Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 3521/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4594/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 15.11.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zum wiederholten Mal die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung eines Elektrorollstuhls. Außerdem macht sie die Erstattung nicht näher konkretisierter Fahrkosten geltend.
Die 1965 geborene Antragstellerin ist seit 01.10.2009 bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Sie leidet an diabetischer Polyneuropathie und Retinopathie. Bei ihr ist ein Grad der Behinderung von 100 vH anerkannt sowie seit 2004 das Merkzeichen "G" und seit 2006 zusätzlich das Merkzeichen "B". Sie bezieht Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.
Erstmals im Jahr 2012 beantragte sie bei der Antragsgegnerin die Zurverfügungstellung eines Elektrorollstuhls, was die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 17.10.2012 ablehnte, nachdem der behandelnde Augenarzt Dr. M. mitgeteilt hatte, dass die Antragstellerin fast blind sei und auf keinen Fall in die Nähe eines Fahrzeugs kommen dürfe und der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) im Gutachten vom 25.04.2012 ausgeführt hatte, dass wegen der hochgradigen Sehbeeinträchtigung erhebliche Zweifel an der Eignung zur Teilhabe am Straßenverkehr bestehe. Nachdem die Antragsgegnerin der Antragstellerin einen Leichtgewichtrollstuhl bewilligt hatte, nahm die Antragstellerin ihren Widerspruch gegen den Bescheid vom 17.10.2012 zurück.
Einen ersten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Freiburg (SG), gerichtet auf Kostenübernahme für einen Elektrorollstuhl lehnte das SG mit Beschluss vom 02.05.2013 ab. Die hiergegen zum Landessozialgericht Baden-Württemberg erhobene Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 20.06.2013 (L 11 KR 2260/13 ER-B) zurück.
Unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung des Internisten Dr. K. vom 07.12.2015 (Bl 9 Verwaltungsakte) beantragte die Antragstellerin erneut die Übernahme der Kosten für einen Elektrorollstuhl.
Auf Nachfrage der Antragsgegnerin teilte Dr. K. unter dem 18.02.2016 (Bl 11 Verwaltungsakte) ua mit, dass eine schwere Sehstörung bestehe, die Antragstellerin gleichwohl in der Lage sei, einen Elektrorollstuhl im Straßenverkehr zu führen.
Mit Bescheid vom 17.03.2016 lehnte die Antragsgegnerin die Kostenübernahme für einen Elektrorollstuhl ab. Hinsichtlich der eingeschränkten Sehfähigkeit und damit der fehlenden Eignung für die Teilnahme am Straßenverkehr habe sich keine Änderung ergeben.
Hiergegen erhob die Antragstellerin am 04.04.2016 Widerspruch. Die Antragsgegnerin habe die ärztliche Verordnung vom 07.12.2015 zu beachten. Den Elektrorollstuhl benötige sie nicht nur als Hilfsmittel sondern auch zur Sicherstellung der Teilhabe am öffentlichen und gesellschaftlichen Leben. Über den Widerspruch hat die Antragsgegnerin noch nicht entschieden.
Am 06.09.2016 hat die Antragstellerin beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie verfüge zwar über einen Leichtgewichtsrollstuhl sowie einen Rollator; diese Hilfsmittel seien aber nicht ausreichend, ihre Teilhabe auch am Leben in der Gesellschaft zu sichern. Derzeit erstrebe sie wegen wiederkehrender Netzhauteinblutungen, vom Versorgungsamt das Merkzeichen "BL" zuerkannt zu bekommen (Bl. 22 SG-Akte). Die Antragsgegnerin sei an die ärztliche Verordnung des Internisten Dr. K. gebunden.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten und hat eine Stellungnahme des MDK vom 06.10.2016 vorgelegt, die den Elektrorollstuhl wegen fraglicher Verkehrstauglichkeit nicht empfohlen hat. Die Antragstellerin hat auf das Verfahren aus dem Jahr 2012/2013 Bezug genommen und auf die seinerzeit festgestellte hochgradige Sehbeeinträchtigung hingewiesen. Was die Fahrkosten angehe, würden diese bei Vorlage einer ärztlichen Verordnung geprüft und ggf übernommen.
Auf eine Nachfrage des SG, ob und ggf welche Änderungen der Augenerkrankung seit dem Jahr 2012 eingetreten seien und welche konkreten Fahrkosten geltend gemacht würden und ob ärztliche Verordnungen vorgelegt werden könnten, hat die Antragstellerin nicht reagiert.
Mit Beschluss vom 15.11.2016 hat das SG den Antrag abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch auf Kostenübernahme des begehrten Elektrorollstuhls bestehe nicht. Dies sei wegen der bestehenden hochgradigen Sehbeeinträchtigung kein erforderliches Hilfsmittel. Soweit die Antragstellerin sinngemäß die Erstattung von Fahrkosten geltend mache, fehle es jedenfalls am Anordnungsgrund.
Gegen den ihr am 19.11.2016 mit Postzustellungsurkunde zugestellten Beschluss des SG hat die Antragstellerin am 08.12.2016 beim SG Beschwerde eingelegt, welche dem Landessozialgericht am 12.12.2016 vorgelegt worden ist.
Zur Begründung der Beschwerde hat die Antragstellerin ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Der Elektrorollstuhl sei ein geeignetes und erforderliches Hilfsmittel. Außerdem habe die Antragsgegnerin für Fahrkosten zu ärztlichen Behandlungen aufzukommen. Das Gericht solle insoweit eine "sofortige dauerhafte Bewilligung" aussprechen und direkt an ihre behandelnden Ärzte faxen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß
den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 15.11.2016 aufzuheben und die Antrag- stellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihr einen Elektroroll- stuhl zur Verfügung zu stellen sowie Fahrkosten zu ambulanten, auch zukünftigen, Be- handlungen zu erstatten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 173 SGG) und auch ansonsten nach § 172 SGG statthafte Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag zu Recht abgelehnt. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung eines Elektrorollstuhls als Sachleistung. Was den geltend gemachten Anspruch auf Fahrkosten angeht, fehlt sowohl an der Konkretisierung des Anspruchs als auch an der Eilbedürftigkeit.
Nach § 86b Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend begehrt die Antragstellerin die Zurverfügungstellung eines Elektrorollstuhls als Sachleistung der GKV sowie die Erstattung nicht näher konkretisierter Fahrkosten zu ambulanten ärztlichen Behandlungen. Damit richtet sich die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes auf den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG.
Dies verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 der Zivilprozessordnung). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, 1 BvR 569/05, Breith 2005, 803). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist ihnen allerdings in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung für den Antragsteller geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Sie haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (vgl BVerfG [Kammer], 29.07.2003, 2 BvR 311/03, BVerfGK 1, 292, 296; 22.11.2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S 1236 f). Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, aaO, mwN); die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl BVerfG [Kammer], 22.11.2002, aaO, S 1237; 29.11.2007, 1 BvR 2496/07, NZS 2008, 365).
Ein Anordnungsanspruch auf Zurverfügungstellung eines Elektrorollstuhls als Sachleistung besteht nicht, weder gegen die Antragsgegnerin noch gegen den SGB-XII-Träger, weshalb auf dessen Beiladung verzichtet werden konnte.
Die Antragsgegnerin ist nach § 14 SGB IX zuständiger Reha-Träger, denn sie hat den Antrag der Antragstellerin vom Dezember 2015 unter Vorlage der ärztlichen Verordnung des Dr. K. vom 07.12.2015 auf Rehabilitationsleistungen nicht innerhalb der Fristen des § 14 SGB IX weitergeleitet (vgl BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40, SozR 4-3250 § 14 Nr 19).
Versicherte haben nach § 33 Abs 1 S 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Zum Behinderungsausgleich in dem von der GKV abzudeckenden Bereich der medizinischen Rehabilitation (§ 33 Abs 1 Satz 1, 3. Variante SGB V) ist der Elektrorollstuhl mangels Geeignetheit nicht erforderlich. Ausweislich des Attestes des Dr. M. vom 06.10.2012 ist die Klägerin wegen der hochgradigen Sehbeeinträchtigung nicht straßenverkehrstauglich. Hieran hat sich ersichtlich nichts geändert, wenn Dr. K. unter dem 18.02.2016 auf die schwere Sehstörung hinweist und die Antragstellerin selbst mitteilt, sie sei aktuell bestrebt, wegen wiederkehrender Netzhauteinblutungen vom Versorgungsamt das Merkzeichen "BL" zuerkannt zu erhalten. Angesichts dessen, sind die Ausführungen Dr. K., ein Elektrorollstuhl könne sicher im Straßenverkehr geführt werden, für den Senat nicht nachvollziehbar. Im Übrigen werden mit dem von der Antragstellerin die nach dem SGB V maßgeblichen Versorgungsziele, für die Krankenkassen im Bereich der Mobilitätshilfen aufzukommen haben, bereits durch die Zurverfügungstellung des Leichtgewichtsrollstuhls ausreichend abgedeckt (vgl BSG 18.05.2011, B 3 KR 10/10 R, Behindertenrecht 2012, 145 (Sportrollstuhl)). Aufgabe der GKV ist allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (vgl zB § 5 Nr 2 SGB IX: Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder § 5 Nr 4 SGB IX: Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft; vgl. Senatsurteil vom 21.03.2016, L 11 KR 3259/15).
Die Antragsgegnerin ist auch nicht nach dem Leistungsrecht eines anderen Rehabilitationsträgers zur Gewährung des begehrten Sportrollstuhls verpflichtet. Allerdings hat der Antragsgegnerin nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX als erstangegangenem Rehabilitationsträger die Prüfung aller weiter in Betracht zu ziehenden rehabilitationsrechtlichen Anspruchsgrundlagen. Sie hätte aufgrund des Vorbringens der Klägerin prüfen müssen, ob der schnellere Rollstuhl als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII zur Verfügung zu stellen ist (BSG 12.12.2013, B 8 SO 18/12 R, FEVS 66, 5; BSG 14.05.2014, B 11 AL 6/13 R, SozR 4-3500 § 14 Nr 1). Denn der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger verliert im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine originäre Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die Antragsgegnerin) eine iS von § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Eine so begründete Zuständigkeit der Krankenkasse nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zum Versicherten auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind (vgl BSGE 93, 283, SozR 4-3250 § 14 Nr 1; BSGE 98, 267, SozR 4-3250 § 14 Nr 4). Zuständig ist also derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist, hier die Antragsgegnerin.
Im Ergebnis ist die Entscheidung der Antragsgegnerin indes auch unter Berücksichtigung von § 14 Abs 2 S 1 SGB IX nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung des gewünschten Elektrorollstuhls als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII, weshalb der Senat auf die Beiladung des SGB-XII-Trägers verzichten konnte (vgl Senatsurteil vom 09.05.2006, L 11 KR 5004/05, juris). Nach § 53 Abs 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Nach § 53 Abs 3 SGB XII ist es besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Nach § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX gehört zu den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft insbesondere die Versorgung mit Hilfsmitteln, die nicht bereits durch die Versorgung mit Körperersatzstücken sowie orthopädischen und anderen Hilfsmitteln nach § 31 SGB IX oder durch die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX erfasst sind. Andere Hilfsmittel oder Hilfen sind danach solche, die über eine medizinische Zweckbestimmung hinausreichen und zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mängel und Einschränkungen beitragen (vgl BSG 19.05.2009, B 8 SO 32/07 R, BSGE 103, 171, Behindertenrecht 2010, 108). Jedoch gilt auch insoweit, dass der Elektrorollstuhl wegen der bestehenden hochgradigen Sehbeeinträchtigung kein erforderliches und geeignetes Hilfsmittel ist.
Auch aus der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ergibt sich vorliegend kein Anspruch der Klägerin auf die Zurverfügungstellung des begehrten Elektrorollstuhls. Die UN-BRK steht im Rang eines Bundesgesetzes und ist als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte heranzuziehen, insbesondere auch des Art 3 Abs 3 S 2 GG, denn das unmittelbar anwendbare UN-konventionsrechtliche Diskriminierungsverbot entspricht dem verfassungsrechtlichen Benachteiligungsverbot behinderter Menschen (eingehend zum Ganzen BSG 06.03.2012, B 1 KR 10/11 R, BSGE 110, 194, SozR 4-1100 Art 3 Nr 69 Rn 31 mwN). Art 20 UN-BRK, der von den Vertragsstaaten wirksame Maßnahmen verlangt, um für Menschen mit Behinderungen persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit sicherzustellen, ist keine unmittelbare Anspruchsgrundlage, denn die Norm ist nicht derart hinreichend bestimmt, dass sie den Sozialleistungsträgern unmittelbar angewandt werden könnte ("non-self-executing", vgl dazu BSG 18.05.2011, B 3 KR 10/10 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 35 Rn 19; 02.09.2014, B 1 KR 12/13 R, juris Rn 22 f). Verlangt wird von Art 20 UN-BRK, dass die Vertragsstaaten die persönliche Mobilität von Menschen mit Behinderungen in der Art und Weise und zum Zeitpunkt ihrer Wahl und zu erschwinglichen Kosten erleichtern sollen. Dies ist im vorliegenden Fall durch den vorhandenen Rollstuhl und die Möglichkeit, Krankentransporte in Anspruch zu nehmen, in den wesentlichen Punkten abgedeckt. Weitergehende Ansprüche auf ein bestimmtes gewünschtes Hilfsmittel unter Umgehung vorhandener Möglichkeiten ergeben sich aus der UN-BRK im konkreten Einzelfall nicht. Auch eine Auslegung der §§ 53 ff SGB XII, 55 SGB IX im Licht der UN-BRK führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Versorgung mit Hilfsmitteln und technischen Hilfen nach dem SGB IX, soweit sie geeignet und erforderlich sind, die Behinderung auszugleichen, unterstützt bereits die möglichst weitgehende Selbstständigkeit und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen und erfüllt damit die von der UN-BRK vorgegebenen Zwecke (vgl BSG 18.05.2011, B 3 KR 10/10 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 35 Rn 19 und speziell zu Art 20 UN-BRK BT-Drucks 16/10808, S 55).
Soweit die Antragstellerin allgemein die Erstattung von Fahrkosten für die Vergangenheit und für die Zukunft beantragt, sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Die Krankenkasse übernimmt nach den § 60 Abs. 2 und 3 SGB V die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 SGB V, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall (§ 60 Abs. 1 S. 2 SGB V). Die Krankenkasse übernimmt nach vorheriger Genehmigung auch Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 S. 1 SGB V ergebenden Betrages in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs 1 S. 2 Nr 12 festgelegt hat (§ 60 Abs. 1 S. 3 und 4 SGB V). Die Antragstellerin hat weder ärztliche Verordnungen vorgelegt noch Ort/Zeit der jeweiligen Fahrten sowie die Höhe der Kosten dargelegt. Vor allem aber hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, sie sei nach Vorlage entsprechender Nachweise zur Prüfung der Ansprüche bereit, weshalb die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes mittels eines Eilverfahrens nicht erforderlich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zum wiederholten Mal die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung eines Elektrorollstuhls. Außerdem macht sie die Erstattung nicht näher konkretisierter Fahrkosten geltend.
Die 1965 geborene Antragstellerin ist seit 01.10.2009 bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Sie leidet an diabetischer Polyneuropathie und Retinopathie. Bei ihr ist ein Grad der Behinderung von 100 vH anerkannt sowie seit 2004 das Merkzeichen "G" und seit 2006 zusätzlich das Merkzeichen "B". Sie bezieht Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.
Erstmals im Jahr 2012 beantragte sie bei der Antragsgegnerin die Zurverfügungstellung eines Elektrorollstuhls, was die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 17.10.2012 ablehnte, nachdem der behandelnde Augenarzt Dr. M. mitgeteilt hatte, dass die Antragstellerin fast blind sei und auf keinen Fall in die Nähe eines Fahrzeugs kommen dürfe und der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) im Gutachten vom 25.04.2012 ausgeführt hatte, dass wegen der hochgradigen Sehbeeinträchtigung erhebliche Zweifel an der Eignung zur Teilhabe am Straßenverkehr bestehe. Nachdem die Antragsgegnerin der Antragstellerin einen Leichtgewichtrollstuhl bewilligt hatte, nahm die Antragstellerin ihren Widerspruch gegen den Bescheid vom 17.10.2012 zurück.
Einen ersten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Freiburg (SG), gerichtet auf Kostenübernahme für einen Elektrorollstuhl lehnte das SG mit Beschluss vom 02.05.2013 ab. Die hiergegen zum Landessozialgericht Baden-Württemberg erhobene Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 20.06.2013 (L 11 KR 2260/13 ER-B) zurück.
Unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung des Internisten Dr. K. vom 07.12.2015 (Bl 9 Verwaltungsakte) beantragte die Antragstellerin erneut die Übernahme der Kosten für einen Elektrorollstuhl.
Auf Nachfrage der Antragsgegnerin teilte Dr. K. unter dem 18.02.2016 (Bl 11 Verwaltungsakte) ua mit, dass eine schwere Sehstörung bestehe, die Antragstellerin gleichwohl in der Lage sei, einen Elektrorollstuhl im Straßenverkehr zu führen.
Mit Bescheid vom 17.03.2016 lehnte die Antragsgegnerin die Kostenübernahme für einen Elektrorollstuhl ab. Hinsichtlich der eingeschränkten Sehfähigkeit und damit der fehlenden Eignung für die Teilnahme am Straßenverkehr habe sich keine Änderung ergeben.
Hiergegen erhob die Antragstellerin am 04.04.2016 Widerspruch. Die Antragsgegnerin habe die ärztliche Verordnung vom 07.12.2015 zu beachten. Den Elektrorollstuhl benötige sie nicht nur als Hilfsmittel sondern auch zur Sicherstellung der Teilhabe am öffentlichen und gesellschaftlichen Leben. Über den Widerspruch hat die Antragsgegnerin noch nicht entschieden.
Am 06.09.2016 hat die Antragstellerin beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie verfüge zwar über einen Leichtgewichtsrollstuhl sowie einen Rollator; diese Hilfsmittel seien aber nicht ausreichend, ihre Teilhabe auch am Leben in der Gesellschaft zu sichern. Derzeit erstrebe sie wegen wiederkehrender Netzhauteinblutungen, vom Versorgungsamt das Merkzeichen "BL" zuerkannt zu bekommen (Bl. 22 SG-Akte). Die Antragsgegnerin sei an die ärztliche Verordnung des Internisten Dr. K. gebunden.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten und hat eine Stellungnahme des MDK vom 06.10.2016 vorgelegt, die den Elektrorollstuhl wegen fraglicher Verkehrstauglichkeit nicht empfohlen hat. Die Antragstellerin hat auf das Verfahren aus dem Jahr 2012/2013 Bezug genommen und auf die seinerzeit festgestellte hochgradige Sehbeeinträchtigung hingewiesen. Was die Fahrkosten angehe, würden diese bei Vorlage einer ärztlichen Verordnung geprüft und ggf übernommen.
Auf eine Nachfrage des SG, ob und ggf welche Änderungen der Augenerkrankung seit dem Jahr 2012 eingetreten seien und welche konkreten Fahrkosten geltend gemacht würden und ob ärztliche Verordnungen vorgelegt werden könnten, hat die Antragstellerin nicht reagiert.
Mit Beschluss vom 15.11.2016 hat das SG den Antrag abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch auf Kostenübernahme des begehrten Elektrorollstuhls bestehe nicht. Dies sei wegen der bestehenden hochgradigen Sehbeeinträchtigung kein erforderliches Hilfsmittel. Soweit die Antragstellerin sinngemäß die Erstattung von Fahrkosten geltend mache, fehle es jedenfalls am Anordnungsgrund.
Gegen den ihr am 19.11.2016 mit Postzustellungsurkunde zugestellten Beschluss des SG hat die Antragstellerin am 08.12.2016 beim SG Beschwerde eingelegt, welche dem Landessozialgericht am 12.12.2016 vorgelegt worden ist.
Zur Begründung der Beschwerde hat die Antragstellerin ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Der Elektrorollstuhl sei ein geeignetes und erforderliches Hilfsmittel. Außerdem habe die Antragsgegnerin für Fahrkosten zu ärztlichen Behandlungen aufzukommen. Das Gericht solle insoweit eine "sofortige dauerhafte Bewilligung" aussprechen und direkt an ihre behandelnden Ärzte faxen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß
den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 15.11.2016 aufzuheben und die Antrag- stellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihr einen Elektroroll- stuhl zur Verfügung zu stellen sowie Fahrkosten zu ambulanten, auch zukünftigen, Be- handlungen zu erstatten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 173 SGG) und auch ansonsten nach § 172 SGG statthafte Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag zu Recht abgelehnt. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung eines Elektrorollstuhls als Sachleistung. Was den geltend gemachten Anspruch auf Fahrkosten angeht, fehlt sowohl an der Konkretisierung des Anspruchs als auch an der Eilbedürftigkeit.
Nach § 86b Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend begehrt die Antragstellerin die Zurverfügungstellung eines Elektrorollstuhls als Sachleistung der GKV sowie die Erstattung nicht näher konkretisierter Fahrkosten zu ambulanten ärztlichen Behandlungen. Damit richtet sich die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes auf den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG.
Dies verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 der Zivilprozessordnung). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, 1 BvR 569/05, Breith 2005, 803). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist ihnen allerdings in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung für den Antragsteller geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Sie haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (vgl BVerfG [Kammer], 29.07.2003, 2 BvR 311/03, BVerfGK 1, 292, 296; 22.11.2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S 1236 f). Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, aaO, mwN); die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl BVerfG [Kammer], 22.11.2002, aaO, S 1237; 29.11.2007, 1 BvR 2496/07, NZS 2008, 365).
Ein Anordnungsanspruch auf Zurverfügungstellung eines Elektrorollstuhls als Sachleistung besteht nicht, weder gegen die Antragsgegnerin noch gegen den SGB-XII-Träger, weshalb auf dessen Beiladung verzichtet werden konnte.
Die Antragsgegnerin ist nach § 14 SGB IX zuständiger Reha-Träger, denn sie hat den Antrag der Antragstellerin vom Dezember 2015 unter Vorlage der ärztlichen Verordnung des Dr. K. vom 07.12.2015 auf Rehabilitationsleistungen nicht innerhalb der Fristen des § 14 SGB IX weitergeleitet (vgl BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40, SozR 4-3250 § 14 Nr 19).
Versicherte haben nach § 33 Abs 1 S 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Zum Behinderungsausgleich in dem von der GKV abzudeckenden Bereich der medizinischen Rehabilitation (§ 33 Abs 1 Satz 1, 3. Variante SGB V) ist der Elektrorollstuhl mangels Geeignetheit nicht erforderlich. Ausweislich des Attestes des Dr. M. vom 06.10.2012 ist die Klägerin wegen der hochgradigen Sehbeeinträchtigung nicht straßenverkehrstauglich. Hieran hat sich ersichtlich nichts geändert, wenn Dr. K. unter dem 18.02.2016 auf die schwere Sehstörung hinweist und die Antragstellerin selbst mitteilt, sie sei aktuell bestrebt, wegen wiederkehrender Netzhauteinblutungen vom Versorgungsamt das Merkzeichen "BL" zuerkannt zu erhalten. Angesichts dessen, sind die Ausführungen Dr. K., ein Elektrorollstuhl könne sicher im Straßenverkehr geführt werden, für den Senat nicht nachvollziehbar. Im Übrigen werden mit dem von der Antragstellerin die nach dem SGB V maßgeblichen Versorgungsziele, für die Krankenkassen im Bereich der Mobilitätshilfen aufzukommen haben, bereits durch die Zurverfügungstellung des Leichtgewichtsrollstuhls ausreichend abgedeckt (vgl BSG 18.05.2011, B 3 KR 10/10 R, Behindertenrecht 2012, 145 (Sportrollstuhl)). Aufgabe der GKV ist allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (vgl zB § 5 Nr 2 SGB IX: Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder § 5 Nr 4 SGB IX: Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft; vgl. Senatsurteil vom 21.03.2016, L 11 KR 3259/15).
Die Antragsgegnerin ist auch nicht nach dem Leistungsrecht eines anderen Rehabilitationsträgers zur Gewährung des begehrten Sportrollstuhls verpflichtet. Allerdings hat der Antragsgegnerin nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX als erstangegangenem Rehabilitationsträger die Prüfung aller weiter in Betracht zu ziehenden rehabilitationsrechtlichen Anspruchsgrundlagen. Sie hätte aufgrund des Vorbringens der Klägerin prüfen müssen, ob der schnellere Rollstuhl als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII zur Verfügung zu stellen ist (BSG 12.12.2013, B 8 SO 18/12 R, FEVS 66, 5; BSG 14.05.2014, B 11 AL 6/13 R, SozR 4-3500 § 14 Nr 1). Denn der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger verliert im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine originäre Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die Antragsgegnerin) eine iS von § 14 Abs 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Eine so begründete Zuständigkeit der Krankenkasse nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zum Versicherten auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind (vgl BSGE 93, 283, SozR 4-3250 § 14 Nr 1; BSGE 98, 267, SozR 4-3250 § 14 Nr 4). Zuständig ist also derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist, hier die Antragsgegnerin.
Im Ergebnis ist die Entscheidung der Antragsgegnerin indes auch unter Berücksichtigung von § 14 Abs 2 S 1 SGB IX nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung des gewünschten Elektrorollstuhls als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII, weshalb der Senat auf die Beiladung des SGB-XII-Trägers verzichten konnte (vgl Senatsurteil vom 09.05.2006, L 11 KR 5004/05, juris). Nach § 53 Abs 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Nach § 53 Abs 3 SGB XII ist es besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Nach § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX gehört zu den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft insbesondere die Versorgung mit Hilfsmitteln, die nicht bereits durch die Versorgung mit Körperersatzstücken sowie orthopädischen und anderen Hilfsmitteln nach § 31 SGB IX oder durch die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX erfasst sind. Andere Hilfsmittel oder Hilfen sind danach solche, die über eine medizinische Zweckbestimmung hinausreichen und zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mängel und Einschränkungen beitragen (vgl BSG 19.05.2009, B 8 SO 32/07 R, BSGE 103, 171, Behindertenrecht 2010, 108). Jedoch gilt auch insoweit, dass der Elektrorollstuhl wegen der bestehenden hochgradigen Sehbeeinträchtigung kein erforderliches und geeignetes Hilfsmittel ist.
Auch aus der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ergibt sich vorliegend kein Anspruch der Klägerin auf die Zurverfügungstellung des begehrten Elektrorollstuhls. Die UN-BRK steht im Rang eines Bundesgesetzes und ist als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte heranzuziehen, insbesondere auch des Art 3 Abs 3 S 2 GG, denn das unmittelbar anwendbare UN-konventionsrechtliche Diskriminierungsverbot entspricht dem verfassungsrechtlichen Benachteiligungsverbot behinderter Menschen (eingehend zum Ganzen BSG 06.03.2012, B 1 KR 10/11 R, BSGE 110, 194, SozR 4-1100 Art 3 Nr 69 Rn 31 mwN). Art 20 UN-BRK, der von den Vertragsstaaten wirksame Maßnahmen verlangt, um für Menschen mit Behinderungen persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit sicherzustellen, ist keine unmittelbare Anspruchsgrundlage, denn die Norm ist nicht derart hinreichend bestimmt, dass sie den Sozialleistungsträgern unmittelbar angewandt werden könnte ("non-self-executing", vgl dazu BSG 18.05.2011, B 3 KR 10/10 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 35 Rn 19; 02.09.2014, B 1 KR 12/13 R, juris Rn 22 f). Verlangt wird von Art 20 UN-BRK, dass die Vertragsstaaten die persönliche Mobilität von Menschen mit Behinderungen in der Art und Weise und zum Zeitpunkt ihrer Wahl und zu erschwinglichen Kosten erleichtern sollen. Dies ist im vorliegenden Fall durch den vorhandenen Rollstuhl und die Möglichkeit, Krankentransporte in Anspruch zu nehmen, in den wesentlichen Punkten abgedeckt. Weitergehende Ansprüche auf ein bestimmtes gewünschtes Hilfsmittel unter Umgehung vorhandener Möglichkeiten ergeben sich aus der UN-BRK im konkreten Einzelfall nicht. Auch eine Auslegung der §§ 53 ff SGB XII, 55 SGB IX im Licht der UN-BRK führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Versorgung mit Hilfsmitteln und technischen Hilfen nach dem SGB IX, soweit sie geeignet und erforderlich sind, die Behinderung auszugleichen, unterstützt bereits die möglichst weitgehende Selbstständigkeit und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen und erfüllt damit die von der UN-BRK vorgegebenen Zwecke (vgl BSG 18.05.2011, B 3 KR 10/10 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 35 Rn 19 und speziell zu Art 20 UN-BRK BT-Drucks 16/10808, S 55).
Soweit die Antragstellerin allgemein die Erstattung von Fahrkosten für die Vergangenheit und für die Zukunft beantragt, sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Die Krankenkasse übernimmt nach den § 60 Abs. 2 und 3 SGB V die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 SGB V, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall (§ 60 Abs. 1 S. 2 SGB V). Die Krankenkasse übernimmt nach vorheriger Genehmigung auch Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 S. 1 SGB V ergebenden Betrages in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs 1 S. 2 Nr 12 festgelegt hat (§ 60 Abs. 1 S. 3 und 4 SGB V). Die Antragstellerin hat weder ärztliche Verordnungen vorgelegt noch Ort/Zeit der jeweiligen Fahrten sowie die Höhe der Kosten dargelegt. Vor allem aber hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, sie sei nach Vorlage entsprechender Nachweise zur Prüfung der Ansprüche bereit, weshalb die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes mittels eines Eilverfahrens nicht erforderlich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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