L 7 R 1082/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 3338/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 1082/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 6. März 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der 1961 geborene Kläger absolvierte eine Ausbildung zum Gipser und war zuletzt bis Dezember 2007 als Lagerarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seither ist er arbeitsunfähig bzw. erwerbslos. Seit Januar 2011 bezieht er Arbeitslosengeld II.

Dem Kläger wurde durch das Notariat S. a. d. M. u.a. für die Regelung von Renten- und Sozialangelegenheiten ein Betreuer bestellt (Betreuerausweis vom 19. Juli 2013). Das Landratsamt T. stellte bei dem Kläger ab 20. April 2010 einen Grad der Behinderung von 60 fest.

In der Zeit vom 18. März 2009 bis zum 29. April 2009 absolvierte der Kläger eine stationäre Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in der M.-B.-Klinik K., aus der er arbeitsfähig und mit einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr betreffend seine Tätigkeit als Lagerist entlassen wurde (Entlassbericht des Prof. Dr. H. vom 4. Mai 2009; Diagnosen: andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung mit depressiver Begleitsymptomatik, Stottern, Verdacht auf Migräne in Verbindung mit Spannungskopfschmerzen, orthostatischer Schwindel, arterielle Hypertonie, diätetisch behandelter Diabetes mellitus Typ II, milde Retinopathien des Auges, Hyperlipidämie, Adipositas).

Der Kläger beantragte am 7. März 2012 bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine medizinische Begutachtung des Klägers. Der Internist und Sozialmediziner Dr. G. gelangte in seinem Gutachten vom 17. April 2012 - unter Berücksichtigung der Diagnosen metabolisches Syndrom, Wirbelsäulen-Syndrom, Zustand nach Sprunggelenksfraktur, periphere Polyneuropathie und Persönlichkeitsstörung - zu der Einschätzung, dass der Kläger leichte Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen sechs Stunden und mehr verrichten könne. Das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über zehn Kilogramm ohne technische Hilfsmittel, häufiges Bücken, Zwangshaltungen der Lendenwirbelsäule, Tätigkeiten unter Zeitdruck und Akkord, Arbeiten auf Gerüsten, Leitern oder unebenem Gelände seien unzumutbar.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab (Bescheid vom 4. Juli 2012), wogegen der Kläger Widerspruch einlegte. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens veranlasste die Beklagte eine orthopädische Untersuchung des Klägers. Der Facharzt für Chirurgie Dr. L. beschrieb in seinem Gutachten vom 19. Juni 2013 chronisch-rezidivierende Lumboischialgien mit Funktionseinschränkungen bei Bandscheibenprotrusionen ohne Wurzelreizsymptomatik und eine Nervus medianus-Schädigung der linken Hand mit Beugekontraktur des 4. und 5. Fingers ohne wesentliche Funktionseinschränkung. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen in Tages-, Früh- und Spätschicht sechs Stunden und mehr verrichten.

Die Beklagte wies den klägerischen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 2013 zurück. Sie bot dem Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben an (Schreiben vom 11. Juli 2012); von diesem Angebot machte dieser keinen Gebrauch.

Gegen die Ablehnung seines Rentenantrages hat der Kläger am 25. September 2013 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Er könne Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert nicht mehr verrichten. Im Vordergrund stehe eine psychische Erkrankung. Er - der Kläger - sei vor über 20 Jahren bei der "österreichischen Bundeswehr" im Kosovo-Krieg gewesen. Er habe dort erhebliche Gräueltaten miterlebt und gegenüber der "österreichischen Bundeswehr" eine Schweigepflichterklärung unterzeichnen müssen. Das dort erlittene Trauma habe er nicht behandeln lassen. Außerdem habe er - der Kläger - ein weiteres schreckliches Trauma erlebt, als vor 25 Jahren seine hochschwangere Verlobte zwei Wochen vor der Geburt des Kindes überfahren worden sei.

Das SG hat die behandelnde Nervenärztin als sachverständige Zeugin einvernommen; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. O. vom 23. Dezember 2013 (Bl. 31/33 der SG-Akten) Bezug genommen.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens. Der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Psychiatrischen Zentrum N.-W. Prof. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 22. Oktober 2014 (Bl. 54/97 der SG-Akten) eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, schizotypen und paranoiden Anteilen, einen Zustand nach dissoziativer Störung und einen Kombinationskopfschmerz, mit medikamenteninduzierter und Spannungskomponente, beschrieben. Es lägen krankheitsbedingt qualitative Leistungsdefizite vor. Auszuschließen seien Tätigkeiten mit erhöhten psychovegetativen Belastungen, insbesondere unter erhöhtem Zeitdruck (z. B. Akkordarbeit) und in Nachtarbeit, Tätigkeiten, die erhöhte Anforderungen an die soziale Kompetenz stellen (Tätigkeiten mit unmittelbaren Publikumskontakt, beratender Funktion), körperlich schwere Arbeiten (mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten von mehr als zehn Kilogramm) und Arbeiten in Wirbelsäulen-Zwangshaltungen. Dieser sei in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich abzuleisten. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.

