Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 2169/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 1963/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. April 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) höher als der anerkannte GdB von 30.
Die Klägerin ist 1960 geboren und im Inland wohnhaft. Nach dem Abschluss der Hauptschule arbeitete sie von 1976 bis 1981 in einer Fleischwarenfabrik. Sie war seit 1980 verheiratet und hat aus dieser Ehe einen Sohn, der als Kind an Leukämie erkrankt war. Nach einer Familienpause war sie ab 1987 sechs Jahre lang auf Geringfügigkeitsbasis beschäftigt. Seit 1993 arbeitete sie vollschichtig als Montagearbeiterin. Ende der 1990er Jahre ließ sie sich von ihrem ersten Ehemann scheiden. Sie absolvierte eine Umschulung zur examinierten Altenpflegerin. Später heiratete sie erneut. Seit etwa 2003 arbeitet sie in einem Pflegeheim mit psychisch Kranken, zurzeit im 3-Schicht-System in Vollzeit. Ihr jetziger Ehemann erlitt im November 2013 einen Schlaganfall, ist halbseitig gelähmt und rollstuhlpflichtig. Die Klägerin wohnt mit ihm, ihrem inzwischen 35-jährigen geschiedenen Sohn aus erster Ehe und einer 9-jährigen Enkeltochter im eigenen 2-Familien-Haus. Die finanzielle Situation wird als zufriedenstellend geschildert, sie sieht sich subjektiv nicht in der Teilhabe beeinträchtigt. In der Freizeit läuft sie mit dem Hund (Angaben der Klägerin nach dem Reha-Entlassungsbericht vom 6. November 2015).
Der Beklagte hatte der Klägerin zuletzt mit Bescheid vom 12. November 2002 einen GdB von 30 zuerkannt. Damals war u.a. der Entlassungsbericht der Reha-Klinik Glottertal vom 30. April 2002 über eine stationäre Behandlung der Klägerin beigezogen worden.
Am 20. August 2013 beantragte die Klägerin die Neufeststellung des GdB wegen Wirbelsäulenbeschwerden, Kniebeschwerden, Diabetes mellitus, einer Hashimoto-Erkrankung (Schilddrüse) und Asthma. Der Beklagte zog einen Befundbericht des behandelnden Hausarztes Dr. R. bei. Nach dessen Auswertung schlug der versorgungsärztliche Dienst des Beklagten vor, eine Migräne, seelische Störung und wiederkehrende Nesselsucht mit einem Teil-GdB von 20, Nervenwurzelreizerscheinungen und Funktionsbehinderungen des linken Schultergelenkes sowie ein Hüft- und ein Kniegelenkssyndrom mit einem Teil-GdB von 20, einen Diabetes mellitus (20) sowie eine chronische Bronchitis und Nebenhöhlenentzündung (10), Adipositas und Bluthochdruck (10) und daraus folgend den Gesamt-GdB mit 30 festzustellen. Entsprechend lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 5. März 2014 ab.
Mit ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, sie habe ihr Leben lang Tabletten gegen ihre Schilddrüsen-Erkrankung einnehmen müssen. Wegen ihres Diabetes müsse sie sich nicht spritzen, sie nehme aber Tabletten ein. Der Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2014. Er führte ergänzend aus, die Klägerin behandle ihren Diabetes mit Metformin, also einem Wirkstoff, der nicht regelhaft Hypoglykämien auslösen könne, sodass insoweit kein Teil-GdB begründbar sei.
Mit Eingang bei dem Beklagten am 18. Juli 2014 legte die Klägerin erneut Widerspruch ein. Sie trug vor, Metformin habe erhebliche Nebenwirkungen.
Auf Nachfrage des Beklagten teilte die Klägerin am 24. Juli 2014 mit, man möge ihren erneuten Widerspruch als Klage auffassen. Der Beklagte leitete den Vorgang daraufhin an das Sozialgericht Reutlingen (SG) weiter, wo er am 28. August 2014 eingegangen ist.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Bewertung von Diabetes-Erkran-kun¬gen nach der Neufassung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG) hingewiesen.
Der behandelnde Hausarzt der Klägerin, Dr. H., hat, als sachverständiger Zeuge vernommen, Diagnosen und Behandlungen beschrieben, jedoch - in Ermangelung sozialmedizinischer Kenntnisse - keine Einschätzung des GdB abgeben können.
Daraufhin hat im Auftrag des SG der Arzt für Inneres Dr. K. das Gutachten vom 2. Februar 2015 erstattet. Er hat ausgeführt, bei der Klägerin beständen zurzeit ein medikamentös eingestellter Diabetes mellitus, ein Bluthochdruck, eine chronische Bronchitis bei Nikotinabusus (noch 10 Zigaretten/d) und eine beginnende Hüftgelenksarthrose. Die noch 2002 anerkannten Erkrankungen "Migräne, seelische Störung, wiederkehrende Nesselsucht, Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks, Adipositas und Nervenwurzelreizerscheinungen" lägen nicht bzw. nicht mehr vor. Der Diabetes sei mit einem GdB von 10 zu bewerten. Zwar erhöhte Metformin die Hypoglykämieneigung nicht. Gleichwohl sei hier ein GdB anzuerkennen, weil das Medikament bei der Klägerin - wie in etwa 10 % der Behandlungen - erhebliche morgendliche Durchfälle verursache, was einen starken Leidensdruck verursache. Metformin solle daher durch ein anderes Medikament ohne diese Nebenwirkungen ersetzt werden; die Durchfälle seien kein großes therapeutisches Problem. Auch der Bluthochdruck bedinge nur einen GdB von 10, weil er gut eingestellt sei (gemessen 158/80 mmHg unter Belastung und 137/71 mmHg nach Erholung) und Folgeschäden nicht vorlägen. Auch die Bronchitis bedinge nur einen GdB von 10, da es sich um eine leichte Form mit symptomfreien Intervallen handle. Die Hüftgelenkserkrankung schließlich sei mit einem GdB von 20 zu bewerten. Die Klägerin berichte lediglich über Schmerzen in beiden Hüften nach längerem Gehen und im Liegen. Weitere Funktionseinschränkungen, z.B. Beweglichkeitsdefizite lägen nicht vor (Finger-Boden-Abstand 0 cm, Beweglichkeit der Hüften und der Kniegelenke frei ohne Knirschen). Die Schilddrüse sei nicht tastbar und unauffällig. Adipositas per magna liege mehr nicht vor, die Klägerin habe 14 kg abgenommen (jetzt noch 83 kg bei 168 cm Körpergröße, BMI 29,4).
Die Klägerin hat auf das Gutachten erwidert, sie leide weiterhin unter Migräne, auch einer seelischen Störung.
