Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 VG 733/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 184/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. November 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Pflegezulage nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Die 1953 geborene Klägerin beantragte am 14. April 1996 beim Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem OEG in Verbindung mit dem BVG. Sie trug zur Begründung vor, sie leide an schweren Persönlichkeitsstörungen in Folge einer im Juni 1979 durch ihren ehemaligen Ehegatten und dessen Freund erfolgten Vergewaltigung. Nachdem es ihr zunächst gelungen sei, das Erlebte zu verdrängen, habe die am 31. Oktober 1991 erfolgte Operation einer Nasenbeinstückfraktur zu einer psychischen Veränderung geführt. Nach diversen Rechtsstreitigkeiten wurden vom Beklagten als Schädigungsfolge eine posttraumatische Belastungsstörung ab 1. April 1996 und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 vom Hundert (v. H.) festgestellt und eine Rente nach dem OEG bewilligt. Wegen besonderer beruflicher Betroffenheit wurde die MdE später auf 60 v. H. ab 1. April 1996 erhöht und die Versorgungsbezüge dementsprechend neu berechnet (vgl. Bescheid vom 26. Mai 2003). Wiederholte (Überprüfungs-) Anträge auf Bewilligung der Versorgungsrente bereits ab Juni 1979 und eine Erhöhung der MdE bzw. des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) blieben auch in Klage- und Berufungsverfahren letztlich erfolglos (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 17. November 2016 - L 6 VG 121/14).
Bei der Klägerin ist von ihrer Pflegekasse, nachdem in früheren Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit zunächst nur einen täglichen Hilfebedarf in der Grundpflege in Höhe von insgesamt 5 Minuten (Gutachten vom 15. September 2008, Bl. 1664 ff. der OEG-Akte) bzw. in Höhe von 32 Minuten (Gutachten vom 1. Februar 2010, Bl. 100 ff. der Akte S 4 VG 308/09) ermittelt worden war, nun seit April 2010 die Pflegestufe I anerkannt. Im Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit vom 17. Juni 2010 (Bl. 33 ff. SG-Akte) wurde ein Zeitaufwand in den grundpflegerischen Verrichtungen von 50 Minuten pro Tag und zuletzt in dem MDK-Gutachten vom 26. Juni 2012 (Bl. 45 ff. der SG Akte) von 66 Minuten pro Tag berücksichtigt. Dabei wurde angeführt, dass die Klägerin durch ihren Sohn gepflegt werde. Dieser sei einmal wöchentlich und regelmäßig am Wochenende vor Ort. Der Hilfebedarf liege im Bereich der Körperpflege bei 50 Minuten, insbesondere bei der teilweisen Übernahme der Ganzkörperwäsche und der teilweisen Übernahme des Windelwechselns nach Wasserlassen. Die Oberkörperwäsche und die Zahnpflege übernehme die Klägerin selbständig. Bei der Ernährung betrage der Hilfebedarf 3 Minuten für die Zerkleinerung von festen Speisen und dem Öffnen von Flaschen. Die Klägerin esse und trinke selbständig. Im Bereich der Mobilität betrage der Hilfebedarf 13 Minuten, insbesondere für das An- und Entkleiden. Aufstehen und Zubettgehen erfolge selbständig. Der Transfer und das Fortbewegen mit dem Rollstuhl seien auch selbständig möglich. Sie könne nur kurze Zeit selbständig stehen.
Bei der Klägerin liegt ein Grad der Behinderung von 100 (insbesondere wegen Persönlichkeitsveränderung, posttraumatischer Belastungsstörung, degenerativen Lendenwirbelsäulenveränderungen, Bronchialasthma, Polyarthrose der Finger-, Hand- und Armgelenke sowie Krampfadern) vor. Weiter wurden ihr die Merkzeichen G, B und RF, nicht jedoch H, zuerkannt (vgl. Bescheid vom Landratsamt Karlsruhe vom 17. Dezember 2012, Bl. 2777 der OEG-Akte).
Am 16. Mai 2007 (Bl. 1170 der OEG-Akte) beantragte die Klägerin beim Beklagten die Gewährung einer Pflegezulage nach § 35 BVG mit der Begründung, dass sie sich im täglichen Leben in erheblichem Umfang hilflos fühle.
Nachdem in einer vom Beklagten eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 24. November 2008 unter Bezugnahme auf das MDK-Gutachten vom 15. September 2008 und dem darin festgestellten Zeitaufwand für die Grundpflege von lediglich 5 Minuten keine Hilflosigkeit nach dem Sozialen Entschädigungsrecht angenommen worden war, da dies einen tagesdurchschnittlichen Zeitbedarf von 120 Minuten erfordere, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 8. Dezember 2008 (Bl. 1734 der OEG-Akte) eine Pflegezulage ab. Es liege keine Hilflosigkeit im Sinne von § 35 Abs. 1 BVG vor.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde nach zwischenzeitlichem Ruhen des Verfahrens mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2013 zurückgewiesen, da der Klägerin auch weder das Merkzeichen H noch Pflegestufe II zuerkannt worden seien.
Am 27. Februar 2013 hat die Klägerin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Sie hat zur Begründung angeführt, dass ihr bereits im Jahr 1992 eine Pflegestufe hätte bewilligt werden müssen. Außerdem dürfe nicht nur ihre Pflegestufe I maßgeblich sein. Ihre Betreuung liege bei über zwei Stunden am Tag. Insgesamt sei der Umfang der Hilfe bei den Verrichtungen An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme, Körperpflege und Toilette erheblich. Auch die hauswirtschaftliche Versorgung sei erheblichst.
Der Beklagte hat erwidert, dass hauswirtschaftliche Verrichtungen unberücksichtigt bleiben müssten.
Nach mündlicher Verhandlung hat das SG mit Urteil vom 20. November 2013, der Klägerin zugestellt am 4. Dezember 2013, die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht hilflos. Unter anderem sei sie bei Klageeinreichung und den späteren Vorsprachen im Klage- und den Parallelverfahren nicht mit einem Rollstuhl erschienen. Sie fahre noch einen eigenen PKW und das Merkzeichen H sei nicht zuerkannt.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2013 hat die Klägerin beim SG Berufung eingelegt. Sie gibt an, dass sie die Pflegezulage seit 1991 verlange. Die Pflegestufe I sei ihr ungerechtfertigt erst im Jahr 2010 zugebilligt worden, sie müsste aber schon seit 1991 bestehen. Von der Pflegezulage werde auch das Spazierengehen abgedeckt, was ihr Sohn die ganzen Jahre über tue. Auch sei die Haushaltsführung unberücksichtigt. Ihr Sohn komme als Pflegeperson zwei- bis dreimal wöchentlich zu ihr. Ihr PKW, mit dem sie zu Ärzten etc. fahre, habe weder Automatik noch Servolenkung.
Sie beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. November 2013 und den Bescheid vom 8. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr eine Pflegezulage im gesetzlichen Umfang nach dem Opferentschädigungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz ab dem 1. Januar 1991 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Den Beteiligten wurde vom Senat mehrfach (vgl. u.a. mit gerichtlichen Schreiben vom 23. Februar 2016, 2. September 2016, 23. und 30. November 2011 sowie in der mündlichen Verhandlung am 17. November 2016 im Verfahren L 6 VG 121/14) angekündigt, durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des Beklagten sowie der Gerichtsakten des SG S 3 V 344/97, S 4 VG 3076/99 ER, S 4 VG 3359/99, S 4 VG 328/01, S 4 VG 495/01, S 4 VG 4110/04, S 4 VG 404/08, S 4 VG 308/09, S 4 VG 1590/09, S 4 VG 2852/09, S 10 VG 732/13, S 10 VG 733/13 sowie des LSG Baden-Württemberg L 11 VG 2026/99, L 11 VG 4364/02, L 6 VG 1162/10, L 6 VG 1362/10, L 6 VG 2/11 und L 6 VG 52/12, L 6 VG 121/14 und die Prozessakte L 6 VG 184/14 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, weil die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser Verfahrensweise gegeben worden. Ein Einverständnis der Beteiligten mit dieser Vorgehensweise ist nicht erforderlich.
Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§§ 143, 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 8. Dezember 2008 und der Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2013 sind rechtmäßig. Denn der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin eine Pflegezulage zu gewähren.
Materiellrechtlich richtet sich das Begehren der Klägerin nach § 1 OEG in Verbindung mit § 35 BVG. Danach erhält derjenige, der im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 OEG).
Nach § 35 Abs. 1 BVG wird Beschädigten, die hilflos sind, weil sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen, eine Pflegezulage von monatlich derzeit 305 EUR (Stufe I) gezahlt. In den davor geltenden einschlägigen Fassungen des § 35 BVG wurden entsprechend niedrigere Beträge für die Pflegezulage festgesetzt.
Der vom Gesetz geforderte Hilfebedarf liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) stets dann vor, wenn sein Umfang mindestens zwei Stunden täglich erreicht. Nicht hilflos ist, wer nur in relativ geringem Umfange, täglich etwa eine Stunde, auf fremde Hilfe angewiesen ist (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 1997 - 9 RV 8/96 -, juris, Rz. 23). Bei einem täglichen Zeitaufwand für fremde Hilfe zwischen einer und zwei Stunden ist Hilflosigkeit dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege wegen der Zahl der Verrichtungen bzw. ungünstiger zeitlicher Verteilung der Hilfeleistungen besonders hoch ist (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002 – B 9 V 3/01 R –, BSGE 90, 185-189, SozR 3-3100 § 35 Nr. 12, juris, Rz. 26).
Zu den von § 35 Abs. 1 BVG erfassten Verrichtungen zählt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002, a.a.O., juris, Rz. 18; Urteil vom 2. Juli 1997 - 9 RV 19/95 -, SozR 3-3100 § 35 Nr. 6) nicht der Hilfebedarf bei hauswirtschaftlichen Verrichtungen. Solche Verrichtungen haben für die Beurteilung, ob bei der Klägerin Hilflosigkeit vorliegt, deshalb außer Betracht zu bleiben. Bei den zu berücksichtigenden Verrichtungen handelt es sich um solche, die im Ablauf des täglichen Lebens unmittelbar zur Wartung, Pflege und Befriedigung wesentlicher Bedürfnisse des Betroffenen gehören sowie häufig und regelmäßig wiederkehren. Dazu zählen zunächst die auch von der Pflegeversicherung (vgl. § 14 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI) erfassten Bereiche der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentleerung), Ernährung (mundgerechtes Zubereiten und Aufnahme der Nahrung) und Mobilität (Aufstehen, Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung). Hinzu kommen nach der Rechtsprechung des BSG Maßnahmen zur psychischen Erholung, geistige Anregungen und Kommunikation (Sehen, Hören, Sprechen und Fähigkeit zu Interaktionen - BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002, a.a.O, juris, Rz. 18).
Diese Rechtsprechung ist inzwischen auch in der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) am 10. Dezember 2008, in Kraft getreten am 1. Januar 2009, aufgegangen. Alle Einzelheiten der Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit werden dabei in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV geregelt. Der Vorordnungsgeber, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch, hat insoweit von der Ermächtigung in § 30 Abs. 16 BVG Gebrauch gemacht.
Da der Klägerin erst ab 1. April 1996 vom Beklagten eine Versorgungsrente bewilligt und sie damit als Beschädigte (vgl. hierzu § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG) anerkannt worden ist, kommt allenfalls eine Pflegezulage ab diesem Zeitpunkt in Betracht kommt. Seit dieser Zeit ist § 35 Abs. 1 BVG mehrfach neu gefasst worden. Der Maßstab für den Inhalt des Begriffs "hilflos" hat sich dadurch jedoch nicht geändert (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002, a.a.O., juris, Rz. 17).
Die Klägerin ist seit April 1996 nach Überzeugung des Senats nicht hilflos im Sinne der genannten Vorschriften. Hierbei stützt sich der Senat vor allem auf die Pflegegutachten des MDK, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet wurden. Im Jahr 2008 war der Hilfebedarf mit täglich 5 Minuten sehr gering und alleine auf die Aufforderung zur Körperpflege sowie die Aufforderung zum Essen wegen ihrer Essstörungen beschränkt. Die Klägerin konnte sich damals im Wesentlichen um sich selbst kümmern. Ein Pflegedefizit wurde in dem Gutachten ausdrücklich verneint, obwohl die auswärts wohnende Pflegeperson, der Sohn der Klägerin, nur maximal zwei- bis dreimal wöchentlich - mit zum Teil wochenlangen Unterbrechungen wegen Auslandsaufenthalten - zur Unterstützung der Ganzkörperpflege und zur gelegentlichen Begleitung bei Arztterminen gekommen ist (vgl. MDK-Gutachten vom 15. September 2008). In den Folgejahren erhöhte sich der Pflegebedarf zwar, ist aber mit nun 66 Minuten pro Tag im Bereich der Grundpflege weiterhin moderat (vgl. MDK-Gutachten vom 26. Juni 2012). Die Klägerin kann noch alleine Aufstehen und Zubettgehen, sowie von Stühlen und dem WC Aufstehen bzw. sich Hinsetzen, auch kurzeitiges Stehen und die Fortbewegung mit dem Rollstuhl gelingen ihr danach noch selbständig. Gleiches gilt für das Essen und Trinken; sie nimmt meist selbst angerührte Sondenkost zu sich. Der Pflegebedarf bezieht sich bei der Klägerin hauptsächlich auf den Bereich der Körperpflege. Insbesondere beim Baden und bei der Ganzkörperwäsche benötigt sie (teilweise) Hilfe. Insgesamt erreicht die Klägerin danach nach Überzeugung des Senats die Voraussetzungen für den geforderten Hilfebedarf von mindestens zwei Stunden täglich deutlich nicht. Hilfe des Sohnes bei der hauswirtschaftlichen Versorgung (z.B. Einkaufen, Kochen, Putzen) hat dabei nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 10. Dezember 2002, a.a.O.) und nach VG, Teil A, Nr. 4d unberücksichtigt zu bleiben.
Im Hinblick auf den Umstand, dass die Klägerin weiterhin selbständig mit ihrem PKW (ohne Servolenkung und mit Schaltgetriebe) fährt und damit Ärzte und ihren Garten alleine aufsuchen kann und aufsucht, von ihrem Sohn vor allem nur bei der Essenszubereitung unterstützt wird (vgl. Gutachten von Prof. Dr. E. vom 1. April 2016 aus dem Verfahren L 6 VG 121/14), sie weiter in der Lage ist, etwa ohne Rollstuhl an das SG bei Klageeinreichung und weiteren Vorsprachen heranzutreten und von der Pflegekasse nach wie vor nur Leistungen nach der Pflegestufe I erhält, ist der Senat davon überzeugt, dass seit dem letzten MDK-Gutachten aus dem Jahr 2012 keine relevante Erhöhung des Hilfebedarfes eingetreten ist.
Maßnahmen, die bei der Pflegezulage, nicht jedoch bei der Pflegeversicherung Berücksichtigung finden, nämlich solche zur psychischen Erholung, geistigen Anregungen und Kommunikation (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002, a.a.O., juris, Rz. 18; VG, Teil A, Nr. 4 c), sind bei der Klägerin nicht notwendig bzw. erhöhen den Hilfebedarf nicht relevant. Die Klägerin ist, wovon sich der Senat bei der mündlichen Verhandlung am 17. November 2016 und anhand der Vielzahl von Anrufen auf der Geschäftsstelle und von Schriftsätzen (alleine im November 2016 sind die teilweise mehrseitigen Schreiben der Klägerin vom 8., 10., 13., 18., 20., 20., 22., 23., 24., 26. und 27. bei Gericht eingegangen) überzeugen konnte, zu einer eigenständigen Kommunikation ohne weiteres in der Lage und führt diese auch durch - nicht nur mit dem Gericht, sondern vor allem auch mit Behörden, Rechtsanwälten, Ärzten (vgl. Attest Dr. K. vom 24. Juni 2013, Bl. 123 LSG-Akte) und ihrem Sohn. Von fehlender geistiger Anregung zeugen ihre Schriftsätze und Äußerungen ebenfalls deutlich nicht. Und selbst wenn man nun die vorgebrachten Spaziergänge der Klägerin mit ihrem Sohn als erforderliche Maßnahme der psychischen Erholung mitberücksichtigen wollte, führen jene nicht zum Überschreiten der Zweistundengrenze, da der Sohn, der inzwischen in der Schweiz lebt (vgl. Schreiben der Klägerin vom 31. Dezember 2014, Bl. 201 der LSG-Akte), allenfalls zwei- bis dreimal wöchentlich, vor allem an Wochenenden, die Klägerin besucht und so selbst drei längere, einstündige Spaziergänge umgerechnet den Hilfebedarf nur um 25 Minuten pro Tag (= 180 Minuten / 7 Tage) erhöhen würden.
Die Erheblichkeit des Hilfebedarfs ergibt sich auch nicht aus weiteren Umständen. Nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung ist nicht allein auf den zeitlichen Betreuungsaufwand abzustellen. Es sind bei der Beurteilung der Erheblichkeit des Hilfebedarfs auch die weiteren Umstände der Hilfeleistung, insbesondere der wirtschaftliche Wert der Leistung und die körperliche und psychische Belastung der Pflegeperson zu berücksichtigen. Bei einem täglichen Zeitaufwand für fremde Hilfe zwischen einer und zwei Stunden ist Hilflosigkeit dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege besonders hoch ist (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2003 – B 9 SB 1/02 R –, juris, Rz. 18; Urteil vom 10. Dezember 2002, a.a.O., juris, Rz. 26).
Hier ist der wirtschaftliche Wert der Hilfeleistung als nicht besonders hoch einzustufen. Dieser Wert wird wesentlich durch die Zahl und die zeitliche Verteilung der Verrichtungen mitbestimmt, bei denen fremde Hilfe erforderlich ist. Denn eine Hilfsperson kann regelmäßig nur für zusammenhängende Zeitabschnitte, nicht jedoch für einzelne Handreichungen herangezogen bzw. beschäftigt werden (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002 a.a.O., juris, Rz. 26). Vorliegend bleibt die Anzahl der bei der Klägerin erforderlichen Hilfen im Vergleich zu den Verrichtungen, bei denen keine Hilfe erforderlich ist, deutlich zurück. Ferner ergibt sich keine ungünstige Verteilung, da die Unterstützungsbedarfe in der Grundpflege im Wesentlichen auf die Morgen- und Abendstunden verteilt sind. Zudem erfordert der Hilfebedarf keine spezielle medizinische Ausbildung und ist die Hinzuziehung medizinischen Gerätes nicht erforderlich. Daher ist in der Gesamtschau der Wert der Pflege nicht gemäß den Anforderungen als besonders hoch einzuschätzen.
Schließlich liegen bei der Klägerin auch keine schweren Behinderungen vor, bei denen im Allgemeinen ohne nähere Prüfung Hilflosigkeit angenommen werden kann (vgl. VG, Teil A Nr. 4e und f). Sie ist ersichtlich weder blind noch ständig auf einen Rollstuhl angewiesen und auch nicht gehirngeschädigt oder psychotisch mit einem GdS von 100.
Nach alledem sind die Voraussetzungen für eine Pflegezulage nicht erfüllt, und die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Pflegezulage nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Die 1953 geborene Klägerin beantragte am 14. April 1996 beim Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem OEG in Verbindung mit dem BVG. Sie trug zur Begründung vor, sie leide an schweren Persönlichkeitsstörungen in Folge einer im Juni 1979 durch ihren ehemaligen Ehegatten und dessen Freund erfolgten Vergewaltigung. Nachdem es ihr zunächst gelungen sei, das Erlebte zu verdrängen, habe die am 31. Oktober 1991 erfolgte Operation einer Nasenbeinstückfraktur zu einer psychischen Veränderung geführt. Nach diversen Rechtsstreitigkeiten wurden vom Beklagten als Schädigungsfolge eine posttraumatische Belastungsstörung ab 1. April 1996 und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 vom Hundert (v. H.) festgestellt und eine Rente nach dem OEG bewilligt. Wegen besonderer beruflicher Betroffenheit wurde die MdE später auf 60 v. H. ab 1. April 1996 erhöht und die Versorgungsbezüge dementsprechend neu berechnet (vgl. Bescheid vom 26. Mai 2003). Wiederholte (Überprüfungs-) Anträge auf Bewilligung der Versorgungsrente bereits ab Juni 1979 und eine Erhöhung der MdE bzw. des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) blieben auch in Klage- und Berufungsverfahren letztlich erfolglos (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 17. November 2016 - L 6 VG 121/14).
Bei der Klägerin ist von ihrer Pflegekasse, nachdem in früheren Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit zunächst nur einen täglichen Hilfebedarf in der Grundpflege in Höhe von insgesamt 5 Minuten (Gutachten vom 15. September 2008, Bl. 1664 ff. der OEG-Akte) bzw. in Höhe von 32 Minuten (Gutachten vom 1. Februar 2010, Bl. 100 ff. der Akte S 4 VG 308/09) ermittelt worden war, nun seit April 2010 die Pflegestufe I anerkannt. Im Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit vom 17. Juni 2010 (Bl. 33 ff. SG-Akte) wurde ein Zeitaufwand in den grundpflegerischen Verrichtungen von 50 Minuten pro Tag und zuletzt in dem MDK-Gutachten vom 26. Juni 2012 (Bl. 45 ff. der SG Akte) von 66 Minuten pro Tag berücksichtigt. Dabei wurde angeführt, dass die Klägerin durch ihren Sohn gepflegt werde. Dieser sei einmal wöchentlich und regelmäßig am Wochenende vor Ort. Der Hilfebedarf liege im Bereich der Körperpflege bei 50 Minuten, insbesondere bei der teilweisen Übernahme der Ganzkörperwäsche und der teilweisen Übernahme des Windelwechselns nach Wasserlassen. Die Oberkörperwäsche und die Zahnpflege übernehme die Klägerin selbständig. Bei der Ernährung betrage der Hilfebedarf 3 Minuten für die Zerkleinerung von festen Speisen und dem Öffnen von Flaschen. Die Klägerin esse und trinke selbständig. Im Bereich der Mobilität betrage der Hilfebedarf 13 Minuten, insbesondere für das An- und Entkleiden. Aufstehen und Zubettgehen erfolge selbständig. Der Transfer und das Fortbewegen mit dem Rollstuhl seien auch selbständig möglich. Sie könne nur kurze Zeit selbständig stehen.
Bei der Klägerin liegt ein Grad der Behinderung von 100 (insbesondere wegen Persönlichkeitsveränderung, posttraumatischer Belastungsstörung, degenerativen Lendenwirbelsäulenveränderungen, Bronchialasthma, Polyarthrose der Finger-, Hand- und Armgelenke sowie Krampfadern) vor. Weiter wurden ihr die Merkzeichen G, B und RF, nicht jedoch H, zuerkannt (vgl. Bescheid vom Landratsamt Karlsruhe vom 17. Dezember 2012, Bl. 2777 der OEG-Akte).
Am 16. Mai 2007 (Bl. 1170 der OEG-Akte) beantragte die Klägerin beim Beklagten die Gewährung einer Pflegezulage nach § 35 BVG mit der Begründung, dass sie sich im täglichen Leben in erheblichem Umfang hilflos fühle.
Nachdem in einer vom Beklagten eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 24. November 2008 unter Bezugnahme auf das MDK-Gutachten vom 15. September 2008 und dem darin festgestellten Zeitaufwand für die Grundpflege von lediglich 5 Minuten keine Hilflosigkeit nach dem Sozialen Entschädigungsrecht angenommen worden war, da dies einen tagesdurchschnittlichen Zeitbedarf von 120 Minuten erfordere, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 8. Dezember 2008 (Bl. 1734 der OEG-Akte) eine Pflegezulage ab. Es liege keine Hilflosigkeit im Sinne von § 35 Abs. 1 BVG vor.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde nach zwischenzeitlichem Ruhen des Verfahrens mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2013 zurückgewiesen, da der Klägerin auch weder das Merkzeichen H noch Pflegestufe II zuerkannt worden seien.
Am 27. Februar 2013 hat die Klägerin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Sie hat zur Begründung angeführt, dass ihr bereits im Jahr 1992 eine Pflegestufe hätte bewilligt werden müssen. Außerdem dürfe nicht nur ihre Pflegestufe I maßgeblich sein. Ihre Betreuung liege bei über zwei Stunden am Tag. Insgesamt sei der Umfang der Hilfe bei den Verrichtungen An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme, Körperpflege und Toilette erheblich. Auch die hauswirtschaftliche Versorgung sei erheblichst.
Der Beklagte hat erwidert, dass hauswirtschaftliche Verrichtungen unberücksichtigt bleiben müssten.
Nach mündlicher Verhandlung hat das SG mit Urteil vom 20. November 2013, der Klägerin zugestellt am 4. Dezember 2013, die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht hilflos. Unter anderem sei sie bei Klageeinreichung und den späteren Vorsprachen im Klage- und den Parallelverfahren nicht mit einem Rollstuhl erschienen. Sie fahre noch einen eigenen PKW und das Merkzeichen H sei nicht zuerkannt.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2013 hat die Klägerin beim SG Berufung eingelegt. Sie gibt an, dass sie die Pflegezulage seit 1991 verlange. Die Pflegestufe I sei ihr ungerechtfertigt erst im Jahr 2010 zugebilligt worden, sie müsste aber schon seit 1991 bestehen. Von der Pflegezulage werde auch das Spazierengehen abgedeckt, was ihr Sohn die ganzen Jahre über tue. Auch sei die Haushaltsführung unberücksichtigt. Ihr Sohn komme als Pflegeperson zwei- bis dreimal wöchentlich zu ihr. Ihr PKW, mit dem sie zu Ärzten etc. fahre, habe weder Automatik noch Servolenkung.
Sie beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. November 2013 und den Bescheid vom 8. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr eine Pflegezulage im gesetzlichen Umfang nach dem Opferentschädigungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz ab dem 1. Januar 1991 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Den Beteiligten wurde vom Senat mehrfach (vgl. u.a. mit gerichtlichen Schreiben vom 23. Februar 2016, 2. September 2016, 23. und 30. November 2011 sowie in der mündlichen Verhandlung am 17. November 2016 im Verfahren L 6 VG 121/14) angekündigt, durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des Beklagten sowie der Gerichtsakten des SG S 3 V 344/97, S 4 VG 3076/99 ER, S 4 VG 3359/99, S 4 VG 328/01, S 4 VG 495/01, S 4 VG 4110/04, S 4 VG 404/08, S 4 VG 308/09, S 4 VG 1590/09, S 4 VG 2852/09, S 10 VG 732/13, S 10 VG 733/13 sowie des LSG Baden-Württemberg L 11 VG 2026/99, L 11 VG 4364/02, L 6 VG 1162/10, L 6 VG 1362/10, L 6 VG 2/11 und L 6 VG 52/12, L 6 VG 121/14 und die Prozessakte L 6 VG 184/14 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, weil die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser Verfahrensweise gegeben worden. Ein Einverständnis der Beteiligten mit dieser Vorgehensweise ist nicht erforderlich.
Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§§ 143, 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 8. Dezember 2008 und der Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2013 sind rechtmäßig. Denn der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin eine Pflegezulage zu gewähren.
Materiellrechtlich richtet sich das Begehren der Klägerin nach § 1 OEG in Verbindung mit § 35 BVG. Danach erhält derjenige, der im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 OEG).
Nach § 35 Abs. 1 BVG wird Beschädigten, die hilflos sind, weil sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen, eine Pflegezulage von monatlich derzeit 305 EUR (Stufe I) gezahlt. In den davor geltenden einschlägigen Fassungen des § 35 BVG wurden entsprechend niedrigere Beträge für die Pflegezulage festgesetzt.
Der vom Gesetz geforderte Hilfebedarf liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) stets dann vor, wenn sein Umfang mindestens zwei Stunden täglich erreicht. Nicht hilflos ist, wer nur in relativ geringem Umfange, täglich etwa eine Stunde, auf fremde Hilfe angewiesen ist (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 1997 - 9 RV 8/96 -, juris, Rz. 23). Bei einem täglichen Zeitaufwand für fremde Hilfe zwischen einer und zwei Stunden ist Hilflosigkeit dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege wegen der Zahl der Verrichtungen bzw. ungünstiger zeitlicher Verteilung der Hilfeleistungen besonders hoch ist (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002 – B 9 V 3/01 R –, BSGE 90, 185-189, SozR 3-3100 § 35 Nr. 12, juris, Rz. 26).
Zu den von § 35 Abs. 1 BVG erfassten Verrichtungen zählt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002, a.a.O., juris, Rz. 18; Urteil vom 2. Juli 1997 - 9 RV 19/95 -, SozR 3-3100 § 35 Nr. 6) nicht der Hilfebedarf bei hauswirtschaftlichen Verrichtungen. Solche Verrichtungen haben für die Beurteilung, ob bei der Klägerin Hilflosigkeit vorliegt, deshalb außer Betracht zu bleiben. Bei den zu berücksichtigenden Verrichtungen handelt es sich um solche, die im Ablauf des täglichen Lebens unmittelbar zur Wartung, Pflege und Befriedigung wesentlicher Bedürfnisse des Betroffenen gehören sowie häufig und regelmäßig wiederkehren. Dazu zählen zunächst die auch von der Pflegeversicherung (vgl. § 14 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI) erfassten Bereiche der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentleerung), Ernährung (mundgerechtes Zubereiten und Aufnahme der Nahrung) und Mobilität (Aufstehen, Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung). Hinzu kommen nach der Rechtsprechung des BSG Maßnahmen zur psychischen Erholung, geistige Anregungen und Kommunikation (Sehen, Hören, Sprechen und Fähigkeit zu Interaktionen - BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002, a.a.O, juris, Rz. 18).
Diese Rechtsprechung ist inzwischen auch in der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) am 10. Dezember 2008, in Kraft getreten am 1. Januar 2009, aufgegangen. Alle Einzelheiten der Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit werden dabei in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV geregelt. Der Vorordnungsgeber, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch, hat insoweit von der Ermächtigung in § 30 Abs. 16 BVG Gebrauch gemacht.
Da der Klägerin erst ab 1. April 1996 vom Beklagten eine Versorgungsrente bewilligt und sie damit als Beschädigte (vgl. hierzu § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG) anerkannt worden ist, kommt allenfalls eine Pflegezulage ab diesem Zeitpunkt in Betracht kommt. Seit dieser Zeit ist § 35 Abs. 1 BVG mehrfach neu gefasst worden. Der Maßstab für den Inhalt des Begriffs "hilflos" hat sich dadurch jedoch nicht geändert (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002, a.a.O., juris, Rz. 17).
Die Klägerin ist seit April 1996 nach Überzeugung des Senats nicht hilflos im Sinne der genannten Vorschriften. Hierbei stützt sich der Senat vor allem auf die Pflegegutachten des MDK, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet wurden. Im Jahr 2008 war der Hilfebedarf mit täglich 5 Minuten sehr gering und alleine auf die Aufforderung zur Körperpflege sowie die Aufforderung zum Essen wegen ihrer Essstörungen beschränkt. Die Klägerin konnte sich damals im Wesentlichen um sich selbst kümmern. Ein Pflegedefizit wurde in dem Gutachten ausdrücklich verneint, obwohl die auswärts wohnende Pflegeperson, der Sohn der Klägerin, nur maximal zwei- bis dreimal wöchentlich - mit zum Teil wochenlangen Unterbrechungen wegen Auslandsaufenthalten - zur Unterstützung der Ganzkörperpflege und zur gelegentlichen Begleitung bei Arztterminen gekommen ist (vgl. MDK-Gutachten vom 15. September 2008). In den Folgejahren erhöhte sich der Pflegebedarf zwar, ist aber mit nun 66 Minuten pro Tag im Bereich der Grundpflege weiterhin moderat (vgl. MDK-Gutachten vom 26. Juni 2012). Die Klägerin kann noch alleine Aufstehen und Zubettgehen, sowie von Stühlen und dem WC Aufstehen bzw. sich Hinsetzen, auch kurzeitiges Stehen und die Fortbewegung mit dem Rollstuhl gelingen ihr danach noch selbständig. Gleiches gilt für das Essen und Trinken; sie nimmt meist selbst angerührte Sondenkost zu sich. Der Pflegebedarf bezieht sich bei der Klägerin hauptsächlich auf den Bereich der Körperpflege. Insbesondere beim Baden und bei der Ganzkörperwäsche benötigt sie (teilweise) Hilfe. Insgesamt erreicht die Klägerin danach nach Überzeugung des Senats die Voraussetzungen für den geforderten Hilfebedarf von mindestens zwei Stunden täglich deutlich nicht. Hilfe des Sohnes bei der hauswirtschaftlichen Versorgung (z.B. Einkaufen, Kochen, Putzen) hat dabei nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 10. Dezember 2002, a.a.O.) und nach VG, Teil A, Nr. 4d unberücksichtigt zu bleiben.
Im Hinblick auf den Umstand, dass die Klägerin weiterhin selbständig mit ihrem PKW (ohne Servolenkung und mit Schaltgetriebe) fährt und damit Ärzte und ihren Garten alleine aufsuchen kann und aufsucht, von ihrem Sohn vor allem nur bei der Essenszubereitung unterstützt wird (vgl. Gutachten von Prof. Dr. E. vom 1. April 2016 aus dem Verfahren L 6 VG 121/14), sie weiter in der Lage ist, etwa ohne Rollstuhl an das SG bei Klageeinreichung und weiteren Vorsprachen heranzutreten und von der Pflegekasse nach wie vor nur Leistungen nach der Pflegestufe I erhält, ist der Senat davon überzeugt, dass seit dem letzten MDK-Gutachten aus dem Jahr 2012 keine relevante Erhöhung des Hilfebedarfes eingetreten ist.
Maßnahmen, die bei der Pflegezulage, nicht jedoch bei der Pflegeversicherung Berücksichtigung finden, nämlich solche zur psychischen Erholung, geistigen Anregungen und Kommunikation (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002, a.a.O., juris, Rz. 18; VG, Teil A, Nr. 4 c), sind bei der Klägerin nicht notwendig bzw. erhöhen den Hilfebedarf nicht relevant. Die Klägerin ist, wovon sich der Senat bei der mündlichen Verhandlung am 17. November 2016 und anhand der Vielzahl von Anrufen auf der Geschäftsstelle und von Schriftsätzen (alleine im November 2016 sind die teilweise mehrseitigen Schreiben der Klägerin vom 8., 10., 13., 18., 20., 20., 22., 23., 24., 26. und 27. bei Gericht eingegangen) überzeugen konnte, zu einer eigenständigen Kommunikation ohne weiteres in der Lage und führt diese auch durch - nicht nur mit dem Gericht, sondern vor allem auch mit Behörden, Rechtsanwälten, Ärzten (vgl. Attest Dr. K. vom 24. Juni 2013, Bl. 123 LSG-Akte) und ihrem Sohn. Von fehlender geistiger Anregung zeugen ihre Schriftsätze und Äußerungen ebenfalls deutlich nicht. Und selbst wenn man nun die vorgebrachten Spaziergänge der Klägerin mit ihrem Sohn als erforderliche Maßnahme der psychischen Erholung mitberücksichtigen wollte, führen jene nicht zum Überschreiten der Zweistundengrenze, da der Sohn, der inzwischen in der Schweiz lebt (vgl. Schreiben der Klägerin vom 31. Dezember 2014, Bl. 201 der LSG-Akte), allenfalls zwei- bis dreimal wöchentlich, vor allem an Wochenenden, die Klägerin besucht und so selbst drei längere, einstündige Spaziergänge umgerechnet den Hilfebedarf nur um 25 Minuten pro Tag (= 180 Minuten / 7 Tage) erhöhen würden.
Die Erheblichkeit des Hilfebedarfs ergibt sich auch nicht aus weiteren Umständen. Nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung ist nicht allein auf den zeitlichen Betreuungsaufwand abzustellen. Es sind bei der Beurteilung der Erheblichkeit des Hilfebedarfs auch die weiteren Umstände der Hilfeleistung, insbesondere der wirtschaftliche Wert der Leistung und die körperliche und psychische Belastung der Pflegeperson zu berücksichtigen. Bei einem täglichen Zeitaufwand für fremde Hilfe zwischen einer und zwei Stunden ist Hilflosigkeit dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege besonders hoch ist (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2003 – B 9 SB 1/02 R –, juris, Rz. 18; Urteil vom 10. Dezember 2002, a.a.O., juris, Rz. 26).
Hier ist der wirtschaftliche Wert der Hilfeleistung als nicht besonders hoch einzustufen. Dieser Wert wird wesentlich durch die Zahl und die zeitliche Verteilung der Verrichtungen mitbestimmt, bei denen fremde Hilfe erforderlich ist. Denn eine Hilfsperson kann regelmäßig nur für zusammenhängende Zeitabschnitte, nicht jedoch für einzelne Handreichungen herangezogen bzw. beschäftigt werden (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002 a.a.O., juris, Rz. 26). Vorliegend bleibt die Anzahl der bei der Klägerin erforderlichen Hilfen im Vergleich zu den Verrichtungen, bei denen keine Hilfe erforderlich ist, deutlich zurück. Ferner ergibt sich keine ungünstige Verteilung, da die Unterstützungsbedarfe in der Grundpflege im Wesentlichen auf die Morgen- und Abendstunden verteilt sind. Zudem erfordert der Hilfebedarf keine spezielle medizinische Ausbildung und ist die Hinzuziehung medizinischen Gerätes nicht erforderlich. Daher ist in der Gesamtschau der Wert der Pflege nicht gemäß den Anforderungen als besonders hoch einzuschätzen.
Schließlich liegen bei der Klägerin auch keine schweren Behinderungen vor, bei denen im Allgemeinen ohne nähere Prüfung Hilflosigkeit angenommen werden kann (vgl. VG, Teil A Nr. 4e und f). Sie ist ersichtlich weder blind noch ständig auf einen Rollstuhl angewiesen und auch nicht gehirngeschädigt oder psychotisch mit einem GdS von 100.
Nach alledem sind die Voraussetzungen für eine Pflegezulage nicht erfüllt, und die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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