Das SG hat die Klage - gestützt auf das Gutachten des Prof. Dr. S. - mit Gerichtsbescheid vom 6. März 2015, den Bevollmächtigten des Klägers am 11. März 2015 zugestellt, abgewiesen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 23. März 2015 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Die Leistungsbeurteilung durch Prof. Dr. Sch. sei nicht nachvollziehbar. Der während seines stationären Aufenthalts im Krankenhaus Leonberg dokumentierte Gesundheitszustand weiche erheblich von dem durch Prof. Dr. Sch. festgestellten Befund ab.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 6. März 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 4. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. August 2013 zu verurteilen, ihm ab dem 1. März 2012 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verweist zur Begründung auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.

Der Kläger hat sich in der Zeit vom 4. Februar 2015 bis zum 31. März 2015 stationär in der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Krankenhaus L. befunden (Entlassbericht der Ärzte Dr. L./Dr. G./R. vom 31. März 2015; Diagnosen: rezidivierende depressive Störung, aktuell schwergradige Episode, posttraumatische Belastungsstörung, dissoziative Störung im Bereich des Sprechapparates (psychogenes Stottern) sowie dissoziative Amnesie, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung, Nikotinabhängigkeit, Diabetes mellitus Typ II, arterielle Hypertonie, arterielle Verschlusskrankheit Stadium IIa, vorbeschriebener Verdacht auf Migräne ohne Aura in Verbindung mit Spannungskopfschmerzen, vorbeschriebener Verdacht auf Cluster-Kopfschmerz, Zustand nach Sprunggelenksluxations-Fraktur 3/92 mit resultierender Fußheberschwäche rechts, rezidivierende Lumbalgien und Radikulopathien bei Osteochondrose, Spondylose L4 bis S1, rechtsseitig massive Facettengelenksarthrose L5/S1 mit neuroforaminaler Enge L5 sowie Bandscheibenprotrusionen und Nucleus pulposus-Prolaps mit Einengung der linksseitigen Recessus lateralis im Verlauf der Wurzel L5, Zustand nach OP bei Karpaltunnel-Syndrom und bei Sulcus ulnaris-Syndrom, Läsion des Nervus ulnaris links mit sensorischer und motorischer Funktionsstörung, Retinopathie des linken Auges).

Der Senat hat die behandelnden Nervenärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Schreiben des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie M.-L. vom 21. September 2015 (Bl. 29/34 der Senatsakten) und des Dr. L. vom 15. Oktober 2015 (Bl. 35/40 der Senatsakten) verwiesen. Dazu hat die Beklagte eine sozialmedizinische Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E.-D. vom 30. Oktober 2015 vorgelegt (Bl. 42 der Senatsakten).

Weiter hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens. Der Facharzt für Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Chefarzt des Furtbachkrankenhauses S., Prof. Dr. E. hat in seinem Gutachten vom 4. Mai 2016 (Bl. 54/90 der Senatsakten) eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden Anteilen, schizoiden und schizotypen Zügen, einen Zustand nach dissoziativer Störung mit Zustand nach psychogenem Stottern, eine rezidivierende depressive Störung, aktuell remittiert, eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie eine Nikotinabhängigkeit beschrieben. Leichte Beschäftigungen im Wechsel der Positionen zwischen Sitzen, Gehen und allenfalls zeitweisem Stehen seien dem Kläger vollschichtig, d.h. sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar. Tätigkeiten unter Zeitdruck, mit Personalverantwortung, mit allgemein hoher Verantwortung, mit Anforderungen an die soziale Kompetenz oder hohe Flexibilität seien nicht zumutbar. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht.

Der Kläger hat dazu das Schreiben des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie M.-L. vom 20. Juni 2016 (Bl. 95 der Senatsakten) vorgelegt.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt (Schreiben der Beklagten vom 25. August 2016, Schreiben des Bevollmächtigten des Klägers vom 6. September 2016). Mit Schreiben vom 12. September 2016 hat die Betreuerin des Klägers um Durchführung einer mündlichen Verhandlung gebeten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden.