Gestützt auf Dr. K.s Gutachten hat das SG die Klage mit angekündigtem Gerichtsbescheid vom 17. April 2015 abgewiesen. Eine wesentliche Veränderung der Sachlage gegenüber dem letzten Bescheid lasse sich nicht feststellen. Der anerkannte GdB von 30 habe sich jedenfalls nicht erhöht. Für den Diabetes sei zurzeit ein GdB von 20 anerkannt. Dies sei auch unter Berücksichtigung der Durchfälle wohlwollend, weil Metformin die Hypoglykämieneigung nicht erhöhe und daher eigentlich kein GdB in Ansatz zu bringen sei. Der erhöhte, aber gut eingestellt Blutdruck ohne Folgeschäden sei mit einem GdB von 10 angemessen, aber auch ausreichend bewertet. Der ebenfalls bislang berücksichtigte GdB von 20 für die von der Klägerin angegebenen Schmerzen im Hüftbereich sei bei vollständig freier Beweglichkeit und dem Fehlen sonstiger Funktionseinbußen in jedem Falle ausreichend. Eine höhere Bewertung auf orthopädischem Fachgebiet ergäbe sich auch bei Mitberücksichtigung der angegebenen Schmerzen beim Strecken der Arme nicht. Die weiteren Beeinträchtigungen, welche die Klägerin angebe, bedingten jeweils keinen GdB von mehr als 10. Die Schilddrüsenerkrankung sei gut eingestellt. Eine Migräne und eine seelische Erkrankung habe die Klägerin weder bei Dr. K. angegeben noch habe Dr. H. eine solche genannt. Eine fachärztliche Behandlung finde nicht statt.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 6. Mai 2015 beim SG Berufung erhoben. Sie behauptet, sie habe Schmerzen entlang der Wirbelsäule. Sie nehme auch Schmerztabletten und mache für die Schulter Gymnastik.
Sie beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. April 2015 und den Bescheid vom 5. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei ihr unter Abänderung des Bescheids vom 23. September 2002 ab dem 20. August 2013 einen Grad der Behinderung von mehr als 30 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Berichterstatter des Senats hat die Klägerin am 15. Januar 2016 persönlich angehört. Sie hat dort angegeben, sie habe die Dosis des Metformin-haltigen Medikaments verringert. Die Durchfallerkrankung habe sich gebessert. Es seien zwei Bandscheibenvorfälle festgestellt worden, die Schmerzen verursachten, vor allem beim Autofahren oder beim Aufstehen. Die Schmerzen begännen im Lendenbereich und strahlten in das Bein aus. Dieses knicke auch weg. Wegen der Schilddrüsenerkrankung nehme sie weiterhin Medikamente. Sie leide oft an Müdigkeit, dies sei auf die Schilddrüsenmedikamente zurückzuführen.
Im Anschluss daran hat der Senat den behandelnden Orthopäden Dr. K. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Er hat bekundet, bei der Klägerin beständen - auf seinem Fachgebiet - ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom und teilweise Lumboischialgien bei Bandscheibenvorwölbungen an den Segmenten L4/5 und L5/S1, eine mäßiggradige Coxarthrose bds., Knick-Senk-Spreizfüße bds., eine medial betonte Gon- und Retropatellararthrose bds., ein Subacromialsyndrom bds. Wegen der Wirbelsäulenproblematik sei Physiotherapie durchgeführt worden und werde weiter empfohlen. An der Lendenwirbelsäule beständen eine Muskeldysbalance und ein deutlicher Druckschmerz sowie ein inklinatorischer Entfaltungsschmerz. Das Schober’sche Zeichen betrage 10:12,5 cm. Die Motorik sei intakt, aktuell lägen keine Sensibilitätsstörungen vor. Die Coxarthrose bedinge keine Funktionseinbußen. An den Kniegelenken bestehe eine kühle Schwellung und ein medialer Druckschmerz sowie ein endgradiger Überbeugungsschmerz. Die Seitenbänder seien bds. lax. Dr. K. hat auch umfangreiche Berichte anderer Behandler zur Akte gereicht, darunter den Entlassungsbericht der Reha-Klinik Hausbaden vom 6. November 2015 über einen stationären Aufenthalt der Klägerin dort vom 15. Oktober bis zum 5. November 2015, aus dem sie regulär als arbeitsfähig entlassen worden sei.
Die Klägerin hat noch das Attest von Dr. H. vom 21. März 2016 zur Akte gereicht, wonach sie weiterhin an Migräne bzw. rezidivierenden Migräneattacken leide.
Zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22. September 2016 ist für die Klägerin niemand erschienen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten und Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach der mündlichen Verhandlung am 22. September 2016 entscheiden, obwohl die Klägerin weder selbst erschienen ist noch sich hat vertreten lassen. Auf diese Möglichkeit hatte der Senat die Klägerin gemäß § 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Ladung hingewiesen, die ihr am 19. August 2016 durch persönliche Übergabe zugestellt worden war.
Die Berufung, mit der die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Feststellung eines GdB von 40 oder höher begehrt, ist nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143 SGG statthaft. Insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, weil die Klägerin keine Geld-, Sach- oder Dienstleistung verlangt, sondern eine behördliche Feststellung.
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat sie die Klägerin nach § 151 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG form- und fristgerecht erhoben.
Sie ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) abgewiesen. Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere hatte die Klägerin nach der Sondervorschrift in § 91 Abs. 1 Satz 1 SGG die einmonatige Klagefrist ab Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids (§ 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGG) gewahrt, indem sie die Klage bei einer Behörde des Beklagten erhoben hat. Jedoch ist die Klage nicht begründet. Die angefochtenen Entscheidungen des Beklagten beschweren die Klägerin nicht. Ihr steht der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB nicht zu.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Danach stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gem. § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30. Juni 2011: § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV - vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht. Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig ihrer Ursache, also final, bezogen ist (BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 3/12 R -, juris). Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer (unbenannten) Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, SozR 3-3870 § 4 Nr. 24). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder es erstinstanzlichen Gerichts Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird (Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 SB 4445/14 -, juris, Rz. 30).
Bei der Klägerin kommt in verfahrensrechtlicher Hinsicht hinzu, dass der Beklagte mit Bescheid vom 12. November 2002 bereits bindend (§ 77 SGG) über den GdB der Klägerin entschieden hat und dieser Bescheid ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist. Eine Abänderung dieser bindenden Feststellung kann die Klägerin daher - über die materiellen Voraussetzungen aus § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX hinaus - nur erreichen, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass jenes Feststellungsbescheids vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Nur dann besteht ein Anspruch darauf, dass dieser Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X) und zu Gunsten des Betroffenen u.U. auch mit Wirkung ab Änderung der Verhältnisse (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X) aufgehoben wird (Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013 – L 6 SB 5459/11 –, juris, Rz. 25). Eine wesentliche Veränderung der Sachlage liegt bei der Zuerkennung eines GdB z.B. dann vor, wenn sich der Gesundheitszustand des behinderten Menschen so verbessert hat, dass eine Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 gerechtfertigt ist (Urteil des Senats vom 17. Dezember 2015 - L 6 SB 3978/14 -, juris, Rz. 30). Hierbei ist allerdings zu beachten, dass nur die Feststellung des GdB (Gesamt-GdB) in Bestandskraft erwächst und damit Bindungswirkung entfaltet. Das Schwerbehindertenrecht kennt nur einen Gesamtzustand der Behinderung, den gegebenenfalls mehrere Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit bestimmen (BSG, Beschluss vom 1. Juni 2015 - B 9 SB 10/15 B -, juris, Rz. 8). So genannte Teil-GdB-Werte, die den Grad der Behinderung separat für eine einzelne Erkrankung bzw. Funktionseinschränkung im Bescheid ausweisen, sind nur Begründungselemente (§ 35 SGB X) des Gesamt-GdB. Nur letzterer steht im Verfügungssatz des Bescheids und hat Feststellungswirkung (Oppermann, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 69 SGB IX, Rz. 10). Daher kann eine wesentliche Veränderung der Sachlage auch dann verneint werden, wenn sich zwar die Bewertung einzelner Behinderungen geändert hat oder sogar neue Behinderungen dazugekommen, ggfs. aber andere auch wieder weggefallen sind, solange sich lediglich der Gesamt-GdB nicht verändert hat (vgl. Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 SB 4445/14 -, juris, Rz. 38).
