Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 488/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2913/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 19.07.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Berücksichtigung einer im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge erhaltenen Kapitalleistung bei der Beitragsberechnung.
Der Kläger ist am 23.03.1950 geboren, bezieht seit dem 01.04.2010 Altersrente und ist bei den Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) gesetzlich kranken- und pflegeversichert.
Am 28.04.2015 erhielt der Kläger von der W. Lebensversicherung AG im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung eine Kapitalleistung in Höhe von 62.960,78 EUR. Dies wurde der Beklagten zu 1) im Dezember 2015 bekannt. Hierauf teilte die Beklagte zu 1), auch im Namen der Beklagten zu 2), dem Kläger mit Bescheid vom 23.12.2015 mit, dass die Kapitalleistung beitragspflichtig zur Kranken- und Pflegeversicherung sei. Die Zahlung werde auf 10 Jahre (120 Monate) aufgeteilt. Dies ergebe einen monatlichen Betrag von 524,67 EUR für die Zeit vom 01.05.2015 bis 30.04.2025. Hieraus würden sich folgende monatliche Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung errechnen: - Krankenversicherung (14,6%) 76,60 EUR - Zusatzbeitrag (0,6 %) 3,15 EUR - Pflegeversicherung (2,35%) 12,33 EUR - monatlicher Gesamtbeitrag 92,08 EUR. Zum 01.01.2016 ändere sich der Beitragssatz, da der Zusatzbeitrag auf 0,8% ansteige (monatlich 4,20 EUR). Der monatliche Beitrag betrage dann 93,13 EUR.
Hiergegen erhob der Kläger am 04.01.2016 Widerspruch. Diesen "räuberischen Erpressungsversuch" werde er nicht hinnehmen. Die Kapitalleistung habe er über viele Jahre aus seinem Privatvermögen und seinem Einkommen angespart. Der Versicherungsvertrag sei über seinen Arbeitgeber 1995 abgeschlossen und 2004 beitragsfrei gestellt worden. Die Gesetzesänderung 2004 sei verfassungswidrig. Überdies habe er während der gesamten Versicherungsdauer im Zahlungszeitraum 1985 bis 2004 über den sogenannten Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung gelegen. Daher habe er keinerlei Einsparungen oder Vergünstigungen bei den Beiträgen erzielen können. Die nachträgliche Beitragsbelastung sei perfide und kriminell.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2016 wiesen die Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei versicherungspflichtigen Rentnern würden auch Zahlungen der betrieblichen Altersvorsorge der Beitragserhebung zu Grunde gelegt.
Hiergegen hat der Kläger am 25.02.2016 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zur Begründung vorgebracht, dass die Direktversicherung 1985 durch seinen Arbeitgeber abgeschlossen und im Jahr 2004 beitragsfrei gestellt worden sei. Der Abschluss sei im Rahmen einer Gruppenversicherung erfolgt. Während der Beitragszeit von 1985 bis 2004 seien die Beiträge aus seinem Einkommen, welches über der sogenannten Beitragsbemessungsgrenze gelegen habe, entrichtet worden. 2004 bis zum Auszahlungstermin 01.05.2015 habe der Vertrag geruht. Die Gesetzesänderung, die die Leistungen nachträglich beitragspflichtig mache, müsse er nicht hinnehmen. Der Kläger hat ein Schreiben der W. Lebensversicherung AG vom 02.05.2016 vorgelegt (Bl 24 SG-Akte), in welchem als Versicherungsnehmer die frühere Arbeitgeberin des Klägers, die E., aufgeführt ist.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Die Renten der betrieblichen Altersversorgung (Versorgungsbezüge) seien bei der Beitragsbemessung in der KVdR zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber habe mit dem GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 die Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung eingeführt. Das Bundessozialgericht (BSG) und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hätten dies gebilligt. Die Tatsache, dass das Einkommen des Klägers oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze gelegen habe, ändere hieran nichts.
Mit Gerichtsbescheid vom 19.07.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hätten die Beklagten die von der W. Lebensversicherung AG ausgezahlte Kapitalleistung als Versorgungsbezug bei der Beitragsbemessung berücksichtigt. Der 1985 abgeschlossene Versicherungsvertrag sei eine Form der betrieblichen Altersversorgung.
Gegen dem ihm am 22.07.2016 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 04.08.2016 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Die Rechtsauffassung der Beklagten und des SG verstoße gegen das Rückwirkungsverbot, den Gleichbehandlungsgrundsatz und gegen Treu und Glauben. Die Gesetzesänderung benachteilige die Rentnerinnen und Rentner in unangemessener Weise. Ihm müsse Vertrauensschutz zukommen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 19.07.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 23.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 05.02.2016 aufzuheben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nehmen auf ihr bisheriges Vorbringen, die Begründung des Widerspruchsbescheids und die Ausführungen des SG Bezug.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der angefochtene Bescheid auch im Namen der Beklagten zu 2) (Pflegekasse) ergangen ist und hat das Rubrum entsprechend berichtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, zulässig, aber in der Sache unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das Passivrubrum war dahingehend zu berichtigen, dass nicht nur die Beklagte zu 1), sondern auch die Beklagte zu 2) Beteiligte des Rechtsstreits ist (§ 69 Nr 2 SGG). Denn der Kläger hat sich sowohl im Klage- als auch im Berufungsverfahren gegen die Bescheide in ihrer Gesamtheit gewandt. Die Beklagte zu 1) hat zum Ausdruck gebracht, auch im Namen der Pflegekasse zu handeln (zur Zulässigkeit vgl § 46 Abs 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, SGB XI, Senatsbeschluss vom 04.06.2014, L 11 KR 125/14).
Der Umfang der Beitragspflicht zur KV und PV beurteilt sich nach dem Versichertenstatus in dem Zeitpunkt, für den Beiträge erhoben werden. Der Kläger ist seit 01.03.2007 in der KVdR versicherungspflichtig (§ 5 Abs 1 Nr 11 SGB V). Bei versicherungspflichtigen Rentnern werden nach § 237 SGB V der Beitragsbemessung zugrunde gelegt (1.) der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, (2.) der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen und (3.) das Arbeitseinkommen. § 226 Abs 2 und die §§ 228, 229 und 231 SGB V gelten entsprechend.
Da § 237 SGB V die Regelung des § 229 SGB V für entsprechend anwendbar erklärt, unterliegen auch die dort genannten Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragspflicht selbst dann, wenn diese neben einer Rente iSd § 237 Satz 1 SGB V geleistet werden. Als Versorgungsbezüge gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, Renten der betrieblichen Altersversorgung (vgl § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V). Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt ein Hundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate (§ 229 Abs 1 Satz 3 SGB V).
Die dem Kläger von der W. Lebensversicherung AG im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung ausgezahlte Kapitalleistung in Höhe von 62.960,78 EUR stellt eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung dar. Grundlage ist die im Jahr 1985 durch die frühere Arbeitgeberin des Klägers als Versicherungsnehmerin abgeschlossene Direktversicherung gewesen.
Die Verbeitragung von Kapitalzahlungen der betrieblichen Altersversorgung (einmaliger Versorgungsbezug) verstößt nach Ansicht des erkennenden Senats nicht gegen Verfassungsrecht (vgl Entscheidungen vom 01.03.2011, L 11 KR 2421/09, juris, vom 29.09.2011, L 11 KR 2026/10; vom 26.06.2012, L 11 KR 408/11; vom 23.01.2013, L 11 KR 3371/12; vom 12.03.2013, L 11 KR 1029/11; vom 14.05.2013, L 11 KR 46080/11; vom 25.06.2013, L 11 KR 4271/12, vom 17.03.2014, L 11 KR 3839/13 und vom 24.06.2014, L 11 KR 5461/13). Der Senat schließt sich weiterhin der ständigen Rechtsprechung des BSG an (Urteile vom 12.11.2008, B 12 KR 6/08 R, B 12 KR 9/08 R und B 12 KR 10/08 R, jeweils mwN; zuletzt Urteile vom 30.03.2011, B 12 KR 24/09 R und 16/10 R, und vom 25.04.2012, B 12 KR 26/10 R, aaO) und den Entscheidungen des BVerfG (Beschlüsse vom 04.04.2008, 1 BvR 1924/07 und vom 06.09.2010, 1 BvR 739/08, SozR 4-2500 § 229 Nr 10).
Eine verfassungs- oder europarechtswidrige Ungleichbehandlung des Klägers bzw eine Verletzung von Vertrauenstatbeständen liegt nicht vor. Sie ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass der Kläger während seines Beschäftigungsverhältnisses Einkünfte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze erzielte und deshalb den Höchstbetrag abführte (vgl hierzu Senatsurteil vom 16.12.2014, L 11 KR 872/14). Für die Beitragspflicht ist es nicht entscheidend, dass der Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtige Einkünfte während des Anspruchserwerbs erzielte bzw die Versicherungsbeiträge aus zur Sozialversicherung herangezogenem Arbeitsentgelt stammen. § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V knüpft die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen allein daran, dass eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung vorliegt. Da die gesetzliche Regelung mit den Versorgungsbezügen iS von § 229 Abs 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich Bezüge bestimmter Institutionen und aus vergleichbaren Sicherungssystemen der Beitragspflicht unterwirft, bei denen in der Regel ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu diesem System und einer Erwerbstätigkeit besteht, ist nicht auf den im Einzelfall jeweils nachweisbaren Zusammenhang mit dem früheren Erwerbsleben abzustellen. Diese sog institutionelle Abgrenzung orientiert sich allein daran, ob die Rente bzw die einmalige Kapitalleistung von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt wird, und lässt Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs unberücksichtigt (BSG 30.03.2011, B 12 KR 16/10 R, BSGE 108, 63, SozR 4-2500 § 229 Nr 12 Rn 19 mwN).
Die vom BSG vorgenommene Typisierung ist mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar (BVerfG 06.09.2010, 1 BvR 739/08, juris). Erfasst werden alle auf einer einseitigen Versorgungszusage des Arbeitgebers beruhenden und damit im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Leistungen der klassischen betrieblichen Altersversorgung, die nach Ausscheiden des Versicherten aus dem Berufsleben gezahlt werden. Ein Verstoß gegen Grundrechte ergibt sich insbesondere dann nicht, wenn der Versorgungsbezug aus bereits zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogenem Arbeitsentgelt finanziert worden ist (BVerfG 06.09.2010, 1 BvR 739/08, SozR 4-2500 § 229 Nr 10).
Im Beschluss vom 28.09.2010 (1 BvR 1660/08, SozR 4-2500 § 229 Nr 11) hat das BVerfG noch einmal bestätigt, dass die Einbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht nach § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V grundsätzlich weder gegen die wirtschaftliche Handlungsfreiheit iVm dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes noch gegen Art 14, 2 Abs 1 und 3 Abs 1 GG verstößt. Einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG sieht das BVerfG nur dann, wenn auch diejenigen Kapitalleistungen der Beitragspflicht unterworfen werden, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat (Beschluss vom 28.09.2010, 1 BvR 1660/08, aaO). Das BVerfG stellt nicht nur auf die Tragung der Versicherungsprämien durch den Mitarbeiter ab, sondern darauf, dass durch das Einrücken des Mitarbeiters in die Stellung des Versicherungsnehmers nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses der institutionelle Rahmen einer Betriebsrente bzw eines Versorgungsbezugs verlassen wird (BVerfG 28.09.2010, 1 BvR 1660/08, aaO; BVerfG 14.04.2011, 1 BvR 2123/08, juris). Diesen institutionellen Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge hat der Kläger indes nicht verlassen. Die letzte Umwandlung in Versorgungskapital ist im Jahr 2004 erfolgt, vor dem Ende der Beschäftigung und vor dem Rentenbeginn. 2004 bis 2015 hat der Vertrag nach Angaben des Klägers geruht.
Die Berechnung der Beiträge ist rechtmäßig. Unrichtigkeiten sind nicht ersichtlich. Die Beklagten haben die von der W. Lebensversicherung mitgeteilte Kapitalleistung in Höhe von 62.960,78 EUR zu Grunde gelegt. Ein Hundertzwanzigstel dieser Kapitalleistung ist 524,67 EUR. Unter Ansatz des jeweiligen Beitragssatzes (§ 241 SGB V) errechnet sich die vom Kläger zu zahlenden Beitrage zur KV und PV
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Berücksichtigung einer im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge erhaltenen Kapitalleistung bei der Beitragsberechnung.
Der Kläger ist am 23.03.1950 geboren, bezieht seit dem 01.04.2010 Altersrente und ist bei den Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) gesetzlich kranken- und pflegeversichert.
Am 28.04.2015 erhielt der Kläger von der W. Lebensversicherung AG im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung eine Kapitalleistung in Höhe von 62.960,78 EUR. Dies wurde der Beklagten zu 1) im Dezember 2015 bekannt. Hierauf teilte die Beklagte zu 1), auch im Namen der Beklagten zu 2), dem Kläger mit Bescheid vom 23.12.2015 mit, dass die Kapitalleistung beitragspflichtig zur Kranken- und Pflegeversicherung sei. Die Zahlung werde auf 10 Jahre (120 Monate) aufgeteilt. Dies ergebe einen monatlichen Betrag von 524,67 EUR für die Zeit vom 01.05.2015 bis 30.04.2025. Hieraus würden sich folgende monatliche Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung errechnen: - Krankenversicherung (14,6%) 76,60 EUR - Zusatzbeitrag (0,6 %) 3,15 EUR - Pflegeversicherung (2,35%) 12,33 EUR - monatlicher Gesamtbeitrag 92,08 EUR. Zum 01.01.2016 ändere sich der Beitragssatz, da der Zusatzbeitrag auf 0,8% ansteige (monatlich 4,20 EUR). Der monatliche Beitrag betrage dann 93,13 EUR.
Hiergegen erhob der Kläger am 04.01.2016 Widerspruch. Diesen "räuberischen Erpressungsversuch" werde er nicht hinnehmen. Die Kapitalleistung habe er über viele Jahre aus seinem Privatvermögen und seinem Einkommen angespart. Der Versicherungsvertrag sei über seinen Arbeitgeber 1995 abgeschlossen und 2004 beitragsfrei gestellt worden. Die Gesetzesänderung 2004 sei verfassungswidrig. Überdies habe er während der gesamten Versicherungsdauer im Zahlungszeitraum 1985 bis 2004 über den sogenannten Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung gelegen. Daher habe er keinerlei Einsparungen oder Vergünstigungen bei den Beiträgen erzielen können. Die nachträgliche Beitragsbelastung sei perfide und kriminell.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2016 wiesen die Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei versicherungspflichtigen Rentnern würden auch Zahlungen der betrieblichen Altersvorsorge der Beitragserhebung zu Grunde gelegt.
Hiergegen hat der Kläger am 25.02.2016 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zur Begründung vorgebracht, dass die Direktversicherung 1985 durch seinen Arbeitgeber abgeschlossen und im Jahr 2004 beitragsfrei gestellt worden sei. Der Abschluss sei im Rahmen einer Gruppenversicherung erfolgt. Während der Beitragszeit von 1985 bis 2004 seien die Beiträge aus seinem Einkommen, welches über der sogenannten Beitragsbemessungsgrenze gelegen habe, entrichtet worden. 2004 bis zum Auszahlungstermin 01.05.2015 habe der Vertrag geruht. Die Gesetzesänderung, die die Leistungen nachträglich beitragspflichtig mache, müsse er nicht hinnehmen. Der Kläger hat ein Schreiben der W. Lebensversicherung AG vom 02.05.2016 vorgelegt (Bl 24 SG-Akte), in welchem als Versicherungsnehmer die frühere Arbeitgeberin des Klägers, die E., aufgeführt ist.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Die Renten der betrieblichen Altersversorgung (Versorgungsbezüge) seien bei der Beitragsbemessung in der KVdR zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber habe mit dem GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 die Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung eingeführt. Das Bundessozialgericht (BSG) und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hätten dies gebilligt. Die Tatsache, dass das Einkommen des Klägers oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze gelegen habe, ändere hieran nichts.
Mit Gerichtsbescheid vom 19.07.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hätten die Beklagten die von der W. Lebensversicherung AG ausgezahlte Kapitalleistung als Versorgungsbezug bei der Beitragsbemessung berücksichtigt. Der 1985 abgeschlossene Versicherungsvertrag sei eine Form der betrieblichen Altersversorgung.
Gegen dem ihm am 22.07.2016 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 04.08.2016 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Die Rechtsauffassung der Beklagten und des SG verstoße gegen das Rückwirkungsverbot, den Gleichbehandlungsgrundsatz und gegen Treu und Glauben. Die Gesetzesänderung benachteilige die Rentnerinnen und Rentner in unangemessener Weise. Ihm müsse Vertrauensschutz zukommen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 19.07.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 23.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 05.02.2016 aufzuheben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nehmen auf ihr bisheriges Vorbringen, die Begründung des Widerspruchsbescheids und die Ausführungen des SG Bezug.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der angefochtene Bescheid auch im Namen der Beklagten zu 2) (Pflegekasse) ergangen ist und hat das Rubrum entsprechend berichtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, zulässig, aber in der Sache unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das Passivrubrum war dahingehend zu berichtigen, dass nicht nur die Beklagte zu 1), sondern auch die Beklagte zu 2) Beteiligte des Rechtsstreits ist (§ 69 Nr 2 SGG). Denn der Kläger hat sich sowohl im Klage- als auch im Berufungsverfahren gegen die Bescheide in ihrer Gesamtheit gewandt. Die Beklagte zu 1) hat zum Ausdruck gebracht, auch im Namen der Pflegekasse zu handeln (zur Zulässigkeit vgl § 46 Abs 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, SGB XI, Senatsbeschluss vom 04.06.2014, L 11 KR 125/14).
Der Umfang der Beitragspflicht zur KV und PV beurteilt sich nach dem Versichertenstatus in dem Zeitpunkt, für den Beiträge erhoben werden. Der Kläger ist seit 01.03.2007 in der KVdR versicherungspflichtig (§ 5 Abs 1 Nr 11 SGB V). Bei versicherungspflichtigen Rentnern werden nach § 237 SGB V der Beitragsbemessung zugrunde gelegt (1.) der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, (2.) der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen und (3.) das Arbeitseinkommen. § 226 Abs 2 und die §§ 228, 229 und 231 SGB V gelten entsprechend.
Da § 237 SGB V die Regelung des § 229 SGB V für entsprechend anwendbar erklärt, unterliegen auch die dort genannten Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragspflicht selbst dann, wenn diese neben einer Rente iSd § 237 Satz 1 SGB V geleistet werden. Als Versorgungsbezüge gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, Renten der betrieblichen Altersversorgung (vgl § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V). Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt ein Hundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate (§ 229 Abs 1 Satz 3 SGB V).
Die dem Kläger von der W. Lebensversicherung AG im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung ausgezahlte Kapitalleistung in Höhe von 62.960,78 EUR stellt eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung dar. Grundlage ist die im Jahr 1985 durch die frühere Arbeitgeberin des Klägers als Versicherungsnehmerin abgeschlossene Direktversicherung gewesen.
Die Verbeitragung von Kapitalzahlungen der betrieblichen Altersversorgung (einmaliger Versorgungsbezug) verstößt nach Ansicht des erkennenden Senats nicht gegen Verfassungsrecht (vgl Entscheidungen vom 01.03.2011, L 11 KR 2421/09, juris, vom 29.09.2011, L 11 KR 2026/10; vom 26.06.2012, L 11 KR 408/11; vom 23.01.2013, L 11 KR 3371/12; vom 12.03.2013, L 11 KR 1029/11; vom 14.05.2013, L 11 KR 46080/11; vom 25.06.2013, L 11 KR 4271/12, vom 17.03.2014, L 11 KR 3839/13 und vom 24.06.2014, L 11 KR 5461/13). Der Senat schließt sich weiterhin der ständigen Rechtsprechung des BSG an (Urteile vom 12.11.2008, B 12 KR 6/08 R, B 12 KR 9/08 R und B 12 KR 10/08 R, jeweils mwN; zuletzt Urteile vom 30.03.2011, B 12 KR 24/09 R und 16/10 R, und vom 25.04.2012, B 12 KR 26/10 R, aaO) und den Entscheidungen des BVerfG (Beschlüsse vom 04.04.2008, 1 BvR 1924/07 und vom 06.09.2010, 1 BvR 739/08, SozR 4-2500 § 229 Nr 10).
Eine verfassungs- oder europarechtswidrige Ungleichbehandlung des Klägers bzw eine Verletzung von Vertrauenstatbeständen liegt nicht vor. Sie ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass der Kläger während seines Beschäftigungsverhältnisses Einkünfte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze erzielte und deshalb den Höchstbetrag abführte (vgl hierzu Senatsurteil vom 16.12.2014, L 11 KR 872/14). Für die Beitragspflicht ist es nicht entscheidend, dass der Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtige Einkünfte während des Anspruchserwerbs erzielte bzw die Versicherungsbeiträge aus zur Sozialversicherung herangezogenem Arbeitsentgelt stammen. § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V knüpft die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen allein daran, dass eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung vorliegt. Da die gesetzliche Regelung mit den Versorgungsbezügen iS von § 229 Abs 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich Bezüge bestimmter Institutionen und aus vergleichbaren Sicherungssystemen der Beitragspflicht unterwirft, bei denen in der Regel ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu diesem System und einer Erwerbstätigkeit besteht, ist nicht auf den im Einzelfall jeweils nachweisbaren Zusammenhang mit dem früheren Erwerbsleben abzustellen. Diese sog institutionelle Abgrenzung orientiert sich allein daran, ob die Rente bzw die einmalige Kapitalleistung von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt wird, und lässt Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs unberücksichtigt (BSG 30.03.2011, B 12 KR 16/10 R, BSGE 108, 63, SozR 4-2500 § 229 Nr 12 Rn 19 mwN).
Die vom BSG vorgenommene Typisierung ist mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar (BVerfG 06.09.2010, 1 BvR 739/08, juris). Erfasst werden alle auf einer einseitigen Versorgungszusage des Arbeitgebers beruhenden und damit im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Leistungen der klassischen betrieblichen Altersversorgung, die nach Ausscheiden des Versicherten aus dem Berufsleben gezahlt werden. Ein Verstoß gegen Grundrechte ergibt sich insbesondere dann nicht, wenn der Versorgungsbezug aus bereits zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogenem Arbeitsentgelt finanziert worden ist (BVerfG 06.09.2010, 1 BvR 739/08, SozR 4-2500 § 229 Nr 10).
Im Beschluss vom 28.09.2010 (1 BvR 1660/08, SozR 4-2500 § 229 Nr 11) hat das BVerfG noch einmal bestätigt, dass die Einbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht nach § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V grundsätzlich weder gegen die wirtschaftliche Handlungsfreiheit iVm dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes noch gegen Art 14, 2 Abs 1 und 3 Abs 1 GG verstößt. Einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG sieht das BVerfG nur dann, wenn auch diejenigen Kapitalleistungen der Beitragspflicht unterworfen werden, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat (Beschluss vom 28.09.2010, 1 BvR 1660/08, aaO). Das BVerfG stellt nicht nur auf die Tragung der Versicherungsprämien durch den Mitarbeiter ab, sondern darauf, dass durch das Einrücken des Mitarbeiters in die Stellung des Versicherungsnehmers nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses der institutionelle Rahmen einer Betriebsrente bzw eines Versorgungsbezugs verlassen wird (BVerfG 28.09.2010, 1 BvR 1660/08, aaO; BVerfG 14.04.2011, 1 BvR 2123/08, juris). Diesen institutionellen Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge hat der Kläger indes nicht verlassen. Die letzte Umwandlung in Versorgungskapital ist im Jahr 2004 erfolgt, vor dem Ende der Beschäftigung und vor dem Rentenbeginn. 2004 bis 2015 hat der Vertrag nach Angaben des Klägers geruht.
Die Berechnung der Beiträge ist rechtmäßig. Unrichtigkeiten sind nicht ersichtlich. Die Beklagten haben die von der W. Lebensversicherung mitgeteilte Kapitalleistung in Höhe von 62.960,78 EUR zu Grunde gelegt. Ein Hundertzwanzigstel dieser Kapitalleistung ist 524,67 EUR. Unter Ansatz des jeweiligen Beitragssatzes (§ 241 SGB V) errechnet sich die vom Kläger zu zahlenden Beitrage zur KV und PV
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
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