2. Der Senat war berechtigt, über die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Urteil zu entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG). Denn die Beteiligten haben am 30. August 2016 (Schreiben der Beklagten vom 25. August 2016) bzw. 7. September 2016 (Schreiben des Bevollmächtigten des Klägers vom 6. September 2016) übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erteilt. Die vom Kläger gegenüber dem Senat abgegebene Einverständniserklärung nach § 124 Abs. 2 SGG ist für ihn bindend. Er konnte sie als einseitige Prozesshandlung weder anfechten noch widerrufen, da auch die Beklagte zugestimmt und sich die Rechtslage nicht wesentlich geändert hat (Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 17. Juli 2015 - B 9 SB 17/15 B - juris Rdnr. 8; Beschluss vom 16. Februar 2007 - B 6 KA 60/06 R - juris Rdnr. 10; Beschluss vom 14. Oktober 2005 - B 11a AL 45/05 B - juris Rdnr. 7; Beschluss vom 11. November 2004 - B 9 SB 19/04 B - juris Rdnr. 8). Auch eine Änderung der Prozesslage ist nicht eingetreten (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 29. November 2012 - B 14 AS 90/12 B - juris Rdnr. 6; Beschluss vom 7. April 2011 - B 9 SB 45/10 B - juris Rdnr. 14; Beschluss vom 12. April 2005 - B 2 U 135/04 B - juris Rdnr. 9). Eine Änderung der Sach-, Beweis- und Rechtslage zwischen dem Zeitpunkt der Erteilung des Einverständnisses am 6. September 2016 und dessen "Widerruf" am 12. September (Schreiben der Betreuerin vom 12. September 2016) oder auch später ist nicht ersichtlich, insbesondere die Abstimmungsschwierigkeiten zwischen dem Bevollmächtigten und der Betreuerin des Klägers stellen keine Änderung in diesem Sinne dar. Das Gutachten des Prof. Dr. E. vom 4. Mai 2016 ist dem Bevollmächtigten des Klägers mit der Anfrage, ob die Berufung zurückgenommen wird oder im Falle der Fortführung Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung besteht, übersandt worden (Verfügung vom 9. Mai 2016). Der Kläger hat mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 30. Juni 2016 zu dem Gutachten Stellung genommen und eine nochmalige Befragung seines Nervenarztes M.-L. angeregt. Mit Verfügung vom 5. Juli 2016 hat der Berichterstatter darauf hingewiesen, dass für weitere Ermittlungen von Amts wegen derzeit kein Anlass besteht. Mit Terminverfügung vom 12. August 2016 sind die Beteiligten befragt worden, ob nun Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung besteht. Daraufhin haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Darauf ist der auf den 22. September 2016 anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung mit Verfügung vom 9. September 2016 aufgehoben worden. Nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt haben und dieses noch nicht verbraucht ist, hat der Senat in Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens (vgl. nur Aussprung in Roos/Wahrendorf, 2014, § 124 Rdnr. 84; Keller in Meyer-Ladewig u.a., 11. Aufl. 2014, § 124 Rdnr. 4) entschieden, ohne mündliche Verhandlung durch Urteil zu entscheiden.

3. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Bescheid vom 4. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. August 2013 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. März 2012 abgelehnt hat. Dagegen wendet sich der Kläger statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung. Ausweislich des Berufungsantrages (vgl. Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 10. Juni 2015) macht der Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu Recht nicht geltend, da er am 27. April 1961 geboren ist und damit nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehört (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI)).

4. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zutreffend verneint. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. August 2013 stellt sich als rechtmäßig dar und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

a. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung (Gesetz vom 19. Februar 2002, BGBl. I, S. 754) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung gemäß Gesetz vom 20. April 2007 [BGBl. I, S. 554] bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn neben den oben genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

b. Der Kläger hat die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bezogen auf den Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Senat ist jedoch nicht davon überzeugt, dass der Kläger erwerbsgemindert ist. Bei der Beurteilung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit stehen im Vordergrund seine Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet, mit denen er sein Klage- und Berufungsbegehren auch vorrangig begründet hat. Diese sind jedoch nicht von einer solchen Schwere, dass sie das Leistungsvermögen des Klägers in zeitlicher Hinsicht einschränken. Vielmehr genügen qualitative Einschränkungen, um dessen Leiden gerecht zu werden. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere auf die bei Prof. Dr. Sch. (vom SG) und bei Prof. Dr. E. (vom Senat) eingeholten Gutachten sowie die im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachten des Dr. G. und des Dr. L., die der Senat im Rahmen des Urkundenbeweises zu verwerten hat (BSG, Beschluss vom 29. Juni 2015 - B 9 V 45/14 B - juris Rdnr. 6; Beschluss vom 26. Mai 2000 - B 2 U 90/00 B - juris Rdnr. 4). Alle mit der Begutachtung des Klägers befassten Ärzte sind nachvollziehbar und plausibel - jeweils auf Grundlage der erhobenen Untersuchungsbefunde und einer ausführlichen Exploration - zu der Auffassung gelangt, dass das berufliche Leistungsvermögen des Klägers in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkt ist. Vielmehr kann den Gesundheitsstörungen durch qualitative Einschränkungen (vorliegend: häufiges Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über zehn Kilogramm ohne technische Hilfsmittel, Zwangshaltungen der Lendenwirbelsäule, Arbeiten auf Gerüsten, Leitern oder unebenem Gelände, Akkordarbeit, Fließbandarbeit, Nachtarbeit, Tätigkeiten, die erhöhte Anforderungen an die soziale Kompetenz stellen (Tätigkeiten mit unmittelbaren Publikumskontakt, beratender Funktion), Tätigkeiten mit Personalverantwortung, mit allgemein hoher Verantwortung) Rechnung getragen werden.

Die Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet begründen keine Leistungseinschränkung in quantitativer Hinsicht. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere auf die bei Prof. Dr. Sch. und Prof. Dr. E. eingeholten Gutachten. Prof. Dr. E. hat in seinem aktuellen Gutachten vom 4. Mai 2016 - in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Prof. Dr. Sch. - nachvollziehbar und plausibel auf Grundlage des erhobenen Untersuchungsbefundes und einer ausführlichen Exploration dargestellt, dass das berufliche Leistungsvermögen des Klägers in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkt ist. Er hat in seinem Gutachten eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden Anteilen, schizoiden und schizotypen Zügen, einen Zustand nach dissoziativer Störung, eine rezidivierende depressive Störung, aktuell remittiert, eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie eine Nikotinabhängigkeit beschrieben und eine schwerwiegende nervenärztliche Erkrankung ausgeschlossen. Dem schließt sich der Senat an. Eine wesentliche Abweichung von den durch Prof. Dr. Sch. erhobenen Befunden und gestellten Diagnosen hat er nicht gesehen. Prof. Dr. E. hat u.a. ein waches und klares Bewusstsein, eine zur Person, Ort, Zeit und Situation uneingeschränkte Orientierung, eine nicht merklich beeinträchtigte Aufmerksamkeit und Konzentration, keine formalen Denkstörungen, inhaltlich mehrfach auffällige Schilderungen, die mit der äußeren Realität nicht in Einklang zu bringen sind, ein überwiegend freundliches und kooperatives Verhalten, bei Konfrontation rasch gereizt und angespannt, plakative Schilderungen, immer wieder offenes Misstrauen, eine ausgeglichene Stimmung, dabei im Affekt verflacht bei vorhandener Schwingungsfähigkeit, einen unauffälligen Antrieb sowie eine unauffällige Psychomotorik festgestellt und keine Hinweise auf Phobien oder Zwänge, auf Halluzinationen und psychotische Ich-Störungen sowie auf akute Suizidalität gesehen. Die körperlich-funktionellen Störungen, insbesondere im Bereich des Sprechapparates, haben sich zurückgebildet (ebenso schon bei den Untersuchungen durch Dr. Gregor, Dr. L. und Prof. Dr. Sch.), sodass lediglich von einem Zustand nach einer dissoziativen Störung auszugehen ist. In Auseinandersetzung mit den medizinischen Vorbefunden und in Einklang mit den erhobenen Befunden hat Prof. Dr. E. zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger eine aggravatorische Verhaltenstendenz, eine eigenbrötlerische, teils schrullig-ruppige Persönlichkeit, deutliche Hinweise auf Wahrnehmungsverzerrungen und immer wieder paranoid-gefärbte Wahrnehmungen gezeigt hat. Hinweise auf Zeichen einer schweren Depressivität hat er aber nicht festgestellt. Auch das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung hat er überzeugend verneint. Zwar liegen in der biographischen Anamnese des Klägers mehrere Ereignisse vor, die das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung nahelegen könnten, jedoch fehlen sowohl typische Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung als auch der geforderte zeitliche Zusammenhang des Auftretens. Soweit ersichtlich ist der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung anlässlich der stationären Behandlung im Neurologischen Universitätsklinikum Ulm im Juni 2008, mithin fachfremd, geäußert worden (Entlassbericht Prof. Dr. L./Prof. Dr. L./W. vom 6. Juli 2008). Wiederum während einer stationären neurologischen Behandlung im V. v. P. Hospital R. im August 2008 ist eine andauernde Persönlichkeitsänderung bei posttraumatischer Belastungsstörung mit depressiver Begleitsymptomatik diagnostiziert und der Verdacht auf eine schwere dissoziative Störung bei Stottern geäußert worden (Entlassbericht Dr. N./Dr. D./Dr. M. vom 1. September 2008). Anlässlich des stationären Aufenthalts in der Abteilung Psychiatrie desselben Krankenhauses im Sommer 2008 (Entlassbericht Dr. S./Dr. G. vom 24. September 2008) ist nun eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung mit depressiver Begleitsymptomatik diagnostiziert und der Verdacht auf eine schwere dissoziative Störung im Bereich des Sprechapparates geäußert worden, ohne dass dies aus den in dem genannten Bericht dokumentierten Befunden abgeleitet werden kann. Im Rahmen der stationären medizinischen Rehabilitation in der M.