Vor diesem Hintergrund ist bei der Klägerin weiterhin kein GdB höher als 30 anzuerkennen.
Bereits im Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2014 hatte der Beklagte zu Recht ausgeführt, dass für den Diabetes mellitus der Klägerin - entgegen früherer Einschätzungen des versorgungsärztlichen Dienstes - kein GdB von 20 (mehr) annehmen war. Allerdings war auch kein GdB von 0, sondern ein solcher von 10 gerechtfertigt. Allenfalls während des laufenden Berufungsverfahrens sind die Beeinträchtigungen der Klägerin soweit zurückgegangen, dass nunmehr kein GdB mehr festzustellen ist. Nach Teil B Nr. 15.1 VG in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der VersMedV vom 14. Juli 2010 (BGBl I S. 928) beträgt der GdB für Menschen, die an Diabetes erkrankt sind, 0, wenn die Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und "somit" kaum Beeinträchtigungen in der Lebensführung vorliegen. Der GdB beträgt dagegen 20 für solche Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind. Aus dem Fehlen der Kausalverknüpfung "somit" in der zweiten Regelung ergibt sich, dass die VG nicht nur die Hypoglykämiegefahr, sondern auch andere Einschnitte in der Lebensführung berücksichtigen. Wenn beides zusammentrifft, ist ein GdB von 20 anzunehmen. Dagegen beträgt der GdB nach der ersten Regelung - nur dann - 0, wenn gar keine Einschnitte in der Lebensführung vorliegen. Dieser Vergleich rechtfertigt es, auch wenn eine ganz ausdrückliche gesetzliche Regelung fehlt, einen GdB von 10 anzunehmen, wenn zwar die Hypoglykämieneigung nicht erhöht ist, aber andere Einschnitte in der Lebensführung vorliegen. Dies war die Situation der Klägerin bei Erlass der hier angegriffenen Bescheide und auch noch während des erstinstanzlichen Verfahrens. Ihr Medikament, das den Wirkstoff Metformin enthielt, erhöhte zwar die Hypoglykämieneigung nicht, verursachte aber morgendliche Durchfälle, die eine durchaus erhebliche Beeinträchtigung in der Lebensführung darstellten. Dies hatte auch der Sachverständige Dr. K. so gesehen und deshalb einen GdB von 10 vorgeschlagen. Dem ist zu folgen. Allerdings hat sich nunmehr der Zustand der Klägerin gebessert. Sie hat nach ihren Angaben in dem Erörterungstermin vom 15. Januar 2016 zwar nicht das Medikament gewechselt, wie Dr. K. empfohlen hatte, aber die Dosis soweit verringert, dass keine schwerwiegenden Durchfälle mehr auftreten. Daher ist der GdB für den Diabetes nunmehr mit 0 zu beziffern.
Nicht folgen kann der Senat dem Vorschlag Dr. K.s, auch für einen Bluthochdruck einen GdB von 10 anzunehmen. Nach Teil A Nr. 9.3 VG ist ein GdB von 0 bis 10 gerechtfertigt, wenn keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigungen vorliegen. Diese Spanne zeigt, dass der GdB 0 beträgt, wenn gar keine Beeinträchtigungen vorliegen und erst dann 10, wenn die Beeinträchtigungen leicht sind, z.B. leichte Augenhintergrundveränderungen aufgetreten sind. Bei der Klägerin liegen gar keine Leistungsbeeinträchtigungen vor, weil der Blutdruck medikamentös gut eingestellt ist. Dr. K. hat die Klägerin ergometrisch belastet und festgestellt, dass der Blutdruck in Ruhe und unter Belastung im Normbereich lag. Organische Folgeschäden hat er ausdrücklich ausgeschlossen. Anders als u.U. beim Diabetes ist die Notwendigkeit einer dauernden medikamentösen Behandlung bei einem Bluthochdruck kein Grund, einen GdB festzustellen.
Der Beklagte hatte in der letzten insoweit relevanten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29. November 2013 einen - weiteren - Teil-GdB von 20 für eine Migräne, eine seelische Störung und eine Nesselsucht angenommen. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um Erkrankungen aus unterschiedlichen Funktionssystemen handelt, die nach Teil A Nr. 2 Buchstabe e Satz 2 VG "im Allgemeinen" getrennt zu bewerten sind, liegen diese Erkrankungen nicht (mehr) vor bzw. die aus ihnen folgenden Funktionsbeeinträchtigungen bedingen jeweils keinen GdB von mehr als 10.
Die Annahme einer seelischen Erkrankung beruht darauf, dass in der Reha-Klinik Glottertal nach dem Entlassungsbericht vom 30. April 2002 auch eine "depressive Anpassungsstörung" diagnostiziert wurde. Die damaligen Symptome (ausgeprägte Erschöpfung, Schlafstörungen mit nächtlichem Grübeln, auch Migräneattacken im Abstand von 4 bis 8 Wochen u.a.) waren geeignet, diese Diagnose zu tragen. Aber bereits die Klinik Glottertal hatte darauf hingewiesen, dass eine akute Belastung in der Familie und im Beruf vorlag und daher nicht zwingend von einer dauernden Diagnose auszugehen war. Dem entspricht es, dass die Klägerin schon nach der damaligen Rehabilitation in "deutlich stabilisiertem psycho-physischem Gesundheitszustand entlassen" wurde und "die Behandlungsziele in vollem Umfang erreicht" worden waren. Dieser ausgeheilte Zustand war von Dauer. Auch in der Folgezeit ist - trotz der aktuellen Belastung durch die Schlaganfallerkrankung ihres mittlerweile berenteten Ehemanns - eine solche Erkrankung aus dem psychiatrischem Fachgebiet nicht wieder zurückgekehrt. Die behandelnden Hausärzte Dr. R. und Dr. H. haben in dem Befundbericht aus dem Oktober 2013 und in der Zeugenaussage gegenüber dem SG keine solche Diagnose angegeben. Der Sachverständige Dr. K. hat keine Symptome feststellen können, die auf Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet hindeuten (S. 6 Gutachten). Und vor allem finden sich keine seelischen Einschränkungen in dem aktuellen Entlassungsbericht der Reha-Klinik Hausbaden vom 6. November 2015. Dort werden lediglich psychische Belastungen (Pflege des Ehemannes, Mitbetreuung von Sohn und Enkelin) beschrieben, aber keine daraus folgenden Symptome, sondern lediglich eine "etwas gedämpfte Stimmung".
Gleiches gilt für die von der Klägerin behauptete Migräne. Symptome dieser Erkrankung waren 2002 in dem Entlassungsbericht aus der Klinik Glottertal beschrieben worden, allerdings der damaligen vorübergehenden psychischen Erkrankung zugeordnet worden. Weder Dr. K. noch jüngst die behandelnden Ärzte der Reha-Klinik Hausbaden haben Symptome einer Migräne festgestellt. Die Klägerin hat auch dort regelmäßig - nur - auf Schmerzen im Bewegungsapparat hingewiesen, aber keine Kopfschmerzen geklagt. Eine spezifische Behandlung findet nicht statt, auch die - überwiegend bedarfsweise genommene - Schmerzmedikation betrifft die Beschwerden an der Wirbelsäule und den Gliedmaßen, aber nicht den Kopf. Vor diesem Hintergrund kann der Senat auch nicht der schriftlichen Stellungnahme Dr. H.s vom 21. März 2016 folgen, die Klägerin leide nach wie vor an Migräne bzw. rezidivierenden Migräneattacken. Zumindest ist davon auszugehen, dass solche Attacken sehr selten sind, denn Dr. H. hatte in seiner Aufstellung über die Behandlungstermine von März 2013 bis September 2014, die er seiner Zeugenaussage gegenüber dem SG beigefügt hatte, auch keine Migräneanfälle genannt. Ein relevanter GdB von 20 für eine selbstständige Migräne wäre aber nach Teil B Nr. 2.3 VG erst bei "häufigen Anfällen, jeweils einen oder mehrere Tage anhaltend" zu vergeben.
