L 7 SO 999/16 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 5375/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 999/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 SGG statthaft, weil die Beschwerdeausschlussgründe des § 172 Abs. 3 SGG, insbesondere Nr. 2 a.a.O., nicht eingreifen; das Sozialgericht Freiburg (SG) hat die Ablehnung der Prozesskostenhilfe (PKH) nicht auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers, sondern auf die fehlende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung gestützt. Die sonach zulässige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat für die Rechtsverfolgung im Klageverfahren S 4 O 5175/15 keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts.

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit; dabei sind freilich keine überspannten Anforderungen zu stellen (ständige Rechtsprechung des Senats unter Hinweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG) BVerfGE 81, 347, 357). Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung ist regelmäßig zu bejahen, wenn der Ausgang des Verfahrens als offen zu bezeichnen ist. Dies gilt namentlich dann, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bislang höchstrichterlich nicht geklärten Rechtsfrage abhängt und auch angesichts der gesetzlichen Regelung nicht eindeutig beantwortet werden kann (vgl. BVerfG NJW 1997, 2102; NJW 2004, 1789; NVwZ 2006, 1156; Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-1500 § 62 Nr. 9) oder eine weitere Sachaufklärung, insbesondere durch Beweisaufnahme, ernsthaft in Betracht kommt (vgl. BVerfG NZS 2002, 420; info also 2006, 279). Freilich darf die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht dazu führen, die Rechtsverfolgung in das summarische Verfahren der PKH zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen.

Unter Beachtung dieser Grundsätze bietet die Rechtsverfolgung des Klägers keine Aussicht auf Erfolg. Deshalb kommt es auf die weiteren Bewilligungsvoraussetzungen (Bedürftigkeit (§ 115 ZPO); Erforderlichkeit einer Anwaltsbeiordnung (§ 121 Abs. 2 ZPO)) nicht mehr an.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH liegen bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung nicht vor. Mit der vor dem SG erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4, § 56 SGG) erstrebt der Kläger - soweit ersichtlich - für die Zeit ab dem 1. August 2015 höhere Leistungen des weiteren notwendigen Lebensunterhalts in Einrichtungen in Form eines höheren Barbetrags zur persönlichen Verfügung nach § 27b Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Insoweit handelt es sich um einen von den Leistungen, die in der Einrichtung selbst erbracht werden, abtrennbaren Streitgegenstand (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BSGE 101, 217 = SozR 4-3500 § 133a Nr. 1 (jeweils Rdnr. 12)). Den erstrebten höheren Barbetrag begründet der Kläger mit einem von ihm gesehenen Verfassungsverstoß nach dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), wobei er einen Vergleich mit beihilfeberechtigten vollstationär pflegebedürftigen Versorgungsempfängern oder jedenfalls mit Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz herstellen möchte.

Eine derartige Verletzung von Verfassungsrecht dürfte indessen ausgeschlossen sein. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es, eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe ungleich zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten (z.B. BVerfGE 130, 240 = SozR 4-7835 Art. z.B. 1 Nr. 1 (jeweils Rdnr 40)). Eine derartige Ungleichbehandlung ist vorliegend nicht erkennbar; es erscheint schon ein gemeinsamer Bezugspunkt zwischen der vom Kläger repräsentierten Personengruppe mit den von ihm herangezogenen Gruppen im Hinblick auf deren Heterogenität nicht gegeben.

Soweit der Kläger im Kern die zu niedrige Bemessung des Barbetrags, den der Beklagte auf der Grundlage des § 27b Abs. 2 Satz 2 SGB XII i.V.m. der Anlage zu § 28 SGB XII für die Zeit bis zum 31. Dezember 2015 auf monatlich 107,73 Euro sowie für die Zeit ab 1. Januar 2016 auf 109,08 Euro festgesetzt hat, rügt, dürften verfassungsrechtliche Bedenken gleichfalls nicht bestehen. In der prozentualen Festlegung des Barbetrags vermag der Senat einen Verfassungsverstoß schon deswegen nicht zu erkennen, weil der Mindestbarbetrag nach den Umständen des Einzelfalls erhöht werden kann, wenn ein besonderer Bedarf vorliegt (vgl. BSGE 114, 147 = SozR 4-3500 § 92a Nr. 1 (jeweils Rdnrn. 36 ff.); Scheider in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Auflage, § 27b Rdnrn. 26 ff.). Für solche zusätzlichen Bedarfe müssen indessen von dem Leistungsberechtigten im Einzelnen spezifiziert dargestellte Anhaltspunkte bestehen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 24.Februar 2016 - B 8 SO 13/14 R - (juris; Rdnr. 20)); ferner müssen die reklamierten Bedarfe den persönlichen Bedürfnissen zuzuordnen sein (vgl. BSGE 114, 147 = SozR 4-3500 § 92a Nr. 1 (jeweils Rdnr. 38 )). Ein dergestalt nachvollziehbares Vorbringen des Klägers erscheint vorliegend jedoch nicht gegeben.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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