L 5 KA 1612/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KA 4283/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 1612/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.01.2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.698,54 EUR endgültig festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen eine im Wege der Wirtschaftlichkeitsprüfung verfügte Honorarkürzung.

Der Kläger nimmt an der vertragszahnärztlichen Versorgung mit Vertragszahnarztsitz in St. teil.

Mit Bescheid vom 22.02.2012 ( ... BPS S .../11 und ... BPS S .../11) setzte die Prüfungsstelle im Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung gegen den Kläger eine Honorarkürzung i.H.v. 5.698,54 EUR betreffend die Quartale 3/2010 und 4/2010 fest. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.07.2012 ( ... S .../12 und ... S .../12) zurück.

Am 27.06.2012 hatte im Disziplinarverfahren gegen den Kläger (DA 0 /12) eine Sitzung des (bei der Beigeladenen zu 1) errichteten) Disziplinarausschusses stattgefunden. Am 03.07.2012 legte der Vorsitzende des Disziplinarausschusses dem Sozialgericht Stuttgart (SG) - in den Klageverfahren des Klägers S 10 KA 1376/11 und S 10 KA 6348/11 (dazu Senatsbeschlüsse vom 06.09.2016 in den zugehörigen Berufungsverfahren des Klägers L 5 KA 1613/14 und L 5 KA 1243/14) - die über diese Sitzung angefertigte Sitzungsniederschrift vor.

An der Sitzung des Disziplinarausschusses hatten (u.a.) der Kläger (als Betroffener) mit seinen (damaligen) Verfahrensbevollmächtigten - Rechtsanwalt Dr. R. und Rechtsanwältin Dr. Dr. L. (Vollmacht vom 23.05.2012) - sowie Frau Sp. als Vertreterin der Beigeladenen zu 1) teilgenommen. Die Sitzungsniederschrift enthält (u.a.) folgende Feststellungen:

Mit dem betroffenen Zahnarzt und seinen Rechtsbeiständen werden die verfahrensgegenständlichen Verstöße erörtert. Der Disziplinarausschuss stellt in Aussicht, dass im Falle der Rücknahme der beim Sozialgericht Stuttgart anhängigen Klagen eine Geldbuße von höchstens 2.500,00 EUR verhängt wird.

...

Um 16:20 Uhr wird die Sitzung unterbrochen, um dem Betroffenen und seinen Rechtsbeiständen Gelegenheit zu geben, sich wegen der Einlassung zu den Vorwürfen zu beraten.

Um 16:50 Uhr wird die Sitzung fortgesetzt.

Der betroffene Zahnarzt Dr. m. (R) H. M. gibt nach Beratung mit seinen Bevollmächtigten, Rechtsanwalt Dr. R. und Rechtsanwältin Dr. Dr. L., folgende Erklärungen ab.

1. Die beim Sozialgericht Stuttgart anhängigen Klagen (S 10 KA 1376/11, S 10 KA 6348/11, weiteres Aktenzeichen nicht bekannt) gegen die Widerspruchsbescheide vom 08.02.2011 ( ... S .../10 und ... S .../10), vom 12.10.2011 ( ... S .../11 und ... S .../11) sowie vom 26.01.2012 ( ... S .../11 und ... S .../11) nehme ich zurück.

2. Gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses aufgrund meines Widerspruchs gegen den Prüfbescheid vom 22.02.2012 ( ... BPS S .../11 und ... BPS S .../11) werde ich kein Rechtsmittel einlegen.

vorgelesen und genehmigt.

Der Betroffene gibt Erklärungen zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen ab.

Danach wird die Beweisaufnahme geschlossen. Die Vertreterin der K. sowie der Betroffene und seine Rechtsbeistände erhalten Gelegenheit zu abschließenden Ausführungen.

Frau Sp. beantragt, eine Geldbuße von mehr als 1.500,00 EUR zu verhängen.

Rechtsanwältin Dr. Dr. L. beantragt, eine möglichst niedrige Geldbuße zu verhängen.

Der Betroffene schließt sich seinen Rechtsbeiständen an und gibt abschließende Erklärungen ab.

... Der Vorsitzende verkündet folgenden vom Disziplinarausschuss beschlossenen Disziplinarbescheid:

1. Gegen den Betroffenen wird eine Geldbuße in Höhe von 1.700,00 EUR verhängt ... Am 02.08.2012 erhob der Kläger Klage beim SG gegen den Bescheid der Prüfungsstelle vom 22.02.2012 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 09.07.2012 (Verfahren S 10 KA 4283/12).

Der Beklagte trat der Klage entgegen. Mit Beschluss vom 16.08.2012 (berichtigt durch Beschluss vom 27.08.2012) lud das SG die Beigeladenen zum Verfahren bei.

Mit Verfügung vom 08.03.2013 wies das SG die Beteiligten darauf hin, dass der Kläger in der Sitzung des Disziplinarausschusses vom 27.06.2012 auf Rechtsmittel gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 22.02.2012 verzichtet haben könnte; er habe seinerzeit erklärt, gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel einzulegen. Darin könnte ein außergerichtlicher Rechtsmittelverzicht oder infolge der Übermittlung der Sitzungsniederschrift durch den Vorsitzenden des Disziplinarausschusses an das SG ein gegenüber dem Gericht erklärter Rechtsmittelverzicht liegen.

Der Kläger trug hierauf vor, ein Rechtsmittelverzicht liege nicht vor. Wenn überhaupt, komme allenfalls ein außergerichtliche Rechtsmittelverzicht durch Vergleich in der Sitzung des Disziplinarausschusses in Betracht; das scheide aber aus, weil der Vergleich auf Widerruf geschlossen worden sei. Der Widerruf sei bis zum 07.08.2012 zulässig und er habe den Widerruf mit Erhebung der Klage am 02.08.2012 erklärt. Der Vergleich sei deswegen zustande gekommen, weil ihn sein damaliger Rechtsbeistand überrumpelt und zu dem Vergleich gedrängt habe. Das sei nicht in seinem Interesse, sondern wohl im (Gebühren-)Interesse des Rechtsbeistands gewesen. Die Äußerungen vor dem Disziplinarausschuss seien nicht seine, sondern diejenigen seines damaligen Anwalts gewesen. Diese lasse er sich nicht zurechnen, da die Äußerungen abredewidrig geschehen seien. Auch deswegen habe er den Vergleich widerrufen.

Der Beklagte (ebenso die Beigeladene zu 1) trug vor, der Kläger habe zumindest damit rechnen müssen, dass der in der Sitzung des Disziplinarausschusses vom 27.06.2012 erklärte Rechtsmittelverzicht dem SG zugeleitet werde. Man wende gegen die trotz Rechtsmittelverzicht erhobene Klage prozessuale Arglist des Klägers ein. Die Klage sei als unzulässig abzuweisen.

Am 17.01.2014 fand die mündliche Verhandlung des SG statt. Der Vertreter des Beklagten gab an, bei Erlass des Widerspruchsbescheids vom 09.07.2012 sei der vom Kläger in der Sitzung des Disziplinarausschusses vom 27.06.2012 erklärte Rechtsmittelverzicht nicht bekannt gewesen.

Mit Urteil vom 17.01.2014 wies das SG die Klage ab; im Rubrum des Urteils sind als Klagegegner der Beklagte und die Prüfungsstelle benannt. Zur Begründung führte das SG aus, Streitgegenstand sei allein der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 09.07.2012. Alleiniger Beklagter sei deshalb der G. B ... Die Klage sei unzulässig. Der Kläger habe rechtsmissbräuchlich Klage erhoben. Er habe in Sitzung des Disziplinarausschusses vom 27.06.2012 - anwaltlich vertreten - zur Niederschrift erklärt, dass er gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses kein Rechtsmittel einlegen werde. Damit habe der Kläger zu erkennen gegeben, dass er die Entscheidung der Prüfungsstelle akzeptiere. Mit der gleichwohl am 02.08.2012 erhobenen Klage setze er sich zu seinem eigenen Vorbringen daher in Widerspruch.

