L 9 R 3431/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 2895/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3431/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 8. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der 1945 geborene Kläger, der seit 01.05.2005 (Vollendung 60. Lebensjahr) Altersrente für Schwerbehinderte gem. § 236a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) bezieht, führte in der Vergangenheit diverse sozialgerichtliche Verfahren gegen die Beklagte als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung. Im vorliegenden Verfahren (L 9 R 3431/15) streitig ist die Anpassung der Altersrente zum 01.07.2014.

Am 01.07.2014 erging durch die Rentenzahlstelle der Beklagten die Mitteilung an den Kläger über die erfolgte Rentenanpassung zum selben Tag. Hiergegen erhob dieser mit Schreiben vom 20.07.2014 (und gleichlautenden Erinnerungsschreiben vom 03.08.2014 und 05.08.2014) Widerspruch und führte dazu aus, er beantrage eine Überprüfung seiner Rente in Bezug auf Richtigkeit, Rentenart, Rentenhöhe, Rentenbeginn, Rentenzeitraum usw. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2014 zurück und legte in der Begründung des Widerspruchsbescheids die Ermittlungsgrundlagen des aktuellen Rentenwertes dar. Durch die Rentenwertbestimmungsverordnung 2014 vom 16.06.2014 seien der aktuelle Rentenwert und der aktuelle Rentenwert Ost zum 01.07.2014 neu bestimmt worden. Der aktuelle Rentenwert betrage seit dem 01.07.2014 28,61 EUR, der aktuelle Rentenwert Ost 26,39 EUR. Dies entspreche einem Anpassungssatz von 1,67 % für den aktuellen Rentenwert und 2,53 % für den aktuellen Rentenwert Ost. Der Widerspruch richte sich gegen eine Regelung, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe. Der Rentenversicherungsträger sei an diese gesetzliche Regelung gebunden. Der Widerspruch habe daher keinen Erfolg haben können.

Am 25.09.2014 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, mit der er sein Vorbringen wiederholt und vertieft hat. Er wende sich gegen den Rentenbescheid generell und nicht nur gegen die Rentenanpassung. Er habe das Recht auf persönliche Teilnahme und Anhörung vor dem Widerspruchsausschuss. Zudem sei ihm das Recht auf Akteneinsicht verweigert worden.

Mit Gerichtsbescheid vom 08.07.2015 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei allein gegen die Rentenanpassungsmitteilung zulässig, da es sich insoweit um einen grundsätzlich anfechtbaren Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Sozialgesetzbuch handele. Die Klage sei jedoch nicht begründet, da der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2014 rechtmäßig und der Kläger dadurch nicht in seinen Renten verletzt sei. Die Feststellungswirkung der Rentenanpassungsmitteilung sei auf die wertmäßige Fortschreibung bereits zuerkannter Rentenrechte bzw. die Neufestsetzung des konkreten Rentenbetrages unter Zugrundelegung der aktuell geltenden Rentenformel beschränkt. Bei der ursprünglichen Entscheidung - der Rentengewährung - gehe es darum, den Wert des Rentenrechts neben den Festlegungen hinsichtlich Art, Beginn und Dauer als Bestandteil seiner erstmaligen Umschreibung als künftig dynamisierbare Größe überhaupt festzulegen. Darauf basierende Anpassungsentscheidungen beschränkten sich isoliert darauf, in Ausführung der Rentenanpassungsgesetze den Änderungen des aktuellen Rentenwerts nach § 65 SGB VI in Verbindung mit den hierzu nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB VI jeweils erlassenen Rechtsverordnungen Rechnung zu tragen. Seinen Abschluss finde dieses Verfahren in einer in die Zukunft gerichteten und begünstigenden isolierten Ersetzung der im bisherigen Bescheid zugleich enthaltenen Höchstbegrenzung des Betrags der monatlichen Rentenansprüche aufgrund der Neuberechnung in einem generellen festgelegten Modus. Über die Anpassung des Renten(zahl)betrages hinaus entfalte die Rentenanpassungsmitteilung keine nachteiligen Rechtswirkungen. Eine Rechtswidrigkeit des Rentenanpassungsbetrages selbst zu Lasten des Klägers werde weder von diesem selbst behauptet, noch ergäben sich hierfür sonstige Anhaltspunkte. Soweit sich der Kläger gegen die Versagung von Akteneinsicht wende, sei eine Überprüfung, ob die übersendende Behörde die Akteneinsicht zu Recht versagt habe, im sozialgerichtlichen Verfahren im Rahmen des § 120 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht vorgesehen.

Gegen den am 10.07.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 04.08.2015 beim SG "Widerspruch/Berufung" eingelegt mit der Bitte um Weiterleitung an das Landessozialgericht Baden-Württemberg.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 8. Juli 2015 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2014 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm höhere Altersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente hat.

Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist allein der Bescheid der Beklagten vom 01.07.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2014, mit dem die Altersrente des Klägers ab 01.07.2014 angepasst und erhöht worden ist.

Soweit der Kläger generell eine höhere Rente bzw. eine (nochmalige) Überprüfung seiner gesamten Versicherungsbiographie (auch in diesem Verfahren) begehrt, ist die Klage unzulässig. Denn eine Entscheidung über den bereits zuerkannten Wert des Rechts auf Rente ist durch den angefochtenen Bescheid nicht erfolgt. Die Feststellungswirkung der Rentenanpassungsmitteilung ist - worauf bereits das SG zutreffend hingewiesen hat - auf die wertmäßige Fortschreibung bereits zuerkannter Rentenrechte bzw. die Neufestsetzung des konkreten Rentenbetrages unter Zugrundelegung der aktuell geltenden Rentenformel beschränkt (Bundessozialgericht, Urteil vom 23.03.1999 - B 4 RA 41/98 R -, SozR 3-1300 § 31 Nr. 13; ebenso Urteile des erkennenden Senats vom 14.05.2013 - L 9 R 3597/12 -, vom 17.12.2013 - L 9 R 1880/13 - und vom 18.03.2014 - L 9 R 1138/13 -) und vermag daher über die Anpassung des Renten(zahl)betrages hinaus keine nachteiligen Rechtswirkungen zu entfalten. Die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats müsste dem Kläger aufgrund der von ihm selbst betriebenen Verfahren (Urteile vom 01.08.2014 - L 9 R 3985/13 - (Rentenanpassung 2010), vom 29.07.2014 - L 9 R 1720/12 - (Rentenanpassung 2011) und vom 19.01.2016 - L 9 R 2173/14 - (Rentenanpassung 2013)) bekannt sein. In Bezug auf die hier streitige Rentenanpassung zum 01.07.2014 ergibt sich nichts anderes. Mit Blick auf die beschränkte Feststellungswirkung der streitgegenständlichen Bescheide kann die vom Kläger beantragte Überprüfung seines rechtenrechtlichen "Status" bzw. von rentenrechtlichen Zeiten im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht erfolgen, zumal hierüber bislang keine gesonderten Bescheide ergangen sind.

Die Anpassung der Rente des Klägers zum 01.07.2014 entspricht den einfachgesetzlichen Vorgaben für die Rentenanpassung. Nach § 69 Abs. 1 SGB VI hat die Bundesregierung den jeweils ab dem 1. Juli eines Jahres maßgeblichen aktuellen Rentenwert durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Entsprechend dieser Verpflichtung hat die Bundesregierung mit der Verordnung vom 16. Juni 2014 zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 1. Juli 2014 (BGBl. I, 746) den ab 01.07.2014 auch für den Kläger maßgeblichen aktuellen Rentenwert (West) auf 28,61 EUR festgesetzt. Die Beklagte hat in korrekter Umsetzung dieser Verordnungsvorgabe dem Kläger die Rentenerhöhung zutreffend mitgeteilt. Die Festsetzung des aktuellen Rentenwertes (West) auf 28,61 EUR zum 01.07.2014 in der genannten Verordnung entspricht den gesetzlichen Vorgaben, die in § 68 Abs. 1 bis 5 und Abs. 7 (der frühere Abs. 6 ist aufgehoben) SGB VI im Einzelnen festgelegt sind.

Diese einfachgesetzlichen Bestimmungen stehen mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen im Einklang (ebenso Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 06.08.2014 - L 2 R 306/14 - (juris) und Urteil des Senats vom 19.01.2016, a.a.O., jeweils zur Rentenanpassung 2013). Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die für die jährliche Rentenanpassung maßgeblichen Bestimmungen unzutreffend angewandt oder den vorliegenden Zahlbetrag unrichtig ermittelt hätte, sind nicht vorhanden und macht der Kläger weder ausdrücklich noch konkludent geltend.

Soweit der Kläger beanstandet, nicht persönlich vor dem Widerspruchsausschuss der Beklagten angehört worden zu sein, hat diese bereits in einem früheren Verfahren (L 9 R 479/15) darauf hingewiesen, dass die Satzung der Beklagten einen Rechtsanspruch auf Teilnahme an den nicht-öffentlichen Sitzungen nicht vorsieht (§ 36a Abs. 2 Satz 1 SGB IV i.V.m. § 69 der Satzung vom 01.10.2005 in der Fassung des 1. Nachtrags vom 27. 12. 2009 als pdf-Dokument im Internet unter http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Bund/de/Inhalt/6 Wir ueber uns/01 infos zum unternehmen/03 unternehmensprofil/012 selbstverwaltung/downloads/satzung drv bund.html). Dies unterliegt keinen rechtlichen Bedenken, da die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Widerspruchsausschuss zwar zulässig, nicht aber gesetzlich vorgeschrieben ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 85 Rn. 6).

Soweit sich der Kläger mit der Klage außerdem gegen die (angebliche) Verweigerung von Akteneinsicht durch die Beklagte gewandt hat, ist ein auf das vorliegende (Widerspruchs-)Verfahren bezogenes Gesuch des Klägers auf Gewährung von Akteneinsicht bzw. Übersendung der Verhandlungsniederschrift des Widerspruchsausschusses nicht aktenkundig. Unabhängig davon fehlt es auch an einer diesbezüglichen (ablehnenden) Verwaltungsentscheidung der Beklagten, was Zulässigkeitsvoraussetzung für ein entsprechendes Anfechtungs- und Verpflichtungsbegehren wäre.

Nach alledem ist der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved