Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 VG 734/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 185/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. November 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung eines Kinderzuschlags nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Die 1953 geborene Klägerin ist Mutter des 1981 geborenen F ... Er ist ihr einziges Kind. Nach erfolgreichem Schulabschluss studierte er. Er pflegt bzw. unterstützt die Klägerin (vgl. Pflegegutachten vom 26. Juni 2012, Bl. 45 ff. der Akte S 10 VG 733/13 und Bestätigung des Sohnes vom 10. August 2008, Bl. 127 der LSG-Akte).
Die Klägerin beantragte am 14. April 1996 beim Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem OEG in Verbindung mit dem BVG. Sie trug zur Begründung vor, sie leide an schweren Persönlichkeitsstörungen in Folge einer im Juni 1979 durch ihren ehemaligen Ehegatten und dessen Freund erfolgten Vergewaltigung. Nachdem es ihr zunächst gelungen sei, das Erlebte zu verdrängen, habe die am 31. Oktober 1991 erfolgte Operation einer Nasenbeinstückfraktur zu einer psychischen Veränderung geführt. Nach diversen Rechtsstreitigkeiten wurden vom Beklagten als Schädigungsfolge eine posttraumatische Belastungsstörung ab 1. April 1996 und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 vom Hundert (v. H.) festgestellt (vgl. Bescheid vom 11. November 2002) und eine Rente nach dem OEG bewilligt. Wegen besonderer beruflicher Betroffenheit wurde die MdE später auf 60 v. H. ab 1. April 1996 erhöht und die Versorgungsbezüge dementsprechend neu berechnet (vgl. Bescheid vom 26. Mai 2003). Wiederholte (Überprüfungs-) Anträge auf Bewilligung der Versorgungsrente bereits ab Juni 1979 und eine Erhöhung der MdE bzw. des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) blieben auch in Klage- und Berufungsverfahren letztlich erfolglos (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 17. November 2016 - L 6 VG 121/14).
Am 16. Mai 2007 (Bl. 1170 der OEG-Akte) beantragte die Klägerin beim Beklagten neben einer Pflegezulage nach § 35 BVG die Gewährung eines Kinderzuschlags. Sie führte dabei an, dass sie zwar stets Kindergeld bewilligt bekommen habe, dieses jedoch vom Sozialamt mit der Sozialhilfe verrechnet worden sei, was sich erst bei Beginn des Studiums ihres Sohnes geändert hätte. Falls eine Pflegezulage möglich wäre, wolle sie zusätzlich einen Kinderzuschlag.
Nachdem der Beklagte den Anspruch auf eine Pflegezulage verneint hatte (Bescheid vom 8. Dezember 2008), lehnte er auch den Antrag auf Kinderzuschlag nach § 33b BVG ab, da die Klägerin Kindergeld für ihren Sohn bezogen hätte und zudem keinen Anspruch auf Pflegezulage habe (Bescheid vom 8. Januar 2009, Bl. 1774 der OEG-Akte).
Widerspruch, Klage und Berufung auf Gewährung der Pflegezulage blieben in der Folge erfolglos (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2016 - L 6 VG 184/14).
Den Widerspruch gegen die Ablehnung des Kinderzuschlags, der zwischenzeitlich ruhend gestellt war, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2013 (Bl. 2830 der OEG-Akte) mit der zusätzlichen Begründung zurück, dass ein Kinderzuschlag längstens bis zum 27. Lebensjahr des Sohnes in Betracht käme. Dieses sei mit Ablauf des 17. Juni 2008 vollendet gewesen. Ein Verlängerungstatbestand nach § 33b Abs. 4 Satz 4 BVG käme bei F. wohl nicht in Betracht.
Am 27. Februar 2013 hat die Klägerin beim SG Klage erhoben. Sie hat angeführt, dass ihr Sohn früher teilweise in Pflegefamilien und Heimen untergebracht gewesen sei. In dieser Zeit habe sie kein Kindergeld erhalten. Sie verlange den Kinderzuschlag in Verbindung mit der Pflegezulage. Der Kinderzuschlag solle ab der Geburt ihres Sohnes bezahlt werden.
Der Beklagte hat erwidert, dass die Bewilligung eines Kinderzuschlags allenfalls ab April 1996, dem Beginn des Versorgungsbezuges, möglich sei. Es sei davon auszugehen, dass der Träger der Jugendhilfe, als er für den Sohn der Klägerin Leistungen erbracht habe, das Kindergeld auf sich übergeleitet hätte. Ein Anspruch auf Kindergeld hätte damit durchgehend bestanden. Auf eine tatsächliche Auszahlung komme es nicht an.
Nach mündlicher Verhandlung hat das SG mit Urteil vom 20. November 2013, der Klägerin zugestellt am 4. Dezember 2013, die Klage abgewiesen. Der Anspruch der Klägerin auf Kindergeld führe zum Ausschluss eines Anspruchs auf Kinderzuschlag. Ein Kinderzuschlag vor dem 1. April 1996 scheitere bereits daran, dass für den Zeitraum davor die Klägerin mangels entsprechender Feststellung eines Versorgungsanspruches nicht als Beschädigte im Sinne des § 33b BVG anzusehen sei.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2013 hat die Klägerin beim SG Berufung eingelegt. Sie gibt an, dass sie bzw. das Jugendamt zwar durchgehend Kindergeld für ihren Sohn erhalten hätte. Sie halte das Verfahren dennoch aufrecht, soweit der Anspruch von der Pflegezulage abhänge.
Sie beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. November 2013 und den Bescheid vom 8. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Februar 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr einen Kinderzuschlag im gesetzlichen Umfang nach dem Bundesversorgungsgesetz ab dem 18. Juni 1981 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er führt an, dass im maximal bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres des Kindes möglichen Bewilligungszeitraum bei der Klägerin die Voraussetzungen für eine Pflegezulage nicht vorgelegen hätten.
Den Beteiligten wurde vom Senat mehrfach (vgl. u.a. mit gerichtlichen Schreiben vom 23. Februar 2016, 2. September 2016, 23. und 30. November 2011 sowie in der mündlichen Verhandlung am 17. November 2016 im Verfahren L 6 VG 121/14) angekündigt, durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des Beklagten sowie der Gerichtsakten des SG S 3 V 344/97, S 4 VG 3076/99 ER, S 4 VG 3359/99, S 4 VG 328/01, S 4 VG 495/01, S 4 VG 4110/04, S 4 VG 404/08, S 4 VG 308/09, S 4 VG 1590/09, S 4 VG 2852/09, S 10 VG 732/13, S 10 VG 733/13, S 10 VG 734/13 sowie des LSG Baden-Württemberg L 11 VG 2026/99, L 11 VG 4364/02, L 6 VG 1162/10, L 6 VG 1362/10, L 6 VG 2/11 und L 6 VG 52/12, L 6 VG 121/14, L 6 VG 184/14 und die Prozessakte L 6 VG 185/14 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, weil die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser Verfahrensweise gegeben worden. Ein Einverständnis der Beteiligten mit dieser Vorgehensweise ist nicht erforderlich.
Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§§ 143, 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2013 sind rechtmäßig. Denn der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin einen Kinderzuschlag zu gewähren.
Materiellrechtlich richtet sich das Begehren der Klägerin nach § 1 OEG in Verbindung mit § 33b BVG. Danach bekommt derjenige, der im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 OEG).
Nach § 33b BVG erhalten Schwerbeschädigte für jedes Kind einen Kinderzuschlag. Das gilt nicht, wenn für dasselbe Kind Anspruch auf Kindergeld besteht (Abs. 1). Der Kinderzuschlag wird dabei ausnahmsweise über das 27. Lebensjahr hinaus bewilligt, wenn das Kind wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung spätestens bei Vollendung des 27. Lebensjahres außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 33b Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 und Satz 4 BVG in der ab 21. Dezember 2007 gültigen Fassung; die bis zum 20. Dezember 2007 gültige Fassung des § 33b Abs. 4 Satz 2 Buchstabe c BVG ist insoweit gleichlautend). Nach Absatz 6 der Vorschrift schließlich erhalten Empfänger einer Pflegezulage für jedes Kind, für das ihnen nach Absatz 1 kein Kinderzuschlag zusteht, einen Zuschlag in Höhe des gesetzlichen Kindergelds, das für das erste Kind vorgesehen ist.
Zwar ist die Klägerin nach der bestandskräftigen Entscheidung des Beklagten (vgl. Bescheid vom 11. November 2002) mit einer MdE bzw. einem Grad der Schädigungsfolgen von 50 v. H. schwerbeschädigt (vgl. § 31 Abs. 2 BVG). Da sie jedoch für ihren Sohn in der Vergangenheit – wie sie selbst im Berufungsverfahren bestätigt - Anspruch auf Kindergeld hatte, entfällt jedenfalls nach § 33b Abs. 1 Satz 2 BVG der Anspruch auf einen Kinderzuschlag. Die Regelung findet ihre Grundlage darin, das Kindergeld und Kinderzuschlag im Wesentlichen funktionsgleich im Rahmen des Familienlastenausgleichs sind (vgl. Rademacker, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 33b BVG Rz. 1). Dass das Kindergeld nicht immer an die Klägerin selbst, sondern zeitweise etwa während der Heimaufenthalte des Sohnes an das Sozialamt gezahlt wurde, steht dem nicht entgegen, da eine solche Abzweigung (vgl. § 74 Abs. 1 Satz 4 Einkommenssteuergesetz – EStG) lediglich die Auszahlungsmodalität, nicht aber den Anspruch auf Kindergeld betrifft. Für den Ausschluss des Kinderzuschlags nach § 33b Abs. 1 Satz 2 BVG genügt sogar, dass ein Anspruch auf Kindergeld besteht (vgl. Förster, in: Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl. 1992, § 33b BVG, Rz. 17).
Weiter entfällt ein Anspruch der Klägerin auf Kinderzuschlag nach Vollendung des 27. Lebensjahres ihres am 18. Juni 1981 geborenen Sohnes gem. § 31 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 BVG, weil ihr Kind nicht wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Derartige gravierende Behinderungen beim Sohn der Klägerin sind weder ersichtlich noch dargetan. Vielmehr pflegt der studierte Sohn die Klägerin und nicht umgekehrt. Teilweise unterhält ihr Sohn sie sogar (vgl. seine Versicherung vom 22. Juni 2013 Bl. 125 der LSG-Akte), was auch dem Eindruck entspricht-, den der die Klägerin begleitende Sohn in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 17. November 2016 hinterlassen hat.
Ein Anspruch auf Kindergeld nach § 33b Abs. 6 BVG, auf den die Klägerin im Verfahren maßgeblich abstellt, scheitert schließlich daran, dass sie keine Pflegezulage nach dem BVG empfängt. Die Ablehnung ihres diesbezüglichen Antrags durch den Beklagten wurde vom Senat in der Parallelentscheidung vom 5. Dezember 2016 (L 6 VG 184/14) bestätigt. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen.
Nach alledem hat die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung eines Kinderzuschlags nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Die 1953 geborene Klägerin ist Mutter des 1981 geborenen F ... Er ist ihr einziges Kind. Nach erfolgreichem Schulabschluss studierte er. Er pflegt bzw. unterstützt die Klägerin (vgl. Pflegegutachten vom 26. Juni 2012, Bl. 45 ff. der Akte S 10 VG 733/13 und Bestätigung des Sohnes vom 10. August 2008, Bl. 127 der LSG-Akte).
Die Klägerin beantragte am 14. April 1996 beim Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem OEG in Verbindung mit dem BVG. Sie trug zur Begründung vor, sie leide an schweren Persönlichkeitsstörungen in Folge einer im Juni 1979 durch ihren ehemaligen Ehegatten und dessen Freund erfolgten Vergewaltigung. Nachdem es ihr zunächst gelungen sei, das Erlebte zu verdrängen, habe die am 31. Oktober 1991 erfolgte Operation einer Nasenbeinstückfraktur zu einer psychischen Veränderung geführt. Nach diversen Rechtsstreitigkeiten wurden vom Beklagten als Schädigungsfolge eine posttraumatische Belastungsstörung ab 1. April 1996 und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 vom Hundert (v. H.) festgestellt (vgl. Bescheid vom 11. November 2002) und eine Rente nach dem OEG bewilligt. Wegen besonderer beruflicher Betroffenheit wurde die MdE später auf 60 v. H. ab 1. April 1996 erhöht und die Versorgungsbezüge dementsprechend neu berechnet (vgl. Bescheid vom 26. Mai 2003). Wiederholte (Überprüfungs-) Anträge auf Bewilligung der Versorgungsrente bereits ab Juni 1979 und eine Erhöhung der MdE bzw. des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) blieben auch in Klage- und Berufungsverfahren letztlich erfolglos (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 17. November 2016 - L 6 VG 121/14).
Am 16. Mai 2007 (Bl. 1170 der OEG-Akte) beantragte die Klägerin beim Beklagten neben einer Pflegezulage nach § 35 BVG die Gewährung eines Kinderzuschlags. Sie führte dabei an, dass sie zwar stets Kindergeld bewilligt bekommen habe, dieses jedoch vom Sozialamt mit der Sozialhilfe verrechnet worden sei, was sich erst bei Beginn des Studiums ihres Sohnes geändert hätte. Falls eine Pflegezulage möglich wäre, wolle sie zusätzlich einen Kinderzuschlag.
Nachdem der Beklagte den Anspruch auf eine Pflegezulage verneint hatte (Bescheid vom 8. Dezember 2008), lehnte er auch den Antrag auf Kinderzuschlag nach § 33b BVG ab, da die Klägerin Kindergeld für ihren Sohn bezogen hätte und zudem keinen Anspruch auf Pflegezulage habe (Bescheid vom 8. Januar 2009, Bl. 1774 der OEG-Akte).
Widerspruch, Klage und Berufung auf Gewährung der Pflegezulage blieben in der Folge erfolglos (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2016 - L 6 VG 184/14).
Den Widerspruch gegen die Ablehnung des Kinderzuschlags, der zwischenzeitlich ruhend gestellt war, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2013 (Bl. 2830 der OEG-Akte) mit der zusätzlichen Begründung zurück, dass ein Kinderzuschlag längstens bis zum 27. Lebensjahr des Sohnes in Betracht käme. Dieses sei mit Ablauf des 17. Juni 2008 vollendet gewesen. Ein Verlängerungstatbestand nach § 33b Abs. 4 Satz 4 BVG käme bei F. wohl nicht in Betracht.
Am 27. Februar 2013 hat die Klägerin beim SG Klage erhoben. Sie hat angeführt, dass ihr Sohn früher teilweise in Pflegefamilien und Heimen untergebracht gewesen sei. In dieser Zeit habe sie kein Kindergeld erhalten. Sie verlange den Kinderzuschlag in Verbindung mit der Pflegezulage. Der Kinderzuschlag solle ab der Geburt ihres Sohnes bezahlt werden.
Der Beklagte hat erwidert, dass die Bewilligung eines Kinderzuschlags allenfalls ab April 1996, dem Beginn des Versorgungsbezuges, möglich sei. Es sei davon auszugehen, dass der Träger der Jugendhilfe, als er für den Sohn der Klägerin Leistungen erbracht habe, das Kindergeld auf sich übergeleitet hätte. Ein Anspruch auf Kindergeld hätte damit durchgehend bestanden. Auf eine tatsächliche Auszahlung komme es nicht an.
Nach mündlicher Verhandlung hat das SG mit Urteil vom 20. November 2013, der Klägerin zugestellt am 4. Dezember 2013, die Klage abgewiesen. Der Anspruch der Klägerin auf Kindergeld führe zum Ausschluss eines Anspruchs auf Kinderzuschlag. Ein Kinderzuschlag vor dem 1. April 1996 scheitere bereits daran, dass für den Zeitraum davor die Klägerin mangels entsprechender Feststellung eines Versorgungsanspruches nicht als Beschädigte im Sinne des § 33b BVG anzusehen sei.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2013 hat die Klägerin beim SG Berufung eingelegt. Sie gibt an, dass sie bzw. das Jugendamt zwar durchgehend Kindergeld für ihren Sohn erhalten hätte. Sie halte das Verfahren dennoch aufrecht, soweit der Anspruch von der Pflegezulage abhänge.
Sie beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. November 2013 und den Bescheid vom 8. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Februar 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr einen Kinderzuschlag im gesetzlichen Umfang nach dem Bundesversorgungsgesetz ab dem 18. Juni 1981 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er führt an, dass im maximal bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres des Kindes möglichen Bewilligungszeitraum bei der Klägerin die Voraussetzungen für eine Pflegezulage nicht vorgelegen hätten.
Den Beteiligten wurde vom Senat mehrfach (vgl. u.a. mit gerichtlichen Schreiben vom 23. Februar 2016, 2. September 2016, 23. und 30. November 2011 sowie in der mündlichen Verhandlung am 17. November 2016 im Verfahren L 6 VG 121/14) angekündigt, durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des Beklagten sowie der Gerichtsakten des SG S 3 V 344/97, S 4 VG 3076/99 ER, S 4 VG 3359/99, S 4 VG 328/01, S 4 VG 495/01, S 4 VG 4110/04, S 4 VG 404/08, S 4 VG 308/09, S 4 VG 1590/09, S 4 VG 2852/09, S 10 VG 732/13, S 10 VG 733/13, S 10 VG 734/13 sowie des LSG Baden-Württemberg L 11 VG 2026/99, L 11 VG 4364/02, L 6 VG 1162/10, L 6 VG 1362/10, L 6 VG 2/11 und L 6 VG 52/12, L 6 VG 121/14, L 6 VG 184/14 und die Prozessakte L 6 VG 185/14 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, weil die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser Verfahrensweise gegeben worden. Ein Einverständnis der Beteiligten mit dieser Vorgehensweise ist nicht erforderlich.
Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§§ 143, 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 8. Januar 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2013 sind rechtmäßig. Denn der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin einen Kinderzuschlag zu gewähren.
Materiellrechtlich richtet sich das Begehren der Klägerin nach § 1 OEG in Verbindung mit § 33b BVG. Danach bekommt derjenige, der im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 OEG).
Nach § 33b BVG erhalten Schwerbeschädigte für jedes Kind einen Kinderzuschlag. Das gilt nicht, wenn für dasselbe Kind Anspruch auf Kindergeld besteht (Abs. 1). Der Kinderzuschlag wird dabei ausnahmsweise über das 27. Lebensjahr hinaus bewilligt, wenn das Kind wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung spätestens bei Vollendung des 27. Lebensjahres außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 33b Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 und Satz 4 BVG in der ab 21. Dezember 2007 gültigen Fassung; die bis zum 20. Dezember 2007 gültige Fassung des § 33b Abs. 4 Satz 2 Buchstabe c BVG ist insoweit gleichlautend). Nach Absatz 6 der Vorschrift schließlich erhalten Empfänger einer Pflegezulage für jedes Kind, für das ihnen nach Absatz 1 kein Kinderzuschlag zusteht, einen Zuschlag in Höhe des gesetzlichen Kindergelds, das für das erste Kind vorgesehen ist.
Zwar ist die Klägerin nach der bestandskräftigen Entscheidung des Beklagten (vgl. Bescheid vom 11. November 2002) mit einer MdE bzw. einem Grad der Schädigungsfolgen von 50 v. H. schwerbeschädigt (vgl. § 31 Abs. 2 BVG). Da sie jedoch für ihren Sohn in der Vergangenheit – wie sie selbst im Berufungsverfahren bestätigt - Anspruch auf Kindergeld hatte, entfällt jedenfalls nach § 33b Abs. 1 Satz 2 BVG der Anspruch auf einen Kinderzuschlag. Die Regelung findet ihre Grundlage darin, das Kindergeld und Kinderzuschlag im Wesentlichen funktionsgleich im Rahmen des Familienlastenausgleichs sind (vgl. Rademacker, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 33b BVG Rz. 1). Dass das Kindergeld nicht immer an die Klägerin selbst, sondern zeitweise etwa während der Heimaufenthalte des Sohnes an das Sozialamt gezahlt wurde, steht dem nicht entgegen, da eine solche Abzweigung (vgl. § 74 Abs. 1 Satz 4 Einkommenssteuergesetz – EStG) lediglich die Auszahlungsmodalität, nicht aber den Anspruch auf Kindergeld betrifft. Für den Ausschluss des Kinderzuschlags nach § 33b Abs. 1 Satz 2 BVG genügt sogar, dass ein Anspruch auf Kindergeld besteht (vgl. Förster, in: Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl. 1992, § 33b BVG, Rz. 17).
Weiter entfällt ein Anspruch der Klägerin auf Kinderzuschlag nach Vollendung des 27. Lebensjahres ihres am 18. Juni 1981 geborenen Sohnes gem. § 31 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 BVG, weil ihr Kind nicht wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Derartige gravierende Behinderungen beim Sohn der Klägerin sind weder ersichtlich noch dargetan. Vielmehr pflegt der studierte Sohn die Klägerin und nicht umgekehrt. Teilweise unterhält ihr Sohn sie sogar (vgl. seine Versicherung vom 22. Juni 2013 Bl. 125 der LSG-Akte), was auch dem Eindruck entspricht-, den der die Klägerin begleitende Sohn in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 17. November 2016 hinterlassen hat.
Ein Anspruch auf Kindergeld nach § 33b Abs. 6 BVG, auf den die Klägerin im Verfahren maßgeblich abstellt, scheitert schließlich daran, dass sie keine Pflegezulage nach dem BVG empfängt. Die Ablehnung ihres diesbezüglichen Antrags durch den Beklagten wurde vom Senat in der Parallelentscheidung vom 5. Dezember 2016 (L 6 VG 184/14) bestätigt. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen.
Nach alledem hat die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) nicht vorliegen.
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