesten im Rahmen eines weiteren stationären oder teilstationären Aufenthalts mit möglichst monotherapeutischer Einstellung auf ein Antidepressivum mit Blutserumkontrollen etc. eine Besserung im Zeitraum von sechs Monaten möglich sein.
Zum Gutachten des Prof. Dr. T. hat die Klägerin eingewandt, die Untersuchung sei ausschließlich durch Dr. H.-T. und nicht durch Prof. Dr. T. erfolgt, wobei Prof. Dr. T. nicht befugt gewesen sei, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. Sie habe auch nicht den Eindruck gehabt, dass die Untersuchende ihre Beschwerdeschilderung immer ausreichend angehört habe. Diese habe gleich zu Beginn darauf hingewiesen, dass sie nicht viel Zeit hätte, da andere Personen noch warteten. Die Aufmerksamkeit der Untersuchenden sei schlecht gewesen.
Die Beklagte hat die sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. Edelmann vom 18. Juni 2015 vorgelegt. Die Schlussfolgerungen im epikritischen Teil des Gutachtens seien nicht nachvollziehbar. Eine erste objektivierbare ärztliche Schilderung habe im August 2013 stattgefunden. Alle vorherigen Aussagen über "Depression" seien nicht ärztlich und entsprächen subjektiven Angaben der Klägerin. Nachvollziehbar sei anhand des vorliegenden psychopathologischen Befundes an Kern- und Zusatzsymptomen eine mittelgradige depressive Episode. Es werde im psychopathologischen Befund, der nicht den Kriterien der AMDP entspreche, eine leichte Verdeutlichungstendenz befundet. Inwieweit eine Aggravation oder gar Simulation vorliege lasse sich anhand des Gutachtens, welches jedweder psychometrischer Testung entbehre, schwerlich beurteilen. Vor diesem Hintergrund sei auch die Diagnose einer Somatisierungsstörung kritisch zu hinterfragen, wobei letztlich auch gemäß den Gutachtern die Diagnose einer Somatisierungsstörung oder einer Opiatabhängigkeit mit gegenwärtiger Abstinenz oder der V.a. einen medikamenteninduzierten Kopfschmerz nicht von quantitativer Leistungsrelevanz zu sein schienen. Vor dem Hintergrund einer einzelnen mittelgradig depressiven Episode oder auch der differentialdiagnostischen Überlegung einer wenig überzeugenden rezidivierend depressiven Störung - erst seit 2013 dokumentiert und damit auch bestehend - lasse sich die Beantwortung der Beweisfrage hinsichtlich des Leistungsvermögens von mindestens sechs Stunden werktäglich nachvollziehen. Dem Gutachten sei hinsichtlich der festgestellten aktuellen Arbeitsunfähigkeit zu folgen. Bei anzunehmender Besserung des psychischen Befindens im Rahmen einer leitliniengerechten antidepressiven Therapie innerhalb von sechs Monaten liege jedoch keine Minderung des Leistungsvermögens vor.
Mit Schreiben vom 16. Juli 2015 haben sich Prof. Dr. T. und Dr. H.-T. zu den Einwänden der Klägerin und der Beklagten geäußert. Die Auftragserteilung sei an Prof. Dr. T. oder Vertreterin im Amt erfolgt, was Dr. H.-T. mit einschließe, da bei der Gutachtenverteilung zum Zwecke der schnelleren Abwicklung die Gutachtenaufträge an beide Ärzte je nach terminlicher Verfügbarkeit vergeben werden könnten. Es sei daher durchaus berechtigt und dem Gericht auch bekannt gewesen, dass die Auftragsvergebung an Dr. H.-T. gegangen sei. Jedes einzelne Gutachten werde vom Institutsleiter Prof. Dr. T. eng supervidiert und auch im vorliegenden Fall sei eine Abstimmung und ausführliche Besprechung erfolgt. Dr. H.-T. habe sicher nicht darauf hingewiesen, dass noch andere Probanden warten, da für Gutachten in diesem Umfang jeweils der gesamte Vormittag reserviert werde. Es werde lediglich bei der Untersuchung darauf hingewiesen, dass die Anamneseerhebung im Allgemeinen innerhalb von 1 ½ Stunden erfolge, um die Transparenz der Untersuchungssituation zu erhöhen. Wartezeiten entstünden dadurch nicht. Der psychopathologische Befund sei selbstverständlich an den Kriterien der AMDP ausgerichtet. Eine psychometrische Testung sei nicht erfolgt, da dies nicht dem Gutachtenauftrag entsprochen habe.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat über den 31. Dezember 2011 hinaus keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, weshalb ihre Berufung unbegründet ist. Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Gemessen daran hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, da sich aus den Feststellungen im Gutachten der Prof. Dr. W., auf die sich das SG bei seiner Entscheidung gestützt hat und des Prof. Dr. T. der Nachweis einer rentenrelevanten zeitlichen Leistungseinschränkung nicht erbringen lässt. Prof. Dr. W. hat sich in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 2. Oktober 2013 mit der aktenkundigen medizinischen Vorgeschichte der Klägerin und deren Angaben zu ihren Beschwerden beschäftigt und umfangreiche Untersuchungsbefunde erhoben. Sie hat darüber hinaus die Angaben der Klägerin zu ihrem üblichen bzw. aktuellen Tagesablauf mitberücksichtigt. Im Rahmen des psychiatrischen Befunds hat Prof. Dr. W. eine bewusstseinsklare Probandin mit voller Orientierung bezüglich Zeit, Ort, zur Person und situativ beschrieben und mitgeteilt, es bestehe ein gutes Aufmerksamkeitsniveau, kein Anhalt für über das Normale hinausgehende Befürchtungen oder Zwangsgedanken, Zwangsimpulse oder Zwangshaltungen, kein Anhalt für wahnhaftes Denken oder Sinnestäuschungen und keine Ich-Störungen. Der formale Denkablauf erscheine teilweise etwas verlangsamt, der Antrieb sei leicht reduziert, die Stimmung zum Negativen hin verschoben und die affektive Resonanzfähigkeit mäßig reduziert. Zum Tagesablauf und ihren sozialen Kontakten hat die Klägerin im Rahmen der Begutachtung angegeben, dass sie eine Freundin habe, die täglich vorbeikomme, und habe Kontakte mit einem befreundeten Ehepaar sowie zu Familienangehörigen in der Nähe. Sie hat ferner angegeben, dass sie ab und zu in die Kirche gehe, sich allein um ihre Wohnung kümmere und - wobei sie sich dazu zwingen müsse - mit Freunden Nordic Walking mache. Aus ihren Angaben zum aktuellen Tagesablauf ist darüber hinaus ersichtlich, dass sie im Bedarfsfall auch Gefälligkeiten für das befreundete Ehepaar übernimmt (kümmern um den Ehemann während der Abwesenheit der Ehefrau, Abholen vom Bahnhof). Bei der Überprüfung des Medikamentenspiegels durch Prof. Dr. W. hat sich gezeigt, dass das in hoher Dosierung verordnete Antidepressivum Mirtazapin im Blut nicht nachweisbar war, obwohl die Klägerin angegeben hat, dieses Medikament einzunehmen. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass die Angaben der Klägerin widersprüchlich sind und daher Anlass besteht, auch ihre anderen Angaben kritisch zu hinterfragen. Insgesamt ergeben sich weder aus dem psychiatrischen Befund noch aus dem Tagesablauf der Klägerin Anhaltspunkte für eine so schwerwiegende Ausprägung der Beschwerden, dass daraus eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt resultiert. Die Beklagte hat dabei zu Recht darauf hingewiesen, dass die von Prof. Dr. W. erwähnten Ermüdungszeichen während der Untersuchung durchaus auf den Schlafmangel am Wochenende zurückzuführen sein könnten und die aufgefallene Müdigkeit daher nicht zur Begründung einer dauerhaften Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf unter drei Stunden täglich herangezogen werden kann. Der Senat kommt daher übereinstimmend mit dem Vorbringen der Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung - zu der Einschätzung, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. Dr. W. mit den von ihr genannten qualitativen Einschränkungen, denen sich der Senat anschließt, noch mindestens 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein konnte. Eine rentenrelevante zeitliche Leistungseinschränkung ergibt sich auch nicht aus dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Prof. Dr. T. vom 18. Mai 2015. Das Gutachten des Prof. Dr. T. ist zur Überzeugung des Senats vollumfänglich verwertbar. Der Gutachtensauftrag vom 27. Januar war an Prof. Dr. T. (oder Vertreterin im Amt) gerichtet, so dass es nicht zu beanstanden ist, dass Dr. H.-T. als Vertreterin - den Hauptanteil an der Gutachtenserstellung geleistet hat. Prof. Dr. T. hat mit seiner Unterschrift und dem Zusatz "auf Grund eigener Überprüfung und Urteilbildung einverstanden" zum Ausdruck gebracht, dass er sich die Feststellungen des Gutachtens zu eigen macht und mit Schreiben vom 16. Juli 2015 nochmals bestätigt, dass eine Abstimmung und ausführliche mündliche Besprechung erfolgt ist. Dabei handelt es sich um eine Vorgehensweise, die nach dem Gutachtensauftrag des Senats vom 27. Januar 2015 ausdrücklich möglich ist. Zum Einwand der Klägerin, Dr. H.-T. habe darauf hingewiesen, dass sie nicht viel Zeit habe und ihre Aufmerksamkeit schlecht gewesen sei, hat sich Dr. H.-T. im Schreiben vom 16. Juli 2015 ebenfalls geäußert und nachvollziehbar den Ablauf bei der Erstellung des Gutachtens geschildert. Der Senat hat demnach keine Bedenken im Hinblick auf die Verwertbarkeit des Gutachtens. Im psychopathologischen Befund des Gutachtens wird mitgeteilt, der Antrieb habe sich als gemindert dargestellt mit sozialem Rückzug und einer Einstellung sämtlicher Hobbys und Aktivitäten. Die Schwingungsfähigkeit sei eingeschränkt gewesen, die Psychomotorik verlangsamt und die Vitalgefühle von Schmerzen überlagert. Prof. Dr. T. hat u.a. auch eine Einschränkung in den kognitiven Funktionen festgestellt, die Konzentration und Auffassung seien gemindert gewesen mit langen Antwortlatenzen. Zum Tagesablauf und den sozialen Kontakten hat Prof. Dr. T. aufgrund der Angaben der Klägerin mitgeteilt, sie erledige Haushaltstätigkeiten, habe das Kochen mittlerweile eingestellt und ernähre sich meist nur von Butterbroten, das Einkaufen erledige sie selbst, Besuche erhalte sie kaum, die Abende verbringe sie meist allein und sie habe Hobbys oder sportliche Aktivitäten nach dem Tod des Vaters (2014) eingestellt. Prof. Dr. T. hat leichte Verdeutlichungstendenzen erwähnt und einen Widerspruch zwischen der von der Klägerin als sehr einschränkend erlebten psychiatrischen Symptomatik und der über weite Strecken der Erkrankung wenig konsequenten psychiatrischen Behandlung aufgezeigt. Die Vorstellung bei dem Nervenarzt Dr. P. sei erst ab 2010 erfolgt und seit dessen Ruhestand sei keine fachpsychiatrische Behandlung mehr erfolgt. Dies sei bei der Schwere der Erkrankung ein inadäquater Behandlungsansatz; darüber hinaus sei - wie aus dem Gutachten der Prof. Dr. W. hervorgehe - die Compliance für die Medikamenteneinnahme eher mäßig bis schlecht gewesen und nach dem Tod des Vaters habe die Klägerin eigenständig die Medikation aus Venlafaxin und Seroquel abgesetzt. Prof. Dr. T. hat deshalb darauf hingewiesen, dass die Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet nicht leitliniengerecht behandelt sei. Seiner Einschätzung nach ist die berufliche Leistungsfähigkeit durch die psychiatrische Erkrankung bei leitliniengerechter Therapie nicht tangiert und bei entsprechender antidepressiver Therapie - am ehesten im Rahmen eines weiteren stationären oder teilstationären Aufenthalts mit möglichst monotherapeutischer Einstellung auf ein Antidepressivum mit Blutserumkontrollen etc. - sei eine Besserung im Zeitraum von 6 Monaten möglich, so dass sie dann leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder vollschichtig ausführen könne.
Die Klägerin hat jedoch aus Eigeninitiative keine weiteren Behandlungsversuche unternommen und darüber hinaus auch nicht bei der weiteren Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt, so dass der Eintritt eines Leistungsfalls zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht nachweisbar ist. Sie hat die bereits im Sommer 2013 im Klinikum C.-H. empfohlene stationäre psychosomatische Behandlung, von der sich auch Prof. Dr. W. eine Besserung der Depression und der Schmerzsymptomatik erhofft hat, nicht wahrgenommen und sich auch im Anschluss an die Begutachtung durch Prof. Dr. T. nicht zeitnah um eine weitere stationäre Behandlung bemüht, seit 2013 (Ruhestand Dr. P.) keine fachpsychiatrische Behandlung mehr in Anspruch genommen und auch keine ambulante Psychotherapie angestrebt sowie darüber hinaus nach dem Tod ihres Vaters 2014 einige der verschriebenen antidepressiven Medikamente (Venlafaxin und Seroquel) abgesetzt (obwohl Prof. Dr. W. u.a. eine korrekte Einnahme der verordneten Medikamente für die Überwindung der Beschwerden als notwendig angesehen hat) und damit womöglich selbst zu einer Verschlechterung der Beschwerden beigetragen. Erst aufgrund der Vereinbarung im Erörterungstermin am 23. September 2015 hat sie am 27. Oktober 2015 die Gemeinsame Servicestelle für Rehabilitation für den Landkreis Freudenstadt und den Landkreis Calw aufgesucht. Demnach ist nicht erkennbar, dass die Klägerin bestrebt ist, aktiv an der Besserung ihrer Beschwerden mitzuwirken, was - entgegen ihrer Darstellung im Rahmen der Begutachtungen durch Prof. Dr. W. und Prof. Dr. T. - gegen besonders stark ausgeprägte Einschränkungen mit Auswirkungen auf die zeitliche Leistungsfähigkeit spricht. Der Senat ist daher nicht davon überzeugt, dass die Klägerin nicht in der Lage ist, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine leichte Tätigkeit - mit den von Prof. Dr. W. und Prof. Dr. T. genannten qualitativen Einschränkungen - mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Selbst wenn dies - entsprechend der Einschätzung des Prof. Dr. T. und der Prof. Dr. W. - seit spätestens Juni 2013 nicht der Fall sein sollte, wäre auch damit eine rentenrelevante Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens der Klägerin nicht nachgewiesen. Denn psychische Erkrankungen werden erst dann rentenrechtlich relevant, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant oder stationär) davon auszugehen ist, dass der Versicherte die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden kann - weder aus eigener Kraft noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe (vgl. BSG, Urteil vom 12. September 1990 - 5 RJ 88/89; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 27. April 2016 - L 5 R 459/15 mwN). Sowohl Prof. Dr. W. als auch Prof. Dr. T. haben die nachvollziehbare Einschätzung geäußert, dass bei leitliniengerechter Behandlung - insbesondere bei zureichender medikamentöser Therapie und Durchführung einer weiteren stationären oder teilstationären Behandlung - eine Besserung der Beschwerden möglich ist, wobei Prof. Dr. T. dabei die überzeugende Auffassung vertreten hat, dass die Klägerin dann wieder in der Lage sein werde, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig auszuführen. Dem schließt sich der Senat in vollem Umfang an. Demnach sind die oben genannten Voraussetzungen für einen Rentenanspruch nicht erfüllt, da die Klägerin die psychischen Einschränkungen mit entsprechender therapeutischer Hilfe innerhalb von sechs Monaten soweit überwinden könnte, dass keine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit mehr besteht.
Aufgrund der fehlenden Mitwirkung der Klägerin lässt sich auch nicht nachweisen, dass sich der Gesundheitszustand zwischenzeitlich wesentlich verschlechtert hat oder dass eine - möglicherweise von der Klägerin inzwischen aufgenommene - leitliniengerechte Behandlung innerhalb von sechs Monaten nicht zu der von Prof. Dr. W. und Prof. Dr. T. angenommenen Verbesserung geführt hat. Denn es fehlen Informationen darüber, welche medizinischen Maßnahmen die Klägerin zur Behandlung ihrer Beschwerden unternommen hat bzw. wie sich ihr Gesundheitszustand seit der Begutachtung durch Prof. Dr. T. entwickelt hat, weil sie auf mehrfache Anfragen des Senats hierzu nicht reagiert hat. Aus diesem Grund war dem Senat auch keine weitere Sachverhaltsaufklärung möglich.
Der Nachweis des Eintritts der Erwerbsminderung konnte von der Klägerin damit nicht geführt werden.
Die Klägerin hat daher keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI.
Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI kommt von vornherein nicht in Betracht, da die Klägerin nach dem 1. Januar 1961 geboren ist.
Da das SG die Beklagte somit zu Unrecht verurteilt hat, der Klägerin eine befristete Rente für die Zeit vom 1. Dezember 2013 bis 31. März 2014 zu gewähren, war das Urteil vom 11. Juni 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die 1965 geborene Klägerin ist kroatische Staatsangehörige. Sie hat keinen Beruf erlernt und zog am 15. August 1981 nach Deutschland. Zuletzt war sie als Fließbandarbeiterin in einer Kunststoffspritzerei versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem im August 2006 die Diagnose eines Ovarial-Karzinoms gestellt wurde, war sie arbeitsunfähig krank. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 ist anerkannt. Seit 1. April 2008 war die Klägerin arbeitslos gemeldet ohne Leistungsbezug.
