L 8 U 1009/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 1840/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 1009/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
für Recht erkannt: Tenor: Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15.02.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger eine Zugunstenentscheidung nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) über Leistungen nach der gesetzlichen Unfallversicherung wegen eines geltend gemachten Arbeitsunfalls zusteht.

Der 1969 geborene Kläger war seit 17.08.2012 bei der H. Fleischgroßhandel GmbH und Co. KG als Fahrer beschäftigt. Am 22.10.2012 kündigte der Arbeitgeber innerhalb der Probezeit das Arbeitsverhältnis zum 05.11.2012.

Am 16.01.2013 zeigte der Kläger über seine Bevollmächtigte bei der Beklagten einen Arbeitsunfall an, den er Ende September 2012 bei seiner Tätigkeit bei der Firma H. Fleischgroßhandel erlitten habe. Er habe auf dem Betriebsgelände auf Anweisung ein Kebab-Gerät vom Anhänger eines türkischen Kunden zusammen mit einem türkischen Arbeitskollegen abgeladen, das 300 kg schwer gewesen sei. Da der mithelfende Kunde und sein türkischer Arbeitskollege das Kebab-Gerät losließen, habe er für eine gewisse Zeit das Gerät alleine halten müssen. Nach wenigen Minuten habe er das Gewicht nicht mehr ausgehalten und um Hilfe geschrien. Dabei habe er sich eine massive Nervenläsion am rechten Arm bzw. Ellenbogen zugezogen und habe sofort nach dem Vorfall unter massiven Schmerzen und Beschwerden gelitten. Da er befürchtet habe, bei einer Arbeitsunfähigkeit gekündigt zu werden, habe er seine Tätigkeit als Lkw-Fahrer trotz massiver Beschwerden zunächst fortgesetzt. Ab 22.10.2012 sei ihm dies aber nicht mehr möglich gewesen. Er habe dann auch am Tag der Abgabe seiner Arbeitsunfähigkeitsmeldung seine Kündigung erhalten.

Die Beklagte trat in ein Feststellungsverfahren ein.

Sie veranlasste die Unfallanzeige des Arbeitgebers am 18.02.2013 mit ergänzender Mitteilung vom 12.03.2013 sowie dessen Aussage vom 18.05.2013. Danach sei ein Unfall des Klägers nicht bekannt geworden. Am 21.11.2012 (gemeint 21.10.2012) seien Döner-Spieße verladen worden, die nicht ganz leicht gewesen seien, aber mit Sicherheit kein Gewicht von 300 kg erreicht hätten.

Der gehörte Arbeitskollege P. führte aus, er habe von einem Unfall nichts mitbekommen. Von einem Unfall habe er erst durch das Schreiben der Beklagten erfahren. Zusammen mit dem Kläger habe er auf Aufforderung des Chefs Dönerspieße aus einem Transporter abgeladen. Dabei habe sich der Kläger mit den Händen an der Hüfte abgestützt. Er habe aber nicht über irgendwelche Schmerzen geklagt (Telefonnotiz der Beklagten vom 27.08.2013 und Angaben des Zeugen vom 01.09.2013 im Vordruck der Beklagten).

Außerdem zog die Beklagte von der AOK - Gesundheitskasse L. ein Vorerkrankungsverzeichnis, Stand 13.05.2013 (u.a. Arbeitsunfähigkeiten vom 14.05.2009 bis 15.05.2009 wegen Epikondylitis ulnaris humeri und 22.10.2012 bis 31.01.2013 wegen Epikondylitis radialis humeri), und deren Auskunft vom 08.05.2013 bei (keine der dokumentierten Behandlungen bzw. Arbeitsunfähigkeitszeiten seien auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen).

Auf schriftliche Befragung der vom Kläger angegebenen Ärzte teilte die Orthopädin Dr. S.-W. mit, der Kläger sei nicht in ihrer Behandlung gewesen (Auskunft vom 13.03.2014); Orthopäde Dr. S. gab an, den Kläger erstmals am 22.10.2012 unter der Diagnose einer Epikondylitis humeri radialis rechts behandelt zu haben. Ein Unfall sei nicht berichtet worden, vielmehr seien durch Überlastung seit drei Monaten hervorgerufene Schmerzen im Bereich des rechten Ellenbogen geklagt worden (Aussage vom 27.03.2014); Allgemeinmedizinerin A. führte aus, der Kläger habe sie am 17.10.2012 erstmals aufgesucht, ein Unfall sei nicht erwähnt worden. Eine Behandlung oder Untersuchung habe nicht stattgefunden, da der Kläger nur eine Überweisung zum Orthopäden gewünscht habe (Aussage vom 02.06.2014), beigefügt war der Arztbrief von Dr. S. vom 23.10.2012; im Juli 2013 teilte Chirurg/Unfallchirurg Dr. K. der Beklagten mit, den Kläger am 02.01.2013 bei Zustand nach Operation am rechten Ellenbogen untersucht zu haben, ein Arbeitsunfall sei nicht angegeben worden.

Mit Bescheid vom 15.08.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen wegen des geltend gemachten Ereignisses vom Ende September 2012 ab. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen sei ein Arbeitsunfall nicht bewiesen.

Mit Fax vom 06.10.2014 beantragte die Klägerbevollmächtigte bei der Beklagten, gemäß § 44 SGB X den Bescheid vom 15.08.2014 auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Zur Begründung wiederholte sie das bisherige Vorbringen des Klägers. Es sei nicht nachvollziehbar, dass weder dem Arbeitgeber noch dem Arbeitskollegen der Unfall nicht bekannt sein soll, ebenso seien die behandelnden Ärzte darüber informiert worden.

Mit Bescheid vom 28.01.2015 lehnte die Beklagte die Überprüfung des Bescheides vom 15.08.2014 ab, denn das Antragsschreiben enthalte keine neuen Gesichtspunkte.

Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers vom 02.03.2015, der unter Wiederholung des bisherigen Vorbringens begründet und auch nach rechtlichem Hinweis der Beklagten vom 10.03.2015 nicht näher ausgeführt worden ist, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2015 zurückgewiesen.

Der Kläger erhob am 03.06.2015 Klage vor dem Sozialgerichts Heilbronn (SG) mit dem Begehren, die Epikondylitis humeri radialis rechts, Bewegungseinschränkung und Schmerzsymptomatik als Folge des Arbeitsunfalls vom September 2012 festzustellen und die Beklagte zur Gewährung einer Verletztenrente zu verurteilen.

Mit Gerichtsbescheid vom 15.02.2016 wies das SG die Klage ab.

Der Kläger hat am 14.03.2016 beim Landessozialgericht hiergegen Berufung eingelegt. Die Beklagte sei bei Ablehnung der Leistungen von dem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, dass die Verletzung nicht bei Ausübung des Berufes passiert sei. Es sei nicht ersichtlich, warum das Gericht ihm keinen Glauben geschenkt habe. Es könne nicht zu seinem Nachteil gehen, wenn er für den Unfall keinen Zeugen habe, da er den Hergang detailliert und glaubhaft geschildert habe. Die Ellenbogenverletzung sei auch Folge des Unfalls, dafür spreche schon allein die Tatsache, dass er nur drei Wochen nach dem Vorfall beim Arzt gewesen sei. Er habe nach dem Unfalltag erhebliche Schmerzen gehabt, vor dem Unfall seien keinerlei Beschwerden aufgetreten.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15.02.2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.04.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 15.08.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass die Epikondylitis humeris radialis rechts, Bewegungseinschränkung und Schmerzsymptomatik Folgen des Arbeitsunfalls vom September 2012 sind und Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Schlussfolgerung des Klägers, "richtiger Sachverhalt" i.S.d. § 44 SGB X bedeute, dass die Verletzungen aufgrund des angegebenen Arbeitsunfalls entstanden seien, sei unzutreffend. Maßgebend seien die festgestellten Anknüpfungstatsachen, auf deren Grundlage die Rechtsanwendung erfolge. Anhaltspunkte, dass die gesicherten beurteilungsrelevanten Tatsachen tatsächlich falsch seien, ergäben sich aus dem klägerischen Vortrag nicht. Allein die Behauptung, dass entgegen der ursprünglichen Entscheidung die Gesundheitsstörung bei Ausübung der versicherten Tätigkeit eingetreten sei, genüge zum Nachweis des Tatbestandes eines "unrichtigen Sachverhalts" nicht.

Die Beteiligten haben ihr ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und Akte des SG beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Auf diese Unterlagen und auf die im Berufungsverfahren angefallene Akte vor dem Senat wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ § 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG-) ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft und nach § 151 SGG auch insgesamt zulässig, jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 15.02.2016 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 28.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.04.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zurücknahme des Bescheides vom 15.08.2014 und auf Feststellung von Unfallfolgen sowie auf Gewährung von Verletztenrente.

Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG oder nach Wahl des Versicherten kombiniert mit der Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R). Einer zusätzlichen Verpflichtungsklage, mit der die Beklagte verpflichtet werden soll, ihren früheren, dem Anspruch entgegenstehenden Bescheid selbst aufzuheben, bedarf es in einem Gerichtsverfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsakts nach § 44 SGB X nicht. Es kann deshalb mit der Anfechtungsklage gegen den eine Zugunstenentscheidung ablehnenden Bescheid zugleich die Aufhebung des früheren, dem Klageanspruch entgegenstehenden (Ausgangs-)Bescheides unmittelbar durch das Gericht verlangt werden (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18; LSG Baden-Württemberg 25.01.2013 - L 8 U 4645/11 -, juris) und somit auch die Verurteilung zu der aus Sicht des Klägers zu Unrecht unterbliebenen Sozialleistung.

Ob die Verpflichtungsklage auf Feststellung von Unfallfolgen und die Leistungsklage auf Gewährung einer Verletztenrente bereits unzulässig ist, wovon das SG ausgeht, und die Berufung deshalb bereits unbegründet ist, lässt der Senat dahinstehen. Mit dem bei der Beklagten gestellten Antrag nach § 44 SGB X vom 06.10.2014 wurde allein die Überprüfung des Bescheides vom 15.08.2014 beantragt, die Gewährung einer konkreten Sozialleistung wurde nicht geltend gemacht. Die Antragsbegründung beschränkte sich auf die Ausführung, ein Arbeitsunfall habe vorgelegen. Es wurde nur pauschal die Gewährung von Leistungen für eine diagnostizierte Nervenläsion am rechten Arm beantragt. Soweit die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.01.2015 die Überprüfung nach § 44 SGB X abgelehnt hatte, wäre eine mit der beantragten Feststellung eines Arbeitsunfalls jedenfalls intendierte Feststellung der diagnostizierten Nervenläsion als Unfallfolge wie auch der pauschale Leistungsantrag im Ergebnis auch abgelehnt worden, so dass insoweit entgegen der Auffassung des SG nicht von einem fehlenden Vorverfahren ausgegangen werden könnte. Ob dies auch für das Klagebegehren auf Feststellung einer Epikondylitis, was keine Nervenläsion ist, sowie für das Leistungsbegehren auf Verletztenrente anzunehmen ist, lässt der Senat offen.

Die Berufung ist jedoch deshalb unbegründet, weil ein Anspruch nach § 44 SGB X nicht besteht. Der Senat hat das Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen nicht feststellen können.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 24). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr 29). Auch wenn der Versicherte schon wiederholt Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gestellt hat, darf die Verwaltung einen erneuten Antrag nicht ohne Rücksicht auf die wirkliche Sach- und Rechtslage zurückweisen. Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss sie in eine erneute Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18 m. w. H.).

Die teilweise vertretene Rechtsauffassung (vgl. BSG vom 3. Februar 1988 - 9/9a RV 18/86 - BSGE 63, 33 = SozR 1300 § 44 Nr. 33 und BSG vom 3. April 2004 - B 4 RA 22/00 R - BSGE 88, 75 = SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20), die in Anlehnung an die gerichtlichen Wiederaufnahmeverfahren (vgl. §§ 578 ff der Zivilprozessordnung) oder an § 51 VwVfG ein abgestuftes Prüfungsverfahren (Vorlage neuer Tatsachen oder Erkenntnisse - Prüfung derselben, insbesondere ob sie erheblich sind - Prüfung, ob Rücknahme zu erfolgen hat - neue Entscheidung) fordert, führt zu keinem anderen Ergebnis. Unabhängig von der Frage, inwieweit der Rechtsprechung zu einem abgestuften Prüfungsverfahren gefolgt werden kann, ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X zwei Alternativen anführt, weswegen ein Verwaltungsakt zurückzunehmen sein kann: Das Recht kann unrichtig angewandt oder es kann von einem Sachverhalt ausgegangen worden sein, der sich als unrichtig erweist. Nur für die zweite Alternative kann es auf die Benennung neuer Tatsachen und Beweismittel und ein abgestuftes Verfahren, wie oben dargestellt, ankommen. Bei der ersten Alternative handelt es sich um eine rein juristische Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, zu der von Seiten des Klägers zwar Gesichtspunkte beigesteuert werden können, die aber letztlich umfassend von Amts wegen erfolgen muss (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18).

Nach diesen Maßstäben rügt der Kläger im Ergebnis eine fehlerhafte Rechtsanwendung, da nach seiner Auffassung aufgrund fehlerhafter Beweiswürdigung der Anknüpfungstatsachen, die von ihm nicht als unrichtig gerügt wurden, eine fehlerhafte Sachverhaltsermittlung erfolgt sei, die zu der falschen rechtlichen Folgerung, ein Arbeitsunfall habe nicht vorgelegen, geführt habe.

Eine solche fehlerhafte Rechtsanwendung hat der Kläger aber nicht belegt. Darüber hinaus hat er auch keine weiteren Anknüpfungstatsachen nachgewiesen, die rückschauend eine fehlerhafte Beweiswürdigung ergeben. Der Senat konnte Anhaltspunkte für eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung ebenso wenig finden, wie für eine fehlerhafte Rechtsanwendung.

Der Kläger bezieht sich allein auf seine eigenen Angaben, aus denen sich ein Arbeitsunfall - und damit auch die geltend gemachten Gesundheitsstörungen am rechten Arm als Unfallfolgen - ergebe. Die Angaben des Klägers zum geltend gemachten Vorfall Ende September 2012 sind jedoch nicht ausreichend, einen Arbeitsunfall hinreichend zu belegen. Zwar kann grundsätzlich auch allein das Vorbringen des Versicherten ausreichen, um den Nachweis eines Arbeitsunfalles zu führen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das Vorbringen des Versicherten in sich stimmig und glaubhaft ist sowie mit den sonstigen tatsächlichen Umständen in Einklang zu bringen ist (st. Rspr. des Senats, vgl. stellvertretend zuletzt Beschluss vom 15.06.2015 - L 8 U 4907/14 -, unveröff.; auch Senatsurteil vom 01.07.2011 - L 8 U 197/11 -, juris, beck-online). An einem solchen Vorbringen fehlt es vorliegend, denn die im Verlaufe des Verfahrens gemachten Angaben des Klägers weisen nicht hinreichend geklärte Ungereimtheiten auf und sind mit den eingeholten Aussagen der gehörten Zeugen nicht zu vereinbaren.

Der vom Kläger geschilderte Vorgang, bei dem er Ende September 2012 ein Kebab-Gerät zusammen mit dem türkischen Kollegen, dem Zeugen P. , abgeladen haben will, konnte nach der von der Beklagten durchgeführten Befragung weder vom Zeugen P. noch vom Arbeitgeber, was den Zeitpunkt, den Anlass und den Inhalt der Tätigkeit betrifft, bestätigt werden. Seitens des Arbeitgebers ist auf eine Abladeaktion am 21.10.2012, also am Vortag vor der Krankschreibung, verwiesen worden, bei der Dönerspieße getragen werden mussten. Weder für diesen Vorgang noch für ein vergleichbares Ereignis zu einem früheren Zeitpunkt sind die vom Kläger behaupteten Schmerzen bei der Handhabung der Lasten, insbesondere der von ihm ausdrücklich erwähnte Hilfeschrei, durch den Arbeitskollegen P. oder den Arbeitgeber bestätigt worden. Der Kläger hatte ausdrücklich angegeben, bei der Firma H. sei nur ein türkischer Arbeitskollege beschäftigt gewesen. Auf Anfrage der Beklagten wurde daraufhin seitens des Arbeitgebers der Zeuge M. P. benannt, weshalb nichts dafür spricht, dass noch ein anderer Arbeitskollege in Betracht kommt, der das Vorbringen des Klägers hätte bestätigen können. Soweit der Kläger mit der Berufungsbegründung vortragen lässt, erst nach dem Tag des Unfalls erhebliche Schmerzen gehabt zu haben (Schriftsatz Klägerbevollmächtigten vom 09.06.2016), ist dies mit seinen vorangegangenen Angaben nicht vereinbar. Denn in der Antragsschrift der Klägerbevollmächtigten vom 16.01.2013 wird ausdrücklich ausgeführt, er habe sofort unter massiven Schmerzen und Beschwerden gelitten, weshalb er auch um Hilfe geschrien habe. Wenn das so verstandene Berufungsvorbringen dazu dienen soll, zu erklären, warum vom Arbeitskollegen bei dem Vorfall selbst keine Beschwerde des Klägers bemerkt worden sind, ist der Widerspruch zu dem ursprünglichen Vorbringen nicht auflösbar.

Auch die von der Beklagten befragten Ärzte, die vom Kläger benannt worden sind und die -außer Dr. S.-W. - sich auch aus der Mitteilung der AOK als Behandler und Aussteller der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ergaben, haben als Anlass der geklagten Beschwerden am rechten Arm kein Ereignis dokumentiert, das als Unfallgeschehen in Betracht kommen könnte. Über einen Unfall hat der Kläger nach deren Aussage keine Angaben gemacht. Es mag sein, dass Patientenangaben in der ärztlichen Dokumentation versehentlich nicht berücksichtigt werden oder der Patient zur Ursache seiner Beschwerden keine Angaben gemacht hat. Vorliegend sind jedoch drei Ärzte, bei denen sich der Kläger wegen seiner Beschwerden am rechten Arm vorgestellt hat, angehört worden. Weder Dr. S., Dr. K. oder Allgemeinmedizinerin A. haben ein betrieblich bedingtes Ereignis oder generell einen Unfall als Beschwerdeursache dokumentiert. Auch in dem im Klageverfahren vorgelegten MdK-Gutachten von Dr. Al. vom 15.02.2013 wird ein Unfall als Ursache der Ellenbogenbeschwerden rechts nicht beschrieben. Einerseits ist es unwahrscheinlich, dass bei drei bzw. vier Ärzten zu unterschiedlichen Zeitpunkten jeweils Patientenangaben übergangen worden sein sollen, wie es der Kläger in der Antragsschrift vom 06.10.2014 jedoch behauptet, und andererseits gehört die Erhebung der Anamnese zur ärztlichen Befunderhebung, was gegebenenfalls die Aufklärung von Beginn und Anlass der Beschwerdesymptomatik umfasst. Dass dies gleich von mehreren Ärzten unterlassen worden sein soll, ist ebenso unwahrscheinlich. Vor allen Dingen kommt hinzu, dass nach der Aussage von Dr. S. vom 27.03.2014, die sich mit dem von Allgemeinmedizinerin A. vorgelegten Bericht dieses Arztes vom 23.10.2012 deckt, bei der Konsultation des Klägers am 22.10.2012 eine Beschwerdeanamnese durchgeführt worden ist. Danach wurde vom Kläger eine bereits seit drei Monate andauernde Schmerzsymptomatik berichtet, die durch Überlastung hervorgerufen worden sei. Danach sind die Schmerzen nicht erstmals Ende September 2012 bei vorheriger Beschwerdefreiheit, wie vom Kläger behauptet, aufgetreten, sondern hätten, ginge man von den angegebenen drei Monaten aus, bereits vor Aufnahme der Tätigkeit am 17.08.2012 bei der Firma H. begonnen. Jedenfalls ergibt sich ein viel längerer Beschwerdeverlauf als der vom Kläger letztlich behauptete Verlauf von allenfalls 2-3 Wochen, legt man den frühesten dokumentierten Arztbesuch wegen der Ellenbogenbeschwerden rechts bei Allgemeinmedizinerin A. am 17.10.2012 zu Grunde. Außerdem sprechen in diesem Zusammenhang der Beschwerdeverlauf und die erstmalige ärztliche Konsultation nach zumindest mehr als zwei Monaten seit Beschwerdebeginn dafür, dass mit Überlastung nicht ein einmaliges (Unfall-)Ereignis, sondern eine stetige Belastung mit kontinuierlicher Schmerzzunahme gemeint ist; was selbst bei angenommener beruflicher Belastung die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls mangels plötzlicher Einwirkung, längsten während einer Arbeitsschicht, nicht erfüllt. Überdies ist dies auch damit vereinbar, dass die Diagnose einer Epikondylitis (Tennisellenbogen), also eine Entzündung der Epikondylen, der knöchernen Höcker am unteren Ende des Oberarmknochens, im Bereich der Muskelansatzstellen (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, Stichwort: Epikondylitis; www.medizinfo.de, Stichwort Epikondylitis), eine degenerative oder auf ständiger Überbelastung beruhende Erkrankung beschreibt (Pschyrembel, a.a.O.; www.medizinfo.de, a.a.O.). Für eine anlagebedingte degenerative Ursache der Epikondylitis rechts könnte auch die Arbeitsunfähigkeitszeit im Jahr 2009 sprechen, die im Vorerkrankungsverzeichnis der AOK vom 13.05.2013 angegeben ist und nach Aussage der Allgemeinmedizinerin A. vom 02.06.2014 auf einer Erkrankung am linken Ellenbogen des Klägers beruhte. Damit konnte der Senat schon gar nicht feststellen, dass es sich bei den geltend gemachten Gesundheitsstörungen um Folgen eines Arbeitsunfalles handelt, weil die Erkrankung bereits vor dem angeschuldigten Ereignis bestanden hatte.

Es ist daher nicht ersichtlich, dass mit dem Ablehnungsbescheid vom 15.08.2014 eine rechtswidrige Entscheidung getroffen worden ist, weil die Beklagte eine rechtsfehlerhafte Beweiswürdigung vorgenommen hat. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass sie das Vorbringen des Klägers ihrer Entscheidung nicht zu Grunde gelegt hat, da das Vorbringen nicht mit den zuverlässig ermittelten Beweisergebnissen aus den Aussagen der gehörten Zeugen sowie aus den beigezogenen Unterlagen in Einklang zu bringen war. Selbst im Berufungsverfahren sind Widersprüche im Vorbringen des Klägers aufgetreten, wie dargelegt, und es konnten die Ungereimtheiten zu den ermittelten Anknüpfungstatsachen nicht aufgeklärt werden. Sonstige Beweismittel, aus denen sich eine fehlerhafte Sachverhaltsaufklärung oder ein unrichtiger Sachverhalt, der der Entscheidung vom 15.08.2014 zu Grunde liegt, ergibt, hat der hierfür beweispflichtige Kläger nicht vorgelegt und sind auch nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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