-B.-Klinik K. ist Prof. Dr. H. u.a. von einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung mit depressiver Begleitsymptomatik, Stottern, einem Verdacht auf Migräne in Verbindung mit Spannungskopfschmerzen und einem orthostatischen Schwindel ausgegangen. Thematisch ist mit dem Kläger dort der Unfalltod seiner hochschwangeren Verlobten in den frühen 80-er Jahren, nicht jedoch Erlebnisses während eines Reservisteneinsatzes 1993 behandelt worden. Er ist in einem deutlich gebesserten Zustand arbeitsfähig und mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für seine letzte Tätigkeit als Lagerist entlassen worden. Die vormals behandelnde Nervenärztin Dr. O. hat mit Schreiben vom 23. Dezember 2014 mitgeteilt, dass der Kläger im Dezember 2013 eine posttraumatische Belastungsstörung wegen seiner Erlebnisse während eines J.-einsatzes geltend gemacht habe. Eine entsprechende Diagnostik und Behandlung hat Dr. O. ihren Angaben zufolge nicht durchgeführt. Prof. Dr. Sch., der den Kläger am 25. Juli 2014 ausführlich fachpsychiatrisch exploriert und untersucht hat, hat überzeugend das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung ausgeschlossen. Dort hatte der Kläger angegeben, dass er als österreichischer Staatsangehöriger 1993 als Reservist zur österreichischen Armee einberufen und drei Wochen als Beobachter an der Grenze von Ö. nach J. eingesetzt worden sei. Dort habe er Beobachtungen mit Fernrohr und Zoom-Kameras über Massenerschießungen in B. gemacht sowie Morde und Massengräber auf Fotos und Videos dokumentiert, woran er sich seit 2007 immer wieder unwillkürlich erinnern müsse. Prof. Dr. Sch. hat ausführlich und in der Sache zutreffend darauf hingewiesen, dass die Schilderungen des Klägers gravierende Widersprüche aufweisen und sachlich nicht nachvollziehbar sind. So hat er widersprüchliche Angaben gemacht, wann und wo er die ihn belastenden Beobachtungen gemacht haben will. Während er mit der Klagebegründung (Schreiben vom 2. Dezember 2013) hat vortragen lassen, er sei "vor über 20 Jahren bei der ö. Bundeswehr im Kosovo-Krieg" gewesen und habe dort "erhebliche Greueltaten" (gemeint wohl Gräueltaten) miterlebt, hat er gegenüber Prof. Dr. Sch. von einem Einsatz an der ö.-j. Grenze 1993 und der Beobachtung von Kriegsverbrechen in B. berichtet. Demgegenüber hat er während des stationären Aufenthalts in der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie L. im Februar/März 2015 von einem "Kriegseinsatz zur Bewachung der Grenze zum Kosovo" im Jahr 1993 und von gewalttätigen Übergriffen von Waffenschmugglern auf sich (ihm sei ein Messer von hinten in den Brustkorb gestoßen worden) und seine Kameraden gesprochen, während er seinem behandelnden Nervenarzt M.-L. von einem Kriegseinsatz in der Zeit des Kosovo-Krieges an der Grenze zu Kroatien von Oktober bis Dezember 1993 berichtet hat (Befundbericht vom 9. Juni 2014). Zuletzt hat er im Rahmen der Untersuchung durch Prof. Dr. E. angegeben, er habe 1993 "im Bosnienkrieg" von der österreichischen Grenze aus den Krieg mit Erschießungen beobachtet und dokumentiert und ihm sei von Waffenschmugglern ein Messer in den Rücken gestoßen worden. Nach Vorhalt, dass sich im Rahmen der körperlichen Untersuchung keine passende Narbe im Bereich des Rückens befindet, hat er nun angegeben, dass er von hinten angegriffen, jedoch von vorne in die Brust gestochen worden sei. Diese Angaben weisen gravierende Widersprüche auf und lassen sich nicht ansatzweise mit den historischen Geschehnissen im ehemaligen Jugoslawien in Einklang bringen. Gegen die Schilderung des Klägers spricht zunächst, dass im Versicherungsverlauf vom 1. April 1986 bis zum 31. Dezember 2007 lückenlos Pflichtbeitragszeiten verzeichnet sind. Auch ist nach den klägerischen Angaben nicht klar, wann er welche kriegerische Auseinandersetzung beobachtet haben will. Der sog. 10-Tage-Krieg zwischen Slowenien, das seine Unabhängigkeit erklärt hatte, und "Rest-Jugoslawien" fand im Sommer 1991 statt. Während der Slowenienkrise sind Teile des (österreichischen) Bundesheeres bis zum 31. Juli 2011 zur Grenzsicherung an der jugoslawischen Grenze eingesetzt worden (www.bundesheer.at/facts/geschichte/chronik 1990.shtml). An diesem Einsatz ist der Kläger seinen Angaben zufolge nicht beteiligt gewesen. Der sog. Kroatienkrieg, während dem es u.a. zu wechselseitigen Verbrechen gegenüber der Zivilbevölkerung gekommen ist, ist im Frühjahr 1991 ausgebrochen und durch das sog. Dayton-Abkommen im Dezember 1995 beendet worden. Nach Angaben des Klägers hat sich sein Einsatz nicht auf den Kroatienkrieg bezogen, zumal zwischen Kroatien und Österreich keine Grenze besteht und Beobachtungen des Kriegsgebietes in Kroatien von der österreichischen Grenze nicht möglich sind. Zwar hat der Kläger vereinzelt angegeben, sein Einsatz habe sich auf den Bosnienkrieg (1992 bis 1995) bezogen, jedoch weist Österreich auch mit Bosnien-Herzegowina keine gemeinsame Grenze auf, sodass auch eine Beobachtung von Kriegsverbrechen in Bosnien-Herzegowina von der österreichischen Grenze aus nicht möglich ist. Der Kosovokrieg, wobei Österreich auch mit dem Kosovo keine Grenze aufweist, hat von Februar 1998 bis Juni 1999 stattgefunden, mithin weit außerhalb des vom Kläger angegebenen Einsatzzeitraumes (1993). Das österreichische Bundesheer hat ab 1996 am IFOR-Einsatz im Bosnien und ab 1999 am KFOR-Einsatz im Kosovo teilgenommen (www.bundesheer.at/facts/geschichte/chronik 1990.shtml), mithin wiederum deutlich nach dem vom Kläger benannten Zeitraum. Weiterhin hat Prof. Dr. Sch. zutreffend herausgearbeitet, dass der Kläger keine anhaltenden Symptome einer erhöhten psychischen Sensitivität und Erregung aufweist, sondern vielmehr gravierende Zweifel an seinen Angaben zu Ein- und Durchschlafstörungen bestehen. Auch hinsichtlich des Unfalltods seiner Verlobten hat Prof. Dr. Sch. mangels psychotraumatologisch relevanter Symptombildung eine posttraumatische Belastungsstörung ausgeschlossen. Zu Recht hat er darauf aufmerksam gemacht, dass auch die Diagnosekriterien für die Annahme einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (F62.0) nicht gegeben sind. In seinem ausführlichen und sehr gründlichen Gutachten vom 22. Oktober 2014 hat er einen weitgehend unauffälligen psychischen Befund dokumentiert (gewisse Pflegedefizite, freundlich zugewandt, aufgeschlossen, höflich, keine Sprech- und Sprachstörungen, wach, bewusstseinsklar, zur Person, Ort, Zeit und Situation orientiert, keine manifesten formalen Denkstörungen, durchschnittlich gutes Auffassungs- und Konzentrationsvermögen, keine Zwangssymptomatik, Angabe von situationsspezifischen Ängsten (öffentliche Verkehrsmittel, Aufenthalt in Menschenmengen), kein Hinweis auf Panikattacken oder generalisierte Angststörung, auf paranoides Erleben, ausgeglichene Stimmungslage, dynamischer Affekt, merkliche Insuffizienzgefühle, situationsadäquater Antrieb, affektkongruentes und durchaus lebhaftes Ausdrucksverhalten, kein Hinweis auf Ich-Störungen, auf illusionäre und halluzinatorische Fehlwahrnehmungen, auf eine suizidale Gefährdung) und überzeugend eine schwerwiegende psychiatrische Erkrankung ausgeschlossen. Er hat - durch psychometrische Tests objektiviert - herausgearbeitet, dass bei dem Kläger Verdeutlichungstendenzen vorliegen, die über das der Gutachtenssituation angemessene Ausmaß deutlich hinausgehen. Jenseits dieser Beschwerdeübertragung hat auch Prof. Dr. Sch. einen Kombinationskopfschmerz mit medikamenteninduzierter und Spannungskomponente, einen Zustand nach dissoziativer Störung und eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, schizotypen und paranoiden Anteilen angenommen.

Schließlich kommen in dem vom Kläger gegenüber Prof. Dr. E. und Prof. Dr. Sch. geschilderten Tagesablauf keine gravierenden Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens und der sozialen Partizipation zum Ausdruck. So ist der Tagesablauf des Klägers durch eine noch hinreichende Selbstsorge (einschließlich An- und Ausziehen, Körperpflege, Essenszubereitung und -zufuhr), eine Versorgung seines Haushalts, umfangreichen Medienkonsum (Fernsehen), die Hilfe bei Nachbarn und Freunden (gelegentliche Reparaturarbeiten, Hilfe beim Füttern von Rindern und Schweinen) sowie das Austragen von Zeitungen geprägt.

Der Senat folgt nicht der abweichenden Leistungseinschätzung des Klinikarztes Dr. L., der den Kläger während des stationären Aufenthalts in der Zeit vom 4. Februar 2015 bis zum 31. März 2015 behandelt und dessen berufliche Leistungsfähigkeit in quantitativer Hinsicht als eingeschränkt betrachtet hat. Zwar hat Dr. L. bei stationärer Aufnahme eine schwergradige Episode einer rezidivierenden depressiven Störung diagnostiziert, jedoch liegt eine schwerwiegende depressive Erkrankung - ausweislich der bei der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. E. gemachten Feststellungen - nicht mehr vor. Auch ist zu berücksichtigen, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers während der stationären Behandlung gebessert und eine Symptomlinderung (Reduktion der Alpträume, Nachhallerinnerung, Verringerung des sozialen Rückzugsverhaltens und der dysfunktionalen Bewältigungsstrategien) stattgefunden hat. Weiterhin ist zu beachten, dass im Hinblick auf die dokumentierte aggravatorische Verhaltenstendenz und die widersprüchlichen Angaben des Klägers (insbesondere zu dem Einsatz beim Bundesheer) im Rahmen der Anamnese und Diagnostik eine eingehende Konsistenzprüfung erforderlich macht. Dass Dr. L. eine solche durchgeführt hat, ist weder seiner Stellungnahme vom 15. Oktober 2015 noch dem Entlassbericht vom 31. März 2015 zu entnehmen. Somit bestehen schon gravierende Zweifel am Vorliegen einer schwergradigen depressiven Störung, einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer fortdauernden dissoziativen Störung. Der Senat hat auch bereits dargelegt, warum eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung nicht vorliegt. Auch der behandelnde Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie M.-L., bei dem sich der Kläger lediglich ein- bis zweimal im Quartal vorstellt, hat von einer (teilweisen) Besserung nach der stationären Behandlung im Frühjahr 2015 berichtet. Ausweislich des Befundberichts vom 14. April 2015 hat der Kläger mitgeteilt, dass er sich über den guten Schlaf freue und unter keiner Tagesmüdigkeit mehr leide. Auch sei seine Stimmung deutlich gebessert. Auch im Befundbericht vom 6. August 2015 hat der Nervenarzt M.-L. festgehalten, dass die Stimmung des Klägers deutlich gebessert sei. Dieser hat auch keine schwergradige depressive Störung diagnostiziert, sondern eine mittelgradige depressive Episode als gesicherte Diagnose angegeben. Hinsichtlich der von ihm diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung ist ebenfalls einzuwenden, dass insofern eine sorgfältige Anamnese und Diagnostik nicht dokumentiert ist. Aus der Notiz des Nervenarztes M.-L. vom 20. Juni 2016 mit dem "Befund: Depressiv, dysthym, Minderbelastbarkeit." ergibt sich kein anderes Ergebnis, weil nicht ersichtlich ist, auf welchen anamnestischen Angaben und welchem vollständigen Untersuchungsbefund die Annahme einer Minderbelastbarkeit beruhen soll. Die Stellungnahme des Nervenarztes M.-L. ist nicht im Ansatz nachvollziehbar. Diese gibt auch keinen Anlass, der Beweisanregung des Bevollmächtigten des Klägers zu folgen, und den Arzt M.-L. - erneut - als sachverständigen Zeugen zu befragen.

Schließlich begründen auch die weiteren Gesundheitsstörungen keine Leistungseinschränkung in quantitativer Hinsicht. Dr. G. hat in seinem Gutachten vom 17. April 2012 ein metabolisches Syndrom, ein Wirbelsäulen-Syndrom, einen Zustand nach Sprunggelenksfraktur und eine periphere Polyneuropathie beschrieben und ist nachvollziehbar zu der Einschätzung gelangt, dass der Kläger leichte Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen sechs Stunden und mehr verrichten kann. Der Facharzt für Chirurgie Dr. L. hat in seinem Gutachten vom 19. Juni 2013 chronisch-rezidivierende Lumboischialgien mit Funktionseinschränkungen bei Bandscheibenprotrusionen ohne Wurzelreizsymptomatik und eine Nervus medianus-Schädigung der linken Hand mit Beugekontraktur des 4. und 5. Fingers ohne wesentliche Funktionseinschränkung (der Kläger ist Rechtshänder) dokumentiert und überzeugend ein berufliches Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen in Tages-, Früh- und Spätschicht sechs Stunden und mehr angenommen. Eine richtungweisende Verschlechterung des körperlichen Gesundheitszustandes des Klägers ist nicht ersichtlich. Vielmehr haben die körperlich-neurologischen Untersuchungen durch Prof. Dr. E. und Prof. Dr. Sch. keine gravierenden Einschränkungen ergeben. Insbesondere kann den Beschwerden im Wirbelsäulenbereich durch qualitative Leistungseinschränkungen Rechnung getragen werden.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats - in Übereinstimmung mit der Einschätzung aller Gutachter (Dr. G., Dr. L., Prof. Dr. Sch., Prof. Dr. E.) - fest, dass der Kläger in der Lage ist, noch mindestens sechs Stunden täglich jedenfalls eine körperlich leichte Tätigkeit zu verrichten. Die gesundheitlichen Einschränkungen sind weder in ihrer Art noch in ihrer Summe geeignet, die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen. Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der nach seinem verbliebenen Restleistungsvermögen noch körperlich leichte Tätigkeiten (wenn auch mit qualitativen Einschränkungen; vorliegend: häufiges Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über zehn Kilogramm ohne technische Hilfsmittel, Zwangshaltungen der Lendenwirbelsäule, Arbeiten auf Gerüsten, Leitern oder unebenem Gelände, Akkordarbeit, Fließbandarbeit, Nachtarbeit, Tätigkeiten, die erhöhte Anforderungen an die soziale Kompetenz stellen (Tätigkeiten mit unmittelbaren Publikumskontakt, beratender Funktion), Tätigkeiten mit Personalverantwortung, mit allgemein hoher Verantwortung) in wechselnder Körperhaltung mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteile vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 79/09 R - BSGE 109, 189 - und 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - juris Rdnr. 26 ff.). In der Rechtsprechung des BSG werden hierbei als Fallgruppen Einschränkungen genannt aufgrund schwerer spezifischer Leistungsbehinderung wie z. B. Einarmigkeit bei gleichzeitiger Einäugigkeit (SozR 2200 § 1246 Nr. 30), die Notwendigkeit von zwei zusätzlich erforderlichen Arbeitspausen von je 15 Minuten (SozR 2200 § 1246 Nr. 136) oder von drei zusätzlich erforderlichen Arbeitspausen von zehn Minuten je Arbeitstag (BSG, Urteil vom 20. August 1997 - 13 RJ 39/96 -), Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, Erforderlichkeit eines halbstündigen Wechsels vom Sitzen zum Gehen (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8) oder Einschränkungen aufgrund regelmäßig einmal in der Woche auftretender Fieberschübe (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist dagegen insbesondere nicht erforderlich im Falle des Ausschlusses von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder ständiges Sitzen erfordern, in Nässe oder Kälte oder mit häufigem Bücken zu leisten sind, besondere Fingerfertigkeiten erfordern oder mit besonderen Unfallgefahren verbunden sind, bei Ausschluss von Arbeiten im Akkord, im Schichtdienst, an laufenden Maschinen sowie bei Ausschluss von Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- oder Konzentrationsvermögen stellen (vgl. zu allem BSG Großer Senat SozR 3–2600 § 44 Nr. 8 m.w.N.; vgl. weiter Senatsurteil vom 23. April 2011 - L 7 R 5711/11 -). Der Senat ist der Überzeugung, dass das Restleistungsvermögen des Klägers es diesem erlaubt, die oben genannten Verrichtungen oder Tätigkeiten, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, auszuüben. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass er über die für die Ausübung einer ungelernten Tätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz nicht verfügt (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - BSGE 109, 189 - juris Rdnr. 29).

Der Senat ist mit den Rentengutachtern Dr. G. und Dr. L. sowie den Sachverständigen Prof. Dr. Sch. und Prof. Dr. E. weiter davon überzeugt, dass bei dem Kläger die erforderliche Wegefähigkeit (vgl. dazu bspw. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 79/11 R - BSGE 110, 1) vorliegt und er keiner betriebsunüblichen Pausen bedarf sowie auch noch öffentliche Verkehrsmittel trotz des Vermeidungsverhaltens benutzen und einen Pkw führen kann, wie gegenüber Prof. Dr. E. angegeben. Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI. Unbeachtlich ist, ob der Kläger noch einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz erhalten kann. Denn das Risiko, keinen Arbeitsplatz erhalten, ist nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen und vermag einen Rentenanspruch wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zu begründen.

Somit hat die Berufung keinen Erfolg.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

6. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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