L 7 SO 4207/16 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 4216/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 4207/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 28. Oktober 2016 (Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung) wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Der Antrag des Antragstellers auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt K., F., wird abgelehnt.

Gründe:

Die unter der Beachtung der §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht Freiburg (SG) hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.

1. Gegenstand des am 27. Oktober 2016 vom Antragsteller beim SG anhängig gemachten Eilverfahrens (S 4 SO 4216/16 ER) ist die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners, "ungedeckte Heimkosten" für seine (zukünftige) dauerhafte vollstationäre Unterbringung im Pflegeheim M. H. S. G. N. (zukünftig nur Pflegeheim) - einem Betreuungs- und Pflegezentrum für chronisch psychisch kranke Erwachsene der M. Unternehmensgruppe B. & Co. KG B. - i.H.v. 1.652,92 Euro/Monat zu übernehmen; über den entsprechenden Antrag vom 21. Oktober 2016 (Anwaltsschreiben vom 20. Oktober 2016 (Blatt 1035 der Verwaltungsakten)) ist - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden. Der Antragsteller verfolgt dieses Begehren mit seiner Beschwerde weiter (vgl. Beschwerdeantrag vom 11. November 2016 (Blatt 3 der Senats-Akte)).

a) Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt und zwar für Anfechtungssachen in dessen Abs. 1, für Vornahmesachen in dessen Abs. 2. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Nach § 86b Abs. 4 SGG sind die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 schon vor Klageerhebung zulässig.

Hinsichtlich der vorliegend begehrten (vorläufigen) Übernahme ungedeckter Heimkosten kommt - wie das SG zutreffend erkannt hat - allein der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt - neben der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs - das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrunds voraus (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 26. Januar 2016 - L 7 AS 41/16 ER-B - (juris Rdnr. 11) und 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - (juris Rdnr. 7)). Eine einstweilige Anordnung darf nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). In den Fällen, in denen die einstweilige Anordnung die Hauptsache vorwegnimmt, ist der Anordnungsanspruch besonders eingehend zu prüfen, denn es ist grundsätzlich nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 2. August 2016 - L 7 SO 2159/16 ER-B - (www.sozialgerichtsbarkeit.de); Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. März 2015 - L 19 AS 2347/14 B ER - (juris Rdnr. 24); Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b Rdnr. 3, jeweils m.w.N.). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der des Senats (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 2. August 2016, a.a.O., 26. Januar 2016 a.a.O. und 17. August 2005 a.a.O.).

b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kommt der begehrte Erlass einer einstweiligen Anordnung vorliegend nicht in Betracht. Es mangelt zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrunds, nachdem das Pflegeheim mitgeteilt hat (Schreiben vom 14. Oktober 2016 (Blatt 1037 der Verwaltungsakten)), dass für den Antragsteller ein Heimplatz lediglich bis zum 10. November 2016 freigehalten und dass der Platz bei Nichtbelegung bis zu diesem Zeitpunkt anderweitig vergeben werde sowie nachdem der Antragsteller im am 11. November 2016 anhängig gemachten Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft gemacht hat, dass ihm weiterhin im Pflegeheim ein Platz vorgehalten wird. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat ein (fortbestehendes) Eilbedürfnis, welches geeignet wäre, ausnahmsweise die Hauptsache vorwegzunehmen, nicht zu erkennen, so dass die Beschwerde bereits aus diesem Grund keinen Erfolg haben kann. c) Im Übrigen hat der Antragsteller auch weder im SG-Verfahren noch im Beschwerdeverfahren einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Senat hat in seinem zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss vom 2. August 2016 (a.a.O.) im Einzelnen dargelegt, was zur Glaubhaftmachung eines Anspruchs auf vorläufige Kostenübernahme für eine vollstationäre Unterbringung i.S.d. § 61 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) im Rahmen einer Sachleistung im weiten Sinn (Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung) vonnöten ist. Darauf wird hier verwiesen. Der anwaltlich vertretene Antragsteller hat wiederum namentlich nicht dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht, welche stationären Leistungen vorliegend überhaupt in Rede stehen, in welcher Höhe genau diese Kosten - auch unter Berücksichtigung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung - ungedeckt wären und dass seine Unterbringung im (nunmehr) benannten Pflegeheim erforderlich und angemessen nach Maßgabe des § 9 Abs. 2 SGB XII ist. Die bloße Vorlage der Heimentgeltsätze (Blatt 1039 der Verwaltungsakten) ist dazu ebenso unzureichend wie die "Ärztliche Bescheinigung" des Psychiaters und Neurologen Dr. S. (Oberarzt im Zentrum für Psychiatrie E. (Z.)) vom 12. Oktober 2016 (Blatt 1053 der Verwaltungsakten), in der er "aus medizinischen und humanitären Gründen" eine Unterbringung des Antragstellers im M. Haus S. G. N. für "geboten" erachtet. Auch darauf hat der Senat im Beschluss vom 2. August 2016 bereits in anderem Zusammenhang hingewiesen.

d) Die Beschwerde war nach alledem zurückzuweisen. Angesichts der Sachlage hat der Senat keine Veranlassung gesehen, die Pflegeheimträgerin als (potentielle) Leistungserbringerin zum Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beizuladen.

e) Unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens weist der Senat darauf hin, dass es wenig zielführend ist, wenn sich der Antragsteller veranlasst sieht, seine Rechte in einem Eilverfahren nach dem anderen geltend zu machen. Der Antragsgegner sollte vielmehr im Verfahren der Hauptsache nun endlich zeitnah eine Bedarfsfeststellung durchführen und zusammen mit dem Antragsteller und ggf. den Ärzten im Z. eine geeignete Einrichtung suchen, und zwar unabhängig von Zuständigkeitsfragen, die jedenfalls nicht auf dem Rücken der Hilfesuchenden auszutragen sind. Es sollte zudem klar sein, dass eine dauerhafte (akut-)stationäre Behandlung des Antragstellers im Z. nicht in Betracht kommen wird und dass es nicht angehen kann, dass der - unstreitig - psychisch schwerkranke Antragsteller bei einer kurzfristigen Entlassung wieder in die Obdachlosigkeit verfällt.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

3. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) unter Rechtsanwaltsbeiordnung für das Beschwerdeverfahren ist unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung abzulehnen (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

4. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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