Für Beeinträchtigungen im Funktionssystem "Haut" ist kein GdB mehr zu vergeben. Insoweit war bei der Klägerin - auch in der Reha-Klinik Glottertal - eine Urtikaria (Nesselsucht) diagnostiziert worden. Diese Krankheit findet sich jedoch nicht mehr in dem Behandlungsbericht, den Dr. H. zur Akte gereicht hat. Die dort einmalig genannte Pilzerkrankung der Haut (Dermatomykose) scheint ausgeheilt zu sein und keine dauerhaften Funktionseinbußen verursacht zu haben.
Bei der Klägerin ist sodann ein GdB von 20 auf orthopädischem Fachgebiet anzuerkennen.
Der Sachverständige Dr. K. hatte diesen Wert einer Funktionsbehinderung der Hüftgelenke zugeordnet. Dies ist allerdings nach seinen Befunden nicht zutreffend. An diesen Gelenken direkt hat auch Dr. K. keinerlei Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt. Bei seiner Untersuchung war die Beweglichkeit (auch) der Hüftgelenke frei. Dies wird bestätigt durch die Messungen in der Reha-Klinik Hohenbaden, die für die Hüften freie Streckung und Beugung (konkret 0/0/120°) ergeben haben.
Jedoch ist es vertretbar, einen GdB von 20 für das Funktionssystem "Rumpf" zu vergeben. Die Klägerin leidet an Beeinträchtigungen, die aus Schädigungen an der Lenden- und der Halswirbelsäule herrühren. Während die Funktionseinschränkungen an der Halswirbelsäule noch als "leicht" im Sinne von Teil A Nr. 18.9 VG einzustufen sind, können jene an der Lendenwirbelsäule unter Umständen schon als "mittelgradig" angesehen werden, sodass sich, zumindest wenn die Ausstrahlungswirkungen in die oberen und die untern Gliedmaßen einbezogen werden, ein GdB von 20 folgt. Die Beeinträchtigungen ergeben sich vor allem aus der Zeugenaussage des Orthopäden Dr. K. in der Berufungsinstanz und aus den Unterlagen, die er dabei zur Akte gereicht hat. In der Reha-Klinik Hausbaden sind - unter anderem neben der Coxarthrose - ein Hals- und ein Lendenwirbelsäulensyndrom, Osteochondrosen und zwei Bandscheibenprotusionen, aber keine gravierenden Vorfälle wie die Klägerin behauptet, in der unteren Lendenwirbelsäule und im Übergang zur Sakralwirbelsäule beschrieben worden. Diese Schädigungen verursachen vor allem Schmerzen, welche zumindest bedarfsweise mit Medikamenten behandelt werden. Dr. K. hat bekundet, er habe Druckschmerzen in beiden betroffenen Wirbelsäulenabschnitten festgestellt, an der Lendenwirbelsäule außerdem auch einen Bewegungsschmerz (Entfaltungsschmerz). Ferner ist die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule leicht eingeschränkt. Zwar hatte Dr. K. einen Finger-Boden-Abstand von 0 cm gemessen, jedoch gibt Dr. K. für die Entfaltbarkeit ein eingeschränktes Schober’sches Zeichen von 10:12,5 cm an, die Klinik Hohenbaden hat diesen Wert sogar nur mit 10:12 cm gemessen und den Finger-Boden-Abstand nunmehr nur noch mit 10 cm. Auch wurden dort Einschränkungen in der Rumpfrotation und - etwas stärker - bei der Seitneigung (25/0/25°) beschrieben. Motorische oder sensible Störungen sind dagegen weder von Dr. K. noch in der Klinik Hohenbaden festgestellt worden, insbesondere liegen die Anfangs der 2000er Jahre bestehenden Nervenwurzelreizerscheinungen nicht mehr vor. Dies hat nicht nur der Sachverständige Dr. K. festgestellt. Auch in der Klinik Hohenbaden wurden nur pseudoradikuläre Auswirkungen beschrieben.
Die Beeinträchtigungen an den Kniegelenken der Klägerin begründen keinen GdB. Dr. K. hat dort keine anhaltenden Reizungen auf Grund erheblicher arthrotischer Veränderungen ("kein Knirschen") und vor allem keine Beweglichkeitseinschränkungen festgestellt (Klinik Hohenbaden: 0/0/150° bds.).
Die Schilddrüsenerkrankung der Klägerin (Hashimoto) bedingt keinen GdB. Zwar nimmt die Klägerin insoweit regelmäßig Medikamente, unter deren Wirkung ist die Erkrankung aber gut eingestellt. Teil B Nr. 15.6 VG regelt, dass für Schilddrüsenerkrankungen an sich in der Regel kein GdB zu vergeben ist, weil sie gut behandelbar sind. Nur die - selten auftretenden - Organkomplikationen wie ein Exophthalmus oder eine Trachealstenose sind (gesondert) zu bewerten Solche Folgen liegen bei der Klägerin jedoch nicht vor.
Im Vorfeld der Aufnahme in die Reha-Klinik Hohenbaden war bei der Klägerin auch eine leichte Linksherzhypertrophie diagnostiziert worden. Die in der Klinik durchgeführte ergometrische Belastungserprobung konnte jedoch bis zu 125 Watt durchgeführt werden, wobei sich keine Herzrhythmusstörungen und keine EKG-Veränderungen gezeigt haben; lediglich der Blutdruck war nach dem Ende der Belastung nur zögerlich zurückgegangen. Hiernach liegt bei der Klägerin allenfalls eine leichte Herzerkrankung vor, die nach Teil B Nr. 9.1.1 VG einen GdB von 0 bis 10 bedingt. Ein erheblicher GdB von 20 oder mehr ist erst bei einer Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung zu vergeben, wenn z.B. die ergometrische Belastung nur bis 75 Watt reichen würde. Dementsprechend ist die Klägerin nach dem Aufenthalt in der Reha-Klinik Hausbaden auch für voll erwerbsfähig gehalten und sind dabei nur schwere, nicht aber leichte und mittelschwere Arbeiten ausgeschlossen worden.
Letztlich können die bei der Klägerin - nach der Zeugenaussage von Dr. H. regelmäßig im Abstand mehrerer Monate auftretenden - Lungenerkrankungen als chronische Bronchitis eingestuft werden. Dafür ist nach Teil A Nr. 8.2 ein GdB von 0 bis 10 zu vergeben. Ein GdB von 20 käme erst bei einer Erkrankung in schwerer Form mit fast kontinuierlichem ausgiebigem Husten und Auswurf und häufigen akuten Schüben in Betracht, was vorliegend nicht nachgewiesen ist.
Weitere behinderungsrelevante Erkrankungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Die - vor etwa zwei Jahren deutlich verringerte - Adipositas ist nicht als Behinderung anzuerkennen, da keine Folgeerkrankungen aufgetreten sind (vgl. Teil B Nr. 15.3 VG).
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB wird unter Zugrundelegung eines GdB von 20 für den Rumpf und den weiteren GdB-Werte von je 10 bzw. bis zu 10 kein Anspruch auf einen Gesamt-GdB von mehr als 30 begründet.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) höher als der anerkannte GdB von 30.
Die Klägerin ist 1960 geboren und im Inland wohnhaft. Nach dem Abschluss der Hauptschule arbeitete sie von 1976 bis 1981 in einer Fleischwarenfabrik. Sie war seit 1980 verheiratet und hat aus dieser Ehe einen Sohn, der als Kind an Leukämie erkrankt war. Nach einer Familienpause war sie ab 1987 sechs Jahre lang auf Geringfügigkeitsbasis beschäftigt. Seit 1993 arbeitete sie vollschichtig als Montagearbeiterin. Ende der 1990er Jahre ließ sie sich von ihrem ersten Ehemann scheiden. Sie absolvierte eine Umschulung zur examinierten Altenpflegerin. Später heiratete sie erneut. Seit etwa 2003 arbeitet sie in einem Pflegeheim mit psychisch Kranken, zurzeit im 3-Schicht-System in Vollzeit. Ihr jetziger Ehemann erlitt im November 2013 einen Schlaganfall, ist halbseitig gelähmt und rollstuhlpflichtig. Die Klägerin wohnt mit ihm, ihrem inzwischen 35-jährigen geschiedenen Sohn aus erster Ehe und einer 9-jährigen Enkeltochter im eigenen 2-Familien-Haus. Die finanzielle Situation wird als zufriedenstellend geschildert, sie sieht sich subjektiv nicht in der Teilhabe beeinträchtigt. In der Freizeit läuft sie mit dem Hund (Angaben der Klägerin nach dem Reha-Entlassungsbericht vom 6. November 2015).
Der Beklagte hatte der Klägerin zuletzt mit Bescheid vom 12. November 2002 einen GdB von 30 zuerkannt. Damals war u.a. der Entlassungsbericht der Reha-Klinik Glottertal vom 30. April 2002 über eine stationäre Behandlung der Klägerin beigezogen worden.
Am 20. August 2013 beantragte die Klägerin die Neufeststellung des GdB wegen Wirbelsäulenbeschwerden, Kniebeschwerden, Diabetes mellitus, einer Hashimoto-Erkrankung (Schilddrüse) und Asthma. Der Beklagte zog einen Befundbericht des behandelnden Hausarztes Dr. R. bei. Nach dessen Auswertung schlug der versorgungsärztliche Dienst des Beklagten vor, eine Migräne, seelische Störung und wiederkehrende Nesselsucht mit einem Teil-GdB von 20, Nervenwurzelreizerscheinungen und Funktionsbehinderungen des linken Schultergelenkes sowie ein Hüft- und ein Kniegelenkssyndrom mit einem Teil-GdB von 20, einen Diabetes mellitus (20) sowie eine chronische Bronchitis und Nebenhöhlenentzündung (10), Adipositas und Bluthochdruck (10) und daraus folgend den Gesamt-GdB mit 30 festzustellen. Entsprechend lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 5. März 2014 ab.
Mit ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, sie habe ihr Leben lang Tabletten gegen ihre Schilddrüsen-Erkrankung einnehmen müssen. Wegen ihres Diabetes müsse sie sich nicht spritzen, sie nehme aber Tabletten ein. Der Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2014. Er führte ergänzend aus, die Klägerin behandle ihren Diabetes mit Metformin, also einem Wirkstoff, der nicht regelhaft Hypoglykämien auslösen könne, sodass insoweit kein Teil-GdB begründbar sei.
Mit Eingang bei dem Beklagten am 18. Juli 2014 legte die Klägerin erneut Widerspruch ein. Sie trug vor, Metformin habe erhebliche Nebenwirkungen.
Auf Nachfrage des Beklagten teilte die Klägerin am 24. Juli 2014 mit, man möge ihren erneuten Widerspruch als Klage auffassen. Der Beklagte leitete den Vorgang daraufhin an das Sozialgericht Reutlingen (SG) weiter, wo er am 28. August 2014 eingegangen ist.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Bewertung von Diabetes-Erkran-kun¬gen nach der Neufassung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG) hingewiesen.
Der behandelnde Hausarzt der Klägerin, Dr. H., hat, als sachverständiger Zeuge vernommen, Diagnosen und Behandlungen beschrieben, jedoch - in Ermangelung sozialmedizinischer Kenntnisse - keine Einschätzung des GdB abgeben können.
Daraufhin hat im Auftrag des SG der Arzt für Inneres Dr. K. das Gutachten vom 2. Februar 2015 erstattet. Er hat ausgeführt, bei der Klägerin beständen zurzeit ein medikamentös eingestellter Diabetes mellitus, ein Bluthochdruck, eine chronische Bronchitis bei Nikotinabusus (noch 10 Zigaretten/d) und eine beginnende Hüftgelenksarthrose. Die noch 2002 anerkannten Erkrankungen "Migräne, seelische Störung, wiederkehrende Nesselsucht, Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks, Adipositas und Nervenwurzelreizerscheinungen" lägen nicht bzw. nicht mehr vor. Der Diabetes sei mit einem GdB von 10 zu bewerten. Zwar erhöhte Metformin die Hypoglykämieneigung nicht. Gleichwohl sei hier ein GdB anzuerkennen, weil das Medikament bei der Klägerin - wie in etwa 10 % der Behandlungen - erhebliche morgendliche Durchfälle verursache, was einen starken Leidensdruck verursache. Metformin solle daher durch ein anderes Medikament ohne diese Nebenwirkungen ersetzt werden; die Durchfälle seien kein großes therapeutisches Problem. Auch der Bluthochdruck bedinge nur einen GdB von 10, weil er gut eingestellt sei (gemessen 158/80 mmHg unter Belastung und 137/71 mmHg nach Erholung) und Folgeschäden nicht vorlägen. Auch die Bronchitis bedinge nur einen GdB von 10, da es sich um eine leichte Form mit symptomfreien Intervallen handle. Die Hüftgelenkserkrankung schließlich sei mit einem GdB von 20 zu bewerten. Die Klägerin berichte lediglich über Schmerzen in beiden Hüften nach längerem Gehen und im Liegen. Weitere Funktionseinschränkungen, z.B. Beweglichkeitsdefizite lägen nicht vor (Finger-Boden-Abstand 0 cm, Beweglichkeit der Hüften und der Kniegelenke frei ohne Knirschen). Die Schilddrüse sei nicht tastbar und unauffällig. Adipositas per magna liege mehr nicht vor, die Klägerin habe 14 kg abgenommen (jetzt noch 83 kg bei 168 cm Körpergröße, BMI 29,4).
Die Klägerin hat auf das Gutachten erwidert, sie leide weiterhin unter Migräne, auch einer seelischen Störung.
Gestützt auf Dr. K.s Gutachten hat das SG die Klage mit angekündigtem Gerichtsbescheid vom 17. April 2015 abgewiesen. Eine wesentliche Veränderung der Sachlage gegenüber dem letzten Bescheid lasse sich nicht feststellen. Der anerkannte GdB von 30 habe sich jedenfalls nicht erhöht. Für den Diabetes sei zurzeit ein GdB von 20 anerkannt. Dies sei auch unter Berücksichtigung der Durchfälle wohlwollend, weil Metformin die Hypoglykämieneigung nicht erhöhe und daher eigentlich kein GdB in Ansatz zu bringen sei. Der erhöhte, aber gut eingestellt Blutdruck ohne Folgeschäden sei mit einem GdB von 10 angemessen, aber auch ausreichend bewertet. Der ebenfalls bislang berücksichtigte GdB von 20 für die von der Klägerin angegebenen Schmerzen im Hüftbereich sei bei vollständig freier Beweglichkeit und dem Fehlen sonstiger Funktionseinbußen in jedem Falle ausreichend. Eine höhere Bewertung auf orthopädischem Fachgebiet ergäbe sich auch bei Mitberücksichtigung der angegebenen Schmerzen beim Strecken der Arme nicht. Die weiteren Beeinträchtigungen, welche die Klägerin angebe, bedingten jeweils keinen GdB von mehr als 10. Die Schilddrüsenerkrankung sei gut eingestellt. Eine Migräne und eine seelische Erkrankung habe die Klägerin weder bei Dr. K. angegeben noch habe Dr. H. eine solche genannt. Eine fachärztliche Behandlung finde nicht statt.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 6. Mai 2015 beim SG Berufung erhoben. Sie behauptet, sie habe Schmerzen entlang der Wirbelsäule. Sie nehme auch Schmerztabletten und mache für die Schulter Gymnastik.
Sie beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. April 2015 und den Bescheid vom 5. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei ihr unter Abänderung des Bescheids vom 23. September 2002 ab dem 20. August 2013 einen Grad der Behinderung von mehr als 30 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Berichterstatter des Senats hat die Klägerin am 15. Januar 2016 persönlich angehört. Sie hat dort angegeben, sie habe die Dosis des Metformin-haltigen Medikaments verringert. Die Durchfallerkrankung habe sich gebessert. Es seien zwei Bandscheibenvorfälle festgestellt worden, die Schmerzen verursachten, vor allem beim Autofahren oder beim Aufstehen. Die Schmerzen begännen im Lendenbereich und strahlten in das Bein aus. Dieses knicke auch weg. Wegen der Schilddrüsenerkrankung nehme sie weiterhin Medikamente. Sie leide oft an Müdigkeit, dies sei auf die Schilddrüsenmedikamente zurückzuführen.
Im Anschluss daran hat der Senat den behandelnden Orthopäden Dr. K. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Er hat bekundet, bei der Klägerin beständen - auf seinem Fachgebiet - ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom und teilweise Lumboischialgien bei Bandscheibenvorwölbungen an den Segmenten L4/5 und L5/S1, eine mäßiggradige Coxarthrose bds., Knick-Senk-Spreizfüße bds., eine medial betonte Gon- und Retropatellararthrose bds., ein Subacromialsyndrom bds. Wegen der Wirbelsäulenproblematik sei Physiotherapie durchgeführt worden und werde weiter empfohlen. An der Lendenwirbelsäule beständen eine Muskeldysbalance und ein deutlicher Druckschmerz sowie ein inklinatorischer Entfaltungsschmerz. Das Schober’sche Zeichen betrage 10:12,5 cm. Die Motorik sei intakt, aktuell lägen keine Sensibilitätsstörungen vor. Die Coxarthrose bedinge keine Funktionseinbußen. An den Kniegelenken bestehe eine kühle Schwellung und ein medialer Druckschmerz sowie ein endgradiger Überbeugungsschmerz. Die Seitenbänder seien bds. lax. Dr. K. hat auch umfangreiche Berichte anderer Behandler zur Akte gereicht, darunter den Entlassungsbericht der Reha-Klinik Hausbaden vom 6. November 2015 über einen stationären Aufenthalt der Klägerin dort vom 15. Oktober bis zum 5. November 2015, aus dem sie regulär als arbeitsfähig entlassen worden sei.
Die Klägerin hat noch das Attest von Dr. H. vom 21. März 2016 zur Akte gereicht, wonach sie weiterhin an Migräne bzw. rezidivierenden Migräneattacken leide.
Zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22. September 2016 ist für die Klägerin niemand erschienen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten und Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach der mündlichen Verhandlung am 22. September 2016 entscheiden, obwohl die Klägerin weder selbst erschienen ist noch sich hat vertreten lassen. Auf diese Möglichkeit hatte der Senat die Klägerin gemäß § 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Ladung hingewiesen, die ihr am 19. August 2016 durch persönliche Übergabe zugestellt worden war.
Die Berufung, mit der die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Feststellung eines GdB von 40 oder höher begehrt, ist nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143 SGG statthaft. Insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, weil die Klägerin keine Geld-, Sach- oder Dienstleistung verlangt, sondern eine behördliche Feststellung.
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat sie die Klägerin nach § 151 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG form- und fristgerecht erhoben.
Sie ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) abgewiesen. Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere hatte die Klägerin nach der Sondervorschrift in § 91 Abs. 1 Satz 1 SGG die einmonatige Klagefrist ab Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids (§ 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGG) gewahrt, indem sie die Klage bei einer Behörde des Beklagten erhoben hat. Jedoch ist die Klage nicht begründet. Die angefochtenen Entscheidungen des Beklagten beschweren die Klägerin nicht. Ihr steht der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB nicht zu.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Danach stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gem. § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30. Juni 2011: § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV - vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht. Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig ihrer Ursache, also final, bezogen ist (BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 3/12 R -, juris). Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer (unbenannten) Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, SozR 3-3870 § 4 Nr. 24). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder es erstinstanzlichen Gerichts Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird (Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 SB 4445/14 -, juris, Rz. 30).
Bei der Klägerin kommt in verfahrensrechtlicher Hinsicht hinzu, dass der Beklagte mit Bescheid vom 12. November 2002 bereits bindend (§ 77 SGG) über den GdB der Klägerin entschieden hat und dieser Bescheid ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist. Eine Abänderung dieser bindenden Feststellung kann die Klägerin daher - über die materiellen Voraussetzungen aus § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX hinaus - nur erreichen, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass jenes Feststellungsbescheids vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Nur dann besteht ein Anspruch darauf, dass dieser Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X) und zu Gunsten des Betroffenen u.U. auch mit Wirkung ab Änderung der Verhältnisse (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X) aufgehoben wird (Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013 – L 6 SB 5459/11 –, juris, Rz. 25). Eine wesentliche Veränderung der Sachlage liegt bei der Zuerkennung eines GdB z.B. dann vor, wenn sich der Gesundheitszustand des behinderten Menschen so verbessert hat, dass eine Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 gerechtfertigt ist (Urteil des Senats vom 17. Dezember 2015 - L 6 SB 3978/14 -, juris, Rz. 30). Hierbei ist allerdings zu beachten, dass nur die Feststellung des GdB (Gesamt-GdB) in Bestandskraft erwächst und damit Bindungswirkung entfaltet. Das Schwerbehindertenrecht kennt nur einen Gesamtzustand der Behinderung, den gegebenenfalls mehrere Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit bestimmen (BSG, Beschluss vom 1. Juni 2015 - B 9 SB 10/15 B -, juris, Rz. 8). So genannte Teil-GdB-Werte, die den Grad der Behinderung separat für eine einzelne Erkrankung bzw. Funktionseinschränkung im Bescheid ausweisen, sind nur Begründungselemente (§ 35 SGB X) des Gesamt-GdB. Nur letzterer steht im Verfügungssatz des Bescheids und hat Feststellungswirkung (Oppermann, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 69 SGB IX, Rz. 10). Daher kann eine wesentliche Veränderung der Sachlage auch dann verneint werden, wenn sich zwar die Bewertung einzelner Behinderungen geändert hat oder sogar neue Behinderungen dazugekommen, ggfs. aber andere auch wieder weggefallen sind, solange sich lediglich der Gesamt-GdB nicht verändert hat (vgl. Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 SB 4445/14 -, juris, Rz. 38).