Vom 23. Februar 2007 bis 16. März 2007 nahm die Klägerin an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation teil. Im Entlassungsbericht vom 23. März 2007 werden folgende Diagnosen genannt: bösartige Neubildung des Ovars, Unwohlsein und Ermüdung und sonstige näher bezeichnete Bandscheibendegeneration. Die Klägerin wurde bei persistierendem deutlichem Fatigue-Syndrom als Folge der Chemotherapie zunächst weiterhin arbeitsunfähig entlassen. Mit einer Besserung könne mittelfristig gerechnet werden. Im Falle der zu erwartenden Besserung könne mit der Wiedererlangung eines vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten gerechnet werden. Auch eine Rückkehr an den letzten Arbeitsplatz erscheine möglich. Für Tätigkeiten in häufig gebückter Stellung, in Zwangshaltungen sowie für das Heben und Tragen von Lasten oberhalb von 10 kg sei die Klägerin aufgrund des Bandscheibenschadens nicht mehr geeignet. Am 27. Oktober 2008 beantragte die Klägerin erstmals die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Auf Veranlassung der Beklagten wurde die Klägerin durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. sozialmedizinisch begutachtet. In seinem Gutachten vom 12. Februar 2009 teilte er mit, bei der Klägerin lägen multiple Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden, jedoch klinisch ohne Hinweis auf assoziierte neurologische Ausfälle vor. Es bestehe mit Wahrscheinlichkeit eine leicht histrionische Persönlichkeitsakzentuierung sowie eine Anpassungsstörung. Aus nervenärztlicher Sicht könne die Klägerin körperlich leichte bis zum Teil mittelschwere Tätigkeiten auch vollschichtig verrichten. Ferner erstellte der Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. W. im Auftrag der Beklagten das chirurgisch-orthopädische Zusatzgutachten vom 27. Februar 2009. Als Diagnosen nannte er einen Z.n. Uterusexstirpation mit Adnexen wegen Adenokarzinom des Mesovars ohne Filialisierungen, ein chronisches myofasciales LWS-Syndrom ohne jüngst nachgewiesenen Bandscheibenvorfall mit sensomotorischen Störungen am linkswärtigen Oberschenkel, eine leichte Bursitis subacromialis linkes Schultergelenk ohne Rotatorenmanschettendegeneration und eine medikamentös behandelte Hyperthyreose. Auf seinem Fachgebiet sei die Klägerin durchaus noch in der Lage, mittlere körperliche Arbeiten mit Gewichtsbelastungen bis maximal 7,5 kg, zumindest intermittierend, auszuführen. Sämtliche Arbeiten könnten länger sitzend, stehend und gehend absolviert werden. Überkopfarbeiten seien zumindest kurzfristig möglich. Gebückte Haltungen und Hockstellungen könnten kurzfristig eingenommen werden. Das Besteigen von kleinen Leitern oder Gerüsten sei möglich, ebenso auch das Arbeiten auf unebenen, schwierigeren Untergründen und das Treppensteigen für größere Treppenintervalle. Eine Arbeitszeit von sechs Stunden und mehr täglich sei zu bewältigen. Der Internist/Sozialmediziner Medizinaldirektor L. teilte in seinem Gutachten vom 9. März 2009 mit, die Klägerin könne leichte bis mittelschwere Arbeiten regelmäßig über sechsstündig verrichten, ohne übertriebene und ständige Zwangshaltungen der Hals- und Rumpfwirbelsäule, ohne häufiges Bücken, ohne erhöhten Zeitdruck, Schichtarbeit und ständigen Publikumsverkehr.
Mit Bescheid vom 11. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2009 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Im anschließenden Klageverfahren beim Sozialgericht Karlsruhe (S 11 R 3171/09) erstellte der Facharzt für Orthopädie Dr. M. das fachorthopädische Gutachten vom 3. März 2011. Dieser nannte als Gesundheitsstörungen auf seinem Fachgebiet eine aufgehobene Funktionsfähigkeit der Lendenwirbelsäule bei vor sechs Wochen erfolgter Operation (Einsetzen von zwei Bandscheibenprothesen), Wurzelreizsymptomatik des linken Beines, subjektives Schmerzsyndrom der Hals- und Brustwirbelsäule ohne objektivierbare Befunde der Halswirbelsäule, segmentäre Funktionsstörung der Brustwirbelsäule sowie der Rippengelenke 3 und 5 links, Arthralgie rechtes Handgelenk bei Plusvariante der Elle, derzeit ohne Funktionsstörung, Fersenschmerz links bei Verdacht auf Fersensporn und erhebliche Diskrepanz zwischen dem subjektiven Schmerzerlebnis und dem objektivierbaren Befund (ausgenommen Lendenwirbelsäule). In Bezug auf die Lendenwirbelsäule liege das derzeitige Leistungsvermögen bei unter drei Stunden. Mit einer deutlichen Besserung der Befunde der Lendenwirbelsäule könne jedoch gerechnet werden. Bei der Klägerin könne sich die Rekonvaleszenzphase bis Ende Dezember 2011 hinziehen. Hinsichtlich der übrigen Bewegungsorgane, also Hals- und Brustwirbelsäule, rechtes Handgelenk, seien durchaus mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne stereotype Bewegungsabläufe (beispielsweise Fließbandarbeiten) zumutbar. Die Beteiligten einigten sich daraufhin auf einen Vergleich, aufgrund dessen die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. August 2011 bis 31. Dezember 2011 gewährte. Am 10. Oktober 2011 beantragte die Klägerin die Weiterzahlung der Erwerbsminderungsrente über den 31. Dezember 2011 hinaus. Auf Veranlassung der Beklagten wurde der Arzt für Orthopädie Dr. R. mit der Erstattung des orthopädischen Gutachtens vom 17. November 2011 beauftragt. Dieser nannte als Diagnosen auf seinem Fachgebiet einen Z.n. zweifacher Bandscheibenprothese L4-S1 vom 12. Januar 2011 ohne radikulären Ausfälle, eine Periarthropathia humeroscapularis (PHS) der linken Schulter ohne maßgebliche Funktionseinschränkung und eine Gonalgie links ohne maßgebliche Funktionseinschränkung und ohne Reizzustand. Sowohl in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Bandarbeiterin als auch für sonstige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr täglich. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2011 lehnte die Beklagte die Weiterzahlung der Rente ab, da die Klägerin wieder mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein könne. In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch brachte die Klägerin vor, sie leide seit langem an diversen Beschwerden und Schmerzen. Die Erkrankungssituation habe sich nicht gebessert, sie sehe sich weiterhin nicht in der Lage, zu den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes einer regelmäßigen Arbeit nachzugehen, vor allem auch aufgrund der Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit auf psychischem Fachgebiet. Die ausschließlich orthopädische Begutachtung im Rentenverfahren werde ihrer Erkrankungssituation nicht gerecht. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 3. September 2012 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und ihren bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Neurologen und Psychiater Dr. P., die Fachärztin für Allgemeinmedizin H.-S., den Facharzt für Anästhesiologie Dr. R. und den Facharzt für Orthopädie Dr. H. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. P. hat mitgeteilt, die Klägerin habe sich zwischen dem 29. März 2010 und dem 25. September 2012 sporadisch bei ihm vorgestellt. Als Diagnosen hat er Fibromyalgia, Analgetikaabhängigkeit bei abhängiger Persönlichkeitsstörung, Psychalgie (anhaltende somatoforme Schmerzstörung), Osteochondrose der Wirbelsäule mit Formaninaeinengung sowie Schwindel und Taumel mitgeteilt. Die Klägerin könne sechs Stunden und mehr einer leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nachgehen. Die Allgemeinärztin H.-S. hat mitgeteilt, dass die Klägerin bei ihr in regelmäßiger hausärztlicher Behandlung sei. Sie sei nach ihrer Einschätzung nicht arbeitsfähig, auch nicht für leichte Tätigkeiten. Aufgrund der chronischen Schmerzen durch die Wirbelsäulenerkrankung sei die Klägerin körperlich nicht belastbar. Als Folge der mittelschweren Depression sei sie psychisch nicht belastbar. Dr. R. hat mitgeteilt, dass er die Klägerin in der Zeit vom 27. Juni 2011 bis 28. März 2012 behandelt habe. Es lägen ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom bei Osteochondrose L 4 bis S1 bei Z.n. Implantation einer Bandscheibenprothese L4/5/S1, ein Z.n. Ovarialkarzinom-Operation sowie Depressionen vor. Die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten für zwei Stunden täglich ausführen. Dr. H. hat mitgeteilt, dass er die Klägerin in der Zeit vom 8. September 2009 bis 31. Januar 2012 sechsmal behandelt habe. Es liege ein chronisches LWS-Syndrom bei Z.n. Implantation einer Bandscheibenprothese L4/5/S1 und ein Outlet-Impingementsyndrom der Schulter links vor. Die Klägerin könne leichte und abwechslungsreiche Tätigkeiten ohne körperliche Belastung bis zu sechs Stunden täglich durchführen. Vom 6. Juni 2013 bis 13. August 2013 wurde die Klägerin in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie S. i. C. stationär behandelt. Im Entlassungsbericht vom 12. August 2013 werden als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, psychische und Verhaltensstörungen durch Opioide, Abhängigkeitssyndrom, Somatisierungsstörung, sonstige Migräne, lumbale und sonstige Bandscheibenschäden mit Radikulopathie, einfache chronische Bronchitis und Gastritis angegeben.
Das SG hat die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. W. zur gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 2. Oktober 2013 hat Prof. Dr. W. als Diagnosen auf nervenärztlichem Gebiet rezidivierende depressive Episoden, aktuell mittelschwer depressiv mit Somatisierung, Schmerzen in der Brustwirbelsäule, Schmerzen der Iliosakralgelenke, Opiatabhängigkeit, derzeit noch Entzugssymptome und Implantation von Bandscheibenprothesen in Höhe L4/5/S1 angegeben. Weil derzeit eine mittelschwere depressive Symptomatik bestehe und die Klägerin auch während der Untersuchung Ermüdungszeichen gezeigt habe, sei die Klägerin auch für Tätigkeiten des positiven Leistungsbildes nur unter drei Stunden täglich leistungsfähig. Der jetzt festgestellte Gesundheitszustand bestehe seit März 2013 oder seit dem Tod der Mutter (Mai 2013) bzw. dem Zeitpunkt der stationären Aufnahme in C. H.(6. Juni 2013). Die Leistungsminderung könne durch Medikamenteneinnahme und die geplante psychosomatische stationäre Behandlung überwunden werden. Sie halte es für möglich, dass sich die Depression der Klägerin im Verlauf der nächsten 3-6 Monate wieder auf ein leichtes Maß (das eine Berufstätigkeit zumindest halbtags zulassen würde) zurückbilden könne. Dies gelte umso mehr, als die medikamentöse Behandlung offensichtlich noch verbessert werden könne.
Mit Urteil vom 11. Juni 2014 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juli 2012 verurteilt, der Klägerin eine Rente wegen (voller) Erwerbsminderung vom 1. Dezember 2013 bis 31. März 2014 zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. Dabei hat sich das SG auf die Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. W. gestützt. Diese sei zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin zwischen März und Juni 2013 ein Zustand eingetreten sei, der ihr eine Erwerbstätigkeit nur noch weniger als drei Stunden täglich ermöglicht habe. Zugleich habe die Sachverständige aber auch die Einschätzung vertreten, dass sich die Leistungsfähigkeit binnen drei bis sechs Monaten nach der Untersuchung, die am 23. September 2013 stattgefunden habe, verbessere.
Gegen das ihr am 2. Juli 2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 7. Juli 2014 eingelegte Berufung der Beklagten. Die Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. W. überzeuge nicht. Im Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. W. seien bei der Klägerin keine gravierenden Einschnitte im Ablauf des täglichen Lebens sowie der Selbstversorgung gegeben gewesen, wie sie bei schweren depressiven Erkrankungen bzw. einer schweren somatoformen Schmerzerkrankung vorhanden seien. Die Klägerin sei als alleinlebende Person weiterhin in der Lage gewesen, ihren Haushalt zu versorgen und habe über ausreichende soziale Kontakte verfügt. Nach wie vor ergebe sich eine Diskrepanz zwischen den somatisch beklagten Beschwerden und den Angaben zur Freizeitgestaltung, worauf bereits Dr. B. in seinem Gutachten vom 12. Februar 2009 hingewiesen habe. Prof. Dr. W. übergehe bei ihrer Einschätzung tatsächliche Feststellungen. Die von Prof. Dr. W. bei der Untersuchung festgestellten Ermüdungszeichen seien auf das Freizeitverhalten der Klägerin am Wochenende vor der Untersuchung sowie Koffeinkonsum zurückzuführen gewesen. Im Zusammenhang mit der Angabe der Klägerin, am Vortag der Untersuchung das schlaffördernde Antidepressivum Mirtazapin eingenommen zu haben, während die Medikamentenspiegel-Bestimmung für eine fehlende Einnahme des Mittels spreche, dränge sich die Frage auf, ob dies mit dem Rentenbegehren der Klägerin in Zusammenhang stehe. Prof. Dr. W. habe sich auch nicht kritisch mit der Frage möglicher Antwortverzerrungen oder unrichtiger Darstellungen auseinandergesetzt. Aus der Alltagsgestaltung der Klägerin sei die Annahme einer quantitativen Leistungsminderung nicht gerechtfertigt. Insgesamt liege eine Diskrepanz zwischen der Anamneseerhebung sowie Diagnosestellung und der Konsistenz- und Plausibilitätsprüfung vor.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Juni 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 7. Juli 2014 zugestellte Urteil am 17. Juli 2014 ebenfalls Berufung eingelegt und die Weitergewährung der Rente über den 31. Dezember 2011 hinaus begehrt. Sie sei auch weiterhin nicht in der Lage, zu den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dies ergebe sich auch aus dem Sachverständigengutachten der Prof. Dr. W ... Eine Besserung sei - entgegen einer evtl. solchen Prognose - nicht eingetreten.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Juni 2014 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 16. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juli 2012 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. Januar 2012 zu gewähren.
