L 13 AS 2078/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 2535/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 2078/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 9. April 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Kläger haben sich gegen einen an den Kläger Ziff. 1 gerichtete Meldeaufforderung des Beklagten gewandt.

Die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 bezogen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), zuletzt bis 31. August 2013 (siehe Bescheid vom 28. Januar 2013). Am 2. August 2013 beantragten die Kläger Weiterbewilligung der Leistungen auch für Kläger Ziff. 3.

Mit Schreiben vom 5. August 2013 lud der Beklagte den Kläger Ziff. 1 mit entsprechender Rechtsfolgenbelehrung zu einem Meldetermin am 13. August 2013. Nachdem der Kläger Ziff. 1 zum Termin am 13. August 2013 nicht erschienen war, lud der Beklagte den Kläger Ziff. 1 mit Schreiben vom 21. August 2013 zu einem Meldetermin am 28. August 2013 und hörte ihn zugleich zu einer möglichen Sanktionierung wegen des Meldeversäumnisses am 13. August 2013 an. Hiergegen legt Kläger Ziff. 1 unter Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 29. August 2013 senkte der Beklagte daraufhin die Leistungen des Klägers Ziff. 1 für die Zeit vom 1. Oktober 2013 bis 31. Dezember 2013 monatlich um 10 % (38,20 EUR) des Regelbedarfes ab. Der Kläger Ziff. 1 sei am 13. August und 28. August 2013 ohne wichtigen Grund nicht erschienen. Der Kläger sei aufgefordert worden, eine Meldeunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes vorzulegen, was nicht erfolgt sei.

Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 31. August 2013 Widerspruch ein und gaben an, dass der Kläger Ziff. 1 seit dem 5. Januar 2012 konstant krankgeschrieben sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2013 wies der Beklagte den Widerspruch gegen die Meldeaufforderung vom 21. August 2013 als unbegründet zurück.

Bereits unter dem 6. September 2013 hat der Beklagte den Klägern Ziff. 1 und Ziff. 2 vorläufig Leistungen für die Zeit vom 1. September 2013 bis zum 28. Februar 2014 bewilligt, wobei die mit Bescheid vom 29. August 2013 verfügte Sanktion berücksichtigt wurde.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 10. September 2013 wies der Beklagte auch den Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid vom 29. August 2013 als unbegründet zurück.

Am 7. Oktober 2013 haben die Kläger Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) sowohl gegen den Sanktionsbescheid (S 5 AS 2538/13) als auch die hier zu entscheidende Klage gegen die Meldeaufforderung erhoben. Die Kläger haben vorgetragen, der Kläger Ziff. 1 habe seine Krankschreibung sogar persönlich beim Beklagten abgegeben.

Das SG hat darauf hingewiesen, dass es ohne eine Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht nicht ermitteln könne, inwieweit dem Kläger eine Wahrnehmung vom Meldeterminen tatsächlich nicht möglich gewesen sei. Der Kläger Ziff. 1 hat hierauf klargestellt, dass er dies als eine gerichtliche Nötigung auffasse und eine ärztliche Entbindung seiner behandelnden Ärzte nicht abgebe. Nach Anhörung der Beteiligten zur Absicht des SG, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 9. April 2014 die Klage abgewiesen. Die Klage im Namen der Kläger Ziff. 2 und 3 sei unzulässig, da sie nicht vom angefochtenen Verwaltungsakt betroffen seien. Der Feststellungsantrag des Klägers Ziff. 1 sei zwar zulässig, aber unbegründet. Die vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen belegten nicht, dass der Kläger den Meldeaufforderungen nicht folgen konnte. Ermittlungen habe der Kläger vereitelt, da er eine Entbindungserklärung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht ausdrücklich verweigert habe.

Gegen den am 12. April 2014 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 11. Mai 2014 Berufung erhoben und die Vorgehensweise des SG gerügt. Der Klägerbevollmächtigte hat keine Begründung vorgelegt und einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 9. April 2014 aufzuheben und die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 21. August 2013 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 10. September 2013 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und hat einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Der Kläger Ziff. 1 erhält seit Dezember 2014 Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 21. Juli 2015).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung der Kläger ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist allerdings auch für den Kläger Ziff. 1 bereits unzulässig.

Gegenstand der Berufung ist allein die mit Widerspruch angefochtene Meldeaufforderung vom 21. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 10. September 2013, mit der der Kläger Ziff. 1 zur Meldung am 28. August 2013 aufgefordert wurde. Nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens ist die mit Bescheid vom 29. August 2013 erfolgte Feststellung einer Pflichtverletzung und einer Minderung des Regelbedarfes.

Die allein statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage des Klägers Ziff. 1 ist unzulässig. Da sich die Aufforderung zur persönlichen Meldung am 28. August 2013 als Verwaltungsakt (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2015, B 14 AS 19/14 R, Juris) durch Zeitablauf erledigt hat (§ 39 Abs. 2 SGB X, BSG, a. a. O., m. w. N.), kommt als zulässige Klage lediglich eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG in Betracht, die auch den hier vorliegenden Fall umfasst, dass sich ein Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hat (vgl. Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 131 SGG Rdnr. 7d m. w. N.). Eine solche Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt (vgl. Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 131 SGG Rdnr. 9 ff.). Ein solches berechtigtes Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein und muss am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz vorliegen. Da der Kläger Ziff. 1 mittlerweile eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhält ist eine Widerholungsgefahr nicht anzunehmen, da er nicht mehr zu den Leistungsberechtigten nach dem SGB II zählt (§§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 8, 44a SGB II). Zudem ist die Rechtsmäßigkeit der Meldeaufforderung als Vorfrage für die Feststellung eines Meldeversäumnisses inzident zu überprüfen (vgl. BSG, a. a. O.), sodass ein berechtigtes Interesse ausscheidet, zumal der Kläger auch gegen die Feststellung des Meldeversäumnisses Rechtsschutz begehrt hat (vgl. auch Voelzke in: Hauk/Noftz, SGB, 12/15, § 59 SGB II Rdnr. 16, 16 a; Stachnow-Meyerhoff in: Schlegel/Voelzke, juris PK-SGB II, 4. Auflage 2015, § 59 Rdnr. 27 ff.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. August 2013, L 34 AS 224/13, Juris).

Die Klagen der Kläger Ziff. 2 und 3 sind bereits von Anfang an mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil sich der hier angefochtene Verwaltungsakt nicht an sie wendet, ihre Rechte nicht betroffen sind und sich auch der Widerspruchsbescheid nur an den Kläger Ziff. 1 richtet, weshalb die Kläger Ziff. 2 und 3 auch ein durchgeführtes Vorverfahrens als Klagevoraussetzung (§ 78 SGG) nicht vorzuweisen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des den Gerichten danach eingeräumten Ermessens sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Sach- und Rechtslage bzw. der Ausgang des Verfahrens (s. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 193 SGG Rdnr. 12 ff.). Hiernach war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 Rdnr. 8; ausführlich erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 193 Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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