Vor diesem Hintergrund ist bei der Klägerin weiterhin kein GdB höher als 30 anzuerkennen.
Bereits im Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2014 hatte der Beklagte zu Recht ausgeführt, dass für den Diabetes mellitus der Klägerin - entgegen früherer Einschätzungen des versorgungsärztlichen Dienstes - kein GdB von 20 (mehr) annehmen war. Allerdings war auch kein GdB von 0, sondern ein solcher von 10 gerechtfertigt. Allenfalls während des laufenden Berufungsverfahrens sind die Beeinträchtigungen der Klägerin soweit zurückgegangen, dass nunmehr kein GdB mehr festzustellen ist. Nach Teil B Nr. 15.1 VG in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der VersMedV vom 14. Juli 2010 (BGBl I S. 928) beträgt der GdB für Menschen, die an Diabetes erkrankt sind, 0, wenn die Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und "somit" kaum Beeinträchtigungen in der Lebensführung vorliegen. Der GdB beträgt dagegen 20 für solche Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind. Aus dem Fehlen der Kausalverknüpfung "somit" in der zweiten Regelung ergibt sich, dass die VG nicht nur die Hypoglykämiegefahr, sondern auch andere Einschnitte in der Lebensführung berücksichtigen. Wenn beides zusammentrifft, ist ein GdB von 20 anzunehmen. Dagegen beträgt der GdB nach der ersten Regelung - nur dann - 0, wenn gar keine Einschnitte in der Lebensführung vorliegen. Dieser Vergleich rechtfertigt es, auch wenn eine ganz ausdrückliche gesetzliche Regelung fehlt, einen GdB von 10 anzunehmen, wenn zwar die Hypoglykämieneigung nicht erhöht ist, aber andere Einschnitte in der Lebensführung vorliegen. Dies war die Situation der Klägerin bei Erlass der hier angegriffenen Bescheide und auch noch während des erstinstanzlichen Verfahrens. Ihr Medikament, das den Wirkstoff Metformin enthielt, erhöhte zwar die Hypoglykämieneigung nicht, verursachte aber morgendliche Durchfälle, die eine durchaus erhebliche Beeinträchtigung in der Lebensführung darstellten. Dies hatte auch der Sachverständige Dr. K. so gesehen und deshalb einen GdB von 10 vorgeschlagen. Dem ist zu folgen. Allerdings hat sich nunmehr der Zustand der Klägerin gebessert. Sie hat nach ihren Angaben in dem Erörterungstermin vom 15. Januar 2016 zwar nicht das Medikament gewechselt, wie Dr. K. empfohlen hatte, aber die Dosis soweit verringert, dass keine schwerwiegenden Durchfälle mehr auftreten. Daher ist der GdB für den Diabetes nunmehr mit 0 zu beziffern.
Nicht folgen kann der Senat dem Vorschlag Dr. K.s, auch für einen Bluthochdruck einen GdB von 10 anzunehmen. Nach Teil A Nr. 9.3 VG ist ein GdB von 0 bis 10 gerechtfertigt, wenn keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigungen vorliegen. Diese Spanne zeigt, dass der GdB 0 beträgt, wenn gar keine Beeinträchtigungen vorliegen und erst dann 10, wenn die Beeinträchtigungen leicht sind, z.B. leichte Augenhintergrundveränderungen aufgetreten sind. Bei der Klägerin liegen gar keine Leistungsbeeinträchtigungen vor, weil der Blutdruck medikamentös gut eingestellt ist. Dr. K. hat die Klägerin ergometrisch belastet und festgestellt, dass der Blutdruck in Ruhe und unter Belastung im Normbereich lag. Organische Folgeschäden hat er ausdrücklich ausgeschlossen. Anders als u.U. beim Diabetes ist die Notwendigkeit einer dauernden medikamentösen Behandlung bei einem Bluthochdruck kein Grund, einen GdB festzustellen.
Der Beklagte hatte in der letzten insoweit relevanten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29. November 2013 einen - weiteren - Teil-GdB von 20 für eine Migräne, eine seelische Störung und eine Nesselsucht angenommen. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um Erkrankungen aus unterschiedlichen Funktionssystemen handelt, die nach Teil A Nr. 2 Buchstabe e Satz 2 VG "im Allgemeinen" getrennt zu bewerten sind, liegen diese Erkrankungen nicht (mehr) vor bzw. die aus ihnen folgenden Funktionsbeeinträchtigungen bedingen jeweils keinen GdB von mehr als 10.
Die Annahme einer seelischen Erkrankung beruht darauf, dass in der Reha-Klinik Glottertal nach dem Entlassungsbericht vom 30. April 2002 auch eine "depressive Anpassungsstörung" diagnostiziert wurde. Die damaligen Symptome (ausgeprägte Erschöpfung, Schlafstörungen mit nächtlichem Grübeln, auch Migräneattacken im Abstand von 4 bis 8 Wochen u.a.) waren geeignet, diese Diagnose zu tragen. Aber bereits die Klinik Glottertal hatte darauf hingewiesen, dass eine akute Belastung in der Familie und im Beruf vorlag und daher nicht zwingend von einer dauernden Diagnose auszugehen war. Dem entspricht es, dass die Klägerin schon nach der damaligen Rehabilitation in "deutlich stabilisiertem psycho-physischem Gesundheitszustand entlassen" wurde und "die Behandlungsziele in vollem Umfang erreicht" worden waren. Dieser ausgeheilte Zustand war von Dauer. Auch in der Folgezeit ist - trotz der aktuellen Belastung durch die Schlaganfallerkrankung ihres mittlerweile berenteten Ehemanns - eine solche Erkrankung aus dem psychiatrischem Fachgebiet nicht wieder zurückgekehrt. Die behandelnden Hausärzte Dr. R. und Dr. H. haben in dem Befundbericht aus dem Oktober 2013 und in der Zeugenaussage gegenüber dem SG keine solche Diagnose angegeben. Der Sachverständige Dr. K. hat keine Symptome feststellen können, die auf Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet hindeuten (S. 6 Gutachten). Und vor allem finden sich keine seelischen Einschränkungen in dem aktuellen Entlassungsbericht der Reha-Klinik Hausbaden vom 6. November 2015. Dort werden lediglich psychische Belastungen (Pflege des Ehemannes, Mitbetreuung von Sohn und Enkelin) beschrieben, aber keine daraus folgenden Symptome, sondern lediglich eine "etwas gedämpfte Stimmung".
Gleiches gilt für die von der Klägerin behauptete Migräne. Symptome dieser Erkrankung waren 2002 in dem Entlassungsbericht aus der Klinik Glottertal beschrieben worden, allerdings der damaligen vorübergehenden psychischen Erkrankung zugeordnet worden. Weder Dr. K. noch jüngst die behandelnden Ärzte der Reha-Klinik Hausbaden haben Symptome einer Migräne festgestellt. Die Klägerin hat auch dort regelmäßig - nur - auf Schmerzen im Bewegungsapparat hingewiesen, aber keine Kopfschmerzen geklagt. Eine spezifische Behandlung findet nicht statt, auch die - überwiegend bedarfsweise genommene - Schmerzmedikation betrifft die Beschwerden an der Wirbelsäule und den Gliedmaßen, aber nicht den Kopf. Vor diesem Hintergrund kann der Senat auch nicht der schriftlichen Stellungnahme Dr. H.s vom 21. März 2016 folgen, die Klägerin leide nach wie vor an Migräne bzw. rezidivierenden Migräneattacken. Zumindest ist davon auszugehen, dass solche Attacken sehr selten sind, denn Dr. H. hatte in seiner Aufstellung über die Behandlungstermine von März 2013 bis September 2014, die er seiner Zeugenaussage gegenüber dem SG beigefügt hatte, auch keine Migräneanfälle genannt. Ein relevanter GdB von 20 für eine selbstständige Migräne wäre aber nach Teil B Nr. 2.3 VG erst bei "häufigen Anfällen, jeweils einen oder mehrere Tage anhaltend" zu vergeben.