Gegen das ihm am 29.03.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.04.2014 Berufung eingelegt. Er trägt - nach Schilderung der Vorgeschichte des Rechtsstreits aus seiner Sicht - (u.a.) vor, er habe festgestellt, dass sein (damaliger) Rechtsanwalt nicht das Ziel verfolgt habe, ihn vor Willkür des Staates zu schützen, und gemeinsame Sache mit der Gegenseite gemacht habe. Deshalb habe er ihm das Mandat entzogen. Es sei wahr, dass er vor dem Disziplinarausschuss, der aber gar nicht erst hätte tagen dürfen, einem Vergleich zugestimmt habe. Die Äußerungen in der Sitzung des Disziplinarausschusses seien allerdings nicht seine Äußerungen, sondern diejenigen seines - so der Kläger - "verräterischen Rechtsanwalts" gewesen. Diese lasse er sich nicht zurechnen, weil sie abredewidrig gewesen seien. Er habe die Klage im Verfahren S 10 KA 4283/12 nicht zurückgenommen und werde sie auch nicht zurücknehmen und er habe auf die Fortführung des Verfahrens auch nicht verzichtet. Es könne nicht sein, vier Prozesse (S 10 KA 1940/13, S 10 KA 1938/13, S 10 KA 1939/13 und S 10 KA 4283/12) mit einem Disziplinarprozess (S 10 KA 4284/12), der eigentlich gar nicht zu verhandeln gewesen sei und am 17.01.2014 nicht auf der Tagesordnung des SG gestanden habe, auszuhebeln.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.01.2014 sowie den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 09.07.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 5.698,54 EUR zurückzuzahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt (u.a.) vor, der Bescheid der Prüfungsstelle sei nicht Streitgegenstand des Gerichtsverfahrens; gegen ihn könnten sich Klage und Berufung zulässigerweise nicht richten. Der Kläger verhalte sich prozessual arglistig. Er habe in der Sitzung des Disziplinarausschusses vom 27.06.2012, handelnd durch seine Verfahrensbevollmächtigten, erklärt, gegen den im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid des Prüfungsausausschusses vom 22.01.2012 ergehenden Widerspruchsbescheid kein Rechtsmittel einzulegen. Der Kläger habe sich vor dem Disziplinarausschuss einsichtig gezeigt und dies durch den zugesagten Rechtsmittelverzicht und die zugesagten Klagerücknahmen dokumentiert. Nur deswegen sei ein deutlich geringeres Bußgeld verhängt worden. Die Erklärungen seiner Verfahrensbevollmächtigten müsse sich der Kläger zurechnen lassen. Diese Erklärungen seien nicht wirksam angefochten; ein Anfechtungsgrund sei weder ersichtlich noch geltend gemacht worden. Der Kläger habe zudem erst mit dem Schriftsatz vom 20.03.2013 - etwa 9 Monate nach der Sitzung des Disziplinarausschusses vom 27.06.2012 - behauptet, seine Verfahrensbevollmächtigten hätten seinerzeit abredewidrig gehandelt. Mit der Klageerhebung trotz Rechtsmittelverzichts verhalte sich der Kläger arglistig.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er die Berufung, was vorliegend beabsichtigt sei, gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Kläger hat sich nicht mehr geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten des Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Streitgegenstand des Berufungs- wie des Klageverfahrens ist der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 09.07.2012, der den Bescheid der Prüfungsstelle vom 22.02.2012 ersetzt hat. Verfahrensbeteiligte sind daher (neben den Beigeladenen) der Kläger und der Beklagte (G. B.); die Prüfungsstelle, deren Bescheid nicht Streitgegenstand ist (vgl. u.a. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19.06.1996, - 6 RKa 40/95 -, m.w.N., in juris) ist nicht Verfahrensbeteiligte.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Der Senat nimmt hierfür auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Berufungsverfahren über Wirksamkeit und Rechtsfolgen der Erklärung, die in der Niederschrift über die Sitzung des Disziplinarausschusses vom 27.06.2012 unter Nr. 2 mit dem Wortlaut: "Gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses aufgrund meines Widerspruchs gegen den Prüfbescheid vom 22.02.2012 ( ... BPS S .../11 und ... BPS S .../11) werde ich kein Rechtsmittel einlegen" festgehalten worden ist.

Erklärender der genannten Erklärung ist der Kläger. Die Erklärung ist in der Sitzungsniederschrift des Disziplinarausschusses als Erklärung des Klägers festgehalten worden. Dass sie offenbar (unmittelbar) von seinen Verfahrensbevollmächtigten (für ihn) abgegeben worden ist, ist unerheblich. Die Verfahrensbevollmächtigten des Klägers haben im Namen des Klägers gehandelt und sind hierfür mit (Prozess-)Vollmacht vom 23.05.2012 bevollmächtigt worden. Ihre Erklärungen sind dem Kläger daher zuzurechnen (vgl. § 164 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB, bzw. § 73 Abs. 6 Satz 7 SGG i.V.m. § 85 Zivilprozessordnung, ZPO) und im Außenverhältnis (gegenüber dem SG) wirksam. Etwaige - auch nur ohne weitere Substantiierung behauptete - Pflichtverletzungen der Verfahrensbevollmächtigten im Innenverhältnis (gegenüber dem Kläger) sind hierfür rechtlich unerheblich. Ebenso ist unerheblich, ob das Disziplinarverfahren bzw. die Sitzung des Disziplinarausschusses seinerzeit zu Recht oder, wie der Kläger behauptet, zu Unrecht durchgeführt worden ist. Ein vom Kläger ebenfalls behaupteter "Widerrufsvergleich" ist nicht geschlossen worden; das geht aus der Niederschrift über die Sitzung des Disziplinarausschusses, in der weder von einem Vergleich noch von einem Widerrufsrecht die Rede ist, klar hervor.

Erklärungsinhalt der Erklärung ist der Verzicht auf Rechtsmittel gegen den im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid der Prüfungsstelle vom 22.02.2012 ergehenden Widerspruchsbescheid des Beklagten. Das geht aus dem klaren Wortlaut der Erklärung: "werde ich kein Rechtsmittel einlegen" unzweifelhaft hervor. Hintergrund des Rechtsmittelverzichts (wie der vom Kläger ebenfalls erklärten Klagerücknahme(n) - dazu Senatsbeschlüsse vom 06.09.2016 in den Berufungsverfahren des Klägers L 5 KA 1243/14 und L 5 KA 1613/14) ist gewesen, dass man dem Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift des Disziplinarausschusses eine Begrenzung der (zu erwartenden) Geldbuße auf höchstens 2.500,00 EUR in Aussicht gestellt hat, wenn er den in Rede stehenden Rechtsmittelverzicht erklärt und beim SG anhängige Klagen zurücknimmt und die Klageverfahren dadurch beendet. Der Kläger hat die in Rede stehende Erklärung nach Beratung mit seinen Verfahrensbevollmächtigten abgegeben und damit die Verhängung einer (deutlich unter 2.500,00 EUR liegenden) Geldbuße von (nur) 1.700,00 EUR erwirkt.

Erklärungsempfänger der Erklärung ist das SG. Dieses, und nicht etwa der Disziplinarausschuss oder der Beklagte, ist Inhaltsadressat der Erklärung, die, die Erklärung eines Rechtsmittelverzichts (Klageverzichts) zum Gegenstand hat. Der Disziplinarausschuss hat die an das SG gerichtete Erklärung des Klägers - im Zuge der Absprache: geringere Geldbuße gegen Klagerücknahmen und Rechtsmittelverzicht - (nur) entgegengenommen und in seiner Sitzungsniederschrift festgehalten, wobei aus den vorstehend dargestellten Umständen, unter denen die Erklärung abgegeben worden ist, klar hervorgeht, dass sie vom Disziplinarausschuss (dessen Vorsitzenden) - gleichsam als Bote - dem SG hat zugeleitet werden sollen, da eine (weitere) Verzichtserklärung (unmittelbar) gegenüber dem SG nicht abzugeben gewesen ist.

Der Rechtsmittelverzicht - Verzicht auf die Klage gegen den im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid der Prüfungsstelle vom 22.02.2012 ergehenden Widerspruchsbescheid des Beklagten - ist auch wirksam. Zwar kann ein Klageverzicht vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens, auch des Widerspruchsverfahrens, grundsätzlich nicht wirksam ausgesprochen werden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG § 90 Rdnr. 11 unter Hinweis auf BVerwG DÖV 1958,737 und OVG Nordrhein-Westfalen NVwZ 1983,681). Ausgangspunkt hierfür ist die Regelung in § 50 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO), wonach auf die Erhebung der (finanzgerichtlichen) Klage nach Erlass des Verwaltungsakts verzichtet werden kann. Darin kommt ein allgemeiner Rechtsgedanke zum Ausdruck. Der Verzichtende muss genau erkennen können, welchen Inhalt der Verwaltungsakt, der Gegenstand des Klageverzichts ist, hat, und er soll keinen "Blankoverzicht" erklären. Dieser Rechtsgedanke ist vorliegend nur bedingt einschlägig, weil der Kläger infolge des bereits ergangenen Bescheids der Prüfungsstelle um die Honorarkürzung, insbesondere den Kürzungsbetrag, gewusst hat und er hiernach erkennen konnte, welchen Inhalt der Bescheid des Beklagten vom 09.07.2012 haben wird (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O.) Jedenfalls kann ein Klageverzicht vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens (rechtsgeschäftlich) vereinbart werden (Kopp/Schenke, VwGO § 74 Rdnr. 21 unter Hinweis auf BGH NJW 1982, 2073; vgl. auch BSG, Urteil vom 26.06.1980, - 5 RJ 70/79 -, in juris Rdnr. 62), was auch Absprachen der vorliegenden Art im Rahmen eines Disziplinarverfahrens (zur Verständigung im Strafverfahren § 257c Strafprozessordnung, StPO) ermöglicht.

Mit Einreichung der Niederschrift über die Sitzung des Disziplinarausschusses vom 27.06.2012 am 03.07.2012 beim SG durch die bestimmungsgemäße Vorlage der Niederschrift durch den Vorsitzenden des Disziplinarausschusses ist die in der Niederschrift enthaltene Rechtsmittelverzicht (Klageverzicht) des Klägers als gegenüber dem SG bewirkte Prozesshandlung wirksam geworden. Er kann, wie das SG zutreffend dargelegt hat, als Prozesshandlung weder widerrufen noch wegen etwaiger Willensmängel angefochten werden (Kopp/Schenke, VwGO § 74 Rdnr. 23). Davon abgesehen würde die bloße Behauptung von Widerrufs- oder Anfechtungserklärungen oder die Behauptung abredewidrigen Verhaltens der Verfahrensbevollmächtigten des Klägers hierfür auch nicht genügen.

Das SG muss den Rechtsmittelverzicht (Klageverzicht) des Klägers von Amts wegen berücksichtigen und die Klage als unzulässig abweisen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO § 74 Rdnr. 24 m.w.N.; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG § 90 Rdnr. 10; auch § 50 Abs. 1 Satz 3 FGO).

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 3 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese Sachanträge nicht gestellt und damit (insbesondere) ein Prozessrisiko nicht übernommen haben.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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