Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 5097/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 2661/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1955 im ehemaligen J. geborene Klägerin erlernte keinen Beruf. Im Sommer 1993 zog sie in die Bundesrepublik Deutschland zu. Sie übte in der Zeit vom 1. November bis zum 1. Mai 2005 eine geringfügige nichtversicherungspflichtige Beschäftigung aus. Vom 1. Juli 2006 bis zum 10. März 2009 war sie versicherungspflichtig als Produktionshelferin tätig. Ab 11. März 2009 bezog sie zunächst Krankengeld und anschließend vom 18. Juli 2010 bis zum 25. Januar 2012 Arbeitslosengeld.
Das Landratsamt E. stellte bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von 40 seit 12. August 2009 fest.
Am 28. Januar 2009 erlitt die Klägerin einen Schlaganfall und musste stationär behandelt werden (Entlassungsbericht der Ärzte Dr. S./Dr. S./S. der Klinik für Neurologie und klinische Neurophysiologie des Klinikums E. vom 5. Februar 2009 über die stationäre Behandlung vom 28. Januar 2009 bis zum 5. Februar 2009; Diagnosen rechtscerebrale Ischämie mit zweimaliger brachiofacialbetonter sensomotorischer Hemiparese links, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2, Hypercholesterinämie, mikrozytäre Anämie). In der Zeit vom 9. Juni 2009 bis zum 7. Juli 2009 absolvierte die Klägerin eine stationäre Maßnahme der medizinischen Rehabilitation im Reha-Zentrum B. D., aus der sie arbeitsunfähig und mit einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Arbeiten überwiegend im Stehen, ständig im Gehen und Sitzen, in Tages-, Früh- und Spätschicht entlassen wurde (Entlassungsbericht Dr. L./Dr. T./Dr. P. vom 16. Juli 2009; Diagnosen: mittelgradige depressive Episode, Betroffensein von einer Katastrophe, einem Krieg oder anderen Feindseligkeiten, Schwierigkeiten bei der kulturellen Eingewöhnung, Zustand nach cerebraler Ischämie, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren).
Am 20. September 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine nervenärztliche Untersuchung der Klägerin. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. gelangte in seinem Gutachten vom 20. November 2011 - unter Berücksichtigung der Diagnose Angst- und depressive Störung gemischt - zu der Einschätzung, dass die Klägerin leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten ohne Nachtschicht sechs Stunden und mehr verrichten könne, wobei auf Tätigkeiten mit besonderem Zeitdruck, mit erhöhten Stressfaktoren oder wesentlich erhöhter Unfallgefährdung verzichtet werden müsse. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 24. November 2011 ab. Der Widerspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 15. August 2013).
Dagegen hat die Klägerin am 4. September 2013 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und die Klage trotz Erinnerung nicht begründet. Das SG hat die Klage - gestützt auf das Gutachten des Dr. S. - mit Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23. Mai 2014 zugestellt, abgewiesen.
Gegen den Gerichtsbescheid des SG wendet sich die Klägerin mit ihrer am 23. Juni 2014 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Die Klägerin sei seit Anfang 2009 arbeitsunfähig und gehe nach wie vor seit ihrer Aussteuerung und dem Auslaufen des Bezugs von Arbeitslosengeld aus gesundheitlichen Gründen keiner Erwerbstätigkeit nach. Damit sei eine erhebliche Indizwirkung für die Annahme einer Minderung der Erwerbsfähigkeit auch im rentenrechtlichen Sinne gegeben. Das maßgebliche Leiden sei auf nervenärztlichem Gebiet angesiedelt. Die Klägerin befinde sich in durchgehender nervenärztlicher Behandlung. Sie habe sich wegen einer ischämischen Attacke im Juli 2014 stationär behandeln lassen müssen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Mai 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. August 2013 zu verurteilen, ihr ab 1. September 2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist zur Begründung auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Die Klägerin ist in der Zeit vom 7. Juni 2014 bis zum 13. Juni 2014 in der Neurologischen Klinik des Klinikums F. wegen einer transitorischen ischämischen Attacke vertebrobasilär mit Schwankschwindel und initial holocephalen Kopfschmerzen ohne richtungsweisenden Befund behandelt worden (Entlassungsbericht Prof. Dr. H./Dr. U./E. vom 7. Juni 2014).
Der Senat hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen. Der Facharzt für Psychiatrie, Suchtmedizin und Leiter des Zentrums für Migrationspsychiatrie des Zentrums für Psychiatrie (ZfP) Südwürttemberg Dr. A. hat mit Schreiben vom 26. Juni 2015 (Bl. 38/45 der Senatsakten) mitgeteilt, dass die Klägerin seit Juni 2012 sich einmal im Quartal in seiner ambulanten Behandlung befinde. Bei der Klägerin bestünden eine depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig ausgeprägte Episode, posttraumatische Belastungsstörungen und "Kontaktanlässe mit Bezug auf soziale Umgebung". Im Laufe der Behandlung habe sich der psychische Zustand der Klägerin leicht verschlimmert. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin S. hat mit Schreiben vom 22. Juli 2015 (Bl. 46/60 der Senatsakten) mitgeteilt, bei der Klägerin liege ein Diabetes mellitus Typ II, eine arterielle Hypertonie, eine Hypothyreose, eine Fettstoffwechselstörung, ein Zustand nach cerebraler Ischämie und transistorischer ischämischer Attacke sowie episodisch paroxismaler Angst nach posttraumatischer Belastungsstörung und sensitiv paranoider Persönlichkeitsstörung vor. Die erhobenen Befunde wie Lungen- und Herzauskultationen und Abdomenuntersuchungen hätten keine pathologischen Befunde ergeben.
Die Beklagte hat unter Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E.-D. vom 10. August 2015 (Bl. 62 der Senatsakte) an ihre Leistungsentscheidung festgehalten.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 2. Oktober 2015 einen Erörterungstermin durchgeführt; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung vom 2. Oktober 2015 Bezug genommen (Bl. 71/73 der Senatsakten).
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein nervenärztliches Gutachten eingeholt. Der Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Neurologie und Psychotherapie Prof. Dr. G. hat in seinem Gutachten vom 10. April 2016 (Bl. 92/116 der Senatsakten) eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert und den Verdacht auf eine (teilweise bestehende) posttraumatische Belastungsstörung geäußert. Eine genaue Spezifizierung der seelischen Störung sei schwierig. Die Klägerin habe deutlich eine schwere depressive Verstimmung mit starker Regression, d.h. ein Rückzug auf eine frühere Stufe der Persönlichkeitsentwicklung mit oft auch passiven Versorgungswünschen, zum Ausdruck gebracht und den Eindruck einer starken Hilfslosigkeit sowie eines sozialen Rückzugs vermittelt. Nach seinem klinischen Eindruck spreche mehr für eine Beschwerdeverdeutlichungstendenz, wobei schwer zu beurteilen sei, ob diese letztlich bewusstseinsnah oder primär bewusstseinsfern motiviert sei. Zumindest in einem wesentlichen Kern entsprächen die vorgetragenen seelischen Störungen einem echten seelischen Leiden. Es sei schwer, mit einer gewissen Sicherheit zu begründen, ob zumindest ein Teil der Beschwerden mit zumutbarer Willensanstrengung aus eigener Kraft überwunden werden könnten. Vieles spreche dafür, dass mittlerweile eine chronifizierte depressive Störung entstanden sei, zusätzlich eine chronische Schmerzerkrankung, wobei sich beide Beschwerdebilder vermutlich gegenseitig stark überlagerten. Weiter hat Prof. Dr. G. ausgeführt, dass es für ihn schwer einzuschätzen sei, welche Funktionen letztlich in welchem Grad noch erhalten seien. Er halte es für sehr unwahrscheinlich, dass bei dem aktuellen Zustandsbild eine Arbeit von täglich mehr als sechs Stunden auch bei leichter Tätigkeit möglich wäre. Insgesamt spreche seiner Einschätzung nach mehr dafür als dagegen, dass es seit der Behandlung in B. D. 2009 im weiteren Verlauf zu einer Chronifizierung und gewissen zusätzlichen Verschlechterung des Gesamtbefindens gerade in psychischer Hinsicht gekommen sei. Prof. Dr. G. hat eine tägliche Tätigkeit von drei bis sechs Stunden bei insgesamt leichter Tätigkeit, bei Möglichkeiten zum Wechsel der Körperhaltung ohne häufiges Bücken, ohne Über-Kopf-Arbeiten, ohne Akkordarbeit mit Zeitdruck und in Nachtschicht für möglich gehalten.
Die Beklagte hat eine weitere sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. E.-D. vom 29. April 2016 (Bl. 118 der Senatsakten) vorgelegt und ihren Antrag, die Berufung zurückzuweisen, aufrechterhalten.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden.
2. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Bescheid vom 24. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. August 2013 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. September 2011 abgelehnt hat. Dagegen wendet sich die Klägerin statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung. Ausweislich ihrer im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 2. Oktober 2015 abgegebenen Erklärung macht sie eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - wegen des fehlenden Berufsschutzes zu Recht - nicht geltend.
3. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zutreffend verneint. Der Bescheid der Beklagten vom 24. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. August 2013 stellt sich als rechtmäßig dar und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
a. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung (Gesetz vom 19. Februar 2002, BGBl. I, S. 754) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung gemäß Gesetz vom 20. April 2007 [BGBl. I, S. 554] bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn neben den oben genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
b. Die Klägerin hat die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bezüglich des von ihr geltend gemachten Leistungsfalls (September 2011) bis zum 28. Februar 2014 erfüllt, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Denn ausweislich des von der Beklagten mit Schreiben vom 28. Oktober 2015 vorgelegten aktuellen Versicherungsverlaufs, dessen Richtig- und Vollständigkeit die Klägerin nicht in Abrede gestellt hat, hat diese lediglich in der Zeit vom 1. Juli 2006 bis zum 10. März 2009 eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt und in der Zeit vom 11. März 2009 bis zum 26. Januar 2012 wegen des Bezugs von Arbeitslosen- und Krankengeld weitere Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt. Weitere rentenrechtliche Zeiten sind im Versicherungsverlauf nicht enthalten und werden von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.
Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Klägerin seit September 2011 erwerbsgemindert ist. Er vermochte nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) nicht festzustellen, dass die Klägerin wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein.
Die Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben von Amts wegen (§ 103 SGG) mit Hilfe (medizinischer) Sachverständiger (§ 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG) zu ermitteln und festzustellen, a) Art, Ausprägung und voraussichtliche Dauer der Krankheit(en) oder Behinderung(en), an denen der Versicherte leidet, b) Art, Umfang und voraussichtliche Dauer der quantitativen und qualitativen Leistungseinschränkungen (Minderbelastbarkeiten, Funktionsstörungen und -einbußen) sowie den c) Ursachenzusammenhang ("wegen") zwischen a) und b) (z.B. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - juris Rdnr. 13).
Zur Überzeugung des Senats leidet die Klägerin an einem Diabetes mellitus Typ II, einer Hypertonie, einer Hypothyreose (mangelnde Versorgung mit Schilddrüsenhormonen), einer Eisenmangelanämie, einer Fettstoffwechselstörung, einer Adipositas und einer Osteochondrose der Halswirbelsäule und bei ihr besteht ein Zustand nach cerebraler Ischämie. Dies folgt für den Senat aus den Entlassungsberichten der Klinikärzte Dr. S./Dr. S./S. vom 5. Februar 2009, der Reha-Ärzte Dr. L./Dr. T./Dr. P. vom 16. Juli 2009 und der Klinikärzte Prof. Dr. H./Dr. U./E. vom 7. Juni 2014, den Befundberichten des Dr. A. vom 20. Juni 2013 und 6. Mai 2015, des Facharztes für Orthopädie Dr. R. vom 4. März 2013 und der Fachärzte für Innere Medizin K./G. vom 7. Mai 2012, 20. Februar 2014 und 16. Juni 2015 sowie der Stellungnahme der Hausärztin S. vom 22. Juli 2015. Bereits die Klinikärzte Dr. S./Dr. S./S. konnten keine frische Ischämie und keine Stenose der intrakraniellen Gefäße nachweisen und haben die Klägerin nahezu beschwerdefrei in stabilem Zustand entlassen. Im Rahmen der medizinischen Rehabilitation im Reha-Zentrum B. D. ist ein unauffälliger neurologischer Befund festgestellt worden. Dr. S. hat im Rahmen seiner Untersuchung im November 2011 einen normgerechten neurologischen Befund erhoben und keine Restsymptome eines Schlaganfalles gesehen. Die Klinikärzte Prof. Dr. H./Dr. U./E. haben während des stationären Aufenthalts im Juni 2014 einen unauffälligen neurologischen und internistischen Befund erhoben und keinen Nachweis einer zerebralen Ischämie oder Blutung gefunden. Der Orthopäde Dr. R. hat aus orthopädischer Sicht keine Erklärung für die von der Klägerin beklagten Beschwerden gefunden. Die Internisten K./G. haben eine koronare Herzkrankheit ausgeschlossen und weiterführende diagnostische oder therapeutische Maßnahmen nicht für notwendig erachtet. Hinsichtlich des Diabetes mellitus, der arteriellen Hypertonie, der Hypercholesterinämie, der Eisenmangelanämie und der Hypothyreose ist die Klägerin medikamentös eingestellt. Andere belangvolle somatische Gesundheitsstörungen, die eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Im Hinblick auf die genannten Erkrankungen sind der Rentengutachter Dr. S., die behandelnde Hausärztin S. und der Sachverständige Prof. Dr. G. übereinstimmend sowie nachvollziehbar und überzeugend zu der Einschätzung gelangt, dass die somatischen Erkrankungen keine Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin in quantitativer Hinsicht bedingen.
Dagegen ist der Senat nicht überzeugt vom Vorliegen einer psychischen Erkrankung, die die Klägerin bei zumutbarer Willensanspannung aus eigener Kraft nicht zumindest soweit überwinden kann, dass sie leichte Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich ausüben kann. Grundsätzlich handelt es sich - auch soweit psychische Leiden vorliegen - um Krankheiten im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, d.h. um regelwidrige Körper- bzw. Geisteszustände, die geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit herabzusetzen (BSG, a.a.O. Rdnr. 14). Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des BSG jedoch, dass der Versicherte sie auch bei zumutbarer Willensanspannung nicht aus eigener Kraft überwinden kann (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 - B 5 RJ 48/03 R - juris Rdnr. 30). Für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit trifft den Rentenbewerber die (objektive) Beweislast (BSG, a.a.O.).
Vorliegend haben die Reha-Ärzte Dr. L./Dr. T./Dr. P. im Rahmen der stationären medizinischen Rehabilitation 2009 eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert sowie ein Betroffensein von einer Katastrophe, einem Krieg oder anderen Feindseligkeiten und Schwierigkeiten bei der kulturellen Eingewöhnung beschrieben, jedoch gleichwohl keine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht gesehen. Die Klägerin hat sich im Zeitpunkt der Aufnahme im Kontakt zurückhaltend, zaghaft, klagsam, psychomotorisch verlangsamt, zu allen Qualitäten voll orientiert und bewusstseinsklar, ohne inhaltliche und formale Denkstörungen, ohne Störungen mnestischer Fähigkeiten, mit deutlich vermindertem Antrieb, dysthymer Stimmung und eingeschränkter emotionaler Schwingungsfähigkeit gezeigt. Durch die Rehabilitation ist eine Stabilisierung erreicht worden: Hinsichtlich der depressiven Symptomatik konnte sie medikamentös gut eingestellt werden. Im Zeitpunkt der Entlassung hat die Klägerin sich mit einer stabilen Stimmung, aktiver, motivierter und mit mehr Antrieb gezeigt. Im Hinblick auf die dokumentierten Untersuchungsbefunde, die ausführliche Anamnese und den Krankheitsverlauf sind die Reha-Ärzte Dr. L./Dr. T./Dr. P. nachvollziehbar zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr verrichten kann.
Der Rentengutachter Dr. S. hat auf Grundlage der durch ihn erhobenen Befunde, einer ausführlichen Anamnese und der Vorbefunde eine Angst- und depressive Störung (gemischt) diagnostiziert. Seinerzeit hat die Klägerin stimmungsmäßig leicht gedrückt, allerdings nicht gravierend depressiv gewirkt. Sie hat Regressionstendenzen gezeigt. Der formale und inhaltliche Gedankengang, die Orientierung, das Bewusstsein, die mnestischen und intellektuellen Funktionen sind ungestört gewesen. Eine Affektlabilität hat nicht bestanden. Dr. S. hat weder eine mittelschwere oder schwere Depression noch eine Angstsymptomatik feststellen können und überzeugend eine gravierende Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf nervenärztlichem Gebiet ausgeschlossen.
Der die Klägerin ambulant einmal pro Quartal behandelnde Facharzt Dr. A. hat eine mittelgradige depressive Episode und eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert, ohne die dem zugrundeliegenden Untersuchungsbefunde mitzuteilen. Solche sind auch den vorgelegten Arztbriefen vom 20. Juni 2013 und 6. Mai 2015 nicht zu entnehmen, worauf Dr. E.-D. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 10. August 2015 zu Recht hingewiesen hat. Weiterhin fällt auf, dass die geringe Behandlungsfrequenz (einmal pro Quartal) gegen eine schwerwiegende psychiatrische Erkrankung spricht.
Der wahlärztliche Sachverständige Prof. Dr. G. hat in seinem aktuellen Gutachten vom 10. April 2016 eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert und den Verdacht auf eine (teilweise bestehende) posttraumatische Belastungsstörung geäußert (vgl. zum Beweiswert einer Verdachtsdiagnose nur Freudenberg in jurisPK-SGB VI, § 43 Rdnr. 69 m.w.N.). Prof. Dr. G., der zur Gewährleistung einer Verständigung mit der bosnischsprachigen Klägerin bei der Begutachtung einen Dolmetscher herangezogen hatte, hat hinsichtlich des im Rahmen der Anamnese und der Untersuchung gezeigten Verhaltens eine erhebliche Aggravationsneigung mit starken regressiven Tendenzen angenommen und den psychischen Befund der Klägerin als in Mimik und Gestik depressiv, hilflos und erschöpft wirkend und antriebsgemindert beschrieben. Einschränkungen hinsichtlich Bewusstsein, Orientierung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Denkablauf oder Hinweise auf Befürchtungen, Zwänge, wahnhaftes Denken, Sinnestäuschungen und Ich-Störungen hat er nicht beschrieben. Während er nachvollziehbar und plausibel vom Vorliegen einer depressiven Erkrankung ausgegangen ist, hat er lediglich den Verdacht einer posttraumatischen Belastungsstörung geäußert. Er hat eindrücklich darauf hingewiesen, dass wegen des von der Klägerin gezeigten Beschwerdeausdrucksverhaltens eine genaue Spezifizierung der seelischen Störung und eine konkrete Feststellung von dessen Umfang und Ausmaß nicht sicher möglich ist. Prof. Dr. G. hat den Entlassungsbericht der Reha-Ärzte Dr. L./Dr. T./Dr. P. vom 16. Juli 2009 und die darin enthaltene Leistungsbeurteilung für richtungsweisend angesehen. Nicht zu überzeugen vermag jedoch seine Annahme, das Zustandsbild der Klägerin habe sich seit der stationären Rehabilitation weiter chronifiziert und verschlechtert. Denn diese Annahme hat er auf die Stellungnahme des Dr. A. gestützt, der aber gerade - mangels Mitteilung der erhobenen Untersuchungsbefunde - keine Befundverschlechterung entnommen werden kann. Auch geht Prof. Dr. G. auf das von Dr. S. dokumentierte, gegenüber der stationären Rehabilitation deutlich gebesserte Zustandsbild der Klägerin nicht ein. Damit ist der Leistungsbeurteilung des Prof. Dr. G., wonach der Klägerin leichte Tätigkeiten arbeitstäglich drei bis sechs Stunden zumutbar seien, die Grundlage entzogen. Im Übrigen hat er wiederholt betont, dass er sich bei der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht sicher ist und eine Einschränkung in zeitlicher Hinsicht lediglich für möglich erachte. Weiterhin ist zu beachten, dass rezidivierende depressive Störungen zwar zu wiederholter und teilweise längerer Arbeitsunfähigkeit führen können, sie aber regelmäßig keine erhebliche Gefährdung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben bedingen (vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), Leitlinien für die sozialmedizinische Beurteilung von Menschen mit psychischer Störung, 2006, S. 37). Allein aus dem Umstand, dass bei der Klägerin - trotz des durchgehend gezeigten Aggravationsverhaltens - eine rezidivierende depressive Störung vorliegt und sie ggf. verschiedene depressive Episoden unklaren Schweregrades durchgemacht hat, kann nicht zwangsläufig von einer eingeschränkten Ausdauerbelastung und einer Belastbarkeitsminderung, die der Aufnahme einer Tätigkeit mit arbeitstäglich mindestens sechs Stunden entgegensteht, ausgegangen werden. Auch aus dem dargestellten Behandlungsverlauf und einer Langzeitbetrachtung kann nicht sicher Art und Ausmaß der seelisch bedingten Störung, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit der Klägerin festgestellt werden. Prof. Dr. G. hat auf Grundlage des objektiv nachgewiesenen Befundes und des dokumentierten Krankheitsverlaufes nicht schlüssig und nachvollziehbar begründet, welche konkreten Auswirkungen die angenommene psychische Störung auf das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin hat.
Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die bei der Klägerin vorhandenen Gesundheitsstörungen Einschränkungen ihres beruflichen Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht bewirken. Vielmehr ist die Klägerin noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat schließt sich insoweit der überzeugenden Beurteilung der Klinikärzte Ärzte Dr. L./Dr. T./Dr. P. und des Rentengutachters Dr. S. an, welche sämtlich zeitliche Leistungseinschränkungen schlüssig verneint haben.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Kläger in der Lage ist, noch mindestens sechs Stunden täglich jedenfalls eine körperlich leichte Tätigkeit im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen mit Ausnahme von Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Über-Kopf-Arbeiten, besonderem Zeitdruck, erhöhten Stressfaktoren, wesentlich erhöhter Unfallgefährdung oder besonderer geistiger Beanspruchung und besonderer Verantwortung sowie in Nachtschicht zu verrichten.
Steht das krankheits- bzw. behinderungsbedingte (Rest-)Leistungsvermögen fest, ist im nächsten Prüfungsschritt die Rechtsfrage zu klären, ob der Versicherte damit außerstande ist, "unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts" tätig zu sein (dazu BSG, a.a.O. Rdnr. 17 ff. m.w.N.) Diese Frage ist hier zu verneinen. "Bedingungen" sind dabei alle Faktoren, die wesentliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind. Hierzu gehört vor allem der rechtliche Normrahmen, wie etwa Dauer und Verteilung der Arbeitszeit, Pausen- und Urlaubsregelungen, Beachtung von Arbeitsschutzvorschriften sowie gesetzliche Bestimmungen und tarifvertragliche Vereinbarungen. Die Bedingungen sind "üblich", wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl. Der Arbeitsmarktbegriff erfasst alle denkbaren Tätigkeiten, für die es faktisch "Angebot" und "Nachfrage" gibt. Das Adjektiv "allgemein" grenzt den ersten vom zweiten - öffentlich geförderten - Arbeitsmarkt, zu dem regelmäßig nur Leistungsempfänger nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - und Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - Zugang haben, sowie von Sonderbereichen ab, wie beispielsweise Werkstätten für behinderte Menschen und andere geschützte Einrichtungen.
Die Klägerin kann - wie dargelegt - an fünf Tagen in der Woche mindestens sechs Stunden arbeiten. Sieht man davon ab, dass ihr Schichtarbeiten krankheitsbedingt nicht mehr zugemutet werden dürfen, benötigt sie im Hinblick auf Dauer und Verteilung der Arbeitszeit keine Sonderbehandlung, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unüblich wäre. Sie hat auch keinen erhöhten, betriebsunüblichen Pausen- oder Urlaubsbedarf und ist in einem Betrieb, also außerhalb geschützter Einrichtungen, einsetzbar. Dabei ist der Senat der Auffassung, dass die Klägerin über die für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit notwendigen kognitiven Grundfähigkeiten verfügt. Nach der Rechtsprechung des BSG werden unter den Begriff der üblichen Bedingungen "auch tatsächliche Umstände" verstanden, wie z.B. die für die Ausübung einer Verweisungstätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz, mithin ausschließlich kognitive Grundfähigkeiten (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - juris Rdnr. 29). Wie dargelegt, kann im Hinblick auf die eingeschränkte Kooperation der Klägerin kein Nachweis eines Leidens objektiviert werden, das leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließt. Die angesprochenen kognitiven Grundfähigkeiten sind nicht betroffen, sondern allenfalls qualitative Leistungsausschlüsse für geistig anspruchsvolle Tätigkeiten.
Die gesundheitlichen Einschränkungen sind weder in ihrer Art noch in ihrer Summe geeignet, die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen (dazu BSG, a.a.O. Rdnr. 24 ff.). Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der nach seinem verbliebenen Restleistungsvermögen noch in der Lage ist, körperlich leichte und geistige einfache Tätigkeiten - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zuletzt Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 79/09 R - BSGE 109, 189). Der Senat ist der Überzeugung, dass das Restleistungsvermögen der Klägerin es dieser erlaubt, die oben genannten Verrichtungen oder Tätigkeiten, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, auszuüben. Es liegt weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor.
Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass bei der Klägerin die erforderliche Wegefähigkeit vorliegt. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (beispielsweise BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 79/11 R - BSGE 110, 1). Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die dem Versicherten dies nicht erlaubt, stellt eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz eines vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - BSGE 80, 24/35). Nach dieser Rechtsprechung gilt (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011, a.a.O.): Hat - wie hier - der Versicherte keinen Arbeitsplatz inne und wird ihm ein solcher auch nicht angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm noch möglich sein müssen, - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel sowie vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege absolvieren muss. Eine (volle) Erwerbsminderung setzt danach grundsätzlich voraus, dass der Versicherte nicht viermal am Tag Wegstrecken von über 500 Metern mit zumutbarem Aufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und ferner zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Dazu gehört z.B. auch die zumutbare Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Senat der Überzeugung, dass bei der Klägerin Wegefähigkeit vorliegt. Dr. S. und Prof. Dr. G. haben in Einklang mit den von ihnen erhobenen objektivierbaren Befunden und für den Senat überzeugend begründet, dass die Klägerin in der Lage ist, viermal am Tag Wegstrecken von über 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zu bewältigen und ferner zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Die bei der Klägerin vorliegenden somatischen Erkrankungen sind nicht geeignet, eine Einschränkung der Wegefähigkeit zu begründen.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin in dem hier streitigen Zeitraum weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI. Somit hat die Berufung keinen Erfolg.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1955 im ehemaligen J. geborene Klägerin erlernte keinen Beruf. Im Sommer 1993 zog sie in die Bundesrepublik Deutschland zu. Sie übte in der Zeit vom 1. November bis zum 1. Mai 2005 eine geringfügige nichtversicherungspflichtige Beschäftigung aus. Vom 1. Juli 2006 bis zum 10. März 2009 war sie versicherungspflichtig als Produktionshelferin tätig. Ab 11. März 2009 bezog sie zunächst Krankengeld und anschließend vom 18. Juli 2010 bis zum 25. Januar 2012 Arbeitslosengeld.
Das Landratsamt E. stellte bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von 40 seit 12. August 2009 fest.
Am 28. Januar 2009 erlitt die Klägerin einen Schlaganfall und musste stationär behandelt werden (Entlassungsbericht der Ärzte Dr. S./Dr. S./S. der Klinik für Neurologie und klinische Neurophysiologie des Klinikums E. vom 5. Februar 2009 über die stationäre Behandlung vom 28. Januar 2009 bis zum 5. Februar 2009; Diagnosen rechtscerebrale Ischämie mit zweimaliger brachiofacialbetonter sensomotorischer Hemiparese links, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2, Hypercholesterinämie, mikrozytäre Anämie). In der Zeit vom 9. Juni 2009 bis zum 7. Juli 2009 absolvierte die Klägerin eine stationäre Maßnahme der medizinischen Rehabilitation im Reha-Zentrum B. D., aus der sie arbeitsunfähig und mit einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Arbeiten überwiegend im Stehen, ständig im Gehen und Sitzen, in Tages-, Früh- und Spätschicht entlassen wurde (Entlassungsbericht Dr. L./Dr. T./Dr. P. vom 16. Juli 2009; Diagnosen: mittelgradige depressive Episode, Betroffensein von einer Katastrophe, einem Krieg oder anderen Feindseligkeiten, Schwierigkeiten bei der kulturellen Eingewöhnung, Zustand nach cerebraler Ischämie, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren).
Am 20. September 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine nervenärztliche Untersuchung der Klägerin. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. gelangte in seinem Gutachten vom 20. November 2011 - unter Berücksichtigung der Diagnose Angst- und depressive Störung gemischt - zu der Einschätzung, dass die Klägerin leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten ohne Nachtschicht sechs Stunden und mehr verrichten könne, wobei auf Tätigkeiten mit besonderem Zeitdruck, mit erhöhten Stressfaktoren oder wesentlich erhöhter Unfallgefährdung verzichtet werden müsse. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 24. November 2011 ab. Der Widerspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 15. August 2013).
Dagegen hat die Klägerin am 4. September 2013 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und die Klage trotz Erinnerung nicht begründet. Das SG hat die Klage - gestützt auf das Gutachten des Dr. S. - mit Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23. Mai 2014 zugestellt, abgewiesen.
Gegen den Gerichtsbescheid des SG wendet sich die Klägerin mit ihrer am 23. Juni 2014 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Die Klägerin sei seit Anfang 2009 arbeitsunfähig und gehe nach wie vor seit ihrer Aussteuerung und dem Auslaufen des Bezugs von Arbeitslosengeld aus gesundheitlichen Gründen keiner Erwerbstätigkeit nach. Damit sei eine erhebliche Indizwirkung für die Annahme einer Minderung der Erwerbsfähigkeit auch im rentenrechtlichen Sinne gegeben. Das maßgebliche Leiden sei auf nervenärztlichem Gebiet angesiedelt. Die Klägerin befinde sich in durchgehender nervenärztlicher Behandlung. Sie habe sich wegen einer ischämischen Attacke im Juli 2014 stationär behandeln lassen müssen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Mai 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. August 2013 zu verurteilen, ihr ab 1. September 2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist zur Begründung auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Die Klägerin ist in der Zeit vom 7. Juni 2014 bis zum 13. Juni 2014 in der Neurologischen Klinik des Klinikums F. wegen einer transitorischen ischämischen Attacke vertebrobasilär mit Schwankschwindel und initial holocephalen Kopfschmerzen ohne richtungsweisenden Befund behandelt worden (Entlassungsbericht Prof. Dr. H./Dr. U./E. vom 7. Juni 2014).
Der Senat hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen. Der Facharzt für Psychiatrie, Suchtmedizin und Leiter des Zentrums für Migrationspsychiatrie des Zentrums für Psychiatrie (ZfP) Südwürttemberg Dr. A. hat mit Schreiben vom 26. Juni 2015 (Bl. 38/45 der Senatsakten) mitgeteilt, dass die Klägerin seit Juni 2012 sich einmal im Quartal in seiner ambulanten Behandlung befinde. Bei der Klägerin bestünden eine depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig ausgeprägte Episode, posttraumatische Belastungsstörungen und "Kontaktanlässe mit Bezug auf soziale Umgebung". Im Laufe der Behandlung habe sich der psychische Zustand der Klägerin leicht verschlimmert. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin S. hat mit Schreiben vom 22. Juli 2015 (Bl. 46/60 der Senatsakten) mitgeteilt, bei der Klägerin liege ein Diabetes mellitus Typ II, eine arterielle Hypertonie, eine Hypothyreose, eine Fettstoffwechselstörung, ein Zustand nach cerebraler Ischämie und transistorischer ischämischer Attacke sowie episodisch paroxismaler Angst nach posttraumatischer Belastungsstörung und sensitiv paranoider Persönlichkeitsstörung vor. Die erhobenen Befunde wie Lungen- und Herzauskultationen und Abdomenuntersuchungen hätten keine pathologischen Befunde ergeben.
Die Beklagte hat unter Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E.-D. vom 10. August 2015 (Bl. 62 der Senatsakte) an ihre Leistungsentscheidung festgehalten.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 2. Oktober 2015 einen Erörterungstermin durchgeführt; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung vom 2. Oktober 2015 Bezug genommen (Bl. 71/73 der Senatsakten).
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein nervenärztliches Gutachten eingeholt. Der Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Neurologie und Psychotherapie Prof. Dr. G. hat in seinem Gutachten vom 10. April 2016 (Bl. 92/116 der Senatsakten) eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert und den Verdacht auf eine (teilweise bestehende) posttraumatische Belastungsstörung geäußert. Eine genaue Spezifizierung der seelischen Störung sei schwierig. Die Klägerin habe deutlich eine schwere depressive Verstimmung mit starker Regression, d.h. ein Rückzug auf eine frühere Stufe der Persönlichkeitsentwicklung mit oft auch passiven Versorgungswünschen, zum Ausdruck gebracht und den Eindruck einer starken Hilfslosigkeit sowie eines sozialen Rückzugs vermittelt. Nach seinem klinischen Eindruck spreche mehr für eine Beschwerdeverdeutlichungstendenz, wobei schwer zu beurteilen sei, ob diese letztlich bewusstseinsnah oder primär bewusstseinsfern motiviert sei. Zumindest in einem wesentlichen Kern entsprächen die vorgetragenen seelischen Störungen einem echten seelischen Leiden. Es sei schwer, mit einer gewissen Sicherheit zu begründen, ob zumindest ein Teil der Beschwerden mit zumutbarer Willensanstrengung aus eigener Kraft überwunden werden könnten. Vieles spreche dafür, dass mittlerweile eine chronifizierte depressive Störung entstanden sei, zusätzlich eine chronische Schmerzerkrankung, wobei sich beide Beschwerdebilder vermutlich gegenseitig stark überlagerten. Weiter hat Prof. Dr. G. ausgeführt, dass es für ihn schwer einzuschätzen sei, welche Funktionen letztlich in welchem Grad noch erhalten seien. Er halte es für sehr unwahrscheinlich, dass bei dem aktuellen Zustandsbild eine Arbeit von täglich mehr als sechs Stunden auch bei leichter Tätigkeit möglich wäre. Insgesamt spreche seiner Einschätzung nach mehr dafür als dagegen, dass es seit der Behandlung in B. D. 2009 im weiteren Verlauf zu einer Chronifizierung und gewissen zusätzlichen Verschlechterung des Gesamtbefindens gerade in psychischer Hinsicht gekommen sei. Prof. Dr. G. hat eine tägliche Tätigkeit von drei bis sechs Stunden bei insgesamt leichter Tätigkeit, bei Möglichkeiten zum Wechsel der Körperhaltung ohne häufiges Bücken, ohne Über-Kopf-Arbeiten, ohne Akkordarbeit mit Zeitdruck und in Nachtschicht für möglich gehalten.
Die Beklagte hat eine weitere sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. E.-D. vom 29. April 2016 (Bl. 118 der Senatsakten) vorgelegt und ihren Antrag, die Berufung zurückzuweisen, aufrechterhalten.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden.
2. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Bescheid vom 24. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. August 2013 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. September 2011 abgelehnt hat. Dagegen wendet sich die Klägerin statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung. Ausweislich ihrer im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 2. Oktober 2015 abgegebenen Erklärung macht sie eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - wegen des fehlenden Berufsschutzes zu Recht - nicht geltend.
3. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zutreffend verneint. Der Bescheid der Beklagten vom 24. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. August 2013 stellt sich als rechtmäßig dar und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
a. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung (Gesetz vom 19. Februar 2002, BGBl. I, S. 754) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung gemäß Gesetz vom 20. April 2007 [BGBl. I, S. 554] bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn neben den oben genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
b. Die Klägerin hat die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bezüglich des von ihr geltend gemachten Leistungsfalls (September 2011) bis zum 28. Februar 2014 erfüllt, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Denn ausweislich des von der Beklagten mit Schreiben vom 28. Oktober 2015 vorgelegten aktuellen Versicherungsverlaufs, dessen Richtig- und Vollständigkeit die Klägerin nicht in Abrede gestellt hat, hat diese lediglich in der Zeit vom 1. Juli 2006 bis zum 10. März 2009 eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt und in der Zeit vom 11. März 2009 bis zum 26. Januar 2012 wegen des Bezugs von Arbeitslosen- und Krankengeld weitere Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt. Weitere rentenrechtliche Zeiten sind im Versicherungsverlauf nicht enthalten und werden von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.
Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Klägerin seit September 2011 erwerbsgemindert ist. Er vermochte nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) nicht festzustellen, dass die Klägerin wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein.
Die Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben von Amts wegen (§ 103 SGG) mit Hilfe (medizinischer) Sachverständiger (§ 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG) zu ermitteln und festzustellen, a) Art, Ausprägung und voraussichtliche Dauer der Krankheit(en) oder Behinderung(en), an denen der Versicherte leidet, b) Art, Umfang und voraussichtliche Dauer der quantitativen und qualitativen Leistungseinschränkungen (Minderbelastbarkeiten, Funktionsstörungen und -einbußen) sowie den c) Ursachenzusammenhang ("wegen") zwischen a) und b) (z.B. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - juris Rdnr. 13).
Zur Überzeugung des Senats leidet die Klägerin an einem Diabetes mellitus Typ II, einer Hypertonie, einer Hypothyreose (mangelnde Versorgung mit Schilddrüsenhormonen), einer Eisenmangelanämie, einer Fettstoffwechselstörung, einer Adipositas und einer Osteochondrose der Halswirbelsäule und bei ihr besteht ein Zustand nach cerebraler Ischämie. Dies folgt für den Senat aus den Entlassungsberichten der Klinikärzte Dr. S./Dr. S./S. vom 5. Februar 2009, der Reha-Ärzte Dr. L./Dr. T./Dr. P. vom 16. Juli 2009 und der Klinikärzte Prof. Dr. H./Dr. U./E. vom 7. Juni 2014, den Befundberichten des Dr. A. vom 20. Juni 2013 und 6. Mai 2015, des Facharztes für Orthopädie Dr. R. vom 4. März 2013 und der Fachärzte für Innere Medizin K./G. vom 7. Mai 2012, 20. Februar 2014 und 16. Juni 2015 sowie der Stellungnahme der Hausärztin S. vom 22. Juli 2015. Bereits die Klinikärzte Dr. S./Dr. S./S. konnten keine frische Ischämie und keine Stenose der intrakraniellen Gefäße nachweisen und haben die Klägerin nahezu beschwerdefrei in stabilem Zustand entlassen. Im Rahmen der medizinischen Rehabilitation im Reha-Zentrum B. D. ist ein unauffälliger neurologischer Befund festgestellt worden. Dr. S. hat im Rahmen seiner Untersuchung im November 2011 einen normgerechten neurologischen Befund erhoben und keine Restsymptome eines Schlaganfalles gesehen. Die Klinikärzte Prof. Dr. H./Dr. U./E. haben während des stationären Aufenthalts im Juni 2014 einen unauffälligen neurologischen und internistischen Befund erhoben und keinen Nachweis einer zerebralen Ischämie oder Blutung gefunden. Der Orthopäde Dr. R. hat aus orthopädischer Sicht keine Erklärung für die von der Klägerin beklagten Beschwerden gefunden. Die Internisten K./G. haben eine koronare Herzkrankheit ausgeschlossen und weiterführende diagnostische oder therapeutische Maßnahmen nicht für notwendig erachtet. Hinsichtlich des Diabetes mellitus, der arteriellen Hypertonie, der Hypercholesterinämie, der Eisenmangelanämie und der Hypothyreose ist die Klägerin medikamentös eingestellt. Andere belangvolle somatische Gesundheitsstörungen, die eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Im Hinblick auf die genannten Erkrankungen sind der Rentengutachter Dr. S., die behandelnde Hausärztin S. und der Sachverständige Prof. Dr. G. übereinstimmend sowie nachvollziehbar und überzeugend zu der Einschätzung gelangt, dass die somatischen Erkrankungen keine Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin in quantitativer Hinsicht bedingen.
Dagegen ist der Senat nicht überzeugt vom Vorliegen einer psychischen Erkrankung, die die Klägerin bei zumutbarer Willensanspannung aus eigener Kraft nicht zumindest soweit überwinden kann, dass sie leichte Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich ausüben kann. Grundsätzlich handelt es sich - auch soweit psychische Leiden vorliegen - um Krankheiten im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, d.h. um regelwidrige Körper- bzw. Geisteszustände, die geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit herabzusetzen (BSG, a.a.O. Rdnr. 14). Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des BSG jedoch, dass der Versicherte sie auch bei zumutbarer Willensanspannung nicht aus eigener Kraft überwinden kann (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 - B 5 RJ 48/03 R - juris Rdnr. 30). Für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit trifft den Rentenbewerber die (objektive) Beweislast (BSG, a.a.O.).
Vorliegend haben die Reha-Ärzte Dr. L./Dr. T./Dr. P. im Rahmen der stationären medizinischen Rehabilitation 2009 eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert sowie ein Betroffensein von einer Katastrophe, einem Krieg oder anderen Feindseligkeiten und Schwierigkeiten bei der kulturellen Eingewöhnung beschrieben, jedoch gleichwohl keine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht gesehen. Die Klägerin hat sich im Zeitpunkt der Aufnahme im Kontakt zurückhaltend, zaghaft, klagsam, psychomotorisch verlangsamt, zu allen Qualitäten voll orientiert und bewusstseinsklar, ohne inhaltliche und formale Denkstörungen, ohne Störungen mnestischer Fähigkeiten, mit deutlich vermindertem Antrieb, dysthymer Stimmung und eingeschränkter emotionaler Schwingungsfähigkeit gezeigt. Durch die Rehabilitation ist eine Stabilisierung erreicht worden: Hinsichtlich der depressiven Symptomatik konnte sie medikamentös gut eingestellt werden. Im Zeitpunkt der Entlassung hat die Klägerin sich mit einer stabilen Stimmung, aktiver, motivierter und mit mehr Antrieb gezeigt. Im Hinblick auf die dokumentierten Untersuchungsbefunde, die ausführliche Anamnese und den Krankheitsverlauf sind die Reha-Ärzte Dr. L./Dr. T./Dr. P. nachvollziehbar zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr verrichten kann.
Der Rentengutachter Dr. S. hat auf Grundlage der durch ihn erhobenen Befunde, einer ausführlichen Anamnese und der Vorbefunde eine Angst- und depressive Störung (gemischt) diagnostiziert. Seinerzeit hat die Klägerin stimmungsmäßig leicht gedrückt, allerdings nicht gravierend depressiv gewirkt. Sie hat Regressionstendenzen gezeigt. Der formale und inhaltliche Gedankengang, die Orientierung, das Bewusstsein, die mnestischen und intellektuellen Funktionen sind ungestört gewesen. Eine Affektlabilität hat nicht bestanden. Dr. S. hat weder eine mittelschwere oder schwere Depression noch eine Angstsymptomatik feststellen können und überzeugend eine gravierende Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf nervenärztlichem Gebiet ausgeschlossen.
Der die Klägerin ambulant einmal pro Quartal behandelnde Facharzt Dr. A. hat eine mittelgradige depressive Episode und eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert, ohne die dem zugrundeliegenden Untersuchungsbefunde mitzuteilen. Solche sind auch den vorgelegten Arztbriefen vom 20. Juni 2013 und 6. Mai 2015 nicht zu entnehmen, worauf Dr. E.-D. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 10. August 2015 zu Recht hingewiesen hat. Weiterhin fällt auf, dass die geringe Behandlungsfrequenz (einmal pro Quartal) gegen eine schwerwiegende psychiatrische Erkrankung spricht.
Der wahlärztliche Sachverständige Prof. Dr. G. hat in seinem aktuellen Gutachten vom 10. April 2016 eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert und den Verdacht auf eine (teilweise bestehende) posttraumatische Belastungsstörung geäußert (vgl. zum Beweiswert einer Verdachtsdiagnose nur Freudenberg in jurisPK-SGB VI, § 43 Rdnr. 69 m.w.N.). Prof. Dr. G., der zur Gewährleistung einer Verständigung mit der bosnischsprachigen Klägerin bei der Begutachtung einen Dolmetscher herangezogen hatte, hat hinsichtlich des im Rahmen der Anamnese und der Untersuchung gezeigten Verhaltens eine erhebliche Aggravationsneigung mit starken regressiven Tendenzen angenommen und den psychischen Befund der Klägerin als in Mimik und Gestik depressiv, hilflos und erschöpft wirkend und antriebsgemindert beschrieben. Einschränkungen hinsichtlich Bewusstsein, Orientierung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Denkablauf oder Hinweise auf Befürchtungen, Zwänge, wahnhaftes Denken, Sinnestäuschungen und Ich-Störungen hat er nicht beschrieben. Während er nachvollziehbar und plausibel vom Vorliegen einer depressiven Erkrankung ausgegangen ist, hat er lediglich den Verdacht einer posttraumatischen Belastungsstörung geäußert. Er hat eindrücklich darauf hingewiesen, dass wegen des von der Klägerin gezeigten Beschwerdeausdrucksverhaltens eine genaue Spezifizierung der seelischen Störung und eine konkrete Feststellung von dessen Umfang und Ausmaß nicht sicher möglich ist. Prof. Dr. G. hat den Entlassungsbericht der Reha-Ärzte Dr. L./Dr. T./Dr. P. vom 16. Juli 2009 und die darin enthaltene Leistungsbeurteilung für richtungsweisend angesehen. Nicht zu überzeugen vermag jedoch seine Annahme, das Zustandsbild der Klägerin habe sich seit der stationären Rehabilitation weiter chronifiziert und verschlechtert. Denn diese Annahme hat er auf die Stellungnahme des Dr. A. gestützt, der aber gerade - mangels Mitteilung der erhobenen Untersuchungsbefunde - keine Befundverschlechterung entnommen werden kann. Auch geht Prof. Dr. G. auf das von Dr. S. dokumentierte, gegenüber der stationären Rehabilitation deutlich gebesserte Zustandsbild der Klägerin nicht ein. Damit ist der Leistungsbeurteilung des Prof. Dr. G., wonach der Klägerin leichte Tätigkeiten arbeitstäglich drei bis sechs Stunden zumutbar seien, die Grundlage entzogen. Im Übrigen hat er wiederholt betont, dass er sich bei der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht sicher ist und eine Einschränkung in zeitlicher Hinsicht lediglich für möglich erachte. Weiterhin ist zu beachten, dass rezidivierende depressive Störungen zwar zu wiederholter und teilweise längerer Arbeitsunfähigkeit führen können, sie aber regelmäßig keine erhebliche Gefährdung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben bedingen (vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), Leitlinien für die sozialmedizinische Beurteilung von Menschen mit psychischer Störung, 2006, S. 37). Allein aus dem Umstand, dass bei der Klägerin - trotz des durchgehend gezeigten Aggravationsverhaltens - eine rezidivierende depressive Störung vorliegt und sie ggf. verschiedene depressive Episoden unklaren Schweregrades durchgemacht hat, kann nicht zwangsläufig von einer eingeschränkten Ausdauerbelastung und einer Belastbarkeitsminderung, die der Aufnahme einer Tätigkeit mit arbeitstäglich mindestens sechs Stunden entgegensteht, ausgegangen werden. Auch aus dem dargestellten Behandlungsverlauf und einer Langzeitbetrachtung kann nicht sicher Art und Ausmaß der seelisch bedingten Störung, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit der Klägerin festgestellt werden. Prof. Dr. G. hat auf Grundlage des objektiv nachgewiesenen Befundes und des dokumentierten Krankheitsverlaufes nicht schlüssig und nachvollziehbar begründet, welche konkreten Auswirkungen die angenommene psychische Störung auf das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin hat.
Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die bei der Klägerin vorhandenen Gesundheitsstörungen Einschränkungen ihres beruflichen Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht bewirken. Vielmehr ist die Klägerin noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat schließt sich insoweit der überzeugenden Beurteilung der Klinikärzte Ärzte Dr. L./Dr. T./Dr. P. und des Rentengutachters Dr. S. an, welche sämtlich zeitliche Leistungseinschränkungen schlüssig verneint haben.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Kläger in der Lage ist, noch mindestens sechs Stunden täglich jedenfalls eine körperlich leichte Tätigkeit im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen mit Ausnahme von Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Über-Kopf-Arbeiten, besonderem Zeitdruck, erhöhten Stressfaktoren, wesentlich erhöhter Unfallgefährdung oder besonderer geistiger Beanspruchung und besonderer Verantwortung sowie in Nachtschicht zu verrichten.
Steht das krankheits- bzw. behinderungsbedingte (Rest-)Leistungsvermögen fest, ist im nächsten Prüfungsschritt die Rechtsfrage zu klären, ob der Versicherte damit außerstande ist, "unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts" tätig zu sein (dazu BSG, a.a.O. Rdnr. 17 ff. m.w.N.) Diese Frage ist hier zu verneinen. "Bedingungen" sind dabei alle Faktoren, die wesentliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind. Hierzu gehört vor allem der rechtliche Normrahmen, wie etwa Dauer und Verteilung der Arbeitszeit, Pausen- und Urlaubsregelungen, Beachtung von Arbeitsschutzvorschriften sowie gesetzliche Bestimmungen und tarifvertragliche Vereinbarungen. Die Bedingungen sind "üblich", wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl. Der Arbeitsmarktbegriff erfasst alle denkbaren Tätigkeiten, für die es faktisch "Angebot" und "Nachfrage" gibt. Das Adjektiv "allgemein" grenzt den ersten vom zweiten - öffentlich geförderten - Arbeitsmarkt, zu dem regelmäßig nur Leistungsempfänger nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - und Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - Zugang haben, sowie von Sonderbereichen ab, wie beispielsweise Werkstätten für behinderte Menschen und andere geschützte Einrichtungen.
Die Klägerin kann - wie dargelegt - an fünf Tagen in der Woche mindestens sechs Stunden arbeiten. Sieht man davon ab, dass ihr Schichtarbeiten krankheitsbedingt nicht mehr zugemutet werden dürfen, benötigt sie im Hinblick auf Dauer und Verteilung der Arbeitszeit keine Sonderbehandlung, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unüblich wäre. Sie hat auch keinen erhöhten, betriebsunüblichen Pausen- oder Urlaubsbedarf und ist in einem Betrieb, also außerhalb geschützter Einrichtungen, einsetzbar. Dabei ist der Senat der Auffassung, dass die Klägerin über die für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit notwendigen kognitiven Grundfähigkeiten verfügt. Nach der Rechtsprechung des BSG werden unter den Begriff der üblichen Bedingungen "auch tatsächliche Umstände" verstanden, wie z.B. die für die Ausübung einer Verweisungstätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz, mithin ausschließlich kognitive Grundfähigkeiten (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - juris Rdnr. 29). Wie dargelegt, kann im Hinblick auf die eingeschränkte Kooperation der Klägerin kein Nachweis eines Leidens objektiviert werden, das leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließt. Die angesprochenen kognitiven Grundfähigkeiten sind nicht betroffen, sondern allenfalls qualitative Leistungsausschlüsse für geistig anspruchsvolle Tätigkeiten.
Die gesundheitlichen Einschränkungen sind weder in ihrer Art noch in ihrer Summe geeignet, die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen (dazu BSG, a.a.O. Rdnr. 24 ff.). Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der nach seinem verbliebenen Restleistungsvermögen noch in der Lage ist, körperlich leichte und geistige einfache Tätigkeiten - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zuletzt Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 79/09 R - BSGE 109, 189). Der Senat ist der Überzeugung, dass das Restleistungsvermögen der Klägerin es dieser erlaubt, die oben genannten Verrichtungen oder Tätigkeiten, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, auszuüben. Es liegt weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor.
Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass bei der Klägerin die erforderliche Wegefähigkeit vorliegt. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (beispielsweise BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 79/11 R - BSGE 110, 1). Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die dem Versicherten dies nicht erlaubt, stellt eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz eines vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - BSGE 80, 24/35). Nach dieser Rechtsprechung gilt (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011, a.a.O.): Hat - wie hier - der Versicherte keinen Arbeitsplatz inne und wird ihm ein solcher auch nicht angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm noch möglich sein müssen, - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel sowie vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege absolvieren muss. Eine (volle) Erwerbsminderung setzt danach grundsätzlich voraus, dass der Versicherte nicht viermal am Tag Wegstrecken von über 500 Metern mit zumutbarem Aufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und ferner zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Dazu gehört z.B. auch die zumutbare Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Senat der Überzeugung, dass bei der Klägerin Wegefähigkeit vorliegt. Dr. S. und Prof. Dr. G. haben in Einklang mit den von ihnen erhobenen objektivierbaren Befunden und für den Senat überzeugend begründet, dass die Klägerin in der Lage ist, viermal am Tag Wegstrecken von über 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zu bewältigen und ferner zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Die bei der Klägerin vorliegenden somatischen Erkrankungen sind nicht geeignet, eine Einschränkung der Wegefähigkeit zu begründen.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin in dem hier streitigen Zeitraum weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI. Somit hat die Berufung keinen Erfolg.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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