Für Beeinträchtigungen im Funktionssystem "Haut" ist kein GdB mehr zu vergeben. Insoweit war bei der Klägerin - auch in der Reha-Klinik Glottertal - eine Urtikaria (Nesselsucht) diagnostiziert worden. Diese Krankheit findet sich jedoch nicht mehr in dem Behandlungsbericht, den Dr. H. zur Akte gereicht hat. Die dort einmalig genannte Pilzerkrankung der Haut (Dermatomykose) scheint ausgeheilt zu sein und keine dauerhaften Funktionseinbußen verursacht zu haben.
Bei der Klägerin ist sodann ein GdB von 20 auf orthopädischem Fachgebiet anzuerkennen.
Der Sachverständige Dr. K. hatte diesen Wert einer Funktionsbehinderung der Hüftgelenke zugeordnet. Dies ist allerdings nach seinen Befunden nicht zutreffend. An diesen Gelenken direkt hat auch Dr. K. keinerlei Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt. Bei seiner Untersuchung war die Beweglichkeit (auch) der Hüftgelenke frei. Dies wird bestätigt durch die Messungen in der Reha-Klinik Hohenbaden, die für die Hüften freie Streckung und Beugung (konkret 0/0/120°) ergeben haben.
Jedoch ist es vertretbar, einen GdB von 20 für das Funktionssystem "Rumpf" zu vergeben. Die Klägerin leidet an Beeinträchtigungen, die aus Schädigungen an der Lenden- und der Halswirbelsäule herrühren. Während die Funktionseinschränkungen an der Halswirbelsäule noch als "leicht" im Sinne von Teil A Nr. 18.9 VG einzustufen sind, können jene an der Lendenwirbelsäule unter Umständen schon als "mittelgradig" angesehen werden, sodass sich, zumindest wenn die Ausstrahlungswirkungen in die oberen und die untern Gliedmaßen einbezogen werden, ein GdB von 20 folgt. Die Beeinträchtigungen ergeben sich vor allem aus der Zeugenaussage des Orthopäden Dr. K. in der Berufungsinstanz und aus den Unterlagen, die er dabei zur Akte gereicht hat. In der Reha-Klinik Hausbaden sind - unter anderem neben der Coxarthrose - ein Hals- und ein Lendenwirbelsäulensyndrom, Osteochondrosen und zwei Bandscheibenprotusionen, aber keine gravierenden Vorfälle wie die Klägerin behauptet, in der unteren Lendenwirbelsäule und im Übergang zur Sakralwirbelsäule beschrieben worden. Diese Schädigungen verursachen vor allem Schmerzen, welche zumindest bedarfsweise mit Medikamenten behandelt werden. Dr. K. hat bekundet, er habe Druckschmerzen in beiden betroffenen Wirbelsäulenabschnitten festgestellt, an der Lendenwirbelsäule außerdem auch einen Bewegungsschmerz (Entfaltungsschmerz). Ferner ist die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule leicht eingeschränkt. Zwar hatte Dr. K. einen Finger-Boden-Abstand von 0 cm gemessen, jedoch gibt Dr. K. für die Entfaltbarkeit ein eingeschränktes Schober’sches Zeichen von 10:12,5 cm an, die Klinik Hohenbaden hat diesen Wert sogar nur mit 10:12 cm gemessen und den Finger-Boden-Abstand nunmehr nur noch mit 10 cm. Auch wurden dort Einschränkungen in der Rumpfrotation und - etwas stärker - bei der Seitneigung (25/0/25°) beschrieben. Motorische oder sensible Störungen sind dagegen weder von Dr. K. noch in der Klinik Hohenbaden festgestellt worden, insbesondere liegen die Anfangs der 2000er Jahre bestehenden Nervenwurzelreizerscheinungen nicht mehr vor. Dies hat nicht nur der Sachverständige Dr. K. festgestellt. Auch in der Klinik Hohenbaden wurden nur pseudoradikuläre Auswirkungen beschrieben.
Die Beeinträchtigungen an den Kniegelenken der Klägerin begründen keinen GdB. Dr. K. hat dort keine anhaltenden Reizungen auf Grund erheblicher arthrotischer Veränderungen ("kein Knirschen") und vor allem keine Beweglichkeitseinschränkungen festgestellt (Klinik Hohenbaden: 0/0/150° bds.).
Die Schilddrüsenerkrankung der Klägerin (Hashimoto) bedingt keinen GdB. Zwar nimmt die Klägerin insoweit regelmäßig Medikamente, unter deren Wirkung ist die Erkrankung aber gut eingestellt. Teil B Nr. 15.6 VG regelt, dass für Schilddrüsenerkrankungen an sich in der Regel kein GdB zu vergeben ist, weil sie gut behandelbar sind. Nur die - selten auftretenden - Organkomplikationen wie ein Exophthalmus oder eine Trachealstenose sind (gesondert) zu bewerten Solche Folgen liegen bei der Klägerin jedoch nicht vor.
Im Vorfeld der Aufnahme in die Reha-Klinik Hohenbaden war bei der Klägerin auch eine leichte Linksherzhypertrophie diagnostiziert worden. Die in der Klinik durchgeführte ergometrische Belastungserprobung konnte jedoch bis zu 125 Watt durchgeführt werden, wobei sich keine Herzrhythmusstörungen und keine EKG-Veränderungen gezeigt haben; lediglich der Blutdruck war nach dem Ende der Belastung nur zögerlich zurückgegangen. Hiernach liegt bei der Klägerin allenfalls eine leichte Herzerkrankung vor, die nach Teil B Nr. 9.1.1 VG einen GdB von 0 bis 10 bedingt. Ein erheblicher GdB von 20 oder mehr ist erst bei einer Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung zu vergeben, wenn z.B. die ergometrische Belastung nur bis 75 Watt reichen würde. Dementsprechend ist die Klägerin nach dem Aufenthalt in der Reha-Klinik Hausbaden auch für voll erwerbsfähig gehalten und sind dabei nur schwere, nicht aber leichte und mittelschwere Arbeiten ausgeschlossen worden.
Letztlich können die bei der Klägerin - nach der Zeugenaussage von Dr. H. regelmäßig im Abstand mehrerer Monate auftretenden - Lungenerkrankungen als chronische Bronchitis eingestuft werden. Dafür ist nach Teil A Nr. 8.2 ein GdB von 0 bis 10 zu vergeben. Ein GdB von 20 käme erst bei einer Erkrankung in schwerer Form mit fast kontinuierlichem ausgiebigem Husten und Auswurf und häufigen akuten Schüben in Betracht, was vorliegend nicht nachgewiesen ist.
Weitere behinderungsrelevante Erkrankungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Die - vor etwa zwei Jahren deutlich verringerte - Adipositas ist nicht als Behinderung anzuerkennen, da keine Folgeerkrankungen aufgetreten sind (vgl. Teil B Nr. 15.3 VG).
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB wird unter Zugrundelegung eines GdB von 20 für den Rumpf und den weiteren GdB-Werte von je 10 bzw. bis zu 10 kein Anspruch auf einen Gesamt-GdB von mehr als 30 begründet.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved