L 9 AS 1918/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AS 2788/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 1918/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen der Klägerin gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Mannheim vom 26. März 2013, vom 23. Dezember 2013 und vom 11. Juli 2014 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch in den Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig.

Die 1958 geborene, alleinstehende Klägerin bezieht seit dem 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten. Sie verfügt über kein Einkommen und kein Vermögen. Vom Beklagten wurden zudem die Kosten einer Mietwohnung übernommen.

Die Klägerin hatte sich bereits in der Vergangenheit erfolglos gegen die Höhe der Regelleistung bzw. des Regelbedarfes gewandt. So entschied das Bundessozialgericht (BSG) in einem Verfahren der Klägerin gegen den Beklagten mit Urteil vom 12.07.2012 (B 14 AS 153/11 R, Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Baden-Württemberg vom 10.06.2011 – L 12 AS 1077/11), dass die Revision der Klägerin, soweit diese zulässig erhoben war (Höhe des pauschalierten Regelbedarfes für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.04.2011), unbegründet war und kein Anlass bestand, das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Vereinbarkeit von § 19 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB II n. F. mit Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG einzuholen. Das BSG führte aus, dass die Höhe des Regelbedarfes für Alleinstehende für die hier maßgebende Zeit vom Gesetzgeber nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden sei. In dem für den Folgezeitraum vom 01.05.2011 bis 31.10.2011 anhängigen Berufungsverfahren (L 12 AS 3445/11) bestätigte der 12. Senat des LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 21.10.2011 seine Rechtsauffassung. Die Revision der Klägerin wies das BSG (B 14 AS 189/11 R) unter Verweis auf sein Urteil im Verfahren B 14 AS 153/11 R zurück. Die Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss vom 27.12.2012 – 1 BvR 2471/12 –). Die Berufung (L 2 AS 563/12) der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim (SG) vom 05.01.2012 wies der 2. Senat des LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 21.03.2012 zurück. In diesem machte die Klägerin ebenfalls einen höheren Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts, der monatlich bei 840 EUR liege, für die Zeit vom 01.11.2011 bis 30.04.2012 sowie 159,73 EUR an Versicherungsbeiträgen geltend. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision verwarf das BSG mit Beschluss vom 13.09.2012 (B 14 AS 78/12 B) als unzulässig. Mit weiterem Urteil vom 21.03.2012 (L 2 AS 530/12) wies das LSG Baden-Württemberg die Berufung zurück, mit welcher die Klägerin im Rahmen einer Zugunstenentscheidung die teilweise Rücknahme von Bewilligungsbescheiden im Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2010 und die Nachzahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 25.482,00 EUR erreichen wollte. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision verwarf das BSG ebenfalls mit Beschluss vom 13.09.2012 (B 14 AS 78/12 B) als unzulässig.

1. Auf den Antrag der Klägerin vom 05.04.2012 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 18.04.2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i.H.v. 794 EUR für den Zeitraum 01.05.2012 bis 31.10.2012 (Regelbedarf 374 EUR und Kosten für Unterkunft und Heizung [KdU] 420 EUR). Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass der Betrag von 374 EUR monatlich die Bedarfe eines alleinstehenden Erwachsenen nicht abdecke. Existenznotwendige Güter könnten nicht erworben werden. Es werde beantragt, den Regelsatz um 466 EUR auf insgesamt 840 EUR aufzustocken. Mit Änderungsbescheid vom 10.09.2012 berücksichtigte der Beklagte für die Zeit ab dem 01.10.2012 höhere KdU (insgesamt 462 EUR). Mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte aus, dass die Höhe des Regelbedarfes in Höhe von monatlich 374 EUR korrekt festgesetzt worden sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 28.08.2012 Klage zum SG erhoben und daran festgehalten, dass ihr eine monatliche Regelleistung i.H.v. 840 EUR für den Zeitraum vom 01.05. bis 31.10.2012 abzüglich bereits geleisteter 374 EUR/monatlich und zuzüglich der monatlichen Versicherungsbeiträge i.H.v. 159,73 EUR zustehe. Ferner hat sie beantragt, die Rechtssache gemäß Art. 100 GG auszusetzen und dem BVerfG zur Normenkontrolle vorzulegen, weil die Neuregelung (Bundestagsdrucksache 17/3404) gegen Art. 1 Abs. 1, Abs. 3, Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und Art. 80 Abs. 1 GG verstoße.

Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat auf das Urteil des BSG vom 12.07.2012 (a.a.O.) verwiesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 26.03.2013 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die Entscheidungen des BSG vom 12.07.2012 (a.a.O.) sowie des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 10.06.2011 – L 12 AS 1077 / 11 – und vom 12.12.2012 – L 3 AS 4252/11 –, juris) verwiesen.

Gegen den am 03.04.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 02.05.2013 Berufung (L 9 AS 1918/13) eingelegt.

2. Auf den Antrag der Klägerin vom 17.09.2012 bewilligte der Beklagte für die Zeit ab dem 01.11.2012 bis 30.04.2013 monatliche Leistungen i.H.v. 836 EUR unter Berücksichtigung eines Regelbedarfes von 374 EUR. Mit Änderungsbescheid vom 24.11.2012 änderte der Beklagte diesen Bescheid ab und bewilligte für die Zeit vom 01.01.2013 bis 30.04.2013 Leistungen i.H.v. 844 EUR unter Berücksichtigung eines Regelbedarfes von 382 EUR. Gegen diesen Änderungsbescheid erhob die Klägerin am 20.12.2012 Widerspruch "soweit nur 382 EUR für die Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.04.2013 gewährt" würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 08.04.2013 Klage zum SG (S 8 AS 1174/13) erhoben und daran festgehalten, dass ihr eine monatliche Regelleistung i.H.v. 860 EUR für den Zeitraum "vom 01.05. bis 31.10.2012" abzüglich bereits geleisteter 374 EUR/monatlich und zuzüglich der monatlichen Versicherungsbeiträge i.H.v. 159,73 EUR zustehe. Ferner hat sie beantragt, die Rechtssache gemäß Art. 100 GG auszusetzen und dem BVerfG zur Normenkontrolle vorzulegen, weil die Neuregelung (Bundestagsdrucksache 17/3404) gegen Art. 1 Abs. 1, Abs. 3, Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und Art. 80 Abs. 1 GG verstoße.

Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten.

Mit Gerichtsbescheid vom 23.12.2013 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass Gegenstand des Verfahrens nur der Zeitraum vom 01.01.2013 bis zum 30.04.2013 sei, da die Klägerin ausweislich der Klageschrift Klage gegen den Widerspruchsbescheid (zugestellt am 09.03.2013) erhoben habe, welcher den Änderungsbescheid vom 24.11.2012 betroffen habe. Für den streitigen Zeitraum lasse sich kein höherer als der nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der geltenden Fassung festgelegte Regelbedarf von 382 EUR begründen. Dieser sei auch vom Gesetzgeber nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden.

Gegen den am 24.12.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24.01.2014 Berufung (L 9 AS 340/14) eingelegt.

3. Auf den Antrag der Klägerin vom 16.04.2013 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 17.04.2013 für den Zeitraum vom 01.05.2013 bis 31.07.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i.H.v. 844 EUR unter Berücksichtigung eines Regelbedarfes i.H.v. 382 EUR. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin erneut geltend, dass ein Betrag i.H.v. 382 EUR die Bedarfe eines alleinstehenden Erwachsenen nicht decke. Notwendige Güter und Dienstleistungen könnten nicht erworben werden. Sie beantragte die Aufstockung des Regelbedarfssatzes auf 980 EUR (ohne KdU). Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.06.2013 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 14.06.2013 Klage zum SG (S 8 AS 1898/13) erhoben mit der sie geltend gemacht hat, ihr stehe eine monatliche Regelleistung i.H.v. 860 EUR für den Zeitraum vom 01.05. bis 31.07.2013 abzüglich bereits geleisteter 382 EUR/monatlich und zuzüglich der monatlichen Versicherungsbeiträge i.H.v. 159,73 EUR zu. Ferner hat sie beantragt, die Rechtssache gemäß Art. 100 GG auszusetzen und dem BVerfG zwecks Normenkontrolle vorzulegen, weil die Neuregelung (Bundestagsdrucksache 17/3404) gegen Art. 1 Abs. 1, Abs. 3, Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und Art. 80 Abs. 1 GG verstoße.

Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten.

Mit Gerichtsbescheid vom 23.12.2013 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Für den streitigen Zeitraum lasse sich kein höherer als der nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der geltenden Fassung festgelegte Regelbedarf von 382 EUR begründen. Dieser sei auch vom Gesetzgeber nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden.

Gegen den am 24.12.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24.01.2014 Berufung (L 9 AS 367/14) eingelegt.

4. Am 04.07.2013 beantragte die Klägerin die Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, worauf der Beklagte mit Bescheid vom 10.07.2013 für die Zeit vom 01.08.2013 bis 31.01.2014 800,79 EUR unter Ansatz eines Regelbedarfes i.H.v. 382 EUR und unter Berücksichtigung von KdU i.H.v. 418,79 EUR bewilligte. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.09.2013 zurück. Mit dem Änderungsbescheid vom 23.11.2013 erhöhte der Beklagte den Regelbedarfssatz mit Wirkung ab dem 01.01.2014 auf 391 EUR. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch beantragte die Klägerin den Regelbedarfssatz auf 980 EUR zu erhöhen und stellte gleichzeitig einen Antrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2014 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Klägerin stünden für die Zeit ab dem 01.01.2014 keine höhere Leistungen und kein höherer Regelbedarf in Höhe von monatlich 980 EUR zu. Eine Entscheidung zu dem gestellten Antrag nach § 44 SGB X traf er nicht.

Am 17.02.2014 hat die Klägerin unter Bezugnahme auf den am 24.01.2014 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 21.01.2014 Klage zum SG (S 7 AS 453/14) erhoben. Sie hat ausgeführt, ihr stehe eine monatliche Regelleistung i.H.v. 880 EUR für den Zeitraum vom 01.08.2013 bis 31.01.2014 abzüglich bereits geleisteter 382 EUR bzw. 391 EUR und zuzüglich der monatlichen Versicherungsbeiträge i.H.v. 159,73 EUR zu. Ferner hat sie beantragt, die Rechtssache gemäß Art. 100 GG auszusetzen und dem BVerfG zwecks Normenkontrolle vorzulegen, weil die Neuregelung (Bundestagsdrucksache 17/3404), das RBEG und § 44 SGB X n.F. gegen Art. 1 Abs. 1, Abs. 3, Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und Art. 80 Abs. 1 GG verstoße.

Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten.

Mit Gerichtsbescheid vom 11.07.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin werde durch den Bescheid vom 10.07.2013 in Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 11.09.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.11.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2014 nicht in ihren Rechten verletzt. Soweit die Klägerin höhere Leistungen für die Zeit vom 01.08.2013 bis 31.12.2013 begehre, sei die Klage bereits unzulässig, weil die Klägerin den Widerspruchsbescheid vom 11.09.2013 nicht rechtzeitig mit der Klage angefochten habe. Mit dem Bescheid vom 23.11.2013 sei nur der Zeitraum Januar 2014 neu geregelt worden. Für den streitigen Zeitraum lasse sich kein höherer als der nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der geltenden Fassung festgelegte Regelbedarf begründen. Dieser sei auch vom Gesetzgeber nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden.

Gegen den am 17.07.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17.08.2014 Berufung (L 9 AS 3472/14) eingelegt.

5. Auf den am 10.01.2014 gestellten Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gewährte der Beklagte für den Zeitraum 01.02.2014 bis 31.07.2014 Leistungen i.H.v. insgesamt 819,79 EUR unter Berücksichtigung eines Regelbedarfes i.H.v. 391 EUR (Bescheid. vom 16.01.2014). Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass die pauschalierte Erhöhung des Regelbedarfssatzes um 9 EUR auf nunmehr 391 EUR für den Zeitraum vom 01.02. bis 31.07.2014 die Kosten für existenznotwendige Güter und Dienstleistungen eines alleinstehenden Erwachsenen nicht decke. Den einzelnen Einwertungen der Güter- und Dienstleistungen in den 12 Abteilungen liege auch nach dem neuen Regelbedarfsermittlungsgesetz keine marktgerechte Bewertung zu Grunde. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 13.05.2014 Klage zum SG (S 7 AS 1474/14) erhoben und geltend gemacht, ihr stehe eine monatliche Regelleistung i.H.v. 880 EUR "für den Zeitraum vom 01.02.2013 bis 31.07.2014" abzüglich bereits geleisteter 391 EUR/monatlich und zuzüglich der monatlichen Versicherungsbeiträge i.H.v. 159,73 EUR zu. Ferner hat sie beantragt, die Rechtssache gemäß Art. 100 GG auszusetzen und dem BVerfG zur Normenkontrolle vorzulegen, weil die Neuregelung (Bundestagsdrucksache 17/3404), das RBEG und § 44 SGB X n.F. gegen Art. 1 Abs. 1, Abs. 3, Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 und Art. 80 Abs. 1 GG verstoße.

Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten.

Mit Gerichtsbescheid vom 11.07.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Für den streitigen Zeitraum lasse sich kein höherer als der nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der geltenden Fassung festgelegte Regelbedarf begründen. Dieser sei auch vom Gesetzgeber nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden.

Gegen den am 17.07.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17.08.2014 Berufung (L 9 AS 3473/14) eingelegt.

Mit den Beschlüssen vom 09.04.2014 und 22.08.2014 hat der Senat die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Zur Begründung hat die Klägerin ausführlich ihren Vortrag aus den Widerspruchs- und Klageverfahren wiederholt, in welchen sie sich mit der Höhe des geltend gemachten Anspruches und der Verfassungswidrigkeit des Regelsatzes und dessen Anpassungen sowie der Berechnung des Regelsatzes in der Bundestagsdrucksache 17/3404 detailliert auseinander gesetzt hat. Auf die Berufungsbegründungen wird insoweit Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 26. März 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 18. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2012 zu verurteilen, für den Zeitraum 1. Mai 2012 bis 31. Oktober 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch nach einem monatlichen Regelsatz von 840,00 EUR abzüglich bereits auf den Regelsatz gezahlter Leistungen zuzüglich monatlicher Versicherungsbeiträge in Höhe von 159,73 EUR zu gewähren,

2. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Dezember 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 24. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2013 zu verurteilen, für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 30. April 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch nach einem monatlichen Regelsatz von 840,00 EUR abzüglich bereits auf den Regelsatz gezahlter Leistungen zuzüglich monatlicher Versicherungsbeiträge in Höhe von 159,73 EUR zu gewähren,

3. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Dezember 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 17. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2013 zu verurteilen, für den Zeitraum 1. Mai 2013 bis 30. Juli 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch nach einem monatlichen Regelsatz von 860,00 EUR abzüglich bereits auf den Regelsatz gezahlter Leistungen zuzüglich monatlicher Versicherungsbeiträge in Höhe von 159,73 EUR zu gewähren,

4. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Juli 2014 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23. November 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2014 zu verurteilen, für den Zeitraum 1. August 2013 bis 31. Januar 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch nach einem monatlichen Regelsatz von 880,00 EUR abzüglich bereits auf den Regelsatz gezahlter Leistungen zuzüglich monatlicher Versicherungsbeiträge in Höhe von 159,73 EUR zu gewähren,

5. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Juli 2014 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 16. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2014 zu verurteilen, für den Zeitraum 1. Februar 2014 bis 31. Juli 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch nach einem monatlichen Regelsatz von 880,00 EUR abzüglich bereits auf den Regelsatz gezahlter Leistungen zuzüglich monatlicher Versicherungsbeiträge in Höhe von 159,73 EUR zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und auf die vom Senat beigezogenen Vorakten insbesondere der Verfahren L 12 AS 1077/11, L 12 AS 3445/11, L 2 AS 530/12 und L 2 AS 563/12 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobenen Berufungen sind zulässig. Insbesondere ist in allen Verfahren der gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erforderliche Beschwerdewert erreicht. Dies gilt auch für die vom SG zu Recht als (teilweise) unzulässig zurückgewiesene Klage, mit der die Klägerin auch höhere Leistungen für die Zeit vom 01.08.2013 bis 31.01.2014 (oben Nr. 4) begehrt. Mit der vorliegenden Berufung hält die Klägerin an dem geltend gemachten Anspruch, den Beklagten zu verpflichten, ihr für diesen Zeitraum Leistungen unter Berücksichtigung eines monatlichen Regelbedarfes in Höhe von 880 EUR zu erbringen fest. Damit ist auch diese Berufung statthaft.

Streitgegenstand ist ausschließlich der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.05.2012 bis 31.10.2012, 01.01.2013 bis 30.04.2013, 01.05.2013 bis 31.07.2013, 01.08.2013 bis 31.01.2014 und 01.02.2014 bis 31.07.2014 (zur Statthaftigkeit der Beschränkung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf die Höhe des Regelbedarfes, vgl. BSG, Urteil vom 12.07.2012, a.a.O., Urteil vom 04.06.2014 – B 14 AS 42/13 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 78).

Dabei hat das SG zunächst zutreffend erkannt, dass die Klage gerichtet auf die Zahlung höherer Leistungen für den Zeitraum 01.08.2013 bis 31.12.2013 unzulässig ist, weil die Klägerin versäumt hat, gegen den Bescheid des Beklagten vom 10.07.2013 und Widerspruchsbescheid vom 11.09.2013 Klage zu erheben. Damit ist diese Bewilligung bestandskräftig (§ 77 SGG) geworden. Mit ihrem Widerspruch vom 16.12.2013 wandte sich die Klägerin ausweislich ihres Schreibens vom 16.12.2013 gegen die Höhe des Regelbedarfes um lediglich 9 EUR für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.01.2014, welchen der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 23.11.2013 angepasst hatte. Nur hierüber hat der Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid entschieden. Eine Klage, die auch den Zeitraum 01.08.2013 bis 31.12.2013 umfasst, war daher unzulässig, da der Beklagte hierüber in den angefochtenen Bescheiden nicht entschieden hatte.

Soweit die Klagen (im Übrigen) zulässig sind, haben sie keinen Erfolg.

Zur Überzeugung des Senats bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzliche Festlegung der Höhe des Regelbedarfs in § 20 Abs. 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 29.03.2011 (BGBl I S. 453). Nachdem das BVerfG mit Beschluss vom 23.07.2014 (1 BvL 10/12, 12/12, 1 BvR 1691/13) entschieden hat, dass die betreffende Bestimmung mit Verfassungsrecht in Einklang steht, ist diese Auseinandersetzung inzwischen endgültig obsolet geworden. Denn die Feststellung der Vereinbarkeit des § 20 Abs. 2 SGB II mit dem Grundgesetz entfaltet nach § 31 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) Gesetzeskraft. Ein Fachgericht ist daher an die im Tenor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgenommene Feststellung gebunden (§ 31 Abs. 1 BVerfGG, Art. 20 Abs. 3 GG). Einer erneuten Kontrolle der Vereinbarkeit der gesetzlichen Regelungen betreffend die Ermittlung des Regelbedarfs mit der Verfassung steht insoweit das Prozesshindernis der Gesetzeskraft entgegen (BVerfG, Beschluss vom 18.10.1983 – 2 BvL 14/83 –, BVerfGE 65, 179 m.w.N.).

Insoweit hat das BVerfG (a.a.O.) Folgendes entschieden:

Tenor:

"§ 20 Absatz 2 Satz 1 und 2 Nummer 1, Absatz 4, Absatz 5, § 23 Nummer 1, § 77 Absatz 4 Nummer 1 und 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch, jeweils in der Fassung von Artikel 2 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (Bundesgesetzblatt I Seite 453), und § 8 Absatz 1 Nummer 1, 2, 4 und 6, Absatz 2 Nummer 1 und 3 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz in der Fassung von Artikel 1 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (Bundesgesetzblatt I Seite 453), jeweils in Verbindung mit § 20 Absatz 1 Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch in der Fassung von Artikel 2 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (Bundesgesetzblatt I Seite 453) und § 28a Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch in der Fassung von Artikel 3 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (Bundesgesetzblatt I Seite 453), sowie die Anlage zu § 28 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch in der Fassung von Artikel 3 Ziffer 42 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (Bundesgesetzblatt I Seite 453) sowie § 2 der Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 138 Nummer 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2012 vom 17. Oktober 2011 (Bundesgesetzblatt I Seite 2090) sind nach Maßgabe der Gründe mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikels 20 Absatz 1 des Grundgesetzes vereinbar."

Danach steht auch für den vorliegenden Rechtsstreit und die hier streitigen Zeiträume (01.05.2012 bis 31.07.2014) verbindlich fest, dass § 20 Abs. 2 SGB II und das Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz in der Fassung von Artikel 1 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 mit dem Grundgesetz vereinbar sind, da beide für diesen Zeitraum Gültigkeit hatten (vgl. hierzu das erst zum 01.01.2017 in Kraft getretene Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Regelbedarfsermittlungsgesetz – vom 22.12.2016 [BGBl I 2016, 3159]). Damit sind das von der Klägerin gerügte Regelbedarfsermittlungsgesetz und dessen Grundannahmen, insbesondere die in § 5 Regelbedarfsermittlungsgesetz geregelten regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Einpersonenhaushalte, nicht verfassungswidrig.

Auch wenn das BVerfG explizit nur über die Fortschreibung des Regelbedarfes für das Jahr 2012 zu entscheiden hatte, hat es die Verfassungsmäßigkeit der Vorgaben für die Fortschreibung des Regelbedarfes ausdrücklich bestätigt (Beschluss vom 14.07.2014, a.a.O., Rn 86, zit. nach juris) und hierzu ausgeführt, dass der Gesetzgeber seiner Pflicht, auf Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie auf Preissteigerungen oder auf die Erhöhung von Verbrauchssteuern zu reagieren, um sicherzustellen, dass der aktuelle Bedarf gedeckt ist, durch die angegriffenen Regelungen im Grundsatz nachkommt (Beschluss vom 14.07.2014, a.a.O., Rn 136 ff., zit. nach juris).

Tatsächlich ist auch nicht ersichtlich, dass § 2 der Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 138 Nummer 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2012 (vom 17.10.2011, I 2090) bzw. § 2 der Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch maßgeblichen Vomhundertsatzes sowie zur Ergänzung der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (RBSFV) für das Jahr 2013 (vom 18.10.2012, I 2173) und § 2 RBSFV (vom 15.10.2013, I 3856) für das Jahr 2014 die Vorgaben des § 28a SGB XII nicht eingehalten haben könnte. Der Beklagte hat die für das Jahr 2012 (374 EUR), 2013 (382 EUR) und 2014 (391 EUR) geltenden Regelbedarfe der Berechnung des Gesamtbedarfes zutreffend in den jeweiligen Bewilligungsbescheiden zugrunde gelegt. Eine Fortschreibung war geboten und zulässig, weil eine Neuermittlung der Regelbedarfe durch den Gesetzgeber nach § 28 SGB XII bis dahin nicht erfolgt und die Höhe des Regelbedarfs nach § 28 Abs. 1 SGB XII in einem Bundesgesetz zwingend erst dann neu zu ermitteln ist, wenn die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) vorliegen. Solche, nämlich die Ergebnisse der EVS 2013 sind vom Statistischen Bundesamt erst am 10.09.2015 veröffentlicht worden und deshalb für die vorliegenden Rechtsstreite nicht von Belang.

Die von der Klägerin als verfassungswidrig angesehene Norm des § 44 SGB X war in den vorliegenden Rechtsstreiten nicht streitentscheidend. Eine Vorlage an das BVerfG kommt daher schon aus diesem Grund nicht in Betracht.

Soweit die Klägerin auch weiterhin begehrt, den Beklagten zu verurteilen, monatliche Versicherungsbeiträge in Höhe von 159,73 EUR als Bedarf anzuerkennen und ihr diesen Betrag zu erstatten, haben bereits der 12. Senat (Urteil vom 21.10.2011, L 12 AS 3445/11) sowie der 2. Senat (Urteil vom 21.03.2012 – L 2 AS 563/12 –) des erkennenden Gerichts in Rechtsstreitigkeiten der Klägerin gegen den Beklagten entschieden, dass ein solcher Anspruch nicht besteht. Insoweit verweist der Senat auf diese Ausführungen und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Die Berufungen waren daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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