Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 5719/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4661/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 30.09.2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob beim Kläger aufgrund einer abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung besteht.
Der 1944 geborene Kläger ist als Journalist tätig. Er ist an der Beigeladenen zu 1) (Handelsregister bei dem Amtsgericht Freiburg - HAB 7 ...) als Gesellschafter mit einem Gesellschaftsanteil von 50 % beteiligt. Alleingeschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) ist seine Tochter, die ebenfalls über einen Gesellschaftsanteil von 50 % verfügt. Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen zu 1) ist die inhaltliche und gestalterische Betreuung von gedruckten und digitalisierten Medien auch im Auftrag Dritter, der Betrieb eines Internetportals zur Vermarktung von Waren sowie die Öffentlichkeitsarbeit im Auftrag von anderen Unternehmen. Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Regelungen zu Stimmrechten bei Beschlüssen der Gesellschafter.
Der Kläger erbringt seit 01.01.2014 journalistische Tätigkeiten für die Beigeladene zu 1) und erhält dafür eine monatliche Vergütung iHv 1.000 EUR. Er bezieht eine Altersvollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Kläger beantragte am 23.01.2014 die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bei der Beklagten. Im Antrag gab er an, dass er für mehrere Auftraggeber tätig sei, das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt aus der zu beurteilenden Tätigkeit und weiteren abhängigen Beschäftigungen die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteige, er eine Tätigkeit als freier Journalist bei der Beigeladenen zu 1) ausübe, er keinem Weisungsrecht der Gesellschaft unterliege und er seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten könne. Die Verbuchung der Vergütung erfolge in der GmbH als Betriebsausgabe.
Der Kläger schloss mit der Beigeladenen zu 1) (- im Vertrag "Verlag" genannt -) einen Vertrag über freie Mitarbeit, der auszugsweise wie folgt lautet:
1. Der Journalist J. E. erbringt in freier und selbstständiger Mitarbeit folgende Leistungen: Journalistische Beiträge für im Verlag produzierte Magazine und Bücher 2. Der Journalist gestaltet seine Arbeitszeit und Arbeitsweise für den Verlag nach freiem Ermessen. Er ist nicht in Arbeitsablauf der Redaktion eingebunden und erhält keine Einzelweisungen zur Gestaltung seiner Arbeit von Seiten der Redaktion. Für einen geeigneten Arbeitsplatz hat der Journalist selbst Sorge zu tragen. 3. [ ] 4. Zur Abgeltung der oben genannten Leistungen des Journalisten zahlt der Verlag eine monatliche Honorarpauschale in Höhe von Euro 1.000. [ ]
Mit Schreiben vom 14.02.2014 hörte die Beklagte den Kläger bezüglich der beabsichtigten Feststellung einer abhängigen Beschäftigung an. Mit Bescheid vom 25.03.2014 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als mitarbeitender Gesellschafter bei der Beigeladenen zu 1) seit 01.01.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und in dem Beschäftigungsverhältnis Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung und Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung bestehe. Zur Begründung führte die Beklagte aus, für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass ein gesonderter Arbeitsvertrag vorliege, für die Tätigkeit eine monatliche Vergütung gezahlt werde und der Kläger kraft seines Anteiles am Stammkapital keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben könne. Als Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit seien die Umstände zu berücksichtigen, dass der Kläger mit 50 % am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt sei und angabengemäß hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Tätigkeit keine Weisungen durch den Auftraggeber erhalte. Aufgrund des festen monatlichen Honorars trage der Kläger kein Unternehmerrisiko. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen. In der Rentenversicherung bestehe Versicherungsfreiheit, weil der Kläger eine Vollrente wegen Alters beziehe. Nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe Versicherungsfreiheit, weil der Kläger die Regelaltersgrenze erreicht habe.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass er in keiner Weise wirtschaftlich von der Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) abhängig sei. Er sei auch nicht in die Arbeitsorganisation eingegliedert. Weisungen dürften ihm nicht erteilt werden. Im Wesentlichen berate er die Geschäftsführerin in strategischen Fragen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 09.12.2014 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Die Beigeladene zu 1) hat mitgeteilt, dass die Aufwandspauschale iHv 1.000 EUR für journalistische Beiträge, die Repräsentation des Unternehmens in der Öffentlichkeit und die strategische Beratung der Geschäftsführerin bezahlt werde. Es handle sich nicht um ein Arbeitnehmergehalt, sondern um eine Aufwandsentschädigung. Der Kläger unterliege keinerlei Weisungen der Geschäftsführung, er sei frei in der Art der Gestaltung seiner Tätigkeit.
Mit Urteil vom 30.09.2015 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 25.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2014 aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) keine Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung begründe. Hierzu hat das SG ausgeführt, dass gegen eine tatsächliche Weisungsgebundenheit der Vertrag über freie Mitarbeit spreche. Zwar werde dem Kläger ein Anspruch auf eine feste monatliche Vergütung von 1.000 EUR gewährt. Jedoch sei die Gestaltung der Arbeitszeit und Arbeitsweise dem freien Ermessen des Klägers überlassen gewesen. Er sei nicht in den Arbeitsablauf der Redaktion eingebunden gewesen und habe keine Einzelanweisungen zur Gestaltung seiner Arbeit erhalten. Nach dem Vertrag sei auch hinsichtlich des Umfangs und des Inhalts seiner Leistung freies Ermessen eingeräumt worden. Der Vertrag verpflichtete ihn lediglich, journalistische Beiträge zu erbringen. In welchem Umfang der Kläger Leistungen erbringen müsse und welchen Inhalt diese haben sollen, bleibe nach dem Vertrag dem freien Ermessen des Klägers überlassen. Eine vertragliche Verpflichtung zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess der Beigeladenen zu 1) ergebe sich damit nicht.
Gegen das der Beklagten am 26.10.2015 zugestellte Urteil hat diese am 06.11.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.
Sie ist der Ansicht, dass der Kläger verpflichtet sei, seine Arbeitskraft regelmäßig in dem Umfang in den Dienst der Beigeladenen zu 1) zu stellen, der den Gegenwert für die Vergütung darstelle. Über die täglichen Geschäfte bestimme die Geschäftsführung, deren Weisungsrecht gegenüber dem Kläger bestehe. Der Kläger sei funktionsgerecht dienend in die durch die Geschäftsführung bestimmte betriebliche Organisation eingegliedert. Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Regelungen könne der Kläger keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH ausüben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) komme es jedoch entscheidend auf die gesellschaftsvertragliche Rechtsmacht an.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.09.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig sowie in der Sache begründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 25.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2014, mit dem festgestellt worden ist, dass der Kläger ab 01.01.2014 in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) abhängig beschäftigt war und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt.
Das SG hat zu Unrecht den Feststellungsbescheid aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit keine Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung begründet. Denn der Kläger übte seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) ab 01.01.2014 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus. Die Beklagte hat zu Recht für den streitigen Zeitraum das Bestehen von Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung festgestellt. Die Klage war deshalb abzuweisen.
Nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antrag-stellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl 2000 I, Seite 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, Seite 6). Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Kläger am 23.01.2014 bei der Beklagten gestellt.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen grundsätzlich in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III). Die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung scheidet im vorliegenden Fall von vornherein aus, weil der Kläger bereits Bezieher einer Altersvollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist und die Regelaltersgrenze erreicht hat (§ 5 Abs 4 Nr 1 SGB VI, § 28 Abs 1 Nr 1 SGB III).
Nach § 7 Abs 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111,257 mwN).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig zunächst vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, juris).
Zur Überzeugung des Senats steht im vorliegenden Fall fest, dass der Kläger seit 01.01.2014 als Journalist für die Beigeladene zu 1) tätig ist. Zudem übernimmt er repräsentative Aufgaben für das Unternehmen und berät die Geschäftsführerin, seine Tochter. Dies ergibt sich nachvollziehbar und glaubhaft aus dem geschlossenen Vertrag über freie Mitarbeit sowie den Ausführungen der Beigeladenen zu 1). Für seine Tätigkeit erhält der Kläger eine monatliche pauschale Vergütung iHv 1.000 EUR, die bei der Beigeladenen zu 1) als Betriebsausgabe verbucht wird. Der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) geschlossene Vertrag sieht vor, dass der Kläger seine Arbeitszeit und Arbeitsweise für den Verlag nach freiem Ermessen gestaltet. Vereinbart ist, dass er nicht in den Arbeitsablauf der Redaktion eingebunden ist und keine Einzelweisungen zu Gestaltung seiner Arbeit von Seiten der Redaktion erhält. Für einen geeigneten Arbeitsplatz hat der Kläger selbst Sorge zu tragen.
Eine Tätigkeit als Journalist, Repräsentant und Berater ist grundsätzlich nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern auch im Rahmen einer freien Mitarbeit (Dienstvertrag) möglich. Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht entscheidend, an wie vielen verschiedenen Vorhaben der Betreffende teilgenommen hat und ob er auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw war (BAG 09.10.2002, 5 AZR 405/01). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG, 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1).
Der Wortlaut des Vertrages sowie insbesondere der Umstand, dass dem Kläger im Hinblick auf seine Arbeitszeit und Arbeitsweise freies Ermessen eingeräumt wurde, spricht zusammen mit der Tatsache, dass er keinen Arbeitsplatz in den Räumen der Beigeladenen zu 1) hat, für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.
Nach Ansicht des Senats ist der Kläger in den fremden Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Höhere Dienste, zu denen auch die hier ausgeübten Tätigkeiten des in seinem Berufsbild - aufgrund langjähriger Berufspraxis als Redakteur und Verleger - sehr erfahrenen Klägers gehören, werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSG 29.03.1962, B 3 RK 74/57, BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und 28.04.1964, B 3 RK 68/60, BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG 30.04.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 21). So liegt der Fall hier. Dafür spricht der Umstand, dass der Kläger nach dem Wortlaut des Vertrags nur zu einer journalistischen Tätigkeit verpflichtet ist, nach seinem eigenen Vorbringen und dem seiner Tochter (Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) aber auch zu anderen Tätigkeiten herangezogen wird. Darin zeigt sich, dass die Beigeladene zu 1) tatsächlich über die Arbeitskraft des Klägers verfügen kann. Insoweit ist der Kläger in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert.
Bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung ist entscheidend als Indiz für abhängige Beschäftigung zu berücksichtigen, dass dem Kläger ein Anspruch auf ein monatliches Festgehalt für seine Tätigkeit eingeräumt wurde. Üblicherweise werden selbstständige Journalisten nach Zeilenhonorar bezahlt.
Der Kläger trägt auch kein die Selbständigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko, was der Senat neben der Festvergütung als ganz entscheidenden Gesichtspunkt für das Vorliegen abhängiger Beschäftigung wertet. Ein Unternehmerrisiko trägt, wer eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes einsetzt und somit der Erfolg des Einsatzes der sachlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist zudem nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R; 28.05. 2008, B 12 KR 13/07 R). Ein Unternehmerrisiko kann nur dann angenommen werden, wenn eine Gefahr vorliegt, die über diejenige hinausgeht, kein Entgelt zu erzielen. Dies ist der Fall, wenn bei Auftragsmangel nicht nur kein Einkommen erzielt wird, sondern auch zusätzliche Kosten für betriebliche Investitionen brach liegen (LSG Sachsen 04.03.2014, L 5 R 425/12). Freie Mitarbeiter tragen ein Unternehmerrisiko, wenn der Erfolg des Einsatzes ihrer Arbeitskraft ungewiss ist; das gilt namentlich, wenn ihnen kein Mindereinkommen garantiert ist. Der Selbständige kann eine Vergütung nur beanspruchen, wenn er eine bestimmte Leistung auch erbringt, wogegen dem abhängig Beschäftigten ein Lohnanspruch schon dann zusteht, wenn er sich arbeitsbereit hält (Senatsurteil vom 17.01.2012, L 11 R 5683/09, juris) Der Erfolg des Einsatzes der Arbeitskraft des Klägers für die Beigeladene zu 1) war nicht ungewiss. Denn er schuldete nur den Einsatz seiner Arbeitskraft und erhielt hierfür ein festes Honorar. Er setzte keine eigenen Betriebsmittel oder Kapital in wesentlichem Umfang ein.
Der Umstand, dass der Kläger mit 50 % an der Beigeladenen zu 1) beteiligt ist, führt ebenfalls nicht zum Ausschluss einer abhängigen Beschäftigung. Im Gesellschaftsvertrag findet sich keine Regelung zu den Stimmrechten, so dass die gesetzlichen Regelungen Anwendung finden. Gemäß § 47 Abs 1 GmbHG erfolgen Beschlüsse der Gesellschafter nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Das Stimmrecht des einzelnen Gesellschafters richtet sich nach der Höhe seiner Geschäftsanteile (§ 47 Abs 2 GmbHG). Da der Kläger hier nur mitarbeitender Gesellschafter und nicht Geschäftsführer ist, kann er daher mit seinem Stimmrechtsanteil von 50% keine Weisungen der Geschäftsführerin ihm gegenüber über Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verhindern. Denn mitarbeitende Gesellschafter haben nur dann maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft, sofern sie Mehrheitsgesellschafter sind (BSG 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R). Deshalb ist ein mitarbeitender Gesellschafter, der nicht Mehrheitsgesellschafter ist, regelmäßig abhängig beschäftigt.
Die familiäre Verbundenheit zwischen dem Kläger und seiner Tochter als Geschäftsführerin ist nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, kein taugliches Unterscheidungskriterium zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit mehr. Das BSG hat die "Kopf und Seele - Rechtsprechung" ausdrücklich aufgegeben (BSG 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R).
Dass keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlter Urlaub vereinbart sind, kann weder als Indiz für selbstständige Tätigkeit noch für abhängige Beschäftigung herangezogen werden. Solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten.
In der Gesamtabwägung überwiegen deshalb die Merkmale, die für abhängige Beschäftigung sprechen, so dass Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung besteht.
Gründe für Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung aus anderem Grund sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob beim Kläger aufgrund einer abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung besteht.
Der 1944 geborene Kläger ist als Journalist tätig. Er ist an der Beigeladenen zu 1) (Handelsregister bei dem Amtsgericht Freiburg - HAB 7 ...) als Gesellschafter mit einem Gesellschaftsanteil von 50 % beteiligt. Alleingeschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) ist seine Tochter, die ebenfalls über einen Gesellschaftsanteil von 50 % verfügt. Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen zu 1) ist die inhaltliche und gestalterische Betreuung von gedruckten und digitalisierten Medien auch im Auftrag Dritter, der Betrieb eines Internetportals zur Vermarktung von Waren sowie die Öffentlichkeitsarbeit im Auftrag von anderen Unternehmen. Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Regelungen zu Stimmrechten bei Beschlüssen der Gesellschafter.
Der Kläger erbringt seit 01.01.2014 journalistische Tätigkeiten für die Beigeladene zu 1) und erhält dafür eine monatliche Vergütung iHv 1.000 EUR. Er bezieht eine Altersvollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Kläger beantragte am 23.01.2014 die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bei der Beklagten. Im Antrag gab er an, dass er für mehrere Auftraggeber tätig sei, das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt aus der zu beurteilenden Tätigkeit und weiteren abhängigen Beschäftigungen die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteige, er eine Tätigkeit als freier Journalist bei der Beigeladenen zu 1) ausübe, er keinem Weisungsrecht der Gesellschaft unterliege und er seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten könne. Die Verbuchung der Vergütung erfolge in der GmbH als Betriebsausgabe.
Der Kläger schloss mit der Beigeladenen zu 1) (- im Vertrag "Verlag" genannt -) einen Vertrag über freie Mitarbeit, der auszugsweise wie folgt lautet:
1. Der Journalist J. E. erbringt in freier und selbstständiger Mitarbeit folgende Leistungen: Journalistische Beiträge für im Verlag produzierte Magazine und Bücher 2. Der Journalist gestaltet seine Arbeitszeit und Arbeitsweise für den Verlag nach freiem Ermessen. Er ist nicht in Arbeitsablauf der Redaktion eingebunden und erhält keine Einzelweisungen zur Gestaltung seiner Arbeit von Seiten der Redaktion. Für einen geeigneten Arbeitsplatz hat der Journalist selbst Sorge zu tragen. 3. [ ] 4. Zur Abgeltung der oben genannten Leistungen des Journalisten zahlt der Verlag eine monatliche Honorarpauschale in Höhe von Euro 1.000. [ ]
Mit Schreiben vom 14.02.2014 hörte die Beklagte den Kläger bezüglich der beabsichtigten Feststellung einer abhängigen Beschäftigung an. Mit Bescheid vom 25.03.2014 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als mitarbeitender Gesellschafter bei der Beigeladenen zu 1) seit 01.01.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und in dem Beschäftigungsverhältnis Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung und Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung bestehe. Zur Begründung führte die Beklagte aus, für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass ein gesonderter Arbeitsvertrag vorliege, für die Tätigkeit eine monatliche Vergütung gezahlt werde und der Kläger kraft seines Anteiles am Stammkapital keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben könne. Als Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit seien die Umstände zu berücksichtigen, dass der Kläger mit 50 % am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt sei und angabengemäß hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Tätigkeit keine Weisungen durch den Auftraggeber erhalte. Aufgrund des festen monatlichen Honorars trage der Kläger kein Unternehmerrisiko. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen. In der Rentenversicherung bestehe Versicherungsfreiheit, weil der Kläger eine Vollrente wegen Alters beziehe. Nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe Versicherungsfreiheit, weil der Kläger die Regelaltersgrenze erreicht habe.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass er in keiner Weise wirtschaftlich von der Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) abhängig sei. Er sei auch nicht in die Arbeitsorganisation eingegliedert. Weisungen dürften ihm nicht erteilt werden. Im Wesentlichen berate er die Geschäftsführerin in strategischen Fragen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 09.12.2014 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Die Beigeladene zu 1) hat mitgeteilt, dass die Aufwandspauschale iHv 1.000 EUR für journalistische Beiträge, die Repräsentation des Unternehmens in der Öffentlichkeit und die strategische Beratung der Geschäftsführerin bezahlt werde. Es handle sich nicht um ein Arbeitnehmergehalt, sondern um eine Aufwandsentschädigung. Der Kläger unterliege keinerlei Weisungen der Geschäftsführung, er sei frei in der Art der Gestaltung seiner Tätigkeit.
Mit Urteil vom 30.09.2015 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 25.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2014 aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) keine Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung begründe. Hierzu hat das SG ausgeführt, dass gegen eine tatsächliche Weisungsgebundenheit der Vertrag über freie Mitarbeit spreche. Zwar werde dem Kläger ein Anspruch auf eine feste monatliche Vergütung von 1.000 EUR gewährt. Jedoch sei die Gestaltung der Arbeitszeit und Arbeitsweise dem freien Ermessen des Klägers überlassen gewesen. Er sei nicht in den Arbeitsablauf der Redaktion eingebunden gewesen und habe keine Einzelanweisungen zur Gestaltung seiner Arbeit erhalten. Nach dem Vertrag sei auch hinsichtlich des Umfangs und des Inhalts seiner Leistung freies Ermessen eingeräumt worden. Der Vertrag verpflichtete ihn lediglich, journalistische Beiträge zu erbringen. In welchem Umfang der Kläger Leistungen erbringen müsse und welchen Inhalt diese haben sollen, bleibe nach dem Vertrag dem freien Ermessen des Klägers überlassen. Eine vertragliche Verpflichtung zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess der Beigeladenen zu 1) ergebe sich damit nicht.
Gegen das der Beklagten am 26.10.2015 zugestellte Urteil hat diese am 06.11.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.
Sie ist der Ansicht, dass der Kläger verpflichtet sei, seine Arbeitskraft regelmäßig in dem Umfang in den Dienst der Beigeladenen zu 1) zu stellen, der den Gegenwert für die Vergütung darstelle. Über die täglichen Geschäfte bestimme die Geschäftsführung, deren Weisungsrecht gegenüber dem Kläger bestehe. Der Kläger sei funktionsgerecht dienend in die durch die Geschäftsführung bestimmte betriebliche Organisation eingegliedert. Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Regelungen könne der Kläger keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH ausüben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) komme es jedoch entscheidend auf die gesellschaftsvertragliche Rechtsmacht an.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.09.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig sowie in der Sache begründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 25.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.11.2014, mit dem festgestellt worden ist, dass der Kläger ab 01.01.2014 in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) abhängig beschäftigt war und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt.
Das SG hat zu Unrecht den Feststellungsbescheid aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit keine Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung begründet. Denn der Kläger übte seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) ab 01.01.2014 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus. Die Beklagte hat zu Recht für den streitigen Zeitraum das Bestehen von Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung festgestellt. Die Klage war deshalb abzuweisen.
Nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antrag-stellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl 2000 I, Seite 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, Seite 6). Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Kläger am 23.01.2014 bei der Beklagten gestellt.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen grundsätzlich in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III). Die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung scheidet im vorliegenden Fall von vornherein aus, weil der Kläger bereits Bezieher einer Altersvollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist und die Regelaltersgrenze erreicht hat (§ 5 Abs 4 Nr 1 SGB VI, § 28 Abs 1 Nr 1 SGB III).
Nach § 7 Abs 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111,257 mwN).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig zunächst vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, juris).
Zur Überzeugung des Senats steht im vorliegenden Fall fest, dass der Kläger seit 01.01.2014 als Journalist für die Beigeladene zu 1) tätig ist. Zudem übernimmt er repräsentative Aufgaben für das Unternehmen und berät die Geschäftsführerin, seine Tochter. Dies ergibt sich nachvollziehbar und glaubhaft aus dem geschlossenen Vertrag über freie Mitarbeit sowie den Ausführungen der Beigeladenen zu 1). Für seine Tätigkeit erhält der Kläger eine monatliche pauschale Vergütung iHv 1.000 EUR, die bei der Beigeladenen zu 1) als Betriebsausgabe verbucht wird. Der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) geschlossene Vertrag sieht vor, dass der Kläger seine Arbeitszeit und Arbeitsweise für den Verlag nach freiem Ermessen gestaltet. Vereinbart ist, dass er nicht in den Arbeitsablauf der Redaktion eingebunden ist und keine Einzelweisungen zu Gestaltung seiner Arbeit von Seiten der Redaktion erhält. Für einen geeigneten Arbeitsplatz hat der Kläger selbst Sorge zu tragen.
Eine Tätigkeit als Journalist, Repräsentant und Berater ist grundsätzlich nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern auch im Rahmen einer freien Mitarbeit (Dienstvertrag) möglich. Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht entscheidend, an wie vielen verschiedenen Vorhaben der Betreffende teilgenommen hat und ob er auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw war (BAG 09.10.2002, 5 AZR 405/01). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG, 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1).
Der Wortlaut des Vertrages sowie insbesondere der Umstand, dass dem Kläger im Hinblick auf seine Arbeitszeit und Arbeitsweise freies Ermessen eingeräumt wurde, spricht zusammen mit der Tatsache, dass er keinen Arbeitsplatz in den Räumen der Beigeladenen zu 1) hat, für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.
Nach Ansicht des Senats ist der Kläger in den fremden Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Höhere Dienste, zu denen auch die hier ausgeübten Tätigkeiten des in seinem Berufsbild - aufgrund langjähriger Berufspraxis als Redakteur und Verleger - sehr erfahrenen Klägers gehören, werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSG 29.03.1962, B 3 RK 74/57, BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und 28.04.1964, B 3 RK 68/60, BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG 30.04.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 21). So liegt der Fall hier. Dafür spricht der Umstand, dass der Kläger nach dem Wortlaut des Vertrags nur zu einer journalistischen Tätigkeit verpflichtet ist, nach seinem eigenen Vorbringen und dem seiner Tochter (Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) aber auch zu anderen Tätigkeiten herangezogen wird. Darin zeigt sich, dass die Beigeladene zu 1) tatsächlich über die Arbeitskraft des Klägers verfügen kann. Insoweit ist der Kläger in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert.
Bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung ist entscheidend als Indiz für abhängige Beschäftigung zu berücksichtigen, dass dem Kläger ein Anspruch auf ein monatliches Festgehalt für seine Tätigkeit eingeräumt wurde. Üblicherweise werden selbstständige Journalisten nach Zeilenhonorar bezahlt.
Der Kläger trägt auch kein die Selbständigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko, was der Senat neben der Festvergütung als ganz entscheidenden Gesichtspunkt für das Vorliegen abhängiger Beschäftigung wertet. Ein Unternehmerrisiko trägt, wer eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes einsetzt und somit der Erfolg des Einsatzes der sachlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist zudem nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R; 28.05. 2008, B 12 KR 13/07 R). Ein Unternehmerrisiko kann nur dann angenommen werden, wenn eine Gefahr vorliegt, die über diejenige hinausgeht, kein Entgelt zu erzielen. Dies ist der Fall, wenn bei Auftragsmangel nicht nur kein Einkommen erzielt wird, sondern auch zusätzliche Kosten für betriebliche Investitionen brach liegen (LSG Sachsen 04.03.2014, L 5 R 425/12). Freie Mitarbeiter tragen ein Unternehmerrisiko, wenn der Erfolg des Einsatzes ihrer Arbeitskraft ungewiss ist; das gilt namentlich, wenn ihnen kein Mindereinkommen garantiert ist. Der Selbständige kann eine Vergütung nur beanspruchen, wenn er eine bestimmte Leistung auch erbringt, wogegen dem abhängig Beschäftigten ein Lohnanspruch schon dann zusteht, wenn er sich arbeitsbereit hält (Senatsurteil vom 17.01.2012, L 11 R 5683/09, juris) Der Erfolg des Einsatzes der Arbeitskraft des Klägers für die Beigeladene zu 1) war nicht ungewiss. Denn er schuldete nur den Einsatz seiner Arbeitskraft und erhielt hierfür ein festes Honorar. Er setzte keine eigenen Betriebsmittel oder Kapital in wesentlichem Umfang ein.
Der Umstand, dass der Kläger mit 50 % an der Beigeladenen zu 1) beteiligt ist, führt ebenfalls nicht zum Ausschluss einer abhängigen Beschäftigung. Im Gesellschaftsvertrag findet sich keine Regelung zu den Stimmrechten, so dass die gesetzlichen Regelungen Anwendung finden. Gemäß § 47 Abs 1 GmbHG erfolgen Beschlüsse der Gesellschafter nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Das Stimmrecht des einzelnen Gesellschafters richtet sich nach der Höhe seiner Geschäftsanteile (§ 47 Abs 2 GmbHG). Da der Kläger hier nur mitarbeitender Gesellschafter und nicht Geschäftsführer ist, kann er daher mit seinem Stimmrechtsanteil von 50% keine Weisungen der Geschäftsführerin ihm gegenüber über Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verhindern. Denn mitarbeitende Gesellschafter haben nur dann maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft, sofern sie Mehrheitsgesellschafter sind (BSG 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R). Deshalb ist ein mitarbeitender Gesellschafter, der nicht Mehrheitsgesellschafter ist, regelmäßig abhängig beschäftigt.
Die familiäre Verbundenheit zwischen dem Kläger und seiner Tochter als Geschäftsführerin ist nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, kein taugliches Unterscheidungskriterium zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit mehr. Das BSG hat die "Kopf und Seele - Rechtsprechung" ausdrücklich aufgegeben (BSG 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R).
Dass keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlter Urlaub vereinbart sind, kann weder als Indiz für selbstständige Tätigkeit noch für abhängige Beschäftigung herangezogen werden. Solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten.
In der Gesamtabwägung überwiegen deshalb die Merkmale, die für abhängige Beschäftigung sprechen, so dass Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung besteht.
Gründe für Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung aus anderem Grund sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
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