Der Senat hat den Leiter des Instituts für Psychiatrische Begutachtung Prof. Dr. T. (bzw. dessen Vertreterin im Amt) zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem psychiatrischen Gutachten vom 18. Mai 2015 hat dieser auf psychiatrischem Fachgebiet folgende Diagnosen genannt: rezidivierend depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode mit somatischem Syndrom, Verdacht auf Somatisierungsstörung, Abhängigkeitssyndrom von Opioiden, gegenwärtig abstinent und Verdacht auf medikamenteninduzierten Kopfschmerz. Aktuell sei die Klägerin aus psychiatrischer Sicht arbeitsunfähig krankzuschreiben, die berufliche Leistungsfähigkeit dürfte durch die psychiatrische Erkrankung bei leitliniengerechter Therapie allerdings nicht tangiert sein. Nachdem der Zustand der Klägerin wiederhergestellt sein werde, sollte sie leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder vollschichtig ausüben können. Die Leistungseinschränkung bestehe mindestens seit der Aufnahme im ZfP C.-H. am 6. Juni 2013. Der Gesundheitszustand der Klägerin sei durch die wenig konsequent erfolgte psychiatrische ambulante Vorstellung, das eigenmächtige Absetzen bzw. die unzuverlässige Einnahme der Medikamente und andere Faktoren bereits chronifiziert. Dennoch sollte durch eine leitliniengerechte antidepressive Therapie, am ehesten im Rahmen eines weiteren stationären oder teilstationären Aufenthalts mit möglichst monotherapeutischer Einstellung auf ein Antidepressivum mit Blutserumkontrollen etc. eine Besserung im Zeitraum von sechs Monaten möglich sein.
Zum Gutachten des Prof. Dr. T. hat die Klägerin eingewandt, die Untersuchung sei ausschließlich durch Dr. H.-T. und nicht durch Prof. Dr. T. erfolgt, wobei Prof. Dr. T. nicht befugt gewesen sei, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. Sie habe auch nicht den Eindruck gehabt, dass die Untersuchende ihre Beschwerdeschilderung immer ausreichend angehört habe. Diese habe gleich zu Beginn darauf hingewiesen, dass sie nicht viel Zeit hätte, da andere Personen noch warteten. Die Aufmerksamkeit der Untersuchenden sei schlecht gewesen.
Die Beklagte hat die sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. Edelmann vom 18. Juni 2015 vorgelegt. Die Schlussfolgerungen im epikritischen Teil des Gutachtens seien nicht nachvollziehbar. Eine erste objektivierbare ärztliche Schilderung habe im August 2013 stattgefunden. Alle vorherigen Aussagen über "Depression" seien nicht ärztlich und entsprächen subjektiven Angaben der Klägerin. Nachvollziehbar sei anhand des vorliegenden psychopathologischen Befundes an Kern- und Zusatzsymptomen eine mittelgradige depressive Episode. Es werde im psychopathologischen Befund, der nicht den Kriterien der AMDP entspreche, eine leichte Verdeutlichungstendenz befundet. Inwieweit eine Aggravation oder gar Simulation vorliege lasse sich anhand des Gutachtens, welches jedweder psychometrischer Testung entbehre, schwerlich beurteilen. Vor diesem Hintergrund sei auch die Diagnose einer Somatisierungsstörung kritisch zu hinterfragen, wobei letztlich auch gemäß den Gutachtern die Diagnose einer Somatisierungsstörung oder einer Opiatabhängigkeit mit gegenwärtiger Abstinenz oder der V.a. einen medikamenteninduzierten Kopfschmerz nicht von quantitativer Leistungsrelevanz zu sein schienen. Vor dem Hintergrund einer einzelnen mittelgradig depressiven Episode oder auch der differentialdiagnostischen Überlegung einer wenig überzeugenden rezidivierend depressiven Störung - erst seit 2013 dokumentiert und damit auch bestehend - lasse sich die Beantwortung der Beweisfrage hinsichtlich des Leistungsvermögens von mindestens sechs Stunden werktäglich nachvollziehen. Dem Gutachten sei hinsichtlich der festgestellten aktuellen Arbeitsunfähigkeit zu folgen. Bei anzunehmender Besserung des psychischen Befindens im Rahmen einer leitliniengerechten antidepressiven Therapie innerhalb von sechs Monaten liege jedoch keine Minderung des Leistungsvermögens vor.
Mit Schreiben vom 16. Juli 2015 haben sich Prof. Dr. T. und Dr. H.-T. zu den Einwänden der Klägerin und der Beklagten geäußert. Die Auftragserteilung sei an Prof. Dr. T. oder Vertreterin im Amt erfolgt, was Dr. H.-T. mit einschließe, da bei der Gutachtenverteilung zum Zwecke der schnelleren Abwicklung die Gutachtenaufträge an beide Ärzte je nach terminlicher Verfügbarkeit vergeben werden könnten. Es sei daher durchaus berechtigt und dem Gericht auch bekannt gewesen, dass die Auftragsvergebung an Dr. H.-T. gegangen sei. Jedes einzelne Gutachten werde vom Institutsleiter Prof. Dr. T. eng supervidiert und auch im vorliegenden Fall sei eine Abstimmung und ausführliche Besprechung erfolgt. Dr. H.-T. habe sicher nicht darauf hingewiesen, dass noch andere Probanden warten, da für Gutachten in diesem Umfang jeweils der gesamte Vormittag reserviert werde. Es werde lediglich bei der Untersuchung darauf hingewiesen, dass die Anamneseerhebung im Allgemeinen innerhalb von 1 ½ Stunden erfolge, um die Transparenz der Untersuchungssituation zu erhöhen. Wartezeiten entstünden dadurch nicht. Der psychopathologische Befund sei selbstverständlich an den Kriterien der AMDP ausgerichtet. Eine psychometrische Testung sei nicht erfolgt, da dies nicht dem Gutachtenauftrag entsprochen habe.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat über den 31. Dezember 2011 hinaus keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, weshalb ihre Berufung unbegründet ist. Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Gemessen daran hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, da sich aus den Feststellungen im Gutachten der Prof. Dr. W., auf die sich das SG bei seiner Entscheidung gestützt hat und des Prof. Dr. T. der Nachweis einer rentenrelevanten zeitlichen Leistungseinschränkung nicht erbringen lässt. Prof. Dr. W. hat sich in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 2. Oktober 2013 mit der aktenkundigen medizinischen Vorgeschichte der Klägerin und deren Angaben zu ihren Beschwerden beschäftigt und umfangreiche Untersuchungsbefunde erhoben. Sie hat darüber hinaus die Angaben der Klägerin zu ihrem üblichen bzw. aktuellen Tagesablauf mitberücksichtigt. Im Rahmen des psychiatrischen Befunds hat Prof. Dr. W. eine bewusstseinsklare Probandin mit voller Orientierung bezüglich Zeit, Ort, zur Person und situativ beschrieben und mitgeteilt, es bestehe ein gutes Aufmerksamkeitsniveau, kein Anhalt für über das Normale hinausgehende Befürchtungen oder Zwangsgedanken, Zwangsimpulse oder Zwangshaltungen, kein Anhalt für wahnhaftes Denken oder Sinnestäuschungen und keine Ich-Störungen. Der formale Denkablauf erscheine teilweise etwas verlangsamt, der Antrieb sei leicht reduziert, die Stimmung zum Negativen hin verschoben und die affektive Resonanzfähigkeit mäßig reduziert. Zum Tagesablauf und ihren sozialen Kontakten hat die Klägerin im Rahmen der Begutachtung angegeben, dass sie eine Freundin habe, die täglich vorbeikomme, und habe Kontakte mit einem befreundeten Ehepaar sowie zu Familienangehörigen in der Nähe. Sie hat ferner angegeben, dass sie ab und zu in die Kirche gehe, sich allein um ihre Wohnung kümmere und - wobei sie sich dazu zwingen müsse - mit Freunden Nordic Walking mache. Aus ihren Angaben zum aktuellen Tagesablauf ist darüber hinaus ersichtlich, dass sie im Bedarfsfall auch Gefälligkeiten für das befreundete Ehepaar übernimmt (kümmern um den Ehemann während der Abwesenheit der Ehefrau, Abholen vom Bahnhof). Bei der Überprüfung des Medikamentenspiegels durch Prof. Dr. W. hat sich gezeigt, dass das in hoher Dosierung verordnete Antidepressivum Mirtazapin im Blut nicht nachweisbar war, obwohl die Klägerin angegeben hat, dieses Medikament einzunehmen. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass die Angaben der Klägerin widersprüchlich sind und daher Anlass besteht, auch ihre anderen Angaben kritisch zu hinterfragen. Insgesamt ergeben sich weder aus dem psychiatrischen Befund noch aus dem Tagesablauf der Klägerin Anhaltspunkte für eine so schwerwiegende Ausprägung der Beschwerden, dass daraus eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt resultiert. Die Beklagte hat dabei zu Recht darauf hingewiesen, dass die von Prof. Dr. W. erwähnten Ermüdungszeichen während der Untersuchung durchaus auf den Schlafmangel am Wochenende zurückzuführen sein könnten und die aufgefallene Müdigkeit daher nicht zur Begründung einer dauerhaften Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf unter drei Stunden täglich herangezogen werden kann. Der Senat kommt daher übereinstimmend mit dem Vorbringen der Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung - zu der Einschätzung, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. Dr. W. mit den von ihr genannten qualitativen Einschränkungen, denen sich der Senat anschließt, noch mindestens 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein konnte. Eine rentenrelevante zeitliche Leistungseinschränkung ergibt sich auch nicht aus dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Prof. Dr. T. vom 18. Mai 2015. Das Gutachten des Prof. Dr. T. ist zur Überzeugung des Senats vollumfänglich verwertbar. Der Gutachtensauftrag vom 27. Januar war an Prof. Dr. T. (oder Vertreterin im Amt) gerichtet, so dass es nicht zu beanstanden ist, dass Dr. H.-T. als Vertreterin - den Hauptanteil an der Gutachtenserstellung geleistet hat. Prof. Dr. T. hat mit seiner Unterschrift und dem Zusatz "auf Grund eigener Überprüfung und Urteilbildung einverstanden" zum Ausdruck gebracht, dass er sich die Feststellungen des Gutachtens zu eigen macht und mit Schreiben vom 16. Juli 2015 nochmals bestätigt, dass eine Abstimmung und ausführliche mündliche Besprechung erfolgt ist. Dabei handelt es sich um eine Vorgehensweise, die nach dem Gutachtensauftrag des Senats vom 27. Januar 2015 ausdrücklich möglich ist. Zum Einwand der Klägerin, Dr. H.-T. habe darauf hingewiesen, dass sie nicht viel Zeit habe und ihre Aufmerksamkeit schlecht gewesen sei, hat sich Dr. H.-T. im Schreiben vom 16. Juli 2015 ebenfalls geäußert und nachvollziehbar den Ablauf bei der Erstellung des Gutachtens geschildert. Der Senat hat demnach keine Bedenken im Hinblick auf die Verwertbarkeit des Gutachtens. Im psychopathologischen Befund des Gutachtens wird mitgeteilt, der Antrieb habe sich als gemindert dargestellt mit sozialem Rückzug und einer Einstellung sämtlicher Hobbys und Aktivitäten. Die Schwingungsfähigkeit sei eingeschränkt gewesen, die Psychomotorik verlangsamt und die Vitalgefühle von Schmerzen überlagert. Prof. Dr. T. hat u.a. auch eine Einschränkung in den kognitiven Funktionen festgestellt, die Konzentration und Auffassung seien gemindert gewesen mit langen Antwortlatenzen. Zum Tagesablauf und den sozialen Kontakten hat Prof. Dr. T. aufgrund der Angaben der Klägerin mitgeteilt, sie erledige Haushaltstätigkeiten, habe das Kochen mittlerweile eingestellt und ernähre sich meist nur von Butterbroten, das Einkaufen erledige sie selbst, Besuche erhalte sie kaum, die Abende verbringe sie meist allein und sie habe Hobbys oder sportliche Aktivitäten nach dem Tod des Vaters (2014) eingestellt. Prof. Dr. T. hat leichte Verdeutlichungstendenzen erwähnt und einen Widerspruch zwischen der von der Klägerin als sehr einschränkend erlebten psychiatrischen Symptomatik und der über weite Strecken der Erkrankung wenig konsequenten psychiatrischen Behandlung aufgezeigt. Die Vorstellung bei dem Nervenarzt Dr. P. sei erst ab 2010 erfolgt und seit dessen Ruhestand sei keine fachpsychiatrische Behandlung mehr erfolgt. Dies sei bei der Schwere der Erkrankung ein inadäquater Behandlungsansatz; darüber hinaus sei - wie aus dem Gutachten der Prof. Dr. W. hervorgehe - die Compliance für die Medikamenteneinnahme eher mäßig bis schlecht gewesen und nach dem Tod des Vaters habe die Klägerin eigenständig die Medikation aus Venlafaxin und Seroquel abgesetzt. Prof. Dr. T. hat deshalb darauf hingewiesen, dass die Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet nicht leitliniengerecht behandelt sei. Seiner Einschätzung nach ist die berufliche Leistungsfähigkeit durch die psychiatrische Erkrankung bei leitliniengerechter Therapie nicht tangiert und bei entsprechender antidepressiver Therapie - am ehesten im Rahmen eines weiteren stationären oder teilstationären Aufenthalts mit möglichst monotherapeutischer Einstellung auf ein Antidepressivum mit Blutserumkontrollen etc. - sei eine Besserung im Zeitraum von 6 Monaten möglich, so dass sie dann leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder vollschichtig ausführen könne.
Die Klägerin hat jedoch aus Eigeninitiative keine weiteren Behandlungsversuche unternommen und darüber hinaus auch nicht bei der weiteren Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt, so dass der Eintritt eines Leistungsfalls zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht nachweisbar ist. Sie hat die bereits im Sommer 2013 im Klinikum C.-H. empfohlene stationäre psychosomatische Behandlung, von der sich auch Prof. Dr. W. eine Besserung der Depression und der Schmerzsymptomatik erhofft hat, nicht wahrgenommen und sich auch im Anschluss an die Begutachtung durch Prof. Dr. T. nicht zeitnah um eine weitere stationäre Behandlung bemüht, seit 2013 (Ruhestand Dr. P.) keine fachpsychiatrische Behandlung mehr in Anspruch genommen und auch keine ambulante Psychotherapie angestrebt sowie darüber hinaus nach dem Tod ihres Vaters 2014 einige der verschriebenen antidepressiven Medikamente (Venlafaxin und Seroquel) abgesetzt (obwohl Prof. Dr. W. u.a. eine korrekte Einnahme der verordneten Medikamente für die Überwindung der Beschwerden als notwendig angesehen hat) und damit womöglich selbst zu einer Verschlechterung der Beschwerden beigetragen. Erst aufgrund der Vereinbarung im Erörterungstermin am 23. September 2015 hat sie am 27. Oktober 2015 die Gemeinsame Servicestelle für Rehabilitation für den Landkreis Freudenstadt und den Landkreis Calw aufgesucht. Demnach ist nicht erkennbar, dass die Klägerin bestrebt ist, aktiv an der Besserung ihrer Beschwerden mitzuwirken, was - entgegen ihrer Darstellung im Rahmen der Begutachtungen durch Prof. Dr. W. und Prof. Dr. T. - gegen besonders stark ausgeprägte Einschränkungen mit Auswirkungen auf die zeitliche Leistungsfähigkeit spricht. Der Senat ist daher nicht davon überzeugt, dass die Klägerin nicht in der Lage ist, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine leichte Tätigkeit - mit den von Prof. Dr. W. und Prof. Dr. T. genannten qualitativen Einschränkungen - mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Selbst wenn dies - entsprechend der Einschätzung des Prof. Dr. T. und der Prof. Dr. W. - seit spätestens Juni 2013 nicht der Fall sein sollte, wäre auch damit eine rentenrelevante Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens der Klägerin nicht nachgewiesen. Denn psychische Erkrankungen werden erst dann rentenrechtlich relevant, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant oder stationär) davon auszugehen ist, dass der Versicherte die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden kann - weder aus eigener Kraft noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe (vgl. BSG, Urteil vom 12. September 1990 - 5 RJ 88/89; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 27. April 2016 - L 5 R 459/15 mwN). Sowohl Prof. Dr. W. als auch Prof. Dr. T. haben die nachvollziehbare Einschätzung geäußert, dass bei leitliniengerechter Behandlung - insbesondere bei zureichender medikamentöser Therapie und Durchführung einer weiteren stationären oder teilstationären Behandlung - eine Besserung der Beschwerden möglich ist, wobei Prof. Dr. T. dabei die überzeugende Auffassung vertreten hat, dass die Klägerin dann wieder in der Lage sein werde, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig auszuführen. Dem schließt sich der Senat in vollem Umfang an. Demnach sind die oben genannten Voraussetzungen für einen Rentenanspruch nicht erfüllt, da die Klägerin die psychischen Einschränkungen mit entsprechender therapeutischer Hilfe innerhalb von sechs Monaten soweit überwinden könnte, dass keine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit mehr besteht.
Aufgrund der fehlenden Mitwirkung der Klägerin lässt sich auch nicht nachweisen, dass sich der Gesundheitszustand zwischenzeitlich wesentlich verschlechtert hat oder dass eine - möglicherweise von der Klägerin inzwischen aufgenommene - leitliniengerechte Behandlung innerhalb von sechs Monaten nicht zu der von Prof. Dr. W. und Prof. Dr. T. angenommenen Verbesserung geführt hat. Denn es fehlen Informationen darüber, welche medizinischen Maßnahmen die Klägerin zur Behandlung ihrer Beschwerden unternommen hat bzw. wie sich ihr Gesundheitszustand seit der Begutachtung durch Prof. Dr. T. entwickelt hat, weil sie auf mehrfache Anfragen des Senats hierzu nicht reagiert hat. Aus diesem Grund war dem Senat auch keine weitere Sachverhaltsaufklärung möglich.
Der Nachweis des Eintritts der Erwerbsminderung konnte von der Klägerin damit nicht geführt werden.
Die Klägerin hat daher keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI.
Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI kommt von vornherein nicht in Betracht, da die Klägerin nach dem 1. Januar 1961 geboren ist.
Da das SG die Beklagte somit zu Unrecht verurteilt hat, der Klägerin eine befristete Rente für die Zeit vom 1. Dezember 2013 bis 31. März 2014 zu gewähren, war das Urteil vom 